Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Neid und Mord in der Küche: Ihre Ermittlungen führen Mira Valensky diesmal in die Welt der Gastronomiekritiker und Spitzenköche. Für Mira Valensky, Lifestyle-Journalistin und Freizeitdetektivin, wird der Traum vieler Hobbyköchinnen wahr: Sie darf in einem Gourmetrestaurant beim Kochen mithelfen. Es gilt nämlich herauszufinden, was in der Küche von Billy Winter, der neuen Chefin vom "Apfelbaum", los ist: Salz und Zucker werden vertauscht, eine Wassermelone fliegt durchs Fenster und trifft Billy Winter am Kopf, vierzig Bürgermeister erleiden eine Pilzvergiftung, der tschechische Koch verschwindet spurlos. Es herrscht Hochbetrieb in der Küche, doch Billy Winter bangt, dass das Lokal im "Fine-Food-Führer" seinen Stern verlieren könnte - gehört doch das Küchenmesser, das in der Brust des Herausgebers und Gastronomiekritikers gesteckt hat, ihr ... Nun schaltet sich auch Vesna, Miras Putzfrau und Freundin, ein. Sie poliert als Aushilfe im Restaurant Gläser und hört sich dabei ein bisschen um. Auch im Lokal des Shooting-Stars Daniel Capriati, eines ehemaligen Kollegen Billy Winters, geschehen seltsame Dinge: Erst gibt es salmonellenverseuchtes Hühnerfleisch, dann brennt beinahe die Küche ab. Und als Mira schließlich in der Faschiermaschine zwei Finger findet, drängt sich die Frage auf: Will hier jemand die gesamte Kochszene zu Fall bringen?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 366
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Das Umschlagfoto stammt von Udo Bernhart.
Lektorat: Franz Schuh
Zweite Auflage
© FOLIO Verlag, Wien • Bozen 2004
Alle Rechte vorbehalten
Grafische Gestaltung: Dall’O & Freunde
Druckvorbereitung: Graphic Line, Bozen
Druck: Dipdruck, Bruneck
ISBN 3-85256-251-1
eISBN 978-3-99037-004-9
www.folioverlag.com
gewidmet
Buchingers Gasthaus »Zur Alten Schule«und allen, die dort arbeiten
Ein Knall. Und dann überall Rot. Decke und Arme, Kopf und Spülbecken. Ich taumle und wische mir mit dem Handrücken über die Stirn. Zwecklos. Da Rot, dort Rot.
Selbst schuld. Wer mit einem alten Druckkochtopf Tomaten zu Sauce kocht, sollte in dieser Zeit keine zwanzig Minuten telefonieren. Jetzt habe ich die Bescherung. Vesna, Putzfrau, Freundin und Partnerin in vielen schwierigen Lebenslagen, wird sauer sein. Erst vorgestern hat sie die Küchenkästen gewischt. Gismo sitzt unter dem Tisch, hat die Augen weit aufgerissen und sieht ansonsten aus wie immer: Ein orangeroter Streifen geht quer über ihre Brust, aber das ist normal, keine Spuren von explosionsartig verteilten Tomaten. Meine Katze ist das Einzige, was sauber geblieben ist.
Ich beginne herumzuwischen, registriere dann erst, dass die Gasflamme am Herd noch immer brennt, drehe sie ab. Wie können sich drei Kilo Tomaten derart gleichmäßig über zehn Quadratmeter verteilen?
Nach einer halben Stunde sind wenigstens Esstisch, Sessel und Boden halbwegs gesäubert. Die Decke wird man neu streichen müssen. Den zerstörten Druckkochtopf habe ich zur Eingangstür gestellt, er soll sofort in den Müll. Ich weiß besser denn je, warum mir diese Dinger unheimlich sind.
Ich bin keine schlechte Köchin, vor allem, wenn es um venetische Gerichte geht. In letzter Zeit aber scheine ich unaufmerksam zu sein. Dabei ist nichts los. Gar nichts. Vielleicht liegt es gerade an dieser lähmenden Routinearbeit in der Redaktion. Ein Event heute, eine Story über den neuen Salzburger Jedermann morgen, Ärger mit der Moderedakteurin, der Chefredakteur schnöselig wie eh und je. Wieder einmal überlege ich, das Ressort zu wechseln. Eigentlich habe ich nichts dagegen, Lifestylejournalistin zu sein, es ernährt mich und meine Katze, und ab und zu noch Oskar dazu. Und es ist eine Arbeit, die Platz für vieles andere lässt. Vielleicht zu viel Platz.
Ich bin gelernte Juristin, aber ausgeübt habe ich diesen Beruf nie, und ich habe auch keine Lust, es zu tun. Reiseredakteurin, das wäre etwas. Länder kennen lernen und darüber schreiben. Ich lehne mich träumerisch an einen Oberschrank und glitsche auf der Tomatenschmiere aus. Real spielt es sich in Reiseredaktionen anders ab, rufe ich mich zur Ordnung: Du fährst mit einem Pulk von Reiseredakteuren gratis irgendwohin, um dann Nettes darüber zu schreiben. Die Reise ist kurz, zum Kennenlernen eines Landes reicht die Zeit nicht, die Abende vertreibt man sich mit angetrunkenen Kollegen an der Bar, oder man hockt allein im Zimmer. Ich habe es schon erlebt.
Ich gehe weitere Möglichkeiten durch. Chronikredaktion. Du liebe Güte, bei dem Ressortleiter. Und erst die Redakteure: Sie finden sich alle so cool und sind bemüht kaltschnäuzig. Außerdem: Keiner von denen hat auf eine vierzigjährige freie Mitarbeiterin vom Lifestyle gewartet, schon gar nicht auf eine, die ihnen in den letzten Jahren einige der besten Kriminalstorys weggeschnappt hat.
Also ganz weg vom »Magazin«?
Ich höre die Klingel und weiß, dass Oskar vor der Tür steht. Wer sollte um die Zeit auch sonst kommen? Außerdem hat er eine ganz eigene Art, zu läuten. Natürlich hat Oskar seit mehr als einem Jahr einen Schlüssel für meine Wohnung, aber er ist rücksichtsvoll. Rücksichtsvolle Anwälte? Kann es die geben? Dabei ist Oskar nicht nur rücksichtsvoll, sondern in seinem Beruf auch sehr erfolgreich. Vielleicht könnte ich bei ihm Sprechstundenhilfe werden, oder wie immer das bei Anwälten heißt? Das hätte gerade noch gefehlt. Abhängigkeit ist nicht gerade mein Fall, und so soll es bleiben, auch wenn ich an diesem Riesenmannsbild ziemlich hänge.
Oskar erschrickt, als er mich sieht, vermutet aufs Erste ein Blutbad, glaubt mich einmal mehr in einen Fall verstrickt und fürchtet, er könnte schon wieder der sein, der keine Ahnung hat, was läuft. Ich kläre ihn auf, er plädiert dafür, auswärts essen zu gehen. Einem überzeugenden Anwalt sollte man nicht widersprechen. Ich habe auch schon eine Idee: »Wie wär’s mit dem Apfelbaum? Du hast deinen Weihnachtsgutschein nicht eingelöst. Beim Manninger isst man sicher noch immer großartig.«
»Zumindest im Chez Trois war’s so.«
Das Chez Trois war über Jahre das wohl beste Lokal von Wien, bis eben Manninger weggegangen ist, eine schöpferische Pause gemacht hat und dann zur Überraschung des werten Publikums außerhalb von Wien das alte Lokal seiner Tante, den Apfelbaum, übernommen hat.
Meine Sinnkrise ist fürs Erste erledigt. Ich werfe im Badezimmer meine rot verschmierten Klamotten ab und wundere mich, dass selbst die Unterhose tomatisiert ist. Oskar steht hinter mir und beobachtet, wie ich schwarze Unterwäsche, schwarze Jeans, ein schwarzes, ausgeschnittenes T-Shirt überziehe. Schön langsam werden wir wie ein altes Ehepaar. Vor einem halben Jahr noch hätte er nicht einfach zugesehen, wenn ich mich aus- und wieder anziehe. Aber wahrscheinlich hat er einen harten Tag in der Kanzlei gehabt. Auch das: Ehefrauengedanken. Ich schüttle mich.
Der Apfelbaum: Man fährt von Wien Richtung Norden, dann noch einige Kilometer die Brünner Bundesstraße entlang, abbiegen zu Weinhügeln und Sonnenblumenfeldern.
Die Abende sind lang, noch ist es hell.
Im Gastgarten stehen zwei große Kastanienbäume, das Haus ist alt, aber sorgfältig renoviert. Ich beginne zu verstehen, warum sich Manninger hierher zurückgezogen hat. Einen Stern hat er sich schon wieder erkocht. Dem Chez Trois hat er vier gebracht, Höchstleistung in Österreich, vielleicht schafft er es auch hier wieder. Ewig schade, dass die Gastronomiekritikerin vom »Magazin« so fest in ihrem Sattel sitzt. Diese Sparte hätte mich interessiert, und wie. Aber sie ist die Schwester des Herausgebers, da ist nichts zu machen.
Wir hätten wohl reservieren sollen. Bis auf einen Tisch sind im Garten alle besetzt. Ob mich Manninger erkennt? Ich habe mit ihm bei diversen Societyevents zu tun gehabt, ich habe ihn gut in Erinnerung, er ist ein witziger Medienprofi, auch in seiner Performance »kreativ«.
Im Inneren des Lokals gibt es zwei Gasträume: einen mit alten, blanken Holztischen und hellen Tischläufern. Der andere ist elegant weiß gedeckt, Sommerblumen auf jedem Tisch, Stoffservietten. Ich zähle drei andere freie Tische. Manninger wird in der Küche sein. Ein ehemals sehr großer Kellner kommt auf uns zu, jetzt geht er gebückt, er ist sicher über fünfundsiebzig Jahre alt.
»Wir haben nicht reserviert …«
»Kommen Sie«, sagt er, geht mit leicht ausgestellten Füßen vor uns ins Freie, weist uns den letzten Tisch unter einer der Kastanien zu. »Heute ist es heiß«, bemerkt er zutreffend und verschwindet.
Wenig später taucht ein blonder Kellner um die dreißig auf. Professionell geschäftig bringt er uns die Karte, nennt einige Tagesempfehlungen, reagiert freundlich, als wir statt des vorgeschlagenen Aperitifs einen weißen Gespritzten und ein Seidl Bier bestellen. Rundum entspannte Gesichter, leises Klappern von Besteck, Lachen. Wie gut, dass der Druckkochtopf explodiert ist. Ich lehne mich zurück und genieße die Vorfreude.
Der Alte bringt die Getränke. Er hat zweifellos Übung. Gut möglich, dass er seit fünfzig, sechzig Jahren serviert. Er könnte Manningers Vater sein oder ein Onkel, vielleicht sogar der Großvater. Ich frage nach dem Chef des Hauses und höre, dass es eine Chefin des Hauses gibt. Neugier. Soviel ich mich erinnern kann, war Manninger nicht verheiratet. Gerüchte über seine zahlreichen Affären hat es hingegen jede Menge gegeben. Aber bei welchem prominenten Koch gibt es die nicht?
»Frau Manninger?«, frage ich überrascht.
Der Alte schüttelt den Kopf. »Frau Winter.«
»Herr Manninger ist …«, lasse ich den Satz dezent verklingen.
»Herr Manninger ist in Neww York.« Er spricht es tatsächlich »Neww York« aus. »Er hat das Angebot von so einem Milliardär angenommen und soll ein ganz neues Restaurant erfinden.« Es ist deutlich zu spüren, was der Alte davon hält. »Eine Chefin hat das Lokal übernommen. Vor zwei Monaten. Trotzdem eine gute Köchin, Sie werden sehen.«
Der Alte behält Recht. Zwei Stunden später sind wir nicht nur satt und vom Wein beschwingt, sondern auch höchst zufrieden. Manninger oder die Neue, dieses Wirtshaus ist hervorragend. Eine Mischung aus lokaler Küche und allem, was internationale Kochkunst eben so hineininterpretieren kann. Ohne großes Trara, mit leichter Hand. Ich schlage Oskar vor, gleich für nächste Woche einen Tisch zu reservieren. Er lässt sich rasch überzeugen.
Die meisten Gäste sind bereits gegangen, wir bestellen noch zwei Gläser Rotwein.
Eine kleine, schlanke Frau bringt sie. Sie hat dunkle, kurz geschnittene Haare, ihre lebendigen braunen Augen scheinen alles gleichzeitig wahrnehmen zu wollen. Ich schätze sie auf Mitte dreißig. »Hat es Ihnen geschmeckt bei uns?«
»Sind Sie Manningers …«
Sie lacht. »Manningers Nachfolgerin, ja. Er ist für einige Jahre in New York unter Vertrag, ich bin über Nacht eingesprungen und hab das Lokal gepachtet. Kennen Sie Manninger?«
Ich nicke. »Nicht besonders gut, wir sind uns ab und zu über den Weg gelaufen.«
»Wir haben vor Jahren gemeinsam gearbeitet.«
»Sie waren auch im Chez Trois?«
»Nein, er war zuvor im Royal Grand, ich hab dort gelernt und bin geblieben, bis ich vor drei Monaten dieses Angebot bekommen hab.«
Ich habe wohl etwas den Mund verzogen. Das Royal Grand ist ein protziger Hotelklotz der Fünfsternekategorie. Ich weiß zwar, dass man in seinem Restaurant sehr gut essen kann, aber Hotelrestaurants sind einfach nicht mein Fall.
Sie winkt dem Alten, fragt uns, ob sie für ein Glas Wein an unserem Tisch Platz nehmen darf. »Billy Winter ist mein Name, eigentlich Sibylle, aber das war in der Küche allen zu lang. Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht vorgestellt habe. Manchmal glaub ich, ich heiße Apfelbaum.«
»Ein schöner Name«, lächelt Oskar.
»Ja. Manningers Tante hat tatsächlich so geheißen. Von ihr hat er das Lokal geerbt.«
Eine halbe Stunde später wissen wir, dass auch der Alte, dessen Name Franz Haberzettl ist, der aber von allen nur Onkel Franz gerufen wird, eine Art Erbstück ist. Der Kellner von Manningers Tante, von Manninger, und dann von Billy Winter übernommen mit dem Versprechen, ihn, solange er will und kann, arbeiten zu lassen. Mir schwirrt von den komplizierten Familien- und Pachtverhältnissen der Kopf, vielleicht liegt es auch daran, dass uns die Wirtin auf ein weiteres Glas Rotwein eingeladen hat.
Wir loben ihre Küche und das gesamte Lokal, man merkt, dass sie sich darüber freut.
»Ich hab noch nie ein eigenes Haus geführt, das heißt, zumindest nicht offiziell. Ich war Souschefin im Royal Grand, der Küchenchef war in den letzten Jahren allerdings nur selten da. Physisch meistens schon, aber … Na ja, Alkoholprobleme. Das gibt es bei uns häufig. Der Stress. Ich hätte gute Chancen gehabt, nach ihm Küchenchefin zu werden. Aber dann kam Manninger mit seinem Angebot. Und eigentlich wollte ich immer schon ein eigenes Gasthaus.« Sie sieht sich um.
»Es ist schön«, sage ich.
»Ja«, sagt sie, aber es schwingt etwas Zweifel mit.
Wegen ihrer Küche braucht sie sich keine Sorgen zu machen. Auch die Weine sind hervorragend.
»Allein ist es nicht immer ganz leicht«, murmelt Billy Winter und hält inne. »Entschuldigen Sie, ich will Sie nicht anweinen. Ich muss ohnehin weitertun. Wenn ich nicht dahinter bin, dann beginnen meine lieben Mitarbeiter gerne zu trödeln.« Schon ist sie aufgesprungen. Sitzfleisch hat diese Frau keines. Vielleicht ist sie deswegen so klein und dünn. Oder verhalten sich Ursache und Wirkung genau umgekehrt? Ich jedenfalls mit über einssiebzig Größe und ein Paar Kilo Übergewicht kann noch gut sitzen bleiben.
Eine Viertelstunde später weiß ich, dass sich Oskars großer deutscher Wirtschaftsprozess ausgeweitet hat. Das ist gut für sein Honorar, aber schlecht für seine Zeit. Wie aus dem Nichts erscheint Billy Winter wieder im Garten. Sie verabschiedet vier Gäste, setzt sich dann erneut zu uns, aber wirkt wie auf der Flucht.
»Mahmet darf nicht vergessen, die Mistkübel an den Straßenrand zu stellen«, meint sie und schreckt dann auf. »Ich bin unmöglich, aber manchmal hab ich einfach zu viel im Kopf. Ich will, dass alles gut geht. Manninger war einer der Besten, und er hat einen hervorragenden Namen. Eine ehemalige Souschefin kennt niemand.«
»Die Leute aus der Branche doch sicher«, tröste ich.
»Ja, die schon. Aber ob einen die unterstützen? Ich will nicht die alte Mitleidsnummer spielen, aber als Frau hat man es in der Gastronomie nicht gerade leicht. Ein Wirt ist ein Wirt. Und ein Wirt ohne Frau ist einer, der Zeit hat, Karten zu spielen. Eine Wirtin ohne Mann ist bestenfalls ein Operettenklischee. Na ja. Vielleicht bin ich auch nur etwas durcheinander, weil Anfang der Woche etwas Unerfreuliches geschehen ist.«
Ich nippe an meinem Rotwein.
Billy Winter sieht sich um, entdeckt, dass der Kellner einige Gläser am Nachbartisch stehen gelassen hat, und springt wieder auf.
»Was?«, frage ich, als sie zurückkommt.
»Man hat mir die Leitungen der Kühlmaschinen durchgeschnitten.«
»Das kann wohl nur einer Ihrer Mitarbeiter …«, mutmaßt Oskar.
Die Wirtin schüttelt energisch den Kopf. »Die neuen Kühlanlagen sind in einem Zubau untergebracht, jeder kann von außen dazu. Ein Schloss hat es bis jetzt nicht gegeben. Das hier ist ein kleines Dorf. Niemand könnte, ohne aufzufallen, die schweren Maschinen davonschleppen.«
»Ein Marder?«, frage ich.
»Marder haben wir hier, das stimmt. Aber es sind ganz glatte Schnitte. Ich hatte noch Glück, die folgenden zwei Tage waren Ruhetage, aber ich war trotzdem im Wirtshaus und habe rasch bemerkt, dass die Kühlung nicht funktioniert hat. Wäre ich nicht da gewesen, alles wäre verdorben.«
»Feinde im Ort?«
Sie schüttelt zweifelnd den Kopf. »Manninger hat immer gesagt, dass die meisten Leute hier skeptisch waren, als er das Lokal übernommen hat. Aber er hat den Schankraum mehr oder weniger unverändert gelassen, und auch die Preise für den offenen Wein sind gleich geblieben, wir bemühen uns, dass auch die Einheimischen kommen. Teilweise tun sie das inzwischen auch. Feinde? Der Nachbar ist etwas lärmempfindlich, na ja, eigentlich sehr empfindlich, aber so etwas würde er nie tun.«
Probleme einer jungen Wirtin. Mit dem Versprechen, nächste Woche wiederzukommen, machen wir uns auf den Heimweg. Ein wenig Neid auf die Wirtin schwingt mit, als ich zu Oskar sage, dass diese Billy Winter wohl übernervös sei. Ein Wirtshaus aufzumachen, davon habe ich als leidenschaftliche Hobbyköchin schon oft geträumt. Nur dass zu mir eben kein Manninger kommt, um mich zu bitten, sein Lokal zu übernehmen. Okay, ich hab auch nicht Köchin gelernt.
Oskar und ich wechseln das Thema. Er rät mir, es vielleicht doch wieder mit der Juristerei zu probieren. Er könne mir helfen, ganz sicher. Aber gerade das will ich nicht. Ich habe bisher das meiste alleine geschafft, und das soll auch so bleiben.
Oskar schenkt mir einen langen, für einen, der ein Auto lenkt, beinahe zu langen Blick und seufzt dann. »Ich will dich ja nicht bevormunden, sondern bloß unterstützen.«
»Vielleicht ist meine Arbeit im Lifestyleressort ohnehin okay, sie nervt mich nur momentan. Weil so gar nichts los ist.«
Ich habe bei Oskar übernachtet. Der Geruch einer tomatengetränkten Küche wäre nach diesem wunderbaren Abendessen doppelt schlimm gewesen. Aber ich bin zumindest solidarisch genug, noch vor der Arbeit in die Wohnung zu fahren, um Vesna aufzuheitern.
Vesna schüttelt nur den Kopf, als ich mich in die Küche schleiche.
»Habe gedacht, Mord und Totschlag, Mira Valensky ist nirgendwo, aber dann merke ich, es sind massakrierte Tomaten und Mira wahrscheinlich bei geliebtem Oskar«, kommt es zur Begrüßung von der Leiter.
»Der Druckkochtopf ist explodiert«, murmle ich.
»Decke muss man neu ausmalen.«
»Tut mir Leid …«
Vesna klettert von der Leiter und seufzt. Sie ist Mitte vierzig, mittelgroß, schlank, zäh und stammt aus Bosnien. Ohne sie hätte ich manche meiner Abenteuer nicht so glimpflich überstanden. Ohne sie wäre ich in einige davon allerdings auch erst gar nicht verwickelt worden, denn eigentlich bin ich ein bequemer Mensch. Sie hingegen hat einen unbezwinglichen Hang zum Abenteuer. »Bedienerin« genannt zu werden, hasst Vesna. Sie sei »Putzfrau«, keine Dienerin. Dienerin ist sie wirklich keine. Aber eine gute Freundin. Wahrscheinlich sogar meine beste. Auch wenn ich Rankings nicht mag. Das hat wahrscheinlich mit dem »Magazin« zu tun. Unser Chefredakteur liebt Rankings. Die besten Liebhaber, die besten Schulen, die schönsten Frauen, die erfolgreichsten Männer.
Ich erzeuge auf meiner vollautomatischen original italienischen Maschine zwei extrastarke Espressi. Vesna setzt sich zu mir. »Den Tisch und die Sessel hab ich noch gestern Abend geputzt«, sage ich etwas kleinlaut.
»Ist auch besser so. Weil jetzt ist Tomatenzeug eingetrocknet.«
»Wo ist Gismo?«
»Eingesperrt in Badezimmer. Sie ist mit Tomatenpfoten ins Wohnzimmer und keine Chance, sie zu putzen.« Vesna zeigt mir einen langen Kratzer.
»Gestern war sie tomatenfrei.«
»Ist sicher auf Küchenkästen herumgestiegen.«
Logisch. Zumindest für alle, die Gismo kennen.
»Etwas Neues?«, fragt Vesna. Sie liebt Neues.
Ich schüttle den Kopf und erzähle ihr kurz vom Apfelbaum. Aber Gasthäuser interessieren sie nicht besonders.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!