A very grumpy Christmas - Claire Kingsley - E-Book
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A very grumpy Christmas E-Book

Claire Kingsley

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Beschreibung

Holy Night, Grumpy Night.

Elias Stoneheart hasst Weihnachten - und Tilikum, die Stadt in der er aufgewachsen ist. Jetzt lebt er in der Großstadt, wo nicht Klatsch und Tratsch an der Tageordnung sind und er steht kurz davor den größten Schritt seiner Karriere zu machen. Es fehlt allerdings noch ein Deal: er muss die Cook Familie dazu bringen ihre Weihnachtsbaumfarm an ihn zu verkaufen. Eigentlich kein Problem, schließlich steht das Unternehmen kurz vor dem Bankrott. Doch leider hat er es dabei mit Isabell Cook zu tun. Störrisch und sentimental hängt ihr ganzes Herz an der Farm. Und leider ist sie auch seine Exfreundin. Doch für Elias steht fest: er wird diesen Deal machen und sich jeglichem Weihnachtszauber entziehen …

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Seitenzahl: 449

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Holy Night, Grumpy Night

Elias Stoneheart hasst Weihnachten - und Tilikum, die Stadt in der er aufgewachsen ist. Jetzt lebt er in der Großstadt, wo nicht Klatsch und Tratsch an der Tageordnung sind und er steht kurz davor den größten Schritt seiner Karriere zu machen. Es fehlt allerdings noch ein Deal: er muss die Cook Familie dazu bringen ihre Weihnachtsbaumfarm an ihn zu verkaufen. Eigentlich kein Problem, schließlich steht das Unternehmen kurz vor dem Bankrott. Doch leider hat er es dabei mit Isabell Cook zu tun. Störrisch und sentimental hängt ihr ganzes Herz an der Farm. Und leider ist sie auch noch seine Exfreundin. Doch für Elias steht fest: er wird den Deal machen und sich jeglichem Weihnachtszauber entziehen …

Über Claire Kingsley

Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen. Ein Leben ohne Kaffee, E-Reader und neu erfundene Geschichten ist für sie nicht vorstellbar. Claire Kingsley lebt mit ihrer Familie im pazifischen Nordwesten der USA.

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Claire Kingsley

A very grumpy Christmas

Aus dem Amerikanischen von Ivonne Senn

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

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Zitat

1. KAPITEL

Elias

2. KAPITEL

Isabelle

3. KAPITEL

Isabelle

4. KAPITEL

Elias

5. KAPITEL

Elias

6. KAPITEL

Isabelle

7. KAPITEL

Isabelle

8. KAPITEL

Elias

9. KAPITEL

Elias

10. KAPITEL

Isabelle

11. KAPITEL

Elias

12. KAPITEL

Elias

Elf Jahre alt

13. KAPITEL

Isabelle

14. KAPITEL

Elias

15. KAPITEL

Elias

16. KAPITEL

Isabelle

17. KAPITEL

Elias

18. KAPITEL

Isabelle

19. KAPITEL

Elias

Achtzehn Jahre alt

20. KAPITEL

Isabelle

21. KAPITEL

Elias

22. KAPITEL

Elias

23. KAPITEL

Isabelle

24. KAPITEL

Elias

25. KAPITEL

Elias

26. KAPITEL

Isabelle

27. KAPITEL

Elias

28. KAPITEL

Elias

29. KAPITEL

Isabelle

30. KAPITEL

Elias

31. KAPITEL

Isabelle

32. KAPITEL

Elias

33. KAPITEL

Isabelle

34. KAPITEL

Elias

35. KAPITEL

Isabelle

36. KAPITEL

Isabelle

37. KAPITEL

Elias

EPILOG — Elias

BONUS-EPILOG — Isabelle

DANK

Impressum

Lust auf more?

»Ich werde Weihnachten im Herzen ehren und versuchen, es über das Jahr hindurch aufzuheben.«

Eine Weihnachtsgeschichte, Charles Dickens

1. KAPITEL

Elias

Der Coffeeshop in der Lobby sah aus wie das uneheliche Kind eines kitschigen Weihnachtsfilms und eines hässlichen Weihnachtspullovers. Silberne Girlanden wanden sich über den Tresen, überall hingen funkelnde Lichterketten, und in der Ecke stand ein mit bunten Blinklichtern und Ornamenten behängter Weihnachtsbaum.

Beinahe hätte ich mich umgedreht und wäre wieder gegangen.

Und dann die Musik. Meinten die das ernst? Es war Anfang November, mussten sie da schon diese Lieder spielen?

Eine ominöse Stimme in meinem Hinterkopf sagte: Es geht los.

I’m dreaming of a white Christmas …

Nein, das tat ich nicht. Ich träumte von einem Becher Dark Roast – der Kaffee hier war ausgezeichnet –, und der Schuss irischen Whiskeys, den ich dazugeben würde, würde mir helfen, den Rest dieses alptraumhaften Nachmittags zu überstehen.

Wirklich, wenn ich von etwas träumen könnte, wäre es ein verlassener Strand in den Tropen mit einer umwerfenden Frau in einem durchsichtigen Etwas. Doch ich hatte zu viel Arbeit auf dem Tisch, um diesen Traum wahrzumachen.

Was noch ein Grund dafür war, warum dieser Tag an meinen Nerven zerrte. Wer setzte eine Weihnachtsfeier für Anfang November um drei Uhr nachmittags an?

Offenbar mein Boss. Vielleicht hatte ihn auch die Personalabteilung dazu überredet. Jedenfalls war es einfach nur ätzend, Anfang November eine kitschige E-Mail-Einladung mit Schneemännern und Zuckerstangen für eine Weihnachtsparty zu bekommen. Es war mir egal, dass dann mehr Leute teilnehmen konnten, weil alle im Dezember so viel zu tun hatten. Mir jedenfalls wurde es so erschwert – oder beinahe unmöglich gemacht – zu behaupten, ich hätte schon andere Pläne.

Nicht, dass ich jemals Weihnachtspläne gehabt hätte. Aber im Dezember hätte ich es behaupten können, und niemand hätte es hinterfragt. Anfang November jedoch? Da ist es schwer, eine Ausrede zu finden.

Außerdem hatte ich vor, dieses Jahr ganz oben mitzuspielen, was bedeutete, dass ich nach meinem Außer-Haus-Termin ins Büro zurückkehren und mich auf der Party zeigen musste.

Die Weihnachtsmusik, die ringsum vor sich hindudelte, sorgte dafür, dass mein Nacken sich verspannte und mein Kiefer genervt zuckte. Die Lady vor mir erlitt offenbar gerade eine Entscheidungskrise. Sie brabbelte ohne Punkt und Komma auf die Barista ein. Ihr Lachen ging mir beinahe ebenso sehr auf die Nerven wie die Musik. Ich musste mich zusammenreißen, um sie nicht anzuknurren, damit sie mir aus dem Weg ging.

Endlich bestellte sie etwas und bezahlte. Ich trat an den Tresen. Die Barista trug ein Stirnband mit blauen und weißen Schneeflocken, die bei jeder Bewegung wippten.

»Frohe Feiertage!« Ihre Augen waren viel zu groß, was sie ein bisschen verrückt wirken ließ. Oder vielleicht hatte sie nur zu viel Koffein intus. »Was darf es für Sie sein?«

»Ein einfacher schwarzer Kaffee in einem großen Becher.«

»Ist der große Becher für die Milch?«

»Nein. Für den Whiskey.«

»Sind Sie sicher, dass Sie nicht unsere spezielle Feiertagsmischung möchten?«

Wieder zuckte der Muskel in meinem Kiefer. Ich hasste es, hinterfragt zu werden. »Ja.«

»Okay, kein Problem. Aber sie ist wirklich gut, und wir bieten sie nur für kurze Zeit an.«

Ich hatte keine Ahnung, warum sie glaubte, dass mich das interessieren würde. Sie sah mich weiter mit diesen riesigen, verrückten Augen an und hatte unerklärlicherweise ein Lächeln im Gesicht.

Da sie sich nicht rührte, zog ich meine Kreditkarte aus dem Portemonnaie und hielt sie ihr mit finsterem Blick hin.

»Oh, sorry.« Lachend tippte sie meine Bestellung ein.

Ich bezahlte, doch das zu breite Lächeln blieb auf ihrem Gesicht.

Ich runzelte die Stirn. »Warum lächeln Sie so?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich liebe die Vorweihnachtszeit. Sie etwa nicht?«

Ich warf ihr einen leicht angewiderten Blick zu. »Nein.«

Das sorgte endlich dafür, dass dieses nervtötende Grinsen verschwand. Ich trat ein paar Schritte zur Seite und wartete auf meinen Kaffee, wobei ich sowohl das Glas für die Trinkgelder als auch ihr halbherziges »Einen schönen Tag noch« ignorierte.

Sie meinte es nicht ehrlich, und mein Tag würde nicht schön werden.

Es ist die wundervollste Zeit im Jahr …

Nein, war es nicht.

Hätten sie nicht wenigstens bis nach Thanksgiving warten können? Nicht, dass mir dieser Feiertag wichtig gewesen wäre – oder überhaupt irgendein Feiertag. Aber dieser zusätzliche Monat der vorweihnachtlichen Freude vermieste mir das Leben.

Mein Kaffee kam, und ich verließ den Laden, so schnell ich konnte. In der Lobby waren mehrere Leute damit beschäftigt, einen großen Baum in einem der Fenster zu schmücken, die zur Straße hinausgingen. Ich verdrehte die Augen und ging zu den Fahrstühlen.

Idioten.

Vor den Fahrstühlen stand eine Frau, die eine große Ledertasche über der Schulter trug. Sie summte etwas vor sich hin. Was war das für eine Melodie? Jingle Bells? Ich konnte das leise Knurren nicht unterdrücken, das in meiner Kehle rumorte. Ich war diese ganze Sache so leid, und dabei war ich noch nicht mal oben auf der Feier angekommen.

Immer noch summend sah die Frau mich an. Es wirkte, als wollte sie etwas sagen – vermutlich irgendeinen dämlichen Weihnachtsgruß – aber sobald unsere Blicke sich trafen, machte sie ein langes Gesicht und verstummte.

Endlich.

Ding! Ein Fahrstuhl öffnete sich, doch sie rührte sich nicht. Wieder zog ich die Augenbrauen zusammen – was stimmte nur nicht mit den Leuten? – und ging an ihr vorbei. Da sie sich immer noch nicht bewegte, drückte ich auf den Knopf für meine Etage und ließ zu, dass die Türen sich schlossen. Ich wusste nicht, was die Frau für ein Problem hatte – oder warum sie mich angeschaut hatte, als hätte sie gerade einen Geist gesehen –, und es war mir auch egal.

Mit einem weiteren Ding hielt der Fahrstuhl auf meinem Stockwerk an, und ich konnte die Party schon hören, bevor die Türen aufglitten. Gedämpfte Stimmen und Weihnachtsmusik drangen an meine Ohren. Ich atmete tief ein und ergab mich meinem Schicksal.

Der Coffeeshop unten war ja schon schlimm gewesen, aber das hier war mein wahr gewordener Alptraum. Die gesamte Etage war aufs Ekelhafteste in Rot und Grün, Silber und Gold geschmückt. Kränze, Girlanden und Lichter hingen an jeder nur erdenklichen Oberfläche, und wie viele Weihnachtsbäume brauchte man bitte für so eine Feier? Vier? Nein, da stand noch einer im Konferenzraum. Also fünf. Und selbst das laute Rauschen der zahllosen Unterhaltungen half nicht, die Weihnachtsplaylist zu übertönen, die irgendein Trottel für diese Gelegenheit zusammengestellt hatte.

Wenn gleich auch noch Mariah Carey drankam, würde ich wohl kündigen müssen.

Meine Kollegen hatten sich alle der Party entsprechend gekleidet und präsentierten eine schwindelerregende Auswahl grässlichster Weihnachtspullover. Ein paar der Softwareingenieure standen zusammen und amüsierten sich darüber, dass sie alle die gleichen rot-grünen Monstrositäten trugen. Phil aus dem Verkauf hatte eine blinkende Lichterkette um den Hals. Prasad, einer unserer Entwickler, war mit silbernen und goldenen Quasten und einer Weihnachtsmannmütze geschmückt, und Janelle aus der Buchhaltung trug einen Pullover, der eine ihrer Brüste aussehen ließ wie ein Rentiergesicht, komplett mit roter Nase.

Gott steh mir bei.

Ich ignorierte die Festlichkeiten und ging direkt in mein Büro. Es war erst kurz nach drei, doch irgendwo auf der Welt war es bereits fünf Uhr, und auf keinen Fall würde ich das hier ohne einen Drink überleben. Im Konferenzraum gab es vermutlich warmen Eierlikör, aber den trank ich aus Prinzip nicht.

Ich schloss die Tür hinter mir und war sofort von himmlischer Stille umgeben. Nachdem ich den Kaffee auf den Schreibtisch gestellt hatte, holte ich die Whiskeyflasche aus dem Schrank und schenkte mir einen großzügigen Schluck ein. Kurz überlegte ich, ob ich ihn pur trinken sollte, aber ich wollte die Mischung aus Koffein und dem Brennen des Alkohols. Außerdem hieß das Spiel mitzuspielen manchmal auch, derjenige zu sein, der nüchtern blieb.

Die Tür schwang auf, und sofort flutete die grauenhafte Musik mein Büro. Meine Assistentin Alice steckte den Kopf herein.

»Elias?«

»Komm rein und schließ die Tür.«

Sie trat ein und drückte die Tür ins Schloss. »Sorry.«

Alice war vermutlich Ende zwanzig, hatte blonde Haare und … ich wusste nicht, welche Farbe ihre Augen hatten. Oder überhaupt noch etwas über sie. Ich wusste nur, dass sie in ihrem Job gut war und mir nur die Hälfte der Zeit auf die Nerven ging.

So wie jetzt.

Ich sah sie an und trank ich einen Schluck. »Was genau soll das sein?«

Sie blickte an ihrem Strickkleid hinunter – rot mit grünem Saum. Dazu trug sie spitze Schuhe mit kleinen Wolltroddeln. »Das ist mein hässlicher Weihnachtspullover. Oder besser gesagt mein hässliches Weihnachtskleid. Ich schätze, ich bin eine Elfe.«

»Du siehst albern aus.«

Sie stemmte die Hände in die Hüften – was sie in meiner Gegenwart häufig tat. »Tja, und du siehst aus wie ein alter Grinch. Wo ist deine Weihnachtsstimmung?«

»Haben wir uns schon mal gesehen?«, gab ich ausdruckslos zurück.

»Ja. Und den Tag bereue ich bis heute. Außer wenn ich mein Gehalt bekomme. Das macht es beinahe wieder wett.«

Ich verengte die Augen. »Wenn du dich noch mal so anziehst, bist du gefeuert.«

Sie ignorierte mich, obwohl das kein Scherz war. »Kommst du zur Party raus?«

»Ja.«

»Jetzt?«

»Wenn ich so weit bin.«

»Okay. Wenn du kommst, nimm dich vor Demi Simpson in Acht. Sie ist schon total betrunken und versucht, sich bei anderen Leuten auf den Schoß zu setzen.«

Ein Schauer überlief mich. Die nüchterne Demi Simpson war eine ganz normale Frau mittleren Alters. Die betrunkene Demi Simpson war eine Raubkatze auf der Jagd, und das Letzte, was ich brauchte, war, dass sie – wieder einmal – versuchte, ihre Brüste an meinem Gesicht zu reiben.

Noch ein Schauer.

Ich trank einen Schluck und überlegte erneut, ob ich nicht doch den Whiskey pur trinken sollte, bevor ich die Arena betrat.

»Ich glaube, ich gehe jetzt nach Hause«, erklärte Alice. »Ich habe mich für heute genug unters Volk gemischt.«

»Du kannst nicht gehen.«

»Warum nicht?«

»Es ist drei Uhr am Freitagnachmittag. Wo willst du denn hin?«

»Nach Hause? Du weißt schon, der Ort, an dem ich bin, wenn ich mich nicht mit dir altem Griesgram rumschlage?«

»Wir arbeiten noch.«

Sie zeigte auf die Party vor seiner Tür. »Niemand arbeitet hier.«

»Wir beide schon.«

Sie schnaubte, als wäre die Arbeit an einem ganz normalen Tag eine unendliche Belästigung. Ich meine, es war ja nicht so, als würde ich sie darum bitten, am Wochenende reinzukommen. Ich ignorierte also ihren kleinen Anfall und scrollte durch die Nachrichten auf meinem Handy. Nichts, was meiner dringenden Aufmerksamkeit bedurfte.

»Na gut.« Sie öffnete die Tür so weit, wie es nur ging, und marschierte hinaus, ohne sie wieder zu schließen.

Vielleicht würde ich sie wirklich feuern.

Oder auch nicht. Jemand Neues einzustellen wäre die reinste Qual, und ich hatte auch so schon genug zu tun.

Ich gab noch einen Schuss Whiskey in meinen Becher und setzte den Deckel wieder drauf. Dann wagte ich mich in die Höhle der Partylöwen.

Normalerweise war DataStream ein guter Arbeitgeber. Wir waren eine IT-Beratungsfirma mit einem solidem Ruf und hatten uns auf Betreiberlösungen und Datensicherheit spezialisiert. Aus der anfänglichen Handvoll Mitarbeiter war in kürzester Zeit ein blühendes Unternehmen mit über zweihundert Angestellten geworden, und wir wuchsen immer weiter.

Wachstum bedeutete Gelegenheiten. Gelegenheiten bedeuteten Geld. Und Geld bedeutete Erfolg.

Ich wanderte zwischen den kleinen Grüppchen von Leuten umher, die mit ihren Appetithäppchen und Drinks zusammenstanden, sich unterhielten und lachten. Wie es schien, war ich der Einzige, der keinen hässlichen Weihnachtspullover trug. Was mir egal war. Mein einziges Zugeständnis an den legeren Dresscode in unserer Firma war, den obersten Knopf meines Hemds offen zu lassen und die Ärmel umzukrempeln. Ich zog den professionelleren Look eines Gentleman im Anzug vor, aber das entsprach nicht der Unternehmenskultur von DataStream.

Also spielte ich mit. Und es zahlte sich aus.

Ich war schnell aufgestiegen und hatte mich als der finanzielle Magier bewiesen, der ich war. Mein nächstes Ziel war der Posten des CFO.

Von dort aus läge mir die Welt zu Füßen.

»Damien ist da dran, aber ich habe gehört, dass er Schwierigkeiten hat, den Deal abzuschließen.«

Dieser Schnipsel einer Unterhaltung, den ich zufällig mithörte, erregte meine Aufmerksamkeit, und ich blieb stehen. Wenn Damien Barrett mit irgendetwas kämpfte, musste ich es wissen. Ich tat so, als würde ich nicht lauschen, und nippte an meinem Kaffee.

»Was für Schwierigkeiten?«

»Nach allem, was ich gehört habe, will der Landbesitzer nicht verkaufen.«

»Warum sucht er dann nicht nach einer anderen Location?«

»Du weißt, wie Nigel sein kann. Was er will, das will er. Und Damien ist ein Arschkriecher.«

»Das stimmt. Er sollte den Deal besser eintüten. Meine Klienten werden langsam ungeduldig.«

»Meine auch. Die Nachfrage ist da. Wir brauchen nur die Infrastruktur.«

Ich drehte mich weg und ging weiter. Sie hatten recht: Die Nachfrage war da. Seit sechs Monaten schon wollten wir an einem abgelegenen Ort ein sicheres Speicherzentrum bauen. Mindestens die Hälfte unserer Kunden verlangte danach, und die andere Hälfte würde folgen, sobald unser Verkaufsteam es ihnen vorstellte. Damien Barrett – der Fluch meines Lebens und mein einziger Konkurrent um den Posten des CFO – war mit dem Projekt betraut worden. Der Idiot musste nur eine passende Location finden und das Land kaufen. Wie schwer konnte das sein?

Und doch waren inzwischen sechs Monate vergangen, ohne dass wir einen Schritt weitergekommen waren.

Ein Grinsen zupfte an meinen Mundwinkeln. Vielleicht war diese Weihnachtsfeier doch keine so schlechte Idee gewesen.

Ich erblickte meinen Boss Nigel Ferguson. Er war über sechzig, hatte silbergraue Haare und ein markantes Kinn. Auch wenn er sich altersmäßig dem Ruhestand näherte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er die von ihm gegründete Firma je verlassen würde. Er trug eine etwas würdevollere Version eines hässlichen Weihnachtspullovers und wurde gerade von der betrunkenen Demi in der Nähe seines Büros abgefangen. Perfekt. Ich würde ihn vor ihr retten und sein Grundstücksproblem lösen.

Ich ließ meinen Kaffee auf irgendeinem Schreibtisch stehen, drängte mich zielstrebig durch eine Gruppe gackernder Frauen und steuerte auf Demi zu. Sie hatte die Hände auf Nigels Brust gelegt und beugte sich zu ihm vor, während er die Hände in die Luft hielt, wie um möglichst deutlich zu demonstrieren, dass er sie nicht sexuell belästigte.

Ich fing seinen Blick auf und nickte kurz, dann nahm ich Demi am Arm und zog sie ein paar Schritte beiseite.

Sie ließ sich kichernd gegen mich sinken. »Hey, mein Hübscher.«

»Demi, ich kann mir nicht vorstellen, warum dein Mann dich verlassen hat.«

»Was?« Sie lachte erneut. »Flirtest du etwa mit mir, Elias?«

»Nein. Ich halte dich davon ab, dich mit unserem Boss zur Idiotin zu machen.« Ich betonte das Wort extra deutlich. »Geh und sieh zu, dass du wieder nüchtern wirst.«

»Ich bin nicht betrunken.« Erneut kichernd versuchte sie, ihre Hand zwischen meine Hemdknöpfe zu schieben. »Wo ist dein Pullover? Hast du ihn ausgezogen? Ich kann meinen auch ausziehen, wenn du willst.«

»Nicht mal, wenn Nigel mir dafür seinen Job anbieten würde. Du bist echt eine Schande.« Ich gab ihr einen sanften Schubs in Richtung der Fahrstühle. »Ruf dir ein Uber und fahr nach Hause.«

Schmollend zog sie ab.

»Danke.« Nigel richtete seinen Pullover.

»Kann ich dich kurz in deinem Büro sprechen?«

»Elias, das hier ist eine Bürofeier.«

Ich schaute mich um und spürte, wie meine Rückenmuskeln unter der Musik zuckten. »Ich weiß.«

»Fünf Minuten. Dann gehst du und genießt die Party.«

Ich sagte nicht, dass eher die Hölle zufrieren würde, als dass ich eine Weihnachtsfeier genoss. Denn auch wenn ich kein Arschkriecher war, so war ich doch klug genug zu wissen, wann ich besser den Mund hielt.

Und so nickte ich nur und folgte Nigel in sein Büro.

Das natürlich ein Eckbüro war.

Die Fenster umrahmten den atemberaubenden Blick auf den Lake Washington und das Zentrum von Bellevue, einer stetig wachsenden Stadt auf der Seattle gegenüberliegenden Seeseite. Ich beneidete Nigel jedoch nicht wegen der Aussicht oder der schicken Möbel um sein Büro, sondern einzig wegen dem, was es repräsentierte.

Geld. Erfolg. Macht.

Ja, ich war scharf auf den Posten des CFO. Aber das war nur eine Sprosse auf der Karriereleiter. Was ich wirklich wollte, war das hier.

Und ich bekam immer, was ich wollte.

»Was ist so dringend, dass es nicht bis Montag warten konnte?«, fragte Nigel.

»Wie steht es mit dem Grundstück für unser neues Speicherzentrum?«

Sein leises Schnauben sprach Bände. Er war frustriert. »Da scheint es derzeit leider nicht voranzugehen.«

»Haben wir keinen Plan B?«

»Vielleicht. Aber ich würde gern das hier hinbekommen.« Er lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. »Die Lage in den Bergen ist perfekt, um die Bewachung des Gebäudes zu sichern. Das Land da draußen ist günstig. Und es gibt eine Kleinstadt in der Nähe, in der die Angestellten wohnen könnten. Sie hat sogar ein College.«

Etwas an seiner Beschreibung ließ mich aufhorchen. Kleinstadt mit College? Lage in den Bergen?

Das klang sehr nach …

»Wo genau befindet sich das Grundstück?«

»Auf der anderen Seite vom Steven’s Pass am Highway 97. Die Stadt nennt sich Tilikum.«

Ich räusperte mich. »Die kenne ich.«

»Wirklich?«

Das zuzugeben sollte nicht eigentlich kein Problem sein. Wen interessierte es schon, dass ich da mal gelebt hatte? Es war nur eine Kleinstadt, die mir nichts bedeutete.

Oder zumindest jetzt nicht mehr.

Ich schob die Erinnerungen beiseite, die in mir aufstiegen. »Ich habe da als Kind gewohnt.«

»Du machst Witze. Tilikum ist deine Heimatstadt?«

»Nein. Ich habe da nur eine Weile gelebt.«

»Fährst du noch oft dorthin?«

»Nein.«

Leicht fasziniert zog er seine Augenbrauen hoch. Doch ich war nicht hier, um in Erinnerungen an meine Kindheit zu schwelgen. Die ging niemanden etwas an.

Ich war hier, um Damien Barrett zu erledigen.

»Ich habe gehört, dass Damien Probleme hat, uns das Grundstück zu sichern.«

Nigel nickte, und kurz huschte ein Anflug von Frustration über sein Gesicht. »Ich dachte, wir hätten das schon vor Monaten abgewickelt. Es handelt sich um eine Farm, die seit Jahren in Schwierigkeiten steckt, aber Damien scheint die Besitzer nicht überzeugen zu können, an uns zu verkaufen.«

»Wer sind die Besitzer?«

»Faye und Russell Cook.«

Wenn ich noch ein Herz hätte in diesem kalten, leeren Hohlraum in meiner Brust, hätte es beim Klang dieser Namen aufgehört zu schlagen. Aber das hatte ich nicht, also passierte auch nichts.

»Die Cooks kenne ich.«

Wieder hob Nigel die Augenbrauen. »Wirklich? Sind es Freunde der Familie oder so?«

Eher die Eltern des Mädchens, das ich beinahe geheiratet hätte, als ich noch zu jung war, um es besser zu wissen. »So etwas in der Art.« Ich machte eine kleine Pause und behielt meine lässige Haltung bei, als wäre das hier nur ein lockerer Vorschlag und kein kalkulierter Zug. »Soll ich mal mit ihnen reden?«

»Das wäre super. Damien hatte mit ihrer Tochter zu tun.« Er nahm eine Dokumentenmappe von seinem Schreibtisch und fing an, darin zu blättern. »Irgendwo hier drin steht ihr Name.«

»Isabelle.« Ihr Name rollte von meiner Zunge, als würde er nichts bedeuten.

Was gut war. Denn das tat er nicht.

Was bedeutete, dass ich mich um die Angelegenheit kümmern konnte, denn es waren keine Gefühle im Spiel.

»Richtig, Isabelle Cook.« Er hielt mir die Mappe hin. »Wenn du hier Bewegung reinbringen könntest, wäre ich dir sehr dankbar.«

Ich nahm die Mappe entgegen. »Betrachte es als erledigt.«

»Wunderbar. Aber jetzt Schluss mit Arbeit. Los, nimm dir einen Drink und genieß die Party. Um diese Sache kannst du dich am Montag kümmern.«

Ich nickte und vermittelte so den Eindruck, dass ich seinem Rat folgen würde.

Doch stattdessen verließ ich sein Büro und machte mich auf die Suche nach Alice.

Ich fand sie im Konferenzraum, wo sie sich mit einer der Damen vom Empfang unterhielt. Deren Namen wusste ich nicht, aber sie richtete sich auf, als sie mich sah, und streckte den Rücken ein wenig durch, sodass ihre Brüste hervortraten.

»Hi Mr Stoneheart.«

Ich ignorierte sie und drückte Alice die Mappe in die Hand. »Kopier mir die und komm dann in mein Büro.«

»Was? Warum?«

»Weil wir Arbeit zu erledigen haben.«

»Es ist Weihnachts…«

»Weihnachtsfeier? Interessiert mich nicht. Du kannst in deiner Freizeit feiern gehen.«

Alice funkelte mich böse an, während die Empfangsfrau mit den Wimpern klimperte.

»Du wirst mir dieses Jahr ein sehr teures Weihnachtsgeschenk kaufen«, erklärte Alice. »Ich hoffe, das ist dir bewusst.«

»Ich habe dir schon ein Geschenk gekauft.«

»Das war letztes Jahr.«

»Und?«

»Ich werde heute keine Überstunden machen. Ich muss meine Tochter abholen.«

»Noch irgendwelche Forderungen, bevor du deine Arbeit machst?«

»Nein. Das ist alles.«

»Gut. Dann mach jetzt die Kopien und leg das Original auf Nigels Schreibtisch.«

Ihre Antwort wartete ich nicht mehr ab, denn ich wusste, dass sie tun würde, was ich ihr aufgetragen hatte. Und wir hatten zu arbeiten. Ich musste alles über die Farm der Cooks herausfinden. Derzeitige Größe, Anzahl der Angestellten, das Verhältnis von Schulden zu Einkommen.

So wie ich Isabelle kannte – und ich kannte sie –, war sie der Grund für Damiens Schwierigkeiten, den Deal abzuschließen. Isabelle Cook war die starrköpfigste Frau, die ich kannte. Wenn sie etwas nicht wollte, war sie so störrisch wie ein Esel.

Genauer gesagt wie Horace, der Wachesel.

Ob sie das Mistvieh wohl noch hatten?

Ich schloss meine Bürotür und sperrte damit den Lärm der Party sowie diese Erinnerung aus. Wen interessierte schon Horace, der Wachesel? Ich musste mich um Munition für die anstehende Schlacht kümmern. Wenn ich genügend Daten hatte, konnte ich den Deal mit einem Telefonat abschließen. Isabelle war zwar stur, aber das war ich auch.

Und ich würde gewinnen.

2. KAPITEL

Isabelle

Der Rechnungsstapel war Unheil verkündend hoch. Ich nippte an meinem Tee und blätterte durch die Umschläge. Die frühe Morgensonne linste durch das Küchenfenster und warf einen Lichtstrahl auf die Ahornmöbel. Auf den Arbeitsflächen standen Reihen von Einmachgläsern und Konservendosen, und an der Wand hing ein hölzernes Schild mit der Aufschrift Home Sweet Farm. Dieses kleine Schild hatte ich immer geliebt. Aber der Trost, den die Küche meiner Eltern mir bot, reichte nicht, um die Sorgen aufzulösen, die wie Steine in meinem Magen lagen.

So viele Rechnungen.

Wenigstens hatten meine Eltern aufgehört, sie vor mir zu verstecken. Jetzt sammelten sie sie in einem Korb auf dem Sideboard, anstatt sie in eine Schublade zu legen. Das war doch schon mal was.

Mit einem resignierten Seufzer legte ich die neueste Rechnung auf den Stapel. Ein gewisses Maß an Kosten gehörte dazu, wenn man eine Farm führte, aber die Dürre der vergangenen zehn Jahre hatte zu mehreren schlechten Ernten bei unseren Weihnachtsbäumen geführt. Dazu kam eine ganze Liste an Gerätschaften, die in den letzten Jahren hatten ausgetauscht werden müssen, und so war es derzeit finanziell ein wenig eng.

Die Cook Family Farm diente schon seit Jahrzehnten als Heimat für das Tilikum-Weihnachtsdorf. Es hatte damit angefangen, dass meine Eltern auf ihrer Farm Weihnachtsbäume zum Selbstfällen anboten. Im Laufe der Jahre waren dann kleine Stände mit Gebäck und Weihnachtsdekoration dazugekommen, um noch mehr Leute herbeizulocken und dazu zu animieren, ihren eigenen Weihnachtsbaum zu schlagen, und mittlerweile war daraus ein wahres Weihnachtsdorf geworden. Die kleinen Buden waren durch weihnachtlich geschmückte Hütten ersetzt worden, später war noch eine Rentierherde dazugekommen, und es gab die besten Fotos mit dem Weihnachtsmann, die man auf dieser Seite der Cascades kriegen konnte.

Das Dorf war ein wahres Weihnachtswunderland. Und auch wenn es der Farm nicht wirklich Geld einbrachte – wenn wir Glück hatten, kamen wir plus/minus null raus – half es, mehr Leute anzulocken.

Die große Frage war: Würde es reichen, um uns noch ein Jahr über Wasser zu halten?

Die Hintertür ging auf, und Mom kam mit einem Korb frischer Eier herein. Ihre silbrig-grauen Haare trug sie kurz geschnitten, und das einzig Modische an ihr waren die Diamantohrstecker, die sie nie herausnahm. Dad hatte sie ihr zu meiner Geburt geschenkt. Trotz der Kälte, die an diesem frühen Novembertag herrschte – das Wetter hatte über Nacht von zu warm zu beinahe eisig umgeschlagen –, trug sie keinen Mantel, sondern nur ein langärmliges Hemd, eine Steppweste und eine Jeans mit geflickten Knien. Faye Cook war tough. Sie war hier in Tilikum geboren und aufgewachsen und hatte ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet.

»Guten Morgen.« Während sie zum Küchentisch hinüberging, wo sie die Eier abstellte, glitt ihr Blick kurz zu den Rechnungen. »Was machst du hier so früh am Samstagmorgen?«

»Ich hatte keinen Tee mehr.«

»Soll ich dir Frühstück machen?«

»Schon okay. Ich kann mir zu Hause was machen.«

Ich wohnte immer noch hier auf der Farm, aber nicht mehr im Haupthaus. Nach der Highschool hatte ich ein altes Cottage hier auf dem Grundstück renoviert und in ein hübsches kleines Heim für mich verwandelt. Die Farm zu verlassen, war nie wirklich eine Option gewesen. Meine Eltern waren über sechzig – sie hatten mich erst spät bekommen, nachdem sie lange geglaubt hatten, gar keine Kinder kriegen zu können –, und ohne meine Hilfe wäre die Arbeit für sie zu anstrengend gewesen.

Außerdem liebte ich diesen Ort. Die hügeligen, von Bergen umgebenen Felder und die sorgfältig gehegten Reihen aus immergrünen Bäumen. Ganz zu schweigen von der funkelnden Feiertagsfreude, die von dem Weihnachtsdorf ausging.

Mom zog eine Augenbraue in die Höhe. »Hast du überhaupt was im Kühlschrank?«

Gute Frage. Ich hatte schon länger nicht mehr eingekauft. »Vielleicht?«

Sie schüttelte den Kopf. »Lass mich dir ein paar Eier machen. Es ist ja nicht so, als würde es uns daran mangeln. Die Hennen legen noch fleißig.«

»Danke.«

Ich nahm den Stapel an Rechnungen und legte sie wieder in den Korb auf dem Sideboard.

»Hör auf, dich deswegen zu stressen«, sagte Mom und begann, die Eier in eine Schüssel aufzuschlagen. »Das hilft auch nicht.«

»Wer stresst sich denn hier?« Ich setzte mich wieder und legte meine Hände um den warmen Teebecher.

Über die Schulter warf meine Mom mir einen skeptischen Blick zu. »Ich kenne dich, Izz.«

»Ich bin nur gestresst, weil ich hier rumsitze und nichts unternehme. Weißt du was? Vergiss das Frühstück. Ich sollte mich wirklich besser an die Arbeit machen.«

»Stopp.« Ihr Ton hielt mich davon ab, aufzustehen. »Es gibt nichts, das nicht eine halbe Stunde warten kann.«

Seufzend sackte ich auf meinem Stuhl zusammen und trank noch einen Schluck. Vermutlich hatte sie recht. Aber ich war noch nie gut im Stillsitzen gewesen, vor allem nicht, wenn Arbeit wartete oder Probleme gelöst werden mussten.

Und von beidem hatte ich mehr als genug.

»Du arbeitest sowieso schon viel zu hart.«

Mein Vater kam in einem dunkelgrünen Flanellhemd und einer Jeanslatzhose in die Küche. »Wenn das mal nicht wahre Worte sind.«

»Guten Morgen, Dad.«

Er gab mir einen Kuss auf den Scheitel. Er selbst hatte schon vor langer Zeit die meisten seiner Kopfhaare verloren und sich stattdessen einen dichten grauen Vollbart wachsen lassen, um das mangelnde Haupthaar auszugleichen. Seine Haut war von der Arbeit draußen auf der Farm gegerbt, und er hatte die größten Hände, die ich je gesehen hatte.

»Das Frühstück ist in wenigen Minuten fertig.« Mom verrührte die Eier. »Will einer von euch Toast dazu?«

»Für mich nur Eier«, sagte ich.

Dad sah zur Hintertür; die rastlose Energie, die er ausstrahlte, war förmlich greifbar. »Ich esse später, ich …«

»Denk nicht mal daran«, unterbrach Mom ihn, und ihr Befehlston wirkte bei Dad genauso gut wie bei mir. Er setzte sich an den Tisch. »Du hast genügend Zeit, um erst einmal zu frühstücken.«

Sie servierte die Eier, und wir fingen an zu essen. Dabei unterhielten Dad und ich uns über die Farm. Die Liste der Dinge, die noch zu tun waren, bevor wir das Weihnachtsdorf eröffnen konnten, war lang. Dekorationen mussten repariert und aufgebaut werden, die Verträge mit den Händlern warteten auf die letzten Unterschriften, wir mussten Saisonarbeiter anheuern, und dazu fielen natürlich noch die üblichen Farmarbeiten an.

Mom legte die Gabel auf ihren leeren Teller und griff nach ihrem Becher. »Redet ihr beide auch mal über etwas anderes als Arbeit?«

Dad schob sich noch einen Bissen in den Mund, als wollte er so einer Antwort entgehen.

»Zu dieser Zeit im Jahr ist einfach immer besonders viel zu tun«, antwortete ich.

»Das weiß ich genauso gut wie ihr. Aber die Vorweihnachtszeit hat noch nicht mal richtig begonnen, und ihr schuftet bereits sieben Tage die Woche.«

»Das macht nichts. Ich schlafe im Januar, wenn es ruhiger ist und wir wissen, dass wir die Farm vor dem Bankrott gerettet haben.«

»Nimm dir doch wenigstens ein bisschen frei. Selbst wenn es nur ein Nachmittag ist. Es ist Wochenende. Mach was Nettes.« Sie hielt inne, und ihr kleines Räuspern war die einzige Warnung, die ich erhielt. »Wie wäre es, wenn du mal mit einem netten Mann ausgehst?«

Nicht das schon wieder. »Dafür habe ich keine Zeit.«

»Genau das meine ich. Du solltest ein Leben außerhalb der Farm haben.«

»Das habe ich. Morgen treffe ich mich mit Annika und Marigold. Mari schneidet mir die Haare.«

Annika und Marigold waren seit dem Kindergarten meine besten Freundinnen, und sie waren für mich das, was einem Sozialleben am nächsten kam. Doch dem unzufriedenen Blick meiner Mutter nach zu urteilen, war ein Haarschnitt in Marigolds Salon nicht das, was ihr vorschwebte.

»Deine Mom hat recht.« Dad schob seinen leeren Teller von sich.

»Und das von dem Mann, der mal gedroht hat, mich in meinem Zimmer einzusperren, sollte ich jemals einen Freund haben.«

Um seinen Mund zuckte es. »Wenn ich mich recht erinnere, warst du damals fünfzehn. Die Dinge ändern sich.«

»Wir wollen doch nur, dass du glücklich bist«, warf Mom ein.

»Ich bin sehr glücklich. Und wie gesagt, ich habe zu viel zu tun, um auszugehen.«

Mom schwieg und spielte mit ihrer Gabel. Ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr war.

Seufzend wechselte sie einen Blick mit meinem Dad, bevor sie das kurze Schweigen brach. »Damien Barrett hat noch mal angerufen.«

Sofort straffte ich wütend die Schultern. Damien Barrett arbeitete für eine Firma, die meine Eltern davon überzeugen wollte, die Farm zu verkaufen. »Du hast mit ihm geredet?«

»Nein. Er hat eine Nachricht hinterlassen. Aber du weißt …«

»Sag es nicht.« Ich hob eine Hand. »Wage nicht einmal, daran zu denken.«

»Izz, du kannst diese Unterhaltung nicht ewig aufschieben.«

»Doch, kann ich. Ich rede lieber übers Daten.«

»Russell, könntest du ihr bitte ein wenig Verstand einflößen?«

Ich sah meinen Dad an und hob die Augenbrauen.

Er erwiderte meinen Blick für einen Moment, bevor er sagte: »Nein.«

Mom seufzte schwer. »Ich weiß, dass die Farm zu verkaufen die letzte Lösung ist. Aber wir können nicht so tun, als wäre es nicht eine Möglichkeit.«

»Ich werde so tun, als hättest du das V-Wort nicht gesagt.«

»Sie hat recht, Izz.« In der Stimme meines Vaters schwang ein Hauch von Traurigkeit mit. »Das könnte die Gelegenheit sein, die wir brauchen.«

»Gelegenheit? Unsere Farm zu verkaufen ist keine Gelegenheit, sondern eine Niederlage.«

»Wenn wir uns weiter sträuben, gehen sie woanders hin«, argumentierte er.

»Gut. Wir wollen, dass sie sich woanders umschauen. Dieser Damien Barrett kann sich gehackt legen.«

»Er ist ein wenig arrogant, schätze ich«, sagte meine Mom. »Aber so schlimm ist er nun auch wieder nicht.«

»Mom, er ist ein Idiot erster Güte. Sprich nie wieder mit diesem Mann.«

Dad lachte leise, als wäre das Thema amüsant. »Liebes …«

»Was? Zuerst einmal: Ihr Angebot ist beleidigend. Dieses Land ist wesentlich mehr wert. Und zweitens: Wir werden die Farm nicht verkaufen.«

Etwas in dem Blick, den meine Eltern einander zuwarfen, machte mich wütend. Ich hasste es, die Resignation in ihren Augen zu sehen, als wäre ein Scheitern unausweichlich. Ich wusste, dass sie älter wurden und alles ein wenig langsamer lief. Andere Leute in ihrem Alter gingen in den Ruhestand und mussten nicht länger hart arbeiten, nur um ihr Lebenswerk zu erhalten.

Aber sie mussten es ja nicht allein tun. Sie hatten mich.

Ich würde das wieder hinkriegen. Ich wusste noch nicht, wie, aber es musste einen Weg geben.

Zu nervös, um weiter sitzenzubleiben, stand ich auf und stellte mein Geschirr in die Spüle. »Danke für das Frühstück, Mom. Aber jetzt muss ich los.«

»Gern geschehen.«

Neben dem Tisch blieb ich stehen und sah ihnen beiden in die Augen. »Sprecht nicht ohne mich mit diesem Damien-Typen. Ich will nicht, dass er euch übers Ohr haut.«

»Versprochen«, sagte mein Dad. »Aber diese Unterhaltung ist noch nicht beendet.«

Ich widersprach ihm nicht. Oder zumindest nicht laut. In meinem Kopf sagte ich ihm jedoch, dass diese Unterhaltung sowas von beendet war und ich kein weiteres Wort darüber hören wollte, die Farm zu verkaufen. Vor allem nicht an irgendeinen dummen Trottel.

Aber wenn ich das laut gesagt hätte, hätte mein Dad mir nur vorgeworfen, stur zu sein – was überhaupt nicht stimmte –, und dass ich vernünftig sein müsse – was auch nicht stimmte –, und damit wären wir wieder am Anfang.

Reden würde gar nichts bewirken. Härter arbeiten hingegen? Das konnte helfen. Und arbeiten konnte ich.

»Ich hab euch lieb«, sagte ich mit einem hoffentlich überzeugenden Lächeln.

»Wir dich auch«, erwiderten sie im Chor.

Ich verschwand durch die Hintertür, bevor einer von ihnen noch mehr sagen konnte.

Mein Blut kochte, und deshalb fiel mir erst auf halbem Weg zur Scheune auf, dass ich vergessen hatte, eine Jacke anzuziehen. Die kalte Luft schnitt durch mein langärmliges T-Shirt und die Jeans, nur meine Arbeitsstiefel hielten meine Füße schön warm. Egal. Es würde sowieso nicht lange dauern, bis ich bei der Arbeit ins Schwitzen kam.

An der Scheune angekommen, zog ich meinen Pferdeschwanz straff und wollte gerade hineingehen, als das Handy in meiner hinteren Hosentasche vibrierte. Ich zog es heraus. Die Nummer kannte ich nicht, aber die Vorwahl verriet mir alles, was ich wissen musste.

Damien Barrett.

Normalerweise hätte ich die Mailbox rangehen lassen, aber ich war gerade in der richtigen Stimmung für diesen Kerl. Er wollte uns ein Almosen für unser Zuhause und die lebenslange harte Arbeit meiner Familie anbieten? Nur zu, Freundchen.

»Was wollen Sie jetzt schon wieder?«, sagte ich anstelle einer Begrüßung.

»Wie bitte?«

Warte mal. Das war nicht Damien Barrett. Seine Stimme war mehr Tenor, während diese hier Bass war.

Und mir sehr vertraut vorkam. Warum war sie mir so vertraut?

»Sorry, ich dachte, Sie wären jemand anderes. Hier ist Isabelle.«

Die Pause war gerade lang genug, um sich seltsam anzufühlen.

»Isabelle Cook?«

»Ja.«

»Hier ist Elias. Elias Stoneheart.«

Das Blut in meinen Adern gefror, und mein Herz setzte einen Schlag aus.

3. KAPITEL

Isabelle

Der Schock, diese Stimme meinen Namen sagen zu hören, ließ mich erstarren. Ich war sprachlos. Ein Tornado der Gefühle wirbelte durch mich hindurch und ließ nichts als Trümmer zurück.

»Elias?«

Was für eine dumme Frage – er hatte schließlich gerade zweimal seinen Namen gesagt – aber es gelang mir nicht, dem Ganzen einen Sinn zu geben.

»Ja. Es ist eine Weile her, hm?«

Das war die Untertreibung des Jahrzehnts. Ich hatte wie lange nicht mit ihm gesprochen? Elf Jahre? »Was ist los? Ist Dale oder Hattie etwas passiert?«

»Nein. Alles gut.«

Ich stieß den angehaltenen Atem aus. Was Elias Stoneheart anging, hatte ich viele Gefühle – große und meist schlechte –, aber sein Onkel und seine Tante, Dale und Hattie Martin, waren bezaubernd. Sie wohnten in Tilikum, und ich lief ihnen ab und zu über den Weg. Sie lächelten jedes Mal, wenn sie mich sahen, und winkten mir zu, wofür ich dankbar war. Das machte die Sache weniger unangenehm.

»Warum rufst du mich dann an? Bist du in der Stadt oder so?«

»Nein. Ich bin zu Hause.« Er schwieg wieder, was sehr untypisch für ihn war. Er war immer geradeheraus und offen gewesen.

Es hatte eine Zeit gegeben, in der ich das an ihm gemocht hatte.

Jetzt nervte es mich, dass ich mich überhaupt daran erinnerte und überhaupt einmal irgendetwas an diesem Mann gemocht hatte.

»Also, was ist los?«

Er räusperte sich. »Ich arbeite für DataStream. Ihr habt mit meinem Kollegen Damien Barrett gesprochen.«

»Du arbeitest mit Damien zusammen?« Das hätte mich nicht überraschen sollen. Eine Firma, die ein Arschloch anstellte, würde bestimmt auch ein zweites anstellen.

»Ja, leider. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat er euch ein Angebot für das Grundstück deiner Eltern gemacht.«

»Das hat er.« Worauf wollte er hinaus? Mir war immer noch ein wenig schwindelig davon, Elias’ Stimme zu hören. Aber nicht auf die gute Weise. Ganz im Gegenteil.

»Ich würde gern mit dir darüber reden.«

»Über das Angebot?«

»Ja. Hör mal, ich will nicht unprofessionell sein, aber Damien ist ein Idiot. Ich habe das Gefühl, dass er nicht sonderlich gut rübergekommen ist.«

»Das stimmt. Er kam so gut rüber wie eine Spucktüte.«

Er lachte leise. Einst hätte mich dieses Geräusch dazu gebracht, meinen Slip innerhalb von Sekunden fallen zu lassen. Es brauchte Einiges, um Elias zum Lachen zu bringen, aber wenn, dann war es wie flüssiges Gold.

Igitt, was dachte ich da nur? Ich stampfte mit den Füßen auf, als müsste ich mir Schlamm von den Stiefeln treten.

»Das mit Damien tut mir leid. Wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich dafür gesorgt, dass ihr nie mit ihm zu tun habt.«

Ich ging den Kiesweg entlang, der von der Scheune wegführte. Das Kribbeln in meinem Inneren wurde immer schwieriger zu ignorieren. Warum war er so nett zu mir?

Andererseits war das alles lange her. Vielleicht war die Vergangenheit wirklich vergangen.

»Äh, danke. Bedeutet das, dass er uns nicht mehr belästigen wird?«

»Ganz genau.«

Meine Wut und der Schock verblassten langsam. Es war immer noch seltsam, seine Stimme zu hören, aber die Anspannung in meinem Nacken und in meinen Schultern löste sich. »Okay. Danke.«

»Gern geschehen. Ich weiß, dass es vor allem in den letzten paar Jahren für dich nicht leicht war.«

»Mir geht es gut.«

»Das freut mich. Aber die Farm steht vor ein paar Herausforderungen.«

Sofort verspannte sich mein Rücken vor Misstrauen. »Woher weißt du das?«

»Damien hat eine Akte. Ich habe erst gestern von der ganzen Sache erfahren, also musste ich erst einmal gründlich recherchieren. Es sieht so aus, als hätte dein Vater vor einigen Jahren eine zweite Hypothek aufgenommen, die einen sehr ungünstigen Zinssatz hat.«

»Und woher weißt du das?«

»Das ist öffentlich einsehbar.«

Ich hätte es wissen müssen. Deshalb hatte Damien vermutlich angefangen, herumzuschnüffeln. Er hatte die Zahlen unserer Farm recherchiert und eins und eins zusammengezählt. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass wir in Schwierigkeiten steckten.

»Tja, trotz allem, was diese Akte andeuten mag, geht es uns gut.«

Wieder schwieg er, und das Schweigen verriet mir nichts. Glaubte er mir? Blätterte er gerade durch unsere Bankunterlagen? Warum hatte er mich angerufen?

»Bist du dir da sicher?«, fragte er schließlich.

»Ja.«

»Hm.«

Das war so seltsam. Er klang vertraut und irgendwie auch nicht. Gut, als wir das letzte Mal miteinander geredet hatten, war er gerade mal neunzehn gewesen. Also quasi noch ein Kind. Dieser Elias hier klang älter, seine Stimme war tiefer.

Das Kribbeln wuchs zu einem Mahlstrom an.

»Damiens Angebot war natürlich offensichtlich ein Witz«, sagte er.

»Es war eine Beleidigung.«

»Ich weiß nicht, was er sich dabei gedacht hat.«

»Vermutlich, dass er ein paar nette Kleinstadt-Farmer über den Tisch ziehen kann.«

»Was lächerlich ist.«

»Ja. Lächerlich.«

»Ich bin froh, dass wir auf der gleichen Seite stehen.«

Warte mal. Wir standen auf der gleichen Seite? Ich hatte das Gefühl, als wäre mir etwas entgangen. Als würde ich zulassen, dass seine tiefe, samtige Stimme mir zu Kopf stieg.

»Ich auch?«

»Gut.« Erneut eine Pause. »Ich habe deine E-Mail-Adresse hier. Bis zum Ende des Tages schicke ich dir ein neues Angebot. Ich bin mir sicher, dass du es angemessener finden wirst.«

Ich blieb abrupt stehen. »Wie bitte?«

»Ein neues Angebot. Der Vertrag, den Damien aufgesetzt hat, ist eine Katastrophe. Es war richtig von euch, ihn abzulehnen. Aber keine Sorge, ich werde das korrigieren.«

Mir blieb der Mund offenstehen. Das Kribbeln hörte auf und ließ nichts als heiße Leere zurück. »Ein neues Angebot? Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden. Wir wollen kein neues Angebot. Wir verkaufen nicht.«

»Komm schon, Isabelle. Ich habe die Zahlen gesehen. Ich bin mir sicher, dass ihr heldenhaft daran gearbeitet habt, die Farm bis jetzt zu erhalten. Aber es wird Zeit. Ich werde mich darum kümmern, dass deine Eltern gut versorgt sind. Alles wird gut.«

Ich hörte die Lüge in seinem Versuch, mich zu besänftigen. Ihn interessierten weder meine Eltern noch ich. Genau wie Damien wollte er nur die Farm.

»Glaubst du ernsthaft, du kannst mich nach elf Jahren anrufen und überzeugen, die Farm zu verkaufen?«

»Ich versuche nur, dir zu helfen.«

»Ach, das redest du dir also ein?«

»Nein, es ist die Wahrheit. Fakten sind Fakten, Isabelle. Ihr könnt es euch nicht leisten, die Farm zu behalten. Das sieht jeder. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand wie Damien kommen und versuchen würde, deine Eltern um ihr Land zu bringen. Wenn du mit mir zusammenarbeitest, sorge ich dafür, dass ihr einen fairen Preis bekommt.«

»Und was dann?«

»Was meinst du damit?«

»Was passiert mit der Farm, wenn ihr sie kauft?«

»Ist das wichtig?«

»Ja. Sogar sehr wichtig. Damien wollte diese Frage nämlich auch nie beantworten. Das ist Grund dreihundertzweiundfünfzig, warum ich ihm nicht vertraue.«

Elias seufzte, als würde die Unterhaltung ihn langsam nerven. »Meine Firma will auf dem Grundstück ein Speicherzentrum bauen.«

»Die Farm soll also geschlossen werden.«

»Jeder, der das Land kauft, wird die Farm dichtmachen. Sie ist ein Groschengrab.«

Mein Magen zog sich zusammen. »Aber wo soll das Weihnachtsdorf stehen? Wo würden unsere Rentiere unterkommen? Was ist mit Horace und den Hühnern meiner Mutter?«

»Horace lebt noch?«

»Ja. Esel können vierzig Jahre alt werden.«

»Das wusste ich nicht.«

»Aber es stimmt. Und wir können die Farm nicht schließen. Tilikum braucht sie.«

»Tilikum braucht neue Jobs dringender als ein Weihnachtsdorf.«

So, wie er das sagte, mit dieser Geringschätzung in der Stimme, riss der letzte Faden, der mein Temperament im Zaum gehalten hatte. »Ich weiß nicht, für wen du dich hältst. Wir haben seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen, und jetzt rufst du aus heiterem Himmel an und tust so, als würde dir etwas an meinen Eltern liegen. Dabei willst du nur unser Land in deine gierigen Hände kriegen. Tja, weißt du was? Das wird nicht passieren. Wir werden weder an dich noch an deinen arschigen Freund Damien verkaufen.«

»Er ist nicht mein Freund.«

»Als ob mich das interessieren würde!« Zu spät wurde mir bewusst, dass ich diesen Satz geschrien hatte. »Tu dir selbst einen Gefallen und finde ein anderes nettes altes Pärchen, dem du seine Familienfarm abschwatzen kannst. Denn unsere wirst du nicht bekommen. Und wo du schon dabei bist: Vergiss, dass du diese Nummer jemals gehabt hast.«

»Isa…«

Ich legte auf.

Die Finger fest um mein Handy geklammert, schrie ich meinen Frust laut heraus.

»Geht es dir gut?«

Ich wirbelte herum und sah Cole, unseren Farmarbeiter, vor mir stehen. Er zuckte mit erhobenen Händen zurück, als wäre ich ein tollwütiges Tier kurz vor dem Angriff.

»Sorry.« Ich atmete tief durch. »Ich hatte gerade nur eine sehr frustrierende Unterhaltung.«

»Das merke ich. Willst du drüber reden?«

Cole war groß und kräftig – durch und durch ein Farmjunge. Aschblonde Haare, blaue Augen und von der Sonne gebräunte Haut. Er war ein paar Jahre älter als ich und arbeitete schon seit Jahren für meine Familie. Wir waren mal eine Weile zusammen, und er war der netteste Junge überhaupt. Unsere Trennung war bemerkenswert freundschaftlich verlaufen; wir waren übereingekommen, dass wir als Freunde besser dran waren. Und erstaunlicherweise hatten wir damit recht behalten. Ich wusste, dass meine Eltern gehofft hatten, wir würden zusammenbleiben und heiraten – dann hätten wir die Farm gemeinsam geerbt und wären ein süßes Kleinstadt-Farmerpaar geworden. Theoretisch ergab das auch Sinn. Cole war praktisch die männliche Version von mir. Aber in der Realität war unsere romantische Beziehung unbeholfen und ziemlich kümmerlich gewesen. Es hatte sich für uns beide nie richtig angefühlt.

Aber Cole Philips als Freund? Er war großartig, und ich war dankbar, dass wir uns auch zwei Jahre nach unserer Trennung immer noch so gut verstanden.

»Das war Elias Stoneheart.«

Er hob eine Augenbraue. »Oh. Shit.«

»Jap.« Ich nickte in Richtung der Felder. »Ich muss eine Runde drehen, um das abzuschütteln.«

»Klar.«

Ich folgte dem Kiesweg zu der großen Wiese. Cole ging neben mir her.

»Die Farm hat Probleme«, sagte er, und das war keine Frage.

»Ja.« Ich würde ihn nicht anlügen. »Aber ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sie zu retten.«

»Was wollte das Arschloch?«

»Die Farm.«

Cole sah mich unter zusammengezogenen Brauen an. »Warum?«

»Seine Firma will auf dem Land ein Speicherzentrum bauen. Was auch immer das ist. Ich weiß nur, dass er ein Arsch ist und es bedeutet, dass die Farm geschlossen werden würde. Und das Weihnachtsdorf auch.«

»Was? Er kann nicht das Weihnachtsdorf dichtmachen.«

»Ich weiß!«

»Aber habt ihr eine Wahl? Sei ehrlich.«

Während ich weiterging, dachte ich gründlich über seine Frage nach. »Ich weiß es nicht«, gestand ich schließlich. »Ich schätze, jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt herauszufinden, dass ich einen reichen Onkel habe, von dem ich nichts wusste, und der gestorben ist und mir sein Vermögen hinterlassen hat.«

»Oder wir könnten uns mit Harvey Johnston zusammentun und den Montgomery-Schatz finden.«

Er lachte. »Viel Glück dabei.«

Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Harvey Johnston war ein Typ hier aus der Gegend, den die meisten für verrückt hielten. Er kleidete sich wie ein Kerl aus der Goldgräberzeit und wanderte durch die Stadt, wobei er was von Eichhörnchen und dem fabelhaften Schatz der Montgomerys vor sich hinmurmelte. Tilikum war voller Sagen und Geschichten, und die des Schatzes, der in den Bergen vergraben war, existierte schon seit Generationen. Ich selbst glaubte allerdings nicht, dass es diesen Schatz gab.

»Ich bin mir nicht sicher, was ich tun soll«, gestand ich. »Außer mir den Arsch aufzureißen, um sicherzustellen, dass das diesjährige Weihnachtsdorf das Beste von allen wird, damit wir unsere Rechnungen weiterhin bezahlen können.«

»Genau das würde ich auch machen.«

»Tja, dann ist es entschieden. Elias Stoneheart kann seinen Schwanz essen. Wir werden ihm die Farm nicht verkaufen.«

»Das ist die richtige Einstellung.« Er stieß mich mit dem Ellbogen an. »Wieso vergeudest du dann noch deine Zeit hier draußen mit mir? Mach dich an die Arbeit, Faulpelz.«

»Du bist der Faulpelz. Diese Rentiere führen sich nicht von allein auf die Weide.«

»Das ist auch wieder wahr.«

»Danke, Cole.«

»Gern geschehen.«

Ich drehte mich um und ging zur Scheune zurück, wobei ich das Telefonat mit Elias in den Hintergrund schob, indem ich mental meine To-do-Liste aufrief. Hart arbeiten. Mich beschäftigt halten. Das waren die Antworten. So ging ich mit Stress um. Mit Widrigkeiten. Mit allem.

Und irgendwie würde meine harte Arbeit diese Farm retten. Elias Stoneheart glaubte, er könnte sie sich nehmen? Dann wusste er offenbar nicht, mit wem er es zu tun hatte.

Ich würde gewinnen.

4. KAPITEL

Elias

Am Montagmorgen verschandelten die Weihnachtsdekorationen immer noch die Büroräume. Ich hielt kurz an, um den Kranz, den jemand an meine Tür gehängt hatte, abzureißen und auf den Boden zu werfen, und trat in mein Büro. Wenigstens hatte niemand den Mut gehabt, hier drinnen irgendwelchen Weihnachtsschmuck aufzustellen. Ich zog den Mantel aus und setzte mich an meinen Schreibtisch.

Der erste Schluck Kaffee war angenehm heiß und bitter auf meiner Zunge. Beinahe hätte ich heute Morgen den Coffeeshop in der Lobby und die Barista mit den verrückten Augen links liegen lassen, aber ihr Kaffee war gut, und ich war zu stur, um meine Routine zu ändern. Zum Glück hatte sie meine Bestellung heute nicht infrage gestellt und mir auch keine Vorschläge von ihrem Weihnachtsangebot gemacht. Sie hatte nicht mal gelächelt, was ebenfalls eine Verbesserung darstellte.

Natürlich hatte ich ziemlich miese Laune und sie entsprechend angefunkelt, als hätte sie gerade einen Welpen getreten oder mich gebeten, zum Weihnachtsessen mit ihrer Familie zu kommen.

Verdammte Isabelle Cook.

Nach dem frustrierend erfolglosen Telefonat am Samstagmorgen hatte ich ihr Zeit gegeben, sich zu beruhigen, bevor ich versucht hatte, eine Brücke zu bauen und noch einmal mit mir zu reden. Aber sie hatte meinen Anruf abgewiesen und mich direkt auf die Mailbox umgeleitet. Dasselbe hatte sie bei einem späteren Versuch noch mal getan, nur dass sie da die Begrüßung auf ihrer Mailbox geändert hatte: »Hi, das ist die Mailbox von Isabelle. Bitte hinterlassen Sie mir eine Nachricht. Außer Elias. Hinterlass mir keine Nachricht und ruf mich auch nie wieder an.«

Eine Textnachricht an sie hatte mir wenigstens eine Antwort eingebracht: Ich sollte mich verpissen und sie in Ruhe lassen.

Das hier würde schwieriger werden, als ich gedacht hatte.

Alice kam herein. Sie trug eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock. Hoffentlich hatte sie das Elfenkostüm verbrannt.

»Guten Morgen.«

Ich gab nur ein Knurren von mir.

»Die Einkommensnachweise, nach denen du gefragt hast, liegen in deinem Posteingang.«

»Gut.«

»Und die Firma sammelt für eines dieser Programme, die Kindern Weihnachtswünsche erfüllen. Willst du was dazugeben?«

Ich runzelte die Stirn. »Was?«

»Du weißt schon. Um Spielzeug für Kinder zu kaufen, deren Familien sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können.«

»Warum sollte ich mich daran beteiligen?«

»Weil Weihnachten ist?«

»Nein.«

Sie seufzte. »Bella will ein Meeting ansetzen. Bist du heute Nachmittag im Haus?«

»Bella?« Isabelles Spitzname krabbelte wie eine Spinne über meinen Rücken.

»Ja, Bella McDaniel, die Marketingdirektorin?«

Ich trank einen Schluck, um meinen kurzen Anflug von Schwäche zu überdecken. »Was will sie?«

»Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, mehr Geld für ihre Abteilung. Aber sie hat es nicht gesagt.«

»Halte sie hin. Was auch immer sie will, ich werde es nicht genehmigen.«

Wieder seufzte Alice. »Das wird ihr nicht gefallen.«

»Ich mag sie nicht.«

»Du magst niemanden.«

»Das stimmt nicht.«

»Nenn mir eine Person, die du magst.«

Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch es kam nichts. »Du vergeudest meine Zeit.«

»Na gut. Ich sage Bella, dass du dich nächste Woche mit ihr triffst.« Sie senkte die Stimme und murmelte: »Und dabei lasse ich die Information aus, dass du zu geizig bist, um ihr ein vernünftiges Budget zuzugestehen.«

»Das habe ich gehört.«

»Ich weiß. Vergiss nicht, dass ich heute länger Mittagspause mache.«

Ich blickte auf. »Schon wieder?«

»Ich nehme jeden zweiten Montag eine lange Mittagspause. Wegen meiner Tochter. Das weißt du.«

»Kinder sind nervig.«

»Du auch.«

Ich ignorierte ihre Attitüde. »Bleib nicht zu lang. Ich brauche deine Hilfe bei der Recherche für diesen Land-Deal.«

Sie setzte sich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. »Wie genau hast du es geschafft, dieses Projekt an dich zu reißen? Hast du Nigel auf der Weihnachtsfeier betrunken gemacht?«

»Damien kann den Deal nicht zum Abschluss bringen. Ich habe Nigel nur vorgeschlagen, dass ich helfen könnte.«

»Und mit helfen meinst du, Damien bei jeder Gelegenheit zu unterminieren, ihn blöd dastehen zu lassen und hoffentlich dafür zu sorgen, dass er gefeuert wird, während du als Held der Firma gefeiert wirst?«

Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück. »Das klingt wie mein Wunschzettel zu Weihnachten.«

Sie lachte. »Wenn das Ziel ist, dass Damien gefeuert wird, bin ich dabei.«

»Warum?«

»Weil er ein Arschloch ist. Und mich am Freitag auf der Party angemacht hat.« Sie schüttelte sich.