Aber dieses Jahr schenken wir uns nichts! - Mark Spörrle - E-Book
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Aber dieses Jahr schenken wir uns nichts! E-Book

Mark Spörrle

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Beschreibung

Und wie ist es Weihnachten bei Ihnen? Weihnachten, wir wissen's alle, ist das Fest der Liebe und der familiären Idylle. Was aber tun, wenn man beim Weihnachtsessen von der Schwiegermutter kaltlächelnd gemästet wird? Die Nachbarn einem mit grell blinkender Weihnachtsdeko den Schlaf rauben? Man furchtbare Angst hat, beim Kauf des Weihnachtsbaums zu versagen, und obendrein den heuchlerischen Schwur getan hat: «Dieses Jahr schenken wir uns nichts»? Vielleicht ist es da einfach am besten, im Kreis der Liebsten besinnliche Lieder zu singen. Fragt sich nur, ob vor dem Essen oder nach dem Essen. Oder nach der Bescherung? Oder statt der Bescherung ...?

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Mark Spörrle

Aber dieses Jahr schenken wir uns nichts!

Geschichten vom weihnachtlichen Wahnsinn

Mit Illustrationen von Sabine Völkers

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Dieses Jahr schenken wir uns nichts!

Die Schwuchtel-Tasche

Stille Nacht, helle Nacht

«Lass ihn doch!»

Geistige Ummantelung

Espresso? Auf eigene Gefahr!

Karriereknick beim Krippenspiel

Ehemanns Tanne

«Wir singen VOR dem Essen!»

Vom Wahnsinn gepackt

Stalking Claus

Umtausch inkognito

Für Stella, wegen der dieses Buch fast nicht möglich gewesen wäre.

Und für Anne und Jürgen und natürlich ganz besonders für Sabeth, die es doch möglich gemacht haben.

Dieses Jahr schenken wir uns nichts!

«Lass es uns dieses Jahr anders machen», sagte meine Liebste. «Lass uns auf den ganzen Vorweihnachtsstress verzichten! Lass uns lieber mehr Zeit haben, auch füreinander…»

«Gerne», rief ich. «Nur wie?»

«Ganz einfach», sagte meine Liebste, «dieses Jahr schenken wir uns nichts!»

Ich lächelte skeptisch. «Das haben schon andere versucht. Barbara und Till vor zwei Jahren zum Beispiel – weißt du noch, wie sie am Ende heimlich doch Geschenke besorgt hatten und Heiligabend alles brüllend aus dem Fenster warfen? Und dieser wahnsinnige Schriftsteller, der die eigenen Hemden, die seine Frau aus der Reinigung geholt hatte, in Stücke schnitt, weil er dachte, sie seien Geschenke von ihr? Also, ganz ehrlich – ich habe auf so etwas keine Lust!»

Am Ende leisteten wir einen feierlichen Schwur: Wir beide würden uns dieses Jahr nichts zu Weihnachten schenken. Keine Kleinigkeit. Nichts. Rein gar nichts.

Wir unterrichteten Freunde, Bekannte und Verwandte. Ich malte zwei große Transparente, die wir im Hausflur und an unserer Wohnungstür aufhängten («Dieses Jahr schenken wir uns nichts!»), und meine Liebste legte sämtliche verfügbaren Geldsummen auf unseren Bankkonten bis Anfang Januar als Festgeld an.

Tatsächlich verliefen die ersten Tage der Adventszeit so entspannt wie noch nie.

Als wir im Schaufenster der Galerie an der Ecke zufälligerweise dieses blaue Gemälde mit dem Leuchtturm und den Möwen entdeckten, das stilistisch und farblich genau das war, was wir immer fürs Schlafzimmer gesucht hatten, schüttelte ich nur bedauernd den Kopf. «Vielleicht ist es ja nach Weihnachten noch da», sagte ich nebenbei.

«Ich schätze nicht», sagte meine Liebste gleichgültig. «Es ist sehr schön. Aber das macht nichts. Wir werden ein anderes finden. Oder auch nicht. Schlimmstenfalls suchen wir eben noch ein Jahr.»

«Oder auch zwei», sagte ich schulterzuckend und wich einer der traurigen Gestalten aus, die mit bunten überfüllten Tüten an uns vorbeihetzten.

Nur um sicherzugehen, klingelte ich noch am selben Abend bei unseren Nachbarn und bat sie, uns in den nächsten Wochen noch genauer als sonst zu beobachten: Sobald sie einen von uns mit einem Geschenk für den anderen erwischten, beispielsweise mit einem blauen Gemälde, sollten sie es konfiszieren und nach Belieben verwenden.

«Ihr seid sicher, dass ihr euch nicht trotzdem etwas schenken wollt?», fragte Martina von nebenan mit ungläubigem Lächeln. «Nicht mal eine Kleinigkeit?»

«Genau», sagte ich. «Und wir zählen auf eure Hilfe!»

«Aber sich Weihnachten gar nichts zu schenken», rief Martina mir nach, «absolut gar nichts, ist das nicht – herzlos?»

Kopfschüttelnd ging ich in unsere Wohnung zurück.

«Wir bleiben doch dabei», fragte ich meine Liebste beiläufig beim Abendessen. «Dieses Jahr schenken wir uns nichts, oder?»

«Selbstverständlich», sagte sie. «Wieso fragst du?»

Später, wir unterhielten uns über die Tankstelle ein paar Straßen weiter, die seit Tagen geschlossen war, obwohl der Tankwart mir noch zwei Euro schuldete, wechselte meine Liebste nur eine Spur zu abrupt das Thema und erzählte, dass es in dem Delikatessgeschäft neben der Tankstelle tolle neue handgeschöpfte Zartbitterschokoladen gebe, unter anderem mit Biopflaumen und Erdnusspfeffer.

Dabei, fiel mir plötzlich auf, beobachtete sie genau, wie ich reagierte.

«Äh», sagte ich. «Nur, um ganz sicher zu sein: Dass wir uns nichts schenken, gilt auch für Kleinigkeiten wie etwa Schokolade, richtig?»

«Genau», sagte meine Liebste bemüht unschuldig. «Wieso fragst du?»

«Ach, nur so», sagte ich und bemühte mich, meine Enttäuschung zu verbergen. Frauen sind manchmal zu leicht zu durchschauen.

Unglücklicherweise fuhr ich ein paar Tage später mit unserer Nachbarin Martina im Fahrstuhl, als mein Handy zu klingeln begann. Als ich es hastig aus der Tasche zerrte, rutschten die belgischen Pralinen, die ich bei dem völlig überlaufenen Chocolatier in der Innenstadt gekauft hatte, gleich mit heraus.

«Tut mir leid», sagte Martina und hob die Packung vom Boden auf. «Aber das sieht mir schwer nach einem Weihnachtsgeschenk aus. Oder habt ihr es euch anders überlegt…?»

«Nein», seufzte ich. «Nein, haben wir nicht. Es war ein Ausrutscher, eine Gedankenlosigkeit.»

«Macht ja nichts», lächelte Martina. «Ich liebe belgische Pralinen.»

Vielleicht war es besser so gewesen. Am nächsten Morgen, als ich nach dem Frühstück eine Idee notieren wollte, merkte ich, dass die Mine meines Kugelschreibers fast leer war.

«Den hast du auch schon ewig, richtig?», fragte meine Liebste und griff nach dem Stift.

«Ich muss nur eine neue Mine kaufen», sagte ich.

«Ob sich das noch lohnt?», fragte sie und gab ihn mir schnell zurück, als sie meinen Blick bemerkte.

Aber ich wusste Bescheid.

In der U-Bahn kam mir die angemessene Gegenidee: Ihr alter Geldbeutel war nur noch ein formloser Klumpen. Ich beschloss, mein anstehendes Mittagessen mit einem Geschäftspartner in einen Schnellimbiss zu verlegen, ihr von dem gesparten Geld ein neues Portemonnaie zu kaufen und es in unsere Wohnung zu schmuggeln; am nächsten Donnerstag, denn donnerstags arbeitete unsere Nachbarin Martina immer bis spätabends.

Vor dem Aufzug lungerte dafür ihr Mann Dittmar mit einem Buch in der Hand herum.

«Na endlich», sagte er und begann mit geübten Bewegungen meine Taschen zu filzen.

Es dauerte kaum eine halbe Minute, bis er den Geldbeutel in meiner Butterbrotdose gefunden hatte.

«Sorry», sagte Dittmar und ließ ihn in seine Tasche gleiten. «Aber ihr habt es selber so gewollt…!»

Meine Liebste hatte in Sachen Kugelschreiber offenbar auch keinen Erfolg gehabt. Tage später zupfte sie am Ärmel meines schwarzen Lieblingssakkos, das ich eben mit aller Kraft schloss.

«Irgendwann brauchst du mal ein neues», murmelte sie leise.

Ich hatte es trotzdem gehört.

Im Kaufhaus in der City fand ich einen kuscheligen Bademantel, genau so einen, wie sie schon immer gewollt hatte. Ich tauschte ihn gegen zwei noch originalverpackte Hemden ein, die ich erst kürzlich dort gekauft hatte.

Auf dem Heimweg zog ich den Bademantel unter meinen langen Mantel, mied in unserem Haus den Aufzug und nahm die Treppe.

Unser Nachbar von ganz unten, der an seiner Wohnungstür lehnte, ließ sich mit der hübsch verpackten, aber völlig leeren Pappschachtel aus meinem Rucksack abspeisen. An der alten Frau Schmidtke, die gerade vor ihrer Tür wischte, huschte ich mit kurzem Gruß vorbei. Doch dabei verhedderte sich mein Fuß im Saum des Bademantels.

Während ich noch stürzte, war Frau Schmidtke mit einem für ihr Alter erstaunlichen Satz bei mir. Sie schlug meinen Mantel auseinander und sah mich vorwurfsvoll an.

«Wenn Sie mich austricksen wollen, müssen Sie früher aufstehen!», sagte sie. «Oder haben Sie beide etwa Ihren Schwur gebrochen?»

Am nächsten Tag humpelte ich zum Elektroladen.

Dort gab es den beleuchteten Schminkspiegel, den sich meine Liebste schon vor Jahren gewünscht hatte und der ihr immer zu teuer gewesen war. Der Ladenbesitzer erklärte sich einverstanden mit null Euro Anzahlung und hochverzinsten Raten über ein halbes Jahr. Dafür würde er, verkleidet als Stromableser, den Spiegel am folgenden Tag unauffällig liefern und montieren.

«Entschuldigung», sagte der Mann, der neben mir an der Ladentheke stand. «Das sollten Sie sich besser noch einmal überlegen.»

Es war unser Nachbar Professor Pöppelmann.

Ich tat, als hätte ich vor lauter Arbeit ganz vergessen, dass Weihnachten noch nicht vorbei war.

«Es bleibt doch dabei», beharrte ich abends meiner Liebsten gegenüber. «Wir schenken uns dieses Jahr nichts? Wir haben geschworen, dass wir uns nichts schenken, und wir bleiben auch dabei, ist das richtig?»

«Ja, sicher», sagte meine Liebste verwundert. «Das haben wir geschworen, und es bleibt dabei.»

«Wärst du bereit, es noch einmal zu schwören?», hakte ich nach.

«Warum nicht?», lachte sie und hob die Finger. «Ich schwöre feierlich: Dieses Jahr schenken wir uns nichts!»

Ich hätte ihr fast geglaubt. Allerdings sah ich kurz darauf, als ich am Geschäft Nummer eins für Fitnessbedarf vorbeilief, eine gutaussehende Frau, die sich an den Design-Rudermaschinen beraten ließ. Ich brauchte kein zweites Mal hinzusehen, um zu wissen, dass es meine Frau war.

Am letzten verkaufsoffenen Tag vor Weihnachten hatte ich die rettende Idee. Ich installierte am Fenster im Arbeitszimmer einen Flaschenzug mit einem langen Seil, das bis auf die Straße reichte, verließ harmlos pfeifend das Haus und huschte, als die Straße menschenleer war, gebückt in die Galerie an der Ecke.

«Ich interessiere mich für das blaue Bild mit dem Leuchtturm und den Möwen», raunte ich der Verkäuferin zu. «Ich bin zurzeit mit Geld etwas knapp, aber ich möchte Ihnen als Pfand meine Uhr anbieten; sie ist mindestens dreimal so viel wert…»

«Nicht nötig», sagte die Verkäuferin. «Das Bild haben wir heute Morgen verkauft.»

Ich musste nicht fragen, an wen. Meine Liebste hatte mich mit der Rudermaschine in die Irre geführt, um mir dann das Bild vor der Nase wegzuschnappen.

Alles, was ich noch tun konnte, war, einen Gutschein für eine Kurzreise nach Venedig zu basteln, in mühsam bemaltes Zeitungspapier einzuschlagen (wir hatten vorsichtshalber sämtliche Weihnachtspapierreste vom letzten Jahr verbrannt) und in meinem Sakko zu verstecken, bis wir beide an Heiligabend den Weihnachtsbaum entzündeten, uns umarmten und uns, wie geschworen, ganz ohne Geschenke, Frohe Weihnachten wünschten.

«Ich bin froh, dass wir unser Versprechen durchgehalten und uns wirklich nichts geschenkt haben», sagte meine Liebste. «So eine erholsame Vorweihnachtzeit hatte ich noch nie. Lass uns das nächstes Jahr wieder machen!»

«Gerne», sagte ich erleichtert. Später ließ ich das Päckchen aus meiner Sakkotasche ins Altpapier gleiten.

Das blaue Gemälde mit dem Leuchtturm und den Möwen wurde zu Silvester geliefert.

Die Schwuchtel-Tasche

Kurz vor Weihnachten betrat meine Kollegin Lucia mein Büro, schloss die Tür hinter sich und schwenkte etwas.

«Wie findest du diese Tasche?», fragte sie.

Auf den ersten Blick fiel mir nichts auf. Auf den zweiten Blick bemerkte ich, dass die Tasche an den Seiten nach oben zulief und einen aufgesetzten Henkel hatte. Etwa in der Art, wie die Taschen, die die alten Tanten in den Agatha-Christie-Filmen tragen, bevor sie ermordet werden.

«Eine typische Tantentasche», sagte ich. «Hat die jemand hier stehen lassen?»

Lucia sah mich mit leichter Verunsicherung an. «Ich habe sie gerade gekauft», erklärte sie.

«Oh, entschuldige», sagte ich schnell. «Ich wusste nicht… Die Frauentaschen sind jetzt wohl wieder so geformt?»

«Die Tasche ist nicht für mich», korrigierte Lucia tapfer. «Sie ist für Jens.»

Jens ist ihr Lebensgefährte.

«Oh», sagte ich. Und weil mir auch nach einer spannungsgeladenen Pause nichts anderes einfiel, nahm ich den Telefonhörer ab und tat, als befrage ich das Sekretariat nach einem mysteriösen unfrankierten Brief, der auf meinem Schreibtisch gelandet war.

Als ich auflegte, war Lucia immer noch da.

«Ich bitte dich, sei ehrlich», sagte sie. «Eignet sich diese Tasche als Weihnachtsgeschenk?»

[Bild vergrößern]

«Auf jeden Fall», sagte ich.

«Für einen Mann?», beharrte sie.

«Auf jeden Fall!», sagte ich, bemüht, meine Stimme beruhigend klingen zu lassen.

«Für Jens?»

Ich stieß die Luft aus. Ich bin ein ehrlicher Mensch, und Jens ist ein netter Kerl.

«Ich weiß nicht, wie Jens das sieht», sagte ich heftig überlegend. «Ich glaube – aber das ist nur meine Meinung–, dass Männer eher quadratische Taschen mögen. Taschen, die nach Ecken und Kanten, nach echtem Kerl, zumindest nach tollem Laptop aussehen. Vielleicht wäre diese Tasche eher etwas für – Torsten?»

Torsten war ein lieber Kollege, der sehr schwul war.

Lucia starrte mich an.

«Du willst sagen, dass diese Tasche schwul aussieht?», fragte sie.

«Wenn ein Mann sie trägt, vielleicht ein bisschen», räumte ich ein. «Aber wie gesagt, das ist nur meine Ansicht, vielleicht sieht Jens das ganz anders. Und vielleicht will er damit auch ganz andere Dinge als einen Laptop transportieren. Zusammengefaltetes Kuchenpapier zum Beispiel oder diese knautschbaren Sonnenhüte…»

«Es ist eine Laptoptasche», sagte Lucia.

Ich schwieg ratlos. Meinen Telefontrick hatte ich ja schon aufgebraucht.

«Er hatte bis jetzt immer quadratische Laptoptaschen», fuhr Lucia nach einer Weile fort.

«Aber quadratische Taschen – gefallen dir nicht?», fragte ich vorsichtig.

«Das ist es nicht», sagte Lucia. «Es kommt auf die Fächereinteilung an. Jens braucht vier Fächer: eins für den Laptop, eins für Unterlagen, eins für Getränke und Reiseproviant und eins für Wechselwäsche. Proviant und Wäsche müssen unbedingt, darauf besteht er, in zwei unterschiedlichen Fächern sein, sonst kommt es zu einer Katastrophe wie damals in Stockholm.»

«Eine Katastrophe?», fragte ich interessiert.