7 Fehler in der Markenführung - Heinz Günther - E-Book

7 Fehler in der Markenführung E-Book

Heinz Günther

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Beschreibung

In der aktuellen Studie »Deutscher Markenreport 2014« wird den Unternehmen hierzulande ein schlechtes Zeugnis bezüglich der Markenführung ausgestellt, da es häufig am Know-how in der Geschäftsleitung fehlt und jedes zweite Unternehmen Markenführung mit Werbung verwechselt. Das vorliegende Buch kommt daher gerade zur rechten Zeit, da es die Schwachstellen und die handwerklichen Fehler in der Markenführung aufzeigt. Heinz Günther, langjähriger Experte für Divergenz-Marketing, hat bei zwei Weltmarktführern gearbeitet und kommt zu dem Ergebnis, dass immer wieder die gleichen Fehlentscheidungen getroffen werden, hinter denen ein Verhaltensmuster steht. Anhand von über 70 Fallbeispielen zeigt er 7 verschiedene Fehlertypen in der Markenführung auf und beschreibt, wie diese, gerade aus der Divergenz-Perspektive, hätten vermieden werden können. Annahmen und Analysen basieren unter anderem auf einem Markterklärungsmodell der großen Marktführer und Outperformer.

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HEINZ GÜNTHER studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Marketing / Marktforschung. Anschließend arbeitete er als Merchandiser, Business Analyst und Market Research Director in verschiedenen internationalen Unternehmen, u. a. bei zwei Weltmarktführern. 2011 erschien sein Buch »Märkte dominieren«. Seit 2003 ist er selbstständiger Marketingberater und Lehrbeauftragter der FH Vorarlberg. Mehr unter: www.divergenzmarketing.com

Heinz Günther

7 Fehler

in der Markenführung

Wie Sie Flops vermeiden und langfristig erfolgreich sind

Mit über 70 Fallbeispielen

Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter www.buchmedia.de

Mai 2014 © 2014 Buch&media GmbH, München Herstellung: Buch&media GmbH, München Umschlaggestaltung: Alexander Strathern, München Printed in EuropeISBN 978-3-95780-003-9

»Der schlimmste aller Fehler ist,

sich keines solchen bewusst zu sein.«

Thomas Carlyle

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Warum gibt es dieses Buch überhaupt?

Welche Grundidee verfolgt dieses Buch?

Worin unterscheidet sich dieses Buch von anderen Publikationen?

An wen richtet sich dieses Buch?

Und was haben Sie davon?

Die drei Grundsäulen meiner Fehleranalyse

1. Die Divergenz-Theorie (nach Al Ries)

Der Divergenz-Leitsatz

Die Entstehung der Arten bzw. der Märkte

12 Marketingkonsequenzen aus der Divergenz-Denkschule

Mein Angebot in allerKürze

2. Die vier Marktmodelle (nach Andreas Strebinger)(9)

»Experienzielle« Markenkonzepte

Symbolische Markenkonzepte

Funktionale Markenkonzepte

Relationale Markenkonzepte

Wie kann man mit diesen Modellen in der Praxis arbeiten?

3. Die Markenpyramide

Der Hintergrund

Die andere Sichtweise − ein neuer Ansatz?

Beispiel

Fazit

7 Fehler in der Markenführung

1. Das Problem der Gattungsmarken

Die Vorteile dieser Position

Gibt es überhaupt Nachteile?

Fallbeispiele

Coca-ColaFreizeitkleidung

Coca-Cola Blāk

Schweppes Sparkling Tea

Schweppes Fruity

TempoToilettenpapier

Red Bull Cola (USA)

Kodak

Polaroid

Uhu

Fanta/Tic Tac

BiFi

2. Markendehnung: Markenstärke und Fit reichen nicht aus

Fallbeispiele

Airwaves Bonbon/Fisherman’s Friend Kaugummi

blenda-gum

Red Bull Energy Shot

NiveaMakeup-Linie

VWUSA

3. Duale Positionierungen sind kontraproduktiv

Fallbeispiele

Wrigley’s Orbit Balance

WICK Grün

Wrigley’s Spearmint, Doublemint, Juicy Fruit

Ritter Sport Bio

Marlboro

Mercedes

Volvo S60/V60

Gliss Kur

blenda-med

Gerber

Schneekoppe

Philadelphia mit Milka-Geschmack

4. Sortimentsüberdehnungen schaden unterschiedlich

Fallbeispiele

Milka

Subaru

Head & Shoulders

Crest

Hershey

Lila Pause

MentosKaugummi

McCafé

5.Radikale Veränderungen der mentalen Markenstruktur

Fallbeispiele

f6/Cabinet

EY

Tropicana

Gatorade

Fairy Ultra

GAP

Beck’s Bier USA

Bionade

T-Mobile Austria

Fischer-Dübel

Schlecker/Ihr Platz

ZDF

Asbach Uralt

Phaeton

JOOP!

Allgemein: Funktioniert das Double Branding?

Beck’s Blue

IRi

6. Gefahren bei territorialen Markenausweitungen

Fallbeispiele

Halls

Orbit Italy

Weihenstephan Rahmjoghurt

Monster

Oreo

Chevrolet

ThyssenKrupp, E.ON Italien, Telekom USA,Bayerische Landesbank

Wrigley Türkei

Walmart

7. In ethnischkulturelle Fallen tappen

Übersetzung

Farbassoziationen

Symbolassoziationen/Bilderassoziation

Zahlen

Fazit

Eine Fehlprognose?

Fallbeispiel aus dem Segment löslicher Kaffee

Schlussbemerkung

Über den Autor: Berufliche Stationen

Quellenangaben

Bildnachweis

Vorwort

Es sind Zitate oder Sinnsprüche, über die man im Laufe seines Lebens »stolpert« bzw. bei denen man einfach innehält, weil man etwas Originäres für sich entdeckt hat. Für mich sind das u. a. die zwei folgenden Zitate:

»Wenn du feststellst, dass du zur Mehrheit gehörst, ist es an der Zeit, deinen Standpunkt zu überdenken.«

Mark Twain

Hier wird auf eine Situation aufmerksam gemacht, die den Weg zu besseren Lösungen verhindern kann. Meinungen etablieren sich, wenn die Mehrheit sie vertritt, und werden dann auch als richtig angesehen. Viel schlimmer ist jedoch, dass nicht mehr hinterfragt wird. Dies kann zum Stillstand führen und neue Ideen bzw. Ansichten verhindern. Dies ist besonders in der Wirtschaft zu beobachten.

Denken Sie an die Zeit zurück, in der die Deregulierung der Finanzwirtschaft überall als »alternativlos« gepredigt wurde, denken Sie an die Zeit, in der man glaubte, dass nur durch große Firmenzukäufe die Zukunft zu meistern wäre (z. B. DaimlerChrysler und BMW/Rover mit ihren Milliardengräbern), denken Sie an die Zeit, in der fast alle Wirtschaftsleute prognostiziert haben, dass entwickelte Volkswirtschaften nur überleben können, wenn sie sich zu Dienst leistungsgesellschaften entwickeln würden. All diese Trends haben eines gemeinsam, nämlich, dass ihre Kernaussagen nicht stimmen, obwohl die Mehrheit dies »ungeniert« behauptete bzw. behaupten durfte.

So ist das auch im Marketing zu beobachten. Man vertraut auf Konzepte, die en vogue sind und die augenscheinlich auch funktionieren sollen, ohne sich mit der Materie tiefer auseinanderzusetzen. Man folgt blindlings, man folgt sogar wider besseres Wissen.

»Dem Ersten gebührt der Ruhm, auch wenn die Nachfolger es besser gemacht haben.«

Arabisches Sprichwort

Dieses Zitat finde ich deshalb so bemerkenswert, da hier eigentlich eine Grundthese der Divergenz-Philosophie beschrieben wird, die Sie ansatzweise auch in diesem Buch kennenlernen werden.

Beispiel:Als sichWrigleyum das Jahr2000mit anderen Süß-warenkategorien als Kaugummi beschäftigte, gelang es der Entwicklungsabteilung in Chicago innerhalb kürzester Zeit, ein Minzbonbon zu schaffen, das den Marktführern in Deutschland und in England meilenweit überlegen war (Blindtest-Ergebnisse: ca. 70:30 fürWrigley). Trotzdem schafften es die Produkte bzw. die Marke nicht, diese Marktführer in der realen Welt ernsthaft anzugreifen. Das heißt, dass die objektiv »schlechteren« Produkte in der subjektiven Wahrnehmung besser beurteilt wurden. Man kann es auch so sagen bzw. daraus ableiten, dass die objektive Qualität wichtig, die subjektive Qualität aber entscheidend ist! Dies kann nicht häufig genug gesagt werden, da auf Basis der objektiven Qualität (z.B. Blindtest) immer noch Entscheidungen für oder gegen eine Einführung getroffen werden. Warum die »schlechteren« Produkte subjektiv besser abschneiden liegt u.a. auch an dem sog. First Mover Advantage. Der Erste im Markt, so die vereinfachte, zentrale Aussage, ist das Original und muss daher besser sein als die Kopie. Man kann eben aber auch sagen: »Dem Ersten gebührt der Ruhm, auch wenn die Nachfolger es besser gemacht haben.«

Einleitung

Warum gibt es dieses Buch überhaupt?

Auf mein Buch »Märkte dominieren« (2011) habe ich sehr viele positive Resonanz bekommen. Jedoch habe ich auch aufgrund von verschiedenen Anfragen gemerkt, dass es wohl einen Bedarf gibt an einer komprimierten Darstellung von sich wiederholenden Fehler im Marketing. Die Frage, warum die Marke XY scheiterte, gehörte zu diesen meistgestellten Fragen. Die Ursachen eines Scheiterns scheinen augenscheinlich mehr von Interesse zu sein als die Ursachen eines Erfolgs, obwohl zwischen beidem eine logische Verknüpfung besteht.

Daher habe ich mich entschlossen, mich mit den Fehlern im Marketing bzw. in der Markenführung zu beschäftigen, und dabei gleichzeitig versucht, eine gewisse Struktur in den Fehlern zu ermitteln. Herausgekommen sind sieben häufige Fehlertypen.

Im Kapitel »Die drei Grundsäulen meiner Fehleranalyse« (S. 21) stelle ich zuerst in komprimierter Form die Annahmen bzw. die Grundüberlegungen meiner Fehleranalysen vor. Bitte nehmen Sie sich Zeit dafür – bevor Sie sich auf die Fallbeispiele stürzen –, da hier letztendlich beschrieben wird, wie ich zu meinen Einschätzungen komme. Des Weiteren hilft dieses Kapitel auch, ein generelles Grundverständnis für die vier verschiedenen Marktmodelle, die in der Praxis existieren, zu bekommen. Dies ist deshalb wichtig, da diese Marktmodelle auf bestimmte Marketinginitiativen sehr unterschiedlich wirken.

Um es bereits in diesem Stadium zu sagen: Die Fehlersuche bzw. die Fehleranalyse hat nichts mit einer generellen Marketingschelte zu tun. Ich bewundere die Verantwortlichen, die es geschafft haben, starke Marken zu schaffen, die zwischenzeitlich Werte in Milliardenhöhe repräsentieren. Wenn ich also Fehler von z. B. Red Bull aufzeige, dann hat dies keinen Einfluss auf den Respekt, den ich Dietrich Mateschitz als Unternehmer und der Red Bull Gruppe im Allgemeinen entgegenbringe. Das gilt übrigens für die meisten der hier genannten Akteure.

Meine Analyse soll dazu beitragen, mehr Verständnis für die Zusammenhänge des Marktes zu vermitteln, und handfeste Handlungsempfehlungen zur Vermeidung von Flops vorschlagen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Welche Grundidee verfolgt dieses Buch?

Egal, in welcher Situation sich eine Marke bzw. ein Unternehmen befindet, jedes Unternehmen will wachsen, jedes Jahr und immer wieder, und am besten sollen sich die Steigerungsraten von Jahr zu Jahr ebenfalls erhöhen. Es scheint so zu sein, dass im Marketing ein Gen vorhanden ist, das nur einen Weg kennt, den nach oben. Dies gilt für Umsatz, Marktanteil und Profit, aber auch für die eigene Karriere. Dieses Spiel ist gefährlich, denn alle Marktteilnehmer haben sich dieses Credo auf die Fahne geschrieben. Die Praxis zeigt, dass in den meisten Fällen nur einer gewinnt – wenn überhaupt. Der Rest hat sich verspekuliert.

So auch der Boss von Anheuer-Busch InBev (u. a. Beck’s Bier), C. C., der bei seinem Amtsantritt in 2009 das Motto »Dream and Deliver« ausgab (da hätte man schon stutzig werden müssen …) und lauthals verkündete, dass er bis 2013 eine Million Hektoliter Bier mehr verkaufen wolle. Aus dem Dream wurde tatsächlich eine Million Hektoliter. Allerdings minus eine Million Hektoliter. Jetzt musste C. gehen (1). Ca. ein dreiviertel Jahr zuvor hatte bereits die Marketing-Chefin F. R. den Stuhl geräumt. Die Beck’s-Bilanz der letzten Jahre war nicht rosig, da fast alle Initiativen (viele Neueinführungen bei Biermischgetränken und die groß angelegte Neueinführung von Beck’s Lime und Hasseröder Vier) gefloppt waren (2). Diese »Wachstumsstrategie« hatte ich übrigens schon seit mehreren Jahren kritisiert und vor allem den großen und gefeierten Erfolg von Beck’s Gold eher als schädlich für die Marke angesehen (3). Im Übrigen hat Beck’s Gold den neuesten Zahlen der Fachzeitschrift »inside« zufolge in 2013 wieder verloren und zwar elf Prozent im Vergleich zu 2012 (»inside. Informationen aus dem Getränkemarkt«, Nr. 693 vom 17.1.2014). So liegt man aktuell ca. 50 Prozent unter dem Höchstvolumen!

Natürlich werden die o. g. Wachstumsziele schön verpackt (»Dream and Deliver« oder auch »Hochzeit im Himmel« von Jürgen Schrempp anlässlich der Fusion von Daimler und Chrysler) und man verweist allzu gerne auf die professionellen und bewährten Marketingwerkzeuge. Das Zauberwort heißt Wachstumsstrategie. Für den einen bedeutet diese Strategie Markentransfers, der andere will über Sortimentsausweitungen wachsen, ein Dritter will eventuell über territoriale Ausweitungen oder über Fusionen sein Geschäft anschieben und andere versuchen, das Bild der Marke zu korrigieren, um mehr und neue Käufer an sie zu binden. Über allem schwebt natürlich noch der Anspruch der Innovation.

Das ist ja nicht verkehrt, werden Sie vielleicht zu Recht einwenden. Stimmt! Aber es wird in den meisten Fällen nicht berücksichtigt, dass Flops nicht nur eine Folge von handwerklichen Fehlern oder einer Unausgewogenheit des Marketing-Mix sind, sondern dass die ausgewählte Wachstumsstrategie letztendlich für das Scheitern verantwortlich ist. Ja, Sie haben richtig gehört. Eine sogenannte Wachstumsstrategie kann vom Ansatz her schon für eine gescheiterte Initiative verantwortlich sein!

Die über 70 Fallbeispiele ab S. 47 zeigen diese speziellen, aber auch unterschiedlichen Ursachen sehr klar und eindeutig auf. In einem weiteren Schritt habe ich diese Fehler strukturiert und sieben Typologien des Scheiterns gefunden.

Worin unterscheidet sich dieses Buch von anderen Publikationen?

Mir ist bewusst, dass bei der Beantwortung dieser Frage natürlich eine subjektive Färbung vorliegt, auch wenn ich um eine objektive Darstellung bemüht bin. Zum einem muss gesagt werden, dass die hier gewonnenen Erkenntnisse über die Ursachen des Scheiterns natürlich nicht so stabil sein können wie z. B. physikalische Gesetze. Aber welches Analyse-Instrument kann das schon? Der Unterschied zu anderen Publikationen liegt aus meiner Sicht in der Einfachheit, Klarheit und in der Bestätigung der Ergebnisse durch Beispiele aus der Praxis. Dabei ist es mir egal, ob dieses »Fehlverhalten« sich in der linken oder rechten Gehirnhälfte abgespielt hat oder nicht. Ich glaube sowieso, dass die größten Erkenntnisgewinne aus den Märkten bzw. aus der Realität abzuleiten sind.

Hervorzuheben ist auch, dass ich viele meiner aufgeführten Beispiele »ex ante« prognostiziert habe und mir nicht irgendwie eine Hintertür offen gehalten habe. Wenn Sie also demnächst Erklärungen und Analysen zu gescheiterten Initiativen lesen, dann stellen Sie sich auch die Frage, ob und wie der Autor diese Initiative vor der Implementierung im Markt eingeschätzt hat. Denn eine Einzelanalyse im Nachhinein ist wesentlich einfacher zu erstellen, da man ja das Ergebnis schon kennt. Speziell in diesem Punkt sehe ich wirklich einen großen qualitativen Unterschied zu anderen Veröffentlichungen.

So habe ich z. B. aktuell das Scheitern der neuen Limonade unter dem Namen Schweppes Fruity (4) angekündigt. Marktergebnisse werde ich Mitte des Jahres 2014 meiner Prognose öffentlich gegenüberstellen, wenn es so weit überhaupt kommen sollte, denn die ersten Ergebnisse im Sommer 2013 sollen nicht berauschend gewesen sein, wenn ich den Aussagen einiger Marktteilnehmer Glauben schenken darf. Das Verhältnis der Fruity-Variante zu den Bittervarianten wird auf 1:15 bis 1:20 geschätzt. Wenn man berücksichtigt, dass die Bitterlimonade kein allzu großes Segment darstellt, dann kann man daraus schließen, dass die Verkaufszahlen der Fruity-Varianten maximal im mittleren einstelligen Millionenbereich liegen dürften.

Der zweite Unterschied zu anderen Publikationen liegt aus meiner Sicht in dem Versuch, die Fehler zu typologisieren. Es soll eben nicht nur der Einzelfall bewertet werden, sondern ich versuche, die fehlgeschlagenen Initiativen quasi zu katalogisieren. Diese »Bündelung« von Fehlern hat letztendlich eine größere Aussagekraft als die Beschreibung eines »willkürlichen« Einzelbeispiels. Diese Art der Zusammenfassung soll die Aufmerksamkeit auf die wirklich kritischen Initiativen lenken, die systematisch falsch angewandt werden.

Der dritte Unterschied liegt darin, dass ich in vielen Beispielen eine alternative Vorgehensweise beschreibe, dass ich erkläre, wie man das eine oder andere hätte besser managen können. Dies hat zum einen den Vorteil, dass man sich mit der angebotenen Lösung bzw. mit dem Fallbeispiel stärker auseinandersetzt. Zum anderen wird dadurch die dahinter liegende Divergenzphilosophie deutlicher erkennbar.

An wen richtet sich dieses Buch?

Eigentlich an all diejenigen, die sich mit dem Thema Marketing beschäftigen. Für den Studenten könnten die vielen Praxisbeispiele von Interesse sein, da neben der theoretischen Ausbildung hier auch die Praxis zu ihrem Recht kommt. Auch Marketingassistenten bzw. Brand Managern kann dieses Buch neue Impulse bzw. Denkansätze liefern, ebenso wie Marketing Managern, Marketingdirektoren bzw. CMOs, die hier die Möglichkeit bekommen, auch einmal über den Tellerrand zu schauen, und sich davon inspirieren lassen können.

Ich würde dieses Buch auch den Finanzcontrollern empfehlen, da sie hier Ansätze erkennen können, die auf ein erhöhtes Risiko von Marketinginitiativen hinweisen. Aber auch der Marktforscher, der dem Marktgeschehen vielleicht am nächsten sitzt, kann mit dem Wis- sen über die häufigsten Fehler seine Arbeit optimieren. In einigen Fällen habe ich darüber hinaus sogar beschrieben, warum die Marktforschung versagt hat und was Alternativen gewesen wären.

Und was haben Sie davon?

Ich möchte Ihnen zeigen, welche Initiativen mit allergrößter Vorsicht zu genießen sind und von welchen man von vornherein die Hände lassen sollte. Wenn Sie die hier beschriebenen sieben Fehlertypen verinnerlichen, dann bin ich mir sicher, dass Sie die Flopquote in Ihrem Unternehmen reduzieren können. Damit schaffen Sie es, dass das Marketing insgesamt effektiver wird. Nicht zu vernachlässigen ist auch Ihr Wissensvorsprung gegenüber Kolleginnen und Kollegen.

Ziel bleibt es weiterhin, die Flopquoten zu bekämpfen, die im Fast-Moving-Consumer-Goods-Bereich (FMCG-Bereich) zwischen 60 und 80 Prozent liegen. Ich kenne eigentlich keine andere Branche, die mit einer so hohen »Ausschussquote« arbeitet. Die Fehleranalyse bzw. das Ausräumen von Marketingirrtümern habe ich mir zu Aufgabe gemacht.

Die festgestellten Fehlertypen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, spielen jedoch eine maßgebliche Rolle im Konzert der Irrtümer, Mythen und Fehlentscheidungen im Marketing.

Folgen Sie mir auf eine spannende Reise durch das Labyrinth des Marketings. Wir starten sehr früh am Morgen, wenn der Nebel noch über dem Tal liegt und uns den Blick auf die Umgebung verwehrt.

Die drei Grundsäulen meiner Fehleranalyse

1. Die Divergenz-Theorie (nach Al Ries)

Vielleicht haben Sie schon öfter darüber nachgedacht, warum einige Marken erfolgreich sind, andere jedoch nicht. Mir erging es genauso. Bezüglich der Warengruppen, in denen ich in der Vergangenheit hauptsächlich tätig war (Süßwaren, Zigaretten und Getränke), stellte ich fest, dass z. B. die erfolgreichen Initiativen grundsätzlich zwei Merkmale aufwiesen:

a) Man war »neu« und eröffnete quasi ein neues Segment im Markt.

b) Man nutzte für dieses neue Segment eine neue, eigenständige Marke.

Die erfolglosen Initiativen fielen u. a. durch folgende Merkmale auf:

a) Man »bediente« bestehende Marktsegmente.

b) Es handelte sich hauptsächlich um Line und Brand Extension, also die Nutzung und Kapitalisierung bestehender Marken.

Vielleicht werden Sie jetzt sagen, dass das ja ein »alter Hut« sei. Mag sein, mag aber auch nicht sein.

Al Ries, erfolgreicher Buchautor und einer der Top-10-Marketingberater in den USA, hat sich schon sehr früh mit dieser Fragestellung beschäftigt und dabei viele Gesetzmäßigkeiten im Markt erkannt.

Der Divergenz-Leitsatz

Al Ries stellte fest – und dies länder- und branchenübergreifend –, dass alle großen Marken wie Coca-Cola, Marlboro, Dell, Nutella, Pampers, Tempo, Maggi, Red Bull, Clausthaler, Bionade, Airwaves, Barcadi, Kaffee Hag, Swatch, McDonald’s, Lindt, Ikea, Amazon usw. eine gemeinsame Erfolgsformel besitzen.

Alle oben aufgeführten Marken hatten zu einem bestimmten Zeitpunkt eine neue Kategorie oder Subkategorie geschaffen bzw. erschaffen:

Coca-Cola war die erste braune, koffeinhaltige Limonade,Marlboro die erste auf Männer positionierte Filterzigarette,Nutella der erste Schokoaufstrich,

Pampers die erste Industriewindel,

Amazon die erste Internetbuchhandlung,Dell der erste PC-Direktversand,McDonald’s die erste Fast-Food-Kette,Tempo das erste Wegwerftaschentuch,Clausthaler das erste alkoholfreie Bier,Kaffee Hag der erste koffeinfreie Kaffee,Red Bull das erste Energiegetränk,

Swatch die erste modische Uhrenserie

usw.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass diese Ersterim-Markt-Strategie nur dann funktioniert, wenn man auch der Erste in den Köpfen der Verbraucher ist! Es ist also nicht entscheidend, wer als Erster physisch auf dem Markt ist.

Übersetzt heißt das: Erfolgreiches Marketing muss neue (Sub-) Kategorien (er)finden und diese dann mit einer eigenständigen Marke besetzen. »The objective of a marketing program is not to build a brand but to dominate a category.« (Al Ries)

Al Ries fand weiter heraus, dass sich im Laufe der Zeit diese Kategorien wieder teilen ließen, sei es, um eine weitere neue Subkategorie zu schaffen oder in einer bestehenden Subkategorie die Nummer zwei zu werden. In dieser »Zellteilung« (Divergenz) liegt die Kraft und Stärke für das Marketing. Daher gehört dieser Bereich zu meinem Beratungsschwerpunkt.

Die Entstehung der Arten bzw. der Märkte

Im Markt gibt es zwei Kräfte, die Evolution und die Divergenz (5). Die Evolution ist für die Weiterentwicklung zuständig, die dafür sorgt, dass sich Produkte oder Dienstleistungen ständig verbessern. Die Divergenz sorgt dafür, dass Produkte und Dienstleistungen immer mehr werden. Am besten wird dies deutlich am aktuellen Beispiel der Kaufhäuser, die in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren die Handelslandschaft dominierten. Sie wurden im Laufe der Zeit immer besser (Evolution), indem neue Warengruppen hinzukamen, eine schönere Ausstattung und eine bessere Ausstellung der Waren geschaffen wurde und viele Serviceeinrichtungen dazukamen.

Dann schlug das Prinzip der Divergenz zu: Es entstanden neue Marktsegmente wie Fach- und Spezialgeschäfte, Fachmärkte, Supermärkte, Discounter etc. Mit diesen neuen Handelskategorien entstanden auch neue Marken und Marktführer. Die Kaufhäuser – die es allen recht machen wollten – haben natürlich unter dieser Entwicklung kräftig gelitten.

Es war Al Ries, der herausfand, dass diese dynamischen Marktentwicklungen sehr viele Parallelen zu Charles Darwins »Die Entstehung der Arten« aufwiesen. Aus dem Urtier Panthera entwickelten sich z. B. über die Zeit der Löwe, der Panther, der Leopard und der Jaguar, indem diese sich den veränderten äußeren Gegebenheiten anpassten. Auch bei anderen Tierarten (z. B. Darwinfinken) stellte er dies fest. Für den Markt gilt Vergleichbares.

Beispiel:Zuerst gab es die »Ur«-Kategorie Bier. Im Laufe der Zeitentwickelte sich diese Kategorie weiter. Es entstand das Pils, das Kölsch, das Exportbier, das alkoholfreie Bier, das Schwarzbier, der Biermix, das Weißbier, das Light-Bier, das Alt usw. usw. Jede dieser Subkategorien ist dafür prädestiniert, einen Marktführer und eine Nummer zwei und drei im Markt hervorzubringen.

Divergenz

Artenspaltung: Die biologische Sichtweise

Divergenz

Kategoriebildung: Die Marketing-Sichtweise

Wer sich für diese Vergleiche besonders interessiert, sollte das Buch »Die Entstehung der Marken« (6) von Al Ries lesen. Das Buch ist lehrreich, faszinierend und spannend zugleich. Der einfache, jedoch wichtige Leitsatz der Divergenz-Theorie – auch wenn man dem Vergleich mit Charles Darwin keinen Glauben schenken will – besteht also darin, neue Märkte/(Sub-)Kategorien zu (er)finden bzw. bestehende Märkte zu teilen.

Dieser Ansatz ist praxisbewährt. Wenn man dies akzeptiert und sogar der Meinung ist, dass dies nicht unbedingt neu ist, dem empfehlen wir, sich die daraus abzuleitenden Konsequenzen genau anzusehen.

12 Marketingkonsequenzen aus der Divergenz-Denkschule

Aus dieser Philosophie sind u. a. folgende Schritte für ein erfolgreiches Marketing abzuleiten:

1) Think Category first. Brand second.

2) Seien Sie Erster im Markt.

3) Neue (Sub-)Kategorien brauchen in der Regel neue Markennamen.

4) Anders sein ist wichtiger als besser zu sein.

5) Schaffen Sie eine Nummer zwei, wenn die Nummer eins besetzt ist.

6) Nutzen Sie die Kraft der »One-Word-Assoziation«.

7) Das Divergenz-Prinzip gehört zu den Marketingstrategien.

8) Repositionieren Sie Ihren Wettbewerb.

9) Innovation ist nicht gleich Innovation.

10) Die Divergenz-Denke ist Teil des Innovationsprozesses.

11) Marken sollten divergent erfunden und evolutionär weiterentwickelt werden.

12) Denken und analysieren Sie Märkte anders.

Diese Punkte werden in meinem Buch »Märkte dominieren« ausführlich behandelt.

Mein Angebot in aller Kürze

Auf Basis dieser Denkschule und der daraus abzuleitenden Konsequenzen biete ich folgende Beratung an. Mit ca. 30 Divergenztechniken, die nur der Findung neuer (Sub-)Kategorien dienen, suche ich mit Ihnen gemeinsam nach diesen neuen (Sub-)Kategorien (gelenkte Innovation).

Diese beiden Beispiele verdeutlichen, zu welchen Ergebnissen divergentes Denken im Rahmen von Neuentwicklungen führen kann.

In seinem Buch »Nature of Human Intelligence« (7) definiert der Intelligenzforscher Jay Paul Guilford den Begriff Originalität als Faktor des »divergenten« Denkens! Ich sehe hier deutliche Parallelen zu unserer Thematik.

Aber auch bei den folgenden Themen »rund um die Marke« kann ich Ihnen meine Unterstützung und Knowhow anbieten.

Line und/oder Brand Extension managen

Marke mit oder ohne Angabe des Herstellers

Entwicklung offensiver Marketingstrategien

Entwicklung einer profitablen Nummer 2 im Markt

»Spitze« und tragfähige Positionierungen für bestehende Marken

Re-Positionierung von Eigenmarken

Grundlegende Fragen zur Markenarchitektur

Marken- und lebensmittelrechtliche Fragen usw.

Im Inhouse-Seminar lernen Sie die wichtigsten Grundsätze der Divergenz und sind anschließend in der Lage, diese Philosophie für Ihre Branche zu nutzen. Auch werden Sie in die Lage versetzt, andere Märkte besser zu beurteilen und Marketinginitiativen außerhalb Ihrer Branche qualitativ zu bewerten (siehe auch Artikel auf meiner Homepage: »Gehen Sie gelassen in die nächsten Strategiemeetings«) (8).

2. Die vier Marktmodelle (nach Andreas Strebinger)(9)

Es gibt neben der Divergenz einen weiteren Erklärungsansatz, der sich mit sehr unterschiedlichen Marktmodellen in der Praxis beschäftigt. Dies ist deshalb so interessant, da hier aus meiner Sicht der Schlüssel liegt, warum unterschiedliche Initiativen unterschiedlich wirken. Markendehnungen scheinen der Marke Davidoff einfacher von der Hand zu gehen als Coca-Cola. Macht Davidoff das bessere oder Coca-Cola das schlechtere Marketing? Keines von beiden, wie Sie sehen werden.

»Experienzielle« Markenkonzepte

In vielen Artikeln auf meiner Homepage (www.divergenzmarketing. com) habe ich Initiativen analysiert und dabei aktuellen Markendehnungen (auch Brand Stretching, Markentransfers oder Brand Extension genannt) eine Negativprognose ausgestellt. Allerdings wurde ich auch immer wieder mit Beispielen konfrontiert, wo es augenscheinlich gelungen war, die Stammmarke in eine neue Marktkategorie zu transferieren.

Um das ganze Spektrum der Markendehnungen zu verstehen, ist es wichtig, die aktuelle Forschung zu kennen. Ansonsten vergleicht man Äpfel mit Birnen. Das Feld der Markendehnungen ist sehr groß und man muss es in vier Sektoren unterteilen:

1) Experienzielle Markenkonzepte

2) Symbolische Markenkonzepte

3) Funktionale Markenkonzepte

4) Relationale Markenkonzepte

In meinen Beispielen aus der jüngsten Vergangenheit handelte es sich fast ausschließlich um sog. »experienzielle« Markenkonzepte. Das sind Konzepte – um es einfach zu machen −, die eher dem Food-Bereich zuzuschreiben sind. Im Mittelpunkt stehen sensorische Erlebnisse, die auf Lustgewinn durch ein sinnliches Produkterleben abzielen (schmecken, riechen, hören, sehen, berühren) und die durch den Aufbau von Assoziationen »getragen« werden. Man geht in diesen Fällen von einer im Wesentlichen vorbewussten Informationsverarbeitung aus, die sich aus dem Auftreten der Marke und dem sinnlichen Erlebnis speist. Daraus entsteht ein »intuitives Schlussmuster«, welches keinen logischen Barrieren zugänglich ist. In der Literatur (u. a. Andreas Strebinger) wird z. B. das Eis Häagen-Dazs angeführt, welches zum einem einen besonderen Genuss verspricht und beim Produkterlebnis als sehr süß erlebt wird. Diese Erfahrungen sind in sog. Assoziationsketten gespeichert und daher wird es schwierig sein, salzige Produkte unter dem Markennamen Häagen-Dazs einzuführen.

Aus einer ganz anderen Ecke kommen ähnlich Ergebnisse. Experienzielle Markenkonzepte werden mit dem Stammhirn beurteilt und nicht mit dem Großhirn. Darum ist ein Versuch bei McDonald’s fehlgeschlagen, Filme dort zum Entwickeln abgeben zu dürfen, weil die Konsumenten Angst hatten, dass die Filme dann fettig würden. Auch beurteilten die Verbraucher Tempo-Hygienetücher schlecht, da die Tempo-Taschentücher auf Sanftheit zur Nase (Geruchsorgan) positioniert sind (Döring und Moser 2007). Auch Versuche, Tempo als Servietten, Kosmetiktücher und Küchentücher zu dehnen, scheiterten (10). Trotz dieser Historie versuchte man im Jahre 2010, Tempo als Toilettenpapier einzuführen. Mehr zu dieser Initiative später.

Insgesamt kann man zum Schluss kommen, dass experienzielle Markenkonzepte separativ wirken, d. h., dass eine stärkere Trennung nach Produktkategorien erforderlich ist bzw. Produkte mit unterschiedlichen experienziellen Charakteren eher eine Produkteinzelmarkenstrategie benötigen (11). Dies habe ich aus der Divergenz-Sicht bereits des Öfteren dargestellt und mit weiteren Gesetzmäßigkeiten untermauert.

Symbolische Markenkonzepte

Symbolische Markenkonzepte erlauben es eher, Markentransfers in andere Produktkategorien vorzunehmen. Hinter dieser Erkenntnis stehen Forschungen, dass diese Konzepte darauf abzielen, Persönlichkeitseigenschaften bzw. allgemeine Werte und Status auszudrücken (übergeordnete mentale Konzepte). Damit erreicht die Zielgruppe eine Steigerung des Selbstwertgefühls und der sozialen Selbstdarstellung (Prestige, Lebensstil etc.). Wir kennen diese Marken zur Genü-ge: Boss, Dolce & Gabbana, Louis Vuitton, Gucci, Cartier, Armani, Dunhill