A History of Us − Nur drei kleine Worte - Jen DeLuca - E-Book

A History of Us − Nur drei kleine Worte E-Book

Jen DeLuca

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Beschreibung

Wer kann schon einem Highlander widerstehen? Alles beginnt mit nur drei kleinen Worten: «Sei meine Freundin!» Daraufhin bleibt April Parker erst mal der Mund offen stehen. Hat Mitch Malone – der begehrteste Junggeselle von Willow Creek – gerade allen Ernstes vorgeschlagen, dass sie sich als seine Freundin ausgibt? Nur um seine Verwandten davon abzuhalten, über seinen unsteten Lebenswandel zu meckern? Das Ganze kommt ihr absurd vor – schließlich ist April deutlich älter als Mitch –, aber sie lässt sich im Austausch für Hilfe bei ihrer Hausrenovierung darauf ein. Nur fühlt sich die vorgetäuschte Beziehung bald etwas zu echt an. Und als April dann auch noch das erste Mal beim Willow-Creek-Mittelalterfestival mitmacht, bei dem Mitch jedes Jahr als Highlander auftritt, wird alles noch verwirrender. Denn Mitch im Kilt ist ein Anblick, dem selbst die stärkste Frau kaum widerstehen kann … Band 3 der Willow-Creek-Reihe – unabhängig lesbar.

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Seitenzahl: 490

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Jen DeLuca

A History of Us − Nur drei kleine Worte

Roman

 

 

Aus dem Englischen von Anita Nirschl

 

Über dieses Buch

Aus Versehen verliebt

 

Alles beginnt mit nur drei kleinen Worten: Sei meine Freundin! Daraufhin bleibt April Parker erst mal der Mund offen stehen. Hat Mitch Malone – der begehrteste Junggeselle von Willow Creek – gerade allen Ernstes vorgeschlagen, dass sie sich als seine Freundin ausgibt? Nur um seine Verwandten davon abzuhalten, über seinen unsteten Lebenswandel zu meckern? Das Ganze kommt ihr absurd vor – schließlich ist April deutlich älter als Mitch –, aber sie lässt sich im Austausch für Hilfe bei ihrer Hausrenovierung darauf ein. Nur fühlt sich die vorgetäuschte Beziehung bald etwas zu echt an. Und als April dann auch noch das erste Mal beim Willow-Creek-Mittelalterfestival mitmacht, bei dem Mitch jedes Jahr als Highlander auftritt, wird alles noch verwirrender. Denn Mitch im Kilt ist ein Anblick, dem selbst die stärkste Frau kaum widerstehen kann …

 

«Eine sexy Romantic Comedy mit erstaunlicher emotionaler Tiefe.» Library Journal

Vita

Jen DeLuca ist in Virginia aufgewachsen, lebt inzwischen aber mit ihrem Mann und einem Haus voller Tiere in Arizona. «A History of Us – Nur drei kleine Worte» ist ein USA Today-Bestseller und der dritte Band Willow-Creek-Reihe, die auf einem Mittelalterfestival in Maryland spielt. Jen hat selbst zwei Sommer lang als Schaustellerin auf einem solchen Festival gearbeitet. Ihr Humor und das ungewöhnliche Setting ihrer Romane haben ihr sofort viele Fans eingebracht. So wurde der erste Band «A History of Us – Vom ersten Moment an» zum Beispiel für den Goodreads Choice Award nominiert, und die Entertainment Weekly nannte das Buch «eine göttlich unterhaltsame Achterbahnfahrt».

Mehr Informationen über die Autorin sind auf ihrer Homepage www.jendeluca.com zu finden.

 

Anita Nirschl träumte als Kind davon, alle Sprachen der Welt zu lernen, um jedes Buch lesen zu können, das es gibt. Später studierte sie Englische, Amerikanische und Spanische Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit 2007 arbeitet sie als freie Übersetzerin und hat zahlreiche Romane ins Deutsche übertragen.

Impressum

Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel «Well Matched» als Jove Book bei Berkley/Penguin Publishing Group/Random House LLC, New York.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2022

Copyright © 2022 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

«Well Matched» Copyright © 2021 by Jen DeLuca

published by arrangement with Berkley, Penguin Publishing Group/Penguin Random House LLC

Redaktion Gesa Weiß.

Zitate auf Seite 351 und 353 aus: William Shakespeare, Viel Lärm um nichts, übersetzt von Wolf Graf von Baudissin

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung Nikki Smith/Arcangel; Shutterstock

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01169-4

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Für Ian Barnes

Ohne dich gäbe es keinen Kilty

1

Die Karte war nicht an mich adressiert.

Ich stützte einen Ellbogen auf die Bar und trank einen Schluck von meinem Cider. Im Jackson’s war Happy Hour, aber ich war nicht happy. Ich war ganz und gar nicht happy. Und dieser Drink änderte nicht das Geringste daran. Die Karte lag immer noch dort auf der Bar. Sie war immer noch an meine Tochter Caitlin adressiert, und der Absender war immer noch ihr Vater. Der Mann, der nichts mit ihr hatte zu tun haben wollen, nicht am Tag ihrer Geburt und auch nicht in irgendeinem der achtzehn Jahre danach. Es war schwer zu glauben, dass seine Handschrift mich nach all dieser Zeit noch derart ins Herz treffen konnte. Einst hatte diese Handschrift seitenlange Liebesbriefe gefüllt. Kleine Nachrichten, die wir einander auf Post-its am Badezimmerspiegel oder neben der Kaffeemaschine hinterließen.

Dann hatte unsere Verhütung versagt, nach knapp einem Jahr Ehe. Die Ehe selbst war nicht lange danach gescheitert. Das letzte Mal hatte ich Roberts Handschrift gesehen, als er die Scheidungspapiere unterschrieben und auf sein Sorgerecht verzichtet hatte. Ein Recht, das er freiwillig, beinahe übereifrig abgegeben hatte.

Warum zum Teufel schrieb er Caitlin jetzt?

Es fühlte sich an, als würde ich an einer verschorften Wunde kratzen, als ich die Karte erneut aufklappte.

Caitlin,

 

ich weiß, ich war nicht für dich da. Aber ich möchte, dass du weißt, wie unglaublich stolz ich auf dich bin. Der Highschool-Abschluss ist ein wichtiger Meilenstein im Leben. Wenn du dich nun höheren Zielen zuwendest, sollst du eins wissen: Falls du je irgendetwas von mir brauchst, musst du nichts weiter tun, als mich darum zu bitten.

 

In Liebe, dein Vater

Robert Daugherty

Fast wollte ich lachen. Falls du je irgendetwas von mir brauchst … Wie wär’s rückwirkend mit Unterhalt für achtzehn Jahre? Das wär mal ein Anfang. Er hatte nicht mal lausige zwanzig Dollar in die Karte gelegt.

Unsere Tochter war großartig geraten, und das war sicher nicht ihm zu verdanken. Caitlin war eine kluge, witzige, respektvolle junge Frau, und ich könnte nicht stolzer auf sie sein. Aber das hatte absolut nichts mit Robert zu tun, der letztendlich kaum mehr als ein Samenspender gewesen war. Was zum Teufel dachte er sich dabei, sich jetzt zu melden, um eine Siegesrunde als Vater zu drehen? Scheiß drauf. Und scheiß auf ihn.

Ich starrte seinen Namen an und wünschte, ich könnte mit den Augen ein Loch durch diesen billigen Grußkartenkarton brennen. Ich war mal April Daugherty gewesen, für ungefähr anderthalb von meinen vierzig Jahren. Und wenn wir zusammengeblieben wären, dann wäre meine Tochter Caitlin Daugherty anstatt Caitlin Parker. Nicht zum ersten Mal dachte ich über diese beiden hypothetischen Daugherty-Frauen nach und über das Leben, das sie vielleicht geführt hätten.

Hätte Caitlin Daugherty es leichter gehabt? Hätten sich April D. und Caitlin D. etwas weniger Sorgen darüber gemacht, wie sie das College finanzieren sollten, sich für weniger Stipendien und Förderungen beworben? Wie viele Abende hatte ich mit Caitlin P. zusammen am Esstisch gesessen, Seite an Seite mit unseren Laptops, und bis spät in die Nacht Formulare ausgefüllt? Damals hatte es sich sehr feministisch angefühlt, «wir gegen den Rest der Welt». So war der größte Teil unseres gemeinsamen Lebens gewesen. Aber Caitlin Daugherty hätte einen Versorger zum Vater gehabt. Vielleicht hätte sie ein bisschen weniger kämpfen müssen. Vielleicht –

«Was trinkst du?»

Oh. Ich schaute hoch und nach rechts, um mit zusammengekniffenen Augen den Kerl im grauen Businessanzug zu mustern, der auf dem Barhocker neben mir Platz genommen hatte. Er kam mir nicht bekannt vor, und Willow Creek, Maryland, war die Art Stadt, wo einem jeder irgendwie bekannt vorkam. Vermutlich war er unterwegs nach Washington, D. C. – er hatte diesen typischen Politiker-Look an sich. Grau meliertes Haar mit einem guten, teuer wirkenden Schnitt, helle Augen, dezentes Lächeln. Ein Minuspunkt war natürlich, dass er gerade eine fremde Frau in einer Bar angemacht hatte.

Ich schenkte ihm ein freundliches, aber nicht zu freundliches Lächeln. «Ich brauche nichts, danke.» Na also. Nett, aber nicht ermutigend.

Er verstand den Wink nicht. «Nein, die Frage war ernst gemeint.» Er rückte seinen Hocker etwas näher an meinen, nicht wirklich aufdringlich, aber doch ziemlich nah. Ich steckte die Karte zurück in den Umschlag und schob ihn auf meine andere Seite. Er schielte auf mein Getränk. «Was hast du da, ein Bier? Wahrscheinlich ein Light-Bier, oder? Das könnte mir auch schmecken.» Er winkte der Barkeeperin. Ich war niemand, der ständig in Bars herumhing, aber ich kam oft genug hierher, um zu wissen, dass ihr Name Nikki war, und sie wusste, dass ich Cider vom Fass mochte.

«Das ist kein Bier», sagte ich.

Er hörte nicht zu. «Noch einen Drink für die Lady. Light-Bier. Und ich nehm auch eins.» Sein herrischer Ton war nervtötend. In einem Regierungsgebäude in D. C. hielt man ihn damit vielleicht für durchsetzungsstark, aber in einer Stadt wie dieser klang er einfach wie ein Arsch.

Nikki sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, woraufhin ich den Kopf schüttelte und die Hand über mein Glas hielt. «Für mich nicht. Aber er kann haben, was er will.» Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen. So was war doch nicht schlecht für jemanden, der vor Kurzem vierzig geworden war, oder? Aber ich wollte einfach in Ruhe gelassen werden. Ich wollte wieder in dieses Kaninchenloch meiner Gedanken fallen, statt den Avancen von Mr. Möchtegern-Lobbyist ausweichen zu müssen.

Nikki brachte ihm sein Getränk, und er hielt es erwartungsvoll in meine Richtung. Was soll’s. Ich hob meines ebenfalls, und wir stießen halbherzig unsere Gläser aneinander.

«Also, erzähl mal …» Er lehnte sich noch näher zu mir herüber, und ich musste mich mit aller Kraft zusammenreißen, um nicht vor ihm zurückzuweichen. Ich hatte mein bestes Resting-Bitch-Face aufgesetzt, aber dieser Typ kapierte es einfach nicht. «So kann nicht dein typischer Freitagabend aussehen. Ganz allein in einer Bar wie dieser rumzusitzen?»

Mit ihm eine Unterhaltung anzufangen, war eine schlechte Idee, das wusste ich, aber er würde nicht weggehen. «Was stimmt denn nicht mit einer Bar wie dieser?»

«Na ja, da gibt es doch sicher was, das du lieber tun würdest …?» Er hob anzüglich eine Augenbraue, und ich kniff die Lippen zusammen. Herr im Himmel, der Kerl nervte.

«Hey, April, da bist du ja!» Eine andere Stimme, tief und männlich, ertönte links von mir, aber diesmal schmolz meine Gereiztheit dahin. Ich kannte diese Stimme. Jeder im Jackson’s kannte diese Stimme. Mitch Malone war eine Institution – nicht nur in der Bar, sondern in der ganzen Stadt. Die Kinder der Willow Creek High liebten ihn. Er unterrichtete Sport und war der Coach von so ziemlich allem. Und die meisten Erwachsenen liebten ihn ebenfalls, denn sie freuten sich, ihn jeden Sommer beim Willow Creek Renaissance Faire in einem Kilt zu sehen. Mitch war ein guter Freund meiner kleinen Schwester Emily, und dadurch war er auch ein Freund von mir geworden.

«Mitch. Hey …» Ich hatte kaum meinen Kopf in seine Richtung gedreht, als Mitchs Arm sich um meine Taille legte und er mich halb vom Barhocker und an seinen Körper zog.

«Was soll das denn, Babe? Warum hast du mir noch kein Bier bestellt?» Er ließ der Frage einen Kuss folgen, der irgendwo zwischen meiner Wange und meiner Schläfe landete, und ich hatte keine Ahnung, worauf ich zuerst reagieren sollte: auf den Kuss oder darauf, dass er mich «Babe» genannt hatte? Mit schmalen Augen schaute ich zu Mitch hoch, kurz davor, ihm wegen mindestens einem dieser Dinge die Hölle heißzumachen, als er meinen Blick mit seinem einfing und mir ein flüchtiges Zwinkern zuwarf. Ah. Okay. Da konnte ich mitspielen.

«Ich wusste doch nicht, wann du kommst, Schatz.»

Das letzte Wort betonte ich mit einem Tätscheln seiner Wange, wobei meine Hand ein bisschen härter landete, als unbedingt nötig war. Es war keine Ohrfeige, aber es war definitiv eine Warnung. Behalt deine Hände, wo sie sind, Mister. «Dein Bier wäre warm geworden, und ich weiß ja, wie sehr du das hasst.»

«Du bist zu gut für mich, weißt du das eigentlich?» Mitchs strahlend blaue Augen lachten in meine herunter, und die Konturen seines Lächelns fühlten sich gut an unter meiner Handfläche. Unter meinem Daumen erschien sogar ein Grübchen. Rasch zog ich meine Hand zurück und versuchte, die Bewegung beiläufig wirken zu lassen. Ich war kurz davor gewesen, dieses Grübchen mit dem Daumen zu streicheln, und damit wäre ich ein bisschen zu tief in die Rolle eingetaucht.

«Viel besser, als du es verdienst. Ich weiß.» Wir lächelten einander voll gespielter Zuneigung an, und dennoch fühlte sich alles so … behaglich an. Ganz anders als die Unterhaltung mit Mr. Grauer-Anzug.

Mitch trat näher zu mir, sodass sein Körper sich an meinen schmiegte, dann sah er rüber zu Mr. Grauer-Anzug, als hätte er ihn gerade erst bemerkt. «Hey, Mann. Brauchst du was?» Seine Stimme klang entspannt, aber sein Arm legte sich fester um meine Taille, eine nicht gerade subtile Botschaft an den Typen auf meiner anderen Seite. Verzieh dich.

Mr. Grauer-Anzug verstand. «Nö. Ich wollte nur, äh … ja. Einen schönen Abend noch.» Er kramte unbeholfen nach seiner Brieftasche, dann ging er zum Ende der Bar, wo Nikki darauf wartete, ihn abzukassieren. Sie warf uns einen flüchtigen Blick zu und schüttelte den Kopf. Das konnte ich nachvollziehen. Ich musste auch oft den Kopf schütteln, wenn ich mit Mitch zu tun hatte.

Apropos … Nun da wir allein waren, entzog ich mich Mitchs Umarmung. «Was sollte das denn?»

«Was?» Er nahm mein Glas, schnupperte daran und stellte es mit einer Grimasse wieder zurück. «Ich hab dir nur geholfen. Dieser Typ hat dir praktisch aufs Shirt gesabbert.»

Ich schnaubte. «Das hatte ich im Griff. Ich brauche deine Hilfe nicht.»

«Schon klar.» Mitch zuckte mit den Schultern. «Aber brauchen und wollen sind zwei verschiedene Dinge, weißt du? Man kann etwas wollen, auch wenn man es nicht braucht.»

«Na schön.» Ich legte den Kopf in den Nacken, um den Rest meines Ciders auszutrinken. «Vielleicht will ich sie auch nicht.»

Mitch sah mich durch seine gesenkten Wimpern hindurch an, und für einen Sekundenbruchteil vergaß ich zu atmen. Verdammt. War es das, was Frauen sahen, wenn er seine Aufmerksamkeit wirklich ganz auf sie richtete? Ich hatte Mitch nie auf diese Weise betrachtet. Ich meine, sicher, der Mann war umwerfend: gut über eins achtzig groß, und sein Körperbau verriet, dass er viel Zeit an einem Power-Rack verbrachte; mit seinen goldblonden Haaren und atemberaubend blauen Augen dazu sah er aus wie jemand, der in der Gen-Lotterie den Hauptgewinn gezogen hatte. Er hatte ein Lächeln, in dem man sich sonnen wollte, und Lippen, die man streicheln wollte, um zu sehen, ob sie wirklich so weich waren, wie es aussah.

Etwas musste in meinem Gesicht zu sehen gewesen sein, denn sein Ausdruck veränderte sich. Er hob eine Augenbraue, aber es wirkte ganz anders als bei Mr. Grauer-Anzug vor wenigen Minuten. Ich zog meine Unterlippe zwischen die Zähne, und Mitchs Augen verdunkelten sich.

«Lügnerin» war alles, was er sagte, aber in seiner Stimme lag etwas Raues, das ich noch nie zuvor gehört hatte. Die Luft zwischen uns lud sich knisternd auf, und ein paar Herzschläge lang konnte ich nicht atmen. Schlimmer noch, ich wollte auch nicht. Ich biss mir fester auf die Unterlippe, um nichts Dummes zu tun. Zum Beispiel in seine Unterlippe zu beißen.

Dann stieß ich ein gezwungenes Lachen aus und brach damit den Bann. «Okay, wie auch immer.» Ich nahm mein Glas, aber verdammt, es war leer. Ich stellte es wieder hin.

«Was machst du überhaupt hier?» Mitch lehnte sich mit einem Ellbogen auf die Bar. «Du bist doch keine Frau, die allein an der Bar trinkt.»

«Woher willst du wissen, was für eine Frau ich bin?»

Er sah mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an, und ich musste zugeben, dass er recht hatte. Ich war nicht der Typ dafür. Ich legte meine Hand auf die Karte, atmete einmal tief durch und schob sie über die Bar in seine Richtung. Er schlug sie auf, und sein Gesicht verfinsterte sich, während er las.

«Ihr Vater?» Er klappte die Karte wieder zu und gab sie mir zurück. «Mir war nicht bewusst, dass er noch Teil eures Lebens ist.»

«Ist er nicht.» Ich steckte die Karte in meine Handtasche; ich hatte genug von Robert für einen Abend.

«Aber er möchte es, was?» Mitch sah mich fragend an. «Wie denkt Caitlin darüber?»

«Ich weiß es nicht», antwortete ich müde. «Sie ist immer noch unsicher. Das ist ein Grund, warum sie mir die Karte gezeigt hat. Ich glaube, sie möchte meine Meinung hören.» Er nickte, und ich hasste das Mitleid in seinen Augen. Ich wollte kein Mitleid. «Also ich besorg dir mal ein Bier.» Ich lehnte mich über die Bar und machte Nikki auf mich aufmerksam, um ein Bier für Mitch und einen zweiten Cider für mich zu bestellen. «Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann, nachdem du mir geholfen hast, diesen Blödmann loszuwerden.»

Mitch nahm das Bier mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck entgegen. «Weißt du, wenn du dich wirklich dafür revanchieren willst, wüsste ich etwas, womit du mir helfen könntest.»

«Ach ja?» Ich nahm meinen Cider. Dieser erste eiskalte Schluck war immer der beste. «Und was wäre das?»

Er sah mir nicht in die Augen. «Sei meine Freundin.»

Ich verschluckte mich an meinem Cider. «Deine was?» Ich wartete darauf, dass seine ernste Miene bröckelte, dass er mich angrinste und das Ganze in eine Art anzüglichen Witz verwandelte.

Aber stattdessen nahm er eine der Speisekarten, die auf der Bar lagen. «Lass uns was zu essen bestellen. Möchtest du Pizza oder so was? Ich lade dich ein.»

Mein erster Instinkt war es, Nein zu sagen. Ich saß seit ungefähr einer Stunde hier und sehnte mich bereits danach, wieder zu Hause zu sein. Ich hatte genug Leute für einen Abend gehabt. Aber Mitch hatte etwas an sich, das mich dazu brachte, bleiben zu wollen. Er schien nicht ganz er selbst zu sein, und ich wollte ihn nicht allein lassen.

«Klar», sagte ich. «Solange du die Ananas weglässt.»

Mitch schnaubte. «Als ob ich das einer unschuldigen Pizza antun würde.»

Ich lächelte und lehnte mich über seine Schulter, um die Speisekarte in seiner Hand zu studieren, anstatt mir eine eigene zu nehmen. Wir einigten uns auf eine Pizza mit Salami drauf und gingen mit unseren Getränken zu einem Tisch. Dann saßen wir eine Weile schweigend da, und ich wartete darauf, dass Mitch diese ganze «Freundinnen»-Sache näher erläuterte, aber er schien nicht dazu aufgelegt zu sein.

«Also …», sagte ich.

«Also …» Er nahm einen Schluck von seinem Bier, dann räusperte er sich. «Wie … wie geht’s deinem Bein?»

«Meinem Bein?» Das war mal ein Themenwechsel. Mein Autounfall war drei Jahre her – keine Ewigkeit, aber doch lange genug, um nicht mehr ständig in meinen Gedanken präsent zu sein. Mein Bein war damals fast komplett zerschmettert worden. Jetzt schmerzte es nur noch ein bisschen, wenn es bald regnen würde. «Gut», sagte ich schließlich. «Ich meine, ich musste das Laufen so ziemlich aufgeben, aber das ist okay. Also, warum brauchst du mich als deine Freundin?» Wenn Mitch es nicht tat, konnte ebenso gut ich diejenige sein, die das Pflaster schnell und schmerzhaft abriss.

Er lachte leise um einen weiteren Schluck Bier herum. «Das habe ich etwas falsch ausgedrückt.»

«Dann willst du mich doch nicht als deine Freundin?»

«Doch, das tue ich.» Er legte den Kopf zur Seite und dachte einen Moment nach. «Das ist eine lange Geschichte.»

«Nun, die Pizza ist noch nicht da, also warum fängst du nicht einfach an.»

Seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln, aber es wirkte nicht wie sonst. Der Typ war selbst an den schlimmsten Tagen noch irrwitzig fröhlich, aber dieses Lächeln war anders. Es wirkte zögerlich, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah. Und das war es, was mich weiter in dieser Nische sitzen bleiben ließ. «Also es ist so», sagte er schließlich. «Da ist dieses … Ding.»

Ich seufzte. Na, das erklärte alles. «Okay …?»

«Meine Großeltern. Diese große Familienfeier zum Hochzeitstag meiner Großeltern.»

«Oh!» Ich schaffte es gerade noch, nicht vor Rührung zu gurren. «Das ist ja süß! Wie lange sind sie schon verheiratet?» Es musste ein wichtiger, runder Jahrestag sein, wenn die Malone-Familie eine große Feier für sie veranstaltete.

Aber Mitch kniff die Augen zusammen und verzog den Mund, während er nachdachte. «Siebenundfünfzig Jahre? Oder sechsundfünfzig? Irgendwie so was. Aber darum geht es nicht.»

Oh. Also kein runder Hochzeitstag. «Wie, darum geht es nicht?»

Die Pizza kam, und Mitch nahm sie entgegen, um jedem von uns ein Stück zu servieren, bevor er wieder zu seiner Geschichte zurückkehrte. «Es geht darum, dass ich die letzten paar Male, die ich meine Großfamilie gesehen habe, ständig dieses ‹Also wann wirst du endlich heiraten und Kinder in die Welt setzen› zu hören bekommen habe. Anfangs war das noch keine große Sache, aber jetzt, wo ich über dreißig bin, ist es so, als würden sie langsam in Panik geraten. Inzwischen ist es ein regelrechtes Verhör.»

«Du bist über dreißig?» Die Worte kamen mir über die Lippen, bevor ich darüber nachdenken konnte. Ich hatte die Dreißiger immer damit assoziiert, zur Ruhe zu kommen, vielleicht sogar ein bisschen langweilig zu werden. Aber natürlich hatte ich selbst in dem Alter schon ein Kind in der Grundschule und einen Bürojob, also war ich vielleicht voreingenommen. Mitch benahm sich immer noch wie ein Teenager im Körper eines muskelbepackten Mannes, also hatte ich immer angenommen, er wäre irgendwo in diesen chaotischen Mittzwanzigern.

«Einunddreißig.» Er verdrehte die Augen. «Uralt, wenn es nach ihnen geht, was albern ist. Männer haben nicht mal eine biologische Uhr.»

«Stimmt.» Ich bemühte mich, nicht selbst die Augen zu verdrehen. Wenn er uralt war, dann war ich eine vertrocknete alte Schachtel. Gut zu wissen. «Jedenfalls … sie bekommen allmählich Panik?»

«Ja.» Er nickte nachdrücklich, während er auf einem großen Bissen Pizza herumkaute. «Also dachte ich, wenn ich eine Freundin mitbringe, bringt sie das vielleicht zum Schweigen. Aber ich habe keine Freundin.»

«Richtig. Definitiv eine Schwachstelle in diesem Plan.»

«Jepp.» Er klang nicht beunruhigt darüber. «Aber du wärst perfekt.» Bevor mein Selbstbewusstsein Zeit hatte, bei diesem Kompliment zu wachsen, sprach er schon weiter. «Du weißt schon, du bist älter …»

«Hey.» Ich lehnte mich auf der Sitzbank zurück und verschränkte die Arme.

«Nein, ich meine, du siehst ziemlich gut aus dafür, dass du schon Mutter bist.»

Ich schüttelte den Kopf. «Das macht es nicht besser. Also sobald man ein Kind hat, ist man nicht mehr heiß?»

«Das habe ich nicht gesagt. Es gibt viele MILFs. Du hast das sicher schon mal gehört, oder? Es bedeutet Mom I’d like to –»

Ich warf die Hände in die Luft. «Ich weiß, was MILF bedeutet.»

«Na ja, du bist eine totale MILF.»

«Ähm.» Ich hatte keine Ahnung, wie ich das verarbeiten sollte. Das konnte man mir wohl auf dem Gesicht ablesen, denn er seufzte.

«So hab ich das nicht gemeint. Ich meine, du bist eine. Aber ich will nicht …» Er schnaubte frustriert. «Was ich meine, ist … du bist klug. Du bist erwachsen. Wenn du mit mir zu der Feier gehst, als wärst du meine Freundin, dann lässt mich das auch erwachsener aussehen, weißt du? Dann lassen sie mich vielleicht in Frieden.»

«Okay …» Ich konnte sein Argument verstehen. Wir hatten gerade vor der ganzen Bar so getan, als wären wir ein Paar, also hatte ich definitiv das Schauspieltalent dafür. Aber das war für wie lange gewesen? Ungefähr eineinhalb Minuten? Hier würde es ein ganzer Abend sein, mit seiner gesamten Verwandtschaft. Das war eine lange Zeit, um eine Lüge aufrechtzuerhalten.

Andererseits … Verstohlen warf ich einen Blick über den Tisch, während Mitch Nikki wegen der Rechnung herbeiwinkte. Er trug wie üblich ein enges T-Shirt, und seine Muskeln waren toll anzusehen. Es gab gewiss schlimmere Arten, einen Abend zu verbringen, als die Freundin des heißesten Junggesellen von Willow Creek zu spielen. Ich konnte gut ein paar Stunden damit verbringen, an einem dieser muskulösen Oberarme zu hängen. Und außerdem war Mitch ein netter Kerl, der mich gerade vor einem Blödmann in einem grauen Anzug gerettet hatte. Auch wenn wir bisher nicht viel Zeit zu zweit verbracht hatten, herrschte, wann immer wir zusammen abhingen, ein irgendwie lustiges Geplänkel zwischen uns. Nicht direkt Flirten, nur … ein gegenseitiges Aufziehen. Unter dem Strich machte es Spaß, mit Mitch zusammen zu sein. Es gab keinen Grund, Nein zu sagen.

Trotzdem war ich noch nicht ganz dazu bereit, Ja zu sagen. Große Familienfeier. Das war’s, was er gesagt hatte. Das klang nach ziemlich vielen Menschen. Und ich hasste Menschenmengen. Ich nahm einen weiteren Schluck Cider.

«Kann ich drüber nachdenken?»

Mitchs Gesichtszüge hellten sich auf, als hätte ich bereits in die Sache eingewilligt. «Ja! Natürlich. Es ist erst nächsten Monat. Noch genug Zeit.»

«Okay», sagte ich. «Ich werd drüber nachdenken.» Ich wollte Mitch meine Kreditkarte geben, um die Pizza zu bezahlen, aber er schlug sie mit einem empörten Blick fort.

«Lass das, Mama. Das geht auf mich.»

Ich ließ ihn bezahlen, seufzte aber wegen dieses Spitznamens. Jeder hatte einen Spitznamen, wenn man mit Mitch zusammen war. «Mama» nervte mich irgendwie, aber es war immerhin besser als MILF.

Ich verließ das Jackson’s mit der Karte meines Ex-Manns in der Handtasche und Mitchs widerhallenden Worten in meinem Kopf. Sei meine Freundin. Es gab eine Menge, worüber ich nachdenken musste.

2

«Also Moment mal.» Die Espressomaschine gab ein laut zischendes Geräusch von sich, als meine Schwester Emily die Milch aufschäumte. «Er will, dass du was tust?»

«Du hast mich schon verstanden.» Ich ließ mich an dem Tisch, der dem Kaffeetresen am nächsten war, in einen Sessel fallen. Ich hatte im Read It & Weep, der von Emily geführten Buchhandlung, vorbeigeschaut, gleich nachdem sie geöffnet hatte. Es gab nicht viele Leute, die sich an einem Samstag im Mai um zehn Uhr vormittags auf Bücher stürzten, deshalb hatte ich sie ganz für mich allein. Sie hatte mit einem einzigen Blick in mein Gesicht erkannt, dass ich an Koffeinunterversorgung litt, und mich sofort zu dem Café-Bereich geführt, um uns beiden Vanilla Latte zu machen.

«Ja, ich hab dich verstanden.» In einem halbherzigen Versuch, Kaffeekunst zu kreieren, goss Emily die aufgeschäumte Milch in zwei Tassen. Sie war furchtbar darin, aber der Kaffee schmeckte ausgezeichnet, also wen kümmerte es. «Aber ich glaube, die Maschine war zu laut, denn ich kann das unmöglich richtig gehört haben. Es klang nämlich so, als wollte Mitch, dass du seine Freundin wirst.»

«Fake-Freundin», korrigierte ich. «Ich denke nicht, dass er mir eine richtige Beziehung vorschlagen will.» Das wär was.

Emily kam mit den Tassen um den Tresen herum und reichte mir eine, bevor sie sich mir gegenüber an den Tisch setzte. «Du musst mir schon etwas mehr Infos geben als das.»

«Viele hab ich nicht.» Ich pustete über meinen Kaffeebecher. «Er braucht ein Date für eine Familienfeier und dachte, ich wäre eine bessere Kandidatin dafür als die Frauen, die er normalerweise abschleppt.» So hatte er es nicht direkt formuliert, aber ich hatte zwischen den Zeilen gelesen.

«Wirst du es tun?»

«Ich bin mir nicht sicher. Ich meine, es scheint harmlos zu sein, oder?» Vorsichtig nahm ich einen Schluck Kaffee; er war immer noch heiß.

«Stimmt schon …» Emily tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe, während sie nachdachte. «Aber du hast im Moment ziemlich viel um die Ohren. Ich will nicht, dass du dich übernimmst.»

«So schlimm ist es auch wieder nicht. Die Abschlussball-Saison ist schließlich vorbei.» Es war eine Qual gewesen. Von der Suche nach dem richtigen Kleid bis hin zu langwierigen Grübeleien über ihre Pläne – für Caitlin hatte es seit fast einem Jahr kaum ein anderes Thema als den Abschlussball gegeben. Ihre Clique hatte beschlossen, nicht paarweise hinzugehen, stattdessen hatten alle zusammengelegt und eine Limousine gemietet, in die sie sich zu sechst hineingequetscht hatten, und allen Berichten zufolge war es ein Erfolg gewesen.

«Stimmt.» Emilys Stimme war trocken. «Also bleiben jetzt nur noch die Prüfungen und die Abschlussfeier. Oh, und das Vorsprechen für das Mittelalterfestival in ein paar Wochen.»

Ich stöhnte. «Ist es schon wieder so weit?»

Emily nickte mit dem Ausdruck eines kriegsmüden Soldaten. «Wie jedes Jahr um diese Zeit. Caitlin wird doch dabei sein, oder? Ich glaube, Simon zählt auf sie.»

«Das wird sie sich nicht entgehen lassen.» Das war eine Untertreibung. Das Renaissance Faire war die größte Wohltätigkeitsveranstaltung der Stadt für das örtliche Schulwesen, und es war von einer kleinen Angelegenheit auf dem Highschool-Football-Feld zu einem mehrwöchigen Event im Wald angewachsen, einschließlich eines echten Ritterturniers mit Pferden und allem Drum und Dran. Mein Ding war es nicht, auch wenn ich ein- oder zweimal dort gewesen war.

Aber es war total das Ding meiner Tochter; Caitlin hatte sich gleich nach ihrem ersten Jahr auf der Highschool voll reingestürzt und Emily mit sich gezogen, da sie eine Begleiterin gebraucht hatte. So hatte Emily ihren Mann kennengelernt, denn Simon war derjenige, der die ganze Sache organisierte. Zu der Zeit war ich genau genommen dankbar für meinen Autounfall gewesen; wenn ich nicht außer Gefecht gewesen wäre, hätte ich mit Caitlin mitmachen müssen. Oder ich hätte ihr sagen müssen, dass sie nicht am Festival teilnehmen konnte. Beides waren Albtraumszenarios.

«Ich mein ja nur.» Emily machte eine vage Handbewegung. «Scheint, als wäre gerade ziemlich viel los im Parker-Haushalt. Und das ist nur Caits Kram. Bei deiner To-do-Liste sind wir noch nicht mal angekommen.»

Ich stöhnte erneut. «Erinner mich nicht daran.» Eigentlich sollte ich begeisterter klingen. Schließlich war ich kurz davor, meinen lang gehegten Plan in die Tat umzusetzen: mein Haus zu verkaufen und endlich aus dieser verdammten Stadt zu verschwinden.

Cait war sechs gewesen, als ich mir ein Haus mit drei Schlafzimmern in Willow Creek gekauft hatte. Damals hatte ich mir eingeredet, es wäre eine Investition in meine Zukunft. Dass ich, bis sie aufs College ging, den Kaufpreis so weit abbezahlt haben würde, dass ich mir vom Erlös des Wiederverkaufs hoffentlich ein kleines Apartment in der Stadt leisten könnte. Das war ein Traum von mir, den ich alle paar Jahre auf den Prüfstand gestellt hatte, und alle paar Jahre hatte ich mir gesagt, ja, das ist es, was ich tun will. Eines Tages.

Aber nun war dieser Tag fast da. Caitlin würde im Herbst mit dem College anfangen, und dann würde ich ein leeres Nest haben. Ich hatte mich vor nicht allzu langer Zeit mit einer Maklerin getroffen: der erste Schritt auf einem langen Weg zum Erreichen dieses Traums.

«Okay, du hast recht», sagte ich schließlich zu Emily. «Da gibt es einiges. Aber diese Sache mit Mitch ist ja nur ein einziger Abend. Wie schlimm kann das sein?»

«Ich weiß nicht, aber wir reden hier von Mitch.» Die Glocke über der Ladentür bimmelte, und mit einem Seufzen schaute Emily hoch.

«Sieht so aus, als ginge es heute früh los», sagte sie. Sie war bereits aufgestanden und auf halbem Weg zum vorderen Teil des Ladens. «Kannst du noch ein bisschen bleiben? Denn wir sind hier ganz und gar noch nicht fertig.»

«Klar.» Ich legte die Hände um meine Tasse und schlenderte durch den Buchladen, während Emily mit der Kundin sprach, die reingekommen war, um ein Buch abzuholen, das sie bestellt hatte. Danach kamen weitere Leute, gefolgt von einer Familie, und eine halbe Stunde später saß ich wieder an unserem kleinen Tisch und hatte angefangen, in einem Cozy-Krimi zu lesen, während der Tisch neben mir von Autoren mit ihren Laptops in Beschlag genommen wurde. Emily sprang zwischen dem vorderen Tresen, wo sie Bücher verkaufte, und der Kaffeebar hinten, wo sie als Barista Getränke servierte, hin und her. Das hier war ein winziger unabhängiger Buchladen mit einem knappen Budget und einem Minimum an Angestellten, aber sogar ich konnte sehen, dass Em sich hier verausgabte. Ihr Latte war längst kalt geworden, und meiner war leer. Aber ich war schon an genug Samstagen hier vorbeigekommen, um zu wissen, dass dieser Andrang eher ein Glücksfall war, und ich hatte nichts anderes vor, also machte es mir nichts aus, zu warten.

Mein Handy piepste, und ich legte das Taschenbuch weg, um durch meine Benachrichtigungen zu scrollen. Eine Nachricht von Caitlin, die mich wissen ließ, dass sie mit ihren Freundinnen ins Einkaufszentrum gehen würde – wahrscheinlich denselben, mit denen sie am Abend zuvor ausgegangen war. Ich antwortete Klar, denn was sollte ich sonst tun? Ich konnte an einem einzigen Finger abzählen, wie oft sie zu spät nach Hause gekommen war, und da hatte das Auto ihrer Freundin einen platten Reifen gehabt. Das zählte nicht.

Ich steckte mein Handy wieder in die Gesäßtasche meiner Jeans und trug sowohl meine leere Tasse als auch Emilys kalten Kaffee zum Spülbecken hinter dem Kaffeetresen, als sie gerade wieder dort auftauchte.

«Tut mir leid!» Sie nahm mir die Tassen rasch aus der Hand, als wäre sie bei etwas Verbotenem erwischt worden. «Kümmer dich nicht darum, ich mach das schon.»

«Ich kann auch eine Tasse abspülen, weißt du.»

Sie kräuselte die Lippen. «Sorry, ja. Instinkt. Du weißt schon.»

Das tat ich. Emily war gleich nach meinem Unfall in die Stadt gekommen und hatte sich ein paar Wochen um mich gekümmert, als ich praktisch bettlägerig gewesen war. Sie hatte sich nie beklagt, nicht mal als mich die Kombination aus Schmerz und Medikamenten zu einer Anwärterin auf den Titel der «bissigsten Bitch des Jahres» gemacht hatte. Ich war zwölf Jahre älter als sie, aber ich hatte das Gefühl, dass sie trotzdem das Bedürfnis verspürte, für mich zu sorgen. Aber so war Em nun mal. Sie kümmerte sich um jeden.

Laut sagte ich: «Kein Problem. Kommst du hier klar?»

«Oh.» Beiläufig winkte sie ab, doch ihre Miene wirkte gestresst. «Ja. Ein kleiner Samstags-Ansturm, das ist alles. Wolltest du gehen? Ich will nämlich immer noch was über diese Sache mit Mitch wissen.»

Das brachte mich zum Lachen. «Da gibt’s keine Sache mit Mitch. Aber ich kann warten. Cait ist mit ihren Freundinnen unterwegs, also ist bei mir zu Hause heute nichts los.»

«Okay, bin gleich wieder zurück. Mit frischem Kaffee, ich brauche Koffein.»

Während Emily wieder nach vorne flitzte, um neue Kunden zu begrüßen und Small Talk mit jedem zu halten, der zur Tür hereinkam, räumte ich das Taschenbuch, das ich gelesen hatte, zurück ins Regal. Es war viel zu offensichtlich, dass die liebenswerte alte Grandma die Mörderin war. Vielleicht sollte ich stattdessen einen Liebesroman lesen. Ich mochte Happy Ends. Ich ging die Reihen entlang, um in den gebrauchten Büchern zu stöbern, als ich wieder das Geräusch der Espressomaschine hörte. Oooh, war sie schon fertig? Denn ich konnte einen weiteren Latte gebrauchen.

Als ich mit einem Stapel Taschenbücher im Arm zurück zu unserem Tisch ging, sah ich, wie Emily einer der Autorinnen von vorhin eine Tasse über den Tresen reichte, zusammen mit einer Zitronenecke. Die Besitzerin des Ladens, Chris, hatte ein Hammerrezept, das sie Emily diesen Winter endlich verraten hatte. Zum Glück – denn Chris verbrachte ihre Winter in Florida und war deshalb nicht da, um für uns zu backen. Nun, da Em im Besitz des Rezepts war, hatte sie neben dem Buchladen auch das Backen übernommen. Ihre Zitronenschnitten waren fast genauso gut, aber nur fast. Doch das sagte ich Em nicht.

Ich stützte mich mit einem Ellbogen auf das Regal und sah zu, wie Emily sich der anderen Kundin zuwandte, die auf einen Kaffee wartete. Umgeben von Büchern und frisch gemahlenen Kaffeebohnen, war meine kleine Schwester ganz in ihrem Element. Es fiel mir schwer, meinen Autounfall als etwas Gutes zu betrachten, aber er hatte sie hierhergebracht. Sie aus einer schlechten Situation rausgeholt, rein in ein nagelneues Leben. Nun führte sie einen Buchladen, wirkte beim Renaissance Faire mit, und letzten Sommer hatte sie die Liebe ihres Lebens geheiratet. Willow Creek war gut zu Emily gewesen.

«Hazelnut Latte.» Die Frau, die bestellte, schaute nicht von ihrem Handy hoch, während sie Bargeld auf den Tresen legte. «Zum Mitnehmen.» Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, nur dunkles, von Grau durchzogenes Haar, das über ihr Handy fiel.

«Gern, Carla.» Emily behielt ein sonniges Lächeln auf dem Gesicht, obwohl Carla es nicht sah. Sie bereitete das Getränk zu und nahm das Geld, holte das Wechselgeld heraus und schob es zusammen mit dem Latte in einem Pappbecher über den Tresen. «Hier, bitte schön!» Emily wandte sich ab und nahm zwei saubere Keramiktassen von einem Regal, um endlich unsere Kaffees zu machen. Yay.

Ich setzte mich wieder an unseren Tisch und überflog das erste Kapitel eines der Taschenbücher, die ich ausgesucht hatte, als mich eine laute Stimme hochschrecken ließ.

«Was zum Teufel ist das?»

Als ich aufblickte, sah ich, wie Carla, die letzte Kundin, ihren Kaffee mit so viel Wucht wieder auf den Tresen knallte, dass etwas Flüssigkeit aus dem Loch im Deckel schwappte.

Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte sich Emily von der Espressomaschine um. «Das ist ein Hazelnut Latte. Stimmt etwas nicht –»

«Ich sagte Vanilla. Ich wollte einen Vanilla Latte. Haben Sie nicht zugehört?»

Emily blinzelte verwirrt. «Tut mir leid. Ich könnte schwören, Sie hätten Hazelnut gesagt. Geben Sie mir eine Sekunde, dann mache ich –» Sie griff nach dem Pappbecher.

Carla schnaubte. «Nicht zu fassen, dass Sie das falsch gemacht haben.» Sie verschränkte die Arme vor der Brust. «Ich bestelle immer einen Vanilla Latte. Wissen Sie das nicht? Ich komme fast jeden Tag hierher.»

Herrje, hatte diese Frau einen tödlichen Blick drauf.

«Das weiß ich.» Emilys Stimme war ruhig und beherrscht, während sie den Deckel des empörenden Kaffees abnahm und ihn in den Ausguss kippte. «Darum fand ich es ja so merkwürdig, dass Sie Hazelnut bestellt haben.»

Carla funkelte sie an. «Was zum Teufel ist los mit Ihnen?»

Okay, das war’s. Mir reichte es. «Sie haben Hazelnut bestellt.» Ich legte das Buch weg.

Carla wirbelte zu mir herum, und es loderte in ihren Augen. «Wie bitte?» Einen Augenblick lang herrschte Stille, während beide Frauen mich ansahen.

«Ich sagte, Sie haben Hazelnut bestellt.» Meine Hände zitterten, als ich aufstand. Ich hasste Konfrontationen. Ich blieb gern für mich. Aber diese ganze Diskussion war so lächerlich, und diese Ziege war gefährlich kurz davor, meine kleine Schwester zu beleidigen. Das würde ich nicht zulassen. «Sie waren am Handy, wahrscheinlich haben Sie nicht nachgedacht, aber ich stand direkt daneben und habe gehört, wie Sie Hazelnut bestellt haben.»

«Ich habe nicht …» Carla hörte auf zu sprechen, der Mund blieb ihr eine Sekunde lang offen stehen, und ich konnte ganz genau erkennen, wann ihr klar wurde, dass sie im Unrecht war. Röte kroch ihr den Nacken hoch, und das Feuer in ihren Augen erlosch. Sie starrte mich direkt an, ich starrte zurück, und wir beide ließen Emily bei dieser Unterhaltung außen vor.

«Ist schon gut!», durchschnitt Emilys fröhliche Stimme die angespannte Stille, während sie einen frischen Pappbecher auf den Tresen stellte. «Hier, bitte schön, ein Vanilla Latte. Ich habe Ihnen einen größeren gemacht, gratis, für die Unannehmlichkeiten.»

Carla drehte sich um und sah den Kaffee an, als hätte sie noch nie zuvor einen gesehen. Dann sah sie noch mal mich an und dann wieder den Kaffee. Mit einem lauten Schnauben und ohne Emily in die Augen zu sehen, nahm sie den Becher. Ihr Danke war nur ein Murmeln, und sie huschte regelrecht aus dem Laden und ließ Emily und mich allein zurück. Endlich.

Ich stieß einen langen Seufzer aus. «Wer war denn die Zicke?»

Emily seufzte ebenfalls. «Carla hat einen Laden hier in der Stadt. Mit kitschigem Modeschmuck. Sie ist Vorsitzende der Handelskammer. Das macht also echt Spaß.»

«Das glaube ich.» Ich setzte mich wieder, und bald darauf gesellte sich Emily mit zwei frischen Latte zu mir.

«Mach dir keinen Kopf wegen ihr. Carla ist eine griesgrämige alte Frau, und manchmal lässt sie ihren Frust an anderen Leuten aus.»

«Und das lässt du dir gefallen?» Ich schüttelte den Kopf.

Emily seufzte wieder. «Vorsitzende der Handelskammer», wiederholte sie. «Das nervt. Sie nervt. Aber was soll’s. Die Hälfte der Zeit höre ich ihr gar nicht zu. Übrigens danke, dass du dich für mich eingesetzt hast. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war unbezahlbar.»

«Ach was.» Ich zuckte mit den Schultern. «Ich setze mich eben für die Leute ein, die ich liebe. Das weißt du doch.»

Wir lächelten uns über den Tisch hinweg an. Als wir jünger waren, hatten Emily und ich nicht immer die beste Beziehung zueinander gehabt, was eher an unserem Altersunterschied als an irgendeiner tatsächlichen Abneigung lag. Aber seit sie nach Willow Creek gezogen war, waren wir uns nähergekommen, und ich hatte gelernt, was es heißt, eine Schwester zu haben. Ich liebte sie, und das wusste sie. Das war ein gewaltiger Fortschritt zu dem, wo wir vor fünf Jahren gestanden hatten.

«Also», sagte sie. «Mitch.»

Ich seufzte. Scheiße. Zurück zum Thema. «Ja.»

«Willst du da wirklich hingehen?» Sie grinste. «Dann wirst du mir verraten müssen, was unter diesem Kilt ist.»

«O Gott.» Ich legte eine Hand an meine Stirn. «Also erstens werde ich unter gar nichts drunterschauen.»

«Na, das ist aber zu schade.» Emily kicherte in ihren Latte. «Ich wette, es würde Spaß machen.»

Heftig schüttelte ich den Kopf. «Nein danke. Himbos sind nicht mein Typ.»

«Ach, komm schon. Trau ihm ein bisschen was zu. Er hat mehr zu bieten als nur sein Aussehen.»

«Ernsthaft?» Ich starrte Emily an. «Ich meine mich zu erinnern, dass eine gewisse Person ihn sabbernd angehimmelt hat, als sie neu in der Stadt war.»

Mit einer abwehrenden Geste hob sie die Hände. «Okay, schuldig. Ich dachte, er wäre eine unterhaltsame Ablenkung. Und dazu stehe ich. Aber dann habe ich ihn besser kennengelernt, und er ist …» Sie zuckte mit den Schultern. «Er ist ein guter Kerl. Wirklich nett, und er ist gar nicht dumm, weißt du.»

«Das hab ich auch nie behauptet.» Jetzt war es an mir, in die Defensive zu gehen.

Emilys Augen wurden schmal. «Ich denke, ‹Himbo› hat das impliziert.»

Ich schnalzte mit der Zunge. «Na, sieh dir den Kerl doch mal an. Seine größten Hobbys sind Happy Hour und Frauen aufreißen. Damit ermutigt er die Leute doch, ihn so zu sehen.»

«Kann sein», gab sie nach einem Moment zu. «Aber er hilft Simon auch jedes Jahr mit den Kids beim Festival und führt eine komplizierte Kampfszene mit ihm auf. Und nebenbei arbeitet er Vollzeit als Lehrer und Coach. Ich sage ja nur, da steckt mehr in ihm, er ist nicht nur seine Muskeln.» Nachdenklich trank sie einen Schluck Kaffee. «Auch wenn es schöne Muskeln sind.»

Tadelnd schüttelte ich den Kopf. «Du bist verheiratet.»

«Ja, aber ich bin nicht blind.»

Das ignorierte ich. «Okay, aber der Kilt ist nur ein Ren-Faire-Ding, oder? Und das beginnt nicht vor Juli. Bis dahin wird diese ganze Fake-Freundin-Sache längst vorbei sein.»

«Ah. Also willst du es wirklich tun.» Emily blickte selbstgefällig drein, während sie ihren Latte schlürfte.

Ich tat einen langen Seufzer. «Wahrscheinlich.»

Lächelnd sah sie mich an. «Du bist zu nett.»

Das ließ mich stutzen. «Ich?» Das musste das erste Mal sein, dass mir jemals jemand vorgeworfen hatte, nett zu sein, geschweige denn zu nett. Ich mochte mich selbst ganz gern, und ich mochte einen kleinen Kreis von Leuten. Aber das war’s dann auch schon.

Emily nickte. «Ja, du. Weißt du, als ich hierhergezogen bin, hast du noch mit kaum jemandem geredet. Jetzt bist du in zwei Buchclubs –»

«Nur weil der in meiner Nachbarschaft immer so deprimierende Bücher aussucht», warf ich ein. «Der hier im Buchladen macht mehr Spaß.» Zwei Bücher im Monat zu lesen machte mich noch nicht nett. Oder?

Aber Emily machte weiter, als hätte ich gar nichts gesagt: «– und jetzt gibst du dir solche Mühe, einem Freund zu helfen. Als Nächstes wirst du dich noch freiwillig melden, um beim Festival mitzumachen.»

Ich schnaubte. «Das bezweifle ich stark. Ich habe nicht die Möpse für ein Korsett.»

«Ich etwa?» Sie zog die Augenbrauen hoch, und jetzt hatte sie mich. Verzweifelt suchte ich nach einem anderen Grund. Einem offensichtlicheren.

«Ich bin nicht gesellig, Em. Das weißt du.»

Emily zog wissend die Brauen hoch. «Zwei Buchclubs.»

Mit schmalen Augen sah ich sie an, während ich meinen Latte austrank. «Halt die Klappe.»

*

Zu meiner Überraschung war Caitlin zu Hause, als ich dort ankam. Sie saß am Esstisch, Schulbücher und Laptop offen vor sich.

«Ich dachte, du wärst im Einkaufszentrum.»

Caitlin schaute kaum von ihrer Arbeit hoch. «Nö. Syd konnte sich irgendwie nicht entscheiden, und dann ist ihr Freund aufgetaucht, und es war kein Mädelstag mehr. Ich war das dritte Rad am Wagen.»

Ich gab einen mitfühlenden Laut von mir. «Und dann kommst du lieber nach Hause und machst Hausaufgaben? Das ist wirklich übel.»

«Genau.» Ihr Mund war zu einem festen Strich zusammengepresst, und sie blätterte ein bisschen zu nachdrücklich eine Seite in ihrem Buch um. Diesen Ausdruck hatte ich schon mal gesehen, aber für gewöhnlich bei mir selbst. Es gefiel mir nicht, dass meine Kleine mit nicht mal achtzehn Jahren schon so zynisch klang.

Das erinnerte mich an etwas. Ich zog den blauen Umschlag aus meiner Tasche. «Hier hast du das zurück.» Ich schob die Karte über den Tisch zu Caitlin. «Die willst du vermutlich behalten, oder?»

«Ich … schätze schon?» Caitlin nahm den Umschlag mit der Karte entgegen, als wäre es Plutonium und sie hätte keinen Schutzanzug.

Ihr Tonfall ließ mich stutzen. «Hey. Was denkst du, Kleine?»

«Ich …» Erneut betrachtete sie die Karte, dann sah sie zu mir hoch, bevor sie den Laptop zuklappte und beiseiteschob. «Ich meine, ist es nicht merkwürdig, dass er mir jetzt auf einmal schreibt? Das hat er noch nie getan.»

«Ja», antwortete ich, wobei ich mich um einen möglichst neutralen Tonfall bemühte. «Das ist schon irgendwie merkwürdig.»

«Also … will er irgendwas? Soll ich mich mit ihm treffen? Machen wir das ab jetzt so? Will er plötzlich mein Dad sein?»

In Anbetracht all dieser Fragen stieß ich hörbar den Atem aus und setzte mich neben sie an den Tisch. Ich hasste den traurigen, unsicheren Ausdruck auf Caitlins Gesicht und wollte Robert am liebsten aufspüren und umbringen, weil er ihn verursacht hatte. Wie konnte er es wagen? Wie konnte dieser Mistkerl es wagen, unserem … meinem Kind das anzutun. «Nun», sagte ich vorsichtig. «Es liegt an dir. Er hat dir diese Karte geschickt, und du kannst darauf antworten, wenn du willst. Wenn du das nicht willst, ist das auch okay. Aber abgesehen davon – ob er jetzt dein Dad sein will, weiß ich nicht.» Ich bezweifelte es. Aber das würde ich ihr nicht sagen. Denn da war dieser kleine Funken einer Chance, dass er es ernst meinte. Vielleicht hatte er wirklich auf die letzten achtzehn Jahre zurückgeblickt und sich gewünscht, er wäre ein besserer Mann gewesen. Ein besserer Vater.

Ja, da war dieser kleine Funken einer Chance. Aber mein zynisches Herz glaubte nicht daran.

«Ich …» Cait tippte mit dem Rand der Karte auf den Tisch, während sie angestrengt nachdachte. «Ich glaube, ich würde ihn gern treffen? Ihn vielleicht kennenlernen. Wäre das okay?»

«Natürlich –», setzte ich zu einer Antwort an, doch Caitlin war noch nicht fertig.

«Aber ich will deine Gefühle nicht verletzen, weißt du? Ich will nicht, dass du glaubst, du würdest mir nicht reichen, oder …»

«Oh, Schatz.» Ich nahm ihr die Karte ab, um sie beiseitezulegen, bevor ich ihre Hand ergriff. «Nein. Meine Gefühle haben überhaupt nichts damit zu tun. Das musst du verstehen, okay? Melde dich bei ihm, melde dich nicht bei ihm, tu, was sich für dich richtig anfühlt. Nicht für mich.»

«Okay …» Aber sie sah immer noch unsicher aus, und das versetzte meinem Herzen einen Stich.

«Na komm.» Ich drückte ihre Hand ein weiteres Mal, bevor ich aufstand. «Die Hausaufgaben können warten. Schalten wir den Fernseher ein und schauen uns irgendeinen hirnlosen Quatsch an.»

Caitlin legte den Kopf schräg. «Popcorn zum Mittagessen?»

«Klar», sagte ich. «Warum nicht?»

Das brachte mir ein Lächeln ein. Noch dünn, aber aufrichtig. «Mit M&Ms im Popcorn?»

Ich schnaubte übertrieben. «Als ob du mich überhaupt nicht kennen würdest.» Diesmal ließ ihr Lächeln auch ihre Augen funkeln, weshalb ich mich schon besser fühlte, als ich in die Küche ging, um das Popcorn zu machen.

Ich starrte die Mikrowelle an, als hätte sie etwas mit diesem ganzen Schlamassel zu tun. Gottverdammt, Robert. Du bist vor Jahren abgehauen. Hättest du nicht wegbleiben können? Ein enges Gefühl in meiner Brust sagte mir, dass die Dinge sich bald gewaltig verändern würden. Ich wollte nicht mehr an meinen Ex-Mann denken und überlegen, was er sich wohl davon versprach, nach all dieser Zeit Kontakt zu Caitlin aufzunehmen. Dann wanderten meine Gedanken zu Mitch und zu dem, was er wollte. Viel direkter, aber gleichzeitig viel trügerischer.

Ich seufzte erneut. In all diesen Jahren hatte es nur Cait und mich gegeben, ohne dass wir uns den Kopf darüber zerbrechen mussten, was ein Mann wollen könnte. Diese Entwicklung gefiel mir nicht. Sie gefiel mir nicht im Geringsten.

3

Ein Haufen Dinge ging mir gleichzeitig durch den Kopf. Mein Ex-Mann, der sich nach Jahren der Funkstille wieder in unser Leben drängte. Mitch, der mich plötzlich bat, eine größere Rolle in seinem Leben zu spielen, wenn auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Und natürlich diese allgegenwärtige Liste von Dingen, die ich unserer Maklerin zufolge tun musste, um das Haus vor dem Verkauf auf Vordermann zu bringen.

Die Liste, die sie mir gegeben hatte, war lang. Die Wände in einer neutralen Farbe streichen, was ich erwartet hatte. Neue Fußböden, damit hatte ich auch gerechnet. Die Terrasse hinter dem Haus lasieren, das erschien sinnvoll. Neue Elektrogeräte … Nein. Wozu sollte das gut sein? Wenn ich Tausende Dollar in neue Haushaltsgeräte investierte, konnte ich genauso gut in dem Haus wohnen bleiben. Die Liste ging noch weiter, und ich wurde schon müde, wenn ich sie nur las. Ich würde eine ganze Armee von Handwerkern anheuern müssen, um das alles zu schaffen.

All diese Dinge wirbelten in meinem Kopf herum, bis zwei davon aufeinanderprallten, mitten in einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung für die Arbeit. Ich kramte mein Handy aus der Handtasche, um Mitch eine Nachricht zu schicken. Hast du heute Abend Zeit?

Baseball-Training bis sechs, schrieb er fast sofort zurück. Willst du mich um ein Date bitten, Mama?

Oh, Herrgott noch mal. Nein. Ich komm so um 18:15 Uhr zur Schule, wenn das okay ist.

Weißt du, wo der Trainingsplatz ist?

Ich lebe schon etwas länger in dieser Stadt, schrieb ich zurück. Ich denke, ich finde ihn.

Er antwortete nur mit einem Daumen-hoch-Emoji, und obwohl ich noch ein paar Minuten wartete, nur für den Fall, kam da nichts mehr von ihm. Also machte ich mein Handy aus und widmete mich wieder meiner Tabelle.

An diesem Abend fuhr ich wie gewohnt nach Hause. Aber sobald ich die Stadtgrenze erreicht hatte, warf ich einen Blick auf die Uhr und bog nach links Richtung Highschool ab, anstatt weiter geradeaus zu mir zu fahren. Die Sonne hatte gerade angefangen, hinter dem Horizont zu versinken, aber es war noch genug Tageslicht übrig. Ich lag gut in der Zeit; es war erst wenige Minuten nach sechs.

Als ich auf den Parkplatz der Schule fuhr, war das Baseball-Training gerade zu Ende. Ich brauchte gar nicht nach hinten zum Trainingsfeld zu gehen. Schüler liefen auf dem Parkplatz umher, ein paar der älteren gingen zu ihren Autos, während die jüngeren darauf warteten, dass ihre Eltern sie abholten. Mitch stand am Rand des Parkplatzes neben einem Gebäude und war in eine intensive Unterhaltung mit einem der Kids vertieft. Sie hielten beide einen Baseball in der Hand, und Mitch demonstrierte verschiedene Methoden, ihn zu halten, die der Junge neben ihm nachzuahmen versuchte. Seine Finger waren lang, und soweit ich das sehen konnte, war sein Griff gut, sodass Mitch zufrieden nickte. Als ich näher kam, hob er den Kopf.

«Hey, Mama!»

Ich verdrehte die Augen und ignorierte den mir angebotenen Fistbump. «Ernsthaft? Vor den Kindern?»

Er zuckte mit den Schultern. «Die hören nicht zu.» Er hatte recht; sogar der Junge, dem er den Griff gezeigt hatte, war davongeschlendert. Die Kids scrollten durch ihre Handys, während sie auf ihre Eltern warteten, und unterhielten sich hier und da in kleinen Grüppchen miteinander. «Also, was gibt’s?»

«Nun, ich habe nachgedacht über dein … du weißt schon, diese Sache, um die du mich gebeten hast.» Gott, das klang sogar noch schlimmer, als einfach damit rauszurücken.

«Ach, die Sache?» Seine Augen leuchteten auf, und Fröhlichkeit erhellte sein Gesicht. Aber sein Gesicht war immer fröhlich. Mitch war ein fröhlicher Kerl. «Bist du dabei?»

Ich seufzte. «Ja. Ich bin dabei. Aber es gibt eine Voraussetzung.»

«Eine Voraussetzung?» Er zog die Augenbrauen zusammen. «Du meinst so was wie Regeln? Du kannst mir ein Liste geben, falls das –»

Ich schnaubte. «Nein, ich meine eine Bedingung, so wie: Wenn ich das für dich tue, dann tust du auch etwas für mich.»

«Oh.» Die Verwirrung wich aus seinem Gesicht. «Klar. Was brauchst du? Keine Sorge, ich werde der beste Freund sein, den du je hattest.» Er zwinkerte mir zu, und gegen meinen Willen musste ich lachen. Normalerweise versuchte ich, in Mitchs Gegenwart nicht zu lachen; das ermutigte ihn nur.

«Da bin ich mir sicher.» Er hatte nicht viel Konkurrenz, aber unnötig, das jetzt zu erwähnen. «Ich brauche ein wenig Hilfe.»

Seine Augenbrauen schnellten hoch, und er taxierte mich mit herausforderndem Blick. «Wobei?»

Wie genau schaffte er es, aus diesem einen Wort etwas Zweideutiges zu machen? «Bei meinem Haus», antwortete ich. «Ich muss einiges daran machen lassen, bevor ich es auf den Markt bringen kann, deshalb –»

«Moment mal, du ziehst um?» Seine Mundwinkel fielen herab, und seine bestürzte Miene traf mich in der Magengrube. Ich war nie auf den Gedanken gekommen, dass es irgendjemanden kümmern könnte, dass ich vorhatte, Willow Creek zu verlassen. Meine eigene Schwester hatte kaum reagiert, als ich es ihr gesagt hatte. Warum machte es Mitch etwas aus?

Ich wischte den Gedanken beiseite. Er hatte wahrscheinlich Angst, dass ich weggehen könnte, bevor ich ihm bei seiner Familienfeiersache helfen konnte. «Ja, aber jetzt noch nicht. Wenn du willst, dass ich deine Freundin spiele, musst du bei mir vorbeikommen und mir dabei helfen, meine Terrasse zu streichen.»

Er sah mich mit schmalen Augen an, und ich hielt mit festem Blick dagegen; ich würde dieses Wettstarren nicht verlieren. Schließlich nickte er.

«Okay. Das ist nur fair.» Wieder kniff er die Augen zusammen, diesmal jedoch nachdenklich. «Hast du sie gerade gebaut?»

Das ließ mich auflachen – schöne Vorstellung, wie ich einen Hammer schwang und diese Terrasse zusammenzimmerte. «Nein, ich habe sie schon vor längerer Zeit bauen lassen.»

«Hmm.» Er legte den Kopf schief und sah aus, als würde er im Geiste ein paar Berechnungen durchführen. «Dann solltest du sie sauber machen, bevor du sie streichst. Hast du einen Hochdruckreiniger?»

Ich blinzelte verdutzt. «Äh. Nein.» War das etwas, das ich haben sollte? «Kann man so was mieten?»

Er winkte ab. «Nicht nötig. Mein Dad hat einen. Ich bringe ihn dir morgen vorbei, und dann können wir nächstes Wochenende die Terrasse streichen.»

«Nächstes Wochenende … Moment mal. Ist da nicht das Vorsprechen fürs Festival? Musst du da nicht dabei sein?» Je näher die Ren-Faire-Zeit rückte, desto aufgeregter wurde Caitlin, also hatte ich das definitiv auf dem Schirm. Mitch war noch jemand aus dieser Stadt, der von Anfang an fester Bestandteil dieser Veranstaltung gewesen war, genau wie Simon. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich das entgehen lassen wollte.

Aber er zuckte mit den Schultern. «Ach was. Ich glaube nicht, dass es Simon etwas ausmacht, wenn ich das Vorsprechen schwänze.»

Ich hatte das Gefühl, dass es Simon sehr wohl etwas ausmachen würde, aber ich wollte nicht mit Mitch darüber streiten. «Also gut. Dann komm irgendwann vormittags vorbei. Wann immer du willst, ich stehe sowieso früh auf. Wir können unsere Strategie besprechen, während wir arbeiten.»

«Strategie? Was für eine Strategie braucht man denn, um eine Terrasse zu streichen? Wir besorgen Lasur, wir streichen sie aufs Holz. Zack, fertig.»

Ich verdrehte die Augen so heftig, dass mir der Kopf in den Nacken fiel. «Für das Familiendinner.»

«Oh.» Er wirkte nachdenklich. «Gute Idee.»

«Keine Angst», sagte ich. «Ich werde dich nicht den ganzen Tag in Beschlag nehmen. Du kannst am Samstagabend noch ausgehen.»

Er sah mich verständnislos an. «Samstagabend? Habe ich Pläne, von denen ich nichts weiß?»

Ich legte den Kopf schräg. «Ist Samstagabend nicht deine beste Aufreißzeit?»

«Witzig.» Er hatte angefangen, sich umzusehen, während wir uns unterhielten, und sein Blick wanderte über die Kinder, die immer noch hier herumliefen. Mit etwas Verspätung ging mir auf, dass er für all diese Kinder verantwortlich war und sicherstellen musste, dass ihre Eltern sie abholten und sie ohne Zwischenfall nach Hause kamen. Ich hätte wahrscheinlich nicht hier auftauchen sollen, um ihn abzulenken, aber es schien ihn nicht zu stören. Der Mann war multitaskingfähig.

«Witzig?» Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Wand des Gebäudes und streckte mich ein wenig. Ich saß den ganzen Tag, hatte dazu noch eine ziemlich lange Fahrt zur Arbeit und wieder zurück. Mein SUV war bequem, aber ich verbrachte einen zu großen Teil meines Tages im Sitzen und bekam nicht viel Bewegung. Am Abend war mein Rücken immer steif. Mein Blick wanderte zur Laufbahn hundert Meter rechts von uns, neben dem Hauptgebäude. Manchmal vermisste ich das Laufen.

Diesen Gedanken schüttelte ich ab. Warum nur machte mich Mitchs Gegenwart in letzter Zeit so nachdenklich? «Was ist daran witzig? Ich habe dich schon oft im Jackson’s gesehen. Ist das nicht das, was du da tust?»

«Ach.» Er zuckte mit den mächtigen Schultern unter seinem T-Shirt. «Es verliert seinen Reiz, wenn du die Wahrheit wissen willst. Ich lande oft nur dort, weil es in dieser Stadt sonst nicht viele Möglichkeiten gibt.»

Ich musste zugeben, dass er damit nicht ganz unrecht hatte. «Also gut. Wir können –»

«Nichts da!» Mitchs Stimme war schroff, und ich zuckte bei ihrem Klang zusammen. Was meinte er mit «nichts da»? Er war doch derjenige gewesen, der den Samstag vorgeschlagen hatte. Aber er redete gar nicht mit mir. Er hatte die Hand ausgestreckt und einen der Jungen, die an uns vorbeiliefen, hinten am Kragen seines T-Shirts gepackt. «Sag das noch mal», befahl er dem Jungen, der in Mitchs Griff zappelte wie ein frisch an Land gezogener Fisch.

«Ach, kommen Sie schon, Coach. Ich hab’s nicht so gem–»

«Sag. Das. Noch. Mal.» Mitchs Stimme war tief und gefährlich, und ich wollte mir nicht eingestehen, dass mir bei seinem Tonfall ein Schauer über den Rücken lief. Ich hatte nicht gehört, was der Junge gesagt hatte; die kleine Gruppe war vorbeigegangen, als wir geredet hatten. Aber wie ich schon sagte: Multitasking.

Schnaubend pustete sich der Junge die aschblonden Ponyfransen aus den Augen. «Ich hab nur über die Geburtstagsparty von meinem kleinen Bruder geredet. Die war so doof. Wer spielt denn heute noch Laser Tag?» Mit einer Etwa-nicht?-Miene schaute er zu Mitch hoch, doch dessen Gesicht blieb steinern. Nach einem zehnsekündigen Wettstarren schnaubte der Junge erneut. «Ich hab gesagt, es war schwul», murmelte er.

«Ja», erwiderte Mitch, seine Stimme und Miene immer noch steinhart. «Das hast du.» Er ließ das Shirt des Jungen los. «Also lauf deine Runden.»

«Ach, kommen Sie schon! Das Training ist grad zu Ende, und meine Mom wird bestimmt in fünf Minuten hier sein.»

Mitch zuckte mit den Schultern. «Nicht mein Problem. Du kennst die Regeln. Das war eine Beleidigung. Solche Sachen sagen wir in meinem Team nicht. Also entweder du läufst deine Runden, oder du bist raus aus dem Team. Deine Entscheidung. Ich sag deiner Mom, wo du bist, falls sie kommt, bevor du fertig bist.»

«Argh.» Er ließ seinen Rucksack von der Schulter fallen und warf ihn trotzig gegen die Wand. «Erzählen Sie ihr nicht, was ich gesagt habe, okay?»

«Geh.» Mitch zeigte zur Laufbahn, die ich vorhin sehnsüchtig betrachtet hatte, und der Junge trabte in diese Richtung.

«Wow», sagte ich, als der Junge außer Hörweite war und seine Freunde sich verdrückt hatten. «Du bist ein ziemlich strenger Lehrer.»

Mitch zuckte mit den Schultern. «Ich mag’s nicht, wenn Leute dieses Wort so benutzen.» Er nahm die gleiche lässige Haltung ein wie ich und lehnte sich an die Wand, doch es lag Anspannung in seinen Schultern. «Wenn ich sie dabei erwische, lasse ich sie eine Meile um den Platz laufen. Sie kennen die Regeln.»

«Das ist … das ist gut.» Die Welt war hässlich genug, und wenn Mitch sie ein kleines bisschen netter machen konnte, einen Kleinstadtjungen nach dem anderen, dann nur zu.

«Wie auch immer.» Seine Miene hellte sich auf, und seine Schultern sanken herab. Als er den Kopf im Nacken rollte, hörte ich ein schwaches Knacken. Ich hatte Mitch immer für einen Typen gehalten, den nichts wirklich kümmerte, aber er kümmerte sich. Um viele Dinge. Hm. «Nächsten Samstag?»

«Nächsten Samstag.» Ich nickte. «Abgemacht.»

*

Und tatsächlich, als ich am nächsten Abend von der Arbeit nach Hause kam, lehnte eine merkwürdige Gerätschaft an meiner Tür. Ganze dreißig Sekunden lang war ich völlig perplex, bis mir wieder einfiel, dass Mitch mir seinen