4K und Prüfen (E-Book) - Manfred Pfiffner - E-Book

4K und Prüfen (E-Book) E-Book

Manfred Pfiffner

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält Bildbeschreibungen zu allen Grafiken. Es wird empfohlen, einen E-Reader zu verwenden, auf dem die Bilder vergrössert werden können. Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation und Kreativität – der neueste Band aus der Reihe «4K kompakt» trägt den Schlüsselkompetenzen auch beim Thema Prüfen Rechnung. Angestrebt wird ein Wandel der Prüfungskultur. Dazu gehören zeitgemässe Lernaufgaben und Prüfungen mit Kompetenzraster. Darüber hinaus umfasst der Band Möglichkeiten für einen kreativen Umgang mit künstlicher Intelligenz und zahlreiche Praxisbeispiele.

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Manfred Pfiffner / Saskia Sterel / Andreas Schneider

4K und Prüfen

Beurteilen zwischen Tradition und Innovation

Mit einem Beitrag von Dominic Hassler

4K kompakt, Band 7

 

ISBN Print: 978-3-0355-2329-4

ISBN E-Book: 978-3-0355-2333-1

 

1. Auflage 2025

Alle Rechte vorbehalten

© 2025 hep Verlag AG, Bern

 

hep-verlag.com

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Grundlagen des Prüfens

2.1 Funktionen des Prüfens

2.2 Rückmeldungen (summativ/formativ)

2.3 Gütekriterien

2.4 Aufträge statt Fragen

2.5 Prüfungsformen

2.6 Notengebung

2.7 Notendurchschnitte errechnen

2.8 Beurteilungsfehler

3 Neue Prüfungskultur: 4K und Prüfen

3.1 Förderung des kritischen Denkens und Problemlösens

3.2 Förderung der Kommunikationsfähigkeiten

3.3 Förderung von Kooperation

3.4 Förderung von Kreativität und Innovation

4 Digitales Prüfen

4.1 Herausforderungen

4.2 Einsatzgebiete

4.2.1 Formative Prüfungen

4.2.2 Geeignete Methoden

4.2.3 Flipped Classroom

4.3 Kompetenzorientierung

4.3.1 Fotos

4.3.2 Audio- und Videodateien

4.4 TechnologiebasierTES Prüfen

4.4.1 Handlungskompetenz

4.4.2 Inklusion

4.4.3 Offene Prüfungen

4.5 Digitale Prüfungen und 4K

4.5.1 Kritisches Denken

4.5.2 Kommunikation

4.5.3 Kooperation

4.5.4 Kreativität

4.6 Zukünftige Prüfungsformen

5 Prüfen mit Lernpfaden – IKARIS

5.1 Das Problem

5.2 Lösungsansatz

5.3 IKARIS – Individuelles Kompetenz-Aneignungs-Raster im SOL

5.3.1 Kompetenznachweise

5.3.2 Mündliche Verteidigung

5.3.3 IKARIS flexibel einsetzen

5.4 Das Lernen selbst organisieren

5.4.1 Lernbegleitung und Lernberatung

5.4.2 Die Verantwortung für das Lernen

5.4.3 Gewichtung Punkte und Noten

5.4.4 Häufige Fragen

5.5 Fazit

6 Prüfen Und KI

6.1 KI besteht Prüfungen

6.2 Prüfungen mit KI

6.2.1 Herausforderungen

6.2.2 Nutzung von KI durch die Lehrkraft

6.2.3 Vorbereitung der Lernenden mithilfe von KI

6.3 Schummeln

6.3.1 Möglichkeiten zum Schummeln

6.3.2 Gegenmaßnahmen

6.3.3 Plug-ins

6.3.4 Motivation

7 Sprachkompetenzen prüfen

7.1 Diglossie in der Deutschschweiz

7.2 Sprachsensibler Unterricht

7.3 Alle Sprachhandlungen prüfen

7.4 Verwendung von Hilfsmitteln

7.5 Lernprodukte

8 Prüfen mit Bewertungs- und Kompetenzraster

8.1 Bewertungsraster

8.2 Kompetenzraster

8.2.1 Aufbau eines Kompetenzrasters

8.2.2 Didaktische Nutzung von Kompetenzrastern

8.2.3 Konkretisierung der Kompetenzraster in Checklisten

8.2.4 Formativ und summativ Bewerten mit Kompetenzrastern

8.2.5 Kritischer Blick auf den Einsatz von Kompetenzrastern

9 Lernaufgaben

9.1 Anwendung von Lernaufgaben im Studium

9.2 Qualitätsstandards

9.3 Lernaufgaben erstellen und Rückmeldung geben

9.4 Eigene Lernaufgabe

9.5 Beispiel aus dem Studium

9.6 Umsetzungsideen für den Unterricht an Berufsfachschulen

10 Schlusswort

Literatur

Über die Autorin und die Autoren

Vorwort

Die Zukunftskompetenzen 4K sind zentral für die Weiterentwicklung der Prüfungskultur. Vor Ihnen liegt ein Band der Reihe «4K kompakt», der sich ganz diesem Thema widmet.

Die Prüfungskultur in den Schulen wandelt sich derzeit von der reinen Wissensabfrage hin zur individuellen Förderung der Lernenden und ihrer Lernprozesse. Verständnis, Anwendbarkeit und kritische Reflexion stehen stärker im Vordergrund. Dabei kommen sowohl analoge als auch digitale Lehrmethoden zum Einsatz. Lehrpersonen setzen neue Akzente und beschreiten gemeinsam mit den Lernenden und ihren Kolleginnen und Kollegen neue Wege. Sie zeigen dabei Mut, Experimentierfreude und Achtsamkeit, denn das pädagogische Methodenrepertoire wird durch die neuen technologischen Möglichkeiten – insbesondere durch den Einsatz generativer künstlicher Intelligenz – rasant erweitert. Die Herausforderung besteht darin, die neuen Chancen zum Wohle der Lernenden rasch zu nutzen und gleichzeitig pädagogische Entscheidungen sehr sorgfältig abzuwägen, um Risiken zu minimieren. Nicht die Quantität des Einsatzes digitaler Medien soll im Vordergrund stehen, sondern die Qualität der Lehr- und Lernprozesse.

Um Lehr- und Lernsituationen optimal zu gestalten, sind Kreativität, Kooperation, Kommunikation und kritisches Denken aller Beteiligten gefragt. Denn Technologie schafft mehr Freiheitsgrade in Lern- und Prüfungsprozessen, die es pädagogisch sinnvoll zu nutzen gilt. Sie eröffnet Spielräume in Bezug auf Ort, Zeit, Sozialform, Medien, Hilfsmittel, Aufgabenform, Feedback, Produkten und vieles mehr. Der Digital Learning Hub Sek II unterstützt Lehrpersonen im Kanton Zürich bei der Umsetzung von innovativen Unterrichtsprojekten Bottom-up. Er vernetzt Lehrpersonen, fördert den Erfahrungsaustausch und ermöglicht kritische Diskussionen. Besonders wichtig sind uns Communities of Practice, welche die Zusammenarbeit über die Fächer- und Berufsgrenzen hinweg fördern. Wir ermutigen Lehrpersonen, mindestens zu zweit Neues auszuprobieren, zu experimentieren und sich vertrauensvoll auszutauschen, um gemeinsam vor allem auch die Prüfungskultur an den Schulen weiterzuentwickeln.

Der vorliegende Band «4K und Prüfen» zeigt konkrete Wege auf, wie Assessments an Berufsfachschulen optimiert und angepasst werden können. Ein eigenes Kapitel widmet sich beispielsweise der Frage, wie Leistungen mithilfe von Bewertungs- und Kompetenzrastern fundiert beurteilt werden können. Auch das Thema Sprachkompetenz wird in einem Kapitel gesondert betrachtet, da Sprache in Leistungssituationen stets eine entscheidende Rolle spielt. Darüber hinaus werden Methoden wie das IKARIS (Individuelles Kompetenzaneignungs-Raster im selbstorganisierten Lernen) sowie neue Lernaufgaben vorgestellt. Der Band greift die jüngsten Entwicklungen in der Berufsbildung auf und zeigt Möglichkeiten von handlungskompetenzorientierten Prüfungen, auch unter Einsatz von generativer KI.

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre, anregende pädagogische Diskussionen im Anschluss und viel Erfolg in der Praxis!

 

Im Namen des Digital Learning Hub Sek II,

Sonja Rüegg

Im Frühling 2025

1Einleitung

Im Buch «Bildung 2030 – Sieben Trends, die die Schule revolutionieren» (Burow & Gallenkamp 2017) legen führende deutsche Erziehungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mögliche Zukunftsperspektiven der Schule dar. Olaf-Axel Burow schreibt: «Es lassen sich – so meine These – sieben Trends identifizieren, die – in welcher Ausprägung auch immer – unsere traditionelle Vorstellung, wie Schule funktionieren soll, und die derzeit vorherrschende Praxis radikal infrage stellen» (Burow 2017, S. 162f.). Als Trends listet er auf: Digitalisierung (damals ließen sich die Möglichkeiten von generativer künstlicher Intelligenz wohl noch nicht einmal ansatzweise erahnen), Personalisierung und neue Lehrerrolle, Vernetzung, Veränderung des Lehr-/Lernraums, Gesundheitsorientierung, Demokratisierung sowie Glücksorientierung (vgl. ebd., S. 163). Interessanterweise wird im Buch das Thema «Prüfen» nur an einer Stelle aufgegriffen, und zwar in Bezug auf einen Artikel der Zeitschrift «Spiegel» (Kullmann 2016), der postuliert, dass Noten nicht alles sind, worauf es im Leben ankommt. Im Beitrag wird argumentiert, dass die Schule nicht nur darauf ausgerichtet sein sollte, den Lernenden viel Lernstoff zu vermitteln, diesen kurzfristig abzurufen und bei Erfolg gute Noten zu verteilen. Stattdessen sollte die Schule die Lernenden auf das spätere Leben in Beruf und Gesellschaft vorbereiten (Kuhn 2017, S. 88). Trotzdem nimmt Burow im letzten Kapitel zwölf Thesen zur Zukunft der Schule auf und betont in der zweiten These: «Die Schule der Zukunft ist eine Potenzialentwicklungsschule» (Burow 2017, S. 175).

Im hier vorliegenden Band der Reihe «4K kompakt» soll aufgezeigt werden, wie die Berufsfachschule sich durch die Anpassung und Optimierung von Prüfungen – auch unter dem starken Einfluss von künstlicher Intelligenz (KI) – zu einer Potenzialentwicklungsschule entwickeln kann. Um eine solche zu werden, müssen die Berufsfachschulen die Lernenden mit den vier Zukunftskompetenzen ausstatten, die in der heutigen Gesellschaft und Wirtschaft unerlässlich sind.

In unseren bisherigen 4K-Publikationen haben wir bereits ausführlich dargelegt, welche grundlegende Bedeutung die vier Zukunftskompetenzen kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation für den Erfolg von Menschen in der heutigen, zunehmend digitalisierten Gesellschaft und in der sich rasant entwickelnden Wirtschaftswelt und dementsprechend auch in der Bildungslandschaft haben.

Kritisches Denken und Problemlösen sind in einer Welt, die zunehmend von Komplexität, schnellem Wandel, Informationsüberfluss, aber auch von Desinformation und Fake News geprägt ist, von entscheidender Bedeutung. Kritisches Denken erleichtert und ermöglicht es, komplexe Probleme zu analysieren, Quellen zu überprüfen, Plausibilitäten abzuchecken, Lösungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, die auf Logik und fundiertem Wissen beruhen. Kommunikation und Kooperation als weitere Schlüsselkompetenzen helfen, in einer immer stärker von vernetzten und dezentralen Strukturen mit häufig flachen Hierarchien geprägten Arbeitswelt gemeinsame Ziele erfolgreich zu verfolgen, Konflikte konstruktiv zu lösen sowie erfolgreich und effizient zu arbeiten. Kreativität und Innovation sind dabei treibende Kräfte. Sie ermöglichen es, neue Ideen zu entwickeln, bestehende Praktiken infrage zu stellen und neue Möglichkeiten auszuprobieren. Um die Kreativität und Innovation der Lernenden zu fördern und zu bewerten, müssen die Prüfungen im Unterricht ebenfalls kreativ(er) und innovativ(er) gestaltet werden.

In der aktuellen Bildungslandschaft geht es also vorwiegend darum, auch das Prüfen im Unterricht auf die 4K-Zukunftskompetenzen auszurichten. Es reicht längst nicht mehr aus, dass sich Lehrende und Lernende auf das Auswendiglernen von Fakten und die Wiedergabe von Informationen konzentrieren. Dieser Schritt ist zwar vielerorts zumindest ansatzweise vollzogen. Die Realität zeigt jedoch, dass Prüfungen oft mehr als drei Viertel der gestellten Aufträge auf den Niveaus K1 (Wissen) und K2 (Verstehen) nach Blooms Taxonomie[1] enthalten. Angesichts dieser Diskrepanz ist es offensichtlich, dass neue Prüfungsansätze erforderlich sind. Diese sollten darauf abzielen, 4K zu fördern und die aufgebauten Kompetenzen zu bewerten, um sicherzustellen, dass die Lernenden über das notwendige Wissen verfügen und die erforderlichen Kompetenzen aufbauen, um komplexe Herausforderungen zu bewältigen. Dies bedeutet, dass Aufträge entwickelt werden müssen, die komplexe Sachverhalte aufweisen, die die Bewertung von Kommunikationsfähigkeiten in den Vordergrund stellen (z.B. durch Präsentationen oder Diskussionen), die die Zusammenarbeit fördern, indem sie Teamprojekte oder Gruppenaufträge beinhalten, oder die die Lernenden dazu ermutigen, kreative Problemlösungen zu finden und innovative Ideen zu entwickeln.

Verschärfend kommt hinzu, dass der Einsatz von digitalen Prüfungswerkzeugen und künstlicher Intelligenz immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit zunehmender Integration in den Unterricht können neue Prüfungen die Vorteile der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz nutzen. Dies könnte zum Beispiel bedeuten, dass KI von Lehrpersonen eingesetzt wird, um komplexe Aufträge zu erstellen, Bewertungen zu automatisieren oder personalisiertes Feedback zu geben. Pädagogische und didaktische Überlegungen sind dabei selbstverständlich zu berücksichtigen. So ist weiterhin darauf zu achten, dass die Prüfungen fair und transparent sind, dass abwechslungsreiche Aufgaben gestellt werden, die den Unterricht widerspiegeln, und dass Möglichkeiten für Feedback und Verbesserung gegeben sind.

Insgesamt können neue Prüfungsansätze, die 4K fördern, dazu beitragen, die Qualität der Ausbildung zu verbessern und die Lernenden besser auf die wachsenden Anforderungen der modernen Welt vorzubereiten. Im vorliegenden Band werden diese Themen aufgegriffen, praktische Ansätze behandelt und mögliche Lösungen aufgezeigt, um den Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.

2Grundlagen des Prüfens

Leistungsbeurteilungen im Klassenzimmer sind für den Unterricht und das Lernen zweifellos wichtig. Sie müssen aber so gestaltet werden, dass sie das Lernen fördern, ohne dass sich die Lernenden einer fortgesetzten Beurteilung ausgesetzt fühlen; das scheint auch ein Schlüssel für den Unterrichtserfolg zu sein (vgl. Schrader & Helmke 2002, S. 57). Im Folgenden werden einige Grundlagen des Prüfens kurz erläutert (ausführlich dazu: Städeli, C. & Pfiffner, M. (2024). Prüfen – Was es zu beachten gilt. 2. Auflage. Bern: hep).

2.1Funktionen des Prüfens

Prüfungen haben unterschiedliche Funktionen, die sich im Lauf der Zeit ändern können und je nach Situation besondere Wichtigkeit erlangen (vgl. Sacher 2014); hier einige Funktionen:

Prognose: Leistungsbewertungen wie Zeugnisse und Noten spielen eine entscheidende Rolle bei der Einschätzung zukünftiger Lernfortschritte und Leistungen. Dies betrifft in erster Linie die Schülerinnen und Schüler, da ihre aktuellen Noten als Hinweise auf künftige Erfolge gedeutet werden und somit ihr Lernverhalten beeinflussen können. Zudem haben diese Bewertungen auch eine große Bedeutung für Lehrkräfte, Eltern und Bildungseinrichtungen (vgl. ebd., S. 27; Preckel 2019).

Selektion: Prüfungen und die daraus resultierenden Bewertungen sollen Schülerinnen und Schüler für weiterführende Schulstufen oder Bildungswege qualifizieren. Ein fairer und transparenter Auswahlprozess unterstützt diesen Prozess. Dieser kann sowohl hilfreich als auch in mancherlei Hinsicht problematisch sein. Oftmals geben Noten beispielsweise nur vage Aufschluss über die tatsächlichen Leistungen der Lernenden. Darüber hinaus kann die Auswahl auch mit der Stigmatisierung von Schülerinnen und Schülern verbunden sein (vgl. ebd., S. 22ff.).

Sozialisation: Prüfungen und Noten dienen dazu, die Lernenden auf die gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungen vorzubereiten, denen sie in ihrer zukünftigen Bildungs- und Berufslaufbahn begegnen werden. Sie zeigen auf, welche Kompetenzen und Leistungen erwartet werden, wie sie sich mit anderen vergleichen und sich selbst einschätzen können. Darüber hinaus beeinflussen Prüfungen und Noten das Selbstbild, die Motivation, die Einstellung und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler (vgl. ebd., S. 24; Preckel 2019).

Legitimation: Leistungsbewertungen, oft in Form von Noten, bilden oft die Grundlage für pädagogische, aber auch für administrative Entscheidungen. Ihre Eignung für diese Zwecke ergibt sich aus ihrer scheinbaren Objektivität, die durch ihren numerischen Charakter vermittelt wird, sowie aus ihrer Fähigkeit, einen leicht verständlichen und berechenbaren Standard zu bieten. Darüber hinaus legitimieren Schulen und Lehrkräfte ihre Positionen durch die Vergabe von Noten. Wenn die vergebenen Noten nicht besonders hoch sind, deutet dies darauf hin, dass eine angemessene Leistung eingefordert wurde. Häufen sich schlechte Noten nicht übermäßig, lässt dies darauf schließen, dass die Lehrkraft die Lernenden effektiv unterrichtet hat und die gestellten Anforderungen nicht überzogen waren (vgl. Sacher 2014, S. 27).

Disziplinierung: Noten können dazu dienen, den Lernenden zu verdeutlichen, dass eine ausgeprägte Lernbereitschaft für den schulischen Erfolg von entscheidender Bedeutung ist. Der Einsatz von Prüfungen zu disziplinarischen Zwecken muss aber klar als ein Missbrauch der Autorität der Lehrkraft betrachtet werden (vgl. ebd., S. 28).

2.2Rückmeldungen (summativ/formativ)

Nachhaltiges Lernen verfolgt klare Ziele. Lernende wollen Einblicke in ihre eigenen Leistungen – sie möchten Verständnis darüber gewinnen, wie sie ihre Ergebnisse und ihren Lernfortschritt verbessern können. Zudem ist es ihnen wichtig zu erkennen, welche Schritte sie auf ihrem Lernweg voranbringen. Rückmeldungen spielen hierbei eine wesentliche Rolle; sie können vielfältig gestaltet werden. Wir unterscheiden formative, summative und prognostische Rückmeldungen.

Formative Rückmeldungen: In einem Unterricht, der sich gezielt auf den Erwerb und die Vertiefung von (Handlungs-)Kompetenzen konzentriert, ist es von großer Bedeutung, dass die Schülerinnen und Schüler kontinuierlich und konkret erfahren, wie es um ihren Lernfortschritt steht. Dabei ist es wichtig, ihnen ein Bild ihrer individuellen Stärken und Entwicklungsfelder zu vermitteln, ohne dass dies unmittelbar in einer Notenbewertung resultiert. Lehrkräfte und Lernende haben die Chance, gemeinsam Lernergebnisse, abgeschlossene Projekte oder das Lernjournal eingehend zu reflektieren. Gemeinsam können sie Strategien entwickeln, um erfolgreich auf zukünftige Lernerfordernisse einzugehen. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Lernenden ihre eigene Leistung selbstständig und objektiv einschätzen können (Städeli & Pfiffner 2024, S. 73).

Summative Rückmeldungen: Prüfungen, Tests, Klausuren und Abschlussarbeiten sind Beispiele für summative Rückmeldungen im Rahmen der Leistungsbeurteilung. Diese Arten der Bewertung finden typischerweise nach einer umfänglicheren Unterrichtseinheit statt und dienen oft der Selektion, zum Beispiel für den Übergang zu weiterführenden Bildungswegen oder der Qualifikation für bestimmte Abschlüsse. Die Ergebnisse dieser summativen Bewertungen werden in der Regel durch Noten ausgedrückt. Diese basieren auf vorab definierten und transparent kommunizierten Kriterien, sodass die Benotung für die Lernenden nachvollziehbar ist (vgl. ebd., S. 74).

Prognostische Rückmeldungen: Die prognostische Funktion des Prüfens und Bewertens ist eng mit der Selektionsfunktion verknüpft. «Die Leistungsbeurteilung spielt bei der Prognose und Entscheidungsfindung eine zentrale Rolle, zum Beispiel bei der Nichtversetzung, der Umstufung in eine andere Schulform oder der Sonderschulüberweisung. Die Leistungsbeurteilung wird unter anderem als Prädiktor für späteren Schulerfolg benutzt. Fehlerfrei ist eine solche Prognose und Entscheidung nicht möglich» (Schwarzer 1981, S. 321). Einer Prognose fehlt zwar die absolute Sicherheit; eine gewisse Wahrscheinlichkeit ist aber dennoch gegeben (vgl. Sommer 1983).

2.3Gütekriterien

Prüfungen müssen vier Hauptkriterien erfüllen: Sie müssen gültig (valide), zuverlässig (reliabel), chancengerecht und ökonomisch sein. Diese Kriterien gewährleisten die Qualität der Prüfungen und minimieren Fehler bei der Ermittlung der Prüfungsergebnisse. Besondere Aufmerksamkeit wird den ersten beiden Kriterien gewidmet.

Abbildung 1: Die vier klassischen Kriterien, an denen die Prüfungsqualität gemessen wird (nach Städeli & Pfiffner 2024, S. 70)

Validität – Gültigkeit: