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Mehr Spaß im Bett für Sie und ihn: der Sex-Ratgeber für Frauen, die wissen wollen, wie sie Männer mit der Liebe zum eigenen Körper verführen – von Bestseller-Autorin Anne West (»Gute Mädchen tunʼs im Bett – böse überall«) Lust und Sinnlichkeit beginnen nicht erst im Schlafzimmer – sondern bei Ihnen und Ihrem eigenen Körper. Entdecken Sie mit diesem Sex-Ratgeber Ihre Weiblichkeit neu und finden Sie heraus, wie Sie sich in Ihrem Körper so wohlfühlen, dass Sie für ihn unwiderstehlich werden. Denn Männer verführen ist eigentlich ganz einfach: mit Spaß am Sex. Leben Sie Ihre Verführungskraft und Ihre leidenschaftlichen Seiten aus, verführen Sie sich und ihn mit Ihren wildesten, romantischsten und erregendsten Träumen. »Absolut Sex« gibt Ihnen Tipps für mehr Leidenschaft mit kühnen Worten, anregenden Spielen, sinnlichen Fantasien – und ein paar kleinen, schmutzigen Tricks für mehr Spaß im Bett. Der Sex-Ratgeber für Frauen, die lieben wollen, wie sie leben: mit allen Sinnen, Herz, Verstand und Leidenschaft. Noch mehr Tipps für Spaß am Sex gibt Anne West in folgenden Sex-Ratgebern für Frauen: • Gute Mädchen tun´s im Bett – böse überall • Handbuch für Sexgöttinnen • Mehr Sex! • Venus-Sex • Sex for Life
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Seitenzahl: 431
Anne West
Absolut SEX
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Dieses Buch ist ein trojanisches Pferd. Von außen sieht es so aus, als stünde hier drin, was eine Frau tun müsste, um einen Mann verrückt zu machen, ob für eine Nacht oder ein ganzes Leben.
Das Tun kommt zwar nicht zu kurz – doch ebenso wird es darum gehen, Sie zu bitten, Ihre Einstellungen und Meinungen in Bezug auf Sex zu überdenken und eventuell anders als bisher zu denken. Und auch manches nicht zu tun, was Ihnen vielleicht Zeitschriften, Bücher, Ihre Vertrauten, Werbebotschaften oder Fernsehen empfehlen, um verführerisch zu sein.
Als der Verlag mich bat, für Frauen das Äquivalent zu Sex für Könner – die Kunst, Frauen um den Verstand zu bringen zu schreiben, bat ich meine Freundinnen, meine Mutter, meine Schwester, mir zu sagen, was sie sich von einem modernen, intelligenten Buch über Sex wünschen.
»Weniger Chichi, mehr Herz. Nicht nur technischen Kram, sondern mehr Emotionales«, sagte Freundin A.
»Und dass man als Frau ja auch nicht ständig Bock drauf hat, Männer verrückt zu machen, sondern sich wohl mit sich selber fühlen will. Ohne das geht’s doch nicht«, erklärte meine Schwester.
»Etwas, was klug ist und Frauen hilft, ihre individuelle Sinnlichkeit zu zeigen, nicht die, die man vorgefertigt bekommt«, verlangte meine Mutter.
»Also, ein paar spezielle Dinge … will ich schon gern wissen«, räumte die Freundin B. ein. »Denn wenn mein Mann es mir nicht freiwillig erzählt, wie ich ihm richtig schön einen runterhole, dann muss ich es eben auf andere Weise erfahren.«
»Darf ich dazu auch mal was sagen?«, rief mein Vater von hinten aus der Küche.
Fünf Augenpaare fixierten ihn und meinen Mann; die Herren saßen bei Käsebrot und Kaffee.
»Bitte«, beschied meine Mutter nach einigen Augenblicken.
»Dass Frauen sich auch mal für Männer interessieren und was die wollen. Und vor allem, was sie nicht wollen. Diese große Oper zum Beispiel vor dem Sex, erst den Kamin anzünden, erst den Wein trinken, erst diese ganze Redesache … das liegt uns zum Beispiel nicht. Das ist wie bitte, bitte sagen. Oder dieser Kram mit der Unterwäsche und den Schuhen und …«
»Es müsste euch doch gefallen, dass wir uns wünschen, euch verrückt zu machen!«, rief eine andere Freundin hitzig.
»Nee«, sagte mein Vater, »ihr macht Männer verrückt, weil ihr Angst habt, dass es sonst ’ne andere tut. Ihr tut das mehr für euch, nicht für uns. Wenn ihr Applaus sucht, nützt das aber alles nichts. Ihr müsst doch nichts leisten oder so, damit wir euch lieben. Und außerdem: Denkt ihr wirklich, ein Mann verfällt einer Frau nur, weil sie so gut bumsen kann?«
»Ja, klar«, erwiderte ich trocken.
Mein Mann lachte ein bisschen dreckig auf.
»Bestimmte Männer, vielleicht«, sagte er schließlich räuspernd. »Denen reicht das. Aber die Männer, die ihr nicht nur als Liebhaber, sondern für alles haben wollt, sicher nicht! Das würdet ihr ihm nie verzeihen, dass er euch heiratet, weil ihr ihm seine Eier gut leckt. Also behandelt die Männer auch nicht so, als ginge es ihnen nur darum, eine Kanone in der Kiste zu haben. So simpel sind wir nun doch nicht gestrickt. Und ihr auch nicht: Ihr wollt, dass ihr als Persönlichkeit wahrgenommen werdet. Also bumst mit eurer Persönlichkeit.«
Was mein Mann und mein Vater sich damit eingebrockt hatten? Sie mussten mitarbeiten. Mein Mann ist die stellvertretende männliche Stimme, die in diesem Buch dann einen Einblick in die männliche Seele gibt, wenn ich nur Vermutungen hatte oder mir unsicher war; und meinen Vater bat ich zur Hilfe, wenn ich meinem Mann nicht ganz glaubte. Ich weiß bis heute nicht, ob die beiden je darüber sprachen, aber sie ergänzten sich verdächtig gut.
Auch sonst bat ich immer wieder Männer, mit mir über Frauen, Erotik und Sexualität zu reden; ab und an werde ich exemplarische Situationen wiedergeben. Es ist teilweise erstaunlich, wie bestimmte Dinge, von denen wir Frauen fest glauben, dass sie »wirken«, von Männern aufgenommen werden – wie beispielsweise dünn sein, sexy wirken, geschminkt und gestylt sein. All das ist für die männliche Sexualität so nebensächlich wie das Wetter.
In den ersten Kapiteln geht es erst mal um Sie – um Sie als Individuum, aber auch um Sie als Frau in einer Gesellschaft, die ein bestimmtes Frauenbild propagiert und bestimmte Rollen für Frauen vorsieht, eben angibt, wie Frauen zu sein haben. Denn was mir bei der Planung dieses Buches aufgefallen ist, ist ein Dilemma: Auch wenn wir (Frauen) freier zu sein scheinen als noch vor vierzig Jahren, so ist es die Gesellschaft, in der wir uns bewegen, nicht. Es gibt immer noch die Aufteilung in »anständige« und »unanständige« Frauen, quasi in Huren, Heilige oder die schöne Helena; den Männern passiert es nach wie vor nicht, über ihr sexuelles Verhalten bewertet zu werden.
Wir leben in einer Zeit der Doppelbotschaften: Gleichberechtigung soll sein und muss sein – und das heißt im Alltag, nicht mehr zwischen Mann und Frau unterscheiden zu dürfen. Gleichzeitig erlebt die ständige Unterscheidung von Mann – Frau einen Aufschwung, man werfe nur einen Blick in die Bücherregale von Thalia & Co. und die diversen Typisch-Mann-, Typisch-Frau-Bände. Dazu kommt das Schönheitsideal, das sowohl Männern als auch Frauen vermittelt, was weibliche Attraktivität, was männliche sei. Oft sind die optischen Attraktivitätsanforderungen eine Rückwärtsrolle in die Geschlechterklischees der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts; versaut, aber prinzipiell unschuldig; verlockend, aber nicht aktiv, im nackten Zustand perfekt, aber den perfekten Körper bitte so kunstvoll verhüllen, dass er noch reizvoll die männliche Phantasie anregt. Was dabei herauskommt: der Anspruch, im Alltag politisch korrekt, emanzipiert und neutral zu sein, aber, um beim Sex »Erfolg« zu haben, dennoch möglichst »weiblich« zu agieren.
Manche Frauen agieren prompt über-weiblich, um eindeutig als Frau wahrgenommen zu werden, und achten 24 Stunden täglich darauf, reichlich feminine oder sexuell motivierende Signale auszusenden; lassen bei jeder Gelegenheit den Pumps vom Zeh baumeln, weil das Dita Von Teese auch so macht, lassen die Absätze der Stilettos in der Luft schweben, wenn sie die Treppen vor einem Mann hochgehen, wie es Diane Brill empfahl, kontrollieren in jedem Schaufenster ihren »Auftritt« und ihre Silhouette.
»Was’n Schmu«, höre ich einen befreundeten Luden sagen; »das ist doch Pillepalle. Wenn eine Frau keinen Sex in sich hat, kann sie lange mit dem Schuh an ihren Zehen wedeln und sich auf’m Laufband abrackern.«
Da ich all diese Dinge selber eifrig ausprobiert habe, weiß ich, wie sehnsüchtig man als Frau nach solchen »Tricks« sein kann – und auch, was sie bewirken: nichts. Außer Verkrampfung. Es muss doch irgendwie anders gehen!
Erinnern Sie sich an die Szene bei Sex and the City, als Miranda sich beschwert, dass die Männer an ihr desinteressiert seien, wenn sie sich als erfolgreiche Anwältin vorstelle, aber abgehen würden wie Schmidts Katze, wenn sie sich als sexuell verfügbare und mental einfach gestrickte Stewardess ausgebe? Diese Szene kommt der Realität gefährlich nah. Und führte bei mir dazu zu überdenken, ob manche Tipps nicht auch aus Ihnen nur eine Verstellungskünstlerin machen würden. Also ließ ich die meisten der Schuhwedeltricks weg, das Leben bietet dafür einfach nicht die Bühne. Und die Kulisse liefert es auch nicht.
Unsere sexuelle Reife mag hoch sein, und auch die Medien können wie verrückt propagieren, dass Frauen das stärkere Geschlecht seien, dass die weibliche Sexualität erforscht sei, dass Frauen so chancenvoll, selbstbewusst und erotisch unabhängig seien wie nie zuvor. Das ist allerdings eine subjektive Realität und manchmal nur im Ansatz vorhanden in den kleinen, großstädtisch geprägten Kreisen der Medienleute, die diese Schlagzeilen von der sexuell freien Frau in ihre Hefte stricken.
Es wird noch eine Weile dauern, bis »klug und witzig« das neue Sexy sind; aber wir sind auf dem Weg.
Schauen wir in den normalen Alltag, dann begegnen uns nicht immer Freiheit, Gleichheit, Unabhängigkeit. In den reflexhaften Verhaltens- und Denkweisen der meisten Menschen sind die Rollenstereotype von Weib und Mann immer noch verankert.
Das gilt noch mehr für Sexualität und alles, was da dranhängt – die Verhaltensweisen, bis es zum Sex kommt, etwa dass der sexuelle Trieb bei Frauen anders bewertet wird – moralisch wie auch pseudowissenschaftlich, dass die erotischen männlichen Bedürfnisse simplifiziert werden auf das sexuelle Einmaleins des Fuck ’n’ go. Und es verwundert nicht weiter, dass die daraus resultierenden Angebote an Verführungstechniken für Frauen ebenso schlicht gestrickt sind.
Ja, welche Angebote werden uns gemacht, um unsere Sexualität auszudrücken? Meist sehr pragmatische. Zig Botschaften, die diktieren, was eine Frau nur tun müsse, um Männer um den Verstand zu bringen. Sich auf bestimmte Weise kleiden und verhalten, ihn so oder so anfassen, so oder so dazu bringen, dass er sie interessant findet, sich rar machen, tausend Blasetricks kennen und die Budapester Beinschere. Die sollen nur ein paar dahergelaufenen Ungarn beherrschen, ist aber nichts anderes als eines seiner Beine in der Missionarsstellung zwischen die eigenen zu nehmen. Also, die des Liebhabers, nicht des Ungarn.
Das Leben ist zu komplex für die Idee, allein das richtige Tun zur richtigen Zeit verhelfe zum Glück. Die Sexualität und Sinnlichkeit einer Frau bestehen aus mehr als Optik, Technik und Manipulationstricks. Und die Sexualität des Mannes ist wesentlich komplexer, als dass er sich auf Dauer von einem scharfen Fummel oder Bumstechniken beeindrucken ließe – dieser Ansatz beleidigt sowohl die Persönlichkeit der Frauen als auch die der Männer. Lustvolle Sexualität beginnt nicht im Schlafzimmer, sie findet dort einen von x-möglichen Ausdrücken. Und der Weg dorthin ist so einzigartig, wie Sie es sind, wie der Mann an Ihrer Seite und wie das Ding, das Sie beide am Laufen haben.
Zurück zu Ihnen. Abgesehen von dem Umfeld, in dem wir Frauen uns als sexuelle Wesen bewegen (oder sogar verstecken müssen, um keine Abwertung zu erfahren), steht als Allererstes, was für ein sexuelles Wesen Sie persönlich überhaupt sind. Oder sein möchten. Sein können.
Ihre Lust ist es, die Sie selbst mitreißt und einen Mann. Erst wenn Ihr Herz offen ist, der Zugang zu Ihrer eigenen Lustfähigkeit, und Sie sich in Ihrer Sinnlichkeit erkannt und akzeptiert haben – dann werden Sie zu der Frau, der Mann wirklich nur schwer widerstehen kann. Ob mit oder ohne Schuhtricks. Weil Sie nicht mehr mit Maschen darum kämpfen, dass Träume wahr werden, sondern Ihre Träume leben.
Und die sollten nicht länger warten:
»Jene Frauen, die unverhohlen sexuell sind, denen der Schoß deutlich im Gesicht geschrieben steht (…); jene Frauen, die uns ihren Sex ins Gesicht schreien, mit ihrem Haar, ihren Augen, ihrer Nase, ihrem Mund, ihrem ganzen Körper – das sind Frauen, wie ich sie liebe.«
(Aus: Verborgene Früchte, Anaïs Nin)
Wer sich aufrichtig mit Sexualität beschäftigt, gerät bald an ihre Grenzen. Irgendwann, nachdem alle Techniken, alle biochemischen Reaktionen und Erregungszustände durchdekliniert sind, muss man über den Sex als einzelne, losgelöste Tätigkeit hinausgehen und eintauchen in die Erotik, in das Leben, in die Persönlichkeit, in die chaotische Gefühlslandschaft. Sie müssen sich Fragen stellen wie wer eigentlich mit wem und warum Sex hat. Das ist heikel, verlassen Sie doch die sicheren Gefilde des How-to-do und denken darüber nach, warum geht das so – warum geht was nicht. Und plötzlich befinden Sie sich in einer Welt, die oft verborgen ist, die manchmal halb geträumt, halb erhofft, halb gelebt, halb zwiespältig, aber selten eindeutig ist. Unmöglich, sie in einfache Regeln zu pressen. Oder gar in absolute, kollektive Wahrheiten.
Die eigene Lust … sie gleicht einem Tanzpartner, sie führt, manchmal lässt sie sich führen. Sie ist mal zart, mal fordernd, mal trifft sie uns alleine an, mitten auf der Autobahn, in einem leeren Fahrstuhl, mal mitten unter Menschen. Mit ihr zu leben ist wie ein Tanz mit der Unberechenbarkeit, der, sobald er die gelernten Schritte variiert, die Sinne raubt. Verstört. Stolpert. Keinen Namen mehr hat wie Tango, Walzer, Mambo – es ist ein Tanz ohne alle Standards. Und dazu möchte ich Sie auffordern: mit Ihrer Lust zu tanzen. Ihre eigene Schrittfolge zu finden. Es gibt keine Kür, keine Pflicht, weder richtig noch falsch, es gibt kein Ziel außer den Tanz selbst. Ein Teil des Tanzes ist es, die Majestät und Schönheit Ihres Geschlechts zu kennen und ihm (ihr!) eine freimütige Unbescheidenheit oder Liebe oder Respekt – auf jeden Fall zärtliche Verbundenheit zu schenken.
Ich beglückwünsche Sie zum Besitz Ihrer Vulva. Bei ihr handelt es sich um das meistbesungene Organ aller Zeiten, ihretwegen wurden Religionen gegründet, um sie zu unterdrücken oder im Gegenteil, wie bei den Hindus, hochleben zu lassen. Für sie fand man Bezeichnungen wie Schoß des Lebens, Tor zur Hölle und Durchgang zum Nirwana.
Die Vulva – das doppelte Lippenpaar nebst Klitoris (die übrigens erst im 16. Jahrhundert von einem Venezianer »entdeckt« wurde; also haben Sie Nachsicht, wenn Ihr Geliebter auch seine Zeit braucht) sowie der Hügel der Venus und die hinter der Vulva versteckt wie hinter einem Vorhang verborgene Vagina – war bis vor knapp 4000 Jahren hoch angesehen. Es wurden faszinierende Altäre, Figuren und Tempel an den verschiedensten Orten der Erde errichtet und Zeichnungen angefertigt, nur um die wunderbare Vulva zu preisen. Sie war ein Lebenstor, und manch esoterisch angehauchter Feminismus sieht darin bis heute das wahre Göttliche. Dabei würde es ja schon reichen, wenn sie insgesamt wohlwollender behandelt würde.
Eine Reihe Wissenschaftler vermuten, dass die Vulva unter anderem deshalb der Hit aller Homo sapiens war, weil sie sich nicht nur unvergleichlich gut anfühlt, sondern weil dem männlichen Teil der Menschheit lange Zeit nicht klar war, wie genau die Babys gemacht werden. Man(n) hielt die Vulva für die alleinige Quelle alles menschlichen Ursprungs, also für das Antlitz der (göttlichen) Schöpfung. Und die Frauen haben es natürlich nicht verraten, dass nicht sie allein es sind, die für den Fortbestand der Art sorgten. Als die Herren herausfanden, dass es zur Hälfte ihre Nachkommen sind, die nach einem zünftigen Von-hinten-Quickie entstanden, machten sie Schluss mit ihrer bedingungslosen Anbetung und sahen zu, dass es irgendwie illegal wurde, dass Frau sich mit weiteren Herren anstatt nur dem einen Besamer einließ. Und was passte da besser als zum Beispiel eine monotheistische Religion, die von Gottes Weihen (also eines himmlischen Mannes, natürlich) dafür sorgte, dass Frauen unter Aufsicht blieben und sich nicht draußen rumtrieben?
Die Freude über die Vulva wandelte sich.
Danach sorgten ein paar miese Verleumdungskampagnen dafür, dass die wunderbare Vulva – zumindest in den Gegenden der drei Weltreligionen (Christentum, Islam, Judentum) – als unaussprechlicher, unangesehener und höchst unzivilisierter Ort galt, der dem Tierischen näher war als dem Menschlichen. Sie wurde allgemein als »das Böse« identifiziert – sie mache aus Männern, die sich von einer Vulva besonders angezogen fühlten, Marionetten, aus braven Ehefrauen vampirische Lusthyänen, die einzig an ihr Vergnügen dächten und dafür Treue, Haushalt und Kinder vernachlässigten; ihr Anblick brächte Unglück, Lepra und Zahnausfall, sie stehe als Hexenvulva mit dem Teufel in engster Verbindung, und es gelte unbedingt zu vermeiden, dass die Frauen entdeckten, wie viel Freude sie mit ihr haben konnten. Auch allein. Oder mit anderen Männern. Oder Frauen. Und mit wer weiß was noch! Für jegliches Verlustieren wurde flugs eine Mär erfunden, um Frauen davon abzuhalten, ihrer Vulva gutzutun. (Weibliche) Lust und Gier würden in die Hölle führen, Masturbation habe Blindheit/Wahnsinn/Haare auf den Händen zur Folge, und lesbische Liebe … hmm, na gut, aber nur, wenn sie es nicht lieber mag als mit ihm!
Als das nicht mehr so klappte mit den Frauen und dem Unter-Aufsicht-Halten, sie sogar wählen durften, studieren und – o Graus! – einen Beruf ergreifen, versuchte man(n) es noch mal anders und erfand zügig die »von Natur aus« an Sex uninteressierte Frau.
Das funktionierte mit Hilfe hübscher wissenschaftlicher Verbrämung, und dieses Image der erotisch desinteressierten Frau wurde noch bekräftigt mit Aussagen, dass das Weib wie auch die entsprechende Vulva treuer seien als der Mann, dass eine Frau Sex als Opfer für die Liebe oder Fortbestandsmittel empfinden würde und Orgasmen diesem sanften Wesen auch nicht so wichtig seien, patati, patata.
Diese Behauptungen wurden durch vermeintliche Erkenntnisse der »Evolutionswissenschaft«, der Genetik wie auch der Verhaltensforschung gestützt (und werden bis heute wiedergekäut). Dumm nur, dass sie sämtlich von Männern kamen.
Leider fielen die meisten Frauen und auch Männer auf die Legende herein, dass das Weib an sich das geschlechtsneutralere Wesen sei – wäre es nicht so traurig, es wäre zum Lachen.
Denn sowohl im alten Griechenland, als man noch Götter kannte, als auch im vorislamischen Orient war es unter anderem durch die Legende über den blinden Seher Tereisias sehr wohl bekannt, dass Frauen neunmal mehr Lustfähigkeit besitzen als Männer. Das erfuhr Tereisias, als er sieben Jahre im Körper einer Frau gefangen war.
Neunmal mehr! Den Herren lief der Schweiß. Um diese Zeit müssen die ersten erektilen Dysfunktionen ihren Anfang genommen und die ersten Penisverdickungsmaßnahmen begonnen haben. Unter anderem ließ man(n) sich im antiken Orient von gemeinen Käfern schmerzhaft beißen, damit das Glied anschwoll. Na, das nennt sich doch Einsatz!
Das Vulvaverbot griff auf vielerlei Art um sich. Es wurde strengstens untersagt, sich mit ihr zu beschäftigen: nicht anfassen, nicht angucken, nicht darüber reden. Zur Unterstützung wurde der gesamte Bereich der Vulva als »Scham« deklariert. Scham kommt von schämen. Hatten Frauen erstmalig Sex, verloren sie ihre »Unschuld« und wurden somit schuldig. Der Phallus dagegen erwuchs zum Stolz des Mannes, zum »besten Stück«. Was Marken und Begriffe so alles bewirken können.
Die Vulva verbrachte die vergangenen Jahrhunderte in tiefer Dunkelheit, der Vagina wuchsen sogar Zähne, die manche Herren bis heute fürchten.
Sigmund Freud ließ den Mythos der Vagina dentata, der »bezahnten Vagina«, wieder aufleben, als er die Kastrationsangst des Mannes beschrieb, die diesen bisweilen beim Liebesakt befällt – Freud orientierte sich an den Legenden Südostasiens, nach denen rachsüchtige Frauen ihre Partner nach dem Sex mit dem zweiten Lippenpaar verspeisen würden. Auch im europäischen Mittelalter wurde die Mär von dem schnappsüchtigen Schoß in die tiefgläubige Welt gesetzt – es sollte Männer davon abhalten, mit fremden Frauen zu schlafen. Eine hübsch fiese Behauptung der (Auf)Kläriker.
Sind wir wirklich schon aufgewacht? Oder ist »da unten« noch immer eine verbotene Zone, bewacht von Mythen, verspießten Vorurteilen und religiös motivierten Sanktionen?
Die einzige Vagina, die zum Beispiel das Christentum offiziell akzeptierte, war eine nicht-funktionierende, nämlich die der sagenhaften, angeblich unberührten Jungfrau Maria. Sex stand völlig außer Frage, nein, nein, weiblicher Sex und göttliche Weihen gehörten nicht zusammen, so als ob man dem armen Jesuskind nicht zumuten wollte, diesen Eingang zu nehmen, heraus ging es aber nicht anders.
Jungfräuliche Empfängnis, das gibt es übrigens heutzutage auch, vor allem bei Teenagern, die beim Petting etwas zu … nun ja … unachtsam sind. Es ist eine biologische Tatsache, dass ein Samenfädchen sogar durch das Hymen, das Häutchen aller Keuschheit, schlüpfen kann. Dort ist ein winziges Löchlein in der Membran, irgendwo muss das Mensesblut ja raus. Und man kennt diese biestigen Samenfädchen, die schwimmen schneller als Flipper, wenn sie ein nach Maiglöckchen duftendes Ei wittern, und sie finden noch das kleinste Schlupfloch.
Wer weiß, ob der Heilige Geist nicht vielleicht ein ungestümer Jüngling war, der sich aufgeregt auf Mariens Schoß ergoss? Frauen sind sowieso gut darin, allerlei Ausreden zu erfinden, und der Seppl glaubte Maria die Story von der Stimme, die in sie hineinfuhr und …
Doch ignorieren wir die theologischen Thesen, die nur zu dem Quatsch führten, keusche Frauen seien das einzig Wa(h)re – zurück zur Vulva, die definitiv älter ist als alle Religionen zusammen und sicherlich auch weit mehr Menschen glücklich gemacht hat.
Obgleich, es gibt sie auch, die Vulva des Krieges: Es sollen die Geschlechtsteile diverser Damen – angefangen von Helena von Troja bis hin zu den Mätressen der diversen Sonnenkönige – gewesen sein, die die einmal darin umhüllten Herren dazu trieben, irgendwelche Kriege anzuzetteln. Entweder um in die Vulva zu gelangen oder um die Vulva zufrieden zu machen (och, komm schon, Schätzchen … ich würde so gern Preußen haben, wenn du mich nur ein kleines bisschen lieb hast …). Erstaunlich. Hörte man schon mal von einer Frau, die wegen eines Phallus irgendwo einmarschiert wäre?
Je nach Kulturbereich hat die Vulva eine Mystifizierung erfahren, mal wurde sie dem Mond, mal der Erde, dann dem Wasser zugeordnet. Ihrem im Yin-Palast (der Vagina) gebildeten Saft, poetisch Mondentau oder Mondblumengewässer genannt, sagten die einen (etwa die Lehren des chinesischen Tao und des indischen Tantra) eine magische Wirkung nach – ihre Heilkraft biete quasi Unsterblichkeit, und jedem Mann sei nur wohl geraten, regelmäßig davon zu trinken: Cunnilingus als perfektes Anti-Aging-Mittel.
In Neumexiko sah man(n) das anders, da drohte jenen Blindheit, die von den Säften einer Frau kosteten. Im alten Arabien dagegen war man überzeugt, die Energie, die eine Vulva auf Mann und Frau freisetzte, sei die zweitgrößte des Universums. Die größte ist selbstverständlich Allah.
Aber danach kommt gleich die Vulva. Ob man deshalb die Frauen unter Schleiern versteckt, damit sie mit ihrer großartigen, phantastischen, unbesiegbaren Vulva bloß nicht die Weltherrschaft über die Männer an sich reißen?
In Clarissa Pinkola Estés’ Buch Die Wolfsfrau erwähnt die Autorin ein spanisches Sprichwort: »El habla por en medio de las piernas«: Sie spricht durch die Organe zwischen ihren Beinen. Damit ist die intuitive, schlagfertige, offene Ausdrucksweise einer Frau gemeint, die auch eine fröhliche Art von sexuellem Humor beinhalten kann, frei von falscher Scham, unverblümt und direkt. Damit spielt sie auf die sogenannte Baubo an – jungsteinzeitliche Figurinen ohne Arme und Beine, jedoch mit ausgeprägten Brüsten, Bäuchen und Geschlechtsorganen. In dem Mythos von Demeter und Baubo spricht Baubo durch ihre Vulva und erwirkt dadurch allerlei Veränderungen in der Welt. Baubo, die »Weisheit des Bauches«, plädiert für weibliche, sprachliche Frivolität – wer über Sex spricht, auch veralbernd, spitz, schamlos, befreie sich aus der Opferhaltung, ließe sich nicht mehr in der männerdominierten Welt zum willigen Weibchen machen. Nun denn, speak Baubo!
In anderen Kulturkreisen befasst man sich eher pragmatisch mit der Vulva, so vor allem in jüngerer Zeit in der westlichen Welt, wo das Vulva-Training einen enormen Aufschwung erfahren hat. Die Vulva soll trainiert werden, um enger zu werden, sich einem Lifting unterziehen, damit sie aussieht wie Cher im Gesicht, und es werden Eigenfettaufspritzungen für den G-Punkt angeboten (den es übrigens nicht gibt – aber dazu später mehr), damit das mit dem »vaginalen« Orgasmus doch endlich mal klappt (den es übrigens auch nicht gibt). Und auch sonst wurde den Frauen in diesem Teil der Welt angeraten, ihre Vulva so zu trainieren, dass sie für den Penis gebräuchlich und lustvoll sei, damit der Mann ihnen auf jeden Fall verfalle. Es existieren mehr Tipps auf der Welt, wie eine Frau einen Mann sexuell befriedigt als a) sich selbst oder b) er sie.
Diese Haltung kommt zwar in einem anderen Mäntelchen daher, doch sie ist nicht weniger … sagen wir mal … vulvafeindlich. Denn wem gehört die Vulva eigentlich, und wem sollte sie als Erstes Freude bereiten, bevor sie anderen Freude bereitet?
Genau. Der Besitzerin. Ihnen.
Dürfte ich Ihnen die phantastische Vulva näher vorstellen? Ich weiß, Sie kennen sich schon länger. Vielleicht hat Ihre sogar einen Namen, oder vielleicht kennen Sie genau ihr einzigartiges, schönes Gesicht? Könnten Sie es zeichnen? Ohne hinzugucken? Vielleicht wissen Sie schon genau, wie sich jede Stelle, jeder Millimeter Ihrer Vulva anfühlt, und sind bestens vertraut mit den Eigenheiten und launischen Gegebenheiten: wie sich Ihr Teint verändert, wenn Sie Lust haben, oder nur neugierig sind, wann Ihr Mondtau glitzert und wann er an eine teure Lotion erinnert, und wie lang Ihre zauberhafte Klitoris ist … so um die zehn, elf Zentimeter dürften es schon sein.
Aber fangen wir von vorne an.
Was für einen herrlichen Mund Sie da zwischen den Schenkeln haben! Als da wären die Vulvalippen, die aus einem doppelten Lippenmund bestehen: dem äußeren und dem inneren. Die äußeren Lippen, die labia maiora, reichen vom Venushügel bis zum Damm (dem kirschenbreiten Abschnitt zwischen Scheideneingang und Darmausgang), sie sind behaart (ab der Pubertät) und bestehen aus hormongesteuertem Fettgewebe, Bindegewebe und einem saugfähigen Blutschwamm. Letzterer füllt sich bei sexueller Erregung. Die Lippen reagieren unter anderem auf Östrogene, die bei Lust durch den Körper rasen, sie heben sich, schwellen an wie zu einem erhofften Kuss und öffnen das Tor zu der zweiten Pforte, den inneren Lippen.
Der äußere Mund ist völlig amoralisch. Diese beiden Lippen reagieren, wie sie wollen, nicht unbedingt, wie Sie wollen – sogar, wenn Ihr Kopf nicht will. Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass die äußeren Lippen von Frauen anschwellen, wenn sie Pornos sehen – auch wenn ihnen die Pornos keine innere, mentale Erregung brachten oder sie den Inhalt sogar ablehnten!
Und wann fangen die beiden sonst noch an zu puckern? Etwa wenn der innere Hormonspiegel grad mal wieder umschaltet und eine Runde Östrogene freisetzt. Die gucken als Erstes, ob untenrum noch alles im Lot ist und blasen den Mund kurz mal auf. Das gibt dann dieses herrliche, puckernde, warme Gefühl. Sie haben das sicher schon erlebt, frau rutscht unruhig auf dem Stuhl herum und fragt sich: Wieso? So hübsch ist der Kellner doch nun auch nicht!
40 Jahre Kreisverkehr: 25 bis 35 Tage dauert der hormonelle Zyklus einer Frau – vom ersten Tag der Periode an gerechnet. Während dieser Zeit steigt der Östrogenspiegel stetig an, erreicht um den Eisprung herum seinen Höhepunkt und fällt dann wieder ab. Manche Frauen beobachten, dass sie emotional leichter erregt werden, wenn sie auf den Eisprung zusteuern (und keine Pille oder andere hormonelle Verhüter benutzen), oder dass sie in der Mitte des Zyklus als auch kurz vor der Periode »leichter« zum Orgasmus kommen. Anderen ist viel oder wenig Östrogen im Blut schnuppe. Beobachten Sie sich mal einige Monate lang, ob Sie so etwas wie wiederkehrende Lust- oder Unlusttage haben. Hormone sind auch dazu da, Ihnen die Schuld zu geben – wenn man sehr viel Lust hat oder eben keinen Bock …
Ihr äußerer Lustmund umarmt die inneren Lippen, jene mehrfarbigen Hautfältchen, die den Vorhof – das Eingangsfoyer zum Vaginaschlupf – umkränzen. Sie werden poetisch Nymphae genannt und sind Namensgeber für den Begriff Nymphomanie (bei Männern heißt die exzessive Geschlechtslust Satyriasis). Sie fühlen sich, wenn man sie sachte auseinander spreizt und ihre helleren, oft rosafarbenen Innenseiten berührt, wie Flügelchen an: sehr glatt, leicht feucht und seidig. Außerdem erspürt man feine Pünktchen unter der dünnen Haut: Das sind die Talgdrüsen, die einen der natürlichen Reinigungstrupps der Vulva bilden und die die Auffahrt zum Palast der Freude sauber und feucht halten.
Der Nymphenfilm hält die zarte Haut der Nymphae geschmeidig, schützt die Lippen vor Austrocknung und Falten, reinigt sie und sorgt dafür, dass Sie sich weder beim Schwimmen, Saunieren oder Sport unangenehme Besucher einfangen. Sind die Nymphae gesund, schmecken Sie immer appetitlich.
Was ab und an passieren kann: Sie fangen sich Feigwarzen ein. Manchmal kommen die Dinger erst Jahre später, nachdem einer Ihrer Ex-Liebhaber sie höflich an Sie weitergegeben hat. Es entstehen quasi Pickelchen, die durch einen Virus (Kondyloma) verursacht werden, nur in 30 Prozent von selbst weggehen und fast immer auf den Schwanz Ihres Süßen überspringen. Dann tauschen sie eifrig hin und her. Die Dinger werden Ihnen beim Frauenarzt mit Laser, Essigsäure oder Vereisung entfernt.
Bitte nicht foltern! Sowohl der Nymphae-Film als auch die Haut der Vagina produzieren stetig Feuchte, um Vulva und Vagina gesund zu halten. Das hat bis zur Erfindung der Seife hervorragend funktioniert: Die Tenside von Seifen, Duschgelen, Schaumbädern und Waschölen schaden dem gesunden Vaginchen genauso wie auch Intimwaschlotionen, sofern sie nicht auf Molkebasis hergestellt werden, ebenso Intimsprays oder die unsäglichen feuchten Toilettenpapiertücher sowie die mit dem Tropfen Jojoba oder sonst irgendeinem Pflegekram angereicherten WC-Blätter. Tun Sie ihr das bitte nicht an – sie ist kein schmutziger Ort, Ihr Geschlecht ist der reinlichste Ort der Welt, solange Sie es seinem seit Millionen Jahren bestens ausbalancierten Selbstreinigungssystem überlassen. Klares, warmes Wasser und sanfte Reinigung mit den Fingerbeeren reichen (und auch mal unter der Klitorisvorhaut …), bitte keine Vaginalspülung, Wasser trocknet das Innere aus!
Die Nymphae sind bei jeder Frau individuell geformt und gefärbt, sie verleihen der Vulva ihr ganz eigenes Gesicht. Selten symmetrisch, kann die eine innere Lippe länger, unregelmäßiger umsäumt oder gekräuselter als die andere sein; hell oder dunkel, rosafarben oder bräunlich, alle Schattierungen von himbeerrot bis lila oder blaumokka. Sie können länger sein als die äußeren und vorwitzig hervorlugen – aber kaum eine Vulva sieht aus wie ein sauberes Brötchen mit senkrechtem Schlitz. Bei den gespreizten Models der einschlägigen Hefte sorgt ein Bildbearbeitungsprogramm für den makellosen Look (damit die Anwälte nicht schreien, denn wenn die inneren Lippen zu sehen sind, erfüllt das den Tatbestand der Pornografie, also werden sie am Monitor verkürzt, damit die Playboys dieser Welt auch weiterhin kein FSK18 kriegen).
http://www.vulva-projekt.ch – unter dieser Adresse verbirgt sich das sogenannte »Vulva-Porträt«-Projekt der Schweizer Fotografin Natalie Uhlmann. Sie sagt: »Jede Vulva hat eine eigene Persönlichkeit, mit einem persönlichen Gesicht, einer eigenen Botschaft, mit ihren Vorlieben und Launen. Als Künstlerin und Fotografin versuche ich, die Persönlichkeit, die Schönheit, die Vielschichtigkeit, die Essenz der Vulven zu sehen und zu zeigen. Der Moment, wo Frauen die Schönheit ihrer porträtierten Vulva sehen können, ist schlicht erhebend.«
Die wenigsten von uns Frauen wissen, wie ihre Vulva aussieht, und sehen sie mal mit einem Spiegel an oder fotografieren sie, damit wir sie »richtig rum« betrachten können. Dann würden wir bemerken, wie sich die Farbe, Form oder Feuchte verändern, wenn sie erregt sind: Die inneren Labien schwellen um das Doppelte bis Dreifache an! Vor allem nach einem ausufernden Liebesakt oder einer intensiven Selbstliebe ist die Vulva so erblüht, dass sie sich fast wie ein kleines Ponymäulchen anfühlt.
Was Sie für die Erforschung Ihrer Vulva brauchen? Einen vergrößernden Make-up-Spiegel. Und ein paar Materialien, mit denen sich der Doppelmund liebkosen lässt. Warmes Wasser, eine Feder, ein ungebrauchter Rougepinsel geht auch; vielleicht Anschauungsmaterial wie erotische Bildbände, ein Porno, ein schmutziges Buch; je nach Neugier vielleicht noch etwas Kühles, etwas glatt Metallisches, etwas Ledriges oder Seidiges … und dann: Machen Sie es sich aufrecht im Bett gemütlich, öffnen die Beine, justieren den Spiegel und streicheln sich mit den Materialen. Machen Sie sich schöne Gedanken, und schauen Sie ins Gesicht Ihrer Vulva.
Die Vulva ist eines der wenigen menschlichen Organe, die sehr, sehr langsam »altern«. Sie bleibt bis weit über das sechzigste Lebensjahr hinaus faltenfrei, flexibel und dunkelt nur ein wenig an den inneren Lippen nach. Sie per OP zu »verjüngen«, die inneren Schamlippen schick auf Linie zu bringen oder dem Venushügel das hormonell gesteuerte Fettgewebe abzusaugen – wie wär’s bei der Gelegenheit gleich mit der Verstümmelung eines Arms, weil er zu viel auf die Waage bringt, oder ein bisschen Hirn absaugen? – sind irre Geschäftemacherei, die an den Gegebenheiten vorbeigeht: Die Vulva bleibt länger jung als das Gesicht. Bitte, tun Sie sich das nicht an – Sie würden sich einer Menge lustbereitender Zonen berauben.
Auf Liebkosungen reagieren die tiefgründigen Lippen je nach Frau und Erregungszustand anders – aber gewaltig: Zärtlichste Berührungen am Beginn eines Liebesspiels inklusive leichtes Ziehen am Flaum der äußeren Labien, ein kreisender, sanfter Druck, ein zartes, rhythmisches Auseinanderziehen, ein Darüberpusten, ein Wasserregen lösen genauso Wohlgefühle aus wie das neugierige Liebkosen einer Zungenspitze, die alle Fjorde und Fältchen zwischen den Lippenpaaren erkundet. Hauptsache, die Berührung ist nicht trocken oder hektisch-reibintensiv (autsch – brennt!) mit gespreiztem Finger auf und ab wie das Würstchen im Hotdog – davon werden die beiden Liebesmünder wund.
Ein bisschen muss man unseren geliebten Männern beibringen, was der Unterschied ist zwischen feucht und wirklich feucht, erregt, geil, ganz und gar bereit, einen schönen, drallen Schwanz aufzunehmen. Über Frauen können Männer nur von Frauen lernen – wenn Sie auf sich selbst achten und sich Zeit geben, wirklich richtig schön patschnass zu werden, damit er den Unterschied im wahrsten Sinne »begreifen« kann. Ein bisschen feucht sind wir ja immer – der Selbstreinigungsfilm der inneren Vulvalippen ist permanent vorhanden, aber dabei handelt es sich um eine etwas »trockenere« Feuchte. Manche Männer lassen sich schon von dieser Dauergleitfähigkeit überzeugen, dass sie zügig zur Sache gehen können. Wenn es irgend möglich ist, überzeugen Sie ihn, dass er gern noch ein wenig außen rum spielen darf, damit sich jene Nässe entwickelt, die das Vergnügen glitschiger macht.
Diese sexuelle Feuchte (Lubrikation) fühlt sich auf dem Finger an wie eine Mischung aus Wasser, Öl, Warmwachs und einem Tropfen Honig und entspringt mehreren Quellen: einerseits der Haut der Vaginatube, dem Ephitel, das im Normalzustand stetig, aber wenig, und bei beginnender Erregung mehr und mehr wasserölartige Substanz mit dem prosaischen Namen Transsudat in den Schlupf entlässt. Diese Flüssigkeit, im Tao »Mondblumengewässer« genannt, legt sich wie ein cremiger Film auf die Innenwände der Vagina und soll sie schützen, damit sie nicht verletzt wird, wenn stürmischer Besuch eintritt und dem Schlupf Kontur verleiht. Manchmal läuft ein Bächlein gen Süden und benetzt Schwelle (beziehungsweise Vaginavorhof, diesen rauheren Hubbel am unteren Ende des Eingangs) und innere Lippen. Frau wird feucht. Ist die Vagina gesund und infektionsfrei, riecht der Mondsaft zart säuerlich (wie Joghurt, Wein oder frisch aufgebrühter Kaffee; keinesfalls wie Lachs mit Zitrone) und hat je nach Ihrem Zyklustag eine transparente bis weißliche Farbe. Die Konsistenz reicht von klebrig bis dünnflüssig, austernartig oder cremig, wässrig oder so geschmeidig wie eine teure Luxuslotion.
Übrigens: Die Menge ist je nach Frau, Tagesform und auch Alter unterschiedlich. Sie können vor Lust auf Sex zittern, aber trotzdem nicht wallend zerfließen. Vor allem Frauen, die sich durch die Wechseljahre kämpfen, werden trotz tiefen Verlangens nicht mehr so schlüpfrig wie in der Blüte ihrer Östrogenjahre; da helfen Spucke oder Gleitmittel.
Die zweite magische Nässe entsteht bei fortgeschrittener Erregung in den beiden Bartholinschen Drüsen, benannt nach ihrem dänischen Entdecker Caspar Bartholin. Sie sind erbsen- bis haselnussgroß, ihre winzig kleinen Mündungen höchstens mit einem Mikroskop zu entdecken; stippen Sie einen Kuli auf ein Blatt Papier – noch kleiner sind ihre Ausgänge. Sie befinden sich links und rechts neben dem unteren Ende des Vaginaeingangs. Links und rechts dieser Schwelle entlassen die Bartholinschen Drüsen ihren Anteil zum Vergnügen. Ihre klare, geschmacksneutrale Flüssigkeit sorgt für die Befeuchtung des Vaginaeingangs, der bei steigender Lust ebenfalls anschwillt, um seine Oberfläche zu vergrößern und mehr, mehr, mehr! der aufregenden Berührungen wahrzunehmen.
An ihr kommt kaum ein Orgasmus vorbei: die Klitoris. Das wahrscheinlich einzige menschliche Organ, das nur einem Ziel dient: dem Vergnügen. Sie kennt keine Moral, nur Lust oder Unlust, sie ist eine gnadenlos ehrliche Kritikerin. Und eine heimliche Ratgeberin der Partnerwahl, wenn man englischen Forschern glauben darf – so heißt es, dass Frauen instinktiv jenen Mann als Begleiter ihres Lebens auswählen, der sich Mühe und Zeit nimmt, die Klitoris seiner Gefährtin kennenzulernen. Je mehr Orgasmen eine Frau mit einem Mann hat, desto eher käme er auch fürs Herz in Frage. Damit wäre die Idee der romantischen Liebe allerdings ein bisschen auf den Kopf gestellt – und wir würden prinzipiell nur noch die Männer heiraten, mit denen im Bett die Funken sprühen, unabhängig vom restlichen Sympathiewert.
Zurück zu ihr: Sie wurde erst 1559 von dem venezianischen Arzt und Anatom Renaldo Colombo »gefunden« und als Platz der weiblichen Lust bezeichnet. Wobei: »Gefunden« hatten sicherlich schon einige Herren auch ohne Doktortitel den »kleinen Hügel« in intimen Einzelexperimenten, aber Colombo war der erste feministisch angehauchte Wissenschaftler, der die Lust der Frauen offiziell in Anatomiezeichnungen des menschlichen Körpers aufnahm. Danke, Mann.
1998 dann, über vierhundert Jahre später, kam es zu der wichtigsten Entdeckung seit Ausgrabung der Venus von Willendorf: Die Klitoris ist lang. Verdammt lang, breit und tief gefächert: Sie reicht bis zu zwölf Zentimeter in das Körperinnere und die Vagina hinein! Bis dato ging man(n) von einer übersichtlichen Länge zwischen drei Millimetern und einem Zentimeter aus, ein Nippelchen vorne dran eben – aber zehn, zwölf Zentimeter?! Und dann auch noch zweibeinig? (Dazu gleich.) Die Verfechter des Penisneids wurden blass.
Sie ist also nicht nur das stecknadelkopfkleine Knubbelchen, das dort hervorlugt, wo sich die beiden inneren Lippen an ihrem oberen Ende am Venushügel treffen. Das, was wir außen sehen, ist nur die Spitze des Vulkanbergs! Es ist das Köpfchen (Glans, Eichel) der Klitoris, der Docht, an dem die weibliche Lust entzündet wird. Durchschnittlich sechzehn Millimeter »lang« ist dieser Docht außen; er kann auch länger oder kürzer sein, ist zwischen zwei und zwanzig Millimeter dick und trägt eine kleine bewegliche Kapuze über seiner Spitze.
Unter der Kapuze – die die Klitoris stolz zurückstreift, wenn sie bereit ist oder Sie vielleicht mal selbst sacht das Mützchen zurückziehen, um das Darunter zu betrachten oder mit einem Wattestäbchen, getränkt mit Mineralöl, zu säubern – sitzt der restliche sichtbare Teil des Dochts: ein Schaft, der mit einer flexiblen Haut umgeben ist, unter deren Schutz sich das Wundergeschöpf räkeln kann. Der Schaft ist weniger reizempfindlich als das Köpfchen, diese Lustbeere:
Dort, auf den paar Quadratmillimetern, vereinigen sich 8000 Nervenenden in der freudigen Erwartung kommender Sensationen. Es wurden schon Klitorides mit 11000 Sendeempfängern gefunden. Eine Peniseichel bringt es auf höchstens 4000 Knöpfchen. Diese Klitoris-Nervenenden lieben zu Beginn ganz zarte Berührung (anhauchen, zart anlecken, sachte Stupse mit Finger oder Schwanz). Wer zu früh zu fest loslegt, riskiert, dass sich die Nervenenden beleidigt zurückziehen und »taub« werden. Vielleicht bitten Sie Ihren Liebhaber, wenn er zu stürmisch vorgeht: Rubbel sanft, Cowboy!
Und auch kein anderes Sinnesorgan, weder der Mund noch die Zunge, besitzt so viele Nervenenden wie die Nadelspitze unserer innigst geliebten Klitoris. Das kann ein Vorteil sein, erfordert aber auch besondere Maßnahmen: Nur Sie können wissen und es schließlich Ihrem Liebhaber sanft lehren, wie er Ihr Wunderwerk behandeln soll. Vielleicht gehören Sie zu jenen Frauen, die so empfindlich an ihrem nackten Köpfchen sind, dass Sie direkte Berührung als Überreizung empfinden und sich schreiend aus dem Bett wälzen, wenn er den Docht zwischen zwei Fingern zwirbelt (»Fächertechnik«, eine der häufigsten Methoden der Damen beim Selbermachen). Da hilft es zum Beispiel über der Kapuze kreisend Druck auszuüben oder mehrere Finger flach auf den großräumigen Bereich um das Köpfchen zu legen, um die direkte Stimulation zu vermeiden. Oder ihn zu bitten, gleich die weiche Zunge zu benutzen.
Wenn Sie mögen, führen Sie ihm die Hand und zeigen ihm auf diese Weise, bei welchem Druck, Tempo und Berührungsart Ihre Klitoris sich wohlfühlt.
Der Schaft ist etwas ignoranter als das Glansköpfchen; er füllt sich zwar bei Lust mit Blut, schwillt an und lässt das Köpfchen noch fordernder hervortreten. Doch er ist auch ein launischer Witzbold: Geht’s auf den Orgasmus zu, macht er sich fast dreimal größer als im Ruhezustand, um so viele Eindrücke wie möglich aufzusaugen. Kurz vor dem Orgasmus schwillt er rasch ab. Schwupp, weg ist die Klitoris, ein Augenblick, der Männer wirklich zum Verzweifeln bringt. Diese Reaktion des Schafts ist ein Lustschutzprogramm: Jetzt bloß keine Überreizung, sonst ist Schluss! Während des Orgasmus wird – zack – rasch die Kapuze über das Köpfchen gezogen. Die Perle ist hochkonzentriert. Und danach, wenn die Muskelkontraktionen im Inneren der Vagina abgeflaut sind, schwillt der Schaft wieder an, wirft den Hut nach hinten und guckt, ob jemand applaudiert.
Länge, Form und Sensibilität von Köpfchen und Schaft sind bei jeder Frau unterschiedlich. Manche sehen aus wie Bleistiftspitzen, andere wie winzige Erektionen, die nächsten erinnern an Ventile von Fahrradschläuchen, die übernächsten krümmen sich wie eine winzige Garnele, wieder andere sind kugelrund oder scheinen zwei Flügelchen an den Seiten zu tragen, und es wurden schon Klitorides (auch: Klitorae) gesichtet, die wie ein Triskell erscheinen. Eines trifft für alle zu:
Das, was wir nicht sehen, ist der längere Teil. Manche Klitorides erreichen Innenlängen von bis zu elf Zentimetern.
Wie der Ast einer circa ein Zentimeter breiten Wünschelrute oder eines umgedrehten Y reicht der Schaft in die Vulva hinein, an der Rückseite der Harnröhre und dem dazugehörigen Skene-Schwamm entlang, um sich dann unterwegs in zwei breite Flügel (»Crura«) zu spreizen und um die Vaginaltube zu schlingen. Sie können sich das auch als Schmetterling vorstellen – Augen und Köpfchen sind das, was wir außen sehen und erfühlen, die Flügel wachsen unter dem Venushügel weiter.
Bei manchen Frauen reichen die Y-Flügel der Klitoris Richtung Oberschenkel (und sogar hinein – was erklärt, warum manche durch das Aneinanderpressen der Schenkel kommen können) oder flankieren die Vagina im vorderen Drittel oder streifen die vordere Scheideninnenwand. Ausgerechnet dort, wo der G-Punkt zu finden sei, wie Gräfenberg einst rumtönte.
Letztlich stellte sich heraus, dass sich an der Stelle, die man für den G-Punkt hielt, die »Rückseiten« der Klitoris befinden. Und die verlaufen bei jeder Frau anders. Und reagieren im Übrigen genauso launisch wie der sichtbare Teil der Klitoris – es kann sein, dass Sie gestern höchste Wonnen dabei empfanden, als Ihr Liebhaber Sie mit einem Finger in der Scheide streichelte, und es heute unangenehm oder langweilig finden. Auch die innere Klitoris hat ihre Tagesform.
Diese individuelle Anatomie jeder Klitoris erklärt, warum einige Frauen auf G-Druck kommen und andere die Stelle tödlich langweilt. Oder dass eine Handvoll durch das simple Reinraus zum Orgasmus kommen, aber viele eben nicht: Je nachdem, wie Ihr Klitoris-Y verläuft, besitzen Sie völlig unterschiedliche Hotspots an und in Ihrem Geschlecht. G-, A-, U- oder sonstige Lehrbuch-Lustpunkte sind ein Mythos der Sextoy-Industrie – lassen Sie sich bitte nicht davon verunsichern, wenn wieder mal ein »Hotspot« medial durchgepaukt wird: Es gibt keine Standardvulva, keine Standardklitoris.
Gehen Sie vielleicht lieber auf Entdeckerinnenreise: Erkunden Sie den Bereich um die Vaginapforte. Strecken Sie die Beine, spannen Po- und Schenkelmuskeln an, so treten die »Wünschelruten« mehr hervor. Erforschen Sie Ihre Vagina im vorderen Drittel mit einem schlanken Dildo, experimentieren Sie mit Winkeln, Tiefen und Stoß- oder Reibtempos. Nach und nach bildet Ihre innere Klitoris ein »Lustgedächtnis«, Sie werden beim Liebesakt intuitiv Stellungen finden, die Ihren Y-Schmetterling stimulieren – meist sind es jene Positionen, bei denen Ihre Beine gestreckt, geschlossen oder anzuspannen sind.
Übrigens macht die Suche nach Ihrem »Y-Prinzip« auch zu zweit Spaß: Ihr Liebhaber möge sich aufrecht zwischen Ihre Schenkel knien und seine Erektion mit der Faust halten, um nur die Eichel eindringen zu lassen. Heben Sie ihm Ihr Becken entgegen und rotieren sachte, bis Sie spüren, wie seine Eichel lauter neue aufregende Stellen touchiert.
Und wenn Ihnen noch mal jemand erzählen will, erst der sogenannte vaginale Orgasmus sei der »reifere« und »erwachsenere«, wie es mein persönlicher Hassfreund Sigmund Freud verbreitete, knurren Sie lässig: Alle Orgasmen sind klitoral. Manchmal vermute ich, der Herr Psychologe war ein penisversessener Chauvinist; dauernd versuchte er der Gesellschaft einzureden, der Penis sei das Maß aller sexuellen Dinge und eine Frau erst dann ein ganzer Mensch, wenn das geistlose Herumrammeln in ihr ihr Befriedigung verschaffe. Ärgerlich!
Aufgrund ihrer ausgedehnten und individuell unterschiedlichen Y-Struktur im nichtsichtbaren Innenleben der Vagina ist der vordere Bereich des weiblichen Schoßes ein unerschöpfliches Gebiet für sexuelle Erregung. Wir reden hier von den ersten drei Zentimetern Innenraum und der gesamten Vulva! Dort finden achtzig Prozent des Spaßes statt – es würde sogar reichen, wenn er nur die Spitze seines Penis eintauchen würde. Na, zum Glück macht der Rest ja auch sehr viel Spaß. Jetzt kommt es nur noch darauf an, die Vergnügungen zusammenzubringen – äußere wie innere Liebkosung, die zu einem Höchstmaß an Genuss für Ihre wundervolle Vulva werden.
Was unsere Freundin, die Klitoris, so einzigartig (und launisch) und trotz aller gekonnten Zuwendung zickig macht, ist folgender Umstand: Sie hat eine funktionierende oder auch gestörte Standleitung zum Hypothalamus. Das ist jener Teil des Zwischenhirns, in dem das Sexzentrum des Gehirns liegt – dort werden Schlüsselreize ausgewertet, dort sitzt die Hoheit über die Orgasmusfähigkeit der Frau. Oder anders ausgedrückt: Einen Orgasmus erleben Sie, wenn Klitoris und Zwischenhirn kurzgeschlossen und Verstand und die Selbstkontrolle ausgeschaltet sind.
Italienische Forscher erhalten – im Gegensatz zum Rest der Welt – Forschungsgelder, um die weibliche Lust zu ergründen. In Amerika ist die Beschäftigung mit dem weiblichen Genital nicht so erwünscht; aber das ist eine andere Geschichte. Die Geschichte von Hypothalamus und Klitoris dagegen geht nach den Italienern so:
Es war einmal ein Paar namens Klitoris und Hypothalamus. Hypothalamus, der das vegetative Nervensystem steuerte, war auf Lust und Leidenschaft eingestellt und ermöglichte dem weiblichen Körper per Nervenreflexe, den Orgasmus einzuleiten.
Wäre Hypothalamus ein Tier, so wäre er ein dem Liebesspiel hoffnungslos verfallener Bonoboaffe und würde den ganzen Tag an der Klitoris rumspielen. Weil sie es eigentlich kann: kommen und kommen und kommen …
Ja, wir Frauen können genauso schnell wie Männer kommen. Und sogar öfter. Oder, vielmehr, könnten. Wenn die Evolution uns nicht zu Wesen mit Intellekt und Großhirn geformt hätte.
Jetzt wollte der Intellekt mitmischen und störte die Standleitung. Zwar brachte der Verstand die Fähigkeit zur erotischen Phantasie mit, aber letztlich ist das menschliche Großhirn ständig damit beschäftigt, seine Vorherrschaft zu behaupten. Unsere Intelligenz hat uns weit gebracht, aber leider auch von der Lustfähigkeit ohne Hemmungen entfernt.
Fakt ist, dass bei uns im Augenblick des Orgasmus Bereiche des Gehirns abgeschaltet sind – und zwar jene, die Angst und Furcht kontrollieren sowie logisches Denken (bei Männern waren die Orgasmen bei den Studien nicht lang genug, um das Lahmlegen von Gehirnbereichen festzustellen. Hihi).
Natürlich gefällt das dem Verstand gar nicht, für ein, zwei Minuten (so lange können unsere weiblichen Höhepunkte dauern) vom System abgeklemmt zu werden. Er nölt: »Boah! Kontrollverlust! Lebensgefahr! Das geht gar nicht!« Deswegen grätscht er dazwischen, behindert das vegetative Nervensystem, will den Orgasmus verhindern.
Diese Hemmung befällt nicht nur weibliche Intelligenzbestien. Glauben Sie den Satz »dumm fickt gut« nicht – auch Menschen mit weniger IQ sind im Besitz eines Großhirns, das nicht abgeschaltet werden will. Es ist vielmehr ein Schutzreflex des Gehirns, alles zu vermeiden, was es in Gefahr bringen könnte. Und bei uns Frauen ist diese Gefahr der Orgasmus in Anwesenheit eines anderen Menschen (Mannes): Kontrollverlust vor fremden Augen wird vom Gehirn als tödliche Gefahr aufgefasst.
Manche legen den Wächter des Verstands mit Alkohol in ein Nickerchen. Das hat leider den Nachteil, dass auch der Rest der Nervenenden sediert wird und keine Lustsignale mehr ans Zwischenhirn schickt. Andere brauchen das Gefühl von Vertrauen und Sicherheit dem Mann gegenüber, damit das Hirn kapiert, nicht in Gefahr zu sein.
Was noch funktioniert, ist, den Verstand mit körpereigenen Opiaten zu bestechen – mit den Glücks- und Sexdrogen, die den Verstand selig lächelnd zur Seite schaffen.
Und das ist das Argument für Ihren Geliebten: Aufregende, nicht-geschlechtliche Liebkosungen, heiße Worte, Entspannung – alles, was Ihre emotionale Stimmung auf Hingabe polt, dreht den Hahn der Hormone auf, die den Verstand vernebeln. Je entspannter, sicherer und erregter Sie sich fühlen, desto geringer wird die Alarmbereitschaft des Verstandes sein.
Ganz korrekt wird nur das als Vagina bezeichnet, was hinter dem Vagina-Vorhof, dem hubbeligen Eingang, losgeht und sich ins Innere bis zum Muttermund erstreckt. Die Vagina selbst ist von außen nicht zu sehen, es sei denn, man nimmt sich wie Annie Sprinkle ein Spekulum und lugt (dann ohne Publikum) hinein.
Von der Seite aus gesehen ist die Vagina ein länglicher Schlupf aus Haut, Muskeln, Bindegewebe und vereinzelten Nervenbahnen, der im passiven Zustand zehn bis zwölf Zentimeter oder mehr in einem Steigungswinkel von 45 Grad zum Muttermund hinaufragt. Dieser flexible Schlupf, dessen Wände im nichtaktiven Zustand aneinandergekuschelt sind wie zwei Lagen Frischhaltefolie oder der den Durchmesser eines Ikea-Bleistifts hat, ist äußerst anpassungsfähig: ein One-Size-for-all-Modell.
Der Engpass passt sich Penissen jedes Ausmaßes an, er ist dehnbar wie ein Kaschmirrolli und kann sich zu allen Seiten hin ausbeulen wie eine Schlange, die ein Kaninchen schluckt.
Die Tube ist von Längs- wie Quermuskeln umschlossen; diese Schambein-Steißbeinmuskeln können von einer Frau so bewegt werden (durch Kegelübung, Callanetics oder Training der sogenannten Pubococcygeus, abgekürzt: PC-Muskeln), dass sie die Muschi im Entreebereich zusammenziehen kann, eng wie ein erstklassiger Handschuh – genannt »der Schamlippenkuss« oder auch »Pompoirtechnik«. Es soll Frauen geben, deren Muskelarbeit reicht, eine Kerze auszupusten oder Pingpongbälle einzusaugen (siehe dazu Federico Fellinis Stadt der Frauen).
Doch aus diesem Grund – der Dehnbarkeit, die für grandiose Erektionen, gynäkologische Untersuchungsgeräte und Babyköpfchen dienlich ist – besitzt die Vaginaltube hinter dem PC-Muskelring direkt nach dem Eingang herzlich wenig Nervenenden. Die Schmerzen, wenn sich Muttermund und Vagina zehn, fünfzehn Zentimeter im Querschnitt weiten, wären so unerträglich, dass Kinderkriegen einer Tortur gleichkäme, die Menschheit stürbe aus. Nicht mal Tampons könnten wir tragen.
Hadern Sie nicht mit sich, wenn Sie trotz ganz guter Gefühle beim Vögeln nicht die Ekstase verspüren, während Ihr Geliebter munter rein und raus stößt. Die biologischen Gegebenheiten machen es nahezu unmöglich, allein durch tiefes, stetes Reinraus zu kommen, wenn die Klitoris dabei unberührt bleibt: Da die Vagina nach den ersten zwei, drei Zentimetern vom Eingang auf den restlichen circa zehn Zentimetern sehr, sehr nervenarm bestückt ist, bringen die Stimulationen nicht viel Aufregung (denken Sie an den Tampon: Den spüren Sie ja auch nicht mehr, wenn er einen Finger tief in der Vagina sitzt). Als ob man einem Tauben ganz laut Musik vorspielt oder ein Theaterstück ohne Publikum aufführt. Für Männer ist dieser Fakt entweder unbekannt oder nicht nachzuvollziehen: Der Vaginaschlupf begeistert Männer ungemein, er ist wie gemacht für den Penis, er umschließt ihn geiler als eine Faust und bringt die Vorhaut so apart ins Hin-und-her-Rutschen.
Einem Mann ist es völlig schleierhaft, dass Sie dabei nicht so starke Gefühle haben können wie er; er kann das nicht nachempfinden, denn für ihn fühlt sich alles superspitze an!
Und ab da beginnt die Liebeskunst: sich auf- und ineinander so zu bewegen, dass beide etwas davon haben. Sie, Ihre Klitoris innen wie außen. Und er, damit er sich nach wie vor gut aufgehoben fühlt. Vor allem im vierten Kapitel gibt es dazu einige Stellungshinweise.
Auch die Vaginagröße variiert von Frau zu Frau; die eine ist kürzer, die andere länger. Die eine enger, die andere offener. Die eine wird rasch feucht, die nächste benötigt Gleitmittel aus der Tube. Die eine ist vorne schmal und hinten Konzertsaal, die andere umgekehrt, und die übernächste hat links und rechts von der mittleren Tube lauter interessante Buchten und Höhlen. Und manchmal treffen Sie auf eine Erektion, die passt Ihnen so gut wie Ihre Lieblingspumps – das ist dann der geniale Zufall.
Wenn eine Vagina »Tiefe« fühlt, dann ist das der Moment, wenn die Eichel an den Muttermund stupst (der wie ein glasierter Donut aussieht und die birnengroße Gebärmutter abschließt), was schmerzhaft bis lustvoll sein kann. Kurz vor dem Orgasmus plustert sich alles um die Vaginatube auf, der tiefliegende Teil pumpt und reagiert in diesem Moment auf festen Druck, sprich: auf etwas, was tief in ihr drin steckt.
Deswegen haben wir so oft den Wunsch, dass er kraftvoll zustößt, wenn wir schon kommen: Die Vaginaltube will dringend etwas umarmen! Doch um überhaupt einen Orgasmus aufzubauen, ist Außenkontakt und die liebevolle Zuwendung zur Klitoris notwendig.
Und das nicht erst, wenn ein Mann dabei ist:
Zwei kurze Fragen vorab: Wer bestimmt, wie Sie Ihre Beine in der Missionarsstellung strecken, spreizen oder anziehen – Sie oder Ihr Liebhaber? Und wann hört der Liebesakt auf – wenn er gekommen ist oder Sie?
Wir Frauen machen uns en gros mehr Gedanken, ob es ihm gutgeht, aber achten selten auf das eigene Wohlgefühl und verzichten großmütig auf Orgasmen. Bei etwa acht von zehn Paaren bestimmt der Mann die Stellung beim Sex (hebt beispielsweise ihre Knie an, um tiefer einzudringen, obgleich ihr vielleicht das gestreckte Bein mehr zusagen würde, sie sich aber nicht traut, ihn bei seinem Tun zu unterbrechen), und bei etwa der Hälfte aller Paare ist der Liebesakt vorbei, wenn er gekommen ist.
Die weibliche Scheu, den eigenen Genuss wichtig oder sogar am wichtigsten beim Sex zu nehmen, mag an der Erziehung zur Bescheidenheit liegen, die Mädchen und Frauen häufig erleben; oder dem Wunsch zu gefallen, bloß nicht kompliziert zu sein. Aber zu absolut geilem Sex, der Ihnen gefällt, führt diese Zurückhaltung nicht! Und sie muss auch nicht sein, um geliebt zu werden:
Männer haben nie um sexuelle Zurückhaltung oder Altruismus gebeten – im Gegenteil: Am tiefsten wird ein Mann von der Lust der Frau erregt. Ihn macht es ungleich intensiver an, wenn Sie in Lust zerfließen, als wenn Sie sich nur darum kümmern, dass er so geil wie möglich kommt. Er will keine Liebesdienerin, sondern eine Liebesherrscherin. Die weiß, was sie will. Die es beherrscht, ihm zu zeigen, was er für sie tun kann. Die ihn mitreißt, das Beste aus dem gemeinsamen Sex herauszuholen. Die nicht auf den Ritter wartet, der sie erlöst – sondern die sich und ihn mit absoluter Gewissheit um ihre Gelüste durch den Liebesakt leitet. Um noch mal das Beispiel mit den angezogenen oder gestreckten Beinen zu strapazieren: Ein Liebhaber wird so lange eine für ihn vorteilhafte Stellung einnehmen, solange sie ihn nicht korrigiert und er fühlbar miterleben kann, wie sie bei einer ihr vorteilhaften Position abgeht wie Schmidts Katze.