ALLES ROT - Eva Rossmann - E-Book

ALLES ROT E-Book

Eva Rossmann

3,9

Beschreibung

Die Journalistin Mira Valensky ist in Zypern, als EU-Taskforce-Leiterin Dagmar Wieser erschlagen aufgefunden wird. Ihr Freund Paulus Reisinger ist am Boden zerstört. "Sie hassen uns!", "Rachemord!", hetzen europäische Zeitungen. In Nicosia wird demonstriert. Doch dann tauchen heiße SMS-Botschaften der Karrierebeamtin auf. Barkeeper Pete hört in erster Linie zu. Vor dem Crash war er einer der führenden Banker. Er flüstert Mira, dass Schwarzenberger und die Gemeinde Bruckthal in Spekulationsgeschäfte verwickelt seien. Gemeinsam mit ihrer Freundin Vesna Krajner versucht sie hinter das mörderische Spiel von Sein und Schein zu kommen … In ihren Krimis rund um die Journalistin Mira Valensky und ihre bosnischstämmige Freundin Vesna Krajner geht es um aktuelle gesellschaftspolitische Themen, um das, was hinter den Hochglanzfassaden unserer Konsumwelt lauert.

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ALLES ROT

Eva Rossmann

ALLES ROT

Ein Mira-Valensky-Krimi

Lektorat: Joe Rabl

© Folio Verlag Wien • Bozen 2014

Alle Rechte vorbehalten

Grafische Gestaltung: Dall’O & Freunde

Druckvorbereitung: Typoplus, Frangart

Printed in Europe

ISBN 978-3-85256-648-1

www.folioverlag.com

INHALT

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

Kapitel 8.

Kapitel 9.

Kapitel 10.

Kapitel 11.

Kapitel 12.

Kapitel 13.

Kapitel 14.

Kapitel 15.

Kapitel 16.

Kapitel 17.

Danke

SPANNUNG BEI FOLIO

[ 1. ]

Ihre Augen. Aufgerissen. Blau. Das helle Gesicht fast weiß.

Keuchen. Laut.

Die vollen Lippen geöffnet. Verzerrt vom Ringen nach Luft.

Seine Hände an ihrem Hals. Dunkel. Unerbittlich. Kraftvoll.

Die Daumen an ihrem Kehlkopf.

Und dann Stahl.

Und Rot, immer mehr Rot.

Und das Keuchen noch lauter.

Alles rot. Und dann Stille.

Ich atme aus.

Sehe vom riesigen Videoscreen wieder auf die Bühne. Desdemona hat es hinter sich. Othello in Tarnhosen mit vielen Taschen, blutbespritztem T-Shirt, schwarzen Locken, sagt etwas auf Griechisch. Ich kann die Übersetzung auf der Leinwand mitlesen.

„Ha! Regst du dich nicht mehr? Still, wie das Grab. – Darf sie herein? – Wär’s gut? –

Mir deucht, sie rührt sich. – Nein. – Was ist das Beste? Kommt sie, wird sie nach meinem Weibe fragen. – Mein Weib! Mein Weib! – Welch Weib? Ich hab kein Weib.“

Emilia betritt die Bühne. Desdemona hingesunken auf das Bett, nackt, der Videoscreen an den Rändern immer noch blutrot. Emilia spricht spanisch und trägt ein Kleidchen mit vielen bunten Blumen. Ein rascher Dialog.

„Sie war wie Wasser falsch“, lese ich. Und: „Du bist wild wie Feuer, wenn du sie der Falschheit zeihst: Oh, sie war himmlisch treu!“

Spiel um Intrige und Missgunst, Angst vor Fremdem, Liebe und Verrat.

Ich sehe so unauffällig wie möglich auf die Uhr. Das ist das Finale. Dann gibt es eine Pause. Und dann wird das Ganze noch einmal, aber anders erzählt. Hat mir Paulus Reisinger gesagt. Wir haben gestern telefoniert. Ich kenne ihn natürlich als Kommissar aus dieser Krimiserie, die sie vor ein paar Jahren eingestellt haben. Seither habe ich nicht viel von ihm gehört. Ist wahrscheinlich nicht so einfach, danach Rollen zu kriegen. Jetzt tourt er mit „Othellos Erben“ quer durch die EU. Quasi als Sinnstück zur Europäischen Gemeinschaft und ihren Krisen.

Ehrlich gestanden finde ich es ein wenig anstrengend, dass jeder der Schauspieler in seiner Muttersprache redet. Aber klar, dabei kann man sich eine Menge denken. Das Wiener Volkstheater ist jedenfalls bis auf den letzten Platz ausverkauft. Reisinger hat gute Pressearbeit gemacht. Und das Stück wird nicht nur von der EU, sondern auch von unseren Regierungsparteien, von der Industriellenvereinigung und allen Möglichen, die aus unterschiedlichsten Gründen etwas für ein gemeinsames Europa übrighaben, unterstützt.

Jetzt steht Othello mit einigen anderen auf der Bühne. Auf dem Videoscreen in Großaufnahme seine blutbefleckte Brust. Und der Text: „Ich küsste dich, eh’ ich dir Tod gab – nun sei dies der Schluss: Mich selber tötend sterb’ ich so im Kuss.“

Wieder Stahl und wieder alles blutrot.

Cassio redet deutsch. „Dies fürchtet’ ich – doch glaubt’ ihn ohne Waffen: Denn er war hochgesinnt.“

Lodovico redet finnisch. Hört sich besonders seltsam an. SMS-Anzeige. Ich habe mein Telefon natürlich auf lautlos gestellt, aber es vibriert. Auf der Leinwand Meer, viel schön wogendes sonniges Meer, quasi im Meer der hingesunkene Othello, darüber diffuse Gestalten.

„Euch, Herr Gouverneur, liegt ob das Urteil dieses höll’schen Buben; die Zeit, der Ort, die Marter – schärft, o schärft sie ihm! – Ich will sogleich an Bord, und dem Senat mit schwerem Herzen künden schwere Tat.“

Tosender Applaus. Ich klatsche mit. Ich glaube, der Einfall mit dem Videoscreen hätte Shakespeare gefallen. Desdemona mit aufgerissenen blauen Augen. Gemeuchelt von ihrem Mann, weil sie dummerweise ein Taschentuch verloren hat. Und er sich von Jago einreden hat lassen, dass sie ihn betrügt.

Ich stehe mit den anderen auf. Ich hoffe, es geht sich aus, dass ich etwas zu trinken ergattere. Sehe aufs Telefon. Meine Freundin Vesna. Die eigentlich neben mir hätte sitzen sollen. Hat sie auch ein Taschentuch verloren? Und wenn schon. Ihr Valentin neigt nicht zu rasender Eifersucht.

„Muss was überprüfen. Komme danach zu Empfang. Wenn ausgeht. Vesna.“

Typisch für sie. Sie fasst sich kurz. Sie liebt es, wenn ich mehr wissen möchte. Vesna ist seit mehr als zwanzig Jahren in Österreich. Ihr Deutsch ist besser als das vieler Einheimischer. Aber noch immer verzichtet sie gern auf „unnötige Zwischenworte“, wie sie das nennt. Damals, im Bosnienkrieg und den Jahren danach, hatte sie keine andere Chance, als illegal putzen zu gehen. Ihre Zwillinge waren trotzdem gut in der Schule. Jana ist gerade dabei, ihr Studium abzuschließen. Fran hat theoretische und praktische Computerwissenschaften studiert und träumt nach einem Stipendium in den USA von der eigenen Softwarefirma. Zwei junge Menschen mit eigenem Kopf und jeder Menge Energie. Inzwischen hat Vesna die Staatsbürgerschaft und ein Reinigungsunternehmen. Und dann hat sie noch ein Telefon für ganz spezielle Aufträge. Eigentlich wäre sie ja gerne Privatdetektivin geworden. Aber die Ausbildung ist ziemlich öde. Und sie hatte gar keine Lust, untreue Ehefrauen zu beschatten. – Na gut. Hätte Othello seine Desdemona beschatten lassen, dann hätte ihm der Detektiv wohl gesagt, dass sie ohnehin treu ist. Und wäre der Detektiv auch noch gut gewesen, dann hätte er ihn vor Jago gewarnt. – Was Vesna heute wohl „überprüft“?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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