Altlasten im Baurecht - Thomas Troidl - E-Book

Altlasten im Baurecht E-Book

Thomas Troidl

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Beschreibung

Vor dem Hintergrund steigender Bautätigkeit, insbesondere in bisher unbeachteten Ortslagen, führen Altlastengrundstücke häufig bereits bei der Bebauungsplanung zu Schwierigkeiten auf Seiten der damit befassten Behörden. Je nach Art der Altlast ergeben sich viele Fragen der Verantwortlichkeit und Konsequenzen hieraus. Umgekehrt warten für die planende Kommune unzählige Grundstücke "mit Vergangenheit" auf ihre Entwicklung ("Flächenrecycling"). Diese Arbeitshilfe greift das Thema Altlasten im Bauplanungs- und Genehmigungsverfahren kompakt und fundiert auf und zeigt die Verzahnungen der einzelnen Rechtsgebiete (u.a. Baurecht, Abfallrecht, Bodenschutzrecht mit & neuer & Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung, Amtshaftung und Aufwendungsersatzansprüche, Immissionsschutzrecht und Umweltschadensrecht, Insolvenzrecht und Entschädigungsfragen, Umweltinformationsgesetz und Datenschutz) in der Praxis auf. Viele Tipps und praktische Beispiele erleichtern das Verständnis. Zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung helfen den Altlastenfall rechtssicher und "gerichtstauglich" zu bearbeiten.

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Altlasten im Baurecht

Leitfaden für Behörden und Kommunen sowie Rechtsanwälte

von

Rechtsanwalt Dr. Thomas Troidl

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN  978-3-17-043812-5

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-043813-2

epub: ISBN 978-3-17-043814-9

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Vor dem Hintergrund steigender Bautätigkeit, insbesondere in bisher unbeachteten Ortslagen, führen Altlastengrundstücke häufig bereits bei der Bebauungsplanung zu Schwierigkeiten auf Seiten der damit befassten Behörden. Je nach Art der Altlast ergeben sich viele Fragen der Verantwortlichkeit und Konsequenzen hieraus. Umgekehrt warten für die planende Kommune unzählige Grundstücke „mit Vergangenheit“ auf ihre Entwicklung („Flächenrecycling“). Diese Arbeitshilfe greift das Thema Altlasten im Bauplanungs- und Genehmigungsverfahren kompakt und fundiert auf und zeigt die Verzahnungen der einzelnen Rechtsgebiete (u. a. Baurecht, Abfallrecht, Bodenschutzrecht mit & neuer & Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung, Amtshaftung und Aufwendungsersatzansprüche, Immissionsschutzrecht und Umweltschadensrecht, Insolvenzrecht und Entschädigungsfragen, Umweltinformationsgesetz und Datenschutz) in der Praxis auf. Viele Tipps und praktische Beispiele erleichtern das Verständnis. Zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung helfen den Altlastenfall rechtssicher und „gerichtstauglich“ zu bearbeiten.

Dr. Thomas Troidl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

Vorwort

Wohl die wenigsten Bauherren sind beim Aushub der Baugrube auf Erdöl gestoßen – auf Benzin schon einige. Allein das zeigt, was für eine Bedeutung „Altlasten im Baurecht“ besitzen, und zwar aus mehreren Gründen:

–  sie tauchen oft unerwartet auf (weil man in den Boden eben immer noch nur beschränkt hineinschauen kann);

–  sie können schnell über Gedeih und Verderb eines Bauvorhabens den Stab brechen, weil sowohl ihre Sicherung als auch und erst recht ihre Sanierung häufig Unsummen verschlingen.

–  Umgekehrt bieten sie aber auch eine große Chance: für den technisch und rechtlich versierten Bauherrn und Planer sowie natürlich die planende Kommune warten unzählige Grundstücke „mit Vergangenheit“ auf ihre Entwicklung („Flächenrecycling“).

Der vorliegende Leitfaden widmet sich dem Thema deshalb in sechs Teilen: nach einer kurzen Einführung (Teil 1) soll zunächst die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit geklärt werden (Teil 2), sodann die privatrechtliche (Teil 3). Altlasten sollen vor diesem Hintergrund sowohl in der Bauleitplanung beleuchtet werden (Teil 4) als auch bei Einzelbauvorhaben (Teil 5). Altlastenauskunft und Datenschutz runden das Werk ab (Teil 6).

Die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit wird dabei nicht nur nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz abgehandelt, sondern auch mit Blick auf das Umweltschadensgesetz. Rüstungsaltlasten komplettieren den 2. Teil, der im Kern die behördlichen Befugnisse zur Vorsorge und Gefahrenabwehr erläutert. Der klassische Ablauf im schrittweisen Umgang mit Altlasten – von ihrer Erfassung bis zur Sanierung – wird hier als „Fahrplan“ ausgerollt und im Anhang übersichtlich dargestellt. Dabei wird der Unterschied zwischen Orientierender Untersuchung (noch Amtsermittlung samt Duldungspflicht und Duldungsbescheid) und Detailuntersuchung (ggf. per Untersuchungsanordnung nebst Sanierungsplan und Sanierungsvertrag) auf der nächsten Ebene herausgearbeitet wie auch die Folgen dieser Unterscheidung für Rechtsschutz und Verteilung der Untersuchungskosten. Hierzu erfährt der Leser manch nützliche Hilfestellung für die Störerauswahl mit einer eigenen Checkliste im Anhang; nicht umsonst endet dieser mit dem „perfekten Bescheid“.

Hier wie sonst erleichtern viele praktische Beispiele und Praxistipps (z. B. zur Eintragung eines Bodenschutzlastvermerks) das Verständnis; zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung helfen, den Altlastenfall rechtssicher und „gerichtstauglich“ zu bearbeiten.

Der 3. Teil behandelt die privatrechtliche Verantwortlichkeit und erläutert insbesondere den Ausgleichsanspruch im Verhältnis mehrerer Verantwortlicher, den auch die Behörde für ihre Auswahl eines Pflichtigen unter mehreren Stören – nach pflichtgemäßem Ermessen – kennen muss. Verjährung und Rechtsschutzfragen runden das Thema ab.

Altlasten in der Bauleitplanung bilden im 4. Teil einen weiteren Schwerpunkt des Leitfadens: Vorsorgewerte, Prüfwerte und Maßnahmenwerte erfahren genauso Erläuterung (mit einer weiteren Übersicht im Anhang) wie die relevanten Wirkungspfade (Boden-Mensch, Boden-Pflanze und Boden-Grundwasser), natürlich auf der Grundlage der neuen Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung. Nicht nur die Kennzeichnung im Bauleitplan (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan), sondern auch die Überplanung einer kontaminierten Fläche werden ausführlich dargestellt (mit einer weiteren Checkliste im Anhang). Schließlich kommen auch Rechtsschutzfragen nicht zu kurz: sowohl was das Schicksal des Bebauungsplans (nach einem Altlastenfund im bereits überplanten Gebiet) als auch die Amtshaftung der Kommune (Schadensersatzansprüche von Käufern, Bauträgern u. a.) anbelangt.

Als Kontrapunkt dazu kommen im 5. Teil die Altlasten bei Einzelbauvorhaben zur Sprache: Bodenbelastungen sind nicht nur als (auszuräumender) Versagungsgrund für die Baugenehmigung bei der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens nach Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht zu berücksichtigen, sondern auch nach Erteilung der Baugenehmigung – als Hindernis bei der Bauausführung. Die Bodenkundliche Baubegleitung wird hier künftig an Bedeutung gewinnen; Rechtsschutzfragen (samt Amtshaftung) runden das Thema ab, nicht ohne am Ende natürlich auch noch auf die Freiheit von Kampfmitteln einzugehen.

Altlastenauskunft und Datenschutz erfahren schließlich im 6. Teil nähere Betrachtung: nicht nur die „klassische“ Akteneinsichtim (Verwaltungs- oder Planaufstellungs-) Verfahren, sondern auch und gerade neue, oft noch unbekannte Ansprüche auf Zugang zu Umweltinformationen (auf Basis von Aarhus-Konvention und Umweltinformationsrichtlinie) stellen die Behörden zunehmend vor Herausforderungen, für die vielfach noch keine Lösungen implementiert sind. Voraussetzungen (mit einem Prüfungsschema im Anhang) und Rechtsfolgen, die Beteiligung dritter Personen im Verfahren sowie Verwaltungskosten werden daher ausführlich erläutert. Altlastenatlas, Altlastenkataster und Bodeninformationssystem können Behörde und Bürger die Bearbeitung von Altlastenfällen erleichtern, ohne mit dem Datenschutz (auch ohne Zustimmung betroffener Personen) in Konflikt zu geraten.

Mit und ohne Altlasten möge dieser Leitfaden dem Bauherrn und seinem Rechtsanwalt, Behörden und Gemeinden auf all diesen Ebenen ein treuer Begleiter sein, der Bodenbelastungen nicht nur als (zu lösenden) Problemfall begreift, sondern auch als Chance auf dem Weg zu einem nachhaltigen Flächenrecycling.

Regensburg, im Januar 2024Thomas Troidl

Literaturverzeichnis

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Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Kommentar, Loseblatt

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Frenz, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2002

Frenz, Bundes-Bodenschutzgesetz, Kommentar, 2000

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Hipp/Rech/Turian, Das Bundes-Bodenschutzgesetz mit Bodenschutz- und Altlastenverordnung, 2000

Jochum, Bebauungspläne für altbelastete Plangebiete – Zur Amtshaftung der Gemeinde als Planungsträgerin, NVwZ 1989, 635

Kobes, Das Bundes-Bodenschutzgesetz, NVwZ 1998, 786

Koch/Hofmann/Reese, Umweltrecht, 5. Auflage 2018

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Oerder/Numberger/Schönfeld, Bundes-Bodenschutzgesetz, Kommentar, 1999

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Vierhaus, Das Bundes-Bodenschutzgesetz, NJW 1998, 1262

Abkürzungsverzeichnis

a. a. O.am angegebenen OrtAbs.AbsatzABuDISAltlastenkataster des Bayerischen Landesamts für Umwelta. F.alte FassungAllMBlAllgemeines MinisterialblattArt.ArtikelBauGBBaugesetzbuchBauOBauordnungBayBOBayerische BauordnungBayBodSchGBayerisches BodenschutzgesetzBayBodSchVwVVerwaltungsvorschrift zum Vollzug des Bodenschutz- und Altlastenrechts in BayernBayDSGBayerisches DatenschutzgesetzBayUIGBayerisches UmweltinformationsgesetzBayVwVfGBayerisches VerwaltungsverfahrensgesetzBBodSchGBundes-BodenschutzgesetzBBodSchVBundes-Bodenschutz- und AltlastenverordnungBeamtStGBeamtenstatusgesetzBGBBürgerliches GesetzbuchBGHBundesgerichtshofBGHZEntscheidungen des Bundesgerichtshofes in ZivilsachenBGIBerufsgenossenschaftliche Information für Sicherheit und Gesundheit bei der ArbeitBImSchGBundes-ImmissionsschutzgesetzBMUVBundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und VerbraucherschutzBT-Drs.Bundestag-DrucksacheBVerwGBundesverwaltungsgerichtDS-GVODatenschutz-GrundverordnungDUDetailuntersuchungDüngeGDüngegesetzEuGHEuropäischer GerichtshofGGGrundgesetzGVBl.Gesetz- und VerordnungsblattHAltBodSchGHessisches Altlasten- und BodenschutzgesetzHBOHessische BauordnungHEHistorische ErkundungLABOBund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz LBOLandesbauordnungLBodSchAGLandes-Bodenschutz- und AltlastengesetzLBodSchGLandesbodenschutzgesetzLfULandesamt für UmweltLTranspGLandestransparentgesetzLUIGLandesumweltinformationsgesetzMBOMusterbauordnungm. w. N.mit weiteren NachweisenNBauONiedersächsische BauordnungNBodSchGNiedersächsisches Bodenschutzgesetzn. F.neue FassungOLGOberlandesgerichtOUOrientierende UntersuchungOVGOberverwaltungsgerichtPAKPolycyclische aromatische KohlenwasserstoffePlanzVPlanzeichenverordnungRARechtsanwaltRn.Randnummers. o.siehe obenStGBStrafgesetzbuchs. u.siehe untenUIGUmweltinformationsgesetzUIRLUmweltinformationsrichtlinieUSchadGUmweltschadensgesetzVGVerwaltungsgerichtVGHVerwaltungsgerichtshofVWVfGVerwaltungsverfahrensgesetzZVGGesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

1. TeilEinführung: Altlasten im Baurecht

1. KapitelAltlasten (Begriff)

I.Altlasten und schädliche Bodenveränderungen

1.Altlasten (§ 2 Abs. 5 BBodSchG)

1Was sind eigentlich „Altlasten“? Das Bundes-Bodenschutzgesetz versteht darunter ausweislich der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 5

1.  stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt oder (ab)gelagert worden sind (Altablagerungen), und

2.  Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),

durch die schädliche Bodenveränderungen (zum Begriff sogleich unter Rn. 2) oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

Beispiele aus der Praxis: Altablagerungen sind etwa Scherbenabfälle aus der Porzellanproduktion, um einen Altstandort handelt es sich z. B. bei einer Industriebrache.

Einen Überblick über die Anzahl der Altlasten und Altlastverdachtsflächen in Bayern im zeitlichen Verlauf von 1990 bis 2021 zeigt die Grafik im Altlastenkataster des LfU über den Link (23.03.24) https://www.lfu.bayern.de/altlasten/altlastenkataster/index.htm

Die Zahl der Altstandorte und Altablagerungen stieg seit 1990 bis 2011 stetig an. Im Jahr 1990 waren 862 Altstandorte und 2.874 Altablagerungen erfasst. Im Jahr 2011 waren 5.986 Altstandorte und 11.860 Altablagerungen mit einer Gesamtsumme von 17.846 in der Datenbank ABuDIS gespeichert. Seitdem sinkt die Anzahl der Flächen.

Im Jahr 2020 waren noch 6.010 Altstandorte und 10.726 Altablagerungen mit einer Gesamtsumme von 16.736 Flächen erfasst. Derzeit sind in Bayern 16.396 Altlasten und altlastverdächtige Flächen (zum Begriff § 2 Abs. 6 BBodSchG) registriert. Dabei handelt es sich um 10.596 Altablagerungen und 5.800 Altstandorte.

Die hohe Anzahl der Altablagerungen im Vergleich zu den Altstandorten ergibt sich aus einer landesweiten Erhebung der Ablagerungen in den 1970iger Jahren.

2.Schädliche Bodenveränderungen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG)

2Was sind dann „schädliche Bodenveränderungen“? Diese Anschlussfrage beantwortet die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 BBodSchG:

Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind,

–  Gefahren,

–  erhebliche Nachteile oder

–  erhebliche Belästigungen

für

–  den Einzelnen oder

–  die Allgemeinheit

herbeizuführen.

II.Altlasten und „Neulasten“

1.Altlasten als schon vorhandene Immissionen

3Aber warum gerade „Altlasten“? Rechtsgeschichtlich hat sich in den 70er Jahren das Immissionsschutzrecht den „neuen Lasten“ gewidmet und mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 1.4.1974 aus dem „allgemeinen“ Gewerberecht emanzipiert (zu diesem ausführlich unter Rn. 14 ff.).

Bald wuchs die Erkenntnis, dass es nicht reicht, nur die gegenwärtigen Kontaminationen zu regeln, sondern erforderlich ist, auch eine Lösung für das zu finden, was schon im Boden ist – eben die Altlasten. Das hat dann noch gedauert bis zum Erlass des am 1.3.1999 endlich in Kraft getretenen Bundes-Bodenschutzgesetzes.

2.Höhere Anforderungen an Neulasten

4Altlasten (oder schädliche Bodenveränderungen), die unter dem Regime des Bundes-Bodenschutzgesetzes – d. h. nach dem 1.3.1999 – eintreten, unterliegen prinzipiell höheren Anforderungen: deren Schadstoffe sind nicht nur zu sichern, sondern vorrangig zu beseitigen, natürlich nur soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Darauf gehen wir noch ausführlich ein (s. u. Rn. 62 ff.).

III.„Rüstungsaltlasten“

5Vom Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes ausgenommen ist dessen § 3 Abs. 2 Satz 2 zufolge das Aufsuchen, Bergen, Befördern, Lagern, Behandeln und Vernichten von Kampfmitteln. Diese richten sich vielmehr nach allgemeinem Sicherheitsrecht und werden hier noch ausführlich im 2. Teil behandelt (Rn. 99 ff.).

IV.Altlasten und Abfall

6Auch soweit Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sowie über die Stilllegung von Deponien (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG) oder über das Aufbringen von Abfällen zur Verwertung als Düngemittel i. S. d. § 2 DüngeG und der hierzu aufgrund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des bis zum 1. Juni 2012 geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchG) Einwirkungen auf den Boden regeln, findet das Bundes-Bodenschutzgesetz keine Anwendung auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten.

„Auf der Schaufel wird die Altlast zu Abfall“, heißt es in diesem Zusammenhang oft schlagwortartig.

2. KapitelBaurecht

I.Bauleitplanung (§ 30 BauGB)

1.Grundsatz der Subsidiarität

7Auch soweit Vorschriften des Bauplanungsrechts Einwirkungen auf den Boden regeln, findet das Bundes-Bodenschutzgesetz keine Anwendung auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 BauGB).

Mit Blick auf diesen Grundsatz der Subsidiarität möchte man meinen, Altlasten und Bauleitplanung ließen sich nur schwer vereinen; häufig wird auch das Bodenschutzrecht gleichgesetzt mit „Nachsorge“, während Vorsorge (nur?) der Bauleitplanung zukomme.

2.Vorsorge nicht nur im Baugesetzbuch

8Nicht nur das bauleitplanerische Vorsorgeprinzip (s. u. Rn. 108), sondern auch § 7 BBodSchG begründet jedoch eine Vorsorgepflicht (dazu ausführlich unter Rn. 18 ff.); allerdings dürfen gemäß dessen Satz 4 Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen nur getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 BBodSchG festgelegt sind („Verordnungsakzessorietät“).1 Spiegelbildlich dürfen laut § 10 Abs. 1 Satz 3 BBodSchG Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 BBodSchG nur getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind.2

Um Vorsorge geht es demnach, wenn Unklarheit über die Auswirkungen besteht und wenn es sich um (weit-) räumliche, langfristige oder komplexe Auswirkungen handelt (vgl. § 7 Satz 2 BBodSchG).3

3.Nachsorge nicht nur im Bundes-Bodenschutzgesetz

9Demgegenüber „zielt die Gefahrenabwehr darauf ab, hinreichend wahrscheinliche und damit klar erkennbare Schadensverläufe in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen abzuwehren“.4 Beschränkt sich damit das Bodenschutzrecht als Gefahrenabwehrrecht auf rein sicherheitsrechtliche Fragestellungen?5

Richtig daran ist, dass nach § 4 Abs. 3 BBodSchG die (reparierende) Sanierung von Boden, Altlasten und Gewässerverunreinigungen Schadensbehebung und damit Nachsorge darstellt; gemäß § 7 Satz 7 BBodSchG bestimmen sich bei bestehenden Bodenbelastungen die zu erfüllenden Pflichten nach § 4 BBodSchG. Andererseits ist Nachsorge immer auch Vorsorge vor künftigen Bodenbelastungen, und Vorsorge muss in heutiger Zeit immer auch Nachsorge beinhalten, da (unbelastete) „grüne Wiesen“ kaum mehr zur Planung bereitstehen. Im Gegenteil muss es sich das Flächenrecycling der Zukunft zur Aufgabe machen, Vorsorge und Nachsorge effektiv miteinander zu verbinden.6

Den Altlasten in der Bauleitplanung widmet sich speziell der 4. Teil (s. u. Rn. 108 ff.).

II.Einzelvorhaben im Innenbereich (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB)

10Auch soweit Vorschriften des Bauordnungsrechts Einwirkungen auf den Boden regeln, findet das Bundes-Bodenschutzgesetz keine Anwendung auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 BauGB).

Sowohl bei der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben (für die Baugenehmigung) als auch bei der Bauausführung (als Hindernis) werfen Altlasten bei Einzelbauvorhaben daher viele Fragen auf; diese beantwortet der 5. Teil (s. u. Rn. 182 ff.).

2. TeilÖffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit

1. KapitelBundes-Bodenschutzgesetz

I.Zweck (§ 1 BBodSchG)

1.Sicherung oder Wiederherstellung der Multifunktionalität des Bodens

11Laut dessen § 1 bezweckt das Bundes-Bodenschutzgesetz, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren