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Das Einsteigerbuch rund um die Abgabenordnung. Ohne Kenntnisse der Abgabenordnung können in der Praxis Einzelsteuergesetze nicht erfolgreich angewendet werden. Als „Grundgesetz des Steuerrechts“ ist die Abgabenordnung unverzichtbares Rüstzeug für alle, die sich mit Steuern beschäftigen. Leicht verständlich und mit zahlreichen Beispielen und Schaubildern bietet dieses Lehrbuch einen schnellen und fundierten Einstieg in die Grundlagen der Abgabenordnung. Ob Steuerrechtsverhältnisse, Steuerfristen oder Steuerfestsetzungen – selbst Einsteiger ohne Vorkenntnisse schaffen sich mit diesem Buch ein solides Fundament für ihre weitere Ausbildung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Aus dem Inhalt: Systematische, leicht verständliche Darstellung der Grundlagen zum KSt-Recht zu: Grundlagen. Steuerrechtsverhältnis. Fristen, Termine, Wiedereinsetzung. Verwaltungsakt. Steuerliches Ermittlungsverfahren und Steuerfestsetzung. Steuergeheimnis.
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Seitenzahl: 321
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NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne
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ISBN: 978-3-482-75871-3
Das Abgabenrecht ist ein grundlegendes und umfassendes Gebiet ohne dessen Kenntnis in der Praxis auch die Einzelsteuergesetze nicht erfolgreich anzuwenden sind. Folglich handelt es sich bei der als „Grundgesetz des Steuerrechts“ bezeichneten AO um das unverzichtbare Rüstzeug all derer, die mit Steuern zu tun haben.
Der vorliegende Band verfolgt das Ziel, die Grundzüge der Abgabenordnung kurz, aber trotzdem nachvollziehbar darzustellen. Diesem Ansatz folgend war eine Konzentration erforderlich, der verschiedene Themen (z. B. die Außenprüfung) geopfert wurden.
Auch auf filigrane Streitstände wurde zugunsten der Darstellung der allgemeinen Grundlagen und Zusammenhänge verzichtet. Da die behandelten Themen leicht verständlich dargestellt werden sollten, spiegelt der Umfang der einzelnen Themen nicht immer ihre tatsächliche Bedeutung wider. So sind der große Umfang der Erläuterungen zu § 174 AO und zum Steuerstrafrecht lediglich einer nachvollziehbaren und schlüssigen Darstellung geschuldet.
Rechtsstand ist der 1. 1. 2014
Kuddewörde, im August 2014Dr. Karsten Webel
Die AO regelt unter anderem, wie das steuerliche Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wie die Steuerfestsetzung zu erfolgen hat, wie die Steuer dann zu erheben ist und welche Rechtsbehelfe der Steuerpflichtige gegen Maßnahmen der Finanzbehörde hat. Diese Regelungen gelten unter anderem für die ESt, die USt und die KSt, so dass es unsinnig wäre, in jedes Steuergesetz diese Regeln erneut aufzunehmen oder kompliziert von einem Gesetz auf das andere zu verweisen. Vielmehr hat der Gesetzgeber diese allgemeinen Bestimmungen, die für alle oder mehrere Einzelsteuergesetze gelten, in einem besonderen Gesetz geregelt und dadurch die Einzelsteuergesetze entlastet. Ferner wird durch die AO eine einheitliche Behandlung auch bei verschiedenen Steuerarten sichergestellt, da die verschiedenen Steuergesetze nur in Einzelfällen abweichende oder ergänzende Regelungen enthalten, die dann allerdings rechtlichen Vorrang haben.
Daraus folgt, dass die Einzelsteuergesetze (EStG, UStG usw.) nicht alleine anwendbar sind, sondern zu ihrer Umsetzung immer der AO bedürfen, die sich wie ein Mantel um alle Einzelsteuergesetze legt bzw. den Boden bildet, auf dem die Einzelsteuern dann wachsen können. Infolge dieser grundlegenden Bedeutung für die gesamte Besteuerung wird die AO auch als „allgemeines Steuergesetz“ oder „Steuergrundgesetz“ bezeichnet.
Damit eine Steuer gerecht ist, ist es nicht allein ausreichend, dass die Steuerhöhe korrekt ist, sondern auch das Verfahren, in dem die Festsetzung erfolgt, muss fair, transparent und gerecht sein. Die Finanzverwaltung darf somit nicht willkürlich entscheiden, ob, wann und wie sie vom Bürger Steuern erhebt, sondern unterliegt insoweit den Regeln der AO.
Weitere Gesetze, die für mehrere Steuerarten gelten (sog. Rahmengesetze), sind u. a. das Bewertungsgesetz, das Steuerberatungsgesetz, das Finanzverwaltungsgesetz, die Finanzgerichtsordnung und das Verwaltungszustellungsgesetz.
Die Vorgängerin der Abgabenordnung war die im Dezember 1919 in Kraft getretene Reichsabgabenordnung (RAO). Sie ging auf einen Entwurf zurück, den der Jurist Enno Becker innerhalb von nur 9 Monaten erarbeitete.
Mit der Reform der in den Folgejahren durch Umgestaltungen und Nebengesetze unübersichtlich gewordenen RAO wurde 1963 begonnen. Sie führte nach 12 Jahren im November 1975 zum Beschluss der AO, die zum 1. 1. 1977 in Kraft trat. Das im Hinblick auf dieses Datum als AO 1977 bezeichnete Gesetz stellt eine Mischung aus den fortentwickelten Vorschriften der RAO und des für das allgemeine Verwaltungsverfahren geltenden Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) dar.
In den neuen Bundesländern galt die RAO in einer abgewandelten Form noch bis zum Beitritt im Jahre 1990 fort.
Seit dem Jahre 1987 gibt es auch einen vom Bundesminister der Finanzen erlassenen Anwendungserlass zur AO (AEAO), der in ständig aktualisierter Fassung zahlreiche Auslegungs- und Anwendungsregeln für die AO enthält und eine für die Finanzämter bindende Verwaltungsrichtlinie darstellt. Für einige Bereiche der AO gelten besondere Anwendungserlasse, so für das Vollstreckungs- und das Strafverfahren.
Die AO ist gegliedert in neun Teile.
Es wird unterschieden zwischen öffentlichem und Zivilrecht. Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen zwischen dem Bürger und einer hoheitlich handelnden Behörde. Es ist geprägt vom Prinzip der Über- und Unterordnung – der Staat kann dem Bürger seinen Willen aufzwingen. Im Gegensatz dazu steht das Zivilrecht, in dem sich die Parteien gleichberechtigt gegenüber stehen.
Die Abgabenordnung gehört zum Steuerrecht, das seinerseits ein spezieller Teil des Verwaltungsrechts ist. Das Verwaltungsrecht wiederum ist ein Teil des öffentlichen Rechts, da es jeweils um ein Handeln des Staates im Verhältnis von Über- und Unterordnung geht.
Die AO ist gem. § 1 AO immer anwendbar, wenn Steuern bundesrechtlich geregelt sind und sie von einem Finanzamt verwaltet werden, da es sich beim Finanzamt um eine Landesfinanzbehörde handelt, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 FVG.
Soweit es sich um Realsteuern (= GewSt und GrdESt; vgl. § 3 Abs. 2 AO) handelt, teilen sich in den Flächenstaaten Finanzamt und Gemeinde die Verwaltung. Gem. § 1 Abs. 2 AO haben auch die Gemeindebehörden die wesentlichen Bestimmungen der AO anzuwenden (Ausnahme z. B.: Rechtsbehelfsverfahren).
In § 3 AO ist der Begriff der Steuer definiert. Danach handelt es sich bei einer Forderung um eine Steuer i. S. des § 3 Abs. 1 AO, auf die die AO direkt anwendbar ist, wenn fünf Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:
Eine Steuer ist somit eine Geldleistung, die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen hoheitlich auferlegt wird, keine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt und dem Zweck der Einnahmeerzielung dient. Zölle sind gem. § 3 Abs. 3 AO per Definition Steuern.
Steuerliche Nebenleistungen sind im Gegensatz dazu in § 3 Abs. 4 AO abschließend aufgezählt. Es handelt sich insbesondere um Verzögerungsgelder (§ 146 Abs. 2b AO), Verspätungszuschläge (§ 152 AO), Zinsen (§§ 233 ff. AO), Säumniszuschläge (§ 240 AO), Zwangsgelder (§ 329 AO) und Kosten (§§ 178, 337-345 AO). Sie werden im Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren erhoben, stellen keine Steuern dar, aber gem. § 1 Abs. 3 AO ist auf sie weitgehend die AO anwendbar.
Die verschiedenen Steuerarten können nach zahlreichen Gesichtspunkten eingeteilt werden. So orientiert sich die Unterscheidung nach der Ertragshoheit daran, wem gem. Art. 106, 140 GG die jeweilige Steuer zusteht (Bund, Land, beiden gemeinsam, Gemeinde oder Kirche).
Häufig wird auch eine Einteilung nach der Verwaltungshoheit (Art. 108 GG) vorgenommen, die beim Bund oder bei den Ländern liegen kann. Aus der Sicht des Steuerpflichtigen ist zu unterscheiden zwischen direkten und indirekten Steuern. Bei direkten Steuern ist derjenige, der die Steuer wirtschaftlich trägt, auch derjenige, der die Steuer schuldet. Im Gegensatz dazu sind bei indirekten Steuern Steuerschuldner und Steuerträger verschiedene Personen.
Die folgenden Begriffe sollten bekannt sein:
Als Steuerrechtsverhältnis bezeichnet man die Gesamtheit aller steuerlichen Rechte und Pflichten, die zwischen dem Steuerberechtigten (Bund, Länder, Gemeinden, steuerberechtigte Kirchen) und dem Stpfl. (vgl. § 33 AO) bestehen. So treffen den Stpfl. z. B. Erklärungs-, Mitwirkungs- und Steuereinbehaltungspflichten. Für den Staat bestehen demgegenüber z. B. Auskunfts- und Beratungspflichten sowie die Pflicht zur fehlerfreien Ermessensausübung bei Anträgen auf Akteneinsicht oder Änderung.
Sofern sich das Steuerrechtsverhältnis auf Leistungspflichten vermögensrechtlicher Art bezieht, wird es auch als Steuerschuldverhältnis bezeichnet, vgl. § 37 AO.
§ 37 AO beschreibt das Steuerschuldverhältnis, das von gegenseitigen Ansprüchen geprägt ist. Ein Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu fordern. Im Rahmen des § 37 AO handelt es sich um Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis des Staates gegen den Bürger beim Steueranspruch, Haftungsanspruch, Anspruch auf steuerliche Nebenleistungen (alle § 37 Abs. 1 AO) und beim Rückforderungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO).
Ansprüche des Bürgers gegen den Staat sind der Steuervergütungsanspruch (§ 37 Abs. 1 AO), der Steuererstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO) und die Zinsansprüche (§§ 233a, 236 AO).
Diese Ansprüche entstehen gem. § 38 AO sobald der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Diese Tatbestände ergeben sich teilweise aus der AO (z. B. Haftungsnormen der §§ 69-76 AO), größtenteils jedoch aus den Einzelsteuergesetzen. Bevor ein solcher gem. § 38 AO entstandener Anspruch aber durchgesetzt werden kann, muss er erst durch einen Steuerverwaltungsakt (z. B. Steuerbescheid oder Haftungsbescheid) festgesetzt werden, vgl. § 218 Abs. 1 AO.
Bei den am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Personen handelt es sich um den Steuerberechtigten und den Steuerpflichtigen.
Bei dem Steuerberechtigten handelt es sich um die Körperschaft, der die Steuer zufließt. Folglich ist die Finanzbehörde nicht Steuerberechtigter, denn sie vertritt nur die Steuerberechtigten Staat, Land, Kirchen und in den Stadtstaaten auch die Gemeinden.
Der Begriff des Steuerpflichtigen ist in § 33 AO definiert und recht weit gefasst, da er neben dem Steuerschuldner z. B. auch Haftende, Abführungspflichtige, Erklärungspflichtige und Aufzeichnungspflichtige umfasst.
Die größte Bedeutung kommt allerdings dem Steuerschuldner zu, d. h. demjenigen, der eine Steuer für eigene Rechnung selbst zu entrichten hat oder für dessen Rechnung ein anderer die Steuer entrichten muss. Wer dies ist, bestimmen die Steuergesetze (§ 43 Satz 1 AO), wobei es sich meist um denjenigen handelt, der den Tatbestand eines Steuergesetzes verwirklicht (§ 38 AO). Es sind allerdings drei Besonderheiten zu beachten:
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Von der Frage, wer Steuerpflichtiger ist, ist zu unterscheiden, wer die Steuerpflicht gegenüber der Finanzbehörde letztendlich zu erfüllen hat. Maßgeblich ist insoweit § 79 AO, denn nur wer nach dieser Vorschrift handlungsfähig ist, darf selbst Verfahrenshandlungen vornehmen und auch nur gegenüber dieser Person können Verfahrenshandlungen vorgenommen werden. Im Bereich der steuerrechtsfähigen, aber nicht handlungsfähigen Personen ergibt sich die jeweilige Vertretung i. d. R. aus § 34 AO.
Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO handlungsfähig sind somit voll geschäftsfähige Personen (vgl. §§ 104, 106 BGB) und partiell geschäftsfähige in dem Bereich, für den sie ermächtigt sind (vgl. §§ 112, 113 BGB).
Für diejenigen, die nicht handlungsfähig sind, müssen die steuerlichen Pflichten durch den jeweiligen gesetzlichen Vertreter wahrgenommen werden. Nicht handlungsfähig sind z. B.
Für den Stpfl. besteht die Möglichkeit, einen Dritten gem. § 80 AO zu bevollmächtigen und damit die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten auf eine andere Person zu übertragen. Der Stpfl. bleibt in diesem Fall aber weiterhin verpflichtet. Trotzdem ergibt sich daraus für den Stpfl. eine erhebliche Arbeitsersparnis, da der Bevollmächtigte für ihn alle Verfahrenshandlungen vornehmen kann; Ausnahme: Entgegennahme von Steuererstattungen und Steuervergütungen, § 80 Abs. 1 Satz. 2 Hs. 2 AO (vgl. auch AEAO zu § 80 Nr. 2).
Das Verhältnis der beteiligten Personen lässt sich wie folgt darstellen:
Der Bevollmächtigte muss grundsätzlich die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen haben (§ 2 StBerG; Bsp.: Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuerberater- oder Wirtschaftsprüfergesellschaften; nur eingeschränkt: LSt-Hilfevereine). Ist dies nicht der Fall, so ist der Bevollmächtigte nach § 80 Abs. 5 AO von der Finanzbehörde zurückzuweisen und es kann ein Bußgeldverfahren nach §§ 5 Abs. 2, 160 StBerG eingeleitet werden.
Das Außenverhältnis besteht in der Erteilung der Vollmacht gem. § 80 AO. Dafür müssen beide Parteien handlungsfähig i. S. des § 79 AO sein. Ist der Stpfl. nicht handlungsfähig, so kann die Vollmacht sein gesetzlicher Vertreter (§ 34 AO; vgl. AEAO zu § 34) erteilen.
Die Vollmacht ist formfrei, so dass sie schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Handeln erteilt werden kann, als Innen-, Außen-, Duldungs- oder Anscheinsvollmacht. Gem. § 80 Abs. 1 Satz 3 AO muss der Bevollmächtigte seine Vollmacht schriftlich nachweisen, wovon die Finanzbehörde jedoch nur nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen darf. Folglich ist der schriftliche Nachweis der Vollmacht nur zu verlangen, wenn begründete Zweifel daran bestehen (vgl. AEAO zu § 80 Nr. 1). Wurde die Vollmacht trotz korrekter Anforderung nicht vorgelegt, so wird der Bevollmächtigte zurückgewiesen, § 80 Abs. 5 AO analog.
Da der Bevollmächtigte ggü. Der Finanzbehörde im Namen des Stpfl. und mit Wirkung für und gegen ihn handelt, wird auch das Verschulden des Bevollmächtigten dem Stpfl. zugerechnet, vgl. §§ 110 Abs. 1 S. 2 (vgl. S. 23 ff.), 152 Abs. 1 Satz 3, 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Behörde soll sich gem. § 80 Abs. 3 AO auch vorrangig an den Bevollmächtigten wenden, so dass eine Abweichung davon nur in atypischen Ausnahmefällen angezeigt ist (AEAO zu § 80 Nr. 4). Darüber hinaus können bei Vorliegen einer Empfangs- und Zustellungsvollmacht dem Bevollmächtigten auch die für den Stpfl. bestimmten VA bekannt gegeben werden, § 122 Abs. 1 Satz 3 AO und AEAO zu § 122 Nr. 1.7.
Die Vollmacht endet
Sie endet hingegen nicht durch den Tod oder anderweitige Änderungen in der Person des Vollmachtgebers, vgl. § 80 Abs. 2 AO.
Im Gegensatz zum Bevollmächtigten nimmt der Beistand keine Handlungen im Namen des Vertretenen vor, sondern unterstützt den Beteiligten, § 80 Abs. 4 AO. Dies ist z. B. gegeben, wenn der Beteiligte mit einem Familienangehörigen bei der Finanzbehörde erscheint, der ihn unterstützen soll.
Von der Frage, wer Beteiligter ist, ist zu unterscheiden, wer überhaupt in der Lage ist, im Rahmen eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens zu handeln. Maßgeblich ist insoweit § 79 AO, denn nur wer nach dieser Vorschrift handlungsfähig ist, darf selbst Verfahrenshandlungen vornehmen und auch nur gegenüber diesen Personen können Verfahrenshandlungen vorgenommen werden. Im Bereich der steuerrechtsfähigen, aber nicht handlungsfähigen Personen ergibt sich die jeweilige Vertretung i. d. R. aus § 34 AO, wonach die dort genannten Personen die steuerlichen Pflichten der verhinderten Person als eigene zu erfüllen haben.
Verletzt ein gesetzlicher Vertreter seine Pflichten schuldhaft, so kann gegen ihn ggf. ein Zwangsgeld (vgl. S. 73 f.) und/oder ein Verspätungszuschlag (vgl. S. 70 ff.) festgesetzt werden. Darüber hinaus kann er auch gem. § 69 AO in Haftung genommen werden (vgl. S. 167 ff.).
Unter den in § 81 AO genannten Bedingungen kann die Finanzbehörde zur Verfahrensbeschleunigung einen Vertreter von Amts wegen bestellen.
Gem. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerrechtsverhältnis in dem Zeitpunkt, in dem der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht anknüpft. Folglich entstehen die Ansprüche kraft Gesetzes, ohne die Festsetzung durch die FinBeh und auch ohne, dass der Steuerschuldner etwas davon wissen muss.
Mit der Entstehung steht die Höhe des Anspruchs materiellrechtlich fest, so dass die Festsetzung durch VA möglich ist. Von der Entstehung des Anspruchs sind somit aber zu unterscheiden die Festsetzung durch Steuerbescheid (§§ 155 ff. AO), die Fälligkeit (§ 220 AO) sowie die Verwirklichung des Anspruchs im Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO). Der Entstehung des Anspruchs kommt im Hinblick auf die folgenden Punkte Bedeutung zu:
Ferner ist der Entstehungszeitpunkt z. B. im Insolvenzverfahren und im Hinblick auf die Gewinnermittlung von Bedeutung.
Der genaue Zeitpunkt der Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerrechtsverhältnis ergibt sich allerdings häufig nicht aus § 38 AO, sondern aus den Einzelsteuergesetzen. So entsteht die ESt gem. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Kalenderjahres, die LSt mit Zufluss des Arbeitslohnes an den Arbeitnehmer (= Auszahlung oder Gutschrift), § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG, und die USt für Lieferung oder sonstige Leistung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG mit dem Ablauf des Voranmeldezeitraumes, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wurde.
Der Entstehungszeitpunkt für steuerliche Nebenleistungen bestimmt sich nach § 38 AO, so dass die Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes maßgeblich ist.
Auch Haftungsansprüche entstehen mit der Verwirklichung des Haftungstatbestandes (vgl. § 191 Abs. 3 Satz 3 AO), ohne dass es auf die Inanspruchnahme des Haftenden durch einen Haftungsbescheid ankommt. Ferner entstehen Erstattungsansprüche zu dem Zeitpunkt, in dem alle tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Erstattung vorliegen. Prämien und Zulagen entstehen hingegen i. d. R., wenn während eines bestimmten Zeitraumes (z. B. Kalenderjahr) ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt wurde, zum Ablauf dieses Zeitraumes, vgl. z. B. § 4 Abs. 1 Satz 1 WoPG.
Ein Termin ist ein Zeitpunkt, an dem eine Handlung vorzunehmen ist oder eine Rechtsfolge eintreten soll.
Termine sind – unabhängig davon, ob sie auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen – einzuhalten, § 108 Abs. 5 AO. Allerdings kommt Terminen im Steuerrecht keine große Bedeutung zu.
Eine Frist ist ein Zeitraum, in dem Rechte ausgeübt oder nicht ausgeübt werden können oder Pflichten zu erfüllen sind und nach deren Ablauf rechtliche Folgen eintreten.
Es ist zu unterscheiden zwischen behördlichen und gesetzlichen Fristen.
Behördliche Fristen werden im Einzelfall von einer FinBeh nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO) gesetzt.
Aus der Nichtbeachtung dieser behördlichen Fristen können sich unterschiedliche Folgen ergeben, z. B. der Beginn der Zwangsvollstreckung, die Durchführung weiterer Ermittlungsmaßnahmen oder die Schätzungsbefugnis.
Behördliche Fristen können stets verlängert werden, selbst wenn sie schon abgelaufen sind, § 109 Abs. 1 AO. Deshalb gibt es bei behördlichen Fristen keine Wiedereinsetzung gem. § 110 AO (vgl. dazu S. 23 ff.).
Gesetzliche Fristen sind solche, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben
oder deren Dauer gesetzlich festgelegt ist.
Aus dem Ablauf von gesetzlichen Fristen ergeben sich für den Stpfl. und die Finanzverwaltung unterschiedliche Rechtsfolgen, z. B. das Entstehen von Säumniszuschlägen, der Verlust des Rechts auf Einspruchseinlegung oder auf Durchführung der Veranlagung.
Gesetzliche können im Gegensatz zu behördlichen Fristen grundsätzlich weder von der FinBeh noch von einem Gericht verlängert werden. Ausnahmen ergeben sich allenfalls aus dem Gesetz, so z. B. in § 109 Abs. 1 Satz 1 AO bzgl. der Abgabefristen für Steuererklärungen. Wird eine gesetzliche Frist versäumt, so besteht jedoch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung gem. § 110 AO (vgl. S. 23 ff.).
Gesetzliche Fristen, die von den Finanzbehörden zu beachten sind, sind nicht wiedereinsetzungsfähig (BFH v. 19. 8. 1999 III R 57/98, BStBl 2000 II 330; FG München v. 13. 11. 2007 6 K 543/07).
Für die Fristberechnung gelten gem. § 108 Abs. 1 AO grundsätzlich die §§ 187-193 BGB. Allerdings enthalten § 108 Abs. 2-6 Sonderregelungen, die den zivilrechtlichen Regelungen vorgehen und der Vereinfachung dienen. Gerechnet wird jeweils in vollen Tagen.
Die Berechnung erfolgt immer in drei Schritten: Beginn der Frist, Dauer der Frist, Ende der Frist.
Beginnt die Frist mit einem bestimmten Tag (sog. Tagesbeginnfrist), so ist der Tag des Fristbeginns gem. § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB mitzuzählen. Die Frist beginnt somit an dem bestimmten Tag um 0 Uhr.
Tagesbeginnfristen spielen im Steuerrecht nur eine untergeordnete Rolle.
Ist der Fristbeginn hingegen von einem bestimmten Ereignis abhängig (z. B. Bekanntgabe eines Steuerbescheides, Ablauf eines Kalenderjahres), so handelt es sich um eine sog. Ereignisfrist. In diesem Fall wird der Tag, an dem das Ereignis stattfindet, nicht mitgezählt. Die Frist beginnt somit erst am nächsten Tag um 0 Uhr.
Es sind insoweit allerdings einige Besonderheiten zu beachten:
Die Fristdauer ist gesetzlich geregelt und kann sich bemessen nach Jahren (z. B. §§ 110 Abs. 3 AO, 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG), Monaten (z. B. §§ 110 Abs. 2, 355 Abs. 1 AO) oder Tagen (z. B. § 240 Abs. 3 AO).
Im Hinblick auf das Fristende ist zu unterscheiden zwischen Tagesfristen einerseits und Wochen-, Monats- oder Jahresfristen andererseits.
Eine nach Tagen bemessene Frist endet gem. § 108 Abs. 1 AO i. V. m. § 188 Abs. 1 BGB mit Ablauf des letzten Tages der Frist. Es ist somit die Anzahl der Tage abzuzählen.
Insoweit sind §§ 198 Abs. 3 AO und 193 BGB zu beachten.
Bei einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist wird das Fristende nach § 108 Abs. 1 AO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB bestimmt. Danach endet eine Ereignisfrist mit Ablauf des Tages, der die gleiche Zahl trägt wie der Tag des Ereignisses.
Allerdings ist § 108 Abs. 3 AO für Samstage, Sonn- und Feiertage ebenso zu beachten wie § 188 Abs. 3 BGB. Aus der letztgenannten Vorschrift ergibt sich, dass für den Fall, dass in dem Monat, in dem die Frist endet, der Tag fehlt, der die gleiche Zahl wie der Tag des Ereignisses trägt, an seine Stelle der letzte Tag des Monats tritt.
Im Hinblick auf die Fristwahrung ist ein praktischer Gesichtspunkt zu berücksichtigen. In den FÄern, die einen „normalen“ Hausbriefkasten und keinen Nachtbriefkasten haben, durch den sich feststellen lässt, ob ein Brief vor oder nach Mitternacht eingeworfen wurde, gilt die sog. Frühleerungs-Regel. Danach gilt, dass alle Briefe, die am Morgen bei der ersten Leerung vorgefunden werden, den Eingangsstempel vom Vortag erhalten.
Ein Stpfl. kann sich allerdings nicht mit Erfolg auf diese Verfahrensweise der Finanzbehörde berufen.
Daraus ergibt sich für den Normalfall eines schriftlichen VA, der gem. § 122 Abs. 2 AO bekannt gegeben wird, das folgende Prüfungsschema, das anhand eines VA verdeutlicht werden soll, der am Mittwoch, dem 29. 8. zur Post geht. Fraglich ist, wann die einmonatige Rechtsbehelfsfrist des § 355 AO endet.
Für behördliche Fristen und die Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen ist gem. § 109 AO die Verlängerung zugelassen. Soweit es sich hingegen um eine gesetzliche, nicht verlängerbare Frist handelt, zieht ihre Versäumnis grundsätzlich den Verlust des mit ihr verbundenen Rechts oder den Eintritt anderweitiger negativer Folgen nach sich.
Aus Gründen der Gerechtigkeit ist der Betroffene allerdings unter bestimmten Voraussetzungen durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand so zu stellen, als habe er die versäumte Handlung rechtzeitig vorgenommen.
Auch im finanzgerichtlichen Verfahren ist nach § 56 FGO eine Wiedereinsetzung möglich, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Wiedereinsetzungsfrist nicht einen Monat wie bei § 110 AO beträgt, sondern grundsätzlich nur 2 Wochen.
Folgende Voraussetzungen sind für eine Wiedereinsetzung nach § 110 AO erforderlich:
Verhindert i. S. des § 110 Abs. 1 AO ist, wer wegen äußerer Umständen oder aus persönlichen Gründen objektiv nicht in der Lage ist, die Frist zu wahren. Eine bloße Erschwernis reicht insoweit allerdings nicht aus.
Eine Widereinsetzung kommt nicht in Frage, wenn der Stpfl. die Frist schuldhaft (= vorsätzlich oder fahrlässig) versäumt hat, so dass auch schon leichtes Verschulden schädlich ist. Die Fristversäumnis ist jedoch schuldlos, wenn der Stpfl. alles getan hat, was ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar war, um die Frist einzuhalten. Maßstab dafür ist, was einem gewissenhaften Beteiligten nach den Umständen objektiv zumutbar ist.
Es liegt z. B. kein Verschulden bzgl. der Versäumung einer Frist vor, wenn die folgenden Dinge ursächlich waren: Schwere, unvermutete und plötzliche Krankheit; Poststreik; bei Privatleuten ein Urlaub bis 6 Wochen Dauer; falsche Auskunft des zuständigen Finanzbeamten bzgl. des Fristablaufes ggü. dem Stpfl.; Fälle des § 126 Abs. 3 AO. Es kann dem Stpfl. auch nicht vorgeworfen werden, wenn er eine Frist bis zum letzten Augenblick ausnutzt, da er das Recht hat, z. B. den Einspruch am letzten Tag um 24 Uhr einzuwerfen. Allerdings geht das sich daraus ergebende Risiko zu Lasten des Stpfl.