Alltagsglücksgeschichten - Andreas Malessa - E-Book

Alltagsglücksgeschichten E-Book

Andreas Malessa

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Beschreibung

- 28 Kurzgeschichten und die dazugehörenden Bibeltexte erzählen über das große und das kleine Alltagsglück - Zum Vorlesen in Gemeindegruppen ebenso geeignet wie für gemütliche Schmökerstunden allein - Andreas Malessa - bekannt als Autor der literarischen Kurzgeschichten im alljährlichen "Fastenlesebuch" der EKD-Fastenaktion "7 Wochen ohne" Du und ich in der Bibel? Wie soll das denn gehen? Ganz einfach: Um alles, was uns heute beschäftigt - Schönes, Trauriges, Aufregendes, Besorgniserregendes - geht es schon in der Bibel. Die beinah biblischen Alltagsglücksgeschichten von Andreas Malessa erzählen genau davon. 28 Erzählungen der Bibel - vom 1. Buch Mose bis zum Johannesevangelium - überträgt Andreas Malessa in unsere Lebenswelt im Hier und Jetzt. Bekannt aus dem Fastenlesebuch der edition chrismon, für dieses Buch ausgewählt, aktualisiert und überarbeitet. Mit Humor und erfrischendem Ton erzählen die Kurzgeschichten von den Alltagsabenteuern verschiedener Protagonisten - von jung bis Best Agers. Da geht's um Klatsch und Tratsch im Büro, um Eifersucht, um Stress mit den Nachbarn, um Omas gegen Rechts, um eine völlig verunglückte WhatsApp-Kommunikation, ein überraschendes After-Work-Treffen in der Stammkneipe, um den ganz normalen Wahnsinn. Und um das Alltagsglück, welches wir alle immer wieder suchen - und mit Gottes Hilfe finden.

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Inhalt

Vorwort

Nicht egal, nur unbekümmert(Lukas 12,22–28)

Herzworte gesucht(Lukas 2,19)

Wo das Licht ankommt(1. Mose 1,1–5)

Zu so was muss man geboren sein(Jeremia 1,4–8)

Wenn Tiere sprechen könnten(4. Mose 22,21–32)

Fatal verwhatsappt(Johannes 21,15–19)

Üben Sie Deutsch!(Sprüche 24,16)

Lohnt sich Hoffnung?(Römer 8,24–28)

Richtig übel auf hohem Niveau(Hiob 30,24–31)

Ungeahnte Versuchungen(Matthäus 4,1–11)

Abstandsregeln ins Lot bringen(1. Mose 13,1–11)

Siehste!(2. Mose 14,9–13)

Aussicht auf Verlässlichkeit(Psalm 62,2–8)

Wenn plötzlich nichts ist(Matthäus 27,45–46)

Brot statt Steine geben(Matthäus 7,7–11)

Tracht tragen, ein Segen(4. Mose 6,24–26)

This little light of mine(Matthäus 5,14–16)

Wenn man eine Zwille hätte(1. Samuel 17,4–11)

Erstaunliche Gründe(Rut 1, 16–17)

Am liebsten dreinschlagen(1. Könige 3,16–28)

Kleine Leute, großes Vertrauen(Matthäus 13,31–32)

Viel Spielraum in der Tradition(1. Korinther 13,4–7)

Gartenzwergkrieger(Jesaja 2,1–5)

Uromas Freudentränen(1. Mose 18,9–14)

Wer ist sie?(Sprüche 8,23.29–30)

Nein, ehrlich gelogen!(2. Mose 1,15–20)

Fällt ein Stein vom Herzen(Markus 16,1–3)

Und nachher Happy Hour(Johannes 14,9)

Vorwort

Gibt es ein Buch, das öfter gekauft, aber seltener gelesen wird als alle anderen? Den ungelesensten Bestseller sozusagen? Den fast alle im Schrank haben, aber fast niemand im Kopf hat?

Ja, gibt es. Die Bibel.

Das finde ich schade. Die Sammlung aus Familiendramen, Politkrimis, Weisheits-Sprüchen, Gedichten, Gebeten, Liedern und Briefen ist nämlich brandaktuell. Ihre Geschichten passieren immer wieder.

Nicht genauso natürlich, aber ähnlich. Oder zumindest vergleichbar. Weil der Bibel nichts Menschliches fremd ist, sollte den Menschen nichts Biblisches fremd sein, dachte ich mir. Und erfand oder nacherzählte das alltägliche, tragikomische, manchmal realsatirische Erleben von Moni und Jannik, Hermann und Hedwig, Leon und Sabrina. Was die (und ich und Sie und alle) schon erlebt haben oder noch erleben könnten, ist „beinah biblisch“.

In der Hoffnung, dass Sie ein bisschen Sinn für Humor und Spaß an der Sprache haben, wünsche ich viel Lesevergnügen und Erkenntnisgewinn!

Andreas Malessa

Er sprach aber zu seinen Jüngern: Darum sage

ich euch: Sorgt euch nicht um das Leben,

was ihr essen sollt, auch nicht um den Leib,

was ihr anziehen sollt. Denn das Leben ist mehr

als die Nahrung und der Leib mehr als

die Kleidung. Seht die Raben: Sie säen nicht,

sie ernten nicht, sie haben keinen Keller und

keine Scheune, und Gott ernährt sie doch.

Wie viel mehr seid ihr als die Vögel!

Wer ist unter euch, der, wie sehr er sich auch

darum sorgt, seiner Länge eine Elle zusetzen

könnte? Wenn ihr nun auch das Geringste nicht

vermögt, warum sorgt ihr euch um das Übrige?

Seht die Lilien, wie sie wachsen: Sie arbeiten

nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch

aber, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit

nicht gekleidet gewesen ist wie eine

von ihnen. Wenn nun Gott das Gras, das heute

auf dem Feld steht und morgen in den Ofen

geworfen wird, so kleidet, wie viel mehr wird

er euch kleiden, ihr Kleingläubigen!

LUKAS 12,22–28

Nicht egal, nur unbekümmert

Jannik gehört nicht zu jenen sorglosen Männern, die irgendwann allein in die Stadt gehen und in Rekordzeit zurückkehren mit Hemden, Hosen und Jacketts, die ihnen passen, die ihnen stehen und die keine Privatinsolvenz verursachen. Moni wiederum gehört zu jenen sorgenvollen Frauen, die das selbst erworbene Outfit ihrer Männer fürchten. Wegen des Aussehens.

„Wollen wir am Wochenende mal bummeln gehen?“, fragte sie.

„Gern. Aber warum? Und wohin?“, fragte er.

Männer brauchen einen Zweck und ein Ziel. Sonst machen sie sich Sorgen. Allzu leicht gerät das Bummeln zur vorsorglichen Vorratshaltung und er, der Flaneur, wird zum Objekt fürsorglicher Entmündigung. So kam es. Genauso.

Brav folgte er ihr in die hellgrelle Unübersichtlichkeit des größten Kaufhauses der Stadt. Betäubt von der Musikdusche uralter Discohits, verwirrt von der seifigen Freundlichkeit der Verkäufer und Verkäuferinnen, verschwitzt von der feuchtwarmen Luft sackte er in eine Art schafsblöde Apathie. Hunderte folienverpackte Hemden voll versteckter Nadeln, Tausende säuberlich gefaltete T-Shirts und Hunderttausende winzige Zettel mit Markennamen, Nummern, Maßen und Preisen verschwammen zu einem Wimmelbild und ließen ihn darüber hinwegsehen, dass die Verkäuferin über ihn hinwegsah. Sie sprach nur mit Moni. Über ihn, wohlgemerkt, und seine Halsweite. So einen Hals bekam er nicht mal dann, als er noch halbnackt in der Umkleidekabine stand, Moni aber schon mit einem lauten „Und?“ den Vorhang zur Seite riss. Der Stoff der Hose verursachte Juckreiz. An einer empfindlichen Stelle übrigens. Der Hosenbund schnitt tief ein in die Ernährungsfolgen, denn bisher hatte ihm nichts ausgemacht, was die Natur aus ihm gemacht hatte.

„Ist dir dein Äußeres denn egal?“, fragte Moni auf der Rolltreppe.

„Nein, ich will gut aussehen, aber unbekümmert bummeln dürfen. Also nicht einkaufen müssen. Deine Kollegin Anika zum Beispiel …“

Weiter kam Jannik nicht. Diese Bekannte nämlich brachte ihrem Mann Kleidungsstücke aus den Kaufhäusern mit, wartete zu Hause geduldig, bis er sie mal anprobierte und tauschte sie dann wieder um. Manche mehrmals.

„Ich glaub’s ja nicht!“, prustete Moni los. „Wie oft, glaubst du, laufe ich für dich in die Stadt? Glaubst du vielleicht, Herrenausstatter verleihen ihre Ware?“

Es waren so viele Glaubensfragen auf einmal, dass ihm erst im Café auffiel: Monis Glaube war kleiner als seiner. Sie glaubte nicht daran, dass er das Mitgebrachte je tragen würde. Er glaubte aber, diese Sorge sei unbegründet.

Der Stadtbummel endete trotzdem versöhnlich.

„Gefällt es dir?“, fragte Moni und zog ein lilienblaues Top aus der Einkaufstasche. „Hab ich gekauft, während du in der Umkleide warst.“

„Das ist wunderschön, Schatz. Wo du so was bloß immer findest!“

Maria aber behielt alle diese Worte

und bewegte sie in ihrem Herzen.

LUKAS 2,19

Herzworte gesucht

Hunde machen das jeden Tag. Sie führen ihr Herrchen oder Frauchen, wie man früher sagte (genderneutral muss es natürlich „ihr Persönchen“ heißen), an einer Leine um den Block oder ins Grüne. Wer da wen führt, ist offensichtlich: Der Hund immer voraus. Umgangssprachlich sagt man, sie „gehen Gassi“.

Was aber machen die Menschen, während ihre Hunde machen?

Viele telefonieren. Manche reden ihrem Tier gut zu. Einige denken. Sie denken nach. Oder sich was Neues aus. Dass sie tief in Gedanken versunken, ja, geradezu in Gedanken verloren sind, ist auch offensichtlich: Niedrige Fahrradständer, Hecken, Treppen, Mülleimer, rote Fußgängerampeln, sogar Litfaßsäulen – lauter Überraschungen wecken sie wie aus einer Trance.

Moni macht das alle paar Wochen, allein spazieren gehen. Hundelos, kinderlos, herrenlos. Einfach so, erst um den Block und dann in den Grüngürtel der Stadt. Überrascht wird sie dabei nur von der rasant sich verändernden Natur, so selten wie sie hier rauskommt: Krokusse und Weidenkätzchen im März, Wiesenblumen im Mai, herbstbraune Blätter im August. Klimabeschleunigung eben. Sie staunt und kann dabei tief eindenken und ruhig ausdenken.

Moni denkt nach über das, was ihre Coachin gesagt hat. Das ist eine Frau, die ihr alle vierzehn Tage 45 Minuten zuhört und Tipps gibt, Lebenstipps. Gegen Geld, ja, aber wahrscheinlich weniger als eine „richtige“ Therapeutin genommen hätte. Moni ist ja nicht seelisch krank, nur halt oft gestresst und manchmal ratlos. Außerdem haben alle Führungskräfte heutzutage einen „Personal Trainer“ für irgendwas, vermutet Moni. Sie bekommt Ratschläge für Konflikte im Job, für die Optimierung ihrer Ehe mit Jannik, für die Kindererziehung, das Körpergefühl, für die Ernährung, für mehr Achtsamkeit, für eigentlich alles. Und einer dieser Ratschläge lautete: „Gehen Sie spazieren und denken Sie an prägende Worte, die Ihr Herz bewegt haben.“

Moni fielen zunächst keine ein. „Leitsätze. Kernaussagen, Lebensweisheiten. Was war Ihr Familienmotto, gab es ein ehernes Gesetz? Was hat Sie geprägt, verstehen Sie?“

Hm.

Opa hatte gern Wilhelm Busch zitiert („Aber wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe“), Papa vergaß nie zu erwähnen, das Leben sei eine Pralinenschachtel und man wisse nie, was man kriegt. Mama pflegte Monis hochfliegende Teenieträume mit dem Satz „Du wirst dich noch umgucken!“ zu beenden. Alles irgendwie Warnungen. Aber hatte sie das geprägt? Sie, die Optimistin?

Jannik, denkt sie beim langsamen Umrunden des Ententeichs im Stadtpark, Jannik ist ein Pessimist. Der erwartet immer das Schlimmste und bezieht seine Lebenszufriedenheit aus dem schlichten Nichteintreten von Unglück. Obwohl seine Eltern herzlich zuversichtlich sind – ein steter Quell immer neuer Kopf-hoch-Sprüche: „Aufstehen, Krönchen richten, weitergehen!“, „Alles halb so wild!“, „Kriegst du Zitronen, mach’ Saft draus!“. Wird man beim Erwachsenwerden das Gegenteil von dem, was einem als Programm mitgegeben wurde?

Ihr fällt auf, dass die meisten Spaziergänger (oder „Spaziergängigen“?) irgendwas machen. Telefonieren, Snacks essen, nordic walken, Blutdruck messen, sich auf Google Maps orten.

Moni denkt nur. Geht, guckt und denkt. Ob es programmatische Worte gibt, die erst ihr Herz bewegen und dann die Verhältnisse ändern? „I have a dream“ wäre einer. Oder „Yes we can.“ Oder „Wir schaffen das.“ Komisch, dass Martin Luther King, Barack Obama und Angela Merkel in drei Wörtern ein ganzes politisches Programm definieren konnten. Monis Coachin dagegen sondert mehr Sinnsprüche ab, als man im Postkarten-Drehständer einer Buchhandlung findet. Alle nicht falsch, manche tröstlich, einige sogar richtig weise. Aber „das Herz bewegend“?

Es müsste doch, denkt Moni und biegt vom Stadtparkausgang in ihre Wohnstraße ein, mindestens drei Bibelworte geben, die mal für mich ausgesucht wurden: der Taufspruch, der Konfirmationsspruch und der Vers zu unserer Trauung. Schade, dass ich keinen davon auswendig weiß. Sie könnten vielleicht ja richtig herzensprägend werden.

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis

lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte

über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde

Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah,

dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht

von der Finsternis und nannte das Licht Tag

und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend

und Morgen der erste Tag.

1. MOSE 1,1–5

Wo das Licht ankommt

Als Moni aus dem Kinderzimmer zurückkommt, ist es schon Viertel nach acht. Mit feuchtleuchtenden Augen steht sie da, sodass Jannik verwundert den Tatort-Vorspann mit der Fernbedienung wegklickt.

„Und? Diesmal ’ne lange Geschichte vorgelesen?“ Er rückt einladend ihren Fernsehsessel heran.

„Tamino wollte singen. ‚Babylieder von früher‘ nennt er die.“ Moni lächelt. Entspannt, glücklich sieht sie aus, beinah beseligt. Jannik staunt, denn oft genug ist das abendliche Kindsversenken reine Nervensache. Auch bei einem Erstklässler noch. Wegen der Unordnung im Zimmer, der Sauerei in den Heften, dem Chaos im Schulranzen und der Unlust auf morgen.

„Wir haben ‚Weißt du, wie viel Sternlein stehen‘ gesungen. Wollte er so, stell’ dir vor!“ Sie kickt die Slipper von den Füßen, lässt sich in den Sessel fallen und nickt, als ihr Mann fragend auf ein leeres Weinglas deutet.

„Wie viel Sternlein stehen, kann ich mir nicht vorstellen. Und falls ‚Gott, der Herr, sie gezählet hat‘, wird er feststellen, dass ihm etliche fehlen“, grinst Jannik beim Einschenken.

„Wieso das denn?“ Moni findet ihn manchmal einen unromantischen Stimmungskiller.

„Weil sie erloschen sind, aber ihr Licht immer noch bei uns ankommt. Was du am Nachthimmel siehst, Schatz, ist größtenteils Vergangenheit.“

Er hebt sein Glas in Gesichtshöhe, hält es gegen das Licht, schaut zufrieden ins funkelnde Dunkelviolett.

„Aber Licht soll doch“, sie nimmt auch einen Schluck, „so irre schnell sein, heißt es immer, weil es keine Materie, kein Milligramm Gewicht, transportieren muss.“

„Stimmt. Etwa eine Milliarde km/h schnell. Ungefähr 350.000 Kilometer in 1,3 Sekunden. So viel zum Thema Entfernungen. Lichtjahre weit weg, die lieben Sternlein.“