5 kostenlose Fantasy-Leseproben ab 12 Jahren -  - kostenlos E-Book

5 kostenlose Fantasy-Leseproben ab 12 Jahren E-Book

0,0

Beschreibung

Magie und Märchen halten diese fünf kostenlosen Leseproben für Fantasy-Fans ab 12 Jahren bereit. Mit dabei: das neue Buch von Seraph-Gewinnerin Mechthild Gläser! In Die Worte des Windes, der Geschichte rund um die Wetterhexe Robin, die von ihrem Volk verbannt wurde und seither in der Menschenwelt untergetaucht ist, verknüpft Mechthild Gläser fantastische Elemente geschickt mit dem realen Problem des Klimawandels. Einem ähnlichen Schicksal sieht sich Akasha gegenüber: Weil sie keine Magie besitzt, wird die Prinzessin von Heliopolis von ihrer Familie fortgeschickt. Tristan, der ebenso als Einziger in seiner Familie keine magischen Fähigkeiten besitzt, erlebt in Magic Tales eine moderne Version von Aschenputtel. Während das Tor zur Anderwelt in Die Wiege aller Welten seit einem fürchterlichen Beben vor 14 Jahren verschlossen ist und sich erst zu öffnen scheint, als die junge Jane vor Gericht steht, wird auch Enya in Die Nebel von Skye von der Vergangenheit eingeholt. Seit der Nacht von Hogmanay vor 50 Jahren verbirgt ihre Tante ein dunkles Geheimnis. Und genau diese Nacht könnte sich nun wiederholen … 5x Magie in einem märchenhaften Bundle, worauf wartest du?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 134

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Die Worte des Windes

Lied

Prolog

1. Strophe

1 Ein Sturm zieht auf

Über die Autorin

Impressum

Heliopolis – Magie aus ewigem Sand

Widmung

Teil 1

Heliopolis, 19. Nisannu 6996 nach Atum

Kapitel 1 Zwei Tage zuvor: 17. Nisannu 6996 nach Atum

Kapitel 2 17. Nisannu 6996 nach Atum

Über die Autorin

Impressum

Magic Tales – Verhext um Mitternacht

Widmung

Prolog

Kapitel 1 ADELA – Bei allen Dunkelhexen!« …

Kapitel 2 TRISTAN – Es war reine …

Kapitel 3 ADELA – In Anbetracht der …

Über die Autorin

Impressum

Die Wiege aller Welten

Widmung

DIES IST NICHT DER ANFANG

Das verborgene Symbol

TEIL EINS

Zwölf Jahre später

Platz des Anbeginns

Über den Autor

Impressum

Die Nebel von Skye

Widmung

Zitat

Kapitel 1 – Bin ich hier …

Kapitel 2 – Wann kommt sie …

Über die Autorin

Impressum

So singt der Windin Neumondnächten.Die See beweint, was einst geschah.Ein holdes Kindmit Hexenmächten, das kam dem Bösen viel zu nah.Verriet sein Volk am Meeresgrundund floh, seither fehlt jede Kund’.

Und Sturmbö klagtam Horizont.Die Wellen schreiben in den Sand.Sei ruhig verzagt, wirst nicht geschont, Prinzessin von Atlantisland.

Ein Lied, zu singen in den Gläsernen HallenVerfasser unbekannt

Prolog

Um es gleich vorwegzusagen, es gibt drei Arten von Stürmen: die Kleinen, die Großen und die Anderen.

Die ersten beiden entstehen zwar auch nicht ohne Magie, doch sie sind etwas, das die Menschen verstehen können. Oder zumindest meinen zu verstehen, indem sie es physikalisch erklären: Luftmassen unterschiedlicher Temperatur, die aufeinanderprallen, elektrostatische Entladungen zwischen Wolken, gerichtete Luftbewegungen, kondensierter Wasserdampf, der auf die Erde tropft …

Kleine Stürme sind dabei am harmlosesten. Alltägliche Unwetter eben: hier ein Gewitter, dort ein Regenguss. Manchmal haben sie einen entwurzelten Baum oder einen überschwemmten Garten zur Folge. Nichts wirklich Dramatisches. Sie lärmen und leuchten und durchnässen einen bis auf die Haut, sodass man einen Schnupfen bekommt, und das war’s.

Um einen kleinen Sturm zusammenzubrauen, braucht man lediglich einen Kessel und ein paar Wolken. Die lässt man eine Weile bei geringer Hitze köcheln, dann ruft man ein wenig Wind dazu, um alles gut zu verrühren, und voilà! Wir Hexen lieben die kleinen Stürme. Sie sind sozusagen unser Hauptgeschäft.

Die großen Stürme hingegen können schon gefährlicher sein. Sie hinterlassen nicht selten eine Spur der Verwüstung. Schiffe geraten ihretwegen in Seenot. Ernten werden vernichtet, Dächer abgedeckt. Flüsse treten über die Ufer, Tsunamis überrollen Küsten. Solche Stürme erschaffen wir nur in Ausnahmefällen. Die Dinger geraten nämlich viel zu leicht außer Kontrolle. Man will vielleicht nur rasch einen ausgedörrten Landstrich bewässern, doch ehe man sich’s versieht, hat man ein regelrechtes Monster losgelassen. Total außer Rand und Band, manchmal nur noch mit einem Blutopfer zu beruhigen. Aber selbst solche Stürme haben trotz ihrer verheerenden Auswirkungen natürlich keinen eigenen Willen, führen nichts im Schilde oder so. Sie sind bloß ziemlich unangenehm.

Tja, und dann gibt es noch eine dritte Art von Stürmen: die Anderen, wie wir Hexen sie nennen. Stürme, die weit über Regentage oder Naturkatastrophen hinausgehen. Laut unseren Büchern existieren sie zum Glück ausschließlich auf hoher See. Weit weg von den Menschen inmitten einer Wüste aus Wellenkämmen. Es sind Stürme, denen tatsächlich etwas Böses innewohnt. Stürme, die wir auf Leben und Tod bekämpfen müssen und denen selbst die besten unter den Meereshexen unterliegen. Seit Jahrtausenden, seit der Gott des Schicksals, der sie einst auf die Erde losließ, spurlos verschwand, wie es in den Chroniken heißt, so lange schon versuchen wir, die Menschen zu beschützen. Vor den Anderen und dem, was in ihnen haust, und eigentlich ist uns das bisher auch sehr gut gelungen.

Wie gesagt, wir dachten sogar, es gäbe sie nur dort draußen. Weit, weit entfernt von allem.

Und ich persönlich nahm natürlich ohnehin an, nie wieder einem von ihnen zu begegnen.

Aber das war ein Irrtum.

1. Strophe

Wettervorhersage

Das nieselige Novemberwetter beschert ungemütliche Tage.Der Wind weht dabei schwach bis mäßig aus östlicher Richtung und treibt zwei geheimnisvolle junge Hexer vor sich her.Nachts kann es teils zu stürmischen Böen mit Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde kommen.Robin sollte also lieber in Deckung gehen.

1

Ein Sturm zieht auf

Der Wind raunte mir Geheimnisse ins Ohr und das aufziehende Unwetter prickelte bereits in meinen Fingerspitzen. Jede Faser meines Körpers sehnte sich danach, den Kopf in den Nacken zu legen und auf das noch ferne Donnergrollen zu lauschen. Wie gern wäre ich mitten auf der Straße stehen geblieben, um auf die ersten silbrigen Regenfäden zu warten und sie mit den alten Liedern zu begrüßen!

Aber das ging natürlich auf keinen Fall. Wieder einmal ermahnte ich mich selbst: Nach allem, was ich angerichtet hatte, durfte ich keine Hexe mehr sein. Jenen Teil meines Lebens hatte ich zusammen mit meiner Kindheit längst hinter mir gelassen. Ein Sturm sollte für mich inzwischen nur noch etwas sein, das manchmal eben geschah. Herrje, ich musste dringend aufhören, es für etwas anderes zu halten.

Eilig hastete ich weiter über das Pflaster. Autos brausten an mir vorbei, wirbelten bräunliche Pfützen auf und mein Haar löste sich aus dem Knoten an meinem Hinterkopf, um wie eine Fahne hinter mir herzuflattern. Langsam bekam ich Seitenstiche, so als wäre ich wirklich bloß Robin, das sechzehnjährige Menschenmädchen, als das ich mich ausgab.

Trotz der Stiche beschleunigte ich meine Schritte weiter. Ich konnte jetzt nicht zurückfallen. Nicht, wenn ich das Schlimmste verhindern wollte.

Die Sohlen meiner Turnschuhe quietschten auf dem regenfeuchten Stein, während mich die schmutzigen Plattenbauten der Wohnsiedlung beobachteten. Es hatte den ganzen Vormittag über geschüttet wie aus Eimern und auch jetzt bauschten sich dunkle Wolken am Himmel über der Stadt. Und das Rauschen der verdammten Brandung, die wenige Häuserblocks entfernt über den Strand tanzte, erschien mir wieder einmal allgegenwärtig.

Ein Stück vor mir erkannte ich derweil gerade noch die beiden Pferdeschwänze, die um die nächste Ecke verschwanden. Sie gehörten zu zwei Mädchen aus dem Jahrgang über meinem: Marie und Vivien. Ich kannte sie nicht wirklich und hegte eigentlich auch nicht den Wunsch, daran etwas zu ändern.

So ziemlich jeder auf unserer Schule wusste, dass die beiden selten Gutes im Schilde führten. Wenn sie sich nicht rauchend bei den Toiletten herumdrückten, machten sie mit Vorliebe Jagd auf jüngere Schüler, um ihnen Geld oder die Handys abzuknöpfen. Notfalls mit Gewalt. Und ich hatte vor ein paar Minuten beschlossen, dabei nicht weiter zuzusehen. Eine Entscheidung, die ich möglicherweise schon bald bereuen würde, aber das war jetzt egal.

Ich schlitterte ebenfalls um die Kurve und kurz darauf fand ich mich in einer Sackgasse wieder. Es war eine Art Hinterhof, an drei Seiten von bröckligen Betonmauern umgeben, die irgendjemand mit fragwürdigen Parolen besprüht hatte. Dazwischen Mülltonnen und ein rostiges Fahrrad – und Louisa aus der Achten.

»Haha, jetzt kriegst du die Spider-App«, grölte Vivien, die sich vor ihr aufgebaut hatte und somit den einzigen Fluchtweg versperrte. Sie war kräftig gebaut und pfefferte Louisas uraltes iPhone mit Schwung auf den Boden.

Louisa zuckte beim Geräusch des Aufpralls so heftig zusammen, dass sie beinahe ihre Brille verloren hätte. Vor Wut kamen ihr Tränen.

»Bist du bescheuert?!«, rief sie, traute sich jedoch offenbar nicht, sich nach dem Handy mit dem nun gesprungenen Display zu bücken. Sie war vierzehn (sah allerdings aus wie zwölf) und erst vor einer Woche in unserer Wohngruppe eingezogen. Ich hatte mir daher überlegt, sie unter meine Fittiche zu nehmen, bis sie sich eingewöhnt hatte. Von ihrem Talent, sich andauernd in Schwierigkeiten zu bringen, hatte ich da natürlich noch nichts geahnt.

»Jetzt ist deine Klappe plötzlich nicht mehr so groß, was?«, feixte Marie. Sie war so stark geschminkt, dass es mich an das Farbenspiel so mancher Tiefseeraubfische erinnerte. Auf ihren Wangen glänzte perlmuttfarbenes Puder und ihr Lidstrich war etwa zwanzigmal dicker als mein eigener. Vielleicht bemerkte sie mich auch deshalb erst, als ich mich an ihr vorbeidrängte und vor Louisa schob.

»Robin!«, murmelte diese erleichtert und ich nickte ihr kurz zu, bevor ich mich an die Smartphone-Zerstörerinnen wandte.

»Okay, das reicht, ihr hattet euren Spaß«, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Lasst sie in Ruhe.«

Vivien, die inzwischen Anstalten gemacht hatte, auf dem Handy herumzutrampeln, hielt in ihrer Bewegung inne. »Und was hast du hier zu sagen?«, erkundigte sie sich halb belustigt, halb genervt. Ihr Sweatshirt spannte über ihrer Brust, als sie sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete.

Ich blinzelte, weil ich keine Lust auf diesen Blödsinn und schon seit der Mathestunde schlimme Kopfschmerzen hatte. Es war dieses dumpfe Pochen hinter meinen Augen, das mich häufig belästigte und auch heute wieder wie ein unaufhörlich kreiselnder Wirbelsturm in meinem Schädel wütete … Ich biss mir auf die Unterlippe und konzentrierte mich aufs Atmen.

Unterdessen reckte Vivien herausfordernd das Kinn. »Was du zu melden hast?«, wiederholte sie mit einem warnenden Unterton in der Stimme.

Ich seufzte und sah ihr direkt in die Augen. »Witzigerweise wollte ich dich gerade genau dasselbe fragen.«

Sie starrte mich an und ich starrte zurück, während ich mich daran zu erinnern versuchte, ob es Vivien oder Marie gewesen war, die letztes Jahr diese Jugendstrafe wegen Körperverletzung bekommen hatte.

Realistisch betrachtet hatte ich natürlich keiner der beiden etwas entgegenzusetzen. Ich war schließlich kaum größer als Louisa, nicht gerade muskulös und konnte keinerlei Judotricks oder so. Warum hätte ich so etwas auch lernen sollen, wenn ich meine Hexenmagie besaß? Zwar stand es nicht zur Debatte, sie je wieder einzusetzen … Doch ich wusste, dass ein schwacher Abglanz meiner früheren Macht noch immer dann und wann aufblitzte, und vielleicht gelang es mir ja …

Tatsächlich wichen die beiden Mädchen plötzlich kaum merklich vor mir zurück.

Marie, die noch immer Louisas Rucksack in der Hand hielt und just ein Trinkpäckchen darin gefunden hatte, kniff die von künstlichen Wimpern umrahmten Augen zusammen und betrachtete mich genauer. Sie taxierte mich einen Moment lang, bevor sie murmelte: »Du bist doch die Schlafwandler-Schlampe aus der Elften.«

»Hundert Punkte.« Selbstverständlich schlafwandelte ich ganz und gar nicht, aber es war immer noch die beste Erklärung für meine neumondnächtlichen Spaziergänge am Strand und daher ließ ich die Leute gern in dem Glauben. »Und ihr seid also diejenigen, die für diese Handyreparatur aufkommen werden«, sagte ich. »Schön, dass wir das klären konnten.«

Jetzt sog Marie scharf die Luft ein. »Wie bitte?«

Vivien schnaubte. »Als ob –«, begann sie.

»Doof, dass es euch versehentlich heruntergefallen ist«, fuhr ich fort. »Aber Louisa gibt euch netterweise die Chance, es wiedergutzumachen. Wir lassen euch dann die Rechnung für das neue Display zukommen.« Ich bückte mich nach dem Handy und wischte es an meiner Jeans sauber, bevor ich es Louisa reichte. Anschließend schnappte ich Marie den Rucksack weg, ehe sie so recht begriff, was geschah. »Also dann.«

Vivien und Marie tauschten einen verwirrten Blick. Etwas an mir hatte sie für einen Augenblick aus dem Konzept gebracht, vielleicht sogar eingeschüchtert. Aber bestimmt konnten sie sich keinen Reim darauf machen, was genau das sein sollte. Sie ahnten ja nicht einmal, wer und was ich bis zu meinem zwölften Geburtstag gewesen war, geschweige denn, dass Hexen überhaupt existierten.

Und so langsam dämmerte ihnen wohl, dass sie mich genauso leicht verprügeln könnten, wie sie es mit Louisa vorgehabt hatten. Man sah beinahe, wie es hinter ihren schlichten Stirnen arbeitete. Noch ein paar Sekunden und … Unsere einzige Chance war die Überraschung. Wir mussten von hier verschwinden.

Und zwar rasch.

»Lauf!«, raunte ich Louisa zu und gab ihr einen leichten Schubs. »Jetzt!«

Sie setzte sich in Bewegung, tat erst zögerlich einen Schritt nach vorn, dann stürzte sie plötzlich los, an den Mädchen vorbei und blindlings aus der Gasse.

Ich machte es ihr nach, drängte mich zwischen der Mauer und Vivien hindurch, die nach mir hieb, mich allerdings verfehlte. Einen Herzschlag später nahm sie bereits die Verfolgung auf. So schnell mich meine Beine trugen, flitzte ich um die nächste Ecke.

Ich war noch nie eine gute Läuferin gewesen. In meinen nunmehr fast viereinhalb Jahren unter den Menschen hatte ich mich weder fürs Joggen noch für sonst eine Sportart großartig begeistern können, weil meine Füße an Land dummerweise ziemlich schmerzten. Dementsprechend war es leider auch um meine Kondition bestellt. Lange würde ich das definitiv nicht durchhalten können. Allerdings besaß ich eine gewisse Wendigkeit und verlegte mich daher darauf, möglichst viele Haken zu schlagen.

Zuerst zwängte ich mich an einem parkenden Auto vorbei, dann tauchte ich unter einem Geländer hindurch. Als Nächstes rannte ich im Zickzack über eine der seltenen Wiesen in diesem Stadtteil, um kurz darauf ohne Vorwarnung auf einen Spielplatz abzubiegen. Nach einer Runde um das Klettergerüst, den Mülleimer und die Bänke gab Vivien es endgültig auf und auch Marie, die in ihren Plateauschuhen sowieso Probleme hatte mitzuhalten, war die Lust vergangen, mich zu jagen. Einmal versuchte sie noch, mir den Weg abzuschneiden. Doch als ich einen weiteren Haken schlug, wurde es auch ihr zu bunt. Mit einer letzten wüsten Beschimpfung schleuderte sie Louisas Trinkpäckchen in meine Richtung.

»Volltreffer!«, johlte sie, als mir das Ding gegen die Schläfe klatschte und dort aufplatzte. Der klebrige Inhalt rann über mein Gesicht, wobei meine Kopfschmerzen sich zu neuen Höhen aufschwangen.

Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Ganz toll«, zischte ich. »Gar nicht albern oder so.«

Vivien prustete, während Marie mich mit ihrem Blick durchbohrte. »Du kannst froh sein, dass wir es dabei belassen«, sagte sie. »Für heute.«

Dann hakte sie sich bei Vivien unter und zusammen verließen sie den Spielplatz.

Wütend sah ich ihnen nach.

Alles in mir schrie danach, den Ostwind zu rufen und ihnen auf den Hals zu hetzen. Nur ganz kurz. Bloß, um sie etwas Respekt zu lehren. Früher in meiner Heimat hatte es kaum jemand gewagt, auch nur den Blick in meiner Gegenwart zu heben. Und nun stand ich hier und musste mir so etwas gefallen lassen?

Wieder spürte ich das übermächtige Rauschen der Brandung und mit ihm den Gesang der See. Wild und stark. Aber nein, ich unterdrückte den Impuls, wie ich es immer tat. Vermutlich würde mein geliebter Ostwind mir ohnehin nicht mehr gehorchen, oder? Ich seufzte.

Selbst wenn, ich würde es nie herausfinden und das war auch besser so. Ich hatte es nicht anders verdient. Und ich sollte dankbar für das Leben sein, das ich nun führte. Dafür, überhaupt noch lebendig zu sein!

Mit dem Ärmel wischte ich mir den Saft aus den Augen. Immer noch ein wenig außer Atem schlurfte ich zu den Schaukeln und ließ mich auf einer davon nieder. Dass die Sitzfläche nass war, kümmerte mich nicht. Der Himmel sah aus, als wollte er sich jeden Augenblick erneut auswringen, doch ich fürchtete mich nicht vor ein paar Regentropfen. Diese Wolken waren zwar einen Hauch zu dunkel, aber bestimmt bildete ich mir das nur ein.

Ja, ganz sicher.

Hätte ich mich auf hoher See befunden … Hier hingegen? Das mussten die Kopfschmerzen sein, ich begann wohl schon zu halluzinieren.

Wenigstens hatte ich den Spielplatz bei diesem Wetter für mich allein. Ich machte einen Moment lang die Augen zu, stieß mich mit den Füßen vom Sand ab und stellte mir vor, dass es Wellen wären, die mich sanft auf und ab schaukelten.

Louisa war am Ende der Gasse in die entgegengesetzte Richtung gelaufen und vermutlich längst zu Hause. Jedenfalls hoffte ich das. Es war schon das dritte Mal diese Woche, dass ich sie vor einer Schulhofschlägerei hatte retten müssen! Wie schaffte sie das bloß immer wieder? Zwar kümmerte ich mich wirklich gerne um sie, aber eine kleine Pause wäre definitiv nicht schlecht.

Ich massierte meine Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. Die Lider hielt ich geschlossen. Wenn bloß dieses verdammte Kopfweh nicht dafür sorgen würde, dass ich seit Tagen kaum geradeaus gucken konnte! Ob es am Luftdruck lag?

Das Atmen an Land war stets schwierig für mich. Bei jedem Zug plagte mich dieses Gefühl, dass irgendetwas Entscheidendes fehlte. Ich würde mich wohl niemals daran gewöhnen, den Himmel statt des Ozeans über mir zu spüren. Dieser erschreckend leere Raum über meinem Kopf, diese grauenvolle Abwesenheit von … allem! Da konnte man auf die Dauer ja nur krank werden. Freiwillig hielt sich jedenfalls keine Hexe länger als nötig hier oben auf. Niemand von uns verließ die von gläsernen Kuppeln geschützten Siedlungen der Tiefsee, wenn wir es irgendwie vermeiden konnten.

Und genau deshalb war die Oberfläche so ein gutes Versteck.