Agil und erfolgreich führen - Katrin Greßer - E-Book

Agil und erfolgreich führen E-Book

Katrin Greßer

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Beschreibung

Dynamische, sich laufend verändernde Marktsituationen, komplexere Aufgaben und dezentral organisierte Teams beeinflussen unsere Arbeitswelt tiefgreifend. Mit agilen Methoden und einem passenden Mindset können Führungskräfte ihre persönlichen Leadership-Kompetenzen erweitern und ihr Team zur Selbstorganisation befähigen. Das Ziel: mehr führen, weniger managen. Erfahren Sie, wie Sie mit einer starken inneren Haltung Ihre Teams vertrauensvoll und sinnorientiert in Richtung Eigenverantwortung aufbauen, wie Sie Selbstverantwortung und Transparenz fördern, einen Rahmen für positive Arbeitsbedingungen und aktives Mitgestalten schaffen. Konkrete Tools unterstützen Sie bei der Umsetzung.

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Seitenzahl: 168

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Katrin Greßer, Renate Freisler

Agil und erfolgreich führen

Neue Leadership-Kompetenzen: Mit einem agilen Mindset und Methoden Ihre Führungspersönlichkeit entwickeln

managerSeminare Verlags GmbH – Edition managerSeminare

Katrin Greßer, Renate Freisler

Agil und erfolgreich führen

Neue Leadership-Kompetenzen: Mit einem agilen Mindset und Methoden Ihre Führungspersönlichkeit entwickeln

© 2017 managerSeminare Verlags GmbH

4. überarb. Aufl. 2020

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel: 0228-977910, Fax: 0228-9779199

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten.

ISBN: 978-3-98856-201-2

Herausgeber der Edition managerSeminare:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat: Jürgen Graf

Coverfoto: rubberball/Fotolia

Illustrationen: Stefanie Diers

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

Ihre Download-RessourcenBegleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.www.managerseminare.de/tmdl/b,256795

Inhalt

Einleitung

Mind Map

Darum geht‘s

Dankeschön

1Willkommen in der neuen Arbeitswelt

2Agil führen

2.1Agil führen – darum geht es

2.2Mehr führen, weniger managen

2.2.1Management

2.2.2Leadership

2.3Hierarchie versus Netzwerk

2.4Funktion und Rollen in der Führung

3Kompetenzen für die Zukunft

3.1Veränderungen und den Change begleiten

3.2Sich selbst führen und managen

3.3Emotional intelligent agieren

3.4Auf Augenhöhe kommunizieren und den Dialog fördern

3.5Richtig entscheiden und delegieren

3.6Ein digitales Selbstverständnis entwickeln

3.7Diversity-Kompetenzen fördern

3.8Sich selbst reflektieren

4Empowern Sie sich selbst

4.1Das Mindset macht den Unterschied

4.2Selbst- und Fremdbild

4.3Die eigene Landkarte kennen und die Persönlichkeit entwickeln

4.3.1Big Five – die Grundfesten unserer Persönlichkeit

4.3.2Grundmotive – das Fundament unserer Motivation

4.3.3Erforschen Sie Ihre persönlichen Werte

4.3.4Unsere Haltung prägt unser Verhalten

4.3.5Glaubenssätze und Überzeugungen

4.4Selbstcoaching

5Empowern Sie Ihre MitarbeiterInnen

5.1Die MitarbeiterInnen stärken

5.1.1Mit Powerful Questions Spitzenleistungen herauskitzeln

5.1.2Feedback that works

5.1.3Diskussionen oder Dialoge führen?

5.1.4Weg vom Beurteilen, hin zur wertschätzenden Anerkennung

5.1.5Die Kunst der konstruktiven Kritik

5.2Vorleben und Vorbild sein

6Empowern Sie Ihr Team

6.1Wie wird die Arbeitsgruppe zum Team?

6.2Methoden der agilen Teamarbeit

6.2.1Das Daily oder: die Tasse Kaffee im Stehen

6.2.2Das Kanban-Board

6.2.3Delegation Poker

6.2.4Systemisches Konsensieren

7Führen macht Spaß

Service

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Einleitung

Download MindMap

Darum geht‘s

Sie stehen am Beginn Ihrer Karriere und sind neu in der Führungsrolle? Sie sind als Fachexperte gut positioniert? Oder sind Sie junger Unternehmer, erfahrener Geschäftsführer? Sie möchten Ihre Führungsrolle neu und anders gestalten? Oder nehmen Sie gerade an einem Führungskräfteentwicklungsprogramm teil?

Dieses Buch soll Sie unterstützen, in Ihrem Führungsalltag erfolgreich zu sein. Ihr Antrieb, etwas bewegen und gestalten zu wollen, lässt Sie hinderliche Muster erkennen? Manchmal sind Sie unsicher in Zeiten der Disruption und Veränderung – der eine oder andere Selbstzweifel beschäftigt Sie? Vielleicht fragen Sie sich auch: „Kann ich das schaffen?“

Sie finden in diesem Buch Methoden, Werkzeuge und Tools, die Sie in Ihrer Führungspraxis sofort anwenden können, um sich selbst und Ihre MitarbeiterInnen zu stärken. Sie finden Tipps und Wissensinputs zu den Themen Scrum, Change, Agilität, Selbstorganisation, Leadership und Management. Die Reflexionsfragen sollen Sie anregen, die persönliche Situation, das eigene Verhalten zu hinterfragen und aus gewohnten Denkmustern auszusteigen. Denn die Persönlichkeitsentwicklung einer Führungskraft – und hier vor allem die Fähigkeit zur Selbstreflexion – sehen wir als einen Schlüssel zum Erfolg.

Wir hoffen, dass Ihre Motivation, sich mit dem Thema „Agil und erfolgreich führen“ zu beschäftigen, intrinsisch geprägt ist. Sie profitieren am meisten, wenn Sie mit einer offenen Haltung, dem Mut, Neues auszuprobieren, und dem Vertrauen, dass die gemachten Erfahrungen Sie weiterbringen, herangehen. Leben Sie den Entwicklungsprozess vor und Ihre MitarbeiterInnen werden Ihnen folgen. Erfolgreiche Führungskräfte arbeiten an und mit sich, um die Veränderungen in die Welt zu bringen. Vielleicht lassen Sie sich von Mahatma Gandhi leiten: „Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“

Mit diesem Buch wollen wir Ihnen Mut machen, in Führung zu gehen und die Führungsrolle anzunehmen. Außerdem sind wir davon überzeugt, dass Führung Spaß macht, Freude bereitet und Sinn gibt. Lassen Sie sich inspirieren. In unserer eigenen Praxis arbeiten wir agil, finden immer wieder neue Wege und lernen jeden Tag dazu. Ob es komplexe Projekte sind oder neue Themenstellungen. Wir nutzen unser ganzes Know-how im Team und schaffen es so, mit und für unsere Kunden optimale Lösungen für eine menschengemäße Unternehmensentwicklung zu erarbeiten. Führung ist und bleibt spannend.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Freude bei Ihren Führungsaufgaben, Ihrer persönlichen Entwicklung, dem Gestalten von Rahmenbedingungen, in denen Sie Positives bewirken und wo die Selbstorganisation wachsen kann. Wir wünschen Ihnen motivierte MitarbeiterInnen, die Lust haben, sich einzubringen sowie begeisterte Kunden, die gerne mit Ihnen zusammenarbeiten.

Gender

Generell nutzen wir die Schreibweise: MitarbeiterInnen, TeilnehmerInnen, ManagerInnen. Es ist nicht immer durchgängig möglich, die beschriebene Schreibweise einzuhalten (MitarbeiterInnengespräch). Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der Verständlichkeit auch die männliche Form im Buch gewählt haben. Der Kunde, der Mitarbeiter – die Wirtschaftswelt ist nach wie vor sehr durch maskuline Wörter geprägt. Immer mehr gewinnen die femininen Begriffe an Bedeutung: die Intuition, die Faszination, die Intelligenz, die Empathie, die Kompetenz und die Vernunft ;-).

Download

Zu diesem Buch gibt es umfangreiches Download-Material mit Arbeitsblättern für Ihre tägliche Arbeit und um Ihre Selbstreflexionsfähigkeit weiter zu trainieren. Download-Hinweise finden Sie direkt an der entsprechenden Stelle.

Download-Handouts erkennen Sie an diesem Symbol – den Link finden Sie im Impressum.

Inhalte & Kapitel

Sie können das Buch von vorne nach hinten lesen oder direkt in ein Kapitel einsteigen, das für Sie besonders interessant ist. Die Mind Map auf der vorherigen Seite hilft Ihnen dabei. Vielleicht wird das Buch/E-Book auch ein idealer Begleiter für die unterschiedlichsten Situationen im Führungsalltag – egal, ob es darum geht, spontan die Moderation zu übernehmen oder gleich ein Feedback-Gespräch zu führen, eine kreative Meeting-Variante auszuprobieren oder einfach mal zu pokern ;-).

Die vielen unterschiedlichen Methoden und Anleitungen werden Sie gut unterstützen. Wir freuen uns auf jeden Fall, wenn sich in diesem Buch irgendwann viele Post-its finden, mit denen Sie markiert haben, was Sie ausprobieren oder immer wieder anwenden wollen. Natürlich freuen wir uns auch über Ihr Feedback. Was ist für Sie hilfreich, was können Sie gut im Führungsalltag anwenden?

Kapitel 1 gibt Ihnen einen guten Überblick über die neue Arbeitswelt, Agilität und Selbstorganisation.

Im Kapitel 2 erfahren Sie, was agil führen bedeutet, welche Vorteile es hat und wie Sie mit agilen Prinzipien erfolgreich führen können. Und warum wir zukünftig weniger Management benötigen und dafür deutlich mehr Führung.

Im Kapitel 3 möchten wir Sie sensibilisieren für die Führungskompetenzen der Zukunft: vom Changemanagement-Know-how bis zur emotionalen Kompetenz.

Mit den Kapiteln 4 und 5 erhalten Sie ganz konkrete Werkzeuge, wie Sie sich selbst und Ihre MitarbeiterInnen empowern. Sie erfahren, weshalb „vorleben“ und „Vorbild sein“ wirkt. Denn die Arbeit an sich selbst ist die wichtigste Führungsaufgabe.

Im Kapitel 6 finden Sie Impulse für die Teamentwicklung sowie ein tolles Format für Gruppenprozesse, um die Beteiligten bei anstehenden Entscheidungsprozessen einzubeziehen.

Das Kapitel 7 will Lust auf Führung machen und gibt Ihnen zum Abschluss noch ein paar wichtige Impulse. Denn: Die „eine“ Lösung gibt es nicht. Es gibt so viele Lösungen, wie es Menschen gibt.

Wir sagen Dankeschön!

Unseren

… Führungskräften, Geschäftsführern und Vorständen, die sich intensiv mit den Führungsthemen auseinandersetzen und mit uns in den Sparring gehen.

… Kunden, mit denen wir seit vielen Jahren partnerschaftlich zusammenarbeiten, die uns vertrauen und einbeziehen, um die gute Zukunft des Unternehmens zu gestalten.

… Seminar- und TrainingsteilnehmerInnen, die sich aktiv einbringen und uns an den spannenden Entwicklungen in den Unternehmen teilhaben lassen.

… Coachees, die wir vertrauensvoll begleiten dürfen und die uns wertvolle Einblicke bei ihren täglichen Herausforderungen geben.

… Interviewpartnern, die mit ihren Antworten unser Buch bereichert haben.

… Qualitätssicherern, vor allem bei Rainer Alt, der uns mit seinem Adlerauge wichtige Impulse gegeben und die Lesefreundlichkeit des Buches gefördert hat.

… Verlagspartnern bei managerSeminare, insbesondere bei Ralf Muskatewitz, der das Erscheinen dieses Buches möglich gemacht hat, und bei seinem Team, insbesondere bei Jürgen Graf für das Lektorieren, Korrigieren, Gestalten und Qualitätssichern aller Texte, Übungen und Aufgaben.

… Lebenspartnern, die uns bei den Abendschichten bestens versorgt und motiviert haben, damit das eine oder andere Kapitel fertig wurde.

… tierischen Unterstützern, Hündin Smilla und Katze Bubby; so waren auch längere Schreibphasen gut zu schaffen.

Herzlichst

Ihre Katrin Greßer & Renate Freisler

1Willkommen in der neuen Arbeitswelt

Die Art, wie wir arbeiten und wo wir arbeiten, befindet sich in einem Wandel. Das Internet und die digitalen Technologien, allen voran auch die mobile Nutzung von Daten und Informationen, gestalten nicht nur unseren Alltag neu, sie führen auch zu tief greifenden Veränderungen in der Wirtschaft und in der Arbeitswelt:

Im Kontext der Digitalisierung entstehen neue Formen der Interaktion von Menschen untereinander, aber auch mit Datenwelten und der physischen Umgebung.

Die Veränderung von Gesellschaft und Organisationen steht in einer Wechselwirkung mit den Veränderungen der Menschen in den Organisationen. Arbeitsplätze sind vielerorts Lebensräume für Menschen geworden, an denen sie auf ihre gewohnten Freiheiten nicht mehr verzichten wollen.

– Bertelsmann-Stiftung –

So lange ist es noch gar nicht her: Die erste Dampfmaschine hat als Triebfeder die industrielle Revolution eingeleitet. Das sogenannte Arbeiten 1.0 hat unser Leben grundlegend verändert.

Es folgten die Massenproduktion, die Fließbandarbeit und der zunehmende Wettbewerb, die Technisierung von Arbeit und Leben zum Ende des 19. Jahrhunderts, bekannt als Arbeiten 2.0.

Das Arbeiten 3.0 begann mit den 1970er-Jahren, dem Wechsel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Nationale Märkte öffnen sich, die Globalisierung schreitet voran.

„Nichts ist beständiger als der Wandel“, heute im 21. Jahrhundert, dem Arbeiten 4.0. Wir sprechen vom Internet der Dinge, dem Zeitalter der Digitalisierung und Vernetzung, der Kooperation von Mensch und Maschine. Geprägt ist unser Arbeiten durch Begriffe wie Smart Factory, Big Data, Cloud Technology, künstliche Intelligenz, Robotik, autonom fahrende Autos, Bahnen und Busse – und bezahlt wird bald nur noch mit dem Mobiltelefon (www.arbeitviernull.de). Nahezu jeder Bereich ist von der Digitalisierung betroffen.

Doch was ist heute anders? Wandel gab es schon immer. Das ist richtig. Allerdings vollzog sich der Wandel früher langsamer, die Veränderungszyklen waren länger, Menschen hatten in der Regel mehr Zeit, sich darauf einzustellen. Unternehmen verschwinden heute von einem Tag auf den anderen bzw. geraten in existenzielle Krisen. Erinnern Sie sich noch an AEG, Quelle und Grundig? Der Zeitenwandel vollzieht sich schlagartig und in bisher nicht gekannten Dimensionen.

Abbildung 1: Der Weg zur Arbeit 4.0

Die leistungsorientierte „Weltsicht“ hat (oder sollten wir lieber schreiben: „hatte“?) einen enormen Einfluss auch auf die gelebten Management-Praktiken. Bisher folgten die meisten Führungskräfte diesem Denken: Betriebswirtschaftliche Ausbildungen folgen dem Leistungsprinzip. Globale Marken agieren als leistungsorientierte Organisationen mit dem Fokus auf Profitsteigerung. Die Organisation als Maschine. Wie stark diese Weltsicht bis heute in der Gesellschaft verankert ist, zeigt sich in unserer Sprache: Einheiten, Schichten, Zeitfenster, Output, Input, Effizienz, Effektivität, Ansatzpunkte, beschleunigen, skalieren, monitoren.

Die Liste lässt sich um ein Vielfaches verlängern: Organisationen werden designed, der Mensch ist wichtigste Ressource, die Zahnräder greifen ineinander, Veränderungen müssen geplant und implementiert werden. Und da gibt es noch die Ziele, Zahlen, strategischen Planungen, Meilensteine, Jahresbudgets, Kennzahlen, Prämiensysteme, Leistungsbewertungen, KVP und Scorecards.

Was auf der einen Seite für viel Bewegung und Energie sorgt, führt auf der anderen Seite zu Burnout und Erschöpfung, Dienst nach Vorschrift oder innerer Kündigung sowie fehlenden Innovationen. Wachstum nur um des Wachstums willen? Was bleibt, ist die Suche nach dem Sinn. Kommt die Abteilung, der/die MitarbeiterIn oder das Unternehmen aus dem Rhythmus, dann ist es Zeit für eine Beratung, eine Entwicklungsmaßnahme in Form eines Coachings oder eines Teambuildings.

Eine Capgemini-Studie fasst prägnant zusammen, was das für Führungskräfte bedeutet: „Die individuellen Fähigkeiten einer Führungskraft, die ambitionierten, aber realistischen Ziele einer Organisation in einer definierten Zeit und mit minimalem Aufwand zu erreichen, sind endlich. Entweder verstößt sie dabei gegen Gesetze, Regeln und individuelle Belastungsgrenzen oder sie vernachlässigt die nachhaltige Entwicklung der Organisation und ihrer Mitglieder.” (vgl. Capgemini Consulting, Change Management Studie 2010, S. 54 ff.)

Die Unternehmen sind gut aufgestellt für das, was sie gerade tun. Sind sie auch ausreichend auf die Arbeitswelt von morgen vorbereitet?

Bisher war es meist so, dass die Experten mit herausragenden Leistungen eine Führungsrolle übernommen haben. Unsere Erfahrung zeigt, dass bei den Menschen mit einer hohen fachlichen Expertise die Führungskompetenzen häufig noch gering entwickelt sind. Sie kleben an ihren fachlichen Themen. Oftmals hinterlassen sie in ihren Teams auch eine große fachliche Lücke.

Ist Führung Können oder Kunst? Angeboren oder erlernbar?

Ob es ein „Führungsgen“ gibt, ist zumindest uns unbekannt. Aus der eigenen Arbeit mit Führungskräften wissen wir: Führung kann gelernt werden. Dem einen fällt es leichter, dem anderen schwerer. Und jede Führungskraft ist einmalig. Wie das nun auch in der neuen Arbeitswelt gut gelingen kann, darüber werden Sie in diesem Buch viel erfahren. Sie werden Methoden kennenlernen, Ihre innere Haltung überprüfen und sich selbst „an die Hand nehmen“. Dies bedeutet: immer wieder reflektieren, ausprobieren, verändern und sich für das, was Sie schon gut machen, auf die Schulter klopfen.

Veränderungen zu managen ist eine Zukunftsaufgabe für Unternehmen und Führungskräfte. Die Herausforderungen sind enorm: andere Formen der Zusammenarbeit, agile Strukturen, neue Geschäftsmodelle. Gesucht werden Führungskräfte mit einem starken Selbstverständnis, die partizipativ führen, die an Menschen glauben und ihnen etwas zutrauen. Sie ermöglichen Gestaltungsräume und Vernetzung, ermutigen und ermächtigen Menschen, in Zeiten des digitalen Wandels voranzugehen.

Doch wie können wir auf die Anforderungen der Zeit reagieren? Gibt es zeitgemäße Methoden und Einstellungen, mit denen wir die Komplexität und die Herausforderungen angehen können? Denn eines ist klar: Alles zu standardisieren, ist nicht mehr zeitgemäß. Die modernen und gut ausgebildeten WissensarbeiterInnen sind nicht mehr bereit, sich engagiert auf Basis der Industrialisierung „einheitlich, planend, strukturierend, verteilend, wie ein Fließbandarbeiter ...“ einzubringen.

Wird alles agil?

HR goes agil, das Marketing, das Management und sogar „Christmas“.

Heute sind agile Methoden und agile Organisationen in aller Munde. Der Duden definiert „agil“ so: „Agilität ist die Fähigkeit einer Organisation, flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit zu agieren.“ Synonyme sind: Gewandtheit, Vitalität, Wendigkeit.

Agile Methoden wie Scrum sind in der IT-Branche seit vielen Jahren im Einsatz. Durch sie können Projekte flexibel, ohne lange Vorausplanung und durch selbstorganisierte Teams gesteuert werden. Durch die Digitalisierung, das Internet und auch die Vernetzung wurden die Arbeitsprozesse in der IT stark beschleunigt, bewährte Methoden führten nicht mehr zum Erfolg. Agile Vorgehensweisen lassen Freiräume, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Von einfach bis komplex – die Stacey-Matrix

„Ganz schön kompliziert“ jammert der Chemiestudent. „Das ist ja das reinste Chaos!“ schimpft eine Urlauberin, als sie eine große Straßenkreuzung in Neu-Dehli überqueren will. „Eine ziemlich komplexe Angelegenheit!“ meint der Projektleiter, der die Aufwände für das Forschungsprojekt kalkulieren soll.

Gleich zu Beginn des Buches wollen wir Ihnen die Stacy-Matrix vorstellen. Die Matrix hat uns geholfen, den Unterschied von einfach, kompliziert, komplex und chaotisch zu verstehen. Sie macht deutlich, wann klassische Methoden sinnvoll sind und wann agile Methoden zum Einsatz kommen sollten.

Komplexe Systeme sind z. B. das Gehirn, das Internet, Finanzmärkte, multinationale Konzerne und eben auch das menschliche Nervensystem, der Mensch selbst, Infrastrukturnetze etc. Einfache Ursache-Wirkungs-Schemata genügen nicht, um das System zu verstehen.

Abbildung 2: Die Stacey-Matrix

In der Stacey-Matrix wird klar, dass agile Prozesse nicht auf alles anzuwenden sind. Wenn die Anforderungen („Was“ ist zu tun?) und auch die Wege klar sind (das „Wie“?), können Sie mit Standardprozessen arbeiten. Das ist z. B. in der Serienproduktion absolut sinnvoll. Wird das „Was“ und „Wie“ unklarer, geht es in Richtung Komplexität. Jetzt sind agile Prozesse gefragt. Es kann durchaus sein, dass in der Entwicklung bis hin zum Prototyp agil, sobald das Produkt in Serie geht, aber wieder mit klassischem Projektmanagement gearbeitet wird. Sind sowohl die Anforderungen als auch der Weg absolut unklar, geht es ins Chaos. Der Wunsch der Teammitglieder nach Orientierungspunkten wird laut, damit sich das System wieder strukturieren kann.

Tipp zur Anwendung der Stacey-Matrix

Lassen Sie Ihr Team punkten: Erklären Sie die Stacey-Matrix am Flipchart. Fragen Sie Ihr Team. „Was denkt Ihr, in welchem Bereich ist unsere Abteilung/Organisation einzuordnen?“ Lassen Sie jedes Teammitglied einen Punkt auf das Stacey-Flip kleben. Und schon haben Sie eine Selbsteinschätzung Ihres Teams zur Komplexität und gleichzeitig eine gute Basis für ein gemeinsames Verständnis des IST-Zustands. So können Sie gemeinsam die richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen.

Die Selbstorganisation fördern

Schon immer haben sich Menschen zusammengeschlossen, um mit vereinten Kräften etwas zu erreichen: z.B. um Dämme und Deiche zu bauen, eine Charity für einen guten Zweck zu organisieren oder im Katastrophenfall Menschen zu helfen.

Selbstorganisation ist eine zum System gehörende Selbstverständlichkeit in der Natur, in Organisationen, in Gruppen, in Vereinen etc., also systemimmanent (sys|tem|im|ma|nent {Adj.} zu einem System gehörend, sich innerhalb eines Systems bewegend, abspielend, in ein System eingebaut).

Aus Erfahrung wissen wir, dass Prozesse der Selbstorganisation oftmals produktiver, effizienter und nachhaltiger sind, als Prozesse, die permanent von außen kontrolliert werden. Selbstorganisation ist vor allem dann eine gute – und immer häufiger die einzig verbleibende! – Lösung, wenn dynamische und komplexe Projekte und Aufgaben umzusetzen sind. Im Vordergrund der selbstorganisierten Teams stehen die Prozesse. Die Ausrichtung orientiert sich an der Vision und an den Zielen. Die innere Ordnung entwickelt sich dabei laufend weiter, ebenso die Strukturen. Aufgaben im Team werden nicht von der Führungskraft verteilt, sondern flexibel von den Teammitgliedern nach dem Pull-Prinzip (statt Push) übernommen. Das Wissen und die Erfahrung aller Teammitglieder werden genutzt. So entstehen Synergieeffekte, um die besten Lösungen zu entwickeln. Es wird versucht, alle Betroffenen einzubinden im Sinne von: Betroffene zu Beteiligten machen. Das fördert die intrinsische Motivation.

Abbildung 3: Das Prinzip der Selbstorganisation

Selbstorganisation bedeutet also nicht, dass das Team sich selbst überlassen wird. Die Führungskraft gibt Orientierung, liefert Zusammenhänge und Rahmenbedingungen. Selbstorganisierte Teams sind hoch flexibel, kommunikativ, wirksam und handlungsorientiert. Eine hierarchische Organisation ist oftmals zu unflexibel, um die vielfältigen Anforderungen eines komplexen Systems zu erfüllen. Denken Sie an unser Gehirn, ein wahrhaft komplexes System. Hierarchie wäre hier tödlich. Stellen Sie sich vor, alle Sinneseindrücke würden erst an eine zentrale Stelle weitergeleitet. Dort würde dann entschieden, was zu tun ist. Was das in kritischen Situationen heißen würde, liegt auf der Hand.

Nichts ist überzeugender als die Einsicht:

„Ja, wir brauchen einander.” Und nichts motiviert mehr als die Erfahrung, dass der eigene Beitrag unverzichtbar für das gemeinsam zu bewältigende Problem ist.

– Reinhard K. Sprenger, 2012, S. 59 –

Das Stufenmodell in der folgenden Abbildung zeigt den Grad der Selbstorganisation an. Eine höhere Stufe ist nicht zwangsläufig die bessere. In der Regel arbeiten in einem Unternehmen verschiedene Teams zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf verschiedenen Stufen. Die Herausforderung für die Führung besteht vor allem darin, die Stufe zu finden, die dem Team und der Aufgabe angemessen ist.

Abbildung 4: Vier-Stufen-Modell eines guten Betriebssystems

Selbstorganisation und Führung

Mit einem höheren Grad an Selbstorganisation benötigen Teams eine besondere Unterstützung: Die Rollen sind zu klären und müssen eingeübt werden. Die MitarbeiterInnen sind in die Eigenverantwortung zu führen und zu befähigen. Wichtig ist es, dass die Menschen beteiligt und gefragt werden. Es ist auch darauf zu achten, dass sich alte Muster nicht wieder einschleichen, insbesondere in stressigen und hektischen Zeiten. Gehen Sie die Veränderungen ruhig an. Es braucht Geduld und Zuversicht, bis sich die Wirkung entfaltet, und es geht auch darum, die eine oder andere Unsicherheit auszuhalten, bis sich der gewünschte Erfolg einstellt. Pilotprojekte, die selbstorganisiert durchgeführt werden, sind eine gute Möglichkeit, schrittweise in die Selbstorganisation einzuführen.

Führungskräfte in selbstorganisierten Teams haben eine hohe Problemlösungskompetenz und stecken den Rahmen ab, in dem sich die MitarbeiterInnen bewegen – vergleichbar mit den Seitenlinien eines Spielfelds. Die Führungskräfte vermitteln dem Team Sinn – das „Wozu?“. Selbstorganisation funktioniert gut, wo die Beteiligten ein gemeinsames Problem haben, das es zu lösen gilt. Jeder bringt sich mit seinen Stärken und Möglichkeiten ein. Es entwickelt sich ein vernetztes, dynamisches Denken. Der Einzelne weiß, wer noch mit unterstützen kann oder wo jemand gebraucht wird. Die Motivation ist enorm hoch. Alle haben ein gemeinsames Ziel.

Selbstorganisation in Unternehmen kann die MitarbeiterInnen aber auch verunsichern oder es erscheint unbequem. „Jetzt muss ich selbst die Verantwortung übernehmen.“, „Es ist doch viel einfacher, die Probleme von meiner Führungskraft lösen zu lassen.“