Inhaltsverzeichnis
Unterwegs mit Ralph-Raymond BraunOrientiert in AlbanienDas Land im ProfilErlebnis KulturErlebnis NaturAlbanien auf eigene FaustUnterwegs in AlbanienTirana und die LandesmitteTiranaDurrësDurrës-StrandStrände bei KavajaBurg von BashtovaBasilika von ArapajKap RodonKrujaZgerdëshTekke des Sari SaltikNationalpark Shtama-PassLezhaNordalbanienShkodraSkutariseeVelipojaBrücke von MesBurg von DrishtSardaGjadër Air BaseAlbanische AlpenGroßes BerglandKelmend und Vermosh-TalGusinje(Montenegro)Plav(Montenegro)Der DukagjinNationalpark ThethGjakova-Bergland/TropojaKoman-SeeCurraj i EpërmBajram CurrNationalpark ValbonaAbstecher in den KosovoGjakovaKloster DečaniPrizrenNordalbanien südlich des DrinRegion PukaPukaFushë-ArrëzKukësRegion DibraPeshkopiaNationalpark LuraRegion MatBulqizaKlosBurrelNationalpark Ulza-SeeRegion MirditaRubikRrëshenGrykë-OroshSpaçSüdalbanienDie Myzeqe(Myzeqeja, Muzakia)Nationalpark Divjaka-KaravastaKloster Ardenica (Manastiri i Ardenicës)FierApolloniaByllisBeratUra VajguroreKuçovaDimalTomorr-GebirgeRegion Skrapar und ÇorovodaOsum-CanyonVloraZvërnecLagune von NartaVjosa-MündungShushica-TalMavrovaAmantiaVelçaLepenicaUnteres KurveleshOberes KurveleshVon Vlora zum Llogara-PassOrikumHalbinsel KaraburunSazanDukatDie albanische RivieraNationalpark Llogara(Parku Kombëtar Llogara)Palasa(Palasë, Παλάσα)GramabuchtDhërmiGjipe-StrandVunoHimaraPorto PalermoQeparoBorshPiqerasLukovaShën Vasil und NivicaAm Ionischen MeerSarandaKsamilButrintVrina-EbeneKonispolVon Saranda ins Drino-TalDelvinaPhoinikeKloster MesopotamSyri i KaltërGjirokastra und das Drino-TalRegion DropullZervat und Peshkëpi e PoshtmeMelanHadrianopolisSkotini-HöhleLibohovaLabova e KryqitGjirokastraRegion LunxhëriaAntigoneiaSaraqinishtaPaleokastraKardhiqUji i FtohtëVjosa-TalTepelenaKëlcyra-SchluchtZagoriaNationalpark Hotova-DangellPërmetBënjaSopot-WasserfallOstalbanienVom Vjosa-Tal nach KorçaLeskovikBorovaErsekaHügelgrab von KamenicaBoboshticaDardhaVoskopojaVithkuqKorçaMborjaDrenovaNördlich von KorçaNationalpark PrespaKleiner PrespaseeGroßer PrespaseeOhridseePogradecMokrabergeTushemisht und DrilonKloster Sveti NaumNationalpark GaličicaFreilichtmuseum Michov GradOhridStrugaKališta und RadoždaVom Ohridsee nach ElbasanLinDomosdova-EbeneKönigsgräber von SelcaBushtrica-Brücke und Via EgnatiaLibrazhdNationalpark Shebenik-JablanicaElbasanAd QuintumNikolauskirche in ShelcanBäder von ElbasanHolta-Canyon (Kanioni i Holtës)Kabash-HöhleKarstseen von BelshNachlesen & NachschlagenLandschaftenNordalbanische Alpen und zentrales BerglandNiederalbanien und albanisches EpirusKlima und ReisezeitFlora und FaunaTierweltUmwelt- und NaturschutzGeschichteDie IllyrerGriechischer EinflussDie RömerWer waren die Albaner?HochmittelalterNationalheld SkanderbegDie osmanische ZeitZwischen Staatsreform und NationalbewegungDie Zeit der albanischen NationalbewegungBalkankrise und Liga von PrizrenJungtürken und UnabhängigkeitAhmed Zogu: Vom Königreich zur italienischen ProvinzIm Zweiten WeltkriegDer Staatssozialismus: Terror und EntwicklungsdiktaturDas postkommunistische AlbanienWirtschaftBevölkerungEthnische MinderheitenAlbaner außerhalb AlbaniensReligionSpracheArchitekturGriechische und römische ZeitSpätantikeMittelalterDie osmanische ZeitZwischen den KriegenSozialistischer KlassizismusSozialistische ModerneNach 1991Bildende KunstMittelalterliche und nachbyzantinische Malerei19./20. Jahrhundert: Die Kunst der vorkommunistischen ZeitKunst im KommunismusLiteraturMusikAnreiseMit dem FlugzeugAuf dem Land- und SeewegVerkehrsmittel vor OrtAlbanien mit dem AutoAlbanien mit dem FahrradAlbanien mit dem BusAlbanien mit der BahnÜbernachtenHotelsPrivatunterkünfteHostelsCampingplätzeEssen und TrinkenBaden, Sport, AktivurlaubReisepraktisches in StichwortenÄrztliche Versorgung/NotfallAusrüstung und KleidungDiplomatische VertretungenEinkaufenEinreisebestimmungenElektrizitätFeiertageGeldInformationInternet/WLANKartenOrganisierte ReisenSicherheitTelefonierenToilettenWandern in AlbanienSprachführer & VerzeichnisseEtwas AlbanischImpressumÜbersichtskarten und PläneIndex
Alles im Kasten
Zwischen Blutrache und Völkerbund: Tirana im Jahre 1927„Die Albaner“ – umstrittenes ErbeIm Fordwagen von Durrës nach TiranaAnkunft in DurrësAlbaniens vergessener Super-StarAlexander Moissi: „Lügt der Schauspieler?“Charmantes KrujaRrofshi, Mr. President!Nicht alle Derwische tanzenShkodra vor hundert JahrenDer kleine LuliWie die Burg Rozafa zu ihrem Namen kamFamilientraditionen in NordalbanienTeile und herrsche – der BayraktarWanderungen in TropojaDas Gesetz der BergeDas Gesetz der Berge (Auszug)Wie das „Guten-Tag-Land“ zu seinem Namen kamDie Myzeqe als WeidelandHoffnung auf FortschrittDie Erde brennt!Eine romantische Nacht in der EinödeBarbarei des Verfalls – Klosterbesuch im 19. JahrhundertAnnäherung an BeratDie Onufris – Kirchenmaler zwischen Ost und WestVater TomorrVlora früher: Kein Kapital und UnternehmungsgeistDas Mosaik von BestrovaVom Handwerk der SalzbauernDer Bogen von DrashovicaDie epiriotische FrageBedrückungen und hellenische Köpfe in DelvinaMarihuanadorf LazaratVoll mit entzückenden MotivenLiederliche BaumanierWer braucht den Basar?Ali Pascha und Georg G. Lord ByronDie Rache des Ali PaschaTepelenaDie Frashëri-BrüderBesuch in VoskopojaDie Aromunen – ein Volk, das keines istDüstere Heroen: die Skulpturen des Odhise PaskaliDie Republik von KorçaDie kyrillische Schrift – nicht von KyrillDenkmal der 1. Sturmbrigade(Përkujtimora e Brigadë së Parë Sulmuese)Die albanische Eisenbahn„Stahl der Partei“Die Feste von ElbasanTeufelswerk in ElbasanAli Pascha TepelenaBesuch in der DorfschuleAudienz beim PräsidentenWas will Italien in Albanien?Enver Hoxhas Weg an die SpitzeFünf Bayern in AlbanienIsmail Kadare und die Freiheit der Literatur unter der TyranneiEin Schlagerfestival als Komplott der VolksfeindeMein erstes albanisches EssenAlter Lek, neuer Lek – oder: Die Null macht Probleme
Kartenverzeichnis
LandesmitteTirana ÜbersichtTirana ZentrumDurrësNordalbanienShkodra ÜbersichtShkodra ZentrumTheth-NationalparkPrizrenKukësSüdalbanienApolloniaByllisBeratVloraAmantiaSarandaButrintGjirokastra ÜbersichtGjirokastra ZentrumAntigoneiaOstalbanienVoskopojaKorçaPogradecOhridElbasanReiseroutenWanderungen Übersicht (GPS)-Wanderung 1: Zum Sllap-Wasserfall (GPS)-Wanderung 2: Auf den Berizhdol (GPS)-Wanderung 3: Von Lëpusha via Greben nach Vermosh (GPS)-Wanderung 4: Von Vusanje über den Peja-Pass nach Theth (GPS)-Wanderung 5: Von Theth nach Valbona (GPS)-Wanderung 6: Rund um Çerem (GPS)-Wanderung 7: Von Çerem nach Dobërdol (GPS)-Wanderung 8: Von Dobërdol auf den „Gipfel der drei Grenzen“ (GPS)-Wanderung 9: Auf den Korab (GPS)-Wanderung 10: Zum Osum-Canyon (GPS)-Wanderung 11: Auf die Maja e Qorrës (GPS)-Wanderung 12: Von Qeparo nach Kudhës (GPS)-Wanderung 13: Zum Ravenna-Kloster bei Goranxi (GPS)-Wanderung 14: Rund um Drenova (GPS)-Wanderung 15: Lako Signoj (Nordmazedonien) (GPS)-Wanderung 16: Auf den Magaro-Gipfel (Nordmazedonien)Plan ohne Titel 3-3-1_Alb23_Süden_1.wmlLegende Albanien
Tourenverzeichnis
GPS-Wanderung 1: Zum Sllap-WasserfallAusgangspunkt: Friedhof (480 m) von Selca, an der SH 20 zwischen Shkodra und Vermosh.GPS-Wanderung 2: Auf den BerizhdolAusgangs- und Endpunkt: Schule am Bordolec-Pass/Lëpusha.GPS-Wanderung 3: Von Lëpusha via Greben nach VermoshAusgangspunkt: Bordolec-Pass/Lëpusha.GPS-Wanderung 4: Von Vusanje über den Peja-Pass nach ThethAusgangspunkt: Vusanje (Montenegro).GPS-Wanderung 5: Von Theth nach ValbonaAusgangspunkt: Theth.GPS-Wanderung 6: Rund um ÇeremAusgangs- und Endpunkt: Çerem (1200 m).GPS-Wanderung 7: Von Çerem nach DobërdolAusgangspunkt: Çerem (1200 m).GPS-Wanderung 8: Von Dobërdol auf den „Gipfel der drei Grenzen“Ausgangs- und Endpunkt: Alp Dobërdol.GPS-Wanderung 9: Auf den KorabAusgangs- und Endpunkt: Radomira (1270 m).GPS-Wanderung 10: Zum Osum-CanyonAusgangspunkt: Ura e Zaberzanit, 12 km flussauf von Çorovoda (Taxi zum Startpunkt 2000 Lek).GPS-Wanderung 11: Auf die Maja e QorrësAusgangs- und Endpunkt: Llogara-Pass (1027 m).GPS-Wanderung 12: Von Qeparo nach KudhësAusgangs- und Endpunkt: In Qeparo an der Küstenstraße.GPS-Wanderung 13: Zum Ravenna-Kloster bei GoranxiAusgangs- und Endpunkt: Friedhof von Goranxi.GPS-Wanderung 14: Rund um DrenovaAusgangs- und Endpunkt: Dorfplatz Drenova.GPS-Wanderung 15: Lako Signoj (Nordmazedonien)Ausgangs- und Endpunkt: Passhöhe Lapova Livada im nordmazedonischen Nationalpark Galičica.GPS-Wanderung 16: Auf den Magaro-Gipfel (Nordmazedonien)Ausgangs- und Endpunkt: Parkplatz mit Wandertafel auf der Passhöhe Lapova Livada im nordmazedonischen Nationalpark Galičica.
Unterwegs mit
Ralph-Raymond Braun
1953 in der Anflugschneise des Frankfurter Flughafens geboren, aufgewachsen dortselbst und im Frankenland mit AFN und Radio Luxemburg. Noch als Schüler erste journalistische Versuche als Vereinsreporter für die Heimatzeitung. Studierte Politik, Geschichte, Deutsch und kam dann über eine Karriere als Hausmeister, Buchhalter, Lehrer und Reiseleiter zum Schreiben von inzwischen mehr als zwanzig Reisebüchern.
Es sei mir ein besonderer Genuss, über Albanien, eine touristische Terra incognita, schreiben zu dürfen, notierte ich vor gut dreißig Jahren in meinem ersten Albanienbuch - und kann mich dem heute nur anschließen.
Damals reisten wir gemäß dem Programm der staatlichen Tourismusorganisation durch ein meist autofreies Land und sahen, was wir sehen sollten: die Angleichung der Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land, Frauenemanzipation und all das andere, auf das das Regime stolz war - und wir sahen mehr: etwa die Umweltschäden in den Erdölgebieten, die Angst derer, die mit uns Fremden sprachen, obwohl sie dazu nicht autorisiert waren. Und ahnten doch nichts von den Straflagern, von politischer Sippenhaft, von der Ausgrenzung der Roma.
Zum Glück darf ich heute auch dorthin reisen, worüber ich damals nur aus zweiter Hand schreiben konnte; mit jenen sprechen, die früher alles besser fanden, wie mit jenen, die das Albanien, in dem alles besser gewesen sein soll, nie kennengelernt haben. Für die einen wie die anderen ist Albanien ein neues Land geworden. Kein Teil unseres Kontinents hat sein Gesicht so verändert. Begleiten Sie mich auf einer abenteuerlichen Spurensuche.
Was haben Sie entdeckt?
Haben Sie ein besonderes Restaurant, ein neues Museum oder ein nettes Hotel entdeckt? Wenn Sie Ergänzungen, Verbesserungen oder Tipps zum Buch haben, lassen Sie es uns bitte wissen!
Schreiben Sie an: Ralph-Raymond Braun, Stichwort „Albanien“ c/o Michael Müller Verlag GmbH | Gerberei 19 | D - 91054 Erlangen
[email protected]Orientiert in Albanien
Das Land im Profil
Albanien ist ...
Vergessen Sie Vorurteile und Halbwahrheiten, Albanien ist anders. Ein Land von außerordentlicher Schönheit mit herrlichen, oft noch unverbauten Stränden und - nur wenige Stunden vom Meer entfernt - einer fantastischen Bergwelt, die Wanderer mit eindrücklichen Natur-erlebnissen beglückt.
♦ 28.748 km² Fläche
♦ 2,8 Millionen Bewohner, davon 430.000 in der Hauptstadt Tirana
♦ 97 Einwohner pro Quadratkilometer
♦ Korruptionsindex Rang 110 von 180
♦ Tirana oder Tiranë? Shkodra oder Shkodër? Das Wichtigste über die Schreibung albanischer Städtenamen finden Sie im Kleinen Sprachführer.
... kontrastreich und schön
In der boomenden Hauptstadt Tirana lebt die betuchte Jeunesse dorée trendig und technikaffin. Auf dem Land und besonders in den Albanischen Alpen begegnet man dagegen noch einer ursprünglichen, einfachen Lebensweise, bestimmt vom Rhythmus der Natur und der Tiere, die in Europa ihresgleichen sucht und bald vergangen sein wird. Wenn Sie noch unberührte Strände erleben wollen oder die wilde und faszinierende Bergwelt mit ihren beeindruckenden Stauseen oder die gute Küche - kommen Sie bald!
... voller Warmherzigkeit
Es fehlen die anonymen Bettenburgen, in den kleinen Hotels und Pensionen fühlt man sich noch als Gast, dem mit Herzlichkeit begegnet wird. Wo man Albaner trifft, nutzen die Jüngeren jede Chance, ihre Englisch- und selten auch Deutschkenntnisse an die Frau und den Mann zu bringen, viele der Älteren versuchen es mit Italienisch oder fragen mit Händen und Füßen nach dem Woher und Wohin.
... unschlagbar preiswert
Albanien ist nach Jahren der Diktatur und Isolation auf dem Weg nach Europa und ein Albanienbesuch bringt uns das Land im doppelten Sinn einen Schritt näher. Die Wirtschaftshilfe, die wir mit einer Albanienreise leisten, zahlt sich für beide Seiten aus: Im Supermarkt, für Restaurantbesuche und Übernachtungen zahlt man gerade mal halb so viel wie in Deutschland.
... extrem kinderfreundlich
Vieles, was Ihren Kleinen bei uns missbilligende Blicke einträgt, wird in Albanien mit einem Lächeln quittiert. Kinder der Gäste übernachten gegen einen geringen Aufpreis oder gar umsonst im Zimmer der Eltern. Windeln und Babynahrung sind überall erhältlich, in den Badeorten auch die üblichen Strandutensilien. Kinderbetreuung oder Attraktionen wie etwa Spaßbäder gibt es jedoch nicht. Vor allem in der Mitte und im Norden des Landes besitzen die meisten Strände ausgedehnte Flachwasserbereiche und sind damit kindertauglich. Im Gebirge plantschen begeisterte Kindern in Bergbächen, sie dürfen beim Schafemelken helfen oder auf einem Maultier reiten.
Ausgerechnet Albanien?
Wer nach Albanien zu reisen gedenkt, weckt bei Freunden und Bekannten Verwunderung, Befremden, Besorgnis. „Ausgerechnet Albanien?“ „Da wird euch doch alles geklaut!“ „Da gibt es doch nix!“, sind noch die harmloseren Reaktionen. Beim Stichwort Albanien denken die meisten Mitteleuropäer vor allem an Kriminalität, Armut, Flüchtlinge, Blutrache, Drogenhandel, Menschenschmuggel.
Dass das kleine Balkanland so unterschätzt wird, hat seine Gründe. Bis 1991 war es eine kommunistische Diktatur und nur im Rahmen von sorgfältig überwachten Gruppenreisen auf vom Regime vorgeschriebenen Routen zugänglich. Sechs Jahre später brachen die wirtschaftlichen und politischen Strukturen im „Pyramidenaufstand“ zusammen, 1999 wurde Albanien zum Fluchtland für die Opfer des Kosovo-Konflikts. Doch all das ist lange her. Heute ist die öffentliche Ordnung stabil und das Leben funktioniert, sogar der Straßenverkehr (wenn auch chaotisch und im Schneckentempo).
Zugegeben, Albanien hat ein Drogenproblem. Nicht deshalb, weil zu viele Süchtige die Straßen und Parks verunsichern, sondern weil die Bauern mit dem Anbau von Cannabis ein Vielfaches von dem verdienen, was ihnen Kartoffeln, Mais oder Tabak einbringen. Doch davon ist der Tourist nicht betroffen. Ebenso wenig von der Blutrache, die gestandene Männer zu einem Leben als Hausmann zwingt; setzen sie doch einen Fuß vor die Tür, riskierten sie, von der verfeindeten Familie erschossen zu werden. Auch davon sind Touristen nicht betroffen. Übergriffe auf Ausländer kommen praktisch nicht vor. Gäste zu bestehlen oder zu betrügen geht gegen die albanische Ehre.
Die Gretchenfrage
Die Mehrheit der Albaner sind Muslime. Doch ist Albanien deswegen noch lange kein muslimisches Land. In der Stadt trifft man weniger Frauen mit Kopftuch als in Berlin, es wird mehr Alkohol konsumiert als der Volksgesundheit zuträglich ist, und kaum ein Restaurant verzichtet auf Schweinefleisch. Zum Leidwesen türkischer wie arabischer Missionare haben die albanischen Muslime ein sehr lockeres Verhältnis zur Religion. Die albanischen Christen übrigens auch.
Sightseeing und mehr
Erlebnis Kultur
Ob zwischen antiken griechischen Ruinen, in den alten Gassen und Basaren osmanischer Städte oder im Angesicht goldener Ikonen - kulturinteressierte Entdeckernaturen kommen voll auf ihre Kosten. Allgegenwärtig sind auch die Spuren einer brutalen Diktatur, mit der sich das Land erst zögerlich auseinandersetzt.
Sie lieben Venedig, jetten gern nach Paris und New York? Sie verstehen nicht, warum die Barcelenos gegen extensiven Tourismus demonstrieren? Dann machen Sie um Albanien besser einen Bogen. Das Balkanland ist nämlich ein Alternativprogramm zu den vom „Overtourism“ geplagten Destinationen.
Antike Spuren
Appollonia: nach Epidamnos die zweite griechische Kolonie und heute neben Butrint die bedeutendste archäologische Stätte Albaniens. Daneben gibt es ein mittelalterliches Kloster und ein gut gemachtes Museum.
Butrint: Die meistbesuchte archäologische Stätte Albaniens zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Sehenswürdigkeiten auf einer idyllischen kleinen Halbinsel zwischen Butrint-See und Vivar-Kanal umspannen nahezu 2500 Jahre.
Durrës: Im größten Amphitheater des Balkans ergötzten sich bis zu 20.000 Zuschauer an Gladiatorenkämpfen, der Tierhatz und anderen blutigen Spektakeln. Eine später unter die Sitzränge gebaute Kapelle birgt seltene byzantinische Wandmosaiken.
Ikonen und Fresken
Berat: Neben der Marienkirche präsentiert ein Museum die in Details und Farben schier atemberaubenden Ikonen von Onufri und weiteren albanischen Künstlern. Onufris Sohn Nikolla stattete die nahe Blachernenkirche mit Fresken aus.
Dečani: Das von KFOR-Truppen geschützte Kloster besitzt mit seiner Kirche den größten Sakralbau des mittelalterlichen Serbien und das wohl vollständigste Ensemble mittelalterlicher Fresken. Einige tausend biblische Gestalten schmücken noch die kleinste Wandfläche.
Korça: Das moderne Nationalmuseum setzt die besten Stücke aus dem weltweit größten Fundus an Ikonen wirkungsvoll in Szene.
Voskopoja: Das abgeschiedene Dorf war einmal Albaniens größte Stadt. Üppig ausgemalte, erstaunlich große Kirchen sind stumme Zeugen vergangener Größe und Pracht.
Malerische Altstädte
Berat: Die zum UNESCO-Welterbe zählende „Stadt der tausend Fenster“ gilt mit ihren Altstadtvierteln und der noch immer bewohnten Zitadelle als Musterbeispiel einer osmanischen Stadt.
Gjirokastra: Auch diese eigenwillige Stadt aus Stein mit abweisenden Bürgerhäusern, verwunschenen Ecken und Albaniens schönster Basarstraße darf sich mit dem UNESCO-Prädikat schmücken. Hier wurden der Diktator Enver Hoxha und der Schriftsteller Ismail Kadare geboren.
Ohrid: Mazedoniens schönste Stadt verbindet die tolle Lage am See mit einem reichen kulturellen Erbe in Gestalt einer intakten Altstadt, dazu das älteste Kloster des Balkans, spätantike Mosaiken und eine Ikonensammlung von Weltrang.
Mächtige Burgen
Gjirokastra: Hoch über der Stadt erhebt sich die mächtige Festung mit ihren düsteren, feuchtkalten Gewölben und Kasematten, der Waffensammlung und dem früheren Kerker für politische Gefangene. Besonders an Regentagen ein unheimlicher Ort.
Kruja: Die Burg von Kruja gilt den Albanern als Nationalheiligtum. Von hier organisierte Fürst Skanderbeg den Widerstand gegen die übermächtigen Osmanen. Ein Museum feiert den Helden. Der Basar bietet Schnäppchen für Souvenirjäger.
Shkodra: Das mächtige Bollwerk namens Rozafa auf einem Hügel außerhalb der Stadt wurde noch zu Beginn des 20. Jh. militärisch genutzt - mehr als 2000 Jahre nach den ersten Mauerbauten durch Illyrer. Einer gruseligen Legende zufolge wurde im Burgwall eine Frau bei lebendigem Leibe eingemauert.
Ostalgie und „Lost Places“
Tirana: Am Fuß des Dajti-Bergs kann der Bunker besichtigt werden, in dem die Staats- und Parteiführung Schutz vor Bomben, Giftgas und Strahlung hätte finden und das Land regieren sollen. Bunk’ Art 2, der Bunker des Innenministeriums, ist der Geschichte der Staatssicherheit und ihrer Opfer gewidmet.
Kukës: Eine sozialistische Stadt vom Reißbrett, errichtet für jene, deren Heimat in einem Stausee versank, nie vollendet und doch viel zu groß, mit bröckelnden Mietskasernen und einem überdimensionierten Boulevard, auf dem auch mal Kühe grasen.
Spaç: Tunnelöffnungen, Abraumhalden, Verladerampen, zerfallende Wohnblocks, verblichene Parolen - was man für ein aufgegebenes Bergwerk halten könnte, war ein Gulag mit Arbeitssklaven, vielleicht der schlimmste unter den vielen Verbannungsorten, Lagern und Gefängnissen im kommunistischen Albanien.
Kommen Sie bald!
Erlebnis Natur
Feinsandige Strände ohne Bettenburgen, Alpen ohne Aufstiegshilfen und Hüttengaudi, dramatische Wasser-fälle und tief eingeschnittene Canyons. Shqiperi, das Land des Adlers, ist tatsächlich noch zauberhaft schön. Auf dem Weg ins „Europa des Fortschritts“ riskiert es aber, seine letzten frei lebenden Wappentiere zu verlieren.
Ein Buchenurwald im Nationalpark Shebenik-Jablanica wurde erst 2017 in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen. Er zählt zum transnationalen Schutzgebiet „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, das Wälder von Spanien bis in die Ukraine aufführt.
Berge und Täler
Theth: Umgeben von mächtigen Zweitausendern verliert sich die Streusiedlung Theth in einem von Gletschern geschaffenen Trogtal. Noch erreichen nur Geländewagen, Saumtiere oder Fußgänger den Ort, der sich gut als Ausgangspunkt für kleinere und größere Wanderungen eignet.
Valbona-Tal: Das Tal der abenteuerlichen Holzstege, bizarren Felsen, dichten Wäldern, Esskastanien- und Pflaumenhaine ist der landschaftliche Höhepunkt Nordalbaniens und beliebtester Ferienort im Hochland.
Korab: 2764 m, höher geht’s nicht. Albaniens höchster Berg ist mit etwas Ausdauer nicht schwer zu erklimmen und belohnt mit weitem Rundblick nach Mazedonien und zu den Albanischen Alpen.
Osum-Canyon: Organisierte Rafting- oder Kajaktouren durch den tiefen Canyon, bei Niedrigwasser im August auch Wanderungen auf dem Schluchtgrund. An den Felswänden im Canyon wird geklettert. Auf eigene Faust mag man eine Tour mit spektakulären Einblicken an der oberen Kante des Canyons unternehmen.
Seen, Quellen, Wasserfälle
Koman-See: Die Fähre über den künstlich aufgestauten See ist ein echter Geheimtipp. Über Stunden schlängelt sich das Boot durch enge Schluchten, stellenweise steigen die Felsen mehrere hundert Meter senkrecht in die Höhe. Kleine Anlegestellen sind für die Dörfer und Gehöfte an den waldreichen Hängen die einzige Verbindung zur Außenwelt.
Ohridsee: Im Kontrast zum herben Terrain der albanischen Berge erscheint der See milde und lieblich, als hätte der Herrgott es gut gemeint und eine Portion mediterranen Lebensgefühls ins Innere des Balkans gestreut. Leider könnte die allzu wohlschmeckende Ohridsee-Forelle koran demnächst verschwinden.
Prespa-Seen: Der Große wie der Kleine Prespasee, beide als Biosphärenreservat geschützt, sind Refugien für seltene Arten und zählen zu den ökologisch wertvollsten Regionen im Balkanraum. Die ausgedehnten Schilfflächen dienen vielen Vogelarten als Überwinterungs- und Brutplatz.
Syri i Kalter: Die inmitten üppig grüner Vegetation idyllisch gelegene Karstquelle - heute mit ihren Gartenlokalen ein beliebtes Ausflugsziel am Weg von Saranda nach Gjirokastra war in der Hoxha-Ära als Jagd- und Angelrevier der Parteielite vorbehalten - ein Indiz für den außergewöhnlichen Zauber des Orts.
Grunas-Wasserfall: Der 25 Meter tief in einen Felspool stürzende Wasserfall in Theth bietet ein grandioses Naturschauspiel. Wer bei dem einladenden Becken an ein Bad denkt, wird bei der ersten Berührung mit dem eiskalten Wasser eines Besseren belehrt - oder verdient alle Achtung.
Lagunen und Vogelparadiese
Kuna-Vain: Das als Naturreservat ausgewiesene Mündungsdelta des Drin empfiehlt sich für Naturbeobachtungen oder als Badeplatz. Aussichtstürme erlauben den Blick auf die Vogelwelt, ein Restaurant verleiht am Strand Liegen und Sonnenschirme.
Narta-Lagune: Die Lagune am südlichen Abschnitt der albanischen Küste ist eine der größten und ökologisch wertvollsten. Hier findet man noch die Sanddünen, die andernorts vor Jahren von der Bauindustrie abgeräumt wurden. Das nährstoffreiche Flachwasser lockt zahlreiche Wasservögel. Stars sind die durch die Lagune stelzenden Flamingos. Mit etwas Glück sichtet man auch Pelikane.
Schöne Strände
Gjipe: Eine geradezu paradiesische Felsbucht mit Sandstrand am Ausgang des Gjipe-Canyons, der mit einer Wanderung erkundet werden möchte. Zum Glück ist die bei Backpackern beliebte Bucht, in der man auch im Zelt übernachten kann, nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen.
Ksamil: Südseeflair am Ionischen Meer. Albaniens südlichster Strand punktet mit grobem, weißem Sand, flachem, tiefblauem Wasser und dem Blick auf drei bewaldete Inselchen vor dem Hintergrund der in der Ferne über die See gleitenden Fährschiffe.
Plazhi i Gjeneralit: Wer sich über die für Pkws nicht einfache Zufahrt gekämpft hat, wird mit einem wunderbaren Strand belohnt. Feinsandig geht es flach ins Meer, so dass auch kleine Kinder ihren Spaß haben. Ein Restaurant verleiht Liegen und Sonnenschirme, einfache Bungalows und ein Campingplatz erlauben gleich mehrere Badetage.
Albanien auf eigene Faust
Selbst erfahren
Sich wenig Zeit nehmen (können) und dabei viel sehen wollen, das spricht für eine Gruppenreise. Doch dort, wo es Teerstraßen gibt - und das gilt inzwischen außerhalb der albanischen Alpen auf allen Hauptrouten -, kann man sich gut als Selbstfahrer bewegen und genießt damit Freiheit und sein individuelles Programm.
Es gibt genügend Hotels, Pensionen, Campingplätze, so dass man - ausgenommen die sommerliche Hochsaison in den Badeorten - auch kurzfristig noch eine Unterkunft findet. In der Regel reicht es, das Quartier einen Tag im Voraus zu buchen.
Die klassische Rundreise ...
Sie führt entgegen dem Uhrzeigersinn durch den Süden und Osten des Landes. Mit dem Wagen sollten Sie dafür 14 Tage veranschlagen (mit der geführten Gruppenreise geht’s auch schneller). An dieser Route orientiert sich auch der Aufbau dieses Buches.
Für Verlängerungen vor Ort bieten sich je nach Interesse die Bergdörfer in den Alpen an, die Strände an der albanischen Riviera oder die dynamische Hauptstadt Tirana, in der man die Nächte auch durchfeiern kann.
Der Norden Albaniens punktet vor allem bei Wanderern und anderen Outdoor-Enthusiasten. Auch der Norden lässt sich gut mit dem Auto bereisen. (→... für Landschaftsgenießer).
Welche Route auch immer Sie wählen, bedenken Sie bitte, dass man auf Albaniens Landstraßen langsamer vorankommt, als Sie es von zu Hause gewohnt sind. Das liegt nicht nur an den Staus in der Agglomeration von Tirana und Durrës oder am manchmal schlechten Straßenzustand, sondern auch an unvermuteten Begegnungen, wenn etwa der Schäfer, dessen Herde gerade die Straße blockiert, von seiner Zeit als Flüchtling in Dortmund zu radebrechen beginnt.
... für Kulturinteressierte
Man beginnt möglichst noch am Tag der Ankunft am Flug- oder Fährhafen mit dem Besuch des antiken Apollonia und übernachtet in der Museumsstadt Berat, um am nächsten Tag die Altstadt und die Festung zu erkunden. Aktivurlauber machen einen Abstecher zum Osum-Canyon. Von Berat geht es wieder an die Küste und über Vlora und den Llogara-Pass an die albanische Riviera. Saranda, das touristische Zentrum ganz am Ende der Rivieraküste, ist Ausgangspunkt für den Besuch des antiken Butrint. Vorbei an der Karstquelle „Blaues Auge“ überqueren Sie das Gebirge hinüber ins griechisch geprägte Drino-Tal nach Gjirokastra, die „Stadt der Steine“, Geburtsort des Diktators Enver Hoxha und des Dichters Ismail Kadare. Weiter geht’s über Përmet und das Hochland von Kolonja in das von bürgerlicher Lebenskultur geprägte Korça, die heimliche Hauptstadt des albanischen Ostens.
In Pogradec am Ohridsee pflegte der Diktator seine Sommerurlaube zu verbringen. Mit einer Grünen Versicherungskarte, um die Sie beim Mietwagenverleiher rechtzeitig bitten müssen, fahren Sie über die Grenze nach Ohrid, Mazedoniens beliebtester Touristenort und zugleich ein geistiges Zentrum des slawischen Christentums. Entlang der alten Römerstraße Via Egnatia geht es zurück nach Albanien in das noch immer von römischen Mauern bewehrte Elbasan und auf der neuen Schnellstraße in die Hauptstadt Tirana. Mehr darüber und die von Tirana aus gern unternommenen Ausflüge in die Hafenstadt Durrës und die Skanderbeg-Stadt Kruja lesen Sie auf den Seiten 52 bis 67. Mit etwas mehr Zeit bietet es sich an, diesen Abstecher bis nach Shkodra zu verlängern, dem Zentrum des katholischen Nordalbaniens.
... für Landschaftsgenießer
Ausgangspunkt ist die vom Flughafen oder von Durrës in knapp zwei Stunden zu erreichende Stadt Shkodra, das politische und wirtschaftliche Zentrum des Nordens. Bergfreunde ohne eigenes Fahrzeug werden von hier aus in die Täler Theth und Valbona, vielleicht auch nach Vermosh weiterreisen. Für Autofahrer empfiehlt sich eine etwa einwöchige Rundfahrt, die gleich zum Auftakt mit der Fährpassage über den canyonartigen Koman-Stausee einen Höhepunkt hat. Vom Fährhafen Fierze geht es weiter in das mit einer guten Straße erschlossene Valbona-Tal. Bergwanderer können von hier zu Fuß einen Abstecher nach Theth unternehmen, dem albanischen Shangri-La. Wer die Tour mit ein paar klassischen Sehenswürdigkeiten anreichern will, wählt für die Weiterfahrt nach Kukës den Umweg über Gjakova und Prizren im Kosovo. Von Kukës geht es auf der Autobahn in gerade zwei Fahrstunden zurück nach Tirana. Oder man unternimmt noch einen Schlenker über Peshkopia und die Landschaften Mat und Mirdita. Das Reisekapitel „Nordalbanien“ folgt im Aufbau der hier vorgeschlagenen Route.
Leih- oder eigenes Fahrzeug?
Mit etwas Vorsicht und dem Verzicht auf Nachtfahrten muss man sich auch als Mietwagenlenker vor undisziplinierten Viehherden, unbeleuchteten Radlern und Fuhrwerken und tiefen Schlaglöchern nicht fürchten.
Offroad-Freaks, die das Risiko und die Herausforderung schlechter Pisten suchen, reisen besser mit dem eigenen Wagen oder Motorrad an.
Unterwegs in Albanien
Tirana und die Landesmitte
Ob mit dem Flugzeug oder der Fähre, hier kommt man an und ist gleich mittendrin im kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum Albaniens: der Hauptstadt Tirana, der Hafenstadt Durrës und der Entwicklungsachse zwischen den beiden einst 30 km entfernten Städten, die nun zusammenwachsen.
Über Tiranas Heldenfriedhof wacht die Frauengestalt Mutter Albanien als Sinnbild der Nation. Hier erinnert sie mit Stern und Lorbeerkranz in der gereckten Faust an die Befreiung von der deutschen Besatzung.
Tirana
Tirana ist das moderne Gesicht des Landes. Faschistischer und sozialistischer Protz treffen kapitalistische Bürotürme aus Glas, Stahl und Beton; ausgelassenes Nachtleben im Ausgehviertel Blloku, schwarze Luxuskarossen im Dauerstau. Hier erkunden wir Architektur, Kunst und die großen Museen zwischen dem Staub von gestern und erster Aufarbeitung der Diktatur. So etwa das Nationalmuseum, noch weitgehend eingerichtet wie unter den Kommunisten und ein Schaufenster für deren Geschichtsverständnis. Oder die Nationalgalerie mit ihrer großen Sammlung sozialistischer Kunst, darunter auch scheinbar harmlose Werke, die die Grenze des Erlaubten überschritten und ihren Schöpfern Berufsverbot oder Schlimmeres einbrachten.
Gute Ansätze einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit findet man in den beiden Bunk-Art-Ausstellungen, eingerichtet in Enver Hoxhas Kommandobunker am Fuß des Hausbergs Dajti und mitten in der Stadt am Skanderbeg-Platz, die zugleich historischer Lernort wie Raum für Kunstinstallationen sind. Eine Ahnung von der üblen Arbeit der albanischen Stasi vermittelt die Ausstellung im Haus der Blätter, der früheren Abhörzentrale.
An der zentralen Achse vom Skanderbeg-Platz über den Helden-Boulevard zum Mutter-Teresa-Platz spannen die wichtigsten öffentlichen Gebäude den Bogen, von der hübsch bemalten Et’hem-Bey-Moschee bis zur Betonpyramide des früheren Enver-Hoxha-Museums.
Wer eine Pause vom Trubel der Stadt sucht, kann sich mit der Seilbahn auf den Hausberg Dajti schaukeln lassen. Ein hübscher Wald lädt zum Spazieren ein, vom Restaurant genießt man die Blicke über die Stadt. Die Zezë-Schlucht beeindruckt mit einem rauschenden Fluss, Kalköfen, alten Brücken und einem dramatischen Wasserfall - ein echter Geheimtipp, den außer ein paar Ziegenhirten kaum ein Albaner kennt.
Durrës
In der Hafenstadt Durrës treffen wir die Antike in Gestalt eines Amphitheaters, eines spätrömischen Forums und einer Stadtmauer mit mächtigen Bastionen. Eine Kapelle in den Theaterkatakomben birgt über verblichenen Fresken die einzigen byzantinischen Wandmosaiken Albaniens. Als Highlight des Archäologischen Museums gilt eine Sammlung von Terrakottaköpfen und -körperteilen, die Pilger dem örtlichen Aphroditetempel als Votivgaben geschenkt hatten. Ein anderes Museum erinnert an den auf Bühnen in Wien und Berlin zu Ruhm gekommenen Schauspieler Alexander Moissi.
Der flache, kinderfreundliche Sandstrand vonDurrës-Plazh war schon unter der Diktatur Albaniens beliebtestes Ferienziel. Im Hochsommer ist er allzu dicht belegt, zu anderen Zeiten kann man hier herrlich entspannen. Doch am Kap Rodon gibt es auch stille und romantische Badeplätze, zumal dort, wo man ein Stück weit zu Fuß gehen muss. Auch der bewirtschaftete und damit sauber gehaltene Plazhi i Gjeneralit belohnt die mühsame Anfahrt mit feinem Sand und schönen Sonnenuntergängen.
Kruja und Lezha
Auf der Burg des Bergstädtchens Kruja widmet sich das recht martialisch aufgemachte Skanderbeg-Museum dem Wirken und dem Erbe des Nationalhelden. Gegenüber im Volkskundemuseum kann man sich ein Bild vom Leben der albanischen Aristokratie im 19. Jh. machen. Wer Souvenirs sucht, wird in den Holzbuden des kopfsteingepflasterten Basars fündig. Auf dem mit einer guten Straße erschlossenen Berg kann man die geheimnisvolle Quellgrotte mit dem Grab des Derwischheiligen Sari Saltik erkunden und auf der Aussichtsterrasse beim Wächter ein Tässchen Mokka trinken. Der Nationalpark amShtama-Pass überrascht rund um die Ausflugslokale mit einem im Sommer angenehm kühlen Wald.
In dem nach dem Erdbeben von 1979 weitgehend neu aufgebauten Städtchen Lezha hat Skanderbeg in der Ruine der Nikolauskirche eine Gedenkstätte. Vielleicht befand sich hier einmal sein Grab. Den etwas lieblosen Badeort Shëngjin mag man sich sparen und stattdessen die LaguneKuna-Vain besuchen, ein Naturreservat voller Wasservögel mit Beobachtungstürmen, Restaurant und einem schönen Badeplatz.
Tirana430.000 Einwohner
Albaniens Hauptstadt erscheint heute jung, bunt und dynamisch. Mal gibt sie sich italienisch-mediterran, mal amerikanisch-international, kaum aber orientalisch. Modisch gekleidetes Volk flaniert im Park und auf dem Boulevard, abends strahlen die Leuchtreklamen.
Ein Denkmal an der Kreuzung Rruga Luigj Gurakuqi und Rruga Barrikadave feiert den osmanischen Offizier Sulejman Pascha Bargjini als Stadtgründer. Er stiftete hier im Jahre 1614 eine Moschee, eine Herberge, ein Badehaus und eine Bäckerei - so berichtet es der osmanische Reiseschriftsteller Evliya Çelebi. Doch schon 1418, also knapp zwei Jahrhunderte früher, erwähnt eine venezianische Urkunde ein Dorf namens Tirana. Geht man noch weiter zurück, belegen bei Bauarbeiten zufällig als Licht gekommene Bodenmosaiken, dass sich auf dem Stadtgebiet bereits in römischer Zeit eine Siedlung befand. Antike Quellen bezeichnen die Landschaft rund um die heutige Stadt als Theranda, wovon sich der Name Tirana abgeleitet haben mag.
Die unter Molla Beg, dem Enkel des Stadtgründers, und seinem Sohn Et’hem errichtete Et’hem-Bey-Moschee und der Uhrturm stehen für die wachsende Bedeutung Tiranas im 19. Jahrhundert. Mit den Toptanis zog damals eines der führenden albanischen Adelsgeschlechter in die Stadt und stritt fortan mit den Bargjinis um die Vorherrschaft. Auch einige Konsuln der europäischen Mächte verbrachten den Sommer lieber hier als im feuchtheißen, malariaverseuchten Durrës.
Mutter-Teresa-Airport, Tirana
Dank der zentralen Lage etwa in der Mitte des Landes wurde Tirana 1920 zur Hauptstadt des unabhängigen Albaniens bestimmt. Allerdings fehlte der Kleinstadt die notwenige Infrastruktur. Parlament und Ministerien mussten sich in den wenigen größeren Wohnhäusern einrichten, es gab keine Kanalisation, kaum befestigte Straßen und eine unzureichende Stromversorgung. Den ersten Entwurf eines hauptstadtgemäßen Stadtbilds lieferte der Italiener Armando Brasini, ein Zeitgenosse und Geistesverwandter des Hitler-Architekten Albert Speer. Brasini sah davon ab, das alte, „orientalische“ Tirana umzubauen, was ja den weitgehenden Kahlschlag bedeutet hätte, sondern plante auf dem freien Feld südlich der Altstadt einen monumentalen „Platz der Ministerien“ (heute Skanderbeg-Platz) samt südwärts führendem Boulevard zum „Platz der Präsidentschaftskanzlei“ (Mutter-Teresa-Platz), allesamt bebaut in neoklassischer und imperialer Grandeur.
Zwischen Blutrache und Völkerbund: Tirana im Jahre 1927
Diese verschleierten Frauen, diese hunderte herrenloser Hunde, die der Wind an der Leine führt, diese Fese auf den fetten Köpfen und die Turbane über bärtigen Gesichtern, diese farbigen Ansichtskarten-Bluträcher mit dem Trommelrevolver statt des Bauches, mit dem Gewehr statt des Regenschirms - alle diese Geld verdienenden, Geschäfte machenden, in den Ämtern Bestechungen vermittelnden exotischen Philister sind überzählig und jenseits der Zeit. Es gibt nichts Langweiligeres als sogenannte Volkssitten, die schon in den Leichenkammern der Ethnologie, in den Büchern und Seminarien seit dreißig Jahren seziert und immer noch spazieren geführt werden, als wären sie lebendig. Schon gibt es im Parlament eine Präsidentenloge, mit einer Glocke, mit Papier für Interpellationen, mit einer Pressetribüne; schon gibt es eine Bank mit italienischen, langsamen Beamten, mit Kursen, aufgespießt auf Tafeln wie Schmetterlinge, mit einem Direktor, der Transaktionen hingegeben ist. Schon trägt der Wirt meines Hotels in der ledernen Pistolentasche Kleingeld, auf seinem Büfett sammeln sich die ersten Schwalben der Zivilisation, Gießhübler, Whisky, Wermut, Fernet Branca. Zusammen mit den Goldplomben und dem New Yorker Slang, der Halbbildung und den Mandolinen der aus Amerika Zurückgekehrten, zusammen mit den Ford-Autos, die an zertrümmerte Leierkästen gemahnen, bilden sie den Übergang von der nationalen Kultur zur Forderung auf staatliche Selbstständigkeit. Albanien ist just auf dem Weg von der Blutrache zum Völkerbund.
Joseph Roth, Frankfurter Zeitung vom 29. 5. 1927
Auch wenn Brasinis grandioser Plan allein aus Geldmangel nie umgesetzt wurde, folgte die Stadtentwicklung doch seiner Grundidee. Italienische Architekten gestalteten den Skanderbeg-Platz, den Mutter-Teresa-Platz und den die beiden Plätze verbindenden Boulevard. In Ismail Kadares Roman Der General der toten Armee vergleicht der Protagonist den Grundriss mit einem Liktorenbündel, dem Symbol des italienischen Faschismus: Der Boulevard als Griff, das Stadion als Schneide und die Kunsthochschule als scharfer, hinterer Teil des Beils. Die an sowjetischen Vorbildern orientierte Architektur des Hoxha-Regimes fügt sich dann gut in das von den Faschisten hinterlassene Ensemble. Die Architektur der Gegenwart, soweit sie über Zweck- und Protzbauten hinaus einen ästhetischen Anspruch erhebt, ist im Zentrum nur mit solitären Hochhaustürmen präsent, verlängert den Boulevard aber ganz im Norden der Innenstadt, wo sich früher der Bahnhof befand, mit einem Ensemble noch im Bau befindlicher Stahl- und Glaspaläste.
Die Einwohnerzahl wuchs von 1938 nur 25.000 bis 1990 auf 250.000 Menschen. Der nach dem Ende der Diktatur ungebremste Zuzug aus den ländlichen Regionen ließ die Bevölkerung weiter anschwellen, so dass heute, rechnet man die Vorstädte dazu, etwa 600.000 Menschen in Tirana leben; viele davon in informellen, den türkischen Gecekondus vergleichbaren Quartieren, schnell und billig gebaut auf früherem Ackerland, das mit dem Ende des Kommunismus herrenlos geworden war. Hier, abseits des properen Stadtzentrums, fehlt es an Schulen und Busverbindungen, fließt das Trinkwasser nur stundenweise.
Die Innenstadt indes hat sich von der in den Jahren nach der politischen Wende herrschenden Anarchie und Gesetzlosigkeit gut erholt - und verdankt dies maßgeblich dem Bürgermeister (2000-2011) und späteren Ministerpräsidenten Edi Rama. Unter seiner Ägide ersetzten Neupflanzungen die illegal abgeholzten und verfeuerten Bäume. Die auf den Freiflächen errichten Buden und Hütten wurden beseitigt. Die Müllabfuhr funktioniert wieder und statt der nicht immer verkehrssicheren Kleinbusse privater Chauffeure transportieren heute städtische Busse die Menschen nach Fahrplan durch Tirana. Noch immer augenfällig sind die poppig-bunten Fassadenanstriche, mit denen der gelernte Kunstmaler Rama seine Stadt aufhübschen ließ. Leider ist mancherorts die frische Farbe bereits wieder verblasst.
Skanderbeg-Platz(Sheshi Skanderbeg)
Mit der ich-weiß-nicht-wievielten Umgestaltung wurde der Skanderbeg-Platz nun wieder den Fußgängern zurückgegeben, denen er bereits unter der Hoxha-Diktatur gehörte - damals gab es ja kaum Autos. Der Platz besteht aus einer weiten, von Bäumen eingefassten Freifläche im Norden, die sich zum abendlichen Xhiro mit prallem Leben füllt, und einem ovalen, innen als Rasenfläche angelegten Südteil zwischen Skanderbeg-Denkmal und den von Florestano di Fausto 1926-36 im Stil italienischer Renaissancepalazzi geplanten Regierungsgebäuden. Die Freifläche, unter der sich eine Tiefgarage befindet, ist zur Mitte hin leicht pyramidenartig aufgefaltet und wird im Sommer mit aus Schlitzen quellendem, über den Plattenbelag strömendem Wasser gekühlt. Im Bereich vor der Nationalbank(Banka e Shqipërisë, errichtet 1938) und dem im Ersten Weltkrieg als Casino für die österreichisch-ungarischen Offiziere gebauten Kindertheater(Teatri Kombëtar i Fëmijevë) stehen noch ein paar ältere Baumriesen. In ihrem Schatten planschen Kinder zwischen wechselnd aus dem Boden sprudelnden und abends bunt beleuchteten Wasserspielen. Im Zentrum des Platzes trabt die von Odhise Paskali 1968 zum 500. Geburtstag Skanderbegs geschaffene Reiterstatue. Vor Skanderbeg wachte ein Standbild von Josef Stalin im Zentrum des Geschehens, das dann an den weniger prominenten Platz vor der Nationalgalerie umgesetzt wurde.
Vier Epochen am Skanderbeg-Platz
Das Nationalmuseumerkennt man leicht an seinem übergroßen Mosaik an der Eingangsfront. Davor, wo heute ein Park im Wachsen ist, schritt Enver Hoxha im wehenden Mantel voran. Der Sturz seiner goldglänzenden Monumentalstatue, gut ein Jahr nach dem Fall der Berliner Mauer von einer aufgebrachten Menge vollzogen, symbolisierte das Ende des kommunistischen Albanien.
Der in den 1960ern an der Stelle des alten Basarviertels gebaute Kulturpalast(Pallati i Kulturës) mit seinem mächtigen Portikus war ein Geschenk der Sowjetunion. Einen Akzent der sozialistischen Moderne setzt der 1979 vollendete Plattenbau des Hotel Tirana International. Entworfen von Valentina Pistoli, Albaniens erster Architektin, war es das erste und lange einzige Hochhaus der Stadt.
Hinter dem Hotel steht an der Ecke Dibra- und Bardhok-Biba-Straße ein anderes Architekturdenkmal der sozialistischen Moderne: Der Kubistische Palast(Pallati me Kuba), ein fünfgeschossiges Wohngebäude mit Ladenzeile und den markanten, vorkragenden Balkonen und Erkern, wurde 1975 fertiggestellt - und brachte den Architekten Maks Velo wegen „modernistischer Tendenzen“ erst in die Kritik, zusammen mit anderen Vorwürfen politischen Fehlverhaltens schließlich für acht Jahre ins Straflager. Im Haus wohnten seinerzeit prominente Künstler wie der SchriftstellerDritëro Agolli oder sein Kollege Ismail Kadaré, dessen Wohnung nun als Museum besichtigt werden kann.
Doch zurück auf den Platz. Auf der Südseite des Kulturpalasts verkörpern Uhrturm und Et’hem-Bey-Moschee(Xhamia e Et’hem Beut) das osmanische Erbe. Als prominentes Kulturdenkmal überstand die 1789-1823 gebaute Moschee unbeschadet die Atheismuskampagne der albanischen Kulturrevolution. Eine lichte, jetzt verglaste Vorhalle mit eigener Gebetsnische zieht sich auf zwei Seiten um die Moschee. Wandmalereien zeigen florale Ornamentik und phantasievolle, doch seltsam leblose Stadt- und Palastansichten - der Islam verbietet die Darstellung von Lebewesen in sakralen Räumen. Schlanke Besucher erklimmen die schmale Treppe zur Galerie und haben dort den besten Blick auf die Fresken.
Mit seinem quadratischen Grundriss und der pyramidenartigen Spitze erinnert der 1830 gebaute Uhrturm(Kulla e Sahatit) entfernt an den Markusturm in Venedig. Lange schlug er der Stadt nur die Stunde, erst 1928 bekam er einen neuen Aufsatz mit Uhr. Das Kassenhaus (Mo-Fr 9-16, Sa bis 14 Uhr) schmücken ein paar alte Textilien und man bekommt einen Stadtplan. Von oben bietet sich ein guter Fotoblick auf den Skanderbeg-Platz. Die Sicht nach Osten verstellt der 85 Meter hohe, nach oben konvex ausladende Plaza-Tower. Nach Vollendung 2016 noch das höchste Bauwerk Tiranas, ist es inzwischen auf Rang 4 zurückgefallen. Eine Aussparung im Erdgeschoss lässt Platz für das Grab des Kaplan Pascha(Tyrbe e Kapllan Pasha), ein von acht Säulen gestütztes Tempelchen, ähnlich einem Brunnenhaus. Der Sarkophag des Würdenträgers aus dem Toptani-Geschlecht mag in der Mitte der Türbe gestanden haben, ist aber spurlos verschwunden. Nachdem er seinen Schwiegersohn und Rivalen Ibrahim Bey Alltuni aus Kavaja gefangen genommen hatte und zu töten drohte, wurde Kaplan Pascha von der eigenen Tochter vergiftet.
Gegenüber der Türbe ballt auf einem Denkmalsockel Andrea Manos Unbekannter Partisan (1949) die Faust. Während Enver Hoxha und Konsorten von den Sockeln gestürzt wurden, hat der Mythos vom Freiheitskampf der Partisanen noch immer einen Ehrenplatz in der offiziellen wie informellen Erinnerungskultur. Kein Dorf ohne Partisanendenkmal, nur der rote Stern wurde hier und da entfernt. Vor dem Plaza-Tower feiert ein von Kuwait gestiftetes buntes Schattendach die albanisch-kuwaitische Freundschaft. Über die Autostraße weiter ostwärts käme man am nächsten Kreisel zur Markthalle, dem Neuen Basar(Pazar i Ri).
Arbeiterpaläste an der Llana
Vom Skanderbeg-Platz zur Lana
Begleiten Sie mich nun auf einem Spaziergang vom Skanderbeg- zum Mutter-Teresa-Platz. In der zweiten Reihe hinter dem Innenministerium, also am Südostende des Skanderbeg-Platzes, versteckt sich der Eingang zur Bunk’Art 2, die die Schrecken der Diktatur dokumentiert. Die Fußgängerzone Rruga Murat Toptani markiert in etwa die Grenze des Besitzes der Familie Toptani. Ein Abschnitt der osmanischen Stadtmauer begleitet die Straße. Archäologen fanden die Spuren einer Festung(Kalaja e Tiranës), deren Fundamente dem byzantinischen Kaiser Justinian zugeschrieben werden. Auf dem Gelände ist heute eine alten Basaren nachempfundene Einkaufsmeile mit Boutiquen, Cafés und Restaurants. Das Toptani-Haus(Sarajet e Toptanasve), ein wunderschönes Palais der Türkenzeit, gehörte, anders als sein Name suggeriert, der Adelsfamilie Libohova. Es folgt das in den 1920ern errichtete Parlamentsgebäude(Kuvendi i Shiperisë) mit einem einladenden Park. Hier stand die im Weltkrieg zerstörte Hauptmoschee Tiranas. Etwas nach Süden versetzt errichtete die Türkei jüngst einen monströsen Nachfolger: Die viertürmige Namazgah-Moschee(Xhamia e Namazgjasë) gilt als die größte Moschee des Balkans. Ein neben der Moschee geplantes „Museum des Zusammenlebens“ soll der religiösen Toleranz gewidmet werden.
Die Promenade überquert nun den Boulevard George W. Bush. Gegenüber dem Altbau der Nationalbibliothek markiert eine an Henry Moore erinnernde Skulptur den Sitz der Vereinigung der früheren politischen Gefangenen. Die Fußgängerzone endet an der Gerberbrücke(Ura e Tabakëve). Die vermutlich im 18. Jh. über die Lana gebaute Bogenbrücke verband Tirana mit dem südöstlichen Umland. Mit der Kanalisierung des Flusses verlor sie ihre Funktion und ist heute nur noch ein Denkmal.
Mutter Teresa und Erzbischof Rrok Kola Mirdita in der Pauluskathedrale
Folgen Sie der Lana flussab. Auf dem rechten Ufer passieren Sie die neue katholische Pauluskathedrale(Katedralja e Shen Palit). Eine Statue des Apostels, der nach katholischer Tradition das Christentum nach Illyrien brachte und den ersten Bischof in Durrës einsetzte, wacht als Statue an der Spitze der Eingangsfassade. Ein Schrein, ein Mosaik und ein Fenster zeigen Mutter Teresa, die als albanische Nationalheilige den Gläubigen näher ist als der in luftiger Höhe etwas entrückte Kirchenpatron. Ein anderes Fenster ehrt Papst Johannes Paul II., unter dessen Ägide die albanische Kirche nach der Unterdrückung durch die Kommunisten wiederbelebt und neu geordnet wurde. Auch Papst Franziskus, der Albanien zum Ziel seiner ersten Auslandsreise wählte, hat ein Fenster bekommen.
Zurück zum Boulevard der Helden der Nation(Dëshmorët e Kombit). Rechts, Richtung Skanderbeg-Platz, wartet das seit 2002 geschlossene Hotel Dajti auf die Renovierung zum neuen Palast der Nationalbank. Das von Gherardo Bosio geplante Luxushotel, eingerichtet nach Entwürfen des späteren Stardesigners Gio Ponti, war nach der Eröffnung 1942 eines der besten Häuser auf dem Balkan. Ab den 1970ern war es hohen Funktionären, Staatsgästen und Geschäftsreisenden vorbehalten, Touristen wurden im „Tirana International“ untergebracht. Auf dem Vorplatz der 1979 gebauten Nationalgalerie(Galleria Kombëtare e Arteve; → Link) standen, in Bronze gegossen, Lenin und Stalin einander gegenüber. Lenin verlor, welche Symbolik, beim Denkmalsturz seinen wegweisenden Arm. Eine Treppe führt vom Hinterhof der Nationalgalerie zum etwas versteckten Stadtpalais der Zogu-Dynastie.
Schöner wohnen am Neuen Markt
Der Parkder Jugend(Parku Rinia) ist die größte Grünanlage im Herzen der Stadt. Wiesen laden zum Picknick oder Sport, schattige Bänke zum Plaudern. Hinter einem Teich mit Wasserspielen, zu denen samstagabends klassische Musik erklingt, ruht spinnenartig auf Betonstützen der Restaurantkomplex Taivani. Ein Denkmal in Gestalt eines aufgeschnittenen Bronzequaders, der den Blick auf das Staatswappen und den Text der Unabhängigkeitserklärung freigibt, feiert 100 Jahre Unabhängigkeit. Am Nordende des Parks dokumentiert die orthodoxe Kirche Albaniens mit dem pompösen Neubau der Kathedrale der Auferstehung Christi(Katedralja e Ringjalljes së Krishtit) ihren Anspruch auf einen Platz im Zentrum von Politik und Gesellschaft. Ein neues, einem Baumstrunk nachempfundenes Hochhaus stellt die Kirche bereits wieder in den Schatten. Gegenüber im unscheinbaren „Haus der Blätter“(Shtëpia me Gjethe) befand sich dereinst das Hauptquartier der hitlerdeutschen Gestapo und danach die Abhörzentrale der albanischen Geheimpolizei Sigurimi. Eine Ausstellung zeigt mit allerlei Geräten zur Ausspähung vor allem die technische Seite des Überwachungsstaats − der seine Mitarbeiter auch oft mit tragbaren Tonbandgeräten eines Herstellers aus dem Schwarzwald ausstattete.
♦ Haus der Blätter: tägl. 9-18.30 Uhr. Eintritt 700 Lek. Rr. Ibrahim Rrugova 4, http://muzeugjethi.gov.al, Facebook.
Block-Viertel(Blloku)
Werfen Sie an der Südwestecke des Parks noch einen Blick auf die bröckelnden Wohnblocks, die die Boulevards entlang der Lana säumen. Berliner werden an die Karl-Marx-Allee erinnert. Mit viel Farbe hat man die im Stil des sozialistischen Klassizismus während der Stalinzeit gebauten „Arbeiterpaläste“ etwas aufgehübscht.
Mahnmal Post Bllok mit Berliner Mauer
Südlich der Lana sind wir im Herzen des kommunistischen Albanien, im Blloku, dereinst Wohnquartier der Nomenklatura, aus dem Normalbürger ausgesperrt blieben. Als kleine Rache an den Genossen, die ihrem Volk Disziplin und Sittenstrenge abverlangten, ist das Block-Viertel heute mit zahlreichen Restaurants, Bars und Clubs das Ausgeh- und Vergnügungsviertel Tiranas. Enver HoxhasResidenz wirkt bescheiden bis bieder. Seine Empfangs- und Büroräume, heute still und verlassen, befanden sich im östlichen Gebäudetrakt mit dem Vorgarten. Gern hätte man hinter die raumhohen Aluminiumfenster oder pastellfarbenen Rollläden geblickt, um einen Einblick in Geschmack und Gemüt des Diktators zu gewinnen. Gab es ihn wirklich, den Tunnel hinüber zum Haus des „Nachfolgers“ (so der Roman von Ismail Kadaré), den man am 17. Dezember 1981 erschossen in seinem Bett fand? Geht es nach Plan, wird die Hoxha-Villa demnächst als Museum und Kulturzentrum geöffnet.
Über die Rruga Ismail Qemali konnte der Chef an der Villa seines verhinderten Nachfolgers vorbei zum Haus des Zentralkomitees schlendern, einem Klotz im Zuckerbäckerstil sowjetischer Prägung, in dem heute das Verfassungsgericht und die Parlamentsverwaltung arbeiten. Hier befand sich der Haupteingang in den Blloku. Das Mahnmal Post Bllok erinnert an die Opfer der Diktatur. Die Kunstinstallation besteht aus einem Stück der Berliner Mauer, einem Bunker und aus Betonstützen eines Bergwerkstollens im Arbeitslager Spaç. Auf der anderen Straßenseite, im Haus der Ministerrats, amtet wie in der kommunistischen Ära auch heute der Ministerpräsident. Man beachte das Ensemble aus faschistischer Hülle, sozialistischem Relief und modernem Vordach, das abends blinkt. Als Center for Openness und Dialogue (COD) hat Edi Rama den ersten Stock des unter seinen Vorgängern streng abgeschirmten Hauses für das Volk geöffnet. Es finden Ausstellungen und Vorträge statt, auch die Bibliothek ist für jedermann zugänglich.
♦ COD: Mo-Fr 9.30-14, 17.30-20.30 Uhr, Sa 17.30-20.30 Uhr. www.cod.al.
Ein paar Schritte Richtung Skanderbeg-Platz wird die dereinst als Enver-Hoxha-Museum.(Piramida) gebaute Pyramide(Piramida) nun zu einem Technologiezentrum für Jugendliche umgebaut. Entworfen von Hoxhas Schwiegersohn und Hofarchitekt Klement Kolaneci (1948-2016), wurde die Betonpyramide nach dem Ende des Kommunismus als Kongresszentrum und Disco genutzt. Viele wollten den Abriss des monströsen Bauwerks, andere wehrten sich dagegen im Namen der Erinnerungskultur, sei’s aus Nostalgie oder weil sie hier ein reales Mahnmal gegen die Gefahren des Totalitarismus sehen.
Um den Mutter-Teresa-Platz(Sheshi Nënë Tereza)
Das Rogner-Hotel Europapark, eines der edelsten Häuser der Stadt, gehört einer österreichischen Familie. Auch die Raiffeisenbank ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen - österreichisches Kapital ist in Albanien stark engagiert. Doch gehen wir den Boulevard weiter Richtung Mutter-Teresa-Platz und damit wieder in die Vergangenheit. Der Kongresspalast(Pallati i Kongreseve), ebenfalls ein Werk Kolanecis, wurde 1986 mit einem Parteikongress der Partei der Arbeit (PAA) eröffnet. Heute finden dort Konferenzen, Messen und Kulturveranstaltungen statt, zum Beispiel die Kandidatenkür für den Eurovision Song Contest. Das Haus gegenüber, die mit einem schmiedeeisernen Gitter und Wachleuten abgeschirmte Presidenca, war als sowjetische Botschaft geplant. Seit dem Rauswurf der Sowjets ist sie die Residenz des Staatspräsidenten.
Der Boulevard endet am Mutter-Teresa-Platz mit der in der italienischen Besatzungszeit als Hauptquartier von Mussolinis National-Faschistischer Partei errichteten „Casa del Fascio“, heute Universitätsgebäude(Korpusi Universitar). Der martialisch wirkende Bau im Stil des Italienischen Rationalismus, in dem jetzt die Polytechnische Universität zuhause ist, sollte Größe und Macht des Imperiums verkörpern. Er war das letzte Werk des jung verstorbenen Architekten und Stadtplaners Gherardo Bosio, der auch am Hotel Dajti mitgewirkt hatte. Die Casa imponiert mit klaren, kubischen Formen. Ihre Fassadenverkleidung aus Travertinplatten und der Verzicht auf Ornamente und Zierrat verstärken die monumentale Ausstrahlung. Eine Freitreppe führt zum vertikalen, risalitartig aus der Bauflucht hervorgehobenen Mittelbau hinauf. Rundbögen wechseln mit rechteckigen Fenstern, an der Beletage klebt ein Repräsentationsbalkon. Die beiden Seitenflügel laufen weit nach hinten und bilden auf der Rückseite einen Hof.
Im Schatten des Universitätsgebäudes wirken die anderen Bauten am Mutter-Teresa-Platz zurückhaltend und bescheiden. Auf der Westseite steht die Kunstakademie(Universiteti i Arteve), ihr gegenüber das Archäologische Museum(Muzeu Arkeologjik). Hinter dem Museum passiert man das jetzt unter „Mak“ firmierende frühere Sheraton, Tiranas erstes 5-Sterne-Hotel, und trifft dann auf das neue, mit einem Einkaufszentrum verbundene Air Albania-Stadion. Es ist die Heimat der Clubs Partizani und Dinamo und Schauplatz der meisten Fußball-Länderspiele. Im alten, noch von den Italienern geplanten Stadion an gleicher Stelle erlitten die bundesdeutschen Kicker 1967 die „Schmach von Tirana“ - sie erreichten nur ein 0 : 0 gegen die Gastgeber und verpassten damit zum ersten und einzigen Mal den Einzug in die Endrunde der Europameisterschaft.
Das alte Tirana
Eine Altstadt wird man in Tirana vergeblich suchen. Immerhin gibt es nordöstlich des Skanderbeg-Platzes noch ein paar osmanische Bauten. In der Rruga Dervish Hatixhe, einer Seitengasse des Boulevard Zogu, besuchen nicht nur muslimische Gläubige und Abergläubige die Tekke der heiligen Hatixhe(Teqja e Dervish Hatixhe, www.dervishhatixhe.com). Sie erbitten den Segen der, so die Überlieferung, 1798 verstorbenen Hatixhe, einer frommen Wohltäterin, die sich während einer Cholera-Epidemie aufopfernd um die Kranken des Viertels gekümmert und mit ihrem Charisma und ihrer Segenskraft (baraka) manches Wunder bewirkt habe - eine Stadtheilige mit Zügen von Mutter Teresa. Die Vorsteherin des Schreins ist eine Scheicha der Sufigemeinschaft Qadiriya, die ihr Amt von ihrer Schwiegermutter erbte und es (über ihren Sohn) an ihre Schwiegertochter weitergeben wird - denn das Amt und die damit verbundene spirituelle Kraft wird nur durch die männlichen Nachkommen der Hatixhe auf die nächste Generation übertragen.
Die meist verschlossene Tekke von Scheich Dyrri Khorasani(Teqja e Sheh Dyrrit Horasanit) war in vorkommunistischer Zeit das Zentrum der Quadiriya. Hier, neben der Türbe mit dem Grabmal des Heiligen, traf man sich zum rituellen Gebet, dem Dhikr. Als Architekturdenkmäler überstanden Tekke wie Türbe unversehrt die Atheismuskampagne. Man findet sie in der Rruga Barrikadave neben dem Sami-Frashëri-Gymnasium.
In der Rruga Vildan Luarasi verbirgt sich hinter hohen Mauern mit dem Haus des Sali Shijaku(Shtëpia e Sali Shijakut) das älteste Wohngebäude der Stadt. Der namensgebende Hausherr (1933-2022) war ein prominenter Maler und ist auch in der Nationalgalerie vertreten. Das bis ins 17. Jh. zurückreichende Anwesen befindet sich seit Generationen im Besitz der Familie, einst wohlhabende Kaufleute. Das Haus dient als Museum und Galerie mit den Werken von Salih Shijaku, im Garten mit den prächtigen Mandarinenbäumen ist ein Café eingerichtet.
Tirana-Mosaik(Mozaiku i Tiranes)
Ein zwanzigminütiger Fußweg bringt archäologisch Interessierte vom Skanderbeg-Platz zum Tirana-Mosaik (tägl. 8-17 Uhr, Eintritt frei). Ein römisches Landhaus wurde hier im 4./5. Jh. zu einer Basilika umgebaut. Das dabei gelegte Bodenmosaik mit seinen polychromen geometrischen Motiven ist zwar, verglichen mit den Mosaiken im Nationalmuseum, eher zweite Wahl (deswegen für Laien ziemlich enttäuschend), aber immerhin noch in situ, also am ursprünglichen Ort. Dem Mosaik angegliedert ist ein kleines Lapidarium, also eine Ausstellung mit antiken Säulenstümpfen, Grabmalen, steinernen Köpfen und Architekturfragmenten.
♦ Um das Mosaik zu erreichen, verlässt man den Skanderbeg-Platz beim Nationalmuseum auf der Rruga e Durrësit, einer Ausfall- und Einkaufsstraße mit vielen kleinen Geschäften. An einem Platz vor dem Hotel Colosseo ehrt eine Statue Adem Jashari, einen von der serbischen Armee getöteten Mitbegründer der UCK. Hier biegen Sie halblinks in die Rruga Vëllezërit Manastirli, dann die zweite Gasse links, in die Rruga Naim Frashëri, und Sie kommen zum Mosaik.
Studentenstadt(Qyteti Studenti)
Vorbei an der US-Botschaft kommt man jenseits der Elbasaner Straße (Rruga e Elbasanit) in die Studentenstadt. Der auf einem Hügel gelegene Campus wurde von Enver Faja geplant, den wir schon als Architekten des Nationalmuseums und der Nationalgalerie kennengelernt haben. Die Wohnheime und Ladenzeilen haben seit der Wende neue Farbe bekommen, es gibt mehr Werbeschilder und mehr Verkehr. Unter die Studierenden mischen sich zusehends Migranten aus Nordalbanien, die im Viertel eine günstige Behausung gefunden haben. Von der in den Wohnheimen bis heute strikt praktizierten Geschlechtertrennung profitieren „Studentenhotels“, in denen die Zimmer auch stundenweise vermietet werden. Auf dem Sheshi i Demokratia, einer Grünanlage, formierte sich im Dezember 1990 die studentische Protestbewegung, die den Sturz des Regimes einleitete. Studierende von damals erinnern sich mit Schrecken an den häufigen Ausfall der Strom- und Wasserversorgung, an mangelhafte Heizung und miserables Mensaessen. Was als Protest gegen schlechte Lebensbedingungen begann, mündete schnell in politische Forderungen nach Freiheit und Demokratie. Vielleicht wird es eines Tages Führungen zu den Schauplätzen der albanischen Wende gegeben - die Studentenstadt wäre dazu bestens geeignet.
Stadtpark und Zoo
Ein Fußweg führt etwas westlich des Universitätsgebäudes hinauf in den Großen Park(Parku i Madh), an warmen Wochenenden Schauplatz vieler Familientreffen mit opulenten Picknicks. Der lange vernachlässigte Park wird jetzt wieder regelmäßig gereinigt, Fahrräder werden verliehen, es gibt Cafés, Spielplätze und Tiranas größte Freilichtbühne - allerdings keinerlei Wegweiser. Mittelpunkt ist ein künstlicher See (Liqueni i Tiranës), der im Sommer Jugendlichen auch als Badeplatz dient. Ein Spazierweg verläuft auf der Dammkrone, unterhalb lädt das Aquadrom zum Planschen und Schwimmen ein.
Jenseits der Schnellstraße liegen der Botanische Garten(Kopshti Botanik) und Tiranas Zoo(Kopshti Zoologjik). Früher zu Recht der erbarmungswürdigen Haltungsbedingungen wegen kritisiert, wurde der Zoo komplett neu gestaltet - und ist nun eher ein großer Picknick- und Kinderspielplatz mit Plastikdinos und -bären zwischen Weihern und Grünflächen mit noch jungen Bäumchen. Die lebenden Tiere, 30 Arten sollen es sein, repräsentieren weitgehend die heimische Fauna: Enten im Teich, glückliche Schweine im Musterstall, Fuchs und Wolf, drei Bären in einem großzügigen Freigehege. Ganz ohne Exoten geht es wohl doch nicht, denn auch Löwen und Tiger langweilen sich in immerhin geräumigen Käfigen.
♦ Di-Fr 9-14.30 und 16.30-20 Uhr, Sa/So durchgehend. Eintritt 200 Lek.
Mitten im Großen Park findet man einen britischen und einen deutschen Soldatenfriedhof(Varreza e Ushtarëve) für die Toten des Zweiten Weltkriegs. Beide wurden, wohl als Goodwill-Geste an die NATO- und demnächst auch EU-Verbündeten, erst in den 1990ern angelegt. Dass die Kommunisten kein Interesse hatten, die Gefallenen der deutschen Besatzungsarmee zu ehren, versteht sich. Doch auch auf die im Krieg verbündeten Briten war man nicht gut zu sprechen, hatten deren Agenten doch nach 1945 versucht, das kommunistische Regime zu stürzen. Unweit entfernt, ehrt ein Denkmal die Frasheri-Brüder. (→ Kasten) Abdyl und Naim sind hier beigesetzt, während Sami in Istanbul bestattet ist.
Die wechselnde Nutzung des am Ostrand des Parks nahe der Elbasaner Straße gelegenen Palasts der Brigaden(Pallati i Brigadave) spiegelt die Geschichte des Landes. Entworfen wurde er von den italienischen Architekten des Skanderbeg-Platzes als Palast für König Zogu. Noch bevor dieser einziehen konnte, besetzten die Italiener das Land. Zogu floh ins Exil, Hausherren wurden die italienischen Sftatthalter. Nach dem Krieg diente der Palast den kommunistischen wie demokratischen Präsidenten für Staatsempfänge und Bankette. Ungeachtet eines Gerichtsentscheids, der das Schloss wieder der Zogu-Familie zusprach, wird es weiterhin vom Präsidenten genutzt. Am Wochenende ist der gepflegte Park für das Publikum geöffnet.
Heldenfriedhof(Varrezat e Dëshmorëve të Kombit)
Auf der anderen Seite der Straße nach Elbasan wacht das Denkmal Mutter Albanien(Monumenti Nëna Shqipëri) über den Heldenfriedhof. Die von den Bildhauern Kristaq Rama (Vater von Edi Rama), Muntaz Dhrami und Shaban Hadëri geschaffene Monumentalstatue mit Lorbeerkranz und Stern in der gereckten Faust erinnert an die Befreiung Albaniens von der deutschen Besatzung. Zum Gedenken findet sich immer am 29. November die politische Elite zu Füßen des Denkmals ein. Dieselben Künstler gestalteten nach den Vorgaben Enver Hoxhas auch das Unabhängigkeitsdenkmal in Vlora.
Etwas abseits ruhen in 900 Reihengräbern die Gebeine von im Weltkrieg gefallenen Partisanen. Neben der „Mutter Albanien“ befand sich das Ehrengrab Enver Hoxhas. 1992 wurde er exhumiert und auf den städtischen Friedhof Kombinat umgebettet, seine Grabplatte aus Rosengranit arbeitete man zum Gedenkstein des britischen Friedhofs um. Als einziger Kommunist in seinem Ehrengrab verbleiben durfte Qemal Stafa (1920-42), Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei, von dem man munkelt, er sei durch Enver an die Italiener verraten worden, und an dessen Todestag, dem 5. Mai, alljährlich der Kriegsopfer gedacht wird. Im zweiten Ehrengrab ruhen die Gebeine von Azem Hajdari (1963-98), einem Anführer der Studentenproteste 1990/91, die das Regime zu Fall brachten. Später Politiker der Demokratischen Partei, fiel er 1998 einem Attentat zum Opfer. Ein postkommunistisches Memorial links von „Mutter Albanien“ ehrt die im März 1951 hingerichteten Antikommunisten, die einen Bombenanschlag auf die sowjetische Botschaft geplant hatten.
Nationalmuseum(Muzeu Historik Kombëtar)
Im 1981 eröffneten Nationalmuseum weht ostalgisches Flair. Über dem Eingang feiert ein Mosaik den unaufhaltsamen Weg zum Sozialismus, in der Eingangshalle versinkt der Besucher in angestaubten Kunstledersesseln realsozialistischer Herkunft. Die chronologisch aufgebaute Ausstellung ist übersichtlich gegliedert und, wenige Änderungen ausgenommen, noch ganz so, wie sie unter dem Kommunisten eingerichtet worden war. Für wenig Geld bietet das fachkundige Museumspersonal Führungen in englischer, französischer oder italienischer Sprache an, auch Tablets mit englischen Erklärungen werden verliehen - fragen Sie an der Kasse.
Erdgeschoss: Das Parterre gehört der Vorgeschichte und der Antike. Im Mittelpunkt stehen die Illyrer, als deren Nachfahren sich die Albaner betrachten. Künstlerische Highlights sind die Göttin von Butrint, ein Marmorkopf, der zuletzt auf einer weiblichen, heute verschollenen Statue saß, nach umstrittener Meinung aber den Gott Apollo darstellt. Die Schöne von Durrësist Albaniens ältestes und wohl auch bekanntestes Mosaik, hergestellt in einer aufwendigen Technik aus Kieselsteinchen in naturbelassenen Formen und Farben. Für ihr Alter von rund 2400 Jahren sieht die aus einem wuchernden Rankenwerk herauswachsende Dame noch erstaunlich gut aus, so dass mit ihrem Porträt heute auch edle Seidenschals bedruckt werden, Ursprünglich war sie Teil eines Bodenmosaiks in Durrës und verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens unter der Erde.
1. Stock: Hier werden das Mittelalter und die osmanische Zeit präsentiert. Eine Kostbarkeit ist das Epitaph von Gllavenica, ein fein besticktes Grabtuch mit dem Bild des toten Christus, das für die symbolischen Grablegungen bei der Karfreitagsprozession benutzt wurde. In einer Vitrine liegen Kopien des Kodex von Berat, einer frühmittelalterlichen Handschrift des Neuen Testaments auf purpurfarbenem Pergament. Das lichtempfindliche Original wird im Staatsarchiv verwahrt. Ein monumentales Historiengemälde weist den Weg zum Raum Skanderbegs mit einer übergroßen Statue des albanischen Helden als Blickfang. Zwischen allerlei martialischen Hieb- und Stichwaffen entdeckt man auch das ihm zugeschriebene Schwert und den merkwürdigen Ziegenkopf-Helm - beides Nachbildungen, die Originale befinden sich zum Leidwesen der Albaner in Wien. Manche Experten meinen sogar, Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, der die Insignien des Türkenkämpfers im 16. Jh. für seine Rüstkammer erwarb und berühmt machte, sei einer Fälschung aufgesessen.
„Die Albaner“ - umstrittenes Erbe
Über dem Eingang zum Nationalmuseum prangt ein mit 37 mal 11 Metern wahrhaft monumentales Mosaik. „Die Albaner“ (Sqiptarët) verherrlicht im Stil des Sozialistischen Realismus den Freiheitskampf des Volkes, angefangen von illyrischen Kämpfern (links) über die Gefolgsleute Skanderbegs, Ismail Qemali (mit der Unabhängigkeitserklärung in der Hand) bis zu den Partisanen im Zweiten Weltkrieg (rechts). Angeführt wird die Truppe von einer Frau, die jubelnd ihr Gewehr hebt. Sie trägt die Xhubleta, die Volkstracht des nördlichen Hochlands, die hier aber nicht im traditionellen Schwarz, sondern in Weiß gehalten ist. Ihr zur Seite ein Arbeiter mit Lederschürze und ein Landmann mit Patronengurt, rotem Halstuch und Stern auf der Mütze.
Das Mosaik feiert also nicht nur die Nation, sondern auch den Sozialismus - und ist damit im postkommunistischen Albanien vielen ein Ärgernis. Eine Weile war es mit Vodafone-Werbung überdeckt, dann mit einem Banner zu Ehren von Mutter Teresa. Herausgelöst wurde der große rote Stern über der zentralen Figur. Seine Fläche ist nun Teil der Fahne, die damit im wörtlichen Sinn außer Form geriet. Die kleinen Sterne auf den Mützen der Protagonisten durften indes bleiben.
Ungeachtet aller Kritik der Denkmalstürzer wird das Mosaik seit 2021 restauriert - und ist deshalb möglicherweise noch immer verhüllt.
2. Stock: Die Ausstellung beginnt mit der Nationalbewegung(Rilindja Kombëtar)