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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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Seitenzahl: 147
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Zwischen allen Fronten: Chronik der Sternenkrieger #6
Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, Volume 6
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2017.
Title Page
Chronik der Sternenkrieger 6 | Zwischen allen Fronten | von Alfred Bekker
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Ein CassiopeiaPress E-Book
Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Zwischen den Fronten“.
© 2005,2008,2012 by Alfred Bekker
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.AlfredBekker.de
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MITTE DES 23. JAHRHUNDERTS werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...
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ALFRED BEKKER schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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K'aradan-Agent 183 kletterte die Leiter hinunter, die an einem der Blöcke hinabführte, in denen sich die Antischwerkraftgeneratoren befanden. Ein beständiges Surren erfüllte diesen Teil des Maschinendecks der STERNENKRIEGER. Agent 183 setzte die Füße auf den Boden, passierte fast lautlos die enge Gasse zwischen den Blöcken und erreichte schließlich eine Nische, in der sich ein Notfall-Terminal befand. Er aktivierte es und ließ die Finger über die Tasten und Sensorfelder gleiten.
»Sie haben einen sicherheitsrelevanten Systembereich angewählt!«, wurde Agent 183 über die Anzeige belehrt.
»Bitte geben Sie Name, Rang, gegenwärtige Dienstfunktion und Autorisationscode ein.«
»Name: John Taranos«, murmelte Agent 183, während der Eingabe. »Rang: Lieutenant. Dienstfunktion: Ruderoffizier des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER...«
»Heh, was machen Sie da?«, erklang plötzlich eine Stimme hinter ihm.
Agent 183 reagierte blitzschnell.
Schließlich besaß er die Reflexe eines K'aradan...
*
»AUSTRITT AUS DEM SANDSTRÖMRAUM in fünf Sekunden«, meldete Fähnrich Lin Al-Katibi, der den Ruderoffizier der STERNENKRIEGER gegenwärtig auf der Brücke vertrat. Der große, dunkelhaarige junge Mann hatte die Space Army Corps Akademie gerade hinter sich gebracht und mit Bestnoten abgeschlossen. Auf dem Leichten Kreuzer STERNENKRIEGER diente er seit einem Monat, aber es war in dieser Zeit nicht nur dem Captain aufgefallen, was für ein herausragendes Pilotentalent dieser Mann besaß.
Das ist ein Mann, dessen Ehrgeiz wohl kaum auf die Dauer dadurch befriedigt werden wird, als Pilot von Landefähren seinen Dienst zu tun!, erkannte Commander Rena Sunfrost, Captain der STERNENKRIEGER. Wahrscheinlich wird ihm auf die Dauer sogar der Dienst an Bord der STERNENKRIEGER nicht mehr genügen und wir sehen ihn in zwei oder drei Jahren an den Steuerkonsolen eines Schlachtschiffs der Dreadnought-Klasse!
Auf dem großen Panoramaschirm der STERNENKRIEGER war keinerlei optische Veränderung zu bemerken, als die STERNENKRIEGER den so genannten Sandströmraum verließ, ein übergeordnetes Kontinuum, dessen Entdeckung den interstellaren Überlichtflug überhaupt erst ermöglicht hatte.
»Wir fliegen jetzt mit einem Drittel Lichtgeschwindigkeit in das Nawdara-System«, meldete
Fähnrich Al-Katibi. »Bremsmanöver ist eingeleitet. In etwa vier Stunden werden wir in einen Orbit um Nawdara IV einschwenken.«
»Danke, Fähnrich«, sagte Captain Sunfrost. Sie wandte sich an David Kronstein, den Ortungs- und Kommunikationsoffizier.
»Irgendwelche Besonderheiten, David?«
»Nein, Captain. Unsere Sensoren orten zwei Schiffe der Fulirr. Aber es sind weit und breit keine K'aradan-Einheiten in Sicht.«
»Nur wenige Lichtjahre von hier entfernt soll es bereits zu ersten Scharmützeln zwischen K'aradan und Fulirr gekommen sein«, warf Lieutenant Commander Raphael Wong ein, der Erste Offizier des Leichten Kreuzers. »Eigenartigerweise haben uns die Fulirr, als ihren Alliierten darüber noch nicht einmal eine offizielle Meldung geschickt.«
»Das ist in der Tat ein Punkt, der ziemlich merkwürdig ist«, gestand Rena Sunfrost zu.
Als sie bei der Vorbereitung der gegenwärtigen Mission die dazu angeforderten Dossiers des Geheimdienstes aufmerksam studiert hatte, war ihr aufgefallen, dass die Regierung der Humanen Welten von diesen Scharmützeln nur durch ihre eigenen Quellen der militärischen Aufklärung erfahren hatte, während die Kontaktpersonen bei den sauroiden Fulirr diese Vorfälle bei allen offiziellen Treffen geflissentlich übergangen hatten.
»Ich nehme an, dass hat damit zu tun, dass die Fulirr zum ersten Mal in diesem Konflikt eine etwas herbere Niederlage haben einstecken müssen«, meinte Lieutenant Robert Ukasi, der Waffenoffizier der STERNENKRIEGER.
Er war ein Sympathisant der Humanity First-Bewegung, die sich dafür einsetzte, dass die Menschheit ihren gebührenden Platz in der Galaxis bekam – erst die Menschen, dann die Aliens. Ukasi machte auch kein Geheimnis aus dieser Einstellung.
Seit dem Wiederaufflammen der kriegerischen Auseinandersetzungen der Humanen Welten mit den vogelähnlichen Qriid hatte die Bewegung regen Zulauf erhalten.
Daneben hatte sich die Menschheit allerdings auch noch in einen zweiten, weitaus weniger bedrohlichen, dafür still vor sich hin schwelenden Krieg hineinziehen lassen, den die sauroiden Fulirr gegen das Reich der sehr menschenähnlichen K'aradan führten. Die Allianz zwischen Menschen und Fulirr hatte sich dabei jedoch überwiegend auf logistische und militärtechnisch wissenschaftliche Zusammenarbeit beschränkt.
Nur selten waren Schiffe des Space Army Corps tatsächlich in Kämpfe mit K'aradan-Schiffen verwickelt worden, und der Hohe Rat der Humanen Welten versuchte, dies auch nach Möglichkeit zu vermeiden.
Schließlich hatte die Abwehr der aggressiven Qriid Vorrang, deren Expansionsdrang durch einen unstillbaren religiösen Eifer bedingt wurde. Zwar war es den Raumstreitkräften der Humanen Welten gelungen, die von Qriid kurzzeitig okkupierten Wega-Kolonien zurückzuerobern, aber andernorts befanden sich die vogelähnlichen Invasoren nach wie vor auf dem Vormarsch.
Zudem war ihre Raumflotte den Einheiten des Space Army Corps zahlenmäßig weit überlegen.
Aber andererseits war es für die Menschheit auch schwer möglich, sich still und heimlich aus der Allianz mit den sauroiden Fulirr zu verabschieden, obwohl es sicherlich nicht wenige Abgeordnete des Humanen Rates gab, die insgeheim genau das inzwischen befürworteten. Aber gerade die Militärs drängten darauf, die Zusammenarbeit mit den technisch sehr hoch stehenden Fulirr aufrecht zu erhalten, da man sich aus dieser Kooperation waffentechnischen Fortschritt erhoffte. Der erste Versuch der Menschheit, eine vom Far Galaxy Konzern produzierte Antimaterie nach Vorbild der von den Fulirr verwendeten Waffen zu testen, war gründlich gescheitert. Niemand wusste das besser als Sunfrost.
Schließlich hatte ihr Schiff bei diesem Test eine entscheidende Rolle gespielt.
Auch wenn von offizieller Seite derzeit alles Bestreben nach einer auf Antimaterie basierenden Waffe auf Eis gelegt worden waren, weil sich diese Technologie bisher als von den Menschen schlicht und ergreifend als nicht beherrschbar erwiesen hatte – ihnen fehlten die technischen
Voraussetzungen –, so konnte man davon ausgehen, dass die Führungsebenen des Space Army Corps und vielleicht auch der Humanen Rat bereits an die Zukunft dachte.
Wenn man auf absehbare Zeit in den Besitz von beherrschbaren Antimaterie-Waffen gelangen wollte, so war das ohne die Hilfe der Fulirr schlechterdings unmöglich.
In diesem Augenblick öffnete sich eine Schiebetür.
Lieutenant John Taranos, der Ruderoffizier des Leichten Kreuzers betrat die Brücke der STERNENKRIEGER.
»Ich freue mich, dass Sie wohlauf sind, Lieutenant«, sagte Sunfrost. In diesem Augenblick machte der Tonfall der 32-jährigen Kommandantin der STERNENKRIEGER ihrem Spitznamen ›Eisbiest‹ alle Ehre.
Taranos wirkte etwas verlegen. »Es tut mir Leid, Ma'am, ich weiß, dass ich meine Schicht etwas zu spät antrete...«
»Immerhin bekam Fähnrich Al-Katibi auf diese Weise die Gelegenheit, während des Austritts aus dem Sandströmraum das Ruder zu führen«, erwiderte Rena kühl.
»Ma'am, ich weiß, dass es wie eine Ausrede klingt, aber...«
»Aber was, Lieutenant?«
John Taranos schluckte.
Er spürte, dass in diesem Augenblick die Augen aller auf ihn gerichtet waren.
Zögernd sagte er: »Das Türschloss meiner Kabine hatte eine Fehlfunktion. Ich gebe zu, dass ich außerdem auch etwas spät dran war...«
Rena atmete tief durch.
Ein Pilot der Sonderklasse – aber leider ohne die meisten Eigenschaften, die ansonsten gute Offiziere auszeichnen sollten, ging es dem Captain der STERNENKRIEGER durch den Kopf. »Wir brauchen Sie dringend auf der Brücke, Lieutenant. Nehmen Sie bitte Ihren Platz ein.«
»Jawohl, Ma'am.«
Taranos beeilte sich, seine Konsole aufzusuchen. Fähnrich Al-Katibi machte für ihn Platz.
Rena beschloss, auf die Sache nicht weiter einzugehen.
Taranos selbst war es offenbar schon peinlich genug, nicht rechtzeitig zum Schichtbeginn auf der Brücke erschienen zu sein. Und mochte man ansonsten auch über den Lieutenant sagen können, dass er gemessen an den Ansprüchen, die für gewöhnlich an Offiziere gestellt wurden, über nur gering ausgeprägte Führungsqualitäten verfügte, so hatte Unpünktlichkeit bisher nicht zu seinen Eigenschaften gehört.
»Wir bekommen einen Funkspruch von Nawdara IV herein«, meldete Lieutenant Kronstein.
»Es wird die gemeinsame militärische Sicherheitscodierung verwendet, die bei der militärischtechnischen Zusammenarbeit zwischen uns und den Fulirr inzwischen Standard geworden ist«, ergänzte Raphael Wong. Der erste Offizier der STERNENKRIEGER ließ seine Finger über einen Touchscreen seiner Konsole gleiten. Die Codierung wurde überprüft und als echt eingestuft.
»Auf den Schirm mit unseren Alliierten«, forderte Rena.
»Aye, Ma'am«, sagte Kronstein.
Auf dem Panoramaschirm der STERNENKRIEGER wurde die muskulöse, etwa einen Meter fünfzig große Gestalt eines Fulirr sichtbar. Er trug ein tunikaähnliches Gewand mit den Ehrenzeichen eines planetaren Befehlshabers. Ein Rang, der für den Verwalter einer Welt wie Nawdara IV – auf der es gerade einmal einen einzigen militärischen Stützpunkt sowie ein militärisches Forschungszentrum der Fulirr mit insgesamt kaum mehr als ein paar hundert Mitarbeitern existierten – etwas hoch gegriffen schien. Aber wie Rena aus dem ihr vorliegenden Dossiers zum Nawdara-System wusste, unterstrich diese Äußerlichkeit lediglich die Bedeutung, die der vierte Planet einer roten Riesensonne für die Fulirr hatte.
Die Bedeutung lag insbesondere in der militärischen Forschung, die hier betrieben wurde. Außerdem diente der Planet auch als Trainingsareal für Elite-Bodentruppen der Fulirr.
Der Echsenartige bewegte ruckartig den Kopf zur Seite. Eine Eigenart, die Angehörige des Volkes auf Menschen oft nervös und unruhig wirken ließen. Möglicherweise war in diesen sehr häufig
vorzufindenden ruckartigen Bewegungen eine nonverbale Nachricht enthalten, die bislang aber nicht entschlüsselt war.
»Seid gegrüßt von Sharashtarr, dem Befehlshaber des Nawdara-Systems«, sagte der Fulirr und beschrieb dabei mit den muskelbepackten Armen eine Geste, »Wir grüßen das Schiff unserer Alliierten und seinen Kornmandanten, die uns gegen die rotgesichtigen Säuger Beistand leisten!«
Rotgesichtige Säuger, hallte es in Sunfrosts Gedanken wieder.
Sie war etwas ungehalten darüber, dass der Fulirr diese eindeutig rassistische Bezeichnung für die K'aradan verwendete.
Wie mag er wohl über uns denken? Ob Leute wie Sharashtarr die Menschen letztlich mit derselben Verachtung betrachten wie die K'aradan? Schließlich unterscheidet uns optisch so gut wie nichts von diesen ›rotgesichtigen Säugern‹...
»Hier Commander Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER im Dienst des Space Army Corps der Humanen Welten«, stellte sich Rena vor. »Wir sind hier, um das Wissenschaftler-Team um Professor Yasuhiro von Schlichten an Bord zu nehmen, das in den vergangenen Wochen an unserem gemeinsamen wissenschaftlich-militärtechnischen Austauschprogramm teilgenommen hat.«
»Befindet sich die Gruppe um Ehrenforscher Hrasskoarr, die sich in einem menschlichen Forschungsinstitut umsehen durfte, an Bord Ihres Schiffes, Commander Sunfrost?«, fragte Sharashtarr.
Rena verneinte. »Diesbezüglich wurden die Vereinbarungen auf Grund der Wünsche Ihrer Regierung kurzfristig geändert. Die Gruppe um Ehrenforscher Hrasskoarr wird von einem Ihrer Schiffe von Sedna abgeholt.«
Sedna – ein nach einer indischen Gottheit benannter Gesteinsklumpen, der Anfang des 21. Jahrhundert weit Jenseits der Plutobahn entdeckt worden war, aber nur in der Presse als zehnter Planet des irdischen Sonnensystems gegolten hatte.
Das Pech dieses verhinderten Planeten war es, dass er schlicht zu spät entdeckt worden war – in einer Zeit nämlich, da die Wissenschaft bereits dazu tendierte, auch Pluto den Status als Planet abzusprechen. Jedenfalls befand sich in den unterirdischen Anlagen auf Sedna eine Forschungsakademie des Far Galaxy-Konzerns, auf der vor allem an militärtechnischen Verbesserungen gearbeitet wurde. Das Ganze war ein Ablenkungsmanöver, wie Rena glaubte. Die wirklich wichtigen Forschungsprojekte von Far Galaxy, die für die irdische Militärtechnik eine herausragende Rolle spielten, wurden in hoch geheimen Anlagen entwickelt, die sich an nicht so öffentlichen Orten befanden.
»Nun, diese Absprache muss tatsächlich sehr kurzfristig erfolgt sein«, sagte Sharashtarr. Man musste nicht einmal ein Kenner von Mimik und Gestik der Fulirr zu sein, um zu bemerken, dass es den Befehlshaber des Nawdara-Systems unangenehm berührte, nicht informiert worden zu sein. »Seien Sie uns trotz allem herzlich willkommen!«
»Sobald wir den Orbit von Nawdara IV erreichen, werden wir eine Landefähre ausschleusen und Ihren Hauptstützpunkt anfliegen«, schlug Rena vor.
»Tun Sie das. Die Erlaubnis dafür betrachten Sie bitte schon jetzt als erteilt.«
»Ein paar Mitglieder des technischen Stabes meiner Mannschaft wären sehr erfreut, wenn sie wenigstens einen flüchtigen Eindruck von der Arbeit erhalten würden, die Ihre Leute dort verrichten.«
Erneut bewegte der Fulirr ruckartig den Kopf. Eine spitze, gespaltene Zunge schnellte aus dem lippenlosen, stark nach vorn gewölbten Mund heraus. Es handelte sich, wie Sunfrost aus ihren Dossiers wusste – um die Riechzunge der Fulirr. Sie konnte vollkommen eingerollt und zurückgezogen werden.
Davon abgesehen besaßen Fulirr auch eine ganz gewöhnliche sehr viel breitere Zunge. Die feine Riechzunge wurde von dieser zumeist verdeckt, sodass sie häufig kaum bemerkt wurde.
»Das wird sich machen lassen«, versprach Sharashtarr.
Die Verbindung wurde wenig später unterbrochen.
»Welchen Eindruck haben Sie, Raphael?«, wandte sich Sunfrost an ihren Ersten Offizier.
Raphael Wong hob die Schultern und verschränke die Arme.
»Der Fulirr wirkte vertrauenswürdig. Seine Facettenaugen waren sehr schmal. Nach den Dossiers, die ich gelesen habe..«
»Vergessen Sie die Dossiers, Raphael. Ich fragte einfach nur nach Ihrem Eindruck!«, unterbrach Rena ihn.
»Das Vorzeigen der Riechzunge gilt nach Meinung der – zugegebenermaßen sehr schmalen – Fachliteratur als Zeichen des Misstrauens«, erwiderte Wong.
Er weicht einer persönlichen Stellungnahme aus, ging es Rena durch den Kopf. Eine Eigenschaft, die sie nicht zum ersten Mal an ihrem Ersten Offizier bemerkte.
Sein regungslos wirkendes, deutlich asiatisch geprägtes Gesicht drehte sich ihr zu. Er bedachte sie mit einem ruhigen, gelassen wirkenden Blick. »Wenn Sie mir ein persönliches Wort gestatten wollen... Die Aussicht, Professor von Schlichten erneut an Bord der STERNENKRIEGER zu begegnen, erfüllt mich nicht unbedingt mit Freude.«
Rena lächelte verhalten. »In diesem Punkt kann ich Ihre Befürchtungen voll und ganz nachvollziehen, Raphael.«
In diesem Augenblick meldete sich Lieutenant Simon E. Erixon über eine Interkom-Verbindung vom Maschinendeck. Er war der Leitende Ingenieur der STERNENKRIEGER.
Erixon war genetisch verändert und besaß deshalb Facettenaugen. Rena Sunfrost war weit davon entfernt, gegen ihn irgendwelche Vorurteile zu hegen, zumal er seinen Aufgaben bisher hervorragend erfüllt hatte. Aber die Facettenaugen erschwerten den normalen zwischenmenschlichen Blickkontakt, wie sie fand. Unheimlich wirkte der Leitende Ingenieur dadurch manchmal auf sie. Eine Emotion, von der ihr Verstand ihr sagte, dass sie vollkommen ungerechtfertigt war.
Aber vertreiben ließ sie sich durch diese verstandesmäßige Einsicht auch nicht sofort.
»Was gibt es, LI?«, fragte Rena und hoffte, dass es nicht etwa irgendwelche technischen Probleme waren, die den Chef der Technikercrew an Bord auf den Plan rief.
Erixon kam gleich zur Sache.
Und was er zu sagen hatte, überstieg Renas schlimmste Befürchtungen.
»Wir haben Fähnrich Ruth Denson auf dem Maschinendeck tot aufgefunden«, berichtete er.
»Ich bin sofort bei Ihnen, LI«, kündigte Sunfrost an. Sie unterbrach die Verbindung und wandte sich an Wong. »Sie haben die Brücke, Raphael.«
*
AUF ARADAN, DER ZENTRALWELT des Reiches der K'aradan...
Einige Aradan-Tage zuvor
Lurdre Traanlak, der Chef des Geheimdienstes Narumet betrat die große Säulenhalle von Soriana, der Residenzstadt des Erb-Triumvirats der drei Erhabenen Häuser. Zwanzig Meter hohe und mit feinsten Intarsien versehene Säulen stützten die Kuppeldecke, an der die dreidimensionale Projektion einer Sternenkarte zu sehen war. Sie zeigte das Reich der K'aradan in seiner größten Ausdehnung, die es vor etwa 100 Aradan-Jahren gehabt hatte. Das jetzige K'aradan-Reich war nichts als ein Schatten seiner einstmaligen Größe. Gerade tausend Welten wurden heute noch von Aradan aus regiert. In den Zeiten der größten Ausdehnung waren es mehr als zweimal so viele Kolonien gewesen. Die Große Zeit war jedoch nach wie vor im Bewusstsein aller K'aradan verankert. Immerhin war es schließlich gelungen, das Reich zu konsolidieren und den bis dahin anhaltenden, unaufhaltsam scheinenden Verfall aufzuhalten. Man hatte sogar die Ausdehnung des von K'aradan beherrschten Raumsektors wieder leicht ausdehnen können.
Bis die Konfrontation mit den technisch hoch entwickelten Fulirr die K'aradan vor drei Jahren an den Rand einer handfesten Krise gebracht hatte...
Die im Grenzgebiet des K'aradan-Reichs siedelnden Sauroiden versuchten schlicht und ergreifend ihr Siedlungsgebiet auszudehnen, was ihnen zwar langsam aber doch stetig im bisherigen Verlauf des Konflikts gelungen war.
Jetzt hatten die Echsen auch noch Verbündete – ein Volk, das sich Menschheit nannte und den K'aradan zumindest äußerlich sehr ähnlich sah, wenn auch keinerlei genetische Verwandtschaft vorlag.
Wie die meisten K'aradan empfand Lurdre Traanlak in erster Linie Verachtung für diese physisch unvollkommene und wenig robuste Rasse, in der er bestenfalls technisch unterlegene Emporkömmlinge sehen konnte, die sich von den cleveren Sauroiden vor den Karren hatten spannen lassen.
Inzwischen besaß der Geheimdienst Narumet allerdings ein weit verzweigtes Spionage- und Agentennetz im Bereich der Humanen Welten, wie sich das Staatsgebilde der Menschheit nannte. Daher wusste Lurdre Traanlak, dass die technische Überlegenheit der K'aradan sich allenfalls auf die Waffentechnik beschränkte, während die vom Planeten Erde stammenden Humanoiden ansonsten in anderen Bereichen den »Söhnen von Aradan« weit voraus waren. So besaßen sie offenbar – wie viele andere galaktische Völker auch – eine Technik zur Aufhebung von Gravitationskräften, die die K'aradan bisher weder selbst hatten entwickeln noch kopieren können.
Das Problem ist, dass unsere Gesellschaft viel zu sehr auf unsere glorreiche Vergangenheit ausgerichtet ist, überlegte der Geheimdienstchef, während er zwischen den gewaltigen, ja einschüchternden Säulen hindurchschritt. Die in Stein gehauenen Gesichter von grimmigen Gottheiten, an die kein moderner K'aradan noch glaubte, starrten ihn von oben an.