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Mit diesem Werk werden Sie als professioneller Coach schrittweise in die Lage gebracht, kritische Glaubenssätze zu erkennen und sinnvoll zu verändern. Sie erhalten zahlreiche ergänzende Hinweise und Erläuterungen zur Anwendung dieser Methode. Außerdem erfahren Sie, wie Sie die Methode zum Eigencoaching nutzen. Und Sie lernen auch die Grenzen dieses Vorgehens kennen.
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Seitenzahl: 428
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Martin Gudacker
Achtung Glaubenssatz
Wie Sie in Ihrem Coaching mit einer wirksamen Methode tiefgreifende Veränderungen erreichen
© 2022 managerSeminare Verlags GmbH 2. Aufl. 2023
Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn
Tel: 0228-977910, Fax: 0228-9779199
www.managerseminare.de/shop
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Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.
ISBN: 978-3-98856-283-8
Herausgeber der Edition Training aktuell:
Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann
Lektorat: Ralf Muskatewitz
Fotos: Martin Gudacker
Illustration: Sadia Oumohand
Cover: kuligssen/depositphotos
Ihre Download-Ressourcen
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Cover
Impressum
Vorwort von Prof. Dr. Eckard König
Einführung
Teil 1 – Wirkungslos
1 Was wir nicht kennen, sehen wir nicht
1.1 Blinde Flecken können ganz schön bunt sein
1.2 Wie wäre das für Sie?
1.3 Viele Begriffe – eine Bedeutung
1.4 Schwerer als Blei
2 Die Nadel im Heuhaufen
2.1 Unbewusst bedeutet auch verborgen
2.2 Wenn etwas Vorteile hat
2.3 Wissenslücken und mangelnde Methodik
2.4 Die Kategorie der „Antreiber“
2.5 Könnte es auch an mir liegen?
2.6 Überall
2.7 Selbstwert, Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsstörungen
2.8 Wozu?
3 Grenzen der Vernunft
3.1 Vorgehen der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie (REVT)
3.2 Entspannung und Meditation
3.3 Affirmation
3.4 Afformation®
3.5 Kritische Betrachtung und Schlussfolgerungen
4 Befreiung mit Verlust
4.1 Submodalitäten
4.2 Das Swish-Muster
4.3 Imagination des Glaubenssatzes als Hülle
4.4 Hypnose
4.5 Was nun?
5 Noch ganz anders?
5.1 EMDR
5.2 Die Transformation der Kohärenztherapie
Teil 2 – Wirksam
6 Vorgehen mit Methode: Glaubenssätze in 5 Schritten strukturiert verändern
6.1 Nicht zufriedenstellend
6.2 Meine Anforderungen
6.3 Die richtige Kombination macht‘s
6.4 Überblick über diese Methode in fünf Schritten
7 Erster Schritt: Glaubenssätze erkennen
7.1 Antreibende Glaubenssätze
7.2 Glaubenssätze zu Identität und Selbstwert
7.3 Glaubenssätze als Ursache gesundheitlicher Probleme
7.4 Blockaden
7.5 Verhaltensnormen
7.6 Glaubenssätze anhand von Problemen erkennen
7.7 Typische Äußerungen, Begründungen und Sprüche
7.8 Typische Muster bei Personen mit der Tendenz zu Persönlichkeitsstörungen
7.9 Fragebögen oder Listen von Glaubenssätzen nutzen
8 Zweiter Schritt: Die geltende Formulierung ermitteln
8.1 Kinesiologische Testverfahren nutzen
8.2 Voraussetzungen für den kinesiologischen Test
8.3 Die verschiedenen Testverfahren
8.4 Die Durchführung des Muskeltests
8.5 Probleme und Hinweise
9 Dritter Schritt: Die Vor- und Nachteile ermitteln
9.1 Betrachtung der Vorteile
9.2 Nachteile sammeln
10 Vierter Schritt: Die optimale Formulierung für den neuen Glaubenssatz finden
10.1 Kreativität, Erfahrung und das Unbewusste Ihres Klienten nutzen
10.2 Auswirkungen und Nebenwirkungen
10.3 Systemische Auswirkung
10.4 Besonderheiten und Hinweise zum vierten Schritt, den neuen Glaubenssatz zu finden
11 Fünfter Schritt: Veränderung mit rascher Wirkung erreichen und Nachhaltigkeit sichern
11.1 Die Bearbeitung auf der unbewussten Ebene
11.2 Den neuen Satz manifestieren
Teil 3 – Weiterwirkend
12 Was mache ich, wenn
12.1 Worin liegen die Grenzen und Voraussetzungen des Vorgehens?
12.2 Coaching oder doch Therapie?
12.3 Brauche ich eine Ausbildung?
12.4 Rahmen für die Durchführung
12.5 Typische Stolpersteine, Schwierigkeiten und Probleme oder sogar Ursachen für ein Scheitern
13 Ein Beispiel aus der Praxis
13.1 Fallbeispiel, erster Schritt
13.2 Fallbeispiel, zweiter Schritt
13.3 Fallbeispiel, dritter Schritt
13.4 Fallbeispiel, vierter Schritt
13.5 Fallbeispiel, fünfter Schritt
14 Selbst ist der Coach
14.1 Die Herausforderungen bei der Selbstanwendung
14.2 Einen neuen Glaubenssatz implementieren
15 Mrs „Alles perfekt machen“ trifft auf Mr „Mach dich mal locker“
15.1 Partnerschaft und privates Umfeld
15.2 Beruf, Organisationen und Gesellschaft
15.3 Eine Vision
Service
Haftungsausschluss
Anleitung zur Entspannung
Anleitung zur Durchführung der drei Aufgaben der Transformation
Anleitung, um die Klientin bzw. den Klienten ins Hier und Jetzt zu holen
Einige typische Beispiele von Glaubenssätzen aus Coachingsitzungen
Glossar
Literatur
Stichwortverzeichnis
Download-Ressourcen zum Buch
Den Link zu den Ressourcen finden Sie im Impressum.
Auflistungen: 1.700 hinderliche und kritische Glaubenssätze • alphabetisch sortiert • nach Kategorien sortiert
Checkliste: Mögliche Ursachen, wenn der Muskeltest nicht zufriedenstellend gelingt
Abbildung: Tapping-Punkte des EFT-Grundrezepts
Mustertext: Anleitung zur Entspannung
Mustertext: Anleitung zur Durchführung der drei Aufgaben der Transformation
Mustertext: Anleitung, um die Klientin bzw. den Klienten ins Hier und Jetzt zu holen
Abbildungen: Variante des Ringtests
Auflistung: Einige typische Beispiele von (positiven) Glaubenssätzen aus Coachingsitzungen
von Prof. Dr. Eckard König
Viele Coachs kennen die Situation: Ein Coachingprozess kommt nicht weiter. Es wurde ein Handlungsplan entwickelt, die Klientin war zufrieden – aber die Umsetzung hat nicht geklappt.
Das sind Situationen, in denen der Coachingprozess auf eine andere Ebene wechseln muss: Es geht nicht mehr darum, den oder die Coachee bei der Entwicklung von Handlungsplänen zu unterstützen – sondern es geht darum, zu klären, „was dahinter steht“, und auf dieser Ebene anzusetzen.
Was dahinter steht, sind häufig Glaubenssätze, bestimmte Überzeugungen, die uns oft nicht bewusst sind, aber große Wirkung haben. Der Glaubenssatz „Nur wenn ich es selbst mache, ist es gut“ führt dazu, dass alle guten Pläne, etwas zu delegieren, nichts fruchten; der Glaubenssatz „Ich muss alles perfekt machen“ führt dazu, dass sich das Problem Überlastung nicht lösen lässt.
Eben das ist eine Situation, in der ein Coachingprozess auf die Ebene der Glaubenssätze wechseln muss. Dafür Anregungen und Methoden zur Verfügung zu stellen, ist Anliegen des Buches.
Martin Gudacker, langjähriger Coach und Organisationsberater, lässt seine Leserschaft teilhaben an seinem umfangreichen Wissen und seinen praktischen Erfahrungen mit Glaubenssätzen. Er hat sich etliche Jahre mit dieser Thematik befasst. Das merkt man dem Buch an.
Das Buch gibt zunächst einen Überblick über die verschiedenen vorliegenden Konzepte zur Bearbeitung von Glaubenssätzen. Die jeweiligen Konzepte werden verständlich dargestellt, aber immer auch aus der Perspektive des Praktikers reflektiert und mit konkreten Anregungen versehen.
Auf dieser Basis entwickelt der Verfasser ein 5-Schritte-Programm, um Glaubenssätze zu identifizieren, Vor- und Nachteile des Glaubenssatzes zu erkennen, eine neue Formulierung für den Glaubenssatz zu finden und schließlich den Glaubenssatz emotional zu verankern. Er greift dabei auf eine Fülle hilfreicher Konzepte zurück. Das umfasst die Nutzung vorhandener Glaubenssatz-Kataloge oder Fragebogen für die Identifizierung, Kinesiologie für die richtige Formulierung des bestehenden Glaubenssatzes, Fragenkataloge zur Beurteilung im Blick auf Vor- und Nachteile, EFT (Emotional Freedom Technique), die Psychologische Umkehrung im Anschluss an Callahan, EMDR, Imagination …
Es ist kein wissenschaftliches Buch, ist aber fachlich fundiert, lässt sich gut lesen und vermittelt spannende Einsichten. Es ist von einem Praktiker für Praktiker geschrieben. Es ist für Coachs gedacht, die ihr Repertoire ausweiten und vertiefen wollen und vermittelt eine Fülle von Anregungen, die unmittelbar genutzt werden können. Resümee, so der Verfasser, ist, dass Glaubenssätze im Coaching leichter und schneller verändert werden können, als man üblicherweise annimmt.
Es lohnt sich, dieses Buch zu nutzen.
Prof. Dr. Eckard König
Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.
Jean-Jaques Rousseau, schweiz. Schriftsteller
Vielen Dank, es freut mich sehr, dass Sie sich für dieses Buch interessieren.
Sicherlich fragen Sie sich, warum ich dieses Buch geschrieben habe und was ich damit bezwecke. Es gab eine ganze Reihe von Gründen, die mich bewogen haben, die ganze Arbeit, die mit dem Schreiben dieses Buches verbunden war, auf mich zu nehmen. Diese halfen mir dabei, am Ball zu bleiben. Ich bin nicht der erfahrene Autor, dem die guten und manchmal nicht einmal die weniger guten Formulierungen einfach so in den Schoß fallen. Es steckt für mich viel Energie in diesem Buch. Meine wichtigste Motivation war, dass ich hoffe, dass Sie selbst, Ihr Coaching und damit Ihre Klienten von der Umsetzung der Ideen und Anregungen, die Ihnen dieses Buch gibt, enorm profitieren können.
Stellen Sie sich vor, Ihr Coaching wäre noch wirkungsvoller. Sie könnten Ihren Klienten ermöglichen, tiefgreifendere Veränderungen zu erreichen, die deren Leben wesentlich verbessern. Sie könnten die tatsächlichen Ursachen der Probleme rascher und eindeutiger identifizieren. Stellen Sie sich vor, dass Sie wahre Wunder in den Augen Ihrer Klienten erreichen könnten. Umfassende Veränderungen herbeiführen für etliche Probleme, die stets die gleiche Ursache haben und mit denen sich Ihre Klienten bereits viele Jahre oder sogar Jahrzehnte herumquälen. Stellen Sie sich vor, dass Sie in einer einzigen Coachingsitzung von mehreren Stunden erreichen könnten, diese Ursachen zu beseitigen. Mit einem logischen Vorgehen. Mit der Nutzung einiger Ihnen vielleicht sogar schon bekannter Techniken.
Ist das möglich? Zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht doch! Es entspricht tatsächlich meinen Erfahrungen. Wenn Sie dieses Buch lesen und das hierin beschriebene Vorgehen in Ihr Coaching integrieren, ist dies für Sie ebenso erreichbar. Das klingt wie ein Werbeversprechen. Das ist es letztendlich in gewisser Weise. Ja, Sie sollen ermuntert werden, dieses Buch zu lesen. Deshalb habe ich es ja schließlich geschrieben.
Im Anschluss möchte ich Ihnen weitere Überlegungen mitteilen, die dazu beitragen werden, Ihre Motivation zum Lesen dieses Buches zu erhöhen.
Glaubenssätze sind Bestandteil unserer eigenen Einstellung. Sie sind uns zumeist unbewusst. In Kapitel 1 werde ich näher ausführen, was ich unter Glaubenssätzen verstehe.
Mir wurde in den letzten Jahren immer mehr bewusst, wie bestimmend unsere Glaubenssätze für unser eigenes Leben und unser Zusammenleben mit anderen sind. Fast zu jedem Gebiet unseres Lebens existieren Glaubenssätze, die hierzu Aussagen und Festlegungen treffen und damit unser Denken und Handeln beeinflussen.
Kritische Glaubenssätze sind oft die wahren Ursachen für die verschiedensten Probleme unserer Klienten und wir als Coachs arbeiten noch viel zu oft an den Symptomen, aber nicht an den wahren Ursachen der Probleme.
Dazu kommt, dass in der heutigen Zeit an jeden einzelnen Menschen größere Anforderungen gestellt werden. Die Herausforderungen werden aufgrund höherer Komplexität, zunehmender Veränderungen, wachsender Mehrdeutigkeit und Variabilität immer mehr. Daher ist es umso wichtiger, förderliche und hilfreiche Glaubenssätze verinnerlicht zu haben, um in dieser Welt gut bestehen zu können.
Die steigende Anzahl der psychischen Erkrankungen zeigt, dass viele Menschen den zunehmenden Anforderungen nicht mehr gewachsen sind. Ich bin davon überzeugt, dass kritische Glaubenssätze einige der Probleme, die zu diesen Erkrankungen führen, direkt verursachen, also eine große Rolle spielen oder zumindest dazu beitragen.
Ich selbst konnte in vielen Coachingsitzungen erleben, wie sehr meine Klienten unter ihren einschränkenden bzw. antreibenden Glaubenssätzen gelitten haben. Umso erfreulicher war es, von ihnen zu erfahren, welche vorteilhaften Auswirkungen die Veränderung ihrer Glaubenssätze auf ihr bisheriges Leben und ihre Lebenseinstellung hatte.
Davon kann ich sogar aus meiner eigenen, persönlichen Erfahrung berichten. Ich habe erlebt, wie weit die Veränderungen meiner eigenen kritischen Glaubenssätze bei mir zu mehr Zufriedenheit, Glück, Gelassenheit, Erfolg und Selbstakzeptanz beigetragen haben.
Aufgrund meiner Erfahrungen bin ich zu der folgenden Überzeugung gekommen: Passende und sinnvolle Glaubenssätze verinnerlicht zu haben, ist von entscheidender Bedeutung, um ein glückliches, unbeschwertes, ausgeglichenes, zufriedenstellendes und erfolgreiches Leben zu führen.
Leider werden bei der Veränderung von Glaubenssätzen viele Klienten im Coaching allein gelassen. Bereits eine Betrachtung von hinderlichen und problemverursachenden Glaubenssätzen bleibt oft aus. In Kapitel 2, „Die Nadel im Heuhaufen“, werde ich mögliche Gründe hierfür näher darstellen. Einer der Gründe ist, dass vielen unserer Klienten ihre kritischen Glaubenssätze gar nicht bewusst sind. Sie selbst können damit die wahren Ursachen für ihre Probleme nicht erkennen. Auf uns selbst als Coach trifft dies übrigens in gleichem Maße zu.
Eine sinnvolle Veränderung von Glaubenssätzen gelingt nur selten. Bisher habe ich kein Buch oder keinen Ratgeber gefunden, der ein wirksames und sinnvoll anwendbares Vorgehen zur Veränderung von Glaubenssätzen umfassend beschreibt, das meinen Vorstellungen entsprochen hätte. Dies liegt meines Erachtens daran, dass viele der vorhandenen Vorgehensweisen, Methoden- und Therapieansätze unzureichend sind. Wie ich darauf komme, werde ich im Laufe des Buches weiter ausführen und begründen.
Durch die Bearbeitung mit einigen der üblichen Vorgehensweisen können die Klienten eine automatisch wirkende Veränderung ihrer Glaubenssätze nicht erreichen. Dies führt unter Umständen dazu, dass sie an sich selbst verzweifeln. Das Thema und die Bearbeitung von Glaubenssätzen sind zu essenziell, um diese mit einem weitgehend unwirksamen Vorgehen anzugehen oder mit Vorgehensweisen, die zu suboptimalen Ergebnissen führen. Dies werde ich in Teil 1 näher erläutern.
Ich bin der Überzeugung, dass es bei der Veränderung von Glaubenssätzen vor allem auf die Methode ankommt. Deshalb ist dies ein besonders relevanter Aspekt. Es ist wie bei der Halse beim Windsurfen. Es bedarf der richtigen Vorgehensweise. Ohne die Schritte in der richtigen Weise durchzuführen, kann man den Richtungswechsel nicht „mühelos“ durchführen und fällt ins Wasser. Nach dem „Reinfallen“ kann man nicht weitersurfen. Man muss erneut starten. Dies kostet viel Kraft und Ausdauer und vermindert die Freude am Windsurfen.
Nach langer Suche und Entwicklung habe ich einen Weg gefunden. Damit kann man es als Coach erreichen, die kritischen Glaubenssätze eines Klienten in möglichst ideale Glaubenssätze zu verändern. Dieses Vorgehen ermöglicht die nachhaltige Veränderung eines Glaubenssatzes im Coaching in einer – wenn auch etwas längeren – Sitzung.
Nachdem ein für den Klienten passender neuer Glaubenssatz erarbeitet wurde, erfolgt die Veränderung auf eine Weise, dass der Klient anschließend keine weiteren größeren Anstrengungen erbringen muss. Die Veränderungen sorgen zumeist für eine ganze Reihe von Verbesserungen bei ihm. In aller Regel werden die allermeisten Vorteile, die der bisherige Glaubenssatz hatte, aufrechterhalten und die Nachteile weitgehend beseitigt.
Ein weiterer Vorteil für Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ist, dass Sie mit diesem Vorgehen nicht nur die Glaubenssätze Ihrer Klienten verändern können, sondern genauso Ihre eigenen Glaubenssätze als Coach sinnvoll umgestalten können. Dies werde ich im Kapitel 14 „Selbst ist der Coach“ beschreiben.
Ich wollte nicht einfach nur einen beliebigen Ratgeber schreiben, nur, um mir einen Namen zu machen. Mir ging es vielmehr um die Weitergabe meiner Erfahrungen, Erkenntnisse und Überlegungen, die ich in vielen Jahren gesammelt habe und die zu mehr Wirksamkeit in Ihrem Coaching beitragen sollen.
Mir ist es wichtig, anderen Menschen weiterzuhelfen und ich möchte Sie unterstützen, dies ebenso zu erreichen. Ich hoffe, mit dem Schreiben dieses Buches erreichen zu können, dass zukünftig mehr Coachs, Beraterinnen und Therapeuten besser in der Lage sind, kritische Glaubenssätze zu erkennen und sinnvoller zu verändern.
Selbstverständlich ist nicht alles auf meinem „eigenen Mist“ gewachsen, vielmehr baue ich auf dem Wissen und auf den Erfahrungen anderer Therapeuten, Coachs und Autoren auf. Ohne deren Erkenntnisse und Weitergabe wäre es mir nicht möglich gewesen, mein hier in diesem Buch beschriebenes Vorgehen zu entwickeln. Etliches habe ich übernommen und zusammengetragen. Ich habe versucht, die jeweiligen Quellen in den Anmerkungen so weit wie möglich entsprechend aufzuzeigen. Gerne gehe ich auf Ihre Anregungen und Hinweise in einer möglichen weiteren Auflage des Buches ein, falls Ihnen noch etwas auffallen sollte.
Ich beschreibe in diesem Buch nur Techniken, die ich bei mir selbst eingesetzt habe bzw. durch eine Kollegin oder einen Kollegen an mir durchführen ließ. Ich vermute, dass das hier beschriebene Vorgehen noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Sicherlich ist es möglich, das eine oder andere zu verbessern, weiterzuentwickeln und zu ergänzen. Außerdem kann es sein, dass mit zunehmender Kenntnis auf diesem Gebiet weitere Aspekte korrigiert und aktualisiert werden können.
Es würde mich freuen, wenn meine Methode nicht nur auf das Coaching beschränkt bleibt, sondern zukünftig ebenso in der Therapie angewendet werden kann, um Klienteninnen bzw. Patienten besser zu unterstützen.
Wenn ich mit diesem Buch und damit der Anwendung des von mir vorgeschlagenen Vorgehens durch Sie und andere letztendlich dazu beitragen kann, dass Menschen ein glücklicheres, erfolgreicheres und zufriedeneres Leben führen können, ist mein Ziel mehr als erreicht.
Zu Ihrer Orientierung erhalten Sie hier eine kurze Übersicht über die einzelnen Kapitel. Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt: Der erste Teil „Wirkungslos“, enthält im 1. Kapitel grundlegende Informationen zum Verständnis von Glaubenssätzen. Das 2. Kapitel erläutert, warum Glaubenssätze im Coachingprozess so selten entdeckt werden. In den weiteren Kapiteln dieses Abschnitts werden bestehende Methoden und Vorgehensweisen im Umgang mit Glaubenssätzen aus der Therapie und anderen Ansätzen geschildert. In diesen Kapiteln werden Informationen dargeboten, die teilweise in meiner Vorgehensweise zur Veränderung von Glaubenssätzen genutzt werden. Sie erfahren dabei den möglichen Nutzen und die Schwachpunkte der Ansätze.
Wenn Sie sich mit Glaubenssätzen, verschiedenen Methoden zur Bearbeitung schon bestens auskennen, wenig Zeit zum Lesen haben und vor allem an meiner Vorgehensweise interessiert sind, können Sie diesen ersten Teil bzw. Teile davon überspringen.
Im zweiten Teil „Wirksam“ stelle ich Ihnen die fünf Schritte meines Vorgehens zum Erkennen und zur Veränderung von Glaubenssätzen vor. In Kapitel 6 schildere ich Ihnen zunächst meine Anforderungen an ein sinnvolles Vorgehen und gebe eine Übersicht über die erwähnten fünf Schritte. In den anschließenden Kapiteln wird jeder einzelne Schritt genaustens erläutert. Sie erhalten dabei Tipps und Ratschläge zum praktischen Vorgehen und entwickeln ein Gespür dafür, auf was Sie bei der Anwendung achten sollten.
Im dritten Teil „Weiterwirkend“ lernen Sie im 12. Kapitel die Grenzen des Vorgehens kennen. Das Kapitel enthält zahlreiche ergänzende Hinweise und Erläuterungen zur Anwendung der Methode. Im darauffolgenden Kapitel wird das Vorgehen an einem konkreten Beispiel aus meiner Praxis dargestellt. Das Kapitel 14 enthält die Beschreibung, wie Sie die Methode zur Veränderung von Glaubenssätzen bei sich selbst, quasi als Eigencoaching, einsetzen können. Zusätzlich enthält es eine Erläuterung darüber, wie Sie einen völlig neuen Glaubenssatz in das Denksystem Ihrer Klienten oder bei sich selbst einfügen können. Das letzte Kapitel enthält schließlich einen Ausblick auf weitere Einsatzmöglichkeiten für Sie als Coach. Dort lernen Sie Anwendungsbereiche kennen, in denen Glaubenssätze eine Rolle spielen und die über das Einzelcoaching hinausgehen.
Die Buchinhalte werden durch ausgewählte Arbeitshilfen unterstützt, die für Sie als Download-Ressourcen zum Abruf bereitstehen. Unter anderem finden Sie dort auch eine Auflistung von über 1.700 Glaubenssätzen. Achten Sie auf das nebenstehende Icon. Den Link zu den bucheigenen Ressourcen finden Sie im Impressum.
Um die Lesbarkeit des Buches zu erhöhen, verwende ich einheitlich den Begriff „Klient“. Damit sind selbstverständlich alle Geschlechter gemeint. Auf die Verwendung des englischen Begriffes Coachee habe bewusst verzichtet, damit die beiden unterschiedlichen Rollen bei der ähnlichen Schreibweise Coach/Coachee optisch besser erkennbar sind.
Zum Abschluss dieser Einführung möchte ich mich besonders bei all den Menschen bedanken, die mich bei der Entstehung und dem Gelingen dieses Buches unterstützt haben. Einen großen Dank möchte ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern und den vielen Gesprächspartnern meiner Seminare für ihre Fragen und Anregungen geben, die mir dabei halfen, mein eigenes Verständnis zu reflektieren und immer weiter zu entwickeln. Großer Dank gilt insbesondere meinen Klienten, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Sie gaben mir damit die Möglichkeit, die verschiedensten Erfahrungen mit meinem Vorgehen zu sammeln und es weiterzuentwickeln.
Herzlichen Dank auch an Achim Gralke, der mich dabei unterstützt hat, mehr Struktur in meine Gedanken zu bringen und mein Buchkonzept in die richtigen Wege zu leiten. Ralf Muskatewitz vom Verlag managerSeminare, der sich viel Zeit genommen hat, mein Manuskript zu lesen und zu überarbeiten und mir viele Anregungen gegeben und etliche Korrekturen angemerkt hat, gilt mein tiefer Dank. Sein Team hat besonders zur Qualität dieses Buches beigetragen.
Meine Schwester Carola hat meine ersten Entwürfe gelesen und mir etliche Anregungen gegeben. Alle aus meiner Familie, viele meiner Freunde und mein ganzer Bekanntenkreis mussten lange Zeit ertragen, dass ich in zahlreichen Gesprächen den einen oder anderen Gedankengang zum Thema „Glaubenssätze“ von mir gab.
Besonders gefreut hat mich, dass Prof. Dr. Eckard König bereit war, ein Vorwort zu diesem Buch zu schreiben. Bei ihm und seiner Frau Dr. Gerda Volmer-König absolvierte ich vor mehr als 20 Jahren meine Coachingausbildung.
Bedanken möchte ich mich auch bei Steffi Mittenzwei, die die Methode bereits kennengelernt und als Coach schon mit besten Erfahrungen angewendet hat. Sie war bereit, für die Fotoaufnahmen der Bilder in diesem Buch zur Verfügung zu stehen.
Letztlich danke ich Ihnen, dass Sie dieses Buch ausgewählt haben. Ich hoffe, dass es Ihnen viele Anregungen und Ideen gibt, die Sie dabei unterstützen, Ihren Klienten noch rascher, nachhaltiger und effektiver weiterhelfen zu können. Vielleicht können Sie ebenfalls persönlich einen größeren Nutzen aus den Inhalten des Buches ziehen. Wenn das Buch dazu beitragen kann, dass viele Menschen ihre kritischen und blockierenden Glaubenssätze in möglichst optimaler Form verändern können, hat sich die Mühe gelohnt.
Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieses Buches viel Spaß, möglichst viele Erkenntnisse und Anregungen, spannende Impulse und neue Ideen.
Teil 1
Im ersten Teil finden Sie:
1 Was wir nicht kennen, sehen wir nicht
1.1 Blinde Flecken können ganz schön bunt sein
1.2 Wie wäre das für Sie?
1.3 Viele Begriffe – eine Bedeutung
1.4 Schwerer als Blei
2 Die Nadel im Heuhaufen
2.1 Unbewusst bedeutet auch verborgen
2.2 Wenn etwas Vorteile hat
2.3 Wissenslücken und mangelnde Methodik
2.4 Die Kategorie der „Antreiber“
2.5 Könnte es auch an mir liegen?
2.6 Überall
2.7 Selbstwert, Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsstörungen
2.8 Wozu?
3 Grenzen der Vernunft
3.1 Vorgehen der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie (REVT)
3.2 Entspannung und Meditation
3.3 Affirmation
3.4 Afformation®
3.5 Kritische Betrachtung und Schlussfolgerungen
4 Befreiung mit Verlust
4.1 Submodalitäten
4.2 Das Swish-Muster
4.3 Imagination des Glaubenssatzes als Hülle
4.4 Hypnose
4.5 Was nun?
5 Noch ganz anders?
5.1 EMDR
5.2 Die Transformation der Kohärenztherapie
1
„Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es an der Badehose.“
Sprichwort
Irgendetwas scheint nicht zu stimmen …
Manchmal ist es wie verhext. Ihr Klient kommt mit der Lösung seines Problems nicht so richtig weiter, obwohl die letzten Sitzungen mit ihm gut verlaufen sind. Er hatte seinen Plan zur Veränderung, und er hat auch das eine oder andere umgesetzt. Und trotzdem ist sein Thema immer noch nicht erledigt. Einiges funktioniert bei der Umsetzung nicht so richtig. Er ist nicht direkt unzufrieden, aber dennoch ein bisschen frustriert. Es fällt ihm schwer. Ihm ist klar, dass er sich mehr anstrengen muss. Er schaut Sie etwas hilflos an. Es geht ihm (und auch Ihnen selbst) nicht schnell genug. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen, die alten Verhaltens- und Denkmuster treten immer noch auf. Der wirkliche Durchbruch lässt auf sich warten.
Unterschiedliche Gedanken kommen bei Ihnen hoch. Liegt es denn am Klienten? Sie denken, dass er sich mehr Mühe geben müsste, dass er viel konsequenter sein sollte. Mehr Geduld mitbringen sollte. Achtsamer sein muss. Es einfach mehr Zeit braucht. Er ist halt ein schwieriger Fall. Und ganz so einfach ist die Veränderung nun vielleicht auch wieder nicht. Andere haben doch so etwas schon bewältigt, auch wenn sich einige von ihnen im Übrigen schwertun. Manches hat er bereits erreicht. Er sollte sich weiter verändern, schließlich leidet er ja selbst in einem erheblichen Maß unter seinem Problem. Umso unverständlicher ist es, dass ihm der Durchbruch dieses Mal immer noch nicht gelungen ist.
Tauchen dann in diesen und ähnlichen Momenten hin und wieder Selbstzweifel bei Ihnen auf? Zum Beispiel in der Hinsicht, dass Sie da was übersehen haben könnten. Ob in Ihrem Vorgehen etwas gefehlt hat? Der Klient hat vielleicht nicht alles auf den Tisch gelegt und Sie haben nicht genug gefragt und nachgebohrt. Hätten Sie noch mehr nachforschen müssen oder waren die Methoden und Tools diesmal nicht die richtigen?
Wenn irgendwelche Vorteile des bisherigen Verhaltens die Veränderung blockieren, dann hätten Sie das doch herausbekommen. Möglicherweise liegt das Problem des Klienten tiefer. Womöglich liegt es daran, dass noch nicht alle Hindernisse auf dem Tisch liegen? Müssen Sie sich hier doch so etwas wie ein Scheitern eingestehen? Oder zumindest ein suboptimales Vorgehen?
Mehr Wirksamkeit erzielen
Sie möchten einfach mehr erreichen. Mehr Wirksamkeit mit Ihrer Arbeit erzielen. Ihren Klienten schnellere und ggf. sogar tiefgreifendere Veränderungen ermöglichen. Und nach Möglichkeit so, dass die Veränderung fast wie von selbst erfolgt, eher mühelos. Sie kennen das von sich selbst, dass einige Veränderungen leichtfallen, andere dagegen äußerst schwer erreichbar sind.
Und trotzdem nagt das eigene „Helfersyndrom“ an Ihnen. Sie würden doch so gerne … Wozu haben Sie denn eine fundierte Ausbildung? Sie bilden sich weiter, haben verschiedenste Seminare besucht etc.
Sie haben viel Zeit investiert, um Ihren Klienten zielführend und wirksam unterstützen zu können. Sie wollen ihm dabei helfen, dass er ein „besseres Leben“ führen kann. Der Prozess der Unterstützung und der Veränderungsprozess des Klienten sollten effektiv und effizient, das heißt möglichst schnell, ohne großen Aufwand, möglichst „schmerzfrei“, ohne erhebliche emotionale Herausforderungen sein.
Und die Veränderung sollte keine oder zumindest nur wenige negative Nebenwirkungen für den Klienten selbst und sein Umfeld haben. Und letztendlich sollte die Veränderung zu einer positiven, nachhaltigen und möglichst umfassenden Verbesserung führen.
Und doch gelingt das nicht immer: Wir als Coachs bleiben hin und wieder wirkungslos oder zumindest weit unter unseren potenziellen Möglichkeiten.
Für mich gibt es hierfür fünf wesentliche Ursachen. Und sie hängen alle mit dem Thema dieses Buches zusammen – den Glaubenssätzen:
Fünf Ursachen, die uns Coachs weit unter unseren Möglichkeiten bleiben lassen
Das Konzept fehlt, die Ursachen zu erkennen
Die Ursachen werden nicht exakt eingeordnet
Es fehlen die Mittel zur Veränderung der Glaubenssätze
Es werden die falschen Methoden eingesetzt
Die Veränderung findet nur unvollständig statt
1. Mit der Nichtbeachtung der Glaubenssätze bleibt uns häufig ein wesentlicher Bereich der Ursachen für die tatsächlichen Probleme unserer Klienten verborgen. Uns geht es dabei wie früher den Ärzten, die ihren Patienten nicht helfen konnten, als sie Bakterien als Ursache von Krankheiten noch nicht kannten.
2. Selbst wenn wir das Konzept für die Ursachen kennen und wissen, dass es um Glaubenssätze geht, kommen wir an die wirkende Ursache nicht exakt genug heran. Um bei der Analogie mit den Ärzten zu bleiben: Die Ärzte ahnten vielleicht, dass die Ursache der Krankheit eine bakterielle Infektion sein könnte, aber sie wussten nicht, welche Bakterien es nun genau waren, die die Erkrankung verursachten.
3. Selbst wenn wir die exakte Ursache kennen, können wir diese nicht beseitigen, weil uns die Mittel zur tatsächlichen Veränderung der Glaubenssätze fehlen. Wir lassen damit unseren Klienten allein und hilflos zurück oder wir verweisen ihn eventuell an andere Coachs oder Therapeuten. Im schlimmsten Fall können diese den Glaubenssatz ebenfalls nicht in befriedigender Weise verändern.
4. Viele von uns setzen bei der Veränderung der Glaubenssätze auf eine nicht wirksame Vorgehensweise, nutzen die falschen Methoden und lassen damit den Klienten hilflos zurück. Möglicherweise lassen wir den Klienten durch diese Vorgehensweise sogar verzweifeln, weil er daran scheitert, mit dem Vorgehen dauerhaft erfolgreich zu sein und sich dafür womöglich selbst noch die Schuld gibt. Sofern die Veränderung überhaupt wirkt, ist dies oft eine außerordentlich mühsame Angelegenheit für den Klienten. Beispielsweise muss er immer wieder gegen sein unbewusstes Gedankenmuster ankämpfen. Vielfach ist die Veränderung auch alles andere als nachhaltig. So agierten Ärzte früher, die noch keine Antibiotika hatten, die gegen Bakterien wirkten und daher mit anderen Mitteln arbeiteten, die aber wenig zu einer Heilung beitragen konnten.
5. Mit einigen Verfahren können wir eine wirksame und rasche Veränderung der Glaubenssätze durchführen. Wenn dabei jedoch einige Aspekte unberücksichtigt bleiben, ermöglicht das Verfahren dem Klienten keine individuell optimale Veränderung. Dies ist mit Ärzten vergleichbar, die ein Breitbandantibiotikum einsetzen, das aber auch viele andere wichtige und für den Körper nützliche Bakterien ebenfalls mit abtötet und dadurch Nebenwirkungen erzeugt, die unter Umständen nicht gleich auffallen. Letztendlich fehlt ein klar durchdachtes Vorgehen, das eine sinnvolle Veränderung eines Glaubenssatzes ermöglicht.
Auch mir ging es so. Nur sehr selten fiel mir in meiner Arbeit dieser Ursachenbereich auf. Und wenn, dann wusste ich nicht genau, wie ich das Problem erfolgreich bearbeiten sollte. Auch ich habe Klienten an andere verwiesen und dann feststellen müssen, dass diese gleichermaßen keine wirkliche Veränderung erreichten. Selbstverständlich bemühte ich mich, Wege und Möglichkeiten zur Veränderung zu finden. Aber vieles, was ich fand, war irgendwie nicht „rund“. Mir fehlte oft das eine oder andere. Erst mit intensiverer Auseinandersetzung und zunehmender Erfahrung entstand ein in sich schlüssiges Vorgehen, das ich im zweiten Teil dieses Buches ab Seite 115 beschreibe.
Im diesem ersten Teil „Wirkungslos“ schauen wir uns die angerissenen fünf Ursachen näher an. Zunächst widmen wir uns dem ersten Punkt: Warum bleibt uns mit den Glaubenssätzen ein wesentlicher Bereich der Ursachen für die tatsächlichen Probleme unserer Klienten so oft verborgen?
Ursachen werden übersehen
Wie kann es sein, dass wir als Coach essenzielle Ursachen für Probleme unserer Klienten viel zu häufig übersehen und damit viel weniger bewirken, als wir eigentlich könnten?
Vielleicht kennen Sie bereits die folgende Geschichte von Paul Watzlawick (Watzlawick 1986) hinsichtlich einer Situation, in der Sie sich als Therapeut oder Coach viel öfter befinden, als Sie denken.
Eine Frau geht spät abends im Dunkeln noch mit ihrem Hund spazieren. Es ist etwas neblig und sie sieht nur ein paar Meter weit. Da sieht sie einen Mann unter einer Straßenlaterne auf den Knien herumkriechen. Sie wundert sich darüber, geht zu dem Mann hin und fragt ihn: „Ist alles in Ordnung?“ – „Nicht so ganz“, erhält sie als Antwort: „Ich habe meinen Schlüsselbund verloren und suche ihn hier schon eine ganze Weile!“ Mitfühlend fragt sie: „Wo haben Sie denn Ihren Schlüsselbund verloren?“ Der Mann antwortet: „Das weiß ich leider nicht so genau, keine Ahnung.“ Da stutzt die Frau und fragt nach: „Und warum suchen Sie dann genau hier?“ Woraufhin ihr der Suchende entgegnet: „Hier unter der Straßenlaterne sehe ich etwas!“
Wenn für Ihren Klienten die Ursache seines Problems nahezu unsichtbar ist oder er die Ursache als selbstverständlich ansieht, dann kann er sie Ihnen nicht so einfach mitteilen. Ihr Klient sucht, wie der Mann in der kleinen Geschichte, die Ursache für seine Probleme da, wo er etwas sehen kann.
Mir ging es genauso, ich hatte das Thema Glaubenssatz gar nicht so richtig im Blick. Ich habe bei der Beratung meiner Klienten oft da gesucht, wo ich mich bestens auskannte, mit den mir aus meinen Ausbildungen vertrauten Tools, Methoden und Vorgehensweisen. Ich hatte bereits über alle Arten von Glaubenssätzen gelesen und die eine oder andere Methode kennengelernt. Trotzdem hatte ich dieses Thema mit der Zeit wieder aus dem Fokus verloren. Bis mir eines Tages die Bedeutung des Themas besonders eindringlich vor Augen geführt wurde.
Beispiel Projektmanagement
Nach meinem Input über Methoden des Projektmanagements, den ich in einem Seminar als Referent gegeben hatte, kam eine Teilnehmerin direkt auf mich zu. Sie hätte da noch ein paar ergänzende Fragen zu einzelnen Aspekten. Mit meinem Helfersyndrom ausgestattet, bot ich ihr an, dass sie nach Ende der Veranstaltung zu mir kommen könnte. Zunächst begann ich erst mal mit einer Art Auftragsklärung und fragte sie, um was es ihr im Einzelnen ging und was sie genau bräuchte. Sie gab mir zu verstehen, dass sie sich eigentlich ja schon sehr gut auskenne, aber da gäbe es noch das eine oder andere – und dann legte sie sofort mit ein paar Fragen los, die sehr ins Detail gingen.
Diese spezifischen Fragen und die ganze Art, wie sie das alles vortrug, machten mich stutzig. Sie schien sich wirklich sehr gut auszukennen und wollte sich nun für alle möglichen Eventualitäten rüsten, die in der Praxis nach meinen Erfahrungen so gut wie nie vorkamen. Intuitiv fragte ich mich, ob das überhaupt Sinn ergibt, alles bis ins Detail durchzusprechen. Auf die eine oder andere Antwort würde sie sicherlich mit ein bisschen Nachdenken selbst kommen können. Also stellte ich ihr die Frage, ob es sein könne, dass sie deshalb alle diese Fragen genauestens beantwortet haben wolle, weil sie den Anspruch an sich selbst habe, perfekt sein zu müssen. Ihre Reaktion kam sehr überraschend für mich: Sie brach sofort in Tränen aus!
„Alles perfekt machen“
Nachdem sie sich nach einigen Minuten gefasst hatte, stimmte sie meiner Vermutung zu. Ja, sie müsse immer alles absolut perfekt machen. Das setze sie enorm unter Druck. Sie bekomme es nicht hin, einmal locker zu lassen. Die Auswirkungen dieser Einstellung, dieses Glaubenssatzes, die sie anschließend schilderte, waren erschreckend: enormer Stress, gesundheitliche Folgen in Form von Schmerzen, eine Operation an der Bandscheibe und einiges mehr. Auf ihre seit mehreren Jahren schon anhaltenden weiteren Probleme gingen wir dann gar nicht mehr ein. Klar wurde: Alle ihre bisherigen Bemühungen, bis hin zu therapeutischen Sitzungen, ihre Einstellung zu verändern, waren offensichtlich nicht besonders erfolgreich.
Damals kannte ich auch noch kein wirksames Verfahren, das meinen Vorstellungen entsprach, und die Umstände und Rahmenbedingungen gaben es nicht her, der Teilnehmerin in diesem Thema ausreichend weiterzuhelfen. Mir blieb nur, ihr zu empfehlen, sich eine bessere Unterstützung zu suchen. Meinem eigenen Anspruch an mich gefiel das in keinster Weise. So wurde das Interesse zum Thema Glaubenssätze bei mir richtig wachgerüttelt. Dies intensivierte eine Suche nach einem für mich sinnvollen und wirksamen Vorgehen, das ich dann auch fand und nach und nach optimierte.
Durch viele weitere Klienten und dem verstärkten Fokus wurde mir die Bedeutung von Glaubenssätzen immer wieder vor Augen geführt – und mein Vorgehen wurde immer ausgereifter. In der Arbeit zeigte sich mir deutlicher, wie wichtig, heftig und ursächlich Glaubenssätze für meine Klienten waren.
Natürlich stellte ich mir die Frage, wie es sein konnte, dass mir dieses so essenzielle und wichtige Thema Glaubenssätze so lange Zeit in meiner Arbeit als Coach nicht oder nur am Rande begegnet und somit entgangen war.
Mir kam es vor, als ginge es mir wie der Frau, die den Mann dabei beobachtete, wie er seinen Schlüsselbund sucht. Womöglich habe ich zusätzlich dabei mitgeholfen, den Schlüsselbund auf den Knien hockend unter der Straßenlaterne zu suchen.
Aber warum suchen wir unter der Straßenlaterne? Weil die meisten Glaubenssätze dem Klienten nicht bewusst sind, er diese gar nicht sieht, er oft gar nicht weiß, wo er im Dunkeln suchen soll und er auch gar keine Taschenlampe hat, die ihm dabei helfen könnte, woanders etwas zu finden. Und wenn wir als Coach nicht „ins Dunkle schauen“ und keine Taschenlampe haben, können wir unserem Klienten nicht weiterhelfen und bleiben am Ende wirkungslos.
Wirkungslos
Genau das war ich gegenüber meiner Teilnehmerin – wirkungslos. Vielleicht noch schlimmer: Sie hatte ihr bekanntes Problem und die Auswirkungen wieder klar vor Augen. Sie stand weiterhin und jetzt eventuell noch hilfloser da als zuvor. Diese Wirkung wollte ich meinen Klienten in Zukunft nicht mehr zumuten. Ich nahm das zum Anlass, mich verstärkt mit dem Thema Glaubenssätze auseinanderzusetzen und eine Methode zu entwickeln, die ich Ihnen im zweiten Teil dieses Buches ab Seite 115 vorstelle.
Selbst wenn Ihnen das Thema Glaubenssätze bereits bekannt ist, bitte ich Sie, folgende Übung durchzuführen. Anschließend werden Sie als Coach die Bedeutung und Wirkung, die Glaubenssätze für Ihre Klienten haben können, viel besser nachvollziehen können.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten den für Sie unverrückbar wirkenden Glaubenssatz über sich selbst: „Ich bin nichts wert!“ Ihr Unbewusstes würde diesen Satz als feststehende Tatsache ansehen. Bitte beantworten Sie mit dieser angenommenen, absoluten Grundüberzeugung die folgenden Fragen:
Grundüberzeugung: Ich bin nichts wert
Wie stolz wären Sie auf sich selbst?
Wie hoch wären Ihr Selbstvertrauen und Ihre Selbstakzeptanz?
Wie gut können Sie mit offener oder verdeckter Kritik und mit Zurückweisungen umgehen?
Wie sehr würden Sie Rückschläge oder Niederlagen treffen?
Wie stark und intensiv würden Sie sich bemühen, Anerkennung oder wenigstens ein Lob zu erhalten?
Inwieweit würden Sie sich für Ihre eigenen Bedürfnisse einsetzen?
Wie würden Sie sich fühlen?
Und nun stellen Sie sich vor, Sie würden diesen Glaubenssatz nicht haben, sondern einen, der in die gegenteilige Richtung geht: „Ich bin ein besonders wertvoller Mensch.“ Bitte beantworten Sie jetzt die gleichen Fragen noch einmal mit dieser anderen feststehenden Grundüberzeugung von sich selbst:
Grundüberzeugung: Ich bin besonders wertvoll
Welche Unterschiede haben sich für Sie ergeben?
Welche verschiedenen Emotionen haben die zwei unterschiedlichen Glaubenssätze bei Ihnen ausgelöst?
Mit welcher Grundüberzeugung von sich selbst möchten Sie lieber durch Ihr Leben gehen?
Wenn Sie sich diese Fragen ernsthaft selbst beantwortet haben, dann haben Sie jetzt wahrscheinlich eine viel bessere Vorstellung davon, wie erheblich und intensiv die Auswirkungen von einem einzigen „kritischen“ Glaubenssatz für unsere Klienten und ihr ganzes Leben sein können.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihren Klienten, der bisher den Glaubenssatz hatte „Ich bin nichts wert“ in kurzer Zeit mit relativ geringem Aufwand zu diesem Glaubenssatz verhelfen: „Ich bin ein wertvoller Mensch.“ Welche Veränderungen könnte das für Ihren Klienten und Ihre Arbeit mit ihm haben?
Natürlich liegt die Ursache nicht bei jedem Problem immer in einem oder mehreren Glaubenssätzen. Aber wenn ein Glaubenssatz und damit eine negative Einstellung die Kernursache bei einem Ihrer Klienten ist, können Sie nur durch eine wirksame Veränderung des Glaubenssatzes einen wirklich essenziellen Fortschritt für ihn ermöglichen.
Zu Ihrer Orientierung möchte ich Ihnen zunächst erläutern, was ich persönlich unter dem Begriff „Glaubenssätze“ verstehe und was sich noch alles unter dem Begriff verbirgt.
Vielleicht kennen Sie das Thema Glaubenssatz bereits unter einem anderen Begriff und mit einer anderen Beschreibung. Es existieren in verschiedenen Therapieansätzen und Ausführungen zu dem Thema etliche alternative Begriffe, zahlreiche Umschreibungen, Beschreibungen und Formulierungen. Zusätzlich gibt es bestimmte Kategorien von Glaubenssätzen bzw. Glaubenssystemen. Mit den folgenden Beispielen können Sie sich schneller zurechtfinden.
Verhaltenstherapie
In der Verhaltenstherapie spielt das Thema Glaubenssätze eine große Rolle. Als Bezeichnungen werden hier u.a. „irrationale Gedankengänge“ bzw. „irrationale Überzeugungen“ (gemäß RET oder RETV Rational-Emotive Verhaltenstherapie) gewählt.
Transaktionsanalyse
In der Transaktionsanalyse wird von „Skripten“ oder „Skriptmustern“ gesprochen.
NLP
Im NLP wird zumeist der Begriff „Glaubenssätze“ verwendet, zum Teil werden diese aber auch als „Überzeugungen“, „tief verankerte Überzeugungen“ oder „Gedankenviren“ (in Analogie zu Viren bei Computern) bezeichnet.
Andere sprechen von „starren Anschauungen“ und/oder „(Lehr-) Meinungen“, von „konstruktivistischen Grundannahmen“ oder „Grundüberzeugungen“. Weitere alternative Bezeichnungen für Glaubenssätze sind „destruktive oder eingefahrene Gedanken oder Gedankenmuster“, „Denkmuster“, „Hirngespinste“, „(Lebens-)Regeln“ oder „Gedankenprogramme“.
Dass sich bereits viele Therapeuten, Coachs und Autoren damit beschäftigt haben, zeigt, wie wichtig das Thema für Sie als Coach ist. Im Duden werden Glaubenssätze nach zwei generellen Bedeutungen unterteilt. Die eine bezieht sich auf den Anspruch der unbedingten Geltung vertretener religiöser Thesen. Das ist hier in diesem Buch nicht gemeint. Die zweite Bedeutung sieht in dem Begriff eine „starre Anschauung“ und oder „(Lehr-)Meinung“ und entspricht damit schon eher dem hier gemeinten Begriff.
Charakteristiken
Kennzeichnend für Glaubenssätze, so wie ich sie verstehe, sind folgende Charakteristiken:
Kennzeichnend für Glaubenssätze
Glaubenssätze sind Vorstellungen, die wir in aller Regel zumeist unbewusst als Tatsache bzw. als unbewusste Realität ansehen und die uns als Landkarte dienen, an der wir uns orientieren. Sie bestimmen unsere Entscheidungen und damit unser Handeln mit.
Glaubenssätze sind die sprachlichen Formulierungen, die die in unserem Gehirn tatsächlich wirkenden Denkmuster mehr oder weniger exakt beschreiben.
Wir alle haben zahlreiche Glaubenssätze. Jeder von uns hat damit ein individuelles Glaubenssatzsystem.
Glaubenssätze beinhalten oft eine Verallgemeinerung, zum Teil enthalten sie in ihrer Formulierung generalisierende Begriffe wie „immer“, „alle“, „niemals“ usw. oder sie wirken in Form einer Verallgemeinerung, auch wenn in der Formulierung keine Verallgemeinerung enthalten ist.
Glaubenssätze können u.a. limitierend oder motivierend und antreibend sein: „Das schaffe ich nie!“ Oder: „Was ich mir vornehme, das schaffe ich auch.“
Sofern Glaubenssätze nicht der Realität entsprechen, unterliegen wir bzw. unsere Klienten einer Selbsttäuschung. Dies führt in aller Regel zu erheblichen Nachteilen oder Problemen.
Definition
Glaubenssätze sind damit für mich in einem formulierten Satz zusammengefasste, zumeist generalisierende, automatisch wirkende, unbewusste Gedanken in Form von Überzeugungen, die unser Fühlen, Denken, Beurteilen, Bewerten, Entscheiden und unser Handeln beeinflussen. Bei den Überzeugungen handelt es sich um etwas, was für uns wahr ist und unserer eigenen subjektiven Wirklichkeit entspricht.
Typische Glaubenssätze
Einige häufige und typische, kritische Glaubenssätze sind beispielsweise:
„Ich muss immer alles perfekt machen.“
„Ich bin nicht gut genug.“
„Ich muss es anderen recht machen.“
„Ich bin nichts wert.“
„Ich darf keinen Ärger zeigen.“
„Ich bin nicht liebenswert.“
„Ich muss anderen Leuten helfen.“
„Ich muss meine Pflicht erfüllen.“
Die meisten unserer Glaubenssätze bringen sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich. Sie dienen zum einen dazu, uns „energiesparend“, also mit einem geringen gedanklichen Aufwand, dabei zu unterstützen, unser Leben optimal zu gestalten. Sie wirken quasi automatisch, ohne dass wir bewusst genauer nachdenken müssen, und erscheinen sofort als die Standardlösung oder -erklärung.
Kritische Glaubenssätze wirken sich vielfach aber auf eine ganze Reihe von Lebensaspekten negativ aus. Nach meiner inzwischen gewonnenen Erfahrung sind sie oft die Ursache nicht nur für die tiefgreifenden Probleme unserer Klienten. Die tatsächlich geltenden Glaubenssätze unserer Klienten bleiben uns jedoch viel öfter verborgen, als wir denken. Wenn wir sie aber nicht beachten, arbeiten wir viel zu oft an Symptomen anstatt an den wahren Ursachen.
Je öfter Glaubenssätze angewendet werden, desto mehr verfestigen sie sich. Je mehr oder stärker wir unter Stress stehen, desto eher reagiert unser Unbewusstes. Dabei greift es auf bewährte Muster zurück, also auf unsere Glaubenssätze.
Wie entstehen Glaubenssätze?
Glaubenssätze entstanden und entstehen durch unsere (zum Teil sehr frühen) Erfahrungen und die dabei begleitenden Gedanken, Gefühle und Schlussfolgerungen. Dabei werden sie irgendwann für uns selbst zu festgeschriebenen Fakten und Annahmen über uns und die Welt.
Diese Festschreibungen werden bewusst oder unbewusst getroffen oder ungeprüft von anderen übernommen und/oder durch weitere Erfahrung bewusst oder unbewusst untermauert. Meines Erachtens verfestigen sich unsere Glaubenssätze umso mehr, je älter wir werden.
Wir nehmen unsere Glaubenssätze als wahr oder gültig an. Wir hinterfragen sie selten, wenn es keinen konkreten Anlass dazu gibt.
Werte
Abgrenzung gegenüber Werten
Die bisherige Darstellung erfordert noch eine Abgrenzung zu dem Begriff „Werte“. Werte sind ebenfalls Überzeugungen und Maßstäbe unserer Beurteilungen. Sie sind Formen der normativen Orientierung für unser Handeln in einem sozialen System. Auch Werte beeinflussen wie Glaubenssätze unser Denken und Handeln, allerdings geben sie uns keine direkten Handlungsanweisungen. Sie dienen eher der Beurteilung und der Abwägung. Werte werden in Form von Substantiven formuliert. Sparsamkeit, Freiheit, Respekt usw. und werden zumeist ohne Zusammenhang als allgemeingültig betrachtet.
Werte sind darüber hinaus weniger absolut als Glaubenssätze und bilden vielfach eine mehr oder weniger variable Orientierung. Sie stehen oft in einem Spannungsverhältnis zu ihrem „Gegen-Wert“. Beispielsweise seien hier der Wert Sparsamkeit und sein Gegenwert Großzügigkeit erwähnt. Zusätzlich spielen auch andere Werte in der entsprechenden Situation eine Rolle. Soll ich absolut ehrlich sein oder muss ich eher respektvoll sein und vermeiden, den anderen zu enttäuschen oder gar zu verletzen? Was tue ich beispielsweise konkret, wenn mich eine Bekannte sichtlich stolz danach fragt, wie mir ihr neues „tolles“ Kleid gefällt und ich sie nicht vor den Kopf stoßen möchte, ich das Kleid aber absolut abscheulich finde?
Für jemanden, der nach dem Glaubenssatz lebt „Ich muss immer ehrlich sein“, hat der Wert Ehrlichkeit natürlich eine besondere Bedeutung. Dieses Beispiel zeigt, dass viele Glaubenssätze oftmals nicht „werteneutral“ sind und unser System von Glaubenssätzen und unser Wertesystem eng miteinander in Beziehung stehen.
Ursache innerer Konflikte
Glaubenssätze können miteinander im Widerspruch stehen
Kommen wir auf Glaubenssätze zurück. Selbstverständlich können Glaubenssätze in bestimmten Situationen miteinander im Widerspruch stehen und damit auf besondere Weise ursächlich für innere Konflikte Ihrer Klienten sein. So könnte ein Klient zum Beispiel sowohl den Glaubenssatz „Ich muss es allen recht machen“ haben als auch den Glaubenssatz „Beeil dich, sieh zu das du schnell fertig wirst“. Wenn dieser Klient eine Führungskraft hat, die alles zu hundert Prozent exakt erledigt haben möchte und ihn mit Aufgaben betraut, bei denen er exakte Ergebnisse erwartet, kann dies für unseren Klienten schwierig werden. Entweder wird er nicht schnell fertig und erledigt die Aufgabe in exakter Weise oder er liefert ein nicht ganz so perfektes Ergebnis ab, ist dafür aber sehr schnell fertig.
Um die Bedeutung von Glaubenssätzen für Ihre Arbeit als Coach noch besser zu verstehen, werden Sie nun noch einige der wesentlichen Wirkungen kennenlernen, die Glaubenssätze für unsere Klienten haben können.
Wirkung von Glaubenssätzen
So meint zum Beispiel der US-amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Albert Ellis, dass die pathologischen gedanklichen Prozesse (Glaubenssätze) zu ernsthaften negativen Emotionen wie Depressionen, Angst (und Phobien) führen können (Ellis 2004). Soweit muss es natürlich nicht bei jedem Ihrer Klienten gehen. Unsere Gedanken bestimmen unsere Handlungen und aus unseren Handlungen erwachsen unsere Gewohnheiten, die schließlich uns und unser Leben prägen und formen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir auf unsere Gedanken achten. Wenn es uns gelingt, unsere Grenzen, die durch unsere Gedanken bestehen, für uns positiv zu verändern, indem wir sie erweitern, dann ist uns vieles möglich, von dem wir heute nicht zu träumen wagen.
Veränderung in unserem Leben können nicht nur durch die Änderung der äußeren Umstände anderer Faktoren beginnen, sondern insbesondere auch durch die Veränderung unseres eigenen Denkens. Unsere Glaubenssätze nehmen hier eine bedeutende Rolle ein.
Wahrnehmung und Reaktion
Sehen wir uns die detaillierte Gedankenkette zwischen Wahrnehmung und Reaktion genauer an, die vielfach automatisch in unserem Kopf und in dem unserer Klienten abläuft. Dazu ziehen wir den bereits erwähnten Glaubenssatz „Ich bin nichts wert“ am Beispiel eines unserer Klienten heran. Betrachten wir die zum Teil unbewussten Schritte des Wahrnehmens, Vermutens, Bewertens und Reagierens bei einem Feedback seines Vorgesetzten etwas genauer.
Der Fokus der bewussten und unbewussten Wahrnehmung unseres Klienten, der diesen Glaubenssatz hat, wird dann zum Teil stärker oder vor allem auf die kritischen Bemerkungen des Vorgesetzten gerichtet sein, die seinen Glaubenssatz bestätigen. Diese wird er deutlicher wahrnehmen. Positive Botschaften wird er wahrscheinlich weniger heraushören oder vielleicht sogar völlig ignorieren.
Alle Aussagen seines Vorgesetzten, die vielleicht auch eine alternative, positivere Interpretation zulassen würden, führen bei ihm wahrscheinlich eher zu Vermutungen, die ihm bestätigen, dass er nichts wert ist. Ein neutrales Feedback wird von ihm ggf. mit der Vermutung kritischer interpretiert werden. Zusätzlich könnte er mit dieser Einstellung vermuten, dass der Vorgesetzte weitere negative Punkte gar nicht mehr weiter erwähnt hat.
Daraus resultierend, kann er bewusste und unbewusste Bewertungen vornehmen, die seine eigene Frustration noch erheblich erhöhen können, wodurch er das Ganze viel problematischer bewertet, als das seine Führungskraft tut.
Als bewusste und unbewusste Reaktionen könnten bei ihm folgen, dass sein eigenes Selbstbewusstsein noch weiter sinkt, er sich selbst noch weniger zutraut, noch mehr Absicherungen beim eigenen Vorgehen benötigt und sich vornimmt, noch mehr nachzufragen.
Wenn für ihn dabei – selbst nur teilweise – sein Glaubenssatz mitbestimmend für seine bewussten und unbewussten Gedanken ist, wird deutlich, wie umfangreich die Auswirkungen seiner Glaubenssätze auf seine Handlungen und damit sein gesamtes Leben sind.
Der Placebo-Effekt
Im Gesundheitsbereich ist seit Langem bekannt, dass der Glaube daran, dass ein Medikament wirkt, tatsächlich zu einer Wirkung führt. Der sogenannte Placebo-Effekt sorgt dafür, dass selbst Tabletten, die keinerlei Wirkstoff enthalten, bei einem gewissen maßgeblichen Prozentsatz der Patienten zu einer Gesundung beitragen. Umgekehrt kann die Aussage, dass es keine Heilung gibt oder eine Verbesserung unmöglich sei, dazu führen, dass sich Patienten mit der Aussage abfinden und tatsächlich keine Besserung eintritt, obwohl diese möglich wäre.
Typische negative Wirkungen
Glaubenssätze können vor allem die folgenden negativen Wirkungen für Ihren Klienten haben:
Antreibend Sie können antreibend wirken, indem sie Ihren Klienten quasi unbewusst mehr oder weniger stark dazu zwingen, aktiv zu werden, um der Aussage des Glaubenssatzes gerecht zu werden. Diese antreibende Wirkung kann eine der Ursachen für erheblichen Stress Ihres Klienten sein und bis zu einem Burnout führen.
Blockierend Glaubenssätze können Ihren Klienten einschränken oder gar blockieren und ihn abhalten, bestimmte Entscheidungen, Handlungen, Verhaltensweisen etc. zu zeigen. Blockierende Glaubenssätze beziehen sich meist auf unsere Identität oder unsere Fähigkeiten. Sätze wie „Ich bin schusselig“ oder „Ich kann nicht singen“ mögen eher geringere Auswirkungen haben. Sätze wie „Ich habe es nicht verdient, geliebt zu werden“ oder „Ich darf bloß keine Gefühle zeigen“ haben demgegenüber schon erhebliche negative, vor allem blockierende Auswirkungen.
Bewertend Glaubenssätze können Ihren Klienten dazu bringen, Situationen, Ergebnisse und sich selbst in einer bestimmten Art und Weise zu bewerten. Die Bewertungen, die mit Glaubenssätzen des Klienten zusammenhängen, sind dann mitbestimmend für seine jeweiligen Emotionen und Gefühle. Besonders einschränkende Glaubenssätze sind Zuschreibungen, die in Richtung Wertlosigkeit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit gehen. Diese Glaubenssätze erhöhen oder reduzieren seine Selbstakzeptanz, sein Selbstbewusstsein, seine Selbstsicherheit und seine Selbstwirksamkeit. Wie bereits erwähnt, können diese auch zu Depressionen oder Ängsten führen.
Beeinflussend Viele Glaubenssätze Ihres Klienten bestimmen oder beeinflussen seine Denkweise zu allen möglichen Themen, seine Einstellung zu Partnerschaft, Geld, Erfolg, Verhalten. So wird er immer wieder in der gleichen Art und Weise denken und handeln. Andersherum ist Ihr Klient für eine ganze Reihe von alternativen Denk- und Handlungsoptionen völlig blind. Dies schränkt seine Handlungskompetenz ein.
Erwartend Handlungen und Verhalten anderer Personen oder Gruppen werden für Ihren Klienten in einer gewissen Weise von ihm beurteilt, indem er seine Glaubenssätze als gegebene Maßstäbe auch gegenüber anderen Personen in einer Art Projektion verwendet. Andere Denkmuster bleiben ihm fremd oder sogar unbegreiflich. Und er trifft damit die Annahme, dass andere in einer bestimmten Art und Weise denken und handeln müssten. Die Folge sind Selbsttäuschungen und damit Enttäuschungen.
Positive Wirkungen
Aus Glaubenssätzen ergeben sich allerings auch positive Wirkungen für Ihren Klienten. So reduzieren Glaubenssätze beispielsweise den Energieaufwand für Einschätzungen, weil die Muster automatisch ablaufen. Sie ermöglichen rasche Handlungen und Bewertungen und halten Ihren Klienten damit auch handlungsfähig, ohne dass er lange nachdenken müsste. Sie bieten ihm Orientierung und Stabilität.
Ein weiterer Umstand ist für den Umgang mit Glaubenssätzen des Klienten für Sie als Coach noch von Bedeutung: Die meisten Glaubenssätze sind Ihrem Klienten mehr oder weniger völlig unbewusst. Zwar kennt er möglicherweise einige der Auswirkungen, die sich für ihn ergeben, aber der eigentliche, die Auswirkungen verursachende Glaubenssatz bleibt ihm unklar.
Einige Klienten haben zwar eine gewisse Ahnung von ihrem Glaubenssatz, kennen aber nicht dessen exakte Formulierung. Damit bleiben ihnen die vollständigen Auswirkungen dieses Satzes verborgen.
Die genaue Wirkung eines Glaubenssatzes hängt letztendlich nicht von der Formulierung ab, sondern von dem tatsächlichen subjektiven Denken Ihres Klienten. Die Formulierung kann von diesem Denken leicht abweichen. Wie ein Klient exakt denkt, kann in der Sprache nicht vollständig wiedergegeben werden. Zusätzlich kann Ihr Klient bestimmte Begriffe etwas anders interpretieren, als Sie das tun würden. Dies bedeutet, dass die gleiche Formulierung eines Glaubenssatzes in ihrer Wirkung für zwei Ihrer Klienten nicht zu hundert Prozent identisch sein muss. Auch die sonstigen Lebensumstände eines Klienten können die Auswirkungen, die ein bestimmter Glaubenssatz für ihn konkret hat, in erheblichem Umfang beeinflussen.
Wenn Glaubenssätze als feststehende Tatsachen betrachtet werden
Andere Glaubenssätze mögen Ihrem Klienten durchaus bekannt und mehr oder weniger bewusst sein. Er sieht sie allerdings als eine feststehende Tatsache an. Für ihn ist der Glaubenssatz wahr, eine unverrückbare Realität. Er kennt seine Existenz, stellt ihn aber überhaupt nicht in Frage. Damit werden von ihm mögliche negative Auswirkungen des Glaubenssatzes nicht betrachtet. Möglicherweise verteidigt er die Gültigkeit seines Glaubenssatzes sogar Ihnen gegenüber. Beispielsweise verteidigte ein Klient mir gegenüber einmal den Glaubenssatz „Ich bin nur etwas wert, wenn ich etwas leiste“, und dies mit vollster Überzeugung. Erst nach einer Diskussion über die Wahrheit dieser Aussage kam er langsam zur Einsicht, dass dieser Glaubenssatz vielleicht doch nicht so ganz der Realität entsprach. Letztlich wurde ihm klar, dass dieser Satz ihm erhebliche Probleme verursacht hatte. So wirkte dieser Satz für ihn stark antreibend und war damit neben anderen Glaubenssätzen ursächlich verantwortlich für seinen Burnout.
Wenn man unerwünschten Glaubenssätzen dennoch unbewusst folgt
Ganz anders verhält es sich mit Glaubenssätzen, die Ihrem Klienten bewusst sind und die er eigentlich nicht mehr haben möchte. Trotzdem stellt er immer wieder fest, dass er sich, obwohl er den Satz für unwahr, suboptimal oder sogar als äußerst kritisch ansieht, wiederholt nach ihm richtet. Dass er ihm also unbewusst folgt. Zwar kann er bei voller Aufmerksamkeit und Bewusstheit gegen seinen Glaubenssatz urteilen und handeln, es kostet ihn aber jedes Mal sehr viel Kraft und Konzentration. Sobald er abgelenkt oder unkonzentriert ist oder automatisch handelt, wirkt der Glaubenssatz erneut. Er ist dann immer wieder frustriert oder enttäuscht über sich selbst. Und vor allem darüber, dass er trotz besseren Wissens schon wieder gegen seinen Beschluss, sich nicht nach dem Glaubenssatz verhalten zu wollen, verstoßen hat. Die erwähnte Teilnehmerin aus meinem Seminar „Projektmanagement“ (Seite 27 f.) ist dafür sicherlich ein gutes Beispiel.
Selbstbetrug
Mancher Klient findet wiederum Begründungen, mehr oder weniger rationale Ausreden oder andere Mechanismen in Form einer Art Selbstbetrug, um sich das eigene „Versagen“ nicht eingestehen zu müssen. Es ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass er anderen die Schuld gibt und sein Versagen dann Ihnen als Coach oder ganz anderen Personen in die Schuhe schiebt.
Fazit
Wenn Sie selbst nicht daran denken und Ihren Klienten nicht bei der Erkenntnis unterstützen, dass seine vorhandenen, kritischen Glaubenssätze eine wesentliche Ursache seiner Probleme sein könnten, bleiben Sie als Coach viel zu oft wirkungslos. Dann werden die Probleme Ihrer Klienten nicht gelöst, was zu frustrierten Klienten führt, die dann eventuell jahrelang weiterhin unter ihren Problemen leiden müssen.
In Glaubenssätzen liegt nach meiner Erfahrung ein enormes Potenzial für Sie als Coach. Öffnen Sie sich diesem Thema und widmen Sie sich ihm intensiv. Es lohnt sich für Sie und vor allem für Ihre Klienten!