101 Dinge, die ein Skitourengeher wissen muss - Christian Thiele - E-Book

101 Dinge, die ein Skitourengeher wissen muss E-Book

Christian Thiele

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Beschreibung

Schritt für Schritt nach oben und dann in frischem Pulverschnee die Hänge hinab: Skitourengehern geht das Herz auf, wenn sie daran denken. Endlich gibt es ein Buch, das Wissenslücken von alten Hasen stopft und Anfängern Lawinenarten und Geländefallen erklärt. Kompaktes Wissen zum Skibergsteigen, informativ und amüsant, leicht bekömmlich und mit allem, was man wissen muss – von A wie Abfahren über Z wie Zumachen der Bindung

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101 Dinge

die ein

Skitourengeher

wissen muss

Christian Thiele

Für Christiane

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1AbfahrtOder: Dafür macht man´s eigentlich (nicht)

2AbstandOder: Manchmal sollte man auf Distanz gehen

3AirbagOder: Die Lawine akzeptiert kein Vollkasko

4AlarmzeichenOder: Bloß weg hier!

5AlleinOder: Das muss jeder selbst wissen

6AlpspitzeOder: Der allerallerallerschönste Skitourenberg von allen

7AltschneeOder: Der Schnee als Wolf im Schafspelz

8Appsolut unzureichendOder: Was Smartphone-Anwendungen nicht können

9BergführerOder: Warum und wie einen guten finden?

10Berchtesgadener SpurOder: Wie man eine bequeme, kraftsparende und sichere Aufstiegsbahn anlegt

11BirneOder: Wie viele Snowboarder braucht es für das Auswechseln einer Glühbirne?

12BlasenOder: Wenn´s scheuert wie bescheuert

13BlocktestOder: Warum wer wie wann in den Schnee graben sollte

14BrotzeitOder: So viel Zeit muss sein

15CarbonOder: »Leicht ist schwer was«

16DrogenhundOder: Aufgeregter Anruf bei der Bergwacht

17EinhornmäßigOder: Den perfekten Müsliriegel gibt es nicht

18EinsamOder: Warum ist hier sonst keiner?

19ExpositionOder: Ja wohin schaut er denn, der Hang?

20FallenOder: Welches Gelände wann gefährlich werden kann

21FellfolieOder: Ein Irrweg menschlichen Erfindergeistes

22FirnOder: Vom Glück des richtigen Moments

23FrauenOder: »Geht ihr anders?« (Interview mit Mountain Mary)

24FrühjahrstourenOder: Der Ritt durch die Jahreszeiten

25GeländekompetenzOder: Ein schöner Rücken kann entzücken

26GelfieOder: Schaut’s mal kurz alle her!

27GleitschneeOder: Die gefährlichen Mäuler

28GletscherspalteOder: Kommen zwei Skitourengeher an einer Spalte vorbei

29GriaßdiOder: Wann wählt man wem gegenüber welche Anrede?

30GruppencheckOder: Wie sind wir unterwegs?

31Günstige VerhältnisseOder: Ja, die gibt es!

32Häufig befahrenOder: Seltener als man denkt!

33HöhenmeterOder: Wie viel habt’s gmacht?

34HüttenkniggeOder: So – und so bitte, bitte, bitte nicht!

35HuckepackOder: So transportiert man die Ski

36InternetOder: Schlau geklickt ist halb geplant

37KabelbinderOder: Was man alles dabei haben sollte auf Tour

38KameradenrettungOder: Auf »docs and dogs« ist kein Verlass

39KartenkompetenzOder: Da schau her!

40KinderOder: Ab wann, wohin und wie mit den Kleinen auf Skitour?

41KonsequenzenabschätzungOder: Was passiert, wenn was passiert?

42LageberichtOder: Ein Wesen, kaum gelesen (Interview mit Chris Pielmeier)

43LawinenartenOder: Wenn es nur so einfach wäre

44LockerschneelawinenOder: Auch nicht ohne

45LegendenOder: Hätten Sie’s gewusst?

46LVSOder: Wer übet, der findet!

47MantraOder: Vom Plan zur sicheren Tour

48MaßnahmenOder: Wie kann man optimal bei suboptimaler Lage gehen?

49Maximum und OptimumOder: Was geht heut?

50MenschlichOder: Warum wir auf Skitour (häufig) zu Fehlentscheidungen neigen

51MerinoschafeOder: Zurück zu (ein bisschen) Natur

52»Monacensophobie«Oder: Bevor die ganzen Münchner kommen

53MusterOder: Die Logik hinter der Lawine

54NassschneelawinenOder: Das weiße Grab

55NeuschneeOder: Ab wann lohnend, ab wann gefährlich?

56Nirgends NordstauOder: Was Skitourengeher über das Wetter wissen können und sollten (Interview mit Karl Gabl)

57NotfallnummernOder: Wenn’s mal schiefgeht

58PausenOder: Stopp mal kurz!

59PflugOder: Vorsicht ist wichtig

60PlastikschaufelnOder: Das geht gar nicht!

61PistengehenOder: Dienstagnacht am Hausberg

62PoetischOder: Das schönste Gedicht über den Schnee

63RennlaufOder: Lernen von den Schnellen (Interview mit Bernhard Bliemsrieder)

64RiiiiisikoOder: Wie gefährlich ist Skitourengehen eigentlich?

65RückblickOder: »Wie war’s für Dich heute?«

66RucksackorganisationOder: »Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich irgendwo hier …«

67RundenOder: Die hohe Kunst des »Schau ma moi« (Interview mit Lukas Ruetz)

68RutschenOder: Seitlich bergab geht auch

69SaharaschneeOder: Wie schaut’s denn da aus?

70SchneebretterOder: Des Skitourengehers Hauptfeind

71SchneemengeOder: Wie viel ist’s denn jetzt genau?

72SchneeschuhgeherOder: Für eine friedliche Koexistenz

73»Schon 9?«Oder: Warum »früher« auf Skitour immer besser und »später« immer schlechter ist

74SchwachschichtenOder: Im Trüben fischen

75SelbstgemachtOder: Was alles für eine eigene Spur spricht

76SnowcardOder: Strategie in der Lawinenkunde

77SommerfestOder: So macht man die Ausrüstung fit für den ersten Schnee

78SondierenOder: Stochern mit System

79SpaltenOder: Gletscher ist anders

80SpitzehreOder: Schon rum ums Eck

81SprunggelenkOder: Wie man auf Skiern richtig geht

82SpurerbierOder: Manche Dinge gehören sich einfach

83SteilOder: Wann steil wirklich steil ist, und warum das wichtig ist

84StöckelschuheOder: Was man gegen das Stollen der Felle tun kann – und was nicht

85StockzeichenOder: Wie organisieren wir die Abfahrt?

86TaupunktOder: Wie ging das noch mal?

87TelemarkOder: Schon schön und schon schwer

88ThermoskanneOder: Treffen sich ein Bayer und ein Tiroler auf Skitour …

89TriebschneeOder: Der Wind, der Wind, das »teuflische« Kind

90TruppenkulturOder: In welcher Gruppendynamik ist man unterwegs?

91U statt VOder: Wie man Verschüttete mit System ausschaufelt

92ÜbergängeOder: Von »viel« zu »wenig« – und umgekehrt

93UmkehrenOder: Wann es Zeit zum Rückzug ist

94UmweltverträglichOder: Wie gehe ich naturschonend auf Skitour?

95ViererkarOder: Augen auf!

96WechtenOder: Die unterschätzte Gefahr

97WedelnOder: Skifahren gehört ja irgendwie auch dazu (Interview mit Thomas Schiffelmann)

98WindOder: Er baut die (meisten) Lawinen

99WinterraumOder: Das Glück der Mühsal

100WohinOder: Welche Ziele wann angehen

101WozuOder: Annäherungen an Begründungsversuche

Dank

Register

Impressum

Vorwort

Eine gute Rede erkennt man vor allem an zwei Dingen: Sie beginnt pünktlich und endet schnell. Damit alle ans Buffet können.

Ich will es mit diesem Vorwort genauso halten. Pünktlich begonnen haben wir, praktisch direkt nach der Titelseite. Und dann hören wir doch am besten gleich wieder auf. In diesem Sinne: Ran ans Buffet!

Kommen Sie gut, gesund und mit viel Gaudi durch den Winter! Beziehungsweise durch die Zeit bis zu selbigem.

Christian Thiele

Garmisch-Partenkirchen, im Problemwinter 2016/17

Eins noch: Sie dürfen dieses Buch von vorne nach hinten lesen. Oder von hinten nach vorne. Oder ganz anders.

Noch eines noch: Auf der Internetseite www.101-Dinge-Skitourengeher.de finden Sie einige Videos, Tourentipps und andere weiterführende Inhalte zu den Themen dieses Buches, ich weise an den entsprechenden Stellen darauf hin.

1 Abfahrt

Oder Dafür macht man’s eigentlich (nicht)

Skitourengehen ist sozusagen eine protestantische Sportart, denn die Gaudi, das Glück, das Vergnügen der Abfahrt muss man sich erst durch Mühsal, Entbehrung und Schweiß verdienen. Doch häufig hält die Abfahrt gar nicht, was die Mühen des Aufstiegs versprochen haben: Der Pulver ist zerfahren, der Firn noch nicht oder nicht mehr vorhanden, die Sicht diffus bis weg, die Steine sind noch nicht genügend überdeckt, und so weiter und so fort. Manche Pistengeher ersparen sich diesen ganzen Kummer, und steigen, an der Bergstation angekommen, zum Abtransport gen Tal in die Gondel oder in den Sessellift. So ersparen sie sich die Abfahrt.

2 Abstand

Oder Manchmal sollte man auf Distanz gehen

Egal ob mit Merino- oder Kunstfaserhemden am Leib: Wer mit seinen Kameraden auf Skidurchquerung unterwegs ist, geht irgendwann automatisch auf Abstand zu Vorderfrau und Hintermann. Neben der Geruchsbelästigung gibt es aber auch noch einige andere gute Gründe, Abstand innerhalb der Gruppe zu wahren: Immer dann, wenn der Lawinenlagebericht vor »großer Zusatzbelastung« warnt, sollte man jeweils mindestens fünf Skilängen Abstand nach vorne, hinten, oben und unten wahren – und zwar auch und vor allem in den Spitzkehren, denn dort werden die Abstände häufig immer kleiner. Der so genannte Entlastungsabstand vermindert den Gewichtseintrag auf die Schneedecke. Mit dem »Sicherheitsabstand« hingegen verhindert man im Absturz- (oder auf andere Weise schwierigen) Gelände, dass durch einen Sturz andere Gruppenmitglieder mitgerissen werden. Bei Hochtouren auf spaltigen Gletschern vermindert ein größerer Abstand die Mitreißgefahr bei Spaltenstürzen (abhängig von der Größe der Partie). Da Entlastungsabstände beim Aufstieg bremsen und die Kommunikation stark einschränken, werden sie in der Regel nur in den steilen oder problematischen Hangpartien eingehalten. Wer jedoch als nachkommender Tourengeher auf eine Gruppe aufläuft, die ihre Abstände ordentlich einhält, der sollte entweder einen kurzen Moment abwarten oder gleich eine eigene Überholspur mit gebührendem Abstand legen. So viel Abstand gebietet der Anstand.

3 Airbag

Oder Die Lawine akzeptiert kein Vollkasko

Seit Ende der Nullerjahre laufen und fahren immer mehr Skitourengeher (und Freerider) mit einem Airbag-Rucksack durchs Gelände – und manche auch über die Pisten. Es gibt inzwischen zig verschiedene Hersteller mit zig verschiedenen Systemen: Manche Airbags werden mit einem Motor aufgeblasen, manche mit Gaskartuschen, die einen legen sich wie ein Kragen um den Hals, die anderen entfalten sich wie Engelsflügel, die einen kosten so viel wie ein Paar Tourenski, die anderen so viel wie eine Skitourenwoche, und manche lassen sich sogar per Funk auslösen – vom Bergführer, von der Ehefrau oder vom Vater. Alle Varianten sollen das Gefühl vermitteln: Mit mir bist du sicher unterwegs! Denn der Airbag, so das Kalkül, erhöht in einer Lawine den Auftrieb des verschütteten Skifahrers oder Tourengehers und minimiert damit die Gefahr der Erstickung. Soweit die Theorie. In der Praxis gibt es derzeit, nach meinem Kenntnisstand (Frühjahr 2017), weltweit keinen einzigen Herstellerunabhängigen oder -übergreifenden Test von Lawinenrucksäcken in einer statistisch relevanten Größenordnung, der wirklich zuverlässig Auskunft darüber gibt, ob und in welchem Ausmaß diese das Verschüttungsrisiko vermindern. Möglicherweise wird das Risiko sogar erhöht, weil die Träger von Airbags im Besitz einer Vollkasko-Versicherung zu sein glauben und damit steilere Rinnen aufsteigen, riskantere Lines abfahren und damit ein höheres Risiko eingehen, als sie das ohne Airbag tun würden. Unter der Devise »Schad ja nix« trage auch ich meist einen Airbag-Rucksack. Doch streng genommen stimmt noch nicht einmal diese Devise, denn das Aufblas-Teil wiegt in der Regel gute ein bis zwei Kilo mehr als ein konventioneller Rucksack und erhöht damit den Gewichtseintrag des Schneesportlers. Ob und wann jemand neben Pieps, Sonde und Schaufel sonstige Zusatzausrüstungen verwendet, muss natürlich jeder und jedem selbst überlassen bleiben, aber eins sollte klar sein: Wer den Airbag zündet, hat in der Regel schon einen schweren Fehler gemacht – egal, ob ihm dieser das Leben kostet oder der Airbag es ihm rettet.

4 Alarmzeichen

Oder Bloß weg hier!

Das Vertrackte an den Alarmzeichen ist: Sie geben keine exakte Auskunft darüber, wie hoch die Lawinengefahr tatsächlich ist. Sie treten typischerweise ab der Gefahrenstufe 3, erheblich, auf. Können aber auch dort ausbleiben – oder schon bei Gefahrenstufe 2, mäßig, bemerkbar sein. Wumm-Geräusche, die die Setzung der Schneedecke hörbar machen, oder Risse in der Schneedecke sind typische Alarmzeichen für Stufe 3. Spontane, also ohne menschliches Zusatzgewicht ausgelöste, Schneebretter sind typische Alarmzeichen für Stufe 4. Aber auch Regen ist ein Alarmzeichen, er kann innerhalb von kurzer Zeit zu einer massiven Durchfeuchtung der Schneedecke und damit zu Nassschneelawinen führen. Dasselbe gilt für einen raschen Temperaturanstieg – abzulesen am Thermometer, an verstärktem Steinschlag oder an frischen Schneekugeln, die aus steilerem und/oder besonntem Gelände talwärts rutschen. Auch Grashalme oder Felsen, die plötzlich an gewissen Stellen im Hang sichtbar werden, sind gefährlich, da sie auf gefährliche Übergänge hinweisen. Wenn Sie solche Alarmzeichen wahrnehmen, sollten Sie überlegen: umgehen? Alternativziel oder -route wählen? Oder ganz simpel umdrehen? Denn einfach so weiter? Das kann lebensgefährlich sein.

5 Allein

Oder Das muss jeder selbst wissen

Wer allein auf Skitour geht, erlebt den Berg, den Schnee, die Tour und vor allem sich selbst anders als in Begleitung. Man muss auf niemanden warten, dem der Fellclip aufgeht, dem es an den Händen erst zu kalt, dann zu warm, dann wieder zu kalt ist, der aufs Klo muss, der Hunger oder Durst hat oder den – auch schon erlebt – gerade der Steuerberater anruft. Das mag alles ein bisschen unsozial klingen, aber so gerne ich mit meinen Skitourenpartnern unterwegs bin, so sehr es zusammenschweißt, wenn man sich durch einen Föhnsturm hinaufgekämpft oder durch ein haariges Couloir hinabgemogelt hat, so eigen und so besonders die Freundschaft am und durch den Berg ist: Die Soloskitour ist besonders. Und zwar besonders intensiv, besonders schön. Man muss alle Entscheidungen alleine treffen und vor sich selbst verantworten. Man kann – und muss – sein eigenes Tempo finden. Die Spur so steil anlegen, wie es heute gerade für einen selbst passt. Die Hänge noch einmal gehen und fahren, auf die man Lust hat. Oder da umdrehen, wo es einem langt, wegen der Schneelage, wegen der Kondition, oder wegen was auch immer. Man kann den Gedanken und Gefühlen, den schönen und den unschönen, völlig ungehemmt hinterher-, später auch vorneweg- und irgendwann davonhatschen. Und wenn man dann gut im Tal gelandet ist, ist man noch ein Stück dankbarer, klarer, aufgeräumter als nach einer Tour mit wem auch immer. So geht es zumindest mir. Man kann sich einen Airbag anschnallen und die Sicherheits-App »Uepaa« scharf schalten. Man kann eine Extra-Runde Verhältnis-Check drehen, noch einmal genau in den Lawinenlagebericht schauen, die Wettervorhersage überprüfen, die Neuschneemenge und die Windgeschwindigkeit im Internet nachlesen, und all das mache ich auch, wenn ich alleine unterwegs bin. Doch trotz all dieser Vorkehrungen ist es riskanter, allein auf Tour zu sein als in der Gruppe. Es gibt keine zweite Meinung dazu, ob der Hang geht oder nicht. Es gibt im Zweifelsfall niemanden, der einen aus einer Lawine herauspiepsen, sondieren und herausschaufeln würde. Es gibt keinen, der die Bergwacht anrufen könnte. Und keinen, der einfach nur Mut machen oder laut »Scheiße« brüllen kann. Auf der anderen Seite gibt es aber auch den Gruppenzwang. In der Gruppe lässt man sich gelegentlich gegenseitig dazu hinreißen, Risiken einzugehen, die man eigentlich nicht eingehen dürfte. Aber machen wir uns nichts vor: Bergsport ist riskant. Skitouren sind riskant. Allein auf Skitour zu gehen, ist besonders riskant. Wer es dennoch macht, sollte wissen, was er tut – und was er anderen damit zumutet.

6 Alpspitze

Oder Der allerallerallerschönste Skitourenberg von allen

Die Alpspitze zu Garmisch-Partenkirchen ist der schönste Skitourenberg der Welt! Das hat eine unabhängige, international besetzte Expertenkommission aus zwei erfahrenen Partenkirchnern und drei weltgewandten Garmischern per Mehrheitsvotum zweifelsfrei geklärt. Gegenteiliges konnte bisher nicht bewiesen werden.

7 Altschnee

Oder Der Schnee als Wolf im Schafspelz

Patrick Nairz, studierter Diplomingenieur für Wildbach- und Lawinenverbauungen, ist stellvertretender Leiter des Tiroler Lawinenwarndienstes:

»Die letzten Winter waren ausgeprägte Altschneewinter: Deutlich zu warm, die wärmsten der Messgeschichte, sehr schneearm, es gab viel Regen bis weit hinauf und viele Krusten, die sich gebildet haben – und dadurch eben viele Probleme mit kritischen Altschneeschichten, die sich bei solchen Konstellationen bilden. Vor allem die bodennahen Schwachschichten aus dem Frühwinter haben sich häufig den ganzen Winter lang gehalten und dann bis ins Frühjahr zu großen Lawinen geführt. Damit haben auch wirklich erfahrene Leute, Profis, ihre Probleme – das findet sich entsprechend in der Unfallstatistik auch wieder.«

Ist das ein Trend oder waren das Ausreißer? »Das ist natürlich schwer zu sagen. Wir hatten in den letzten zehn Jahren auch ein paar sehr schneereiche Winter, aber der Trend zu wärmeren und schneeärmeren Wintern ist schon ziemlich eindeutig. Was die Klimaforscher so vorhersagen für die Alpen – späterer Winterbeginn, extreme Niederschläge im Frühjahr und allgemein höhere Temperaturen: All das erkennt man schon. Mittlerweile können wir in den Lawinenwarnungen das Altschneeproblem relativ gut lokalisieren. Das häufigste Lawinenproblem bleibt nach wie vor der Triebschnee, also verfrachteter, älterer Schnee, der zu einer neuen Schwachschicht wird. Das ist nach wie vor bei den Lawinenunfällen das häufigste Problem.

Das Altschneeproblem ist tückisch. Denn selbst wenn man die problematischen Bereiche kennt, ist es nicht immer leicht, die Hotspots zu vermeiden. Zwar passieren rund zwei Drittel der tödlichen Lawinenunfälle nach wir vor bei Stufe 3, erheblich. Dennoch gibt es auch häufig Situationen, in denen wir die Stufe 2, mäßig, ausgeben, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Lawinenauslösung nicht so extrem hoch ist – die möglichen Konsequenzen einer Auslösung jedoch enorm sein können. An die Gefahrenstufe allein darf man sich einfach nicht klammern, denn ein- und dieselbe Gefahrenstufe repräsentiert sehr viele unterschiedliche Situationen: Wenn ich einen »Zweier« mit Triebschneeproblem habe, ist das eine ganz andere Situation als ein ›Zweier‹ in einer Altschneelage. Um das zu verstehen, muss ich mich einfach ein bisschen mit diesen ganzen Dingen beschäftigen, aber das ist alles erlernbar. Was ist »steil«, was ist »sehr steil«, was ist ein Nordhang, was ist ein Südhang, was sind Geländefallen – das muss man einfach wissen, wenn man den Lagebericht interpretieren will. Bevor ich in ein Auto steige, muss ich ja auch den Führerschein machen und die wichtigsten Basics zum Autofahren lernen und verstehen.

In der Regel sind die schneereichen Winter die sichereren. Da hat man vielleicht mal kurze Peaks erhöhter Lawinengefahr, aber ansonsten sind die Schichten stabil. Gefährlich sind die schneearmen Winter, in denen ist der Schneedeckenaufbau deutlich schlechter. In solchen Altschneewintern sollte es für den erfahrenen Skitourengeher absolute No-Gos geben, d. h. Touren, die aufgrund ihrer Exposition oder Steilheit einfach nicht gegangen werden. Gerade Erfahrenere sollten bei Altschneesituationen intensiver in die Schneedecke hineinschauen und Stabilitätstests als zusätzliches Tool zur Begehung oder Befahrung von Einzelhängen einsetzen. Das wäre auch mein Wunsch an die alpinen Verbände, dass Schneedeckenuntersuchungen stärker ausgebildet werden und dass sie Tourengeher von Anfang an in ihre Strategie mit einbinden.

Allerdings muss man auch mal sagen: Im Verhältnis zu dem, was alles gegangen und gefahren wird, passiert ja immer noch relativ wenig.«

8 Appsolut unzureichend

Oder Was Smartphone-Anwendungen nicht können

Eine App auf dem Smartphone, die aus einer Lawine Signale sendet, beziehungsweise gesendete Signale orten und damit Verschüttete bergen helfen kann? Das wäre natürlich toll – ein günstiger und komfortabler Ersatz des LVS. Einige Anbieter geben auch vor, dies zu leisten. Dale Atkins von der American Avalanche Association warnt: »Ein Computer mit Telefon kann Verschüttungsopfer nicht präzise orten, sie sind nicht zuverlässig genug. Zumindest noch nicht.« Die Apps setzen auf GPS, Bluetooth und/oder Wifi, deren Reichweite und Genauigkeit viel niedriger sind als die Signalfrequenzen, auf denen konventionelle Geräte senden. Smartphone-Akkus machen außerdem, besonders bei Kälte, viel schneller schlapp als die Batterien eines LVS. Außerdem besteht die Gefahr von Kompatibilitätsproblemen zwischen unterschiedlichen Telefonherstellern und Apps. Apropos Probleme: Einige Suchgeräte werden durch Handysignale massiv gestört, das heißt, dass die Apps nicht nur nichts bringen, sondern die Suche nach Verschütteten mit herkömmlichen Geräten sogar verzögern und erschweren können. Deshalb also: Finger weg davon!

9 Bergführer

Oder Warum und wie einen guten finden?

Reiseveranstalter, Reiseleiter, Skilehrer, Antreiber, Bremser, Eheberater, Coach, Freund, Saufkumpan, Lover, Träger, Servicemann, Fotograf, Aufpasser, Sicherer, Spurer, Lebensretter: Der Bergführer ist ein Schweizer Taschenmesser auf zwei Beinen. Den Gast heil hinauf und wieder hinabbringen? Von wegen! Der Bergführer muss viel, viel mehr tun. Und die Anforderungen an den Bergführer, gerade im Winter, haben sich verändert: »Die Standardware, also Haute Route bei einer Bergschule von Samstag bis Samstag, im Pulk von überfüllter Hütte zu überfüllter Hütte, das wird immer weniger«, sagt Chris Semmel, Leiter der Geschäftsstelle beim deutschen Bergführerverband. »Du wirst immer mehr zum Freizeitpartner und arbeitest mit deinen Gästen ein individuelles Skitourenerlebnis aus.« Sprich: Die Haute Route dann eben verkehrt herum, von Zermatt nach Chamonix, oder von Mittwoch bis Mittwoch, oder auf der italienischen Seite oder oder oder. Erwin Steiner,