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Zwei Herzen zwischen Chaos und Liebe Masahiro und Kjell könnten nicht unterschiedlicher sein. Masahiro, der ordnungsliebende Perfektionist, trifft auf Kjell, den impulsiven Freigeist, dessen Leben vom Chaos bestimmt wird. Was als explosive Hass-Liebe beginnt, entwickelt sich zu einer tiefen, leidenschaftlichen Beziehung voller Höhen und Tiefen. Die beiden kämpfen nicht nur mit ihren gegensätzlichen Persönlichkeiten, sondern auch mit ihren eigenen Unsicherheiten, während sie sich langsam näherkommen. Inmitten von hitzigen Wortgefechten, respektlosen Neckereien und entzückenden Momenten entdecken sie, dass ihre Unterschiede genau das sind, was sie zusammenhält. Als ihre Beziehung auf die nächste Ebene übergeht und die Entscheidung zur Verlobung fällt, beginnt ein neues Kapitel in ihrem Leben. Die Hochzeitsvorbereitungen bringen alte Ängste und neue Herausforderungen mit sich, doch sie stellen sich jedem Hindernis sei es ein chaotisches Familientreffen, die nervenaufreibende Hochzeitsplanung oder die Zweifel am großen Tag. Auf ihrer Hochzeitsreise nach Hokkaido, dem Ort, an dem alles begann, finden Masahiro und Kjell schließlich die Ruhe und Klarheit, die sie brauchen, um die Zukunft miteinander zu planen. Zwischen romantischen Ausflügen, tiefen Gesprächen und liebevollen Gesten wird ihnen klar, dass ihre Reise gerade erst begonnen hat. Zwei Herzen zwischen Chaos und Liebe ist eine Geschichte über die unvorhersehbare, aber unzertrennliche Bindung zweier Menschen, die sich zwischen Respektlosigkeit und tiefer Zuneigung finden. Mit Humor, Romantik und einer Prise frecher Herausforderungen lernen Masahiro und Kjell, dass wahre Liebe nicht perfekt sein muss sie muss nur echt sein.
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Seitenzahl: 302
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Der erste Funken
Gegensätze prallen aufeinander
Das erste Zeichen
Emotionen im Verborgenen
Die erste Herausforderung
Gemeinsame Momente
Die Grenzen der Routine
Der Charme des Unerwarteten
Die Nähe die bleibt
Wenn Nähe zur Herausforderung wird
Neue Tiefen und alte Gewohnheiten
Ein Schritt nach vor,zwei Schritt zurück
Die Balance des Alltags
Zwischen Chaos und Komfort
Die Herausforderung des Herzens
In den Bann der Normalität
Auf dünnem Eis
Die Kunst des Necken und Verfuhren
Verborgene Wahrheiten
Schichten der Nähe
Neue Perspektiven
Familienbande und neue Herausforderung
Unter der Oberfläche
Die Kunst der Balance
Familienzusammenführung
Hochzeitsvorbereitung und kleine Dramen
Die Reise nach dem Happy End
Hokkaido im Winter hatte seinen ganz eigenen Charme. Die schneebedeckten Straßen von Sapporo glänzten unter dem Licht der Straßenlaternen, und der kalte Wind wehte sanft durch die Stadt. Masahiro schätzte diese Ruhe. Er liebte die Stille, die der Schnee mit sich brachte, als ob die ganze Welt für einen Moment den Atem anhielt. Es war ein perfekter Abend für ihn, um sich in seiner Wohnung einzuschließen und an seinem neuesten Manga-Projekt zu arbeiten.
Doch dieser Frieden sollte nicht lange anhalten.
In einem Manga-Laden in der Nähe der Innenstadt stöberte Masahiro, wie so oft nach neuen Inspirationen suchend, durch die Regale. Er war allein, wie immer, und sein Blick glitt ruhig über die bunten Buchrücken. Die Szene wirkte friedlich, fast meditativ. Aber plötzlich wurde diese Ruhe von einer lauten, energischen Stimme gestört.
„Hey, kannst du das glauben? Dieser Manga hat so ein beschissenes Ende!“
Masahiro hob irritiert den Kopf. Er sah den Ursprung der Stimme – ein junger Mann, der viel zu laut sprach und mit wildem Enthusiasmus ein Manga-Heft in der Hand hielt. Der Mann hatte leicht zerzaustes blondes Haar, das ihm frech ins Gesicht fiel, und seine Kleidung war eine Art unpassender Mischmasch aus Schichten, als wüsste er nicht, wie man sich für den Winter richtig anzieht. Seine Augen funkelten vor Aufregung, als er sich mit einem Freund über die Qualität des Manga stritt, den er gerade aus dem Regal gezogen hatte.
Masahiro runzelte die Stirn. Diese Art von Lärm in einem Manga-Laden war unerhört – zumindest in seiner Welt. Er wollte sich gerade wieder seiner Suche widmen, als der junge Mann direkt neben ihm auftauchte und das Buch vor seine Nase hielt.
„Hast du das gelesen? Voll der Mist, oder?“ fragte der Junge, ohne auf eine wirkliche Antwort zu warten.
Masahiro hob eine Augenbraue und sah den Fremden an.
„Ich lese das nicht“, sagte er ruhig, in der Hoffnung, das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden.
Doch der Junge schien unbeeindruckt. Stattdessen lachte er laut. „Echt? Du siehst aus wie jemand, der diesen Kram lesen würde.“
„Ich schätze, du liegst falsch“, antwortete Masahiro kühl und wandte sich ab, in der Hoffnung, dass das Gespräch damit beendet war.
Aber das war es nicht.
„Du scheinst ja eine Menge Spaß zu haben“, sagte der Fremde, nun offensichtlicher in seinem Versuch, Masahiro herauszufordern. „Ich bin Kjell, übrigens. Und du?“
Masahiro sah den jungen Mann noch einmal an, als würde er versuchen, den Grund für diese plötzliche Konversation zu entschlüsseln. „Masahiro“, antwortete er knapp.
„Masahiro, huh?“ Kjell grinste breit, als hätte er gerade etwas Besonderes entdeckt. „Klingt ernst. Bist du immer so ernst?“
Masahiro verspürte den Drang, den Laden zu verlassen. Aber etwas an Kjells frecher, fast respektloser Art hielt ihn fest. Er war es nicht gewohnt, dass jemand so unbeschwert mit ihm sprach – oder dass er überhaupt jemandem auffiel. Meistens zogen die Menschen an ihm vorbei, so wie er es bevorzugte. Doch Kjell war anders. Kjell sah ihn direkt an, als ob er absichtlich nach einer Reaktion suchte.
„Nur wenn es notwendig ist“, sagte Masahiro schließlich und griff nach einem Buch im Regal, um das Gespräch endgültig zu beenden.
„Tja, das ist ziemlich oft, oder?“ Kjell lehnte sich gegen das Regal, als hätte er nicht vor, so schnell zu verschwinden. „Ich meine, du bist hier in einem Manga-Laden. Es ist nicht gerade der ernsteste Ort der Welt.“ Masahiro warf Kjell einen kurzen, skeptischen Blick zu, bevor er sich wieder auf das Buch in seinen Händen konzentrierte. „Und du bist hier, um lautstark über Manga zu meckern?“
„Hey, jemand muss es ja tun“, antwortete Kjell mit einem breiten Grinsen. „Es gibt so viele schlechte Storylines da draußen, jemand muss sie anprangern.“
„Vielleicht solltest du einfach aufhören, sie zu lesen, wenn sie dir nicht gefallen“, murmelte Masahiro, ohne wirklich auf eine Antwort zu warten.
Kjell lachte wieder, dieses Mal noch lauter. „Vielleicht hast du recht. Aber wo bleibt der Spaß daran?“
Masahiro warf einen letzten Blick auf das Buch in seinen
Händen, entschied dann, dass er genug von diesem Laden und seinem aufdringlichen Besucher hatte. Er stellte das Buch zurück ins Regal und wandte sich zum Gehen.
Doch Kjell ließ ihn nicht so einfach davonkommen.
„Hey, warte mal“, rief er und eilte ihm nach. „Wohin so schnell? Ich dachte, wir könnten noch ein bisschen plaudern.“
„Ich denke, wir haben genug geredet“, sagte Masahiro kühl und ging weiter.
„Oh, komm schon. Ich kann sehen, dass du interessiert bist“, sagte Kjell in einem spöttischen Ton, während er sich neben Masahiro hielt. „Du tust so, als wärst du der ernste Typ, aber du hast Spaß daran, mir zuzuhören, oder?“
Masahiro blieb abrupt stehen und drehte sich zu Kjell um.
„Was willst du wirklich von mir?“
Kjell grinste nur noch breiter. „Nichts Großes. Vielleicht einfach jemanden, der mir ab und zu widerspricht. Du siehst so aus, als wärst du gut darin.“
Masahiro konnte nicht anders, als innerlich zu seufzen. Dieser Typ war unmöglich. Er war das genaue Gegenteil von allem, was Masahiro an einem friedlichen Nachmittag schätzte – laut, respektlos und voller Energie. Doch gleichzeitig konnte er nicht leugnen, dass etwas an Kjell ihn faszinierte. Vielleicht war es die Tatsache, dass Kjell sich nicht um die stille Fassade kümmerte, die Masahiro so sorgfältig errichtet hatte. Vielleicht war es einfach die Tatsache, dass Kjell nicht zu ignorieren war.
„Ich habe zu tun“, sagte Masahiro schließlich und setzte seinen Weg fort. „Viel Glück mit deinen schlechten Mangas.“
„Das war kein ‚Nein‘, dich wiederzusehen!“ rief Kjell ihm hinterher, seine Stimme immer noch voller Energie, während Masahiro durch die Tür trat.
Masahiro dachte nicht, dass er Kjell jemals wiedersehen würde. Doch es stellte sich heraus, dass das Schicksal andere Pläne hatte.
Ein paar Tage später, als Masahiro wieder durch die Gassen von Sapporo lief, um einen weiteren Arbeitstag zu beginnen, hörte er dieselbe laute Stimme, die ihn im Manga-Laden verfolgt hatte.
„Masahiro! Hey, Masahiro!“
Masahiro hielt inne und drehte sich um. Natürlich war es Kjell. Er kam mit schnellen Schritten auf ihn zu, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, sich wiederzufinden.
„Was machst du hier?“ fragte Masahiro, ein wenig genervt, aber auch neugierig.
„Ich könnte dich dasselbe fragen“, antwortete Kjell mit einem frechen Grinsen. „Ich war gerade auf dem Weg zu einem Café und habe dich gesehen. Zufälle gibt’s.“
Masahiro verschränkte die Arme. „Wirklich?“
„Okay, vielleicht habe ich dich ein wenig verfolgt“, gab Kjell zu, ohne auch nur einen Hauch von Scham. „Aber hey, ich dachte, wir hätten ein paar unausgesprochene Dinge zwischen uns.“
„Ich glaube nicht, dass es irgendwas zu besprechen gibt“, sagte Masahiro trocken.
„Doch, doch“, sagte Kjell und stellte sich demonstrativ vor Masahiro. „Ich habe beschlossen, dass du mein neuer Freund bist. Und wir müssen über Manga reden. Das ist der Deal.“
Masahiro schüttelte den Kopf, unsicher, wie er auf diese schiere Entschlossenheit reagieren sollte. Kjell hatte eine Art, sich in Masahiros Leben zu drängen, ohne eine echte Einladung zu brauchen.
„Ich habe keine Zeit für Freunde“, sagte Masahiro leise.
„Das ist die größte Lüge, die ich je gehört habe“, antwortete Kjell fröhlich und schlug Masahiro freundschaftlich auf die Schulter. „Aber das ist okay. Ich habe genug Zeit für uns beide.“
Masahiro konnte nicht anders, als leicht zu lächeln. Kjell war vielleicht ein Wirbelwind, aber es war schwer, sich gegen ihn zu wehren. „Du bist unmöglich.“
„Das hab ich schon öfter gehört“, sagte Kjell mit einem Augenzwinkern, bevor er Masahiro sanft am Arm zog. „Komm schon. Lass uns Kaffee trinken gehen.“
Masahiro wusste, dass er eigentlich ablehnen sollte. Aber in diesem Moment, unter dem klaren Winterhimmel und mit Kjell, der ihn mit einer Mischung aus Frecher
… und unverhohlener Aufrichtigkeit anlächelte, konnte Masahiro nicht widerstehen. Vielleicht war es Kjells ansteckende Energie oder einfach die Tatsache, dass es schon eine Weile her war, seit Masahiro sich wirklich mit jemandem unterhalten hatte.
„Also gut“, seufzte Masahiro und ließ Kjell gewähren. „Aber nur einen Kaffee. Ich habe viel zu tun.“
„Perfekt!“, rief Kjell triumphierend und zog Masahiro energisch durch die verschneiten Straßen. „Du wirst es nicht bereuen.“
Das kleine Café, in dem sie landeten, war warm und gemütlich, und die Fenster waren von innen leicht beschlagen, während draußen weiterhin die Flocken sacht zu Boden fielen. Kjell bestellte sich mit voller Begeisterung einen großen Cappuccino und wartete dann gespannt, bis Masahiro sich ebenfalls etwas bestellte.
„Also“, begann Kjell, nachdem sie ihre Getränke erhalten hatten und sich gegenüber an einen kleinen Tisch setzten. „Was machst du so? Außer Mangas lesen und ernsthaft durch die Gegend laufen?“
Masahiro nahm einen kleinen Schluck von seinem Kaffee, während er Kjell beobachtete. Der junge Mann war ein Wirbelwind, ein lebendiges Chaos, und dennoch spürte Masahiro, dass mehr hinter dieser sorglosen Fassade steckte.
„Ich bin Manga-Künstler“, sagte er schließlich, in der Hoffnung, dass diese Information Kjell überraschen oder zumindest kurzzeitig still werden lassen würde.
Stattdessen weiteten sich Kjells Augen vor Begeisterung. „Kein Scheiß? Wirklich?“
„Ja“, antwortete Masahiro knapp. „Ich arbeite an meiner eigenen Serie.“
„Das ist ja mal verdammt cool“, sagte Kjell, seine Augen funkelten neugierig. „Und worum geht’s? Ist es was Dramatisches? Action? Romance? Oder vielleicht was Düsteres?“ Seine Stimme sprudelte förmlich vor Interesse.
Masahiro war es gewohnt, dass die Leute auf seine Arbeit mit Interesse reagierten, aber die Art, wie Kjell sich auf die Antwort freute, war ungewöhnlich. „Es ist eher ein psychologischer Thriller. Mit etwas Drama“, erklärte Masahiro vorsichtig, als ob er abwarten wollte, ob Kjell ihn auslachen würde.
Doch Kjell nickte anerkennend. „Das klingt richtig gut. Vielleicht ein bisschen wie... ‚Tokyo Ghoul‘ oder so was?“ Masahiro konnte nicht anders, als leicht zu lächeln.
„Vielleicht. Aber weniger blutig.“
„Weniger blutig, aber genauso spannend, hoffe ich“, sagte Kjell, bevor er einen großen Schluck von seinem Cappuccino nahm. „Also, warum erzählst du mir nicht mehr darüber?“
Masahiro war überrascht. Die meisten Menschen, selbst seine engsten Kollegen, stellten keine weiteren Fragen, wenn sie erfuhren, dass er Manga-Künstler war. Aber Kjell war anders. Seine Neugier schien ehrlich, und Masahiro spürte, dass er vielleicht bereit war, ein wenig mehr zu teilen.
„Es geht um einen jungen Mann, der sich in einem moralischen Dilemma wiederfindet“, begann Masahiro. „Er entdeckt, dass er die Fähigkeit hat, die Erinnerungen anderer Menschen zu verändern, und muss entscheiden, ob er diese Macht für das Gute oder das Böse einsetzen soll.“
Kjell lehnte sich vor, als wäre die Geschichte bereits das Spannendste, was er seit Langem gehört hatte. „Und was entscheidet er?“
„Das... musst du selbst herausfinden, wenn es veröffentlicht wird“, sagte Masahiro und nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee, während er Kjell über den Rand der Tasse hinweg ansah.
Kjell grinste. „Fair genug. Aber ich wette, es gibt da eine Menge verdrehter Entscheidungen. Psychothriller halt. Du siehst aus wie jemand, der diese Art von Spannung mag.“
„Vielleicht“, gab Masahiro zu und sah kurz aus dem Fenster. Der Schneefall hatte zugenommen, und die Welt draußen wirkte, als wäre sie unter einer dicken, weißen Decke eingeschlossen.
„Ich mag es, wie du ruhig bleibst, auch wenn du über so düstere Themen sprichst“, sagte Kjell, als ob er die Gedanken von Masahiro einfach unterbrechen könnte. „Die meisten Leute würden darüber reden und dabei ein bisschen nervös werden, aber du... du bleibst die ganze Zeit cool.“
„Das kommt vielleicht mit der Zeit“, sagte Masahiro schulterzuckend. „Oder es liegt einfach daran, dass ich nicht so emotional reagiere wie andere.“
„Oder du versteckst es gut“, konterte Kjell mit einem spitzbübischen Lächeln. „Wetten, dass ich irgendwann einen Weg finde, dich aus der Ruhe zu bringen?“
„Ich glaube nicht, dass du das schaffen wirst“, antwortete Masahiro kühl, obwohl er insgeheim wusste, dass Kjell bereits auf dem besten Weg war, ihn zu verwirren.
Kjell lachte leise, als ob er genau wüsste, was in Masahiros Kopf vorging. „Herausforderung angenommen.“
Der Abend verging schneller, als Masahiro erwartet hatte. Kjell redete über alles und nichts – von seiner Liebe zu alten Animes bis hin zu den verrücktesten Dingen, die er in Sapporo erlebt hatte. Masahiro hörte ihm die meiste Zeit still zu, fügte ab und zu einen trockenen Kommentar ein, der Kjell noch mehr anspornte, weiterzureden.
Als es schließlich Zeit war, sich zu verabschieden, standen sie wieder im Schnee draußen vor dem Café.
„Das war nett“, sagte Kjell und grinste. „Vielleicht sollten wir das öfter machen.“
Masahiro sah ihn an, überrascht über sich selbst, als er langsam nickte. „Vielleicht.“
„Gut“, antwortete Kjell, als wäre die Sache bereits entschieden. „Ich finde dich schon, keine Sorge.“
„Das glaube ich dir“, murmelte Masahiro, bevor er sich abwandte und in Richtung seiner Wohnung ging.
Doch als er die Straße hinunterging, hörte er Kjells Stimme wieder hinter sich. „Masahiro!“
Er drehte sich um. Kjell stand immer noch vor dem Café, die Hände in die Taschen seiner Jacke gesteckt und das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen. „Versuch nicht, mich loszuwerden!“
Masahiro lachte leise und winkte ab, während er sich umdrehte und weiterging. Doch innerlich wusste er, dass Kjell es ernst meinte. Dieser Junge war wie ein Sturm, und Masahiro hatte das Gefühl, dass sein Leben nie wieder so ruhig sein würde wie zuvor.
Es war ein klarer Wintermorgen, als Masahiro sich wieder in seine gewohnte Routine vertiefte. Die Stille seiner
Wohnung war fast greifbar, unterbrochen nur vom Kratzen seines Stiftes auf dem Zeichenpapier. Das vertraute Geräusch half ihm, sich zu fokussieren. Doch trotz der scheinbar perfekten Umgebung war da etwas, das ihn störte. Oder besser gesagt, jemand.
Kjell.
Seit ihrer Begegnung im Manga-Laden und dem folgenden Kaffeetrinken hatte Kjell es geschafft, sich in Masahiros Gedanken einzunisten. Sein freches Lachen, seine provokanten Bemerkungen und seine unaufhörliche Energie, die sich so stark von Masahiros ruhigem Leben abhoben, schienen ihn zu verfolgen. Es war, als hätte Kjell sich entschlossen, ein Teil seines Lebens zu sein, ob er es wollte oder nicht.
Masahiro versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Er legte den Stift zur Seite und lehnte sich zurück, seine Augen starrten auf das unfertige Manga-Paneel vor ihm. Kjell war wie ein Wirbelwind in sein Leben gestürmt und hatte in kürzester Zeit Chaos angerichtet. Aber es war nicht nur das Chaos. Es war auch die unbestreitbare Tatsache, dass Masahiro sich zu ihm hingezogen fühlte – auf eine Art, die er nicht recht verstand.
Er stand auf, trat ans Fenster und blickte hinaus auf die schneebedeckten Straßen. Die Stadt wirkte friedlich, doch in Masahiros Kopf tobte ein Sturm. Vielleicht lag es daran, dass Kjell so anders war als alle anderen Menschen, die Masahiro bisher gekannt hatte. Kjell war laut, energisch und respektlos, während Masahiro die Ruhe und den Rückzug in seine eigene Welt bevorzugte.
„Warum zum Teufel denke ich überhaupt noch über ihn nach?“ murmelte Masahiro leise zu sich selbst. Es war sinnlos, sich weiter den Kopf darüber zu zerbrechen. Doch genau in diesem Moment klingelte es an seiner Tür.
Mit einem leichten Stirnrunzeln trat Masahiro zur Tür, öffnete sie und sah – zu seiner nicht ganz so großen Überraschung – Kjell auf der Schwelle stehen. Der Schnee lag ihm im Haar, und er lächelte breit, als wäre es das Normalste auf der Welt, unangemeldet aufzutauchen.
„Hey!“, sagte Kjell fröhlich. „Ich dachte, ich schaue mal vorbei. Du sahst das letzte Mal so aus, als könntest du Gesellschaft gebrauchen.“
Masahiro starrte ihn an, vollkommen sprachlos. „Was... Was machst du hier?“
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich finden werde“, antwortete Kjell, als wäre es die logischste Erklärung der Welt. „Also, darf ich reinkommen?“
Masahiro war kurz davor, die Tür vor Kjells Gesicht zuzumachen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es Neugier. Vielleicht war es das subtile Lächeln auf Kjells Lippen. Oder vielleicht war es die Tatsache, dass Masahiro, so sehr er es auch verleugnete, tatsächlich ein wenig Gesellschaft gebrauchen konnte.
Er seufzte tief und trat zur Seite, um Kjell hereinzulassen.
„Nur kurz. Ich habe viel zu tun.“
„Natürlich“, sagte Kjell, während er die Schuhe auszog und die Wohnung betrat. Er sah sich um, seine Augen nahmen jedes Detail auf – die schlichten Möbel, die geordneten Regale, die vollgestopfte Zeichenstation.
„Wow, du bist echt ordentlich.“
„Danke“, sagte Masahiro trocken und schloss die Tür hinter ihm. „Was genau willst du?“
Kjell zuckte mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Ich wollte einfach nur sehen, wie du so lebst. Und vielleicht etwas über dein neues Manga-Projekt erfahren.“
Masahiro seufzte wieder und setzte sich an seinen Schreibtisch, während Kjell sich auf die Couch warf, als wäre er schon seit Jahren ein Teil dieses Haushalts.
„Du hast ein bisschen was an deinem Stil verändert“, sagte Kjell plötzlich, als er einen Blick auf Masahiros Zeichnungen warf. „Dein Protagonist sieht jetzt viel ernster aus.“
Masahiro war überrascht. Kjell hatte offensichtlich ein Auge für Details. „Ich arbeite daran, die innere Zerrissenheit des Charakters besser darzustellen“, erklärte er und griff nach einem Bleistift. „Es ist nicht einfach, diese Mischung aus Zweifeln und Entschlossenheit einzufangen.“
„Das kannst du laut sagen“, murmelte Kjell, während er die Zeichnungen weiter betrachtete. „Du machst dir viele Gedanken über solche Dinge, was?“
„Natürlich“, sagte Masahiro, seine Augen auf das Papier gerichtet. „Es ist mein Job.“
„Dein Job, ja“, wiederholte Kjell, seine Stimme etwas nachdenklicher als zuvor. „Aber es muss auch mehr sein. Ich meine, du investierst so viel von dir selbst in diese Geschichten. Es ist fast, als würdest du versuchen, durch deine Charaktere etwas über dich selbst herauszufinden.“
Masahiro hielt inne. Er hob den Kopf und sah Kjell direkt an. „Wie kommst du darauf?“
Kjell zuckte mit den Schultern, seine Augen suchten den Raum ab, als hätte er plötzlich das Interesse am Gespräch verloren. „Nur so ein Gefühl. Aber ich habe recht, oder? Du bist viel ernster, als du nach außen hin zeigst.“
Masahiro fühlte sich ertappt, aber er wollte nicht zugeben, dass Kjell mit seiner Vermutung genau ins Schwarze getroffen hatte. Stattdessen schüttelte er den Kopf und lenkte das Gespräch zurück auf seine Arbeit. „Es ist nur eine Geschichte, Kjell. Nicht mehr und nicht weniger.“
„Mhm“, machte Kjell und grinste, als wüsste er es besser. Er lehnte sich auf der Couch zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Also, was machst du sonst so, wenn du nicht gerade zeichnest?“
„Arbeiten. Zeichnen. Mehr gibt es nicht“, antwortete Masahiro trocken. „Du scheinst es nicht zu verstehen, aber ich mag mein ruhiges Leben.“
„Ruhig, ja“, wiederholte Kjell leise. „Langweilig trifft es besser.“
„Was?“ Masahiro blickte scharf zu ihm herüber.
„Keine Beleidigung“, sagte Kjell schnell, während er abwehrend die Hände hob. „Aber komm schon, Masahiro. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nie das Gefühl hast, dass du etwas verpasst. So viel Arbeit und kein Spaß? Das muss doch frustrierend sein.“
Masahiro verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich brauche keinen ‚Spaß‘, um mich erfüllt zu fühlen. Ich arbeite an etwas, das mir wichtig ist.“
„Und was ist mit dem Rest deines Lebens?“, fragte Kjell, plötzlich ernster. „Gibt es da nicht mehr als nur Arbeit?“
Die Frage traf Masahiro tief. Natürlich hatte er sich das auch schon gefragt. Aber er hatte sich immer wieder eingeredet, dass es genug war. Er liebte seine Arbeit, und das sollte doch reichen, oder? Doch in dem Moment, als
Kjell diese Frage stellte, wusste Masahiro, dass er die Antwort nicht leugnen konnte.
„Ich... weiß nicht“, sagte er leise, ohne Kjell anzusehen.
„Tja, vielleicht ist es Zeit, das herauszufinden“, sagte Kjell, sein Ton wurde sanfter, fast fürsorglich. „Und ich könnte dir dabei helfen.“
Masahiro hob eine Augenbraue. „Du? Wie genau willst du mir helfen?“
„Indem ich dich dazu bringe, ein bisschen Spaß zu haben“, antwortete Kjell und sprang plötzlich von der Couch auf. „Komm schon. Zieh dir deine Jacke an. Wir gehen raus.“
„Was? Jetzt?“ Masahiro sah Kjell an, als hätte er den Verstand verloren. „Ich habe noch viel Arbeit zu tun.“
„Deine Arbeit läuft nicht weg“, sagte Kjell bestimmt und griff nach Masahiros Jacke, die über einem Stuhl hing. „Und du auch nicht. Also komm schon.“
Masahiro wollte protestieren, doch bevor er sich versah, hatte Kjell ihm bereits die Jacke in die Hand gedrückt und zog ihn zur Tür.
„Kjell, ich habe keine Zeit für...“ begann Masahiro, doch Kjell schnitt ihm das Wort ab.
„Du hast immer Zeit für ein bisschen Leben, Masahiro“, sagte Kjell fest, während er ihn nach draußen in die kalte, verschneite Welt zog. „Und ich werde dir zeigen, was du verpasst.“
Sie liefen eine Weile schweigend durch die verschneiten Straßen von Sapporo. Der Wind war kalt, aber Kjell schien das nicht zu stören. Er plauderte fröhlich vor sich hin, während Masahiro ihm mit einer Mischung aus Skepsis und stiller Faszination folgte.
Schließlich blieben sie vor einem kleinen, unscheinbaren Gebäude stehen. Es war eine alte Arcade-Halle, das Licht der Automaten schimmerte durch die Fenster, und Masahiro konnte das gedämpfte Summen von Spielen und das Klirren von Münzen hören
Das gedämpfte Summen der Arcade-Halle und die blinkenden Lichter hinter den Fenstern wirkten auf Masahiro fast surreal. Er hatte seit Jahren keine Arcade mehr betreten, vielleicht nicht einmal seit seiner Kindheit. Das war definitiv nicht der Ort, an dem er seinen Freiraum suchte. Aber Kjell schien ihn ohne Umschweife hineinzuziehen, als wäre es das Selbst-verständlichste auf der Welt.
„Ernsthaft? Eine Arcade?“, fragte Masahiro skeptisch, während Kjell ihn durch die Eingangstür zog.
„Oh, komm schon!“, rief Kjell über die Schulter, seine Augen leuchteten vor Begeisterung. „Hier drin kann man wirklich loslassen! Und du wirst mir nicht erzählen, dass du noch nie bei einem guten alten Retro-Spiel ausgerastet bist.“
„Retro...“, murmelte Masahiro, als sie in den hell erleuchteten Raum traten. Vor ihnen erstreckten sich Reihen von Spielautomaten, einige modern, andere waren Relikte aus der Vergangenheit – mit abgenutzten Joysticks und verblassten Knöpfen. Der Geruch von warmem Plastik und Münzen, gemischt mit dem dumpfen Klang von Kollisionen und Explosionen aus den Boxen der Maschinen, erfüllte die Luft.
Kjell steuerte sofort auf einen der älteren Automaten zu. „Hier, das ist perfekt!“, sagte er und deutete auf ein Spiel, das Masahiro vage aus seiner Kindheit kannte. Es war eines dieser Beat'em-up-Spiele, bei dem man sich durch Horden von Feinden prügeln musste, bis man den Endboss erreichte.
„Ich habe schon lange nicht mehr gespielt“, sagte Masahiro und fühlte sich plötzlich ein wenig fehl am Platz.
„Das macht es nur noch besser“, sagte Kjell lachend, während er ein paar Münzen in den Automaten einwarf. „Komm, ich bring dich in Form.“
Masahiro seufzte, griff aber schließlich nach dem Controller. „Das ist eine schlechte Idee“, murmelte er, als das Spiel begann.
Kjell war sofort voll bei der Sache, seine Finger flogen über die Tasten, während er eine unaufhörliche Welle von Feinden abwehrte. Masahiro versuchte, Schritt zu halten, war aber eindeutig langsamer und ungeschickter als Kjell. Es dauerte nicht lange, bis sein Bildschirmcharakter das Zeitliche segnete.
„Haha!“, lachte Kjell und klopfte Masahiro auf die Schulter. „Na komm, gib nicht so schnell auf. Du wirst besser, je mehr du verlierst!“
Masahiro runzelte die Stirn, war aber auch leicht amüsiert von Kjells Enthusiasmus. „Das ist eine sehr... ungewöhnliche Philosophie.“
„Ungewöhnlich, aber wahr“, sagte Kjell und setzte das Spiel fort, während Masahiro sich erneut ins Getümmel stürzte. Diesmal war er etwas erfolgreicher, und obwohl sie beide von einer weiteren Welle Feinde überwältigt wurden, konnte Masahiro nicht anders, als sich von der Euphorie der schnellen Action und der Tatsache, dass Kjell so sehr bei der Sache war, anstecken zu lassen.
Nach einer Weile merkten sie nicht einmal mehr, wie viel Zeit vergangen war. Masahiro, der sich anfangs unwohl gefühlt hatte, fand sich schließlich immer mehr in der Dynamik des Spiels wieder. Kjell hatte es irgendwie geschafft, ihn aus seiner Schale zu locken, und Masahiro musste zugeben, dass es sich... gut anfühlte.
„Du bist gar nicht mal so schlecht“, sagte Kjell schließlich, als sie eine weitere Runde beendeten.
„Es ist nichts Besonderes“, murmelte Masahiro bescheiden, doch in seiner Brust pochte ein kleiner Funken Stolz. „Aber danke.“
„Ach, komm schon“, sagte Kjell, immer noch voller Energie. „Du musst dich nicht immer so unter Wert verkaufen. Es ist okay, auch mal Spaß zu haben und gut darin zu sein.“
Masahiro nickte leicht und blickte über die Schulter zu den anderen Automaten, die weiterhin blinkten und summten. Er hatte wirklich nicht erwartet, dass er jemals wieder in einer Arcade landen würde, geschweige denn, dass er Spaß dabei haben könnte. Doch Kjell hatte etwas an sich, das ihn aus seiner Ruhe und dem Alltag riss – etwas, das Masahiro verwirrte, aber auch faszinierte.
Sie verließen die Arcade spät am Abend, als die Straßen bereits menschenleer und in tiefen Schnee gehüllt waren. Masahiro zog die Schultern hoch und atmete die kalte Nachtluft ein. Neben ihm lief Kjell, der – wie immer – unbeeindruckt von der Kälte wirkte.
„Na, wie war’s?“, fragte Kjell und sah Masahiro mit einem breiten Grinsen an.
„Es war... in Ordnung“, gab Masahiro zu und schob die Hände in die Taschen seines Mantels.
„Überraschenderweise.“
Kjell stieß ihm freundschaftlich den Ellbogen in die Seite. „Überraschenderweise? Ich glaube, du hattest ziemlich viel Spaß!“
„Ich würde es nicht übertreiben“, sagte Masahiro trocken, doch er konnte das leichte Lächeln auf seinen Lippen nicht verbergen.
„Hey, das ist ein Fortschritt“, sagte Kjell und blieb kurz stehen, um Masahiro zu mustern. „Du bist nicht so unnahbar, wie du denkst, Masahiro.“
Masahiro hielt inne, seine Augen ruhten auf Kjell, der ihn mit einem nachdenklichen Blick ansah. „Und du bist nicht so oberflächlich, wie du tust“, erwiderte er ruhig.
Kjell lachte leise. „Vielleicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich aufhören werde, dich zu ärgern.“
„Das habe ich nicht erwartet“, sagte Masahiro und setzte seinen Weg fort, während Kjell ihn einholte.
Zurück in Masahiros Wohnung, fühlte sich die Stille anders an als sonst. Es war, als hätte Kjells Energie den Raum verändert, auch wenn er ihn noch nicht einmal richtig betreten hatte. Kjell blieb in der Tür stehen, seine Hände in den Taschen, während er Masahiro ansah.
„Das war nett“, sagte Kjell schließlich, fast so, als sei es das erste Mal, dass er diesen Gedanken laut aussprach. „Ja, das war es“, gab Masahiro zu und lehnte sich gegen die Wand. „Danke, dass du mich mitgenommen hast. Auch wenn ich es nicht geplant hatte.“
„Ach, mach dir keine Sorgen“, sagte Kjell mit einem leichten Lächeln. „Ich bin immer für eine spontane Abwechslung zu haben.“
Masahiro nickte, doch als Kjell sich anschickte zu gehen, hielt ihn etwas zurück. „Kjell.“
Der junge Mann blieb stehen und drehte sich um. „Ja?“
Masahiro zögerte einen Moment, bevor er sagte: „Wir sollten das vielleicht wiederholen. Irgendwann.“
Kjells Gesicht erhellte sich sofort. „Das werde ich mir merken“, sagte er mit einem Grinsen, das Masahiro fast schon ärgerlich glücklich machte. „Keine Sorge, ich werde dir nicht die Chance geben, dich vor mir zu verstecken.“
Masahiro lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ich erwarte es nicht anders.“
„Gut“, sagte Kjell, bevor er die Tür hinter sich schloss und in die kalte Nacht verschwand.
Masahiro stand eine Weile still, seine Gedanken noch immer bei dem Abend. Kjell war wie ein unaufhaltsamer Sturm in sein Leben getreten, und obwohl es ihn aus der Fassung brachte, konnte Masahiro nicht leugnen, dass er sich... belebt fühlte. Es war, als hätte Kjell eine Seite in ihm geweckt, die er lange unterdrückt hatte – eine Seite, die nach mehr suchte als nur nach Routine und Arbeit.
Er lächelte leise in die Dunkelheit seiner Wohnung, bevor er die Tür schloss und sich in seine vertraute Stille zurückzog. Aber die Stille fühlte sich nicht mehr so endgültig an. Etwas war in Bewegung geraten, und Masahiro wusste, dass dies erst der Anfang war.
Die Tage nach ihrem spontanen Ausflug in die Arcade vergingen schneller, als Masahiro erwartet hatte. Er arbeitete intensiv an seinem Manga-Projekt, versunken in den Zeichnungen und den Geschichten seiner Charaktere. Doch egal, wie sehr er sich in seine Arbeit vertiefte, Kjell schlich sich immer wieder in seine Gedanken. Masahiro wollte es sich nicht eingestehen, aber etwas an dem jungen Mann hatte seine perfekte Routine durcheinandergebracht.
Es war seltsam. Normalerweise blieben Menschen nicht lange in seinem Kopf hängen. Er hatte seine kleinen Interaktionen, führte sein ruhiges Leben und tauchte dann wieder in seine Welt der Arbeit ein. Aber mit Kjell war es anders. Seine laute, ungebändigte Energie hatte Spuren hinterlassen, die sich nicht so einfach abschütteln ließen.
Und dann, genau als Masahiro dachte, er hätte Kjell aus seinem Kopf verbannt, klingelte es wieder an seiner Tür. Masahiro blinzelte überrascht, als er das Geräusch hörte.
Er war gerade dabei gewesen, die letzten Feinarbeiten an einem Paneel zu zeichnen, und das Klingeln riss ihn abrupt aus seinem kreativen Fluss. Mit einem leisen Seufzen legte er den Stift zur Seite und stand auf.
Er ahnte bereits, wer vor der Tür stehen würde, aber ein Teil von ihm hoffte immer noch, dass es vielleicht jemand anders war – ein Paketbote, ein Nachbar, irgendwer. Doch als er die Tür öffnete, war da natürlich niemand anderes als Kjell, der ihn mit einem breiten Grinsen anstarrte.
„Na, wie läuft’s?“, fragte Kjell, als wäre es das Normalste auf der Welt, unangemeldet bei Masahiro aufzutauchen.
„Kjell“, sagte Masahiro mit einem leicht genervten Ton, aber gleichzeitig konnte er nicht leugnen, dass ihn Kjells Anwesenheit ein wenig aufmunterte. „Was machst du hier?“
„Ich dachte, ich schau mal vorbei“, sagte Kjell und zuckte die Schultern. „Du hast doch bestimmt die ganze Zeit nur gearbeitet, oder?“
Masahiro runzelte die Stirn. „Ja, und?“
Kjell lachte und schüttelte den Kopf. „Das dachte ich mir. Komm schon, Masahiro. Du kannst doch nicht die ganze Zeit nur arbeiten.“
„Doch, das kann ich“, sagte Masahiro trocken, aber Kjell ließ sich davon nicht beeindrucken.
„Ach, du bist unmöglich“, murmelte Kjell und trat einfach ohne Aufforderung in die Wohnung. „Aber keine Sorge, ich bin hier, um das zu ändern.“
Masahiro seufzte tief und schloss die Tür hinter Kjell. „Du weißt, dass ich Arbeit zu erledigen habe, oder? Ich habe eine Deadline.“
„Und ich bin sicher, du schaffst das schon“, sagte Kjell, als er sich auf die Couch warf und die Arme hinter dem Kopf verschränkte. „Aber ein bisschen Pause schadet dir bestimmt nicht.“
Masahiro ging zurück an seinen Schreibtisch und ignorierte Kjell so gut er konnte. Doch Kjell schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Masahiro davon abzuhalten, sich vollständig auf seine Arbeit zu konzentrieren.
„Was genau machst du da eigentlich?“, fragte Kjell schließlich, als er Masahiro beim Zeichnen beobachtete.
„Ich arbeite an einem wichtigen Kapitel meines Mangas“, sagte Masahiro, ohne den Blick vom Papier zu nehmen.
„Darf ich mal sehen?“, fragte Kjell neugierig, und bevor Masahiro protestieren konnte, war Kjell bereits aufgestanden und stand neben ihm.
Masahiro seufzte und schob das Blatt leicht zur Seite, damit Kjell einen besseren Blick darauf hatte. Er war sich unsicher, wie Kjell reagieren würde. Normalerweise zeigte er seine unfertigen Zeichnungen niemandem. Doch Kjell schien in dieser Hinsicht anders zu sein. Er wollte Kjell nicht beeindrucken, aber ein Teil von ihm war neugierig, was Kjell sagen würde.
„Wow“, murmelte Kjell und starrte auf das Paneel. „Das ist... wirklich beeindruckend.“
Masahiro sah Kjell von der Seite an. „Echt jetzt?“
„Ja, wirklich“, sagte Kjell ehrlich. „Ich meine, ich kenne mich nicht so gut mit Zeichnungen aus, aber das hier... das hat Tiefe. Man sieht den Schmerz in den Augen deines Protagonisten. Es ist, als ob er zwischen zwei Welten gefangen ist.“
Masahiro hob überrascht eine Augenbraue. „Du hast tatsächlich etwas davon verstanden?“
Kjell grinste und nickte. „Hey, ich bin vielleicht nicht der ernsthafte Typ, aber ich kann Dinge erkennen, wenn sie gut gemacht sind. Und das hier ist gut. Echt gut.“
Masahiro fühlte ein leichtes, ungewohntes Gefühl der Zufriedenheit in sich aufsteigen. Es war selten, dass jemand seine Arbeit so offen und ehrlich lobte. Die meisten Leute waren entweder zu höflich oder zu distanziert, um wirklich etwas dazu zu sagen. Aber Kjell schien es ernst zu meinen. Und das war... unerwartet.
„Danke“, sagte Masahiro schließlich, etwas unsicher, wie er mit dem Lob umgehen sollte.
„Kein Ding“, sagte Kjell und klopfte Masahiro auf die Schulter. „Also, was passiert als Nächstes in der Story?“ Masahiro überlegte kurz, bevor er antwortete. „Der Protagonist steht vor einer schwierigen Entscheidung. Er hat die Macht, das Leben der Menschen um ihn herum zu verändern, aber er weiß nicht, ob er sie nutzen soll.“
Kjell nickte nachdenklich. „Das klingt nach einem echten moralischen Dilemma.“
„Ja“, sagte Masahiro leise und sah Kjell an. „Es geht darum, was richtig und was falsch ist. Und wie man das überhaupt definiert.“
Kjell hielt inne und sah Masahiro ernst an. „Das ist... schwer. Aber ich mag es. Ich mag, dass du nicht einfach alles schwarz-weiß machst. Die besten Geschichten sind die, bei denen man nicht sofort weiß, wer der Gute oder der Böse ist.“
Masahiro nickte. „Genau das ist der Punkt. Nichts im Leben ist einfach nur gut oder böse.“
Kjell grinste plötzlich wieder und schlug Masahiro freundschaftlich auf den Rücken. „Weißt du, ich glaube, wir haben mehr gemeinsam, als du denkst.“
„Was meinst du?“ Masahiro sah ihn skeptisch an.
„Du hast auch eine wilde Seite, Masahiro. Du versteckst sie nur hinter deiner ruhigen Fassade“, sagte Kjell mit einem herausfordernden Lächeln. „Aber ich wette, tief in dir drin bist du genauso chaotisch wie ich.“
Masahiro schnaubte leise, konnte aber nicht verhindern, dass ein kleines Lächeln seine Lippen umspielte. „Das glaube ich nicht.“
„Oh, doch“, sagte Kjell grinsend. „Warte nur ab.“
Am nächsten Tag fand sich Masahiro erneut bei der Arbeit an seinen Zeichnungen wieder. Doch Kjells Worte ließen ihn nicht los. War es möglich, dass er tatsächlich eine chaotische Seite hatte? Oder war das nur eine von Kjells typischen Übertreibungen? Masahiro war sich unsicher.
Er war es gewohnt, in seiner eigenen Welt zu leben – eine Welt, die er kontrollierte. Seine Kunst war sein
Zufluchtsort, seine Art, die Welt um sich herum zu ordnen und zu verstehen. Doch Kjell brachte dieses geordnete System ins Wanken. Und Masahiro wusste nicht, ob er das als Bedrohung oder als Befreiung sehen sollte.
Gerade als er tief in seine Gedanken versunken war, klingelte sein Telefon. Es war eine Nachricht von Kjell. Natürlich.
Kjell: „Hast du schon wieder den ganzen Tag gearbeitet?“
Masahiro starrte einen Moment lang auf den Bildschirm, bevor er antwortete.
Masahiro: „Ja.“
Kjell: „Du bist echt unmöglich, weißt du das?“
Masahiro konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Masahiro: „Das hast du schon mal gesagt.“
Kjell: „Und ich werde es so lange wiederholen, bis du es endlich verstehst. Aber keine Sorge, ich werde dich retten. Wir treffen uns morgen. Keine Ausreden.“
Masahiro: „Ich habe Arbeit.“
Kjell: „Arbeit kann warten. Du hast mir versprochen, dass wir das wiederholen. Also... morgen. Keine Diskussion.“
Masahiro seufzte tief, doch gleichzeitig fühlte er sich ein wenig... erleichtert? Vielleicht war es die Tatsache, dass Kjell so entschlossen war, ihn aus seiner Routine zu reißen. Vielleicht war es auch die Tatsache, dass Masahiro sich tatsächlich auf das Treffen freute.
Er wusste es nicht genau. Aber eines war sicher: Kjell würde ihn nicht so leicht aus seinen Plänen entlassen. Am nächsten Tag trafen sich Masahiro und Kjell wieder in
der Stadt. Dieses Mal war Kjell noch enthusiastischer als zuvor und hatte sich offensichtlich bereits einen Plan für ihren Tag zurechtgelegt.
„Ich hab etwas Besonderes vorbereitet“, sagte Kjell geheimnisvoll, als sie durch die verschneiten Straßen gingen.
Kjell grinste schelmisch, während er Masahiro durch die verschneiten Straßen führte. Masahiro konnte sich nur vorstellen, was für eine „besondere“ Idee Kjell dieses Mal hatte. Bisher hatte er den Tag damit verbracht, still seinen Kaffee zu trinken, und Kjell ihm eine bunte Palette von Vorschlägen für ihre Unternehmungen vor die Füße geworfen hatte – alle so chaotisch und unvorhersehbar wie Kjell selbst.
„Also, was genau hast du vor?“ fragte Masahiro, als sie an einer Ecke stehen blieben.