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Zwei Schwestern verpassen durch einen Bombenangriff den letzten Zug nach Sterzhausen und müssen schließlich ihren Weg in finsterer Nacht zu Fuß antreten, um nach Hause zu kommen. Für ein 11- und ein 6-jähriges Mädchen eine unheimliche Angelegenheit, zumal sich auf der Straße kein Mensch, kein Auto und kein Pferdewagen bewegte, sie war wie ausgestorben. Nirgends leuchtete ein tröstliches Licht, denn es herrschte Verdunklungspflicht und auch die Sterne hatten sich hinter den Wolken versteckt.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Meine Mutter war eine Person, die sehr stark von der Meinung anderer Leute abhing. Fast jedes zweite Wort in entsprechenden Situationen war, was sollen die Nachbarn denken!
Und nun hatten meine Schwester und ich uns in der Schule Läuse aufgesackt. Eigentlich kein Grund, ein grosses Gewese daraus zu machen, denn keiner wußte, wer die Läuse eingeschleppt hatte, und wir waren ja auch nicht die einzigen, aber meine Mutter rang mal wieder die Hände vor Scham. Um dieses Übel schnellstens bei der Wurzel zu packen, jagte sie mich und meine kleine Schwester los, um in Marburg das Läusebekämpfungsmittel Couprex zu kaufen. Von unserem zwölf Kilometer entfernten Dorf war die Fahrt kein Problem. Wir stiegen in den Zug nach Marburg und das wars. Für die Rückfahrt hatte meine Mutter mir noch eingeschärft, ich müsse einen Zug nach Wetzlar nehmen.
Marburg war eine wunderschöne romantische Universitätsstadt mit vielen Treppen rauf und runter, die muntere Lahn, die mitten durch die Stadt floss, so dass wir ganz entzückt waren und erst einmal alles in uns aufnahmen, was es zu sehen gab und dabei die Zeit verbummelten. Als wir dann endlich eine Apotheke gefunden hatten, wo wir das diskriminierende Couprex bekamen, ohne dass die Verkäuferin auch nur das Gesicht verzogen hätte. Ich glaube, wenn es in unserem Dorf ebenfalls Couprex zu kaufen gegeben hätte, meine Mutter hätte es aus Scham dort nicht bezogen, sondern ihre kleinen Kinder trotzdem nach Marburg in die Anonnimität gejagt.