Zuversicht im Leid - Katherine Wolf - E-Book

Zuversicht im Leid E-Book

Katherine Wolf

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Beschreibung

Nach einem Schlaganfall, der ihr Leben von Grund auf veränderte, wurden Katherine und Jay mit der Herausforderung konfrontiert, eine neue Perspektive ihres Lebens anzunehmen: Aus dem Rollstuhl heraus. Davon handelt auch ihr erstes Buch, ihre Memoiren Hope Heals. Nun lädt uns das Ehepaar in seinem zweiten – ebenso mit Witz und Weisheit geschriebenen – Buch auf den Weg hin zu einem erfüllten Leben ein, das die Hoffnung nicht aufgibt, selbst inmitten der alltäglichen Kämpfe, die uns unsere eigenen unsichtbaren Rollstühle jeden Tag bescheren. In ihrer grundehrlichen Erzählweise und mit Hilfe geistlicher Einblicke bringen uns Katherine und Jay die profunde Wahrheit nahe, dass wir imstande sind, alles zu überwinden, wenn wir die Art und Weise, wie wir über alles denken, komplett neu definieren. Und mit dieser Veränderung kommen die unverhofften Geschenke des Leids einher: eine gestärkte Identität, Mut im Angesicht der Furcht und die Gnade, in diesem guten und doch harten Leben aufzublühen.

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ZUVERSICHT

IM LEID

Wie man alles überlebt,indem man alles neu definiert

KATHERINE & JAY WOLF

Es ist möglich, dass dein Schmerz dich zu einem Ort des Ganzseins und nicht der Niederlage bringt. Mit Humor und tiefer Weisheit teilen Katherine und Jay Lektionen, die sie durch extreme Not gewonnen haben, die aber universell auf die Leidensgeschichte eines jeden anwendbar sind. Dieses Buch ist jede Minute deiner Zeit wert.

TIM TEBOW, ehemaliger NFL-Quarterback, aktueller Profi-Baseballspieler und Autor von Through My Eyes und Shaken

Die Lücke zwischen dem, was man sich wünscht, und dem, was man bekommt, nennt man „unerfüllte Erwartungen“. Das Leben ist nicht so verlaufen, wie du es dir erhofft hast? Bei Katherine und Jay war das der Fall. Die Lektüre ihrer Geschichte wird dir helfen, deine eigene zu verstehen. Dies ist ein tiefgründiges und erstaunlich fröhliches Buch. Bitte lies es.

MAX LUCADO, Pastor und Bestsellerautor vonHow Happiness Happens

Vertraue den Stimmen, die geprüft wurden. Denn diejenigen, die geprüft wurden, sprechen eine Wahrheit, der man vertrauen kann. Katherine und Jay Wolf wurden geprüft, und sie sprechen aus, was sich bewährt hat und wahr ist – und absolut verändernd. Nimm dieses dynamische Buch behutsam in die Hand – denn wenn du es einmal gelesen hast, wirst du für immer verändert. Denn du hältst nicht Ideen in der Hand, wie man Leid erträgt – du hältst die zündende Hoffnung in der Hand, die jeder Einzelne von uns braucht: den erprobten, geprüften, wahren und bewährten Weg durch harte Zeiten, wie er von mutigen Überlebenden erzählt wird – von Menschen, die tatsächlich, täglich, buchstäblich die Wahrheit darüber verkörpern, wie man Zuversicht im Leid haben kann.

ANN VOSKAMP, New York Times-Bestsellerautorin von The Broken Way und One Thousand Gifts

Katherine und Jay sind unglaubliche Menschen, die zusammen eine mächtige Kraft darstellen und einen besonderen Platz in unseren Herzen haben. Ihre Geschichte ist nicht so, wie sie sich das Leben vorgestellt haben, aber sie sind – wie eine Familie – eine Stütze dafür, wie es aussieht, wenn man Zuversicht im Leid hat. Sie inspirieren uns jeden Tag, mit einem von Gott gestärkten Rückgrat zu leben und zu lieben, zu gehen und zu weinen. Wenn du die nächsten Schritte unternimmst, um zu lernen, wie man Zuversicht im Leid haben kann, wirst du sehen, wie Gott die zerbrochenen Teile in deinem Leben verfeinert und eine Kraft freisetzt, die du noch nie zuvor erlebt hast. Dieses zerbrochene Stück ist dein Sprachrohr für alles, was Gott in dir und durch dich tun möchte, und wir glauben, dass es wunderschön sein wird.

LEVI UND JENNIE LUSKO, leitende Pastoren der Fresh Life Church

Die Worte dieses bemerkenswerten Paares sind von großer Glaubwürdigkeit, denn sie weisen uns auf den hin, den sie im Feuer des Leids kennengelernt haben. Mit Humor und Ehrlichkeit nutzen Katherine und Jay ihre einzigartige Stimme, um uns zu helfen, das in Einklang zu bringen, womit wir alle in diesem Leben ringen – Gottes Güte und menschliches Leid. Zuversicht im Leid wird dich zum Lachen und zum Nachdenken bringen und dich hoffentlich besser in die Lage versetzen, zu erkennen, wie Gott unser Leid so souverän erlöst.

MAYA MOORE, vierfache WNBA-Meisterin, zweifache olympische Goldmedaillengewinnerin und Verfechterin der Wiederherstellung des amerikanischen Strafrechtssystems

Impressum

Zuversicht im Leid: Wie man alles überlebt, indem man alles neu definiert, Katherine und Jay WolfSolid Rock Verlag GbR, c/o Postflex #2889, Emsdettener Str. 10, 48268 Greven

Veröffentlicht unter dem englischen Originaltitel: Suffer Strong: How to Survive Anything by Redefining EverythingCopyright © 2020 by Katherine and Jay Wolf

This edition is published by arrangement with The Zondervan Corporation L.L.C., a subsidiary of HarperCollins Christian Publishing, Inc.

Diese Ausgabe wird aufgrund eines Vertrages mit The Zondervan Corporation L.L.C., einem Bereich von HarperCollins Christian Publishing, Inc., veröffentlicht. Alle Rechte vorbehalten.

Zitierte Bibelstellen:Soweit nicht anders vermerkt:Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen.Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft.Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

Bibelstellen mit einem * versehen:Lutherbibel, revidiert 2017, Copyright © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

Bibelstellen mit zwei ** versehen:Direkte Übersetzung aus dem Englischen.

Tolino ISBN: 978-3-949836-10-7

Übersetzung: Solid Rock Verlag GbR

Cover Design: Curt DiepenhorstCover Foto: Cameron PowellLektorat: Christina SchremmerSatz und Design: Harald Klein, [email protected]

Für all die geschundenen Körper,beeinträchtigten Gehirne und gebrochenen Herzen …es gibt MEHR.

VORWORT

Hast du schon einmal Menschen getroffen, von denen du wusstest, dass sie dein ganzes Leben verändern würden? Als wir bei Passion 2017 zum ersten Mal mit Katherine und Jay auf der Bühne saßen, hatten wir genau dieses Gefühl. Wir glaubten, dass eine seismische Verschiebung stattfinden würde – nicht nur für diesen Moment, im Leben der fünfzigtausend Menschen, die die Bühne umgaben, sondern durch diesen Moment würde eine ganze Generation verändert werden. Und genau das ist passiert.

Es war nicht das erste Mal, dass Katherine und Jay an einer Passion-Konferenz teilnahmen. Einige Jahre zuvor, bei Passion 2013, hatte die Erkenntnis, dass ihr Leid zur Ehre Gottes genutzt werden konnte und würde, ihr Leben stark beeinflusst. Sie erlebten eine glorreiche Wiedergeburt, die in der verblüffenden Erkenntnis wurzelte, dass ihr Schmerz einen Sinn hatte. Jetzt, vier Jahre später, sprachen sie bei der gleichen Veranstaltung im gleichen Stadion und erzählten eindringlich von ihrem Weg durch Leid und Verlust – nicht als Opfer, sondern als Menschen, die durch die Kraft Gottes überwanden.

Wir haben nur wenige Menschen wie unsere Freunde Katherine und Jay getroffen. Trotz ihrer Lebensumstände entscheiden sie sich trotzig für die Freude. Katherine ist einer der positivsten, hoffnungsvollsten und ermutigendsten Menschen auf diesem Planeten. Ganz zu schweigen davon, dass sie zäh ist! Wer sonst, der einen Hirnstammschlaganfall erlitten hat, teilweise gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, besteht dennoch darauf, beim Beten in der Kirche zu stehen? Und wer kann schon das dienende Herz, die Freundlichkeit und Leitung von Jay Wolf beschreiben? Für sich genommen sind sie großartig, aber zusammen sind sie eine mächtige Kraft für das Reich Gottes.

Wir glauben, dass Gott Katherine und Jay auf außergewöhnliche Weise gebraucht, um die Sichtweise der Menschen auf ihr Leid und ihren Schmerz zu verändern. Sie räumen mit der tief sitzenden Lüge auf, dass ein schmerzfreies Leben das einzige Leben ist, in dem es Freude gibt. Sie kehren die Sichtweise um, dass Gott nur dort wirkt und Gutes tut, wo es keine Not und kein Leid gibt.

In der Heiligen Schrift sehen wir, dass Gott die Dinge, wie sie sind, auf den Kopf gestellt hat. Gleich zu Beginn der Schöpfung nahm Gott das, was formlos und leer war, und brachte Licht in die Finsternis. In einem Augenblick schuf er einen Präzedenzfall, der sich durch die ganze Heilige Schrift zieht: Bei Gott ist Verwandlung nicht nur möglich, sondern sie ist sein Wille. Schwäche wird zu Stärke. Niederlage wird zum Sieg. Der Tod wird zum Leben. Er ist der Gott der Erlösung, und er tut dies im Kleinen wie im Großen, in den Details unseres Lebens wie im ewigen Schicksal unserer Seelen. Jesus verändert alles.

Aber wie in der Geschichte von Katherine und Jay haben wir nicht immer die Kontrolle über unsere Umstände. Wir können nicht immer für jedes Ergebnis oder jede Situation planen. Aber das macht uns nicht hilflos. Auch wenn wir Opfer einer gefallenen Welt sind, können wir in Christus zu Siegern werden. Uns wurde die Kraft gegeben, jede Prüfung oder Bedrängnis zu überwinden. Das ist gemeint, wenn wir in 2.Korinther 4,8-9.16 lesen: „Von allen Seiten dringen Schwierigkeiten auf uns ein, und doch werden wir nicht erdrückt. Oft wissen wir nicht mehr weiter, und doch verzweifeln wir nicht. Wir werden verfolgt und sind doch nicht verlassen; wir werden zu Boden geworfen und kommen doch nicht um.“ Nur sieben Verse später schreibt Paulus diese Worte: „Das sind also die Gründe, weshalb wir uns nicht entmutigen lassen.“

Paulus gibt wieder, was Jesus den Jüngern in Johannes 16,33 gesagt hat: „In der Welt werdet ihr hart bedrängt. Doch ihr braucht euch nicht zu fürchten: Ich habe die Welt besiegt.“ Das ist die Geschichte von Katherine und Jay – in dieser Welt haben sie Schwierigkeiten gehabt. Wir alle können Amen sagen, weil wir Schwierigkeiten haben. Aber das ist es, was ihre Geschichte so stark macht: Leid ist nicht etwas, das wir vermeiden müssen. Es ist nicht das Ende der Geschichte. Vielmehr ist es, wie Katherine oft sagt, der Anfang.

Genau darum geht es in Zuversicht im Leid. Jedes Kapitel konzentriert sich darauf, unsere Geschichten durch die Gnade Jesu neu zu definieren. Das Ergebnis ist neue Hoffnung, neue Kraft und ein neues Fundament, das in allen Lebenslagen Bestand hat.

Katherine und Jay Wolf sind so wunderbare Träger dieser Botschaft, und wir sind überzeugt, dass Zuversicht im Leid wirklich das Potenzial hat, alles zu verändern. Katherine und Jay erzählen nicht aus ihrer Perfektion heraus, sondern aus ihrer verwandelten Schwäche. Sie haben den Reichtum und die Belohnung harter Kämpfe erfahren. Sie sind auf der anderen Seite angekommen, vernarbt, aber aufrecht, verwundet, aber siegreich. Und obwohl sich die Landschaft ihres Lebens deutlich verändert hat, bleibt Gottes Ziel für ihr Leben bestehen. Seine Pläne für sie sind heute so sicher wie in der Sekunde vor Katherines beinahe tödlichem Schlaganfall. Deshalb spiegelt jede Seite von Zuversicht im Leid die Treue Gottes wider.

Wir glauben, dass Gott uns absichtlich Menschen in den Weg stellt, die eine unmittelbare und spürbare Wirkung haben und den Verlauf unseres Lebens für immer verändern. Katherine und Jay waren solche Menschen für uns, und wir glauben, dass Gott sie zu zwei der bedeutendsten Stimmen für sein Volk gemacht hat. Viel zu lange hat die Kirche Menschen mit scheinbar nicht erhörten „Wundergebeten“ und bleibenden Behinderungen im Stich gelassen und ihnen das Gefühl gegeben, dass sie in ihrem Glauben zu kurz gekommen sind und sich nun mit ganz kleinen Träumen in Gottes Absichten und Plänen abfinden müssen. Katherine und Jay vertreten die gegenteilige Ansicht, denn sie leben in der Gewissheit, dass Gott gerade wegen und nicht trotz ihrer Behinderung seinen Willen durchsetzt und seinem Namen große Ehre macht.

Wir sind begeistert, dass Katherine und Jay nach einem Umzug quer durchs Land nun die Passion City Church ihre Heimatgemeinde nennen. Es ist eine große Ehre, in dieser Zeit hautnah mitzuerleben, wie Gott in ihrer Ehe und Familie die Wahrheit aus 1.Thessalonicher 5,24 bestätigt: „Der, der euch beruft, ist treu; er wird euch ans Ziel bringen.“

Wenn du sie noch nicht kennst, wirst du dich in unsere Freunde verlieben, denn ihr Charme, ihr Humor und ihre Ehrlichkeit finden sich auf jeder Seite. Wenn sie dich anleiten, so glauben wir, kann das, was du einst als Schmerz empfunden hast, zu deiner wertvollsten Plattform werden. Dein Leid kann sich tatsächlich in deinen wertvollsten Zugang zu einer zerbrochenen und verzweifelten Welt verwandeln.

Katherine und Jay legen Zeugnis für diese Wahrheit ab, indem sie sich mutig dafür entscheiden, ihr Leid als eine „kleine Last“, die „bald vorübergeht“, zu betrachten, und die ihnen „eine unvorstellbare und alles überragende Herrlichkeit [bringt], die nie vergeht“ (2.Korinther 4,17). Sie lernen, Zuversicht im Leid zu haben, und nichts ehrt uns mehr, als sie auf ihrem Weg begleiten zu dürfen.

Blättere um und mach dich bereit für eine ganz neue Lebensweise.

Louie und Shelley Giglio, Pastoren der Passion City Church und Mitgründer des Passion Movement

PROLOG

Hoffnung überlebt

Unsere Geschichten sind wunderbar. Sie sind aber auch schmerzhaft, ungerecht, erschreckend, und fast immer ganz anders, als wir sie uns vorgestellt haben. Doch es scheint, dass gerade diese Teile die Mittel sind, durch die sich das Wunderbare am ehesten offenbart.

Vor mehr als einem Jahrzehnt, an einem ganz normalen Tag, änderte sich für Katherine und mich das Leben, wie wir es kannten, innerhalb weniger Minuten. Im Alter von sechsundzwanzig Jahren erlitt Katherine einen katastrophalen Hirnstammschlaganfall, der ihr die Fähigkeit zu gehen, zu sprechen und sogar zu essen nahm. Sie konnte nicht mehr in unserem Haus leben oder für unseren sechs Monate alten Sohn die Mutter sein, die sie sein wollte. Und in der Zeit nach diesem verheerenden Ereignis wurde ich in ganz neue Rollen hineingeworfen, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie annehmen würde. Ich war immer noch Katherines Ehemann, ja, aber ich war auch Betreuer und Vormund im Blick auf die medizinische Versorgung. All die großen Träume, die wir zu Beginn unserer gemeinsamen Reise geträumt hatten – ein Baby, eine neue Karriere, ein neuer Lebensabschnitt, neue Hoffnung für das Leben, das wir zu haben glaubten –, hingen plötzlich am seidenen Faden.

In unserem ersten Buch Hope Heals (Hoffnung heilt) haben wir unsere Geschichte über einen überwältigenden Verlust und die überwindende Liebe erzählt, die auf dieses lebensverändernde Ereignis folgte. In Zuversicht im Leid verfolgen wir die Entwicklung von der Geschichte dessen, was uns widerfahren ist, zu den Lektionen, die wir auf unserem Weg gelernt haben, und zu den Schätzen, die wir in der Dunkelheit gefunden haben. Tiefes Leid in jungen Jahren kann wie eine Tragödie erscheinen – so viel Potenzial, so viele Träume, die alle in einem einzigen Augenblick zerstört werden. Aber während jede Faser in uns diese Erfahrungen aufnahm und wir sie in den folgenden Jahren mit anderen geteilt haben, sahen wir, dass unsere Geschichte ein Mikrokosmos einer viel größeren Geschichte ist, einer Geschichte, die sich durch unser aller Leben zieht – eine Geschichte von Zerbrochenem, das geheilt wird, und von fast toten Dingen, die zu neuem Leben erwachen. Letztlich ist es die Geschichte Gottes in dieser Welt – er hält sie, er heilt sie, er gibt ihr Hoffnung.

Menschliches Leid nimmt so viele Formen an, und es mag verlockend sein, zu beurteilen, was wirklich als „echtes“ Leid gelten soll. Aber haben wir nicht alle damit zu kämpfen, mit Realitäten zu leben, die wir uns nicht ausgesucht haben? Leid in seiner einfachsten Form entsteht in dem Raum zwischen dem, was wir erwartet haben, und dem, was ist. Diese Spannung kann uns bis ins Mark erschüttern, sei es der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine ernste medizinische Diagnose, eine schmerzhafte Trennung oder eine finanzielle Herausforderung, unter Depressionen leiden oder der Verlust eines geliebten Menschen. Unser Menschsein stellt jeden von uns auf diese Skala des Schmerzes, und die große Ironie ist, dass wir uns oft selbst isolieren, indem wir sagen: „Mein Schmerz ist so groß, dass ihn niemand versteht“, oder umgekehrt: „Mein Schmerz ist so unbedeutend, dass sich niemand dafür interessiert.“

Die Wahrheit ist, dass die Erfahrungen, die sich am persönlichsten anfühlen – als ob niemand sonst sie verstehen könnte –, auch die universellsten Erfahrungen im Leben sind. Inmitten unseres eigenen Schmerzes und Verlustes haben Katherine und ich gelernt, dass Leid Leid ist und dass es in jedem Fall möglich ist, Zuversicht im Leid zu haben. Das Leben definiert uns, aber das Leid definiert uns neu. Letztlich veredelt uns die Hoffnung und verwandelt uns von innen heraus auf eine Weise, die wir uns nie hätten vorstellen können.

Jeder Mensch wird durch eine einzigartige Kombination von Dingen definiert. Wenn wir auf die Welt kommen, wird unsere Identität durch Dinge definiert, die wir uns nicht ausgesucht haben und die wir nicht ändern können – unsere Familie, unsere Gene, unsere persönlichen Eigenschaften. Darüber hinaus werden wir durch unsere Ängste, Verletzungen und Sehnsüchte definiert, während wir unsere individuellen Wege gehen. All diese Komponenten formen die einzigartigen Parameter dessen, wer wir sind, die Art unserer Herzen und den Weg in unsere Zukunft.

Aber wenn wir in der Welt leben, wenn wir leiden und wachsen, erleben wir Dinge, die an die Grenzen dessen stoßen, was uns bisher definiert hat, die unsere Grenzen sprengen und neu definieren und die manchmal das Leben, das wir kennen, zerstören. Die eigentliche Arbeit, die härteste Arbeit, besteht darin, die Scherben aufzusammeln und zu entscheiden, wie wir sie wieder zusammensetzen. Das Neue, das dabei entsteht, funktioniert vielleicht nicht mehr so wie vorher, aber es kann sich biegen und dehnen und uns auf eine Weise verändern, die wir noch mehr schätzen lernen. So sehr wir auch vor Leid zurückschrecken, besitzt es doch das Potenzial, uns zu zeigen, wer wir sind und wer Gott ist, und zwar auf eine Weise, die unser Leben dramatisch verändert. Wir können wertvolle Weisheit und eine tiefere Wertschätzung für das uns geschenkte Leben gewinnen, wenn wir lernen, gut zu leiden – nicht als Opfer, sondern als Überwinder.

Wir gehen davon aus, dass du dieses Buch in den Händen hältst, weil du einiges durchgemacht hast – vielleicht sogar einiges sehr, sehr Schweres. Das tut uns sehr leid. Aber jeder von uns hat die Möglichkeit, in Situationen zu gedeihen, von denen wir nie zu träumen gewagt hätten, dass wir sie erleben würden. Wie oft gesagt wird, haben wir die Umstände des Lebens nicht in der Hand, wohl aber unsere Reaktion darauf. Zuversicht im Leid kann zwar zunächst verwirrend und schmerzhaft sein, aber es ist eine Reise, die mehr Sinn, Hoffnung und Freude verspricht.

Dieses Buch ist die Aufzeichnung der Reise, für die wir uns, seit sich alles verändert hat, jeden Tag neu entscheiden. Die gute Nachricht unserer Geschichte – und auch deiner Geschichte – ist, dass es immer noch mehr gibt. Durch die Tiefen unseres eigenen Schmerzes hindurch haben Katherine und ich eine Erfahrung mit Gott und miteinander gemacht, die unser Denken und unser Leben radikal verändert hat. Ein entscheidender Moment brachte uns schließlich dazu, alles neu zu definieren – unsere Ehe, unseren Glauben, den Sinn unseres Lebens, ja unser Leben selbst. Wir haben beide eine veränderte Sichtweise und eine übernatürliche Kraft gewonnen, nicht trotz, sondern wegen des Leids, das wir erlebt haben.

Die Lektionen, die Kämpfe, die Kraft und die Hoffnung, die wir auf den folgenden Seiten mit dir teilen, gehören zu uns, aber sie gehören auch zu dir. Sie sind für jeden, der bereit ist, seinen Griff am Wertvollen zu lockern, um schließlich etwas noch Reicheres, Tieferes und Größeres zu erhalten. Leid muss nicht das Ende der Geschichte sein, es kann vielmehr der Anfang einer neuen sein. Erzählen wir uns diese Geschichte gemeinsam.

KAPITEL 1

UNSICHTBARE ROLLSTÜHLE

Beschränkungen neu definieren

Ich hasse Klamotten. Wirklich. Das heißt nicht, dass ich am liebsten ohne sie leben würde. Und eigentlich ist es mir auch nicht egal, was ich in der Öffentlichkeit trage – auch wenn ein kuscheliger Opa-Pyjama als gesellschaftlich angemessen gelten würde, wenn ich die Welt regieren würde. Ich meine nur, dass ich es hasse, was Kleidung erfordert. Das ganze Kaufen. Das ganze Anprobieren. Das ganze Waschen. Das ganze Wiederaufhängen. All die überquellenden Schränke, in denen man nichts zum Anziehen findet! Vielleicht habe ich ein kleines Trauma aus meiner Kindheit, die ich in Umkleidekabinen mit gewissen ungenannten Familienmitgliedern verbracht habe, die Kleidung definitiv nicht hassten.

Wenn das dein Ding ist, dann nur zu, aber mir hat es noch nie Spaß gemacht und meistens löst es bei mir nur unnötigen Stress aus. Wenn ich an all die schwierigen Dinge denke, die ich durchgemacht habe, und all die Herausforderungen, die ich gemeistert habe, frage ich mich: Warum, um alles in der Welt, kann ich mich nicht einfach anziehen? Warum fühle ich mich wie erstarrt? Ich bin ein großes Mädchen! Ich sollte in der Lage sein, mich anzuziehen, meine Unterwäsche für große Mädchen anzuziehen und etwas Eigenmächtiges zu tun, wie zum Beispiel mein Bluse und meine Hose für große Mädchen anzuziehen. Aber es fühlt sich nie leicht an.

Manchmal sind die alltäglichen Kämpfe des Lebens schwieriger zu bewältigen als die großen Kämpfe des Lebens. Auf diese Weise sind wir wahrscheinlich alle widersprüchlich. Und um fair zu sein, unser winziger kalifornischer Bungalow aus den 1920er Jahren hatte Schränke, die groß genug für Puppenkleider waren, also stell dir vor, wie ich auf einem Tritthocker stehend, mit wackeligem Gleichgewicht und Sehstörung (Doppelbilder), auf den Zehenspitzen nach dem perfekten, aber noch unerreichbaren Accessoire im obersten Regal griff. Ich wäre fast an einem Schlaganfall gestorben; für Mode sterbe ich nicht!

Stell dir meine Freude vor, als ich vor einigen Jahren von einem lebensverändernden Konzept namens „Capsule Wardrobe“ hörte. Im Grunde handelt es sich dabei um ungefähr ein Dutzend verschiedener Kleidungsstücke, die alle zusammenpassen sollen. Man schnappt sich eine Kombination – idealerweise nicht drei Blusen, sondern eher eine Kombination, die den ganzen Körper bedeckt – und los geht‘s! Diese Art von stark überarbeiteter Garderobe erfordert ein gewisses Maß an Überlegung im Vorfeld, um alles auszuwählen und herauszuholen, aber sie macht die tägliche Auswahl so einfach.

Ich habe gehört, dass viele hochrangige CEOs eine ähnliche Taktik anwenden. Der Mensch kann an einem Tag nur eine bestimmte Anzahl von Entscheidungen treffen. Deshalb entscheiden sich diese Geschäftsleute dafür, fast immer das Gleiche zu tragen, damit sie all ihre gute Entscheidungskraft für Dinge aufsparen können, die tatsächlich ein bisschen wichtiger sind. Sie entscheiden sich dafür, einen Bereich ihres Lebens einzuschränken, um sich mehr auf andere Bereiche konzentrieren zu können.

Ich bin kein CEO, aber ich werde diese Idee aufgreifen und sie umsetzen! Ich habe immer noch einen Schrank voller wahlloser Klamotten – ich bin auch nicht besonders gut im Ausmisten –, aber Jay hilft mir jede Woche dabei, meine begrenzte „Capsule Wardrobe“ an Kleidungsstücken zusammenzustellen, und das hat mir erstaunlich geholfen. Ich habe keine Angst mehr vor meinem Kleiderschrank. Wenn sich nur die Wäsche später selbst waschen und wieder aufhängen würde, dann wäre ich völlig überzeugt, aber nichts ist perfekt.

Im Gegensatz zu unserem egozentrischen und konsumorientierten Teil brauchen wir eigentlich nicht ständig Zugang zu allen möglichen Angeboten und allen möglichen Dingen, die jemals hergestellt wurden, um zufrieden zu sein. Aber das digitale Zeitalter hat uns das Wissen der Welt und eine endlose Reihe von Ideen an die Hand gegeben. Es sagt uns, dass wir alles haben sollten, um es uns zu nehmen. Wie könnte weniger wirklich mehr sein?

Alles in unserer Kultur und in unserem Verstand spricht dagegen, obwohl wir in Wirklichkeit nicht einmal alle unsere Optionen durchdenken können, geschweige denn die beste auswählen. Unser Überfluss lähmt uns. Mehr ist mehr, und mehr ist offensichtlich zu viel! Unsere Köpfe sind wie unsere Schränke voll mit Dingen, die wir nie wieder brauchen werden, die wir aber für alle Fälle aufbewahren. Man weiß ja nie, wann man wieder zu einem Kentucky Derby eingeladen wird – mit dem Dresscode: Abendgarderobe! Und es wäre sicher hilfreich, wenn wir jeden Hashtag im Zusammenhang mit #kentuckyderby, #strangelybighats, #horses, #countryliving, #biscuits gründlich recherchieren würden – du weißt ja, wie die Reise ins virtuelle Rabbit Hole verläuft. Also behalten wir den riesigen glitzernden Hut für diese Möglichkeit irgendwann einmal und scrollen weiter, versperren uns aber dabei den Blick auf die Dinge, die wir eigentlich brauchen, um in unserem Alltag zu funktionieren, geschweige denn um zu gedeihen.1

Der Gedanke, unsere Möglichkeiten einzuschränken, um zu gedeihen, ist nicht nur für geschäftliche Entscheidungen oder die Wahl der Mode gut. Die brillanteste Kreativität und die nützlichste Klarheit können sich aus einer Beschränkung ergeben. Flannery O‘Connor schreibt: „Kunst überwindet ihre Grenzen nur, indem sie in ihnen bleibt.“2 Was zunächst wie ein kleiner und sehr enger Fokus aussieht, eröffnet schließlich eine umfassendere Lebensweise. Aber wir erreichen die Fülle nicht, wenn wir uns nicht zuerst nach innen wenden.

Bevor ich nach meinem Schlaganfall wieder essen konnte, habe ich mich seltsamerweise mit Reality-TV-Kochshows gequält. Es war eine Fantasiewelt, in der ich das Essen indirekt genießen konnte. Und mal ehrlich, wer steht denn nicht auf eine gute Kochsendung, vor allem eine, in der der Kandidat auf ein ganz bestimmtes Szenario oder eine völlig willkürliche Zutat beschränkt ist? Kimchi – auf geht‘s! Tintenfischtinte ist es! Kalbsbries ist was? Jetzt lasst uns anfangen zu kochen, Köche! Und diese genialen Künstler nehmen den zufälligen Gegenstand und machen daraus etwas Interessantes, etwas völlig Neues und hoffentlich auch Leckeres. Das inspiriert uns Heimköche zu unseren eigenen kulinarischen Reisen, während wir mit glasigen Augen in einen seltsam leeren Kühlschrank blicken, obwohl wir fast jeden Tag in den Supermarkt gehen. Die Wirklichkeit ist etwas weniger inspirierend. Ich habe Streichkäse, Ketchup, Gurkensaft und eine uralte Zwiebel. Könnte das eine Art Vorspeise sein? Was, wenn ich es koche?

Sich innerhalb unserer Grenzen zu entfalten, geht weder schnell noch ist es einfach; es erfordert viel Übung. Aber mit der Zeit hilft uns die Neudefinition unserer Beschränkungen als Chancen und nicht als Hindernisse, unser Denken auf eine Weise zu erweitern, die wir uns sonst nie hätten vorstellen können. Einschränkungen zwingen uns auch, das, was bleibt, mit größerer Klarheit zu betrachten. Sie zwingen uns, im Kühlschrank unseres Lebens zu wühlen und das zu finden, von dem wir nicht wussten, dass wir es haben, und nicht dachten, dass wir es brauchen. Und wenn wir es gefunden haben, können wir neue und bessere Wege finden, um es für uns nützlich zu machen. Wenn wir all diese Teile von uns zusammenbringen – die vernachlässigten, die überforderten und die, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben –, dann kommen wir an einen Ort, an dem wir das Leben nicht nur durchstehen, sondern in ihm gedeihen.

Unsichtbare Rollstühle

Du fragst dich vielleicht, warum in einem Kapitel über Einschränkungen, das von einer Frau mit Behinderung geschrieben wurde, bisher nur von Kleidung und Essen die Rede war. Nun, das liegt vor allem daran, dass du vielleicht schon zum nächsten Kapitel übergegangen wärst, wenn ich von Anfang an von Behinderung gesprochen hätte! Und wenn du das getan hättest, wäre dir dieser wichtige Gedanke entgangen: Wir sind alle behindert. Keiner von uns hat uneingeschränkten Zugang zu dem, was wir wollen oder wie wir unser Leben geplant haben. Wir sind eingeschränkt durch unsere Ehe oder unser Singledasein, durch unsere Kinder oder unsere Kinderlosigkeit, durch unsere Verpflichtungen oder unsere Schulden, durch reale oder eingebildete Hindernisse. Niemand kommt ins Leben oder verlässt es, ohne sich durch irgendwas eingeschränkt zu fühlen. Einige von uns sitzen im Rollstuhl, aber wir alle haben unsichtbare Rollstühle in uns. Keiner von uns kann das Leben ganz allein meistern. Wir brauchen Gott, und wir brauchen einander.

Das Leben mit einer Behinderung war die herausforderndste und verändernste Erfahrung in meinem Leben. Es hat mir eine neue Perspektive gegeben. Es hat mich dazu eingeladen, Gott anders zu sehen und anders in der Welt zu leben. Es hat mir ein blühendes Leben ermöglicht, nicht nur trotz, sondern gerade wegen meiner Einschränkungen. In der christlichen Tradition des „auf dem Kopf stehenden Reiches Gottes“ besteht der Weg nach oben darin, sich zuerst zu erniedrigen. In den Jahren seit dem Schlaganfall hat sich diese paradoxe Wahrheit in meinem Leben bestätigt.

Außerdem hat das Leben im Rollstuhl einige merkwürdige Vorteile, die nicht nur darin bestehen, dass ich bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen ganz nach vorne komme, obwohl das, ehrlich gesagt, ein großer Vorteil ist. Wenn Jay mich in ein Zimmer rollt, ist das für jeden, der zusieht, ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass dieses nicht mehr so junge Paar eine Menge durchgemacht hat. Nicht alles ist in Ordnung. Was auch immer ihre Geschichte ist, es ist wahrscheinlich eine schwere. Das, was durch den Anblick einer körperlichen Behinderung bei einem anderen Menschen ausgelöst wird, kann ein Geschenk sein, wenn es darum geht, die automatischen Annahmen zu verwerfen, zu denen wir neigen, wenn wir einander sehen – Annahmen, dass das Leben eines anderen Menschen einfacher und besser sein muss als unser eigenes. Eine offensichtliche Behinderung bringt uns für einen Moment dazu, zweimal nachzudenken, bevor wir über ein Leben urteilen und am Ende eine Geschichte über eine andere Person erzählen, die wir gar nicht kennen.

Wenn du nicht gerade ein Soziopath oder ein Troll auf Twitter bist, wirst du uns oder Menschen wie uns mit offensichtlichen Behinderungen wahrscheinlich mitfühlend betrachten. Du wirst stehen bleiben und die Tür öffnen oder höflich nicken. Vielleicht fragst du mich, wie neun von zehn Kindern mich fragen: „Was ist denn mit deinem Gesicht los?“ Worauf ich antworte: „Nichts, mein Gehirn ist nur verletzt, aber ich lächle trotzdem!“ Umgekehrt meidest du vielleicht den Kontakt, weil du befürchtest, dass ich eine ansteckende Krankheit haben könnte. Vielleicht schreist du mich in lauten, einfachen Worten an, als würde ich kein Englisch sprechen. Oder du steckst mir, wie einige Piloten, mit denen ich geflogen bin, buchstäblich diese kleinen Flügel an meine Bluse – du weißt schon, die Art von Flügeln, mit denen man kleine Kinder besticht, damit sie im Flugzeug nicht schreien? Ernsthaft, das ist schon zweimal passiert. Ja, das ist so nett von dir, denke ich, aber die einzige Motivation, die ich brauche, um in diesem Flugzeug nicht zu schreien, ist einer dieser herrlich knusprigen Kekse. Warum holst du mir nicht einen!

Körperliche Behinderungen sind offensichtlich und lösen eine ziemlich typische Reaktion aus. Aber wollen wir nicht alle, dass die Menschen um uns herum uns ansehen und automatisch wissen, wenn es uns nicht gut geht? Vielleicht sollten wir alle T-Shirts tragen, auf denen steht: „Bitte behandelt mich mit Sorgfalt. Ich habe viel durchgemacht.“ Seltsamerweise würden einige Leute sie trotzdem nicht tragen, vor allem diejenigen, die uns glauben machen wollen, dass sie alles im Griff haben. Das Problem ist nur, dass diese Menschen die behindertsten von uns allen sind, weil sie keine Ahnung haben, wie eingeschränkt sie tatsächlich sind. Zu wissen, dass man nicht alles tun kann, ist eine harte Realität, aber auch ein schönes Geschenk. Du könntest sowieso nicht alles allein schaffen, und das musst du auch nicht.

Trotz meines Versuchs, alle unsere Einschränkungen als Behinderungen zu verallgemeinern, möchte ich die einzigartig schmerzhaften Realitäten des Lebens in einer physischen Welt, die nicht für den eigenen Körper gemacht ist, nicht herunterspielen. Es ist sehr schwer, sich in den Kampf und die Demütigung eines Lebens mit dieser Art von Behinderung hineinzuversetzen, bis man selbst in einem solchen Körper steckt oder bei der Pflege eines geliebten Menschen geholfen hat. Ich wurde durch fremde Blicke und unbedachte Fragen verletzt. Ich musste die Peinlichkeit erleben, durch die Hintertür eines Restaurants zu gehen, durch die Küche und an den Mülleimern vorbei, um mich dann in einen staubigen Aufzug voller Kisten zu quetschen, um an den Tisch zu gelangen. Ich musste bei Veranstaltungen, bei denen ich als Rednerin engagiert wurde, den „Walk of Shame“3 auf den Armen mehrerer Leute absolvieren und so die Stufen zu einer Bühne erklimmen, die nicht rollstuhlgerecht ist. Früher, vor dem Schlaganfall, habe ich mich manchmal von meinem sozialen Leben ausgeschlossen gefühlt, weil ich wusste, dass es für andere zu mühsam ist, mir zu helfen und mich aufzunehmen – und außerdem wäre ich sowieso nicht in der Lage, die Leute in dem lauten Raum zu verstehen oder mich in dem überfüllten Raum zurechtzufinden, also ist es einfach besser, gar nicht hinzugehen.

Trotz der Kämpfe habe ich es im Vergleich zu den meisten anderen Menschen mit Behinderungen so leicht. Das ist für mich nicht selbstverständlich. Diese Sichtweise hat mich aus so manchem Selbstmitleidsstrudel herausgezogen. Menschen mit Behinderungen haben die höchste Rate an Depressionen, Selbstmorden, Obdachlosigkeit, Scheidung und Arbeitslosigkeit. Wie durch ein Wunder ist das nicht meine Geschichte, aber es bricht mir das Herz, dass es die Geschichte von so vielen anderen ist. Und so schwierig es auch ist, selbst in den am weitesten entwickelten Ländern wie beispielsweise den Vereinigten Staaten grundlegende Barrierefreiheit zu erlangen, so verheerend sind die Bedingungen für unsere Brüder und Schwestern mit Behinderungen in den Entwicklungsländern. Oft leben sie wie Aussätzige, völlig isoliert, von ihrer Gemeinschaft gemieden und fühlen sich von Gott verflucht. Ohne einfache Hilfsmittel wie Rollstühle oder funktionserhaltende Operationen sind sie vielleicht ihr ganzes Leben lang ans Haus gefesselt oder müssen auf unzugänglichen und gefährlichen Wegen kriechen und rutschen. Wir Menschen mit Behinderungen, die übrigens nach Angaben der Vereinten Nationen die größte Minderheit der Welt bilden, haben wenig Würde. Dadurch fühlen sich unsere Zwänge sehr schwer an und bieten kaum Entfaltungsmöglichkeiten.

Doch wenn wir über das sehr leistungsfähige Leben Jesu nachdenken, übersehen wir die Tatsache, dass die physische Welt, in die er kam, auch nicht für ihn gemacht war, da er der allmächtige Gott war. Er beschloss, seine Göttlichkeit auf einen sehr begrenzten menschlichen Körper zu beschränken. Er hat sich gewissermaßen selbst behindert. Diese Theologie der Inkarnation bietet Menschen mit Behinderungen – und uns allen, im Rahmen unserer eigenen Möglichkeiten – etwas Tiefgründiges. Da Jesus bereitwillig die Beschränkungen des Menschseins auf sich nahm, können auch unsere eigenen Beschränkungen Würde erfahren. Er beschloss, sich auf das Chaos und den Verlust des Lebens in unserer Welt einzulassen. Er entschied sich, niedrig zu werden, um schließlich hoch erhoben zu werden, damit auch wir es irgendwie können.

Als ob das nicht schon inspirierend genug wäre, gibt es eine noch atemberaubendere Realität in Bezug auf unsere Grenzen als die Würde, die Jesus ihnen verleiht. Die letzte Beschränkung unseres Lebens ist der Tod. Doch in Jesu Tod und Auferstehung zieht er eine unbestreitbar hoffnungsvolle Linie im Sand und lädt uns ein, sie mit ihm zu überschreiten: „Der Tod hat mich nicht besiegt, und wenn du mir nachfolgst, musst auch du keine Angst mehr haben, dass einer deiner Zwänge dich letztendlich besiegen könnte.“ Diese Wahrheit gibt nicht nur Hoffnung, sondern macht auch deutlich, wie sehr wir Jesus vertrauen können. Wie Dorothy Sayers sagte: „Aus welchem Grund auch immer Gott sich entschlossen hat, den Menschen so zu machen, wie er ist – begrenzt und leidend und dem Kummer und dem Tod unterworfen –, er [Gott] hatte die Ehrlichkeit und den Mut, seine eigene Medizin einzunehmen. Welches Spiel er auch immer mit seiner Schöpfung treibt, er hat sich an seine eigenen Regeln gehalten und fair gespielt. Er kann dem Menschen nichts abverlangen, was er nicht auch sich selbst abverlangt hat.“4 Gott hat uns nicht einfach zu sich emporgehoben, sondern er ist zu uns herabgestiegen und hat sich dabei all unseren Kämpfen geöffnet. Er hat unsere Grenzen erfahren. Er hat nicht nur Verständnis für alles, was wir erleiden, sondern er kann auch mit uns mitfühlen.

Paulus fasst es in einer meiner Lieblingspassagen zusammen: „Von allen Seiten dringen Schwierigkeiten auf uns ein, und doch werden wir nicht erdrückt. Oft wissen wir nicht mehr weiter, und doch verzweifeln wir nicht. Wir werden verfolgt und sind doch nicht verlassen; wir werden zu Boden geworfen und kommen doch nicht um. Auf Schritt und Tritt erfahren wir am eigenen Leib, was es heißt, am Sterben Jesu teilzuhaben. Aber gerade auf diese Weise soll auch sichtbar werden, dass wir schon jetzt, in unserem irdischen Dasein, am Leben des auferstandenen Jesus teilhaben“ (2.Korinther 4,8-10). Weil Jesus am Kreuz zerbrochen, verzweifelt, verlassen und zerstört wurde, werden wir es nie sein. Weil die Niederlage nicht das Ende seiner Geschichte war, wird sie auch nicht das Ende der unseren sein. Wir können Zuversicht im Leid haben, weil wir wissen, dass er da war, wo wir sind, und dass er uns in unserem Schmerz niemals allein lassen wird.

Schmerz mit Zweck

Ich bewegte mich langsam durch die mir unbekannte Küche und hatte nur ein Ziel vor Augen: Schoko-Muffins. Langsam suchte ich alle Zutaten zusammen und legte sie auf die Arbeitsfläche. Dann mischte ich Mehl, Eier und Milch in einer großen Schüssel, schaute mehrmals auf das einfache Rezept, das aus drei Schritten bestand, und maß mit der Präzision eines Ingenieurs ab. Ein Ei rollte von der Arbeitsfläche und zerbrach auf meinen Schuhen. Ein kleiner Teig-Tsunami schwappte auf meine Bluse. Aber ich ließ mich nicht entmutigen. Ich hatte nicht viele Gelegenheiten gehabt, etwas Besonderes für Jay zu machen, und ich wusste, dass dies die perfekte Überraschung sein würde.

Ich füllte die Muffinförmchen mit meiner essbaren Liebe. Etwas von meiner Liebe tropfte auf die Arbeitsplatte, als ich die Muffins ganz vorsichtig in den Ofen schob. Dann fiel eine Last von mir ab. So lange war ich schon lange nicht mehr gestanden. Als die Zeitschaltuhr ablief, wurde mein großer Voilà-Moment etwas getrübt, als ich sah, dass die Muffins viel zu dunkel und knusprig waren, aber das war nichts, was eine schöne Schokoladenglasur nicht hätte beheben können. Ich ließ meinen inneren Konditormeister spielen und bestrich jeden Muffin mit Schokoladenglasur. Dann legte ich sie mit einem Hauch von Fernsehkoch-Allüren auf einen Pappteller und betrachtete mein Werk. Ehrlich gesagt, es sah aus, als hätte ein Kind sie gebacken, oder vielleicht sogar ein Tier. Dennoch war es ziemlich gut für jemanden in meinem Zustand, der noch ein Jahr zuvor in einem fast vegetativen Zustand gelegen und gerade Muffins gebacken hatte, wobei seine eine brauchbare Hand buchstäblich auf den Rücken gebunden war.

Kurz darauf kam Jay an, überrascht von meiner großen Anstrengung und zweifellos auch von dem großen Durcheinander, das ich angerichtet hatte. „Schatz, warum hast du die gemacht? Du kannst sie doch nicht einmal essen.“ Er hatte Recht. Seit meinem Schlaganfall war ich fast ein Jahr lang als NPO5 („nothing per oral“) eingestuft worden. Als ich beim Backen etwas von der Schokoladenglasur von meinen Fingern geleckt hatte, musste ich husten und würgen. „Nur weil ich sie nicht essen kann, heißt das nicht, dass ich sie nicht für dich machen kann!“ Ich hatte Muffins gebacken und glasiert, wobei ich nur meine durch den Schlaganfall beeinträchtigte rechte Hand benutzen konnte.

---ENDE DER LESEPROBE---