Adam zum Abgewöhnen und 50 bessere Liebhaber - Gesa Debus - E-Book

Adam zum Abgewöhnen und 50 bessere Liebhaber E-Book

Gesa Debus

4,8

Beschreibung

Sex oder Liebe? Für die Erzählerin lässt sich das trennen. Sie plaudert aus dem Nähkästchen ihrer unzähligen sexuellen Erlebnisse: Von Rückblicken auf die ersten kindlichen Erfahrungen mit kleinen Jungen über ihre frühen, jungen Liebhaber und Erinnerungen an lange Affären sowie viele kurze Seitensprünge während der Ehe bis hin zur frustrierenden Gegenwart mit Adam reicht das Spektrum der mehr als fünfzig Männerbegegnungen. Mit 50 Jahren wird die Protagonistin Witwe und verliert jedes Interesse an Männern, erst Jahre später lässt sie sich wieder auf eine Affäre ein. Den Partner nennt sie „Adam, der Mann zum Abgewöhnen“. Diese groteske Beziehung gibt den Rahmen ab für die Sammlung von Erinnerungen an bessere Liebhaber. Zugleich ist diese Alters-Beziehung für sie Anlass, sich wieder neue Affären zu erlauben und sie stellt fest, dass Vieles noch so ist wie früher, doch Sex mit älteren Männern ziemlich anstrengend sein kann. Nicht anfreunden kann sie sich mit dem seit Jahren etablierten Trend zu immer ausgefalleneren Praktiken beim Sex und macht sich darüber lustig. Es ergibt sich ein amüsantes Plädoyer für Blümchensex wobei das männliche Verhalten ironisch aufs Korn genommen wird..

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 304

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
14
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Adam zum Abgewöhnen und 50 bessere LiebhaberRingeltauben gesuchtZum Beispiel ValeryAdam, der Mann zum AbgewöhnenBessere ZeitenEnglische BeziehungenCary und der Kampf gegen JungfräulichkeitMein Little Drummer Boy: unbesorgt und unverklemmtSwinger ClubRomanze im DartmoorWas kleinen Mädchen so passiertKlassenfahrt nach LondonAdam zuhauseAls blinder Passagier an BordJa, damalsWarum ausgerechnet Adam?Überraschung zu zweitPutins DoppelgängerKurze Affären und Haralds GeschichtePaddy. Georg in der FerneSandkastenliebeParisEin muslimischer Mann war einer meiner bestenAdams Anrufe werden wirklich lästigTeenager Träume, aufgestaute WünscheAus Kassel wird FuldaKristerDer Spanner soll ruhig neidisch seinEin sonderbarer EulerichMeiner Freundin helfe ich doch gerneAdam kennt meine ReiselustSilviaAdams widerlichen Wünsche hören nicht aufHilfe, man will mich verkuppelnVorsicht bei Arbeitskollegen, Freunden und VerwandtenVon der Peep-Show zur ÜberwachungskameraZwei Schwager und Karins NöteAm GardaseeStudentenEin sehr schlichter MajorKein Gott in SüdfrankreichEtwas Besseres als Adam sollte es doch gebenAdam wird es nie begreifenUnglückliche MännerBesonders diskrete AffärenBöse ErinnerungenAdams Erguss-KomplexSegeltour für AnfängerAdam gibt nicht aufAffäre trotz größter GegensätzeIst das schon Stalking?Die orientalische ErfahrungIch, und dominant?Ein Liebhaber für vier JahreMarkt der freien alten MännerSpäte Affäre in IsraelAdam unverzagt, jetzt soll es Venedig seinEinen Norweger hatte ich noch nieAdam zum Abgewöhnen IIHat sich wirklich alles so verändert?JahresendeMänner im AllgemeinenImpressum

Adam zum Abgewöhnen und 50 bessere Liebhaber

von Gesa Debus

Falls es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen geben sollte, sind diese rein zufällig. Sie sind nicht beabsichtigt

und entsprechen keinen realen  Vorbildern

Warnung: dieses Buch ist nur für großzügige Männer mit heiterem Selbstbewusstsein geeignet.

Und natürlich für alle fröhlichen Frauen.

Ringeltauben gesucht

„Such dir doch mal einen Lover, mich stört das nicht.“ Diesen Satz wirft mein achtzehnjähriger Sohn Robin völlig unerwartet ganz beiläufig in den Raum und erschreckt mich damit. Vor Überraschung versäume ich es, die dringend benötigte Pikdame aufzunehmen. Wir sitzen gerade am Esszimmertisch und spielen Gin-Rommeé. Robin muss gemerkt haben, dass meine bemühte Fröhlichkeit nur aufgesetzt ist, weil ich mir so sehr wünsche, dass Georg mitspielen könnte. Doch schon seit zwei Jahren habe ich meinen Mann und Robin damit seinen Vater verloren.

Ich habe meinen Sohn bisher für ziemlich prüde oder verschwiegen gehalten beim Thema Sex und hätte eine derartig lockere Bemerkung von ihm niemals erwartet. Er kann doch unmöglich wissen, wie großzügig ich früher in dieser Hinsicht gewesen bin. Robins Spruch bringt mich zum Nachdenken, aber es dauert weitere zwei Jahre, bis ich wieder aktiv werde.

Ja, ich gebe es zu, früher hatte ich verflixt viele Liebhaber und was heute elegant-modern als polygam bezeichnet wird, hieß damals, auf Frauen gemünzt und abwertend, „mannstoll“. Ein dummes, altmodisches Wort, garantiert von Männern erfunden, die sich vergeblich eine tolle Wirkung auf Frauen gewünscht haben. Aber um als Frau die Ekstase, also eine gewisse Art von Tollheit zu erreichen, braucht es die begabten, wirklich guten Männer - und die sind bedauerlich selten. In meiner großen Stichprobe waren jedenfalls nicht viele tolle Männer dabei. Im Gegenteil, die meisten meiner Lover waren ziemlich gewöhnlich, und ich weiß genau, wovon ich spreche. Sehr viel interessanter als der Sex, den sie zustande brachten, waren im Allgemeinen die Geschichten meiner zahlreichen Liebhaber. Auf diese Geschichten war ich immer scharf, die waren nämlich meistens viel abwechslungsreicher.

Nur ganz selten traf ich auf die „Ringeltauben“ unter den Männern, die uns Frauen bei der körperlichen Liebe zum Fliegen, Gleiten und Fallenlassen bringen können ohne ernüchternden Aufprall danach. Ich hatte das Glück, mit einem solchen Mann über dreißig Jahre lang verheiratet gewesen zu sein. Das hielt mich aber nicht davon ab, immer wieder andere Männer auszuprobieren. Dies funktionierte nur, weil mein Georg außergewöhnlich großherzig war und mir neue Erfahrungen gönnte, denn wir liebten uns sehr. Er kannte mich genau und wusste, dass ich süchtig war nach neuen Erfahrungen, ob beim Lernen, Reisen oder eben auch bei Männern mit ihren verborgenen Geschichten. Allerdings kann solch ausgeprägte Neugier auch unerfreuliche Nebenwirkungen haben und deshalb passierten mir immer wieder spontane Männergeschichten, die ich besser unterlassen hätte. Und jetzt geht das schon wieder los.

Mein neuer, schlimmer Fehlgriff ist derzeit Adam, der Mann zum Abgewöhnen. Er ist unglaublich selbstherrlich, verständnislos und dickköpfig; lediglich in seiner Sturheit ist er brillant. Seit sechs Jahren gelingt es mir nicht, ihn endgültig zum Teufel zu schicken. Extrem hartnäckig klebt er an mir und lässt sich nicht vertreiben. Gleichzeitig behandelt er Frauen krass unsensibel und betrachtet sie ausschließlich als Lustobjekte. Es ist nicht so, dass es Adam an Intelligenz mangelt, aber ihm fehlen komplett solche Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Rücksichtnahme oder Wertschätzung für andere. Nicht, dass er unter diesen Defiziten leiden würde, er fühlt sich pudelwohl dabei. Insgesamt verkörpert Adam also nur die bittere Karikatur eines Liebhabers, er ist eine ständige Enttäuschung für mich. Leider ist Georg jetzt nicht mehr da, um meine schlechten Erfahrungen zu kompensieren. Früher konnte ich mich dafür immer auf ihn verlassen.

Paradoxerweise waren die ersten vier Jahre nach seinem Tod die längste Zeitspanne, die ich Georg auch in sexueller Hinsicht treu gewesen bin. Warum ich vorher neben ihm noch so viele andere Männer vernascht habe, bleibt mir ein bisschen rätselhaft, denn ganz ausschließlich nur Neugier auf Geschichten waren meine Seitensprünge vermutlich nicht. Am besten vertrage ich die Erklärung, dass ich mich bloß immer wieder vergewissert habe, dass mein Mann eben der Beste war. Okay, ich will ehrlich sein: zwei andere meiner fünfzig verflossenen Liebhaber waren auch ganz toll.

Zum Beispiel Valery

Während meines fremdgängerischen Liebeslebens traf ich nur auf zwei Männer, die ganz außergewöhnlich begabt waren.

Dazu gehört der berüchtigte Baron Valery, ein Lebemann und Lebenskünstler, aber auch ein großer Verlierer. Zumindest äußerlich war er ziemlich heruntergekommen, als ich ihn kennenlernte. Damals war ich erst Anfang zwanzig und Valery eine meiner ersten Affären, seitdem ich mit neunzehn Jahren geheiratet hatte.

Meine Freundin Karin hatte eine kleine Reitanlage gepachtet, dort war auch mein Pferd eingestellt. Eine Box im Stall war frei geworden, Karin vermietete sie schnell wieder. Den Besitzer des neues Pferdes hatte ich noch nicht kennen gelernt, weil er immer vormittags zum Reiten kam, doch ich hatte schon reichlich anzügliche Bemerkungen und Nachfragen der anderen Reiter zu diesem neuen Stallkameraden gehört. Demnach war der Neue der verarmte Baron Valery von D. zu D., ein bekannter Frauenheld, der jetzt zum wiederholten Mal geschieden und von irgendeinem entlegenen Dorf in unsere Stadt zurück gekommen war. „Da müsst ihr aufpassen, den kann man mit keiner Frau alleine lassen, der verführt euch alle,“ hatten sich die Freunde abends in der Reithalle amüsiert. Jemand behauptete, der Mann habe zwölf Kinder. Mit fröhlichen Rufen und Kommentaren quer durch die Reithalle und immer wieder unterbrochen vom Schnauben der Pferde wurde die Anzahl von Valerys Nachkommen ausführlich diskutiert und demnach musste dieser Mann zweifellos über fruchtbare Lenden verfügen.

Ich hatte nur diese Gerüchte im Kopf, als meine Freundin mich an einem scheußlichen Februartag anrief und mich bat, heute trotz des nassen Wetters unbedingt zum Stall zu kommen. Karl-Heinz habe sie angerufen - er war ein Freund und derzeitiger Arbeitgeber des Barons – und sie gebeten, unbedingt zu Valery in dessen Wohnung zu fahren, um nach ihm zu sehen. Der Mann sei unglücklich und depressiv, Karl-Heinz würde sich Sorgen machen, dass Valery sich etwas antun könnte. Jedenfalls müsse man sich um ihn kümmern. Karin war ängstlich-aufgeregt und bestand darauf, dass ich sie zu diesem Besuch begleitete. Valerys Wohnung war gar nicht weit von unserem Stall entfernt. Nachdem wir die Pferde bewegt und den Stall versorgt hatten, reinigte Karin sich wie immer erst umständlich sorgfältig die Fingernägel, während ich schon ungeduldig wartete, denn wir trugen doch ohnehin nur unsere Stall- und Reitkleidung. In diesem Aufzug fuhren wir zur angegebenen Adresse.

Mit dem Allerschlimmsten rechneten wir zwar nicht direkt, sonst hätte Karl-Heinz doch bestimmt die Polizei geschickt und nicht uns um den Besuch gebeten, doch mulmig war uns schon zumute. Aber unverzüglich nach unserem Klingeln öffnete ein großer schlanker Mann die Tür, ich schätzte ihn auf mindestens fünfzig Jahre. Er sah glücklicherweise noch ziemlich lebendig aus. Sein hageres Gesicht wirkte interessant durch Furchen, die sein wechselhaftes Leben hinterlassen haben dürfte, sein Blick aus grauen Augen wirkte auf mich eher amüsiert als verzweifelt. Dieser berüchtigte Baron schien mir die Verkörperung des vom Schicksal gebeutelten Helden aus einem billigen Liebesroman zu sein, unfassbar, wie genau er diesem Klischee jedenfalls optisch entsprach. Karin kannte Valery schon von Spring-Turnieren aus früheren Jahren und erklärte ihm, dass Karl-Heinz uns geschickt habe.

„Wie aufmerksam von ihm“ spöttelte der Baron, „er weiß doch, dass ich nur erkältet bin.“

Damit begründete er auch, dass wir unbedingt zusammen einen Grog zum Aufwärmen trinken müssten. Von seiner angeblichen Erkältung bemerkte ich nichts und vermutete, dass unsere bloße weibliche Anwesenheit ausreichte, damit er ganz normal funktionierte.

Er hatte den Grog zubereitet, das eigenartige Aroma stieg in unsere Nasen und wir saßen ziemlich unbequem an einem niedrigen Tisch im Wohnzimmer, die sparsame Birne einer Stehlampe und zwei Windlicht-Kerzen gaben nur wenig Licht. Valery thronte auf dem Sofa, das wir vorerst nicht mit ihm teilen wollten. Ich fand den Mann allerdings höchst attraktiv mit den leicht verwuselten Haaren und seinen langen Beinen, die er unter dem Tisch ausstreckte. Unweigerlich musste man so auch auf seine Körpermitte und seine Hose schauen. Ich jedenfalls musste meinen Blick immer wieder von dort weg zwingen. Karin war mit ihrem Grog beschäftigt und kritisierte den schwachen Geschmack des Getränks. Valery grinste und schenkte ihr Rum nach.

„Karin, das ist Stroh-Rum, der ist heftig“ warnte ich meine Freundin, doch die blieb unbesorgt, weil sie das tückische Getränk noch nicht kannte. Wider besseres Wissen ließ ich mich ein wenig von ihr mitreißen und trank mehr, als vernünftig war. Wir waren bester Laune, tranken und erzählten. Mit etwas Sorge sah ich zwischendurch, dass Karin nun an dem verschärften Grog, den ihr Valery zubereitete, zwar großen Gefallen gefunden hatte, aber deutlich an Haltung verlor. Plötzlich hörte ich sie aus ihrem Sessel schnarchen, sie war völlig hinüber und auch durch vorsichtigen Zuruf nicht zu wecken. Valery überzeugte mich, dass ich es auf dem Sofa neben ihm bequemer hätte und dann erlebte ich den genialsten Kuss meines Lebens. Das war hohe Kunst, was er zu bieten hatte mit Lippen und Zungenspitze. Er begann so vorsichtig und langsam und zog es so lange hin, dass ich mich regelrecht an den Mann klammern musste, weil ich mehr von ihm spüren wollte. Es machte mich völlig verrückt, wie er mit mir spielte. Etwas derartig Grandioses habe ich nur bei ihm erlebt, schon mit seinen Lippen und der Zunge brachte er Hitze und Pulsieren in meinen Leib. Seine Hände waren erfahren und machten alles haargenau richtig. Ich war so richtig heiß auf ihn und wollte mich nicht mehr zurück halten, nur hatte ich leider noch diese erbärmlich störenden Reitstiefel an. Gut, dass Valery sich damit auskannte, mit geschicktem Griff an die Fersen und geübtem Ziehen befreite er mich von den elenden Stiefeln, während Karin weiter harmlos in ihrem Sessel schlief. Die profane Tätigkeit hatte unserem Verlangen nichts von der Schärfe genommen und der anschließende Verkehr war leidenschaftlich, auch harmonisch, was beim ersten Mal nicht oft gelingt. Wie Blitze zuckte es durch meinen Körper, als Valerys Kunst mich sehr schnell zu einem Höhepunkt trug, der mich schwerelos und restlos glücklich machte. Dieser Mann war halt ein Kenner der Frauen und Routinier in der Liebe.

Wir trafen uns noch für einige Zeit, bis er in seiner rastlosen Art wieder einmal Stall und Wohnsitz wechselte. Bis dahin blieb er immer Kavalier, fuhr mich nach Hause, wenn wir zusammen etwas getrunken hatten, obwohl er doch eben so wenig wie ich offiziell fahrtüchtig war und trotz seiner armseligen Wohnung war er ein charmanter Gastgeber. Wenn er sonntags morgens früher als wir am Stall war, hatte er unsere Pferde bereits geputzt, damit wir zusammen ausreiten konnten. Manchmal packte mich ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Mann Georg. Ansonsten wurde die wunderbare Affäre für mich nur ein wenig gestört durch Andeutungen und Anzüglichkeiten der anderen Reiter, die einfach davon ausgingen, dass meine Freundschaft mit Valery unbedingt auch Sex enthalten müsste. Und sie hatten natürlich Recht.

Valery blieb der einzige Mann, der nicht viel von sich und seiner Vergangenheit erzählte, obwohl ich ihn mit meiner sehr kritischen Einstellung zum unzeitgemäßen Adel oft zu provozieren versuchte. Ich hielt ihm vor, dass eine solche Abstammung keine Leistung sei, dass der Adelstand vor Jahrhunderten doch meist aus Räubern und Verbrechern entstanden sei und diese Gesellschaftsklasse von Ausbeutern sich längst überlebt hätte. Valery hörte mir ganz gelassen zu. Wahrscheinlich wusste er genau, dass er sich durch seine Zurückhaltung mit einer Art geheimnisvoller Aura umgab, die ihn für Frauen noch interessanter machte. Sie lagen ihm gewissermaßen reihenweise zu Füßen - und mit ihm im Bett. Besonders Frauen im mittleren Alter, die sonst ganz selbstverliebt ihren Status als Dame betonten, verloren bei ihm jede Distanz. Es gab eigentlich keine Frau, die ihm widerstanden hatte, abgesehen von meiner Freundin Karin. Am schlimmsten hatte es die ganz junge, doch schon verheiratete Tochter unseres Dorfwirtes erwischt. Sie hatte sich verzweifelt in den Baron verliebt und verließ seinetwegen sogar ihren Ehemann. Mit welchen Mitteln Valery sie dazu brachte, zu ihrem Mann zurück zu kehren, wusste niemand genau, aber es muss gehörig anstrengend für ihn gewesen sein. Er war klug genug, nur mit verheirateten Frauen ein Techtelmechtel anzufangen, doch bei der Tochter des Wirtes war diese Voraussicht fehlgeschlagen.

Valerys wenigen privaten Mitteilungen waren zumeist eine Lobhudelei auf seine letzte, sehr junge Frau, von der er natürlich auch schon geschieden war. Er rühmte an ihr als besonderes Qualitätsmerkmal, noch im letzten Monat ihrer Schwangerschaft die Pferde geritten zu haben. Ich weiß nicht, wie oft er insgesamt verheiratet gewesen ist. Die Gerüchte in dieser Hinsicht dürften genauso übertrieben gewesen sein wie die Zahl der Kinder, die man ihm zuschrieb.

Valerys Art zu küssen blieb übrigens die beste, die ich je erfahren habe, mit dieser Begabung war er sogar deutlich besser als mein eigener Mann.  

Adam, der Mann zum Abgewöhnen

Heute sieht meine Welt völlig anders aus. Die traurige Wirklichkeit ist, dass ich mich nach langer Zeit ohne meinen Mann erneut auf eine Affäre eingelassen habe, die sich nicht lohnt. Wegen Georg habe ich keine Skrupel, er hätte niemals von mir gewünscht und schon gar nicht erwartet, den Rest meines Lebens abstinent zu verbringen. Die neue Affäre heißt Adam und war früher eine Art Freund und geschätzter Geschäftspartner von Georg gewesen. Aber was für ein miserabler Liebhaber er ist!

Auslöser für meine sexuelle Reaktivierung war ausgerechnet Robin mit seiner Aufforderung, ich solle mir ruhig einen Liebhaber zulegen. Er ahnt gar nicht, dass ich früher trotz glücklicher Ehe ein ausgesprochen abwechslungsreiches, unkonventionelles Liebesleben geführt und mir sogar immer wieder über längere Zeit einen Liebhaber gehalten hatte. Mein geliebter Georg hatte mir die zusätzlichen Erfahrungen gern gegönnt, vielleicht auch davon profitiert, schließlich waren wir beide lernfähig. Ich jedenfalls habe es oft gemerkt, wenn er bei einer anderen Frau etwas dazu gelernt hatte.

Mit einigen meiner Liebhaber hatte mein Mann sich sogar eng befreundet, denn bei der Auswahl derjenigen meiner Lover, die ich längere Zeit behielt, war ich nicht völlig anspruchslos gewesen. Unsere sehr jung geschlossene Ehe widersprach also äußerlich vielen Konventionen, vielleicht war sie deshalb so besonders gut.

Nun habe ich Robins Empfehlung angenommen, doch ich befinde mich in einer Situation, die mir gar nicht gefällt.

Adam wirft das Jackett auf den Rücksitz und steigt in sein Auto. Ich habe ihn ohne Bedauern verabschiedet, stehe höflich am Gartentor und warte, dass er endlich abfährt. Er stellt jedoch erst noch gemütlich das Navigationsgerät ein, startet dann den Motor, grüßt abschließend mit einer Handbewegung und kurz darauf verschwindet sein großer, langweilig grauer BMW um die Ecke.

Was nicht verschwindet, ist mein Gefühl von Abwertung, Peinlichkeit und Scham. Meine Selbstachtung ist heftig angekratzt, ich muss mir jetzt dringend Bewegung verschaffen, um die Eindrücke der letzten Stunden mit diesem Mann auszuradieren. „Wie konntest du dich bloß darauf einlassen!“ werfe ich mir vor, während ich beginne, das Badezimmer zu putzen, um mich abzureagieren. Badezimmer lassen sich schließlich immer putzen, auf Staubsaugen habe ich keine Lust.

Ich merke, dass mir Adam sogar ein bisschen Leid tut, weil er noch viele Stunden fahren muss, bis er zu hause bei seiner Frau ist. Aber er wollte mich ja unbedingt besuchen, das Treffen ist seine Idee und sein Wunsch gewesen. Trotz einiger Bedenken habe ich seinem Drängen nachgegeben und nun fühle ich mich noch unbehaglicher als ich es vorher leise befürchtet hatte. Der Grund ist nicht, dass mich moralische Skrupel überwältigen würden wegen dieser neuen Bettgeschichte, doch mich plagt sehr das Gefühl, einen Rückschritt auf ein besonders tiefes Niveau gemacht zu haben. Und das ist mir grässlich peinlich. Das Badezimmer wird zwar unter meinen Händen perfekt sauber, doch meine Gedanken können sich noch nicht vom gestrigen Abend und der Nacht befreien.

Im letzten Jahr hatte Adam sich immer wieder gemeldet und schließlich habe ich seinen Besuch erlaubt. Viele Jahre zuvor hatte ich gegen Ende einer Party schon einmal überlegt, ob es sich lohnen könnte, mit diesem Mann zu schlafen. Jetzt weiß ich, dass es sich nicht gelohnt hätte, denn Adam ist ein lausiger Liebhaber.

Gestern Abend habe ich die Außenbeleuchtung auf Dauerbetrieb gestellt und es ist schon spät, als Adam ankommt. Ich bin einigermaßen überrascht. Das Bild von Adam in meiner Erinnerung stammt aus der Zeit, als dieser Mann mit Georg geschäftlich zusammen gearbeitet hatte. Damals ist er mir erheblich beeindruckender erschienen, war halbwegs schlank und hatte eine schöne, dunkle Haarfarbe. Deshalb rutscht mir bei der Begrüßung zwar heraus: „Oh, hast du eine neue Haarfarbe?“ doch sonst versuche ich, mir keine Enttäuschung anmerken zu lassen.

Adam ist sehr klein mit winzigen Damenfüßen, die in handgefertigten Schuhen stecken, mit deren Spezialsohle ein paar Zentimeter Höhe dazu gemogelt werden. Seine ursprünglich dunkelbraunen Haare dürften grau sein, denn sie sind jetzt in ein unangenehmes Orange-Rotbraun gefärbt. Paradoxerweise ist seine Stimme sehr tief, angenehm und männlich. Aber er hat einen beachtlich hervorragenden Bauch entwickelt, womit mir bisher alle intimeren Erfahrungen fehlen. Da auch ich selber auch gewisse Jahresringe zugelegt habe und Adams körperliche Fitness heftig anzweifele, befürchte ich eine anstrengende Nacht.

Gleich zu Beginn muss ich enttäuscht einsehen, dass Adams Persönlichkeit alles andere als komplex ist, dieser Mann ist unfassbar schlicht gestrickt. Er denkt zielgerichtet linear, das mag im Beruf vorteilhaft sein, doch leider kann er auch bei Frauen nur daran denken, wie er ohne Umstände Sex mit ihnen haben kann. Es fehlt ihm jede Raffinesse.

Unmittelbar nach ihrer Begrüßung greift er schon zwischen meine Beine. Auf plumpe Überfälle stehe ich überhaupt nicht, ich finde das primitiv und wehre ab. Stattdessen schicke ich ihn ins Badezimmer:

„Du hast doch jetzt stundenlang im Auto gesessen und bestimmt geschwitzt“.

Ich gehe davon aus, dass ein stundenlang in den Autositz gezwungener Hintern eine Dusche vertragen kann. Er lässt sich ohne Begeisterung zeigen, wo Shampoo und Frotteetücher sind.

Immerhin hat er eine Flasche Sekt dabei, als er zurück ins Wohnzimmer kommt. Jetzt bemüht er sich um eine raffiniertere Annäherung und versucht, romantisch zu sein.

„Habt ihr hier keinen Balkon wo wir ein Glas trinken können? Es ist heller Mondschein draußen, das magst du doch bestimmt“ ist seine Einleitung.

Ich habe eine große Terrasse, es ist noch warm draußen nach dem heißen Tag und die Nacht silbrig vom Mondlicht. Die Bedingungen für eine romantische Sommernacht sind insofern ideal, daher stimme ich zu. Die schweren Holzbänke stehen auf dem vorderen Teil der Terrasse, eine lockere Gehölzpflanzung zur Straße reicht zwar nicht als echter Sichtschutz aus, doch ich glaube nicht, dass wir irgend einen Nachbarn zu dieser späten Zeit interessieren könnten.

Ich will wissen, wie es mit Adam weitergehen wird. Enttäuschend genau so, wie ich es seit der Begrüßung befürchtet habe, geht es weiter. Kaum ist die Flasche geöffnet und am Glas genippt, beklagt er sich über das Nachbarhaus, will wieder hinein und sofort ins Schlafzimmer. Licht möchte er nicht eingeschaltet haben, aber durch das große Fenster zur Terrasse scheint der Mond herein, wir stehen also nicht völlig im Dunklen.

Aber wir stehen uns gegenüber. Ein nettes, lockeres Wort von ihm wäre nun schön oder wenigstens eine nette, annähernde Umarmung als Einleitung, doch es folgt nur der ungeschickte und missratene Versuch eines Kusses seinerseits. Ich lege meine verrutschte Brille daraufhin lieber ab. Da ich Zwänge aller Art verabscheue, trage ich selten einen BH, heute also ebenfalls nicht. Das gefällt Adam und er wird erneut sehr direkt. Allerdings war ich noch nie besonders erregbar am Busen und es berührt mich eher peinlich, wenn jemand die Nippel in den Mund nehmen will, seitdem ich meine Kinder gestillt habe. Babys füttern und Sex kann ich einfach nicht zusammenbringen. Also versuche ich, Adams Hände in die bessere Richtung zu lenken. Der Knopf an meinen Jeans ist das nächste Hindernis – ich ziehe mich lieber freiwillig aus und er ebenso. Tatsächlich denkt er daran, seine Armbanduhr abzulegen, so rücksichtsvoll bin ich nicht, mir ist es egal, falls ich ihm versehentlich weh tun würde. Im Übrigen ist meine Uhr ohne scharfe Kanten, es wird schon nichts passieren. Und vermutlich will Adam seine blöde teure Uhr auch nur schonen, wer weiß.

Zunächst genieße ich das unbekannte Gefühl seines gut gepolsterten Körpers, doch nach kurzer Zeit irritiert mich etwas. Plötzlich weiß ich den Grund: Adam ist echt nackt, das heißt, er hat nur Haare auf dem Kopf und im Genitalbreich! Nicht, dass er der Mode gefolgt wäre und sich rasiert hat, nein, er fühlt sich an wie ein glatter heißer Frosch, ganz ohne Rasur. Mir flattert eine längst vergangene Affäre mit Benny durch den Kopf, doch der hatte wenigstens noch Haare an den Beinen gehabt. Jedenfalls bin ich abgelenkt und merke verwundert, dass Adam auch absolut gar keinen männlichen Duft abgibt. Ich muss aufhören, darüber nachzudenken, warum sein Körper so weiblich weich ist und bemühe mich ernsthaft, eine solche Erregung zu erlangen, wie ich sie ihm vorspiele. Oft gelingt mir das und der ganze Vorgang lässt sich auf diese Weise beschleunigen.

Ein weiterer Nachteil von Adams fehlender Behaarung stellt sich heraus: Der unvermeidliche Schweiß in dieser heißen Sommernacht macht beide Körper unangenehm glitschig und es entstehen entsetzliche, fast quietschende oder klatschende Geräusche, die mich ernsthaft stören. Blitzartig glaube ich zu erkennen, warum die Evolution den Männern normalerweise einiges an Körperbehaarung gelassen hat. Das dämpft die Geräusche bei der Paarung erheblich. Die Aufmerksamkeit von Raubtieren mit allerfeinstem Gehör in vergangenen Zeiten oder die Neugier der heutigen Nachbarn wird nicht so schnell geweckt. Bei Adam fehlt diese wichtige Ausstattung. Die nun entstehenden Töne lenken mich ab, sie sind mir unangenehm.

Inzwischen versucht Adam in Standardstellung seinen eigenen Orgasmus zu bewerkstelligen, doch obwohl er penismäßig gerade noch durchschnittlich ausgestattet ist, zeichnen sich Probleme ab. In früheren Jahren hatte ich mit Freundinnen schon mal amüsiert gelästert und gezweifelt, ob und wie dicke Männer Sex praktizieren. Nun, jetzt stelle ich fest, dass ein dicker Männerbauch einen steileren Winkel erfordert und möglichst lange Arme mit viel Kraft, ansonsten wird die Angelegenheit entweder zufällig oder regelrecht erdrückend. Adams Muskeln sind ganz entschieden ungenügend trainiert für längeren Bettsport. Um nicht womöglich erstickt zu werden, wechsele ich vorsichtshalber die Positionen, um wenigstens Adam endlich zur Ruhe zu bringen. Das ist leider im wörtlichen Sinn nicht möglich, denn innerhalb von zwei Minuten nach seinem Erguss schnarcht der Kerl bereits. Ich will aus der heißen, feuchten Zweisamkeit ins Bad entkommen, doch er wird sofort wach, als ich aus dem Bett klettere.

Aus Sorge um die Stabilität der Duschwände bestehe ich darauf, nacheinander zu duschen. Mit meinem schlanken Georg war das anders, doch die Zeiten haben sich geändert. Ich werfe mir anschließend ein albernes dünnes Nachthemdchen mit Spitze und Rüschen über, das schon ewig ungenutzt herumliegt und nicht wirklich eine Bekleidung ist. Meine Tochter würde sagen, das Teil sei etwas zum Ausziehen, nicht zum Anziehen. Adam kommt splitternackt ins Wohnzimmer. Eine frappierende Verwandlung ist mit ihm geschehen, er hat bekommen, was er wollte, nun benimmt er sich seinem wahren Charakter entsprechend rücksichtslos und egoistisch. Auch seine Stimme hat jeden Charme verloren, er brummelt nur und will im Gespräch einfach alles besser wissen.

Wir sprechen hauptsächlich über seine Arbeit, wobei er sich ohne Bedenken einfach auf meinem Sofa ausstreckt. Dann fällt ihm etwas ein.

„Gib mir doch mal mein Telefon 'rüber“

fordert er und ruft tatsächlich zu dieser sehr späten Stunde einen Lieferanten und danach einen Mitarbeiter an. Es wird heftig diskutiert, wer für welche Änderungen an einem Bauteil verantwortlich ist. Ich wundere mich über Adams sehr unangemessen Tonfall, faktisch hat er den Gesprächspartner angeschrien. Das sage ich ihm unverblümt und frage, wie lange sich die Leute das von ihm bieten lassen würden. Ihm ist seine krasse Unhöflichkeit gar nicht aufgefallen.

Plötzlich wechselt er das Thema: „Du, er steht mir gleich schon wieder“

Dabei knetet er an sich herum. Ich sehe das halbherzige Ergebnis seiner Anstrengungen und höre die wenig schmeichelhafte Bitte, mich darum zu kümmern. Was glaubt der eigentlich, wer ich bin? Inzwischen bin ich längst müde und will schlafen. Ich kämpfe eine unfreundliche Antwort herunter, riskiere, dass er mich für untalentiert hält und mache einen bewusst ungeschickten Versuch mit dem gewünscht schlappen Ergebnis. Danach kann ich ihn überreden, ins Gästezimmer schlafen zu gehen.

In den frühesten Morgenstunden werde ich geweckt. Adam, der nackte Frosch steht an meinem Bett und will mehr. Er versucht, zärtlich zu sein, will sich dabei aber nicht erniedrigen, sprich: sich bücken. Also fordert er mich ganz lapidar auf:

„Rück doch mal zur Seite und lass' mich auch rein“.

Mein altes Bauernbett ist nur einen Meter breit, schließlich bin ich Single. Die hoch geschwungenen Seitenteile des Bettes lassen eine Nutzung als Spielwiese nicht wirklich zu. Trotzdem bin ich entgegenkommend und mache mich schmal. Im Gegensatz zu mir scheint Adam ausgeschlafen zu sein. Plötzlich werde auch ich richtig wach. Dieser Mann hat begonnen, mich zu seiner Genusssteigerung mit Schimpfwörtern zu belegen, in der Art „versautes Biest“ und noch übler, etwas Derartiges ist mir noch nie passiert! Entsprechend reagiere ich schockiert und wütend.

„Was fällt dir ein? Spinnst du total? Hau bloß ab, du Idiot! Du bist ja verrückt“.

Ich bin zutiefst empört. Von meinen mindestens fünfzig früheren Liebhabern ist mir nie jemand derartig begegnet. Ich lasse mich nicht erniedrigen, darauf fahre ich überhaupt nicht ab. Ganz kleinlaut versucht Adam mir nun zu erklären, dass dies doch nur ein Spiel sei, eine Variante als Abwechslung. Nachdem ich ihn energisch aufgeklärt habe, dass mir jedes Faible für solche Spiele fehlt, strengt der Kerl sich endlich mal so weit an, dass ich den schwachen Abglanz eines Orgasmus' erlebe. Es scheint so, dass Adam kein Gefühl von Peinlichkeit kennt, denn mir wäre es höchst unangenehm gewesen, von meinem Bettpartner wegen schlechten Benehmens kritisiert und zur Ordnung gerufen zu werden. Ich hätte danach garantiert keine Lust mehr gehabt zum Vögeln. Adam hingegen erinnert an einen Hund, der sich nach dem Ausschimpfen einfach schüttelt und damit alles Unangenehme vergisst.

Nach dem Frühstück fahren wir in die benachbarte Großstadt. Adams Internet-Recherche hat ergeben, dass dort ein Fachhändler ist für die von ihm ausschließlich getragenen handgefertigten Markenschuhe. Nun muss es jedoch nicht nur dieselbe Marke sein, sondern auch das gleiche Modell, ausgestattet mit Adams spezieller „Mogel-Sohle“ für etwas mehr Körpergröße. Natürlich ist so etwas in seiner Zwergengröße 38 nicht auf Lager. Stattdessen kauft er sich in nebenan einen lächerlichen echten Panamahut und kurz darauf beim Herrenausstatter ein noch auffallenderes gelbes Jackett dazu. Anstatt froh zu sein, nicht neben einem Kerl in dieser schreienden Aufmachung gehen zu müssen, ärgere ich mich über Adams Gewohnheit, immer einige Schritte vor mir zu laufen. Also teile ich ihm sehr missmutig meine Meinung über seine Umgangsformen mit, er wirkt überrascht, von seiner Frau kennt er so ungeschminkte Kritik offenbar noch nicht. Bestimmt nervt ihn mein Meckern, und das soll es auch, weil er so rücksichtslos ist. Zum Shoppen für mich selbst habe ich keine Lust mehr, schon gar nicht auf Adams Kosten.

Nach einem Mittagsimbiss sitzen wir schweigend vor dem Café und beobachten das Treiben auf dem Domplatz. Adam wird er unruhig, will nach hause fahren. Vielleicht ist es eine Art schlechten Gewissens, das ihn heim treibt zu seiner anspruchslosen Frau. Die kann nur anspruchslos sein, sonst hätte sie ihn nicht seit über dreißig Jahren ertragen. Mit meinem Segen ist er nun unterwegs zu ihr.

Nachdem nicht nur das Badezimmer glänzt, sondern auch die Küche makellos ist, habe ich soweit meine gewohnte Ruhe wiedergefunden, dass ich die Episode verarbeiten kann. Die vergangene Nacht mit Adam hat die zweifelhafte Exklusivität besessen, besonders unerfreulich und frustrierend gewesen zu sein. Wie dumm von mir, nach vier Jahren völliger Enthaltsamkeit ausgerechnet mit einem egoistischen Stümper ins Bett gegangen zu sein.

Adam ist zwar nicht der erste, der mir die peinliche Erkenntnis hinterlässt, dass es sich nicht gelohnt hat, doch sein Verhalten ist schon sehr speziell und passt nicht in meine bisherigen Erfahrungen. Also versuche ich, das Adam-Erlebnis irgendwie einzuordnen in meine sexuellen Abenteuer der Vergangenheit, doch in der Erinnerung tauchen Bilder auf von meinem schönen, früheren Leben mit Georg. Ich lasse diese Gedanken zu, denn jetzt brauche ich etwas gegen Frustration und Enttäuschung.

Bessere Zeiten

Ich war mit meiner Freundin sonntags morgens mit den Pferden im Wald unterwegs, das machten wir bei halbwegs gutem Wetter am Wochenende immer. Weil die Pferde Schritt gingen und es Herbst war, raschelte das trockene Laub lustig unter den Hufen der Tiere. Die Galoppstrecken hatten wir hinter uns, die Pferde waren entspannt, wir befanden uns auf dem Heimweg. Sonnenstrahlen reichten bis zum Boden des weichen Waldweges, nur einzelne Wolken schwebten am Himmel, die Pferde dufteten, es ging uns gut.

„Wir gehen doch anschließend noch in den Lindenkrug?“

fragte Karin fast schon rhetorisch und ich bestätigte:

„Natürlich. Aber lass uns bloß auch zusammen wieder weggehen und mich nicht allein in der Männerrunde.“

„Was soll ich denn machen, wenn du nur so schwer dort weg zu kriegen bist?“

konterte meine Freundin und wir stritten freundschaftlich darüber, ob ein Bier als Frühschoppen ausreichen müsse. Karin kannte meinen Hang, mich in unserer Kneipe fest zu quatschen und womöglich noch eine meiner Eskapaden, sprich Seitensprünge, folgen zu lassen. Sie hätte sich niemals so leichtsinnig verhalten wie ich. Deshalb war es ihr auch jedes mal ziemlich peinlich, wenn ich an den Wochentagen abends im Reiterstübchen ausgelassen wurde und sie fragte, ob sie nachher die Pferde allein von der Weide holen und den Stall versorgen würde. Dann wusste sie, dass ich mich für eine Eskapade mit einem der anwesenden Männer entschieden hatte und sie wusste sogar meistens, wer der Ausgewählte war. Sie kannte mich schon seit unserem fünften Schuljahr. Und ich nahm ja auch nicht jedes einzelne mal einen neuen Lover. Wenn er sympathisch war, traf ich ihn mehrere Male, bis ich den Kandidaten und seine Geschichte gut kannte. Wenn er mir sehr gefiel, behielt ich ihn für längere Zeit als Liebhaber.

Als ich an diesem Tag mit Karin heim ritt, war jedoch Wochenende, es bestand keine besondere Seitensprung-Gefahr für mich. Sonntags vormittags kam meistens Georg zum Stall und wartete dort mit unserer kleinen Tochter auf uns. Netter weise nahm er uns dann die Stallarbeit ab, mistete schon die Boxen und bereitete das Futter für die Pferde vor. So war es auch an diesem Sonntag, deshalb fuhr ich nach dem gemeinsamen, obligatorischen Frühschoppen ganz glücklich mit ihm nach Hause und kochte Essen für ihn, denn ich liebte ihn sehr.

Georg hatte ein freundliches Herz und war großzügig in jeder Hinsicht. In seinem sehr spezialisierter Beruf gab es in unserer ländlichen Gegend keine Arbeit für ihn, daher sahen wir uns im allgemeinen nur am Wochenende. Dennoch war er viel seltener als ich das, was herkömmlich als „untreu“ bezeichnet wird. Ich wiederum war sehr unternehmungslustig und hätte auch ihm jederzeit mehr Erfahrungen gegönnt. Zwar war es nicht so, dass wir uns explizit unsere Abenteuer berichtet hätten, doch ich spürte seine vereinzelten Affären. Hinsichtlich der Seitensprünge war ich weit aktiver als er und, falls es so etwas gibt wie sexuell hyperaktiv, dann war ich das eben. Mein Mann wusste das, nahm es mir jedoch überhaupt nicht übel. Das machte ihn so großartig: obwohl er auch beim Sex besser war als fast alle anderen, tolerierte er meine vielen Affären. Georg konnte immer sicher sein, dass meine tiefste Liebe nur ihm vorbehalten war und so akzeptierte er meine Neugier auf immer neue Erlebnisse. Wenn überhaupt, konnte nur das Ungleichgewicht in der Häufigkeit unseres Fremdgehens mir ein schlechtes Gewissen machen, schließlich war und bin ich grundsätzlich für strikte Gleichberechtigung.

Zum Glück war der gute Sex nur eine Zutat unserer Ehe und nicht die wichtigste Grundlage.

Englische Beziehungen

Auch schon vor unserer früh eingegangenen Ehe hatte ich sexuelle Erfahrungen gemacht. An einige erinnere ich mich nur mit gemischten Gefühlen, denn schon die erste Phase meines Liebeslebens entsprach nicht der gültigen Norm, dass junge Mädchen die absolut große Liebe fühlen müssten als Voraussetzung für Sex. Wahrscheinlich habe auch ich mir damals zuerst große Gefühle eingebildet, doch in Wirklichkeit hatte ich derart schnell Geschmack am Sex gefunden hatte, dass ich schon ganz früh mehrere Männer nacheinander ausprobierte. Sie waren dazu noch „Tommys“, britische Armeeangehörige also, was meinem Vater ziemlich gegen den Strich ging, denn auch lange nach Kriegsende blieben sie für ihn immer die ungeliebten Besatzer. Sie kosteten Geld, sie hatten sofort nach dem Krieg bereits schöne Wohnungen, während er als zugezogener Flüchtling mit seiner eigenen Familie noch in zwei ungeheizten Dachzimmern ohne Wasseranschluss hausen musste. Das nahm er „den Engländern“ zunächst pauschal übel und vergaß dabei wohl die eigentliche Ursache dieser Umstände. Außerdem war mein Vater nach seinen Erfahrungen während des ganzen Krieges an der Front ein rigider Anti-Militarist geworden, er lehnte jede Armee völlig ab.

Immerhin lernte er bald, einzelne von den jungen Besatzern zu akzeptieren. Es blieb ihm nichts anderes übrig, denn meine Schwester heiratete einen Waliser aus dem Musikcorps der britischen Armee. Renate ist viel solider als ich und hatte vor der Ehe nur ein oder zwei andere Erfahrungen. Im Gegensatz zu mir ist sie auch ziemlich monogam und blieb ihrem Benny treu – für viele Jahre jedenfalls.

Unausgesprochen herrschten damals durchaus noch gesellschaftliche Vorurteile bis hin zu Verachtung für diejenigen jungen deutschen Frauen, die sich mit dem ehemaligen Feind einließen.

Meine Schwester und ich waren in dieser Hinsicht unbefangen, vielleicht weil eine frühe Erfahrung mit den „Tommys“ eine gute war: Bei uns zu hause war große Sparsamkeit nötig und für die Ofenheizung mussten wir häufig mit einem sogenannten Bollerwagen Sägespäne aus der Drechslerwerkstatt unseres Onkels holen, was zwei Kilometer Fußweg je Strecke bedeutete. Der Weg führte an den britischen Kasernen vorbei. Es war Winter, hoher Schnee lag auf allen Straßen und Wegen, trotzdem mussten wir wieder einmal Holzspäne holen, was wir stets etwas demütigend fanden. Dieses Mal löste sich auf halbem Wege in Höhe der Kasernen ein Rad von dem Holzkarren und selbst als wir es wieder aufsteckten, fiel es immer wieder ab, sobald wir uns in Bewegung setzten. Wir waren damals etwa acht und zehn Jahre alt und erkannten durchaus, dass wir eine Art Quersplint für die Achse verloren hatten. Einige Soldaten schauten aus verschiedenen Fenstern der Kaserne. Einer rief uns etwas zu und warf einen Metallstift herunter, der wirklich den Zweck erfüllte, das Rad festzuhalten, nachdem wir ihn durch die Achse gesteckt hatten. Wir waren dem Soldaten sehr dankbar dafür.

Spätestens seit diesem Vorfall empfanden wir die Engländer nicht mehr undifferenziert als feindlich, auch wenn ich große Ängste ausstand, wenn sie mit ihren furchtbar lärmenden Panzern über die Straßen fuhren. Dann zitterte der Boden, ich hielt mir die Ohren zu und hatte panische Angst, dass aus den großen bedrohlichen Kanonenrohren der Panzer ein Schuss losgehen könnte und dann alles explodieren würde. Später wurden die Panzerketten zwar mit Gummiauflagen bestückt und der Lärm wurde erträglicher, doch noch heute steigt in mir eine Angst hoch, die sofort in Wut umgewandelt wird, wenn ich fahrende Panzer sehe.

Ansonsten hatte ich keine Probleme mit den Engländern und als ich sechzehn war und endlich mal mit meinen großen Brüdern und meiner zwei Jahre älteren Schwester ausgehen durfte, lernte ich die Freunde meines späteren Schwagers Benny kennen. Es waren alles Militärmusiker, die unterschiedliche Instrumente spielten. Diese Musiker stellten eine besondere, etwas privilegierte Kaste unter den Soldaten dar, sie hatten tagsüber oft Zeit und mussten normalerweise keine Manöver oder dummes Exerzieren mitmachen. Die einzelnen Volksgruppen unter ihnen wie Waliser, Schotten oder Iren hielten noch einmal besonders zusammen.

Eigentlich verabscheute ich alles Soldatische ebenso wie mein Vater, während meine Schwester Renate sich schon als Kind für Marschmusik und Uniformen begeistert hatte. Womöglich hatte sie sich ihren Benny ausgesucht, weil die britischen Paradeuniformen so hübsch und bunt waren und selbst der kleine Benny ziemlich beeindruckend darin aussah. Die Musiker mussten für bestimmte Anlässe unterschiedlichen Garde-Uniformen tragen, manchmal auch die schwarzen hohen Fellhüte. Jedenfalls trugen sie Hosen mit schönen bunten Streifen an der Seite, dazu Jacken mit blitzenden Knöpfen und Schnüren, was selbst mir viel besser gefiel als die deutschen Bundeswehruniformen.

Weil mein zukünftiger Schwager ein besonders talentierter Trompeter war, gehörte er zur Tanzkapelle und auch zu der kleinen Gruppe, die für Live-Musik bei verschiedenen Festen und Disco-Veranstaltungen angefordert wurde. Hier begegnete ich meinen frühen Liebhabern.

Cary und der Kampf gegen Jungfräulichkeit

Cary war blond, groß, mit prächtigem Körperbau, - die Nazis hätten ihre Freude an dem stattlichen Kerl haben müssen – und somit das Gegenteil von dem feingliedrigen schwarzhaarigen Mann mit Locken, den ich mir in meinen Mädchenträumen immer ausgemalt hatte. Im Grunde war Cary ein richtiger Durchschnittstyp, nicht dumm, aber ohne besondere intellektuelle Ansprüche außer seinem Interesse an Musik. Sein Schallplattenfundus war enorm. Zum Glück mochte er als Waliser besonders solche Songs, die über eine Melodie verfügten und die ich mitsingen konnte. Besonders progressive Musik, die in meinem Ohr nur wie rhythmischer Lärm klingt, musste ich mit ihm nicht erdulden. Ich gestehe, dass ich bis heute Jazz nicht verstehen oder genießen kann, doch lebe ich mit diesem kulturellen Defizit recht gut.

In Carys Familie zu hause in einem kleinen Bergarbeiterdorf in Wales war er der älteste von mehreren Geschwistern, die gemeinsam bei der verwitweten Mutter lebten. In seiner Rolle als Ältester war er davon überzeugt oder hatte sich daran gewöhnt, dass er als Mann alle Entscheidungen zu treffen hätte, auch für mich.

Als ich ihm bei einer Tanzveranstaltung zum ersten Mal begegnete, wirkte er selbstsicher, erwachsen und wusste anscheinend genau, dass ich das richtige Mädchen für ihn sei. Ich war eben erst sechzehn Jahre alt geworden, er war zwanzig. Ich war neugierig und unerfahren, er hatte den Überblick – was bei seiner Körpergröße auch buchstäblich zutraf - und er zweifelte nicht an seinen Zielen.

In den Osterferien dieses Jahres verreisten meine Eltern zu ihrem Silberhochzeitsurlaub, was mir große Freiheiten in der Wohnung verschaffte, denn nur mein ältester Bruder, der sich ausnahmsweise in Deutschland befand, tauchte gelegentlich einmal auf, um nach mir zu sehen. In diesen drei Wochen besuchte Cary mich fast täglich, brachte interessante Süßigkeiten und Zigaretten aus dem Armee-Kaufhaus mit, oft gingen wir aus oder er lud mich ins englische Kino ein. Von den dort gezeigten Filmen verbesserten sich wohl meine Englischkenntnisse, aber ich wurde auch immer wieder damit konfrontiert, wie hässlich und gemein die Soldaten der deutschen Wehrmacht gewesen sind und ich konnte überhaupt nicht nachvollziehen, dass die Briten an den schlimmsten Stellen im Film kollektiv laut darüber lachten und dabei fröhlich ihre Popcorns verspeisten, während mich das alles sehr bedrückte. Nach solchen Filmen brauchte ich einige Zeit, um mich wieder amüsieren zu können.