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Allgemeines Verwaltungsrecht E-Book

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Beschreibung

Das Skript Allgemeines Verwaltungsrecht NRW macht Sie zunächst mit allgemeinen Strukturen sowie Grundbegriffen der Verwaltung und des Verwaltungsrechts vertraut. Der Schwerpunkt liegt dabei stets auf dem Bundesland NRW. Durch die Arbeit mit dem Skript erlernen Sie die allgemeinen rechtlichen Grundlagen des Verwaltungshandelns und sind in der Lage, gutachterlich die Recht-und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns im Einzelfall und deren rechtliche Folgen beurteilen zu können. Dies beinhaltet primär das Vorliegen eines Verwaltungsaktes sowie seine Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit prüfen zu können. Insbesondere beherrschen Sie die Rechtmäßigkeitsprüfung der Aufhebung eines Verwaltungsaktes und können darüber hinaus sonstige öffentlich-rechtliche Ansprüche, zum Beispiel aus öffentlich-rechtlichen Verträgen, prüfen. Mit den ausformulierten Klausurfällen können Sie ihr Wissen sofort testen! Klausurfälle können Sie ihr Wissen sofort testen!

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Einführung

Über uns – der SVP Verlag stellt sich vor!

Wir sind der Begleiter für ein erfolgreiches Studium an den Hoch- und Fachhochschulen für die öffentliche Verwaltung! Unser Konzept für beste Klausurergebnisse in den juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern besteht aus der Kombination aus theoretischem Wissen und der Anwendung in Klausuren.

Alle Inhalte beruhen auf den Modulbeschreibungen der jeweiligen Studiengänge und sind nach umfassender Auswertung bisheriger Prüfungen entstanden.

Mit unseren Kurzlehrbüchern haben Sie die Möglichkeit, sich das notwendige Klausurwissen in kompakter Form anzueignen. Wir haben uns auf das Notwendigste beschränkt, weil wir wissen, dass Sie ihre Zeit für viele verschiedene Fächer einteilen müssen. Unser Schwerpunkt liegt auf verständlichen Erklärungen, Prüfungsschemata und Definitionen, die Sie in der Klausur nutzen können.

In jedem Kurzlehrbuch finden Sie im Anschluss an den theoretischen Teil Klausuren mit vollständig ausformulierten Lösungen. Zusätzlich haben wir nach Möglichkeit die notwendigen Vorüberlegungen und die Lösungsskizze formuliert, damit Sie nicht nur das fertige Ergebnis sehen, sondern auch die Entwicklung der Lösung nachvollziehen können.

Über dieses Skript

Das Kurzlehrbuch Allgemeines Verwaltungsrecht NRW macht Sie zunächst mit allgemeinen Strukturen sowie Grundbegriffen der Verwaltung und des Verwaltungsrechts vertraut. Der Schwerpunkt liegt dabei stets auf dem Bundesland NRW. Durch die Arbeit mit dem Skript erlernen Sie die allgemeinen rechtlichen Grundlagen des Verwaltungshandelns und sind in der Lage, gutachterlich die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns im Einzelfall und deren rechtliche Folgen beurteilen zu können. Dies beinhaltet insbesondere das Vorliegen eines Verwaltungsaktes sowie seine Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit prüfen zu können. Sie beherrschen die Rechtmäßigkeitsprüfung der Aufhebung eines Verwaltungsaktes und können darüber hinaus sonstige öffentlich-rechtliche Ansprüche, zum Beispiel aus öffentlich-rechtlichen Verträgen, prüfen.

Dieses Skript ermöglicht aber nicht nur eine Wiederholung des erlernten Wissens in komprimierter Form. Die ausformulierten Fälle erlauben es Ihnen, ihr Wissen für den Ernstfall zu testen und bieten Formulierungsbeispiele, die Sie für die Klausur nutzen können.

Inhalt

Überblick und Rechtsträger

Die unmittelbare Staatsverwaltung

Die mittelbare Staatsverwaltung

Die Behörde

Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Vorrang des Gesetzes

Vorbehalt des Gesetzes

Unbestimmter Rechtsbegriff und Ermessen

Unbestimmte Rechtsbegriffe

Ermessen

Gerichtliche Kontrolle

Koppelungsvorschriften

Planungsermessen

Verwaltungsvorschriften

Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften

Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften

Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften

Das subjektiv öffentliche Recht

Verwaltungshandlungen

Handlungen auf dem Gebiet des Privatrechts

Öffentlich-rechtliche Handlungen

Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

Das Verwaltungsverfahren

Der Beteiligte

Das nichtförmliche Verwaltungsverfahren

Das förmliche Verwaltungsverfahren

Das Planfeststellungsverfahren

Der Verwaltungsakt

Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme

Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts

Behörde

Regelung

Außenwirkung

Einzelfall

Fiktiver Verwaltungsakt

Wirksamkeit des Verwaltungsakts

Bekanntgabe, § 41 VwVfG NRW

Erledigung

Nichtigkeit des Verwaltungsaktes

Nebenbestimmungen

Abgrenzung zu anderen Instituten

Die einzelnen Nebenbestimmungen

Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmungen

Zeitpunkt der Nebenbestimmung

Der „fehlerhafte“ Verwaltungsakt

Prüfungsschema: Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes

Ermächtigungsgrundlage

Formelle Rechtmäßigkeit

Materielle Rechtmäßigkeit

Aufhebung von Verwaltungsakten

Prüfungsschema: Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte

Prüfungsschema: Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte

Einzelprobleme

Folgen der Aufhebung

Zusicherung, § 38 VwVfG NRW

Prüfungsschema: Anspruch aus einer Zusicherung

Vorliegen einer Zusicherung

Wirksamkeit der Zusicherung

Entfallen der Bindungswirkung

Öffentlich-rechtlicher Vertrag, §§ 54 ff. VwVfG NRW

Prüfungsschema: Anspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag

Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

Wirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages

Entfallen der Verpflichtungen

Öffentlich-rechtliche Ansprüche

Die Anspruchsgrundlagen

Prüfungsschema der Anspruchsprüfung

Ungeschriebene öffentlich-rechtliche Ansprüche

Klausur: Der Zuschlag – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Das Stipendium – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Die Gaststätte – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Der Zoobesuch – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Die Gegenleistung – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Der Waffennarr – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Tomaten – Sachverhalt und Lösung

Klausur: Das Machtwort – Sachverhalt und Lösung

Überblick und Rechtsträger

Die Bundesrepublik Deutschland besteht aus zwei staatliche Ebenen vorhanden, namentlich den juristischen Personen Bund und Länder als Rechtsträger. Somit ist auch bei der Staatsverwaltung zunächst zwischen Bundes- und Landesverwaltung zu unterscheiden.

Als Rechtsträger sind der Bund und die Länder zwar Inhaber von Rechten und Pflichten, selbst handlungsfähig sind sie im Gegensatz zu natürlichen Personen – dem Menschen – aber nicht. Genau wie z.B. die juristische Person „GmbH“ einen Geschäftsführer benötigt, bedürfen auch die juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestimmter Organe, um Handlungsfähigkeit zu erlangen.

Exkurs: Jede juristische Person benötigt mindestens ein Organ, um handlungsfähig zu sein. Meist existieren jedoch mindestens zwei Organe, eines für die Willensbildung und eines für die Willensausführung.

Beispiel: Eine GmbH hat die Gesellschafterversammlung als willensbildendes und den Geschäftsführer als willensausführendes, d.h. die GmbH vertretendes, Organ. Bei einer Gemeinde stellt der (Gemeinde-)Rat das Organ für die Willensbildung und der Bürgermeister das Organ für die Willensausführung dar.

Die öffentliche Verwaltung hat daher primär die Aufgabe, Gesetze sowie andere Entscheidungen des Bundes, des Landes sowie der sonstigen Rechtsträger (Körperschaften, Anstalten und Stiftungen) des öffentlichen Rechts umzusetzen.

Die vollziehende Gewalt gliedert sich in NRW (und auch beim Bund, vgl. Art. 86 GG) wiederum in zwei unterschiedliche Bereiche: die unmittelbare und die mittelbare Staatsverwaltung.

I. Die unmittelbare Staatsverwaltung

Von unmittelbarer Staatsverwaltung spricht man, wenn der Bund oder die Länder durch eigene Behörden handeln.

Beispiele: Zoll, Bundespolizei, Bundesverwaltungsamt, Wasserstraßenund Schifffahrtsämter, Karrierecenter der Bundeswehr etc.

Die unmittelbare Staatsverwaltung in NRW umfasst grundsätzlich einen dreistufigen Verwaltungsaufbau:

1. Die obersten Landesbehörden sind die Landesregierung, der Ministerpräsident und die Landesministerien (vgl. § 3 LOG NRW).

2. Landesmittelbehörden (fünf Bezirksregierungen, zwei Oberfinanzdirektionen u.a., vgl. §§ 7, 8 LOG NRW) sind den obersten Behörden unterstellt, aber nur für einen Teil des Landes zuständig.

3. Untere Landesbehörden (u.a. Kreispolizeibehörden, Finanzämter, Schulämter, vgl. § 9 LOG NRW) sind den Mittelbehörden unterstellt.

Abweichend vom dreistufigen Aufbau existieren daneben bestimmte Landesoberbehörden. Diese sind unmittelbar den obersten Landesbehörden unterstellt und – wie die obersten Landesbehörden – für das ganze Land zuständig (u.a. Landesamt für Besoldung und Versorgung, Landeskriminalamt, Geologisches Landesamt, vgl. § 6 LOG NRW).

II. Die mittelbare Staatsverwaltung

Das Land NRW nimmt Verwaltungsaufgaben nicht nur durch eigene Behörden, sondern auch durch rechtlich selbstständige Organisationen wahr (vgl. auch § 15 LOG NRW). Diese juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind ebenfalls Rechtsträger, sie besitzen mithin Rechtsfähigkeit, allerdings sind sie selbst nicht handlungsfähig. Hierfür benötigen sie wie eingangs beschrieben Organe. Im öffentlichen Recht unterscheidet man drei Arten von juristischen Personen: Anstalten, Körperschaften, Stiftungen.

Eine Anstalt ist ein zur Rechtsperson des öffentlichen Rechts erhobener Bestand von sächlichen und personellen Verwaltungsmitteln, welcher in der Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt ist. Der WDR ist z.B. eine solche Anstalt des öffentlichen Rechts, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 WDRG NRW.

Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine mitgliedschaftlich verfasste und unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehende Organisation, die ihre Rechtssubjektivität nicht der Privatautonomie, sondern einem Hoheitsakt verdankt. Das Abgrenzungskriterium zur Anstalt wird in der mitgliedschaftlichen Struktur gesehen.1

Man unterscheidet je nach Herleitung der Mitgliedschaft zwischen

Gebietskörperschaften

Mitglieder sind die Personen, die in einem bestimmten Gebiet ihren Wohnsitz haben.

Beispiele: Bund (Bundesrepublik), Länder (Bundesland), Kreise und Gemeinden (vgl. § 1 Abs. 2 GO NRW, § 1 Abs. 2 KrO NRW)

Personalkörperschaften

Mitglieder sind die Personen, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen bzw. Voraussetzung erfüllen.

Beispiele: Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Allgemeine Ortskrankenkassen

Verbandskörperschaften

Mitglied können ausschließlich juristische Personen sein.

Beispiele: höhere Kommunalverbände, Landschaftsverband, Bundesrechtsanwaltskammer

Realkörperschaften

Die Mitgliedschaft ergibt sich hier aus dem Eigentum an einem bestimmten Grundstück

Beispiele: Deichverband, Wasserschutzverband.

Der dritte Typ der juristischen Person des öffentlichen Rechts ist die Stiftung. Eine Stiftung ist ein organisatorisch und rechtlich selbstständiger Bestand an Vermögen, das für einen öffentlichen Zweck einzusetzen ist (z.B. die Stiftung Preußischer Kulturbesitz).

Diese Verwaltungsträger nehmen in eigenem Namen staatliche Verwaltungsaufgaben wahr. Ihre Handlungen können demgemäß nur mittelbar dem Land zugerechnet werden. Daher wird diese Konstruktion als mittelbare Staatsverwaltung bezeichnet. Die insoweit bestehende Selbstständigkeit der Rechtsträger der mittelbaren Staatsverwaltung ist allerdings nicht grenzenlos. Sie unterstehen der Aufsicht des Landes NRW.

In NRW erfolgt mittelbare Staatsverwaltung insbesondere durch

2 Landschaftsverbände

30 Kreise, eine Städteregion

373 kreisangehörige Gemeinden

23 kreisfreie Gemeinden bzw. Städte

1. Die Landschaftsverbände

Die Landschaftsverbände nehmen in NRW eine Sonderstellung ein. Ihre Aufgaben reichen von der Sozialverwaltung bis zur landschaftlichen Kulturpflege. Die Tätigkeitsfelder der beiden Landschaftsverbände in NRW (Rheinland und Westfalen-Lippe) sind durch die Landschaftsverbandordnung geregelt. Hiernach sind sie für die überörtlichen Fragen der Sozialhilfe (Leistungen für Behinderte und pflegebedürftige ältere Menschen) sowie für Kriegsopfer- und Schwerbehindertenversorgung, Gesundheitspflege, Jugendhilfe, die Kulturpflege und die Kommunalwirtschaft zuständig.

2. Die Kommunen und die kommunale Selbstverwaltung

Im Föderalismus der BRD ist das Prinzip der Subsidiarität prägend, nach dem die nächst-höhere Einheit nur solche Aufgaben übernehmen darf, die die untere Ebene nicht aus eigener Kraft zu lösen vermag oder die im übergeordneten Interesse übergreifend zu regeln sind. Die Verwaltung durch die Gemeinden ist durch das Leitbild der grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltung bestimmt (vgl. Art. 28 Abs. 2 GG).

Die kommunalen Aufgaben lassen sich in zwei Kategorien aufteilen: die Aufgaben des eigenen und die des übertragenen Wirkungskreises.

Der eigene Wirkungskreis umfasst diejenigen Aufgaben, die den Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung zustehen. Die verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie sichert den Gemeinden die Allzuständigkeit in den örtlichen Angelegenheiten zu, wobei die genaue Bestimmung und Abgrenzung dieser Angelegenheiten von den überörtlichen Aufgaben häufig problematisch und umstritten ist. Innerhalb des eigenen Wirkungskreises sind die freiwilligen von den pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten zu unterscheiden. Letztere müssen aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Bestimmungen von den Gemeinden erfüllt werden.

Beispiele für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben: die Einrichtung und Unterhaltung von Museen, Sportplätzen, Bädern usw.

Beispiele für pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten: die öffentliche Daseinsvorsorge durch Wasser- und Energieversorgung, Straßenverwaltung oder die Bauleitplanung.

3. Der Kreis

Kreise sind kommunale Verbandskörperschaften, die aus kreisangehörigen Gemeinden bestehen. Die meisten Bundesländer mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verwenden die Bezeichnung Landkreis, während das Grundgesetz in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG nur die Bezeichnung Kreis kennt. Der Kreis und die kreisangehörigen Gemeinden stehen zueinander in einem engen partnerschaftlichen Verhältnis. Sie teilen sich die Erledigung derjenigen Aufgaben, die von einer kreisfreien Stadt allein wahrgenommen werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Kreise umfasst dabei die ihnen durch Gesetz zugewiesenen Angelegenheiten. Hierbei handelt es sich um die im Kreisgebiet anfallenden überörtlichen Angelegenheiten. Der Kreis nimmt sich also der Aufgaben an, für die die Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht ausreicht oder ein finanzieller Ausgleich zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Kreis notwendig, aber auch wenn eine einheitliche Erledigung über Gemeindegrenzen hinweg erforderlich ist.

4. Der Beliehene

Nach heute wohl überwiegender Begriffsverwendung werden als Beliehene Privatpersonen bezeichnet, die mit der selbstständigen, hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut sind. Beliehene sind damit der mittelbaren Staatsverwaltung zuzuordnen. Voraussetzung für eine Beleihung ist, dass die Betrauung mit Hoheitsrechten durch oder auf Grund eines Parlamentsgesetzes erfolgt.2 Folglich ist der Beliehene selbst Träger öffentlicher Verwaltung.

Beispiele: TÜV Sachverständiger, wenn er die HU-Plakette aufklebt; Bezirks-schornsteinfeger, wenn er die Heizungsanlage überprüft.

Es ist jedoch wichtig, vom Beliehenen den Verwaltungshelfer zu unterscheiden. Verwaltungshelfer sind Privatrechtssubjekte, die nur im Auftrag und auf Weisung eines Hoheitsträgers handeln. Verwaltungshelfer dürfen also nicht selbstständig tätig werden oder entscheiden.

Beispiel: privater Abschleppunternehmer, der durch die Polizei mit der Entfernung eines PKWs aus einem Haltverbot beauftragt wird.

1 BVerfGE 10, 354, 362

2 BVerwGE 61, 222, 229 f.

Die Behörde

Die Verwaltungsträger sind zwar rechtsfähig, aber nicht handlungsfähig. Sie benötigen daher Untergliederungen, die für den Rechtsträger handeln, damit dieser handlungsfähig wird. Als Organ bezeichnet man dabei die für einen Rechtsträger handelnde Untereinheit. Das Organ ist das gedankliche Scharnier zwischen der juristischen Person (Organisation) und der handelnden, »waltenden« natürlichen Person (Organwalter). So ist die Bundesregierung ein Organ des Bundes. Die Hauptorgane einer Gemeinde sind der Bürgermeister und der Rat. Das rechtlich relevante Verhalten des Organwalters wird dessen Verwaltungsträger zugeordnet.

Der Begriff der Behörde dagegen ist – anders als der Organbegriff – völlig auf das öffentliche Recht zugeschnitten. Die Behörde ist dasjenige Organ eines Trägers öffentlicher Verwaltung, das mit Außenzuständigkeiten zu konkreten Rechtshandlungen auf dem Gebiet materieller Verwaltungstätigkeit ausgestattet ist.

Beachte:

Aus dieser Definition folgt im Regelfall die fehlende Behördenstellung des Gemeinderates, da seine Entscheidungen grundsätzlich noch einer Umsetzung nach außen durch den Bürgermeister bedürfen. Daher ist grundsätzlich der Bürgermeister die Behörde der Gemeinde.

Ein Organ – und damit die Behörde – kann nun Untergliederungen aufweisen (Abteilungen, Fachbereiche, Dezernate, Referate usw). Sofern der Zuständigkeitskomplex ein Aufgabenbereich ist, der von einem Menschen wahrgenommen werden kann, spricht man vom Amt. Die Person, welche die in diesem Amt zusammengefassten Aufgaben wahrzunehmen hat, wird als Amtswalter bezeichnet. An der Spitze einer Behörde wiederum steht der Behördenleiter.

Abschließend soll auf eine Besonderheit eingegangen werden. Für die Wahrnehmung einzelner staatlicher Aufgaben existieren auf der unteren Ebene teilweise keine Fachbehörden. Der Staat bedient sich vielmehr einer Kommunalbehörde. Das Land NRW „leiht“ sich also eine Behörde eines kommunalen Rechtsträgers, um durch diese eine Verwaltungsaufgabe wahrzunehmen. Dies wird als Organleihe bezeichnet. Organleihe bedeutet also, dass das Organ eines Rechtsträgers beauftragt und ermächtigt wird, einen Aufgabenbereich eines anderen Rechtsträgers wahrzunehmen, und zwar in der Weise, dass das entliehene Organ ausschließlich als Organ im Namen des Entleihers tätig wird und den Weisungen des Entleihers unterworfen ist, so dass die von diesem Organ getroffenen Maßnahmen ausschließlich dem Entleiher zugerechnet werden.3

Beispiel: Der Landrat eines Kreises wird gemäß § 9 LOG NRW als untere Landesbehörde des Landes NRW tätig.

3 BVerfGE Bd. 63 S. 1, 31, 32, m.w.N.

Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Legislative an die „verfassungsmäßige Ordnung“, also an die Rechtsordnung, gebunden. Die Exekutive und die Judikative sind an Gesetz und Recht gebunden. Die Rechtsordnung bildet also die Grundlage und Grenze des staatlichen Handelns. Damit lassen sich aus Art. 20 Abs. 3 GG zwei Prinzipien ableiten: der Vorrang des Gesetzes und der Vorbehalt des Gesetzes.

I. Vorrang des Gesetzes

II. Vorbehalt des Gesetzes

I. Vorrang des Gesetzes

Staatliche Gewalt ist immer rechtlich gebundene Gewalt. Unter Geltung des Grundgesetzes gibt es keine legitime staatliche Machtausübung jenseits des Rechts. Die Ausübung von exekutiver Gewalt kann somit nur im Rahmen des Rechts erfolgen. Insbesondere das Verwaltungshandeln darf den Gesetzen nicht widersprechen. Rechtmäßig ist Verwaltungshandeln also nur, wenn es mit einer – sofern erforderlich – vorhandenen Ermächtigungsgrundlage und sonstigem höherrangigem Recht in Einklang steht. Hieraus leitet sich das Prüfungsschema für die Rechtmäßigkeitsprüfung von Verwaltungshandeln, insb. eines Verwaltungsakts, ab.

II. Vorbehalt des Gesetzes

Während es beim Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes um inhaltliche Übereinstimmung staatlichen Handelns mit bestehenden Rechtsnormen geht, stellt das Prinzip des Vorbehalts des Gesetzes klar, dass die Verwaltung nur tätig werden darf, wenn sie dazu durch ein Parlamentsgesetz ermächtigt worden ist.4 Die Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage folgt häufig bereits aus ausdrücklichen Anforderungen im Grundgesetz. Das gilt in erster Linie für die Gesetzesvorbehalte bei den Grundrechten (vergleiche Art. 8 Abs. 2 GG). Daneben verlangt das Grundgesetz an zahlreichen anderen Stellen den Erlass eines Gesetzes, bevor die Exekutive in einem Bereich tätig werden darf (z.B. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG). Jenseits dieser ausdrücklichen Anordnungen des Grundgesetzes bestimmt sich die Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage nach der Wesentlichkeitstheorie. Danach hat das Parlament alle wesentlichen Angelegenheiten selbst zu regeln, kann diese also nicht an die Verwaltung delegieren.

Wesentlich ist wiederum, was für die Grundrechtsverwirklichung wesentlich ist.5 Dieser Gedanke ist Ausdruck des Demokratieprinzips. Da das Parlament unmittelbar vom Volk gewählt ist, besitzt es die stärkste demokratische Legitimation. Folglich ist das Parlament das Staatsorgan, das die wesentlichen Entscheidungen zu treffen hat.6 Vor diesem Hintergrund sind zunächst alle klassischen Grundrechtseingriffe, d.h. belastende Maßnahmen, als wesentlich zu qualifizieren. Ferner bedürfen alle staatlichen Maßnahmen einer gesetzlichen Grundlage, die die Grundrechtsausübung in sonstiger Weise erheblich berühren.7

Umstritten ist die Anwendung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes im Bereich der Leistungsverwaltung, das heißt staatliche Maßnahmen greifen nicht in Rechte ein, sondern gewähren Leistungen (zum Beispiel Subventionen). Teilweise wird auch hier eine genaue Regelung durch ein Parlamentsgesetz gefordert, weil die Vorenthaltung einer staatlichen Leistung den Bürger ebenso gravierend treffen könne wie ein Eingriff in seine Grundrechte. Die herrschende Meinung lehnt dies jedoch grundsätzlich ab, es sei denn, mit der Gewährung einer staatlichen Förderung ist zugleich ein Eingriff in Grundrechte Dritter verbunden.8

Dieser Streit erhält natürlich nur Relevanz, soweit keine gesetzliche Regelung existent ist. Die meisten Bereiche der Leistungsverwaltung sind allerdings gesetzlich geregelt (SGB II, SGB XII, BAföG usw). Ob und inwieweit neben bestehenden gesetzlichen Regelungen weitere, nicht geregelte Leistungen gewährt werden können, hängt davon ab, ob der Gesetzgeber die Frage der Leistungsgewährung in diesem Bereich bereits abschließend geregelt hat.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es einer parlamentarischen Gesetzesgrundlage bedarf, wenn das Grundgesetz ausdrücklich eine solche fordert, eine staatliche Maßnahme in Grundrechte eingreift oder auf andere Weise erhebliche Auswirkungen auf die Grundrechtsausübung hat.

4 BVerfGE 98, 218, 251.

5 BVerfGE 98, 218, 251.

6 BVerfGE 58, 257, 268; VerfGH Münster NJW 1999, 1243, 1244.

7 BVerfGE 98, 218, 252.

8 BVerfGE 90, 112, 126.

Unbestimmter Rechtsbegriff und Ermessen

Hauptaufgabe der Verwaltung ist der Vollzug des gesetzgeberischen Willens. Die Vorgaben des Gesetzgebers und der Regierung sind von der Verwaltung im konkreten Einzelfall umzusetzen. Da bei der Gesetzesanwendung die abstraktgenerellen Vorgaben des Gesetzgebers auf den jeweiligen Einzelfall angewandt werden, werden hierdurch der Verwaltung eigenständige Entscheidungsspielräume eingeräumt, vor allem bei der Anwendung sogenannter unbestimmter Rechtsbegriffe. Sollten Sie noch nicht mit dem Aufbau und der Struktur von Rechtsnormen vertraut sein, lesen Sie das entsprechende Kapitel in unserem Skript „Juristische Methodik und Gutachtenstil“ nach, um die folgenden Ausführungen nachvollziehen zu können.

I. Unbestimmte Rechtsbegriffe

Als unbestimmten Rechtsbegriff bezeichnet man einen Ausdruck innerhalb eines gesetzlichen Tatbestands, der vom Gesetzgeber mit einem mehrdeutigen oder nicht abschließend aufgezählten Inhalt versehen wird und dessen objektiver Sinn sich deshalb nicht sofort erschließt. Vor der Rechtsanwendung bedarf der unbestimmte Rechtsbegriff der Auslegung, um seinen rechtlich maßgeblichen Inhalt zu ermitteln. Der „unbestimmte Rechtbegriff“ steht insoweit in Gegensatz zu den bestimmten Rechtsbegriffen. Bestimmte Rechtsbegriffe werden im deutschen Recht allerdings kaum verwendet (vgl. § 9 Abs. 1 LImschG NRW: „Von 22 bis 6 Uhr sind Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind.“ – Der Bedeutungsgehalt von 22 Uhr ist ohne Auslegung feststehend, daher stellt dies einen bestimmten Rechtsbegriff dar.)

Obwohl aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze ableitbar ist, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass in Gesetzen ausfüllungsbedürftige Formulierungen verwendet werden.9 Der Gesetzgeber ist jedoch gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist.10 Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können.11

Exkurs: Der Gesetzgeber kann und darf mit seiner Gesetzgebung keine Einzelfälle regeln, da sich Gesetze durch abstrakt-generelle Regelungen auszeichnen. Auch Grundrechtseinriffe dürfen insb. nicht durch Einzelfallgesetze vorgenommen werden, vgl. Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG). Vielmehr ist es die Verwaltung, welche die Gesetze im Einzelfall zur Anwendung bringt.

Die Verwendung solcher unbestimmter Rechtsbegriffe führt allerdings dazu, dass der Normanwender die Formulierungen des Gesetzes dahingehend prüfen müssen, ob ein Sachverhalt vom Gesetz überhaupt erfasst wird. Um eine solche Subsumtion überhaupt möglich zu machen, ist der Gesetzestext auszulegen. Bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe kommen die allgemeinen Auslegungsregeln zur Anwendung. Dabei wird vom Wortsinn der unbestimmten Rechtsnorm ausgegangen (Wortlautauslegung oder grammatische Auslegung), ihre systematische Stellung im Gesetz geprüft, ihr Sinn und Zweck hinterfragt (teleologische Auslegung) ihre parlamentarische Entstehungsgeschichte untersucht (historische Auslegung). Näheres zu den Auslegungsmethoden und welche weiteren Varianten existieren, um ein Tatbestandsmerkmal subsumtionsfähig zu machen, erfahren Sie in unserem Skript „Juristische Methodik und Gutachtenstil“.

II. Ermessen

Wenn eine Rechtsnorm dagegen auf der Rechtsfolgenseite mehrere Entscheidungen zulässt, gewährt die Norm dem Rechtsanwender die Möglichkeit, selbst eine Rechtsfolge unter mehreren möglichen auszuwählen, die ihm für den vorliegenden Fall sachgerecht erscheint. Dem Rechtsanwender wird Ermessen eingeräumt. Ob eine Rechtsnorm ein solches Ermessen gewährt, lässt sich am Normtext ablesen. Verwendet der Gesetzgeber Begriffe wie „kann“, „darf“, „soll“ oder „ist berechtigt“ anstelle von „hat zu“, „ist“ oder „muss“, eröffnet er damit dem Rechtsanwender Ermessen (vgl. § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW). Ermessensnormen erlauben so ein flexibles Handeln der Verwaltung und ein hohes Maß an Einzelfallgerechtigkeit.

Wenn der Gesetzgeber Ermessen dergestalt einräumt, dass die Behörde selbst entscheiden kann, „ob“ sie bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen überhaupt handelt, spricht man von einem Entschließungsermessen.

Beispiel § 16 Absatz 1 Satz 2 SGB II: „Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen“

Beim Auswahlermessen ist es der Entscheidung der Behörde überlassen, „wie“ sie tätig wird. Die Behörde kann also entscheiden, welche von mehreren zulässigen Maßnahmen sie trifft.

Beispiel § 34 Abs.1 PolG NRW: „Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten.

Der wesentliche Aspekt einer Ermessensentscheidung ist also, dass es grundsätzlich mehrere rechtmäßige Entscheidungen der Verwaltung geben kann. Wegen der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) ist die Behörde bei Ausübung des eingeräumten Ermessens natürlich nicht völlig frei. Grenzen für die Ermessensausübung ergeben sich zum Beispiel aus § 40 VwVfG NRW. Demnach muss eine Behörde, sobald ihr ein Ermessen zusteht, dieses pflichtgemäß ausüben, das heißt sie hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Ist dies nicht der Fall, liegt ein Ermessensfehler vor.

1. Ermessensfehlerlehre

Es werden nach der Ermessensfehlerlehre folgende Ermessensfehler unterschieden:

a) Ermessensnichtgebrauch

Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen bewusst oder unbewusst gar nicht ausgeübt hat.

Beispiel: Die zuständige Behörde meint, sie müsse bei Vorliegen von Rücknahmegründen einen Verwaltungsakt gemäß § 48 VwVfG zwingend zurücknehmen.

b) Ermessensüber- oder unterschreitung

Bei einer Ermessensüber- bzw. unterschreitung trifft die Verwaltung Maßnahmen, die außerhalb ihres Ermessensspielraums liegen.

Beispiel: Die Behörde verlangt eine Gebühr von 60,00 €, obwohl für die konkrete Verwaltungsangelegenheit nach der anzuwendenden Gebührenordnung nur eine Gebühr zwischen 20,00 € und 50,00 € verlangt werden darf.

Mithin liegt ein Fall einer Ermessensüberschreitung vor, wenn die Behörde die von der Rechtsgrundlage selbst aufgestellte Grenze denkbarer Rechtsfolgen überschreitet. Daneben findet die Ermessensausübung weitere rechtliche Grenzen in höherrangigem Recht. Hierbei sind zuvörderst die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere die Grundrechte, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Gleichheitsgebot relevant.

Beachte

:

Die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird teilweise auch als Fall des Ermessensfehlgebrauchs eingeordnet oder aber sogar als möglicher separater Verstoß im Rahmen der Prüfung der Rechtsfolge abgehandelt.

c) Ermessensfehlgebrauch

Beim Ermessensfehlgebrauch lässt sich die Behörde nicht ausschließlich vom Zweck der Ermessensvorschrift leiten. Die Behörde handelt danach ermessensfehlerhaft, wenn sie die gesetzlichen Zielvorstellungen nicht beachtet, wenn sie die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte nicht hinreichend in ihre Erwägungen mit einbezieht oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt.

Beispiel: Ein Ermessensfehlgebrauch liegt aufgrund von Heranziehung sachfremder Erwägungen vor, wenn eine Abschleppmaßnahme angeordnet wird, um dem Abschleppunternehmen Aufträge zu verschaffen.

Begründet die Verwaltung ihre Ermessensausübung mehrfach und sind einer oder mehrere Gründe fehlerhaft, so liegt gleichwohl kein Ermessensfehlgebrauch vor, wenn eine Ermessenserwägung fehlerfrei ist und für sich betrachtet die behördliche Entscheidung tragen kann. Anders ist jedoch zu entscheiden, wenn nach dem behördlichen Willen nur alle Gründe gemeinsam den Erlass der hoheitlichen Maßnahme rechtfertigen können.

Damit Bescheide, die auf der Grundlage von Ermessensvorschriften ergehen, einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, ist darauf zu achten, dass die Ermessenserwägungen, die der Entscheidung zugrunde liegen, in dem Bescheid dokumentiert werden. Räumt die Norm ein Entschließungsermessen ein, ist zu dokumentieren, warum die Behörde tätig geworden ist oder warum nicht bzw. warum sie die Leistung bewilligt hat oder warum nicht. Beim Auswahlermessen ist darzulegen, aus welchen Gründen gerade das gewählte Mittel/die gewählte Maßnahme geboten ist. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass ein Bescheid, dem eine Ermessensvorschrift zugrunde liegt, in seiner Begründung recht ausführlich sein muss, da der Einzelfall mit allen seinen Facetten zu berücksichtigen ist. Neben den persönlichen, wirtschaftlichen und örtlichen Verhältnissen muss dabei insbesondere auch der Sinn und Zweck der Vorschrift mit in die Begründung einbezogen werden. Die Begründung muss plausibel, schlüssig und widerspruchsfrei sein. Die besondere Begründungspflicht für Ermessensentscheidungen ergibt sich aus § 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG NRW.

2. „Intendiertes Ermessen“

Eine neuere, vom BVerwG eingeführte Kategorie ist in diesem Zusammenhang das sog. intendierte Ermessen. Soweit die Richtung der Ermessensbetätigung durch das Gesetz vorgezeichnet sei, kann danach ohne nähere Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG NRW) in der vorgezeichneten Art und Weise verfahren werden. Wenn ein bestimmtes Ergebnis vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollt sei, kann nur ausnahmsweise davon abgesehen werden. Das führt dazu, dass es keiner Ermessenserwägung der Behörde im jeweiligen Einzelfall bedarf, soweit die Behörde den gesetzlichen Vorgaben folgt und kein atypischer Sachverhalt vorliegt. Als eine Norm in diesem Sinne hat das BVerwG in der Vergangenheit z. B. § 48 VwVfG angesehen: „§ 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG lenkt das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zustehende Ermessen, indem er für die Fälle des Satzes 3 die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Danach müssen besondere Gründe vorliegen, wenn eine Rücknahme nur für die Zukunft angeordnet oder überhaupt von der Rücknahme abgesehen werden soll. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst; versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung“.12

3. „Ermessensreduzierung auf Null“

Ein eingeräumtes Ermessen ermöglicht der Verwaltung die Wahl zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten. In besonderen Fällen aber kann sich die Wahlmöglichkeit auf Grund der Umstände derart reduzieren, dass nur eine bestimmte Entscheidung als ermessensfehlerfrei erscheint. Ungeachtet des eingeräumten Ermessens ist die Behörde dann verpflichtet, diese Entscheidung zu treffen (sog. Ermessensreduzierung auf Null).

Beispiel: Die Polizei muss trotz ihres in § 8 Abs. 1 PolG NRW eingeräumten Entschließungsermessens bei einer vorhandenen Lebensgefahr einschreiten. Jede andere Entscheidung der Polizei würde der sich aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ergebenden Schutzplicht des Staates, das Leben der Bevölkerung zu schützen, nicht gerecht.

III. Gerichtliche Kontrolle

Gründe für die notwendige Unterscheidung zwischen unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessen gibt es zahlreiche. Während sich unbestimmte Rechtsbegriffe im Tatbestand einer Rechtsnorm finden, ist Ermessen auf der Rechtsfolgenseite eingeräumt. Daneben gibt es bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe grds. lediglich eine richtige Entscheidung, beim Ermessen sind - von der Ermessensreduzierung auf Null abgesehen - mehrere richtige Entscheidungen möglich.

Der wohl wichtigste Unterschied zwischen unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessen liegt in der Möglichkeit der rechtlichen Überprüfung, insbesondere durch die Gerichte. Ermessensentscheidungen können wie dargestellt lediglich auf Ermessensfehler (vgl. zur gerichtlichen Kontrolle auch § 114 VwGO) hin überprüft werden, unbestimmte Rechtsbegriffe sind grds. voll überprüfbar. Es ist gerade Aufgabe des Richters, die Subsumtion der Tatbestandsvoraussetzungen durch die Behörde zu kontrollieren. Es widerspräche zudem der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die gerichtliche Kontrolle generell zu beschränken.

Nur in seltenen Fällen sind unbestimmte Rechtsbegriffe nicht vollständig gerichtlich überprüfbar. Das ist der Fall, wenn der Gesetzgeber der Verwaltung bewusst einen sog. Beurteilungsspielraum einräumt. Falls ein Beurteilungsspielraum besteht, ist die Überprüfbarkeit der richtigen Gesetzesanwendung durch die Verwaltung darauf beschränkt, dass ein Gericht nur noch prüfen darf, ob von einem zutreffend und richtig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde,13 ob Verfahrensvorschriften eingehalten, ob allgemeine Bewertungsgrundsätze beachtet und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt wurden. Die Rechtsprechung hat lediglich für die folgenden Konstellationen das Bestehen eines Beurteilungsspielraums der Verwaltung anerkannt:

Prüfungsentscheidungen und prüfungsähnliche Entscheidungen

14

beamtenrechtliche Eignungs- und Leistungsbeurteilungen

15

Entscheidungen wertender Art durch pluralistisch besetzte, weisungsunabhängige Gremien

16

Beipsiel: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bewertet einen Film als jugendgefährdend

Prognosen und Risikobewertungen, vor allem im Bereich des Umwelt- und Wirtschaftsrechts

Hintergrund der Beurteilungsspielräume ist häufig die größere Sachnähe der Verwaltung, z.B. aufgrund fachlicher Kompetenz oder gewonnener subjektiver Eindrücke, die sich durch ein Gericht nur eingeschränkt nachvollziehen lassen.

IV. Koppelungsvorschriften

Natürlich können unbestimmte Rechtsbegriffe einschließlich möglicher Beurteilungsspielräume auf der Tatbestandsseite mit Ermessen auf der Rechtsfolgenseite kombiniert werden. Man spricht dann von Koppelungsvorschriften. Besonderheiten ergeben sich jedoch nicht.

V. Planungsermessen

Eine weitere eigenständige Kategorie neben dem Ermessen und dem Beurteilungsspielraum bildet das sog. Planungsermessen. Der Gesetzgeber verpflichtet die Verwaltung mitunter zu Planungsentscheidungen. Zur Planung verpflichtet ist die Verwaltung etwa im Rahmen der Raumplanung (vgl. § 1 BauGB). Die Planungen der Verwaltung sind u.a. dadurch gekennzeichnet, dass bestimmte Ziele, die teilweise vom Gesetz vorgegeben werden (für die Bauleitplanung vgl. § 1 Abs. 6 BauGB), möglichst verwirklicht werden sollen und dabei eine Vielzahl gegenläufiger Belange miteinander abgewogen und in Einklang gebracht werden müssen (vgl. § 1 Abs. 6 und 7 BauGB). Auch das Planungsermessen unterliegt in einem gewissen Umfang gerichtlicher Kontrolle. Die Rechtsprechung hat über die Jahre eine komplexe Dogmatik der Planungskontrolle entwickelt, in deren Mittelpunkt die sog. Abwägungsfehlerlehre steht. Diese ist mit der Ermessensfehlerlehre zumindest grob vergleichbar, so dass insofern auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen wird.

9 BVerfGE 78, 205, 212 f.

10 BVerfGE 49, 168, 181; 59, 104, 114.

11 BVerfGE 31, 255, 264; 37, 132, 142.

12 BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 – 3 C 13/94.

13 BVerfG, DVBl. 2002, 1203, 1204.

14 BVerfGE 84, 34, 51.

15 BVerwGE 97, 128, 129.

16 BVerwGE 91, 211, 215.

Verwaltungsvorschriften

Als Verwaltungsvorschriften werden die abstrakt-generellen Vorgaben bezeichnet, die eine vorgesetzte einer nachgeordneten Behörde bzw. ein Vorgesetzter den ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten macht, um exekutivisches Handeln zu vereinheitlichen. In der Verwaltungspraxis werden sie unterschiedlich, etwa als „Richtlinie“, „Rundschreiben“ oder „Erlass“ bezeichnet. Verwaltungsvorschriften sind keine Rechtsnormen im Sinne eines Außenrechtssatzes (Vgl. Skript „Juristische Methodik und Gutachtenstil“ zum Thema Normenhierarchie). Sie sind nur zur internen Steuerung des Verwaltungshandelns bestimmt und erlangen nur unter Umständen Außenwirkung. Wenn jeder Polizeibeamte für sich selbst entscheiden könnte, was unter „öffentlicher Sicherheit“ im Sinne des § 8 Abs. 1 PolG NRW zu verstehen ist, hinge ein polizeiliches Einschreiten vom Rechtsverständnis des einzelnen Beamten ab. Das wiederum könnte zu groben Ungerechtigkeiten führen. Die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ergibt sich aus der Leitungs- und Weisungskompetenz der übergeordneten Verwaltungsstelle. Verwaltungsvorschriften sind abstrakt-generelle Weisungen. Ihr Erlass ist grundsätzlich weder an ein bestimmtes Verfahren noch eine bestimmte Form gebunden.

Die Bindungswirkungen von Verwaltungsvorschriften wird in Abhängigkeit von ihren Regelungsgegenständen und Funktionen bestimmt. Drei Kategorien von Verwaltungsvorschriften werden unterschieden.

I. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften

II. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften

III. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften

I. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften

Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften betreffen die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. Um die Gesetzesanwendung zu erleichtern, führt die Behördenleitung darin näher aus, wie Tatbestandsmerkmale zu interpretieren sind. Also etwa was unter der Wendung „öffentliche Sicherheit“ im Sinne des § 8 Abs. 1 PolG NRW zu verstehen ist. Die Bediensteten müssen sich der Interpretation ihrer Vorgesetzten anschließen. Das gilt selbst dann, wenn diese rechtswidrig ist, was zu einer einheitlichen Gesetzesanwendung führt. Die Gerichte hingegen sind an die Interpretationsvorgaben der Verwaltung nach ganz herrschender Auffassung nicht gebunden.17 Sie müssen ihren Entscheidungen vielmehr eine eigenständige Auslegung der Gesetze zu Grunde legen. Das folgt unmittelbar aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes. Auch eine ständige Verwaltungspraxis kann das Gesetz nicht ändern.

II. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften

In ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften (auch Ermessensrichtlinien genannt) gibt der Behördenleiter vor, wie im Einzelfall das Ermessen auszuüben ist, das eine Rechtsgrundlage der Verwaltung einräumt. Diese Verwaltungsvorschriften füllen mithin den durch den Gesetzgeber eröffneten Entscheidungsspielraum aus. Der Behördenleiter kann darin beispielsweise festlegen, in welchen Fällen Antragstellern eine Sondernutzungserlaubnis im Sinne des § 18 StrWG NRW erteilt werden soll. Damit wird eine gleichförmige und einheitliche Ermessensausübung sichergestellt.

Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften binden unmittelbar nur den jeweiligen Bediensteten. Wenn der Amtswalter in Anwendung der Verwaltungsvorschrift das Ermessen ausübt, wird hierdurch jedoch eine gewisse Selbstbindung der Verwaltung erzeugt. Die Verwaltung wird dann durch Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, im Einzelfall nicht ohne sachlichen Grund von dieser Praxis abzuweichen. Die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften erhalten damit über die Verwaltungspraxis und den Gleichheitssatz „mittelbar“ Außenwirkung. Das heißt, dass der Bürger sich zwar nicht auf die Verwaltungsvorschriften als solche berufen kann. Aber der Gleichheitssatz gibt ihm das Recht zu verlangen, dass sein Anliegen entsprechend der durch diese Ermessensrichtlinie veranlassten Verwaltungspraxis behandelt wird. Das soll im Sinne einer antizipierten Verwaltungspraxis sogar für den allerersten Fall, über den die Verwaltung entsprechend einer Ermessensrichtlinie zu entscheiden hat, gelten.

Das vorgesagte gilt jedoch nur, soweit die Regelungen einer Ermessensrichtlinie nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Bei rechtswidrigem Inhalt kann der Bürger nicht verlangen, entsprechend der Richtlinien behandelt zu werden, da Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine rechtswidrige Entscheidung („keine Gleichheit im Unrecht“) gewähren kann.

Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensausübung, die durch eine Verwaltungsvorschrift veranlasst wird, erfolgt genauso wie eine Ermessensentscheidung, der keine Richtlinie zu Grunde liegt. Das Gericht prüft also nur, ob ein Ermessensfehler begangen wurde (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüber-/unterschreitung, Ermessensfehlgebrauch).

III. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften