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Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Die Geschwister Laura und Lorenz betraten das Vorzimmer von Bürgermeister Fellbacher. Etwas verlegen standen sie vor Ginas Schreibtisch. »Grüß Gott!« Freundlich lächelte Gina sie an. Die zwölfjährige Laura und der elfjährige Lorenz lächelten scheu zurück und murmelten einen Gruß. Es war ihnen anzusehen, dass sie aufgeregt waren. Gina schmunzelte. Sie griff in die unterste Schublade ihres Schreibtisches und holte eine große Schachtel Süßigkeiten hervor. »Hier, greift tüchtig zu! Ihr seht aus, als hättet ihr Lust auf Bonbons.« »Des haben wir immer«, sagte Lorenz und nahm sich eine Hand voll heraus. »Lorenz, sei net so unverschämt! Das macht man nicht«, tadelte ihn die große Schwester. »Leg sie sofort wieder hin!« Gina lachte. »Lass nur, Laura! Nimm dir ruhig auch eine Hand voll.« »Nein, danke!
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Seitenzahl: 126
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Die Geschwister Laura und Lorenz betraten das Vorzimmer von Bürgermeister Fellbacher. Etwas verlegen standen sie vor Ginas Schreibtisch.
»Grüß Gott!« Freundlich lächelte Gina sie an.
Die zwölfjährige Laura und der elfjährige Lorenz lächelten scheu zurück und murmelten einen Gruß. Es war ihnen anzusehen, dass sie aufgeregt waren.
Gina schmunzelte. Sie griff in die unterste Schublade ihres Schreibtisches und holte eine große Schachtel Süßigkeiten hervor.
»Hier, greift tüchtig zu! Ihr seht aus, als hättet ihr Lust auf Bonbons.«
»Des haben wir immer«, sagte Lorenz und nahm sich eine Hand voll heraus.
»Lorenz, sei net so unverschämt! Das macht man nicht«, tadelte ihn die große Schwester. »Leg sie sofort wieder hin!«
Gina lachte. »Lass nur, Laura! Nimm dir ruhig auch eine Hand voll.«
»Nein, danke! Ein Bonbon ist genug.« Laura suchte sich ein Bonbon aus, und behielt es in der Hand.
Ihr Bruder ließ die Hand voll Bonbons in seiner Hosentasche verschwinden. Eines steckte er sich sofort in den Mund.
»Ihr habt doch sicher einen Grund, warum ihr mich besucht, richtig?«
»Ja, wir wollen zum Herrn Bürgermeister. Unsere Eltern haben gesagt, dass wir uns einen Termin geben lassen müssen. Man könnte nicht einfach so reingehen.«
Gina schmunzelte.
»Das kommt darauf an, ob der Bürgermeister da ist. Und ihr habt Glück. Er ist da. Ihr habt sicher etwas Wichtiges mit ihm zu bereden.«
Die Kinder nicken eifrig.
»Dann werde ich euch sofort anmelden.«
Sie nickten wieder.
Gina verschwand im Amtszimmer des Bürgermeisters. Es dauerte nicht lange, dann kam sie heraus und hielt den beiden die Tür auf.
»Bürgermeister Fellbacher erwartet euch«, sagte sie.
Fellbacher begrüßte die beiden freundlich und bat sie, in der Besprechungsecke Platz zu nehmen.
»So, was kann ich für euch tun? Ihr habt sicher ein wichtiges Anliegen, dass ihr mich besucht.«
Die Kinder nickten eifrig. Sie waren sehr verlegen. Erst als Gina Plätzchen und Limonade brachte, wurden sie gesprächiger.
»Wir sind traurig, dass es den Bücherbus nicht mehr gibt«, sagte Laura.
»Wir sind alle sehr traurig darüber«, stimmte Fellbacher zu.
Lorenz ergriff das Wort. »Frau Träutlein war bei uns, wegen der Unterschrift. Wir haben alle unterschrieben, die ganze Familie. Aber Opa meint, des würde nix nutzen. Die depperten Politiker ganz oben, die würde das net kümmern.«
Sofort fing er sich wieder einen Tadel seiner älteren Schwester ein. Die ihn darauf hinwies, dass Bürgermeister Fellbacher auch Politiker sei und nicht deppert wäre.
»Aber es stimmt doch, Laura. Außerdem hat der Opa das gesagt. Und was Opa sagt, des stimmt.«
Bürgermeister Fellbacher versuchte, zwischen den Geschwistern zu vermitteln. Er sagte, man solle keinem nachsagen, er sei deppert. Aber manchmal würde das schon zutreffen, gerade bei den Oberen in den Ämtern. Er blinzelte ihnen zu.
Die Kinder lächelten.
»Wenn ihr gekommen seid, um mir das zu sagen, dann kann ich das verstehen. Es ist auch wirklich schlimm, dass der Bücherbus gestrichen wurde. Aber ich hoffe«, Bürgermeister Fellbacher zuckte mit den Schultern, »dass wir die Zuständigen vielleicht doch noch umstimmen können. Wenn viele Unterschriften zusammenkommen, ist das ein wirksamer Protest. Ihr habt euch bestimmt viele Bücher ausgeliehen, richtig?«
Die Kinder nickten. Bürgermeister Fellbacher ließ sich erzählen, welche Bücher die beiden gelesen hatten. Er fragte nach ihren Lieblingsbüchern. Laura las gern Romane, in denen es um Pferde ging oder die auf einem Ferienhof spielten, Lorenz verschlang mit Leidenschaft Indianergeschichten.
Pferdebücher hatte Fellbacher als kleiner Bub nicht gelesen. Aber Lorenz und Fellbacher unterhielten sich eine Weile über Indianer und den wilden Westen.
»Wir haben kein großes Taschengeld, dass wir uns andauernd neue Bücher kaufen könnten«, sagte Laura.
»Und wir können auch net jede Woche in die Bücherei nach Kirchwalden fahren«, ergänzte Lorenz.
»Können könnten wir schon. Aber die Mama hat net so viel Zeit, mit uns nach Kirchwalden zu fahren. Und allein mit dem Bus dürfen wir nicht in die Stadt«, sagte Laura.
»Des ist doof. Aber da ist nix zu machen. Die Eltern sagen, wir würden uns dann nur in der Stadt herumtreiben, und das wäre nicht gut für uns«, ergänzte Lorenz trotzig.
Bürgermeister Fellbacher, der selbst Vater von mehreren Kindern war, verstand das Verbot. Er behielt das aber für sich.
»Kinder, ich verspreche euch, dass die Gemeinde Waldkogel alles versuchen wird, um hinzubekommen, dass der Bücherbus weiterhin fährt. Das verspreche ich euch. Aber die Entscheidung liegt leider nicht bei mir. Ich weiß, dass euch das nicht tröstet. Aber gebt die Hoffnung nicht auf!«
Die Geschwister warfen sich Blicke zu.
Laura ergriff das Wort: »Wir haben uns gedacht, dass man eine Demo machen könnte, mit Spruchbändern und Bildern. Aber die Eltern meinten, so einfach sei das nicht. Eine Demo müsste genehmigt werden.«
»Das stimmt. Demonstrationen müssen angemeldet und genehmigt werden. So sieht es das Gesetz vor, weil eine Demonstration die öffentliche Ordnung durcheinanderbringen kann.«
»Gibt es dafür ein Formular?«, fragte Laura.
Bürgermeister Fellbacher musste schmunzeln. »Ich habe ein solches Formular noch nie gesehen.«
»Das muss es geben«, beharrte Lorenz. »Opa sagt, es gibt für alles Formulare. ›Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare‹, sagt Opa. Können Sie suchen? Wir wollen so ein Formular haben.«
»So?«, staunte Fellbacher. »Ihr wollt also wirklich demonstrieren?«
»Ja, das wollen wir«, sagte Laura mit fester Stimme. »Wir wollen unser demokratisches Recht zur Meinungsäußerung ausüben.«
»Mei, des hast du schön gesagt, Laura.«
Bürgermeister Fellbacher ließ sich von Gina eine Tasse Kaffee bringen.
»Also, Kinder, eure Idee, für den Erhalt des Bücherbusses zu demonstrieren, die halte ich für gut. Meine Unterstützung habt ihr.«
»Wirklich, Herr Fellbacher?«, riefen die Geschwister wie aus einem Mund.
»Ja, wirklich«, lachte Fellbacher.«
»Mei, ist des super«, rief Lorenz. Er wandte sich an seine Schwester. »Ich hab doch gesagt, dass der Fellbacher uns helfen wird.«
»Ja, du hast mal wieder recht gehabt. Aber jetzt hörst du auf zu quatschen«, schimpfte Laura. Ihr war es offenbar peinlich, dass sie an der Unterstützung von Fellbacher gezweifelt hatte.
»Warum hattest du gedacht, dass ich euch nicht helfen werde?«, fragte er.
Verlegen schob sich Laura eine Haarsträhne hinters Ohr. »Weil wir auch schon mit dem Schuldirektor gesprochen haben. Er hat uns ausgelacht.«
»Was du net sagst, Laura. Dann werde ich mit dem mal reden müssen. Kinder sind genauso Bürger wie jeder Erwachsene. Und wenn sie ein Anliegen haben, dann müssen sie Unterstützung bekommen. Aber nun mal Klartext. Wie habt ihr euch das gedacht?«
Lorenz ergriff das Wort. Er erzählte, dass sie Schilder und Plakate malen und mit ihnen auf dem Schulhof und auf der Straße vor der Schule ab und auf laufen wollten. Es würde auch Lieder und Sprechchöre geben.
»Und wir wollen uns als Bücher verkleiden, die werden wir aus Pappkartons basteln. Man könnte auch Bettlaken zusammennähen, ganz viele hintereinander. Wir bemalen sie, schlüpfen rein und laufen als Bücherbus herum.«
»Mei, das sind tolle Ideen! Ich bin dabei. Ihr bekommt meine Unterstützung, und ich bin sicher, viele Erwachsene machen mit.«
Laura und Lorenz freuten sich.
»Und wann wollt ihr das machen?«
Die Kinder zuckten mit den Schultern, da waren sie total überfragt.
»Na ja, für die Vorbereitungen werdet ihr schon eine Woche brauchen. Wie wäre es am übernächsten Sonntag?«
Lorenz und Laura nickten.
Bürgermeister Fellbacher schlug mit der Hand auf die Tischplatte.
»Dann ist das beschlossene Sache, Kinder. Um die Formalitäten müsst ihr euch keine Gedanken machen. Das regeln Gina und ich hier im Rathaus. Gina wird die Presse anrufen.«
»Presse?«, staunte Lorenz.
»Aber sicher, wenn eure Aktion erfolgreich sein soll, dann müssen möglichst viele Menschen davon erfahren. Die Zeitung muss dabei sein und das Fernsehen. Das machen wir vom Rathaus aus. Wenn ihr sonst noch Hilfe braucht, dann bekommt ihr sie. Sprecht mal mit der Freiwilligen Feuerwehr! Ich werde die Kameraden ansprechen. Sie werden euch bestimmt helfen. Sie haben Megafone.«
Laura strahlte.
Bürgermeister Fellbacher bat die Geschwister, ihn laufend zu informieren, wie weit sie mit der Planung und den Vorbereitungen waren. Laura und Lorenz versprachen es.
Als Bürgermeister Fellbacher nach Gina rief und mit ihr einige Termine für die Kinder festlegte, waren sie sehr stolz.
»So, dann wünsche ich euch viel Erfolg und gutes Schaffen«, sagte er.
Er wandte sich an Gina.
»Hast du schon Süßigkeiten verteilt?«
Gina bejahte. Fellbacher ging zum Schreibtisch und händigte den Geschwistern die ganze Schachtel aus.
»Ihr braucht sicherlich eine Stärkung, auch für eure Freunde, wenn sie euch helfen.«
Die beiden bedankten sich artig und gingen strahlend nach Hause.
Bürgermeister Fellbacher rief den Vorsitzenden der Freiwilligen Feuerwehr Waldkogel an und sprach mit ihm. Er versprach, sich der Sache anzunehmen, besonders da er Laura und Lorenz gut kannte, die beide Mitglieder der Jugendfeuerwehr waren.
*
Werner Wiesner saß an seinem Schreibtisch. Er blickte kurz auf und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Durch die hohe Glaswand sah er, dass sein Sohn seine Sachen packte. Werner schaute auf die Uhr. Es war kurz nach achtzehn Uhr. Die Mitarbeiter waren schon gegangen.
Werner stand auf und ging zu seinem Sohn.
»Du willst schon gehen?«, fragte er.
»Ja, ich bin mit Joana verabredet.«
»So, davon hast du gar nichts gesagt.«
Stefan lachte. »Papa, ich bin erwachsen. Muss ich dir Rechenschaft abgeben, wann ich mich mit Joana treffe?«
»Es interessiert mich eben. Bist du mit dem Entwurf fertig?«
»Ich bin fast fertig, den Rest erledige ich am Montag.«
»Am Montag? Der Termin mit dem Großkunden ist am Mittwoch. Das wird zu knapp. Du wirst die Pläne und die Computeranimation am Wochenende fertigstellen. Es ist gut, wenn wir einen zeitlichen Puffer haben.«
»Papa, ich habe frei an diesem Wochenende. Das ist das erste Wochenende seit Langem. Ich habe wochenlang durchgearbeitet und war bis spät in der Nacht hier.«
»Das ist nun mal so, Stefan. Was denkst du, wie viele Wochenenden und Nächte ich durchgearbeitet habe? Von nichts kommt nichts, habe ich dir immer gesagt. Eines Tages wird dir die Firma gehören. Also, gewöhne dich dran, dass du nicht tun kannst, was du möchtest, sondern was notwendig ist.«
Stefan Wiesner schaute seinen Vater nicht an, als er fortfuhr seinen Schreibtisch aufzuräumen.
»Stefan, ich rede mit dir. Die Entwürfe gehen vor.«
»Nein, dieses Mal nicht, Papa. Ich bin mit Joana verabredet.«
»Rufe sie an und sage ab!«
»Das werde ich nicht tun.«
»Oh doch, das wirst du tun. Wo bleibt deine Disziplin?«
»Papa, jetzt hör aber auf! Du kannst dich bestimmt nicht über mich beschweren.«
»Du könntest mehr leisten, wenn du wolltest. Man macht sich keinen schönen Abend und ein freies Wochenende, wenn man mit der Arbeit nicht fertig ist.«
»Das erkläre ich Joana jetzt schon Woche für Woche. Wir sehen uns kaum noch. Sie wohnt am anderen Ende von München. Oft sitze ich länger im Auto, als ich bei ihr bin.«
»Ich dachte, ihr wolltet heiraten? Heirate sie endlich! Dann fällt die Fahrerei quer durch die Stadt weg. Wenn ihr bei uns im Haus wohnt, dann seht ihr euch jeden Tag. Arbeiten gehen muss sie dann auch nicht mehr.«
Stefan seufzte ganz leise.
»Vater, du verplanst schon wieder mein Leben, unser Leben. Joana wird weiter arbeiten gehen. Warum sollte sie aufhören, nur weil wir heiraten?«
»Weil sie dich dann unterstützen muss. ›Hinter einem erfolgreichen Mann steht immer eine Frau‹, heißt es. Das stimmt. Deine Mutter hat mir immer den Rücken freigehalten. Habt ihr endlich über den Hochzeitstermin gesprochen?«
»Das geht dich nichts an. Außerdem sehen wir uns selten.«
»Das kannst du jederzeit ändern, Stefan. Ich habe dir doch deutlich gesagt, was du tun musst.«
»Das ist meine Angelegenheit, Papa.«
Plötzlich verlor Stefan die Beherrschung. Seit seinem Diplom als Garten- und Landschaftsarchitekt arbeitete er jetzt bereits drei Jahre bei seinem Vater im Betrieb. Der Beruf machte Stefan viel Freude. Nur das Verhältnis zwischen ihm und seinem Vater hatte sich die letzten Wochen immer mehr getrübt. Werner Wiesner setzte Stefan unter Druck. Er bürdete ihm immer mehr Arbeit auf und machte ihm Vorschriften.
»Du kannst dich nicht über mich beschweren, Papa. Ich mache alles, was du willst. Doch nie ist es dir genug. Ich komme mir vor, als wäre ich in einem Hamsterrad eingesperrt, – eingesperrt von dir. Du willst das Rad schneller drehen, als ich laufen kann. Mein Kopf ist wie ausgebrannt. Ich muss mal durchatmen«, brüllte Stefan.
»Was bist nur für ein Waschlappen! Ich hatte dich für robuster gehalten. Oder bist du faul? Willst du zu der Schickimickiszene gehören, diesen faulen Nichtstuern, die nur Partys im Kopf haben?«
»Hör sofort auf! Das verbiete ich mir.«
»Aha, der Herr sitzt auf dem hohen Ross. Du wirst bis Montag die Entwürfe fertig haben. Das ist mein letztes Wort. Ich verbringe das Wochenende auch im Büro. Wenn ich das leiste, kann ich das von dir auch verlangen.«
»Das kannst du nicht, Vater, nicht heute und nicht dieses Wochenende.«
»Hast du auch daran gedacht, was passiert, wenn wir den Auftrag nicht bekommen? Dann gehen uns einige Millionen verloren.«
»Drohe mir nicht damit! Außerdem haben wir bereits einen Vorvertrag. Was soll schiefgehen?«
»Es kann immer etwas schiefgehen«, schrie Werner. »Nehmen wir an, wir haben am Montag einen Stromausfall. Dann steht hier in der Planung alles still.«
»Kaufe einen großen Generator oder installiere mehr Solarzellen aufs Dach. Das habe ich dir schon oft gesagt.«
»Noch bin ich der Chef hier. Und ich sage Überstunden an. Basta!«
Stefan lachte laut.
»Überstunden, dass ich nicht lache. Überstunden, die du nie nicht bezahlst.«
»Du bekommst ein sehr gutes Gehalt. Außerdem wird dir eines Tages alles gehören.«
»Ja, das betest du mir jeden Tag vor. Damit hast du Wolfgang schon genervt.«
»Lass deinen Bruder aus dem Spiel! Der hat mich sehr enttäuscht. Ich will seinen Namen nicht mehr hören.«
»Was bist du nur für ein Mensch, Papa? Damals, als Wolfgang ging, war ich voller Mitleid, als ich sah, wie hart es dich getroffen hat. Doch ich gestehe dir, dass ich inzwischen Wolfgang immer besser verstehe. Übrigens, Wolfgang geht es gut.«
Werner wurde hochrot im Gesicht.
»Ich verbiete dir, den Namen Wolfgang noch einmal in den Mund zu nehmen. Ich will nicht, dass du deinem großen Bruder nacheiferst. Er war egoistisch, undankbar und ist ein Taugenichts.«
»Ich kann verstehen, dass Wolfgang gegangen ist. Er hat es mit dir nicht mehr ausgehalten.«
»Jetzt nimmst ihn noch in Schutz. Das wird ja immer schöner.«
Sie schauten sich wütend an.
»Du hast keine Ahnung, Papa. Du lernst aus Fehlern nichts dazu.«
»Hör auf, mich zu maßregeln, du junger Schnösel!«
»Und du hörst auf mich zu beschimpfen. Sonst …«
»Was sonst? Willst du mir drohen?«, schrie sein Vater.
»Ich drohe überhaupt nicht. Aber gewisse Gedanken drängen sich mir auf.«
Sie starrten sich an. Stefan hielt dem Blick seines Vaters Stand.
»Okay, dann fahre jetzt zu Joana. Aber morgen früh bist du pünktlich im Büro«, sagte Werner Wiesner.
Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Stefan warf lässig seinen kleinen Rucksack mit dem Notebook über die Schulter. Er trat in den Flur und knallte die Tür zu, dass die Glaswände bebten.
Im Café wartete Joana schon.
»Na, endlich«, seufzte sie. »Ich dachte, du versetzt mich schon wieder.«
Stefan gab ihr einen flüchtigen Kuss und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch.
»Ich hatte noch ein Gespräch mit meinem Vater. Erspare mir die Einzelheiten!«
Stefan winkte die Bedienung herbei und bestellte sich einen Kaffee.