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Ambidextrie beschreibt die Gleichzeitigkeit einander widersprechender Bestrebungen unternehmerischen Handelns: Sowohl das Bewahren und Optimieren des Bewährten (Exploit) als auch das Erkunden neuer Wege, Produkte oder Geschäftsmodelle (Explore) sind Aufgaben jeder Organisation. Beide Modi sind jedoch widersprüchlich in Methodik, Instrumenten, Zielsetzung und impliziten Überzeugungen. Um langfristig bestehen zu können, müssen beide Bestrebungen bedient, koordiniert und mit passenden Ressourcen ausgestattet werden. Das Buch schafft ein vertieftes Verständnis über das ambidextre Spannungsfeld. Es behandelt kulturelle Merkmale, Handlungsroutinen, die Rolle von Führungskräften sowie Chancen und Grenzen beider Modi. Anhand des Ekvilibro-Modells zum Management von Ambidextrie werden konkrete Wege aufgezeigt, um Ambidextrie als Werkzeug für die organisationale Praxis zu etablieren.
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Seitenzahl: 201
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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH
[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-7910-5241-0
Bestell-Nr. 10660-0001
ePub:
ISBN 978-3-7910-5242-7
Bestell-Nr. 10660-0100
ePDF:
ISBN 978-3-7910-5243-4
Bestell-Nr. 10660-0150
Christoph Frey/Gudrun L. Töpfer
Ambidextrie in Organisationen
1. Auflage, Juli 2021
© 2021 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
www.schaeffer-poeschel.de
Bildnachweis (Cover): © juanjo, AdobeStock
Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner
Lektorat: Elke Schindler, Rheinböllen
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Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart
Ein Unternehmen der Haufe Group
Nach Jahrzehnten, in denen wir Organisationen auf klassische Art und Weise gedacht, strukturiert, geführt und gesteuert haben, folgen Jahre, in denen wir Erkenntnisse sammeln, die teilweise irritieren und nicht selten sogar in krassem Widerspruch zu den Erfolgsrezepten klassischer Arbeit stehen. Das betrifft Strategieformulierung und Strategieumsetzung genauso wie den Umgang mit Innovation oder Fragen, wie wir unsere Unternehmen aufstellen, führen und steuern.
In der Folge stellen wir »der Klassik« nun neue Lösungen gegenüber:
Optimierung des Bestehenden oder Aufbruch zu neuen Ufern?Effizienzgewinne durch definierte Abläufe oder Agilität?Null-Fehler-Strategie oder offene Fehlerkultur?Strikte Kontrolle oder Selbstverwaltung?Evolutionäre oder disruptive Innovation?Hierarchie, Autonomie oder Netzwerke?Transaktion oder Transformation?Macht der KPIs oder Macht der Vision?Ergebnisse oder Erkenntnisse?Arbeit im System oder Arbeit am System?Und natürlich auch die Frage nach dem wirksamen Führungsmodell: Manager? Leader? Coaches? Facilitators? Mentoren? Servant Leadership?So weit so gut! Und doch beschleicht einen ein gewisses Unbehagen, stellt man der »Klassik« nun das »Neue« im Sinne eines »Entweder-oder« gegenüber. Spricht nicht Vieles für eine differenziertere Betrachtung? Hat »Klassik« nicht genauso eine Daseinsberechtigung wie das »Neue«? Geht es nicht eher darum, dass wir lernen müssen, wann wir das eine und wann wir das andere anwenden? Geht es nicht am Ende um Balanceakte, also darum, die vielfältigen Herausforderungen, die sich heute stellen, im Sinne eines »Sowohl-als-auch« zu meistern?
Vieles spricht für die sprichwörtliche »Beidhändigkeit«, also für (mehr) Kenntnis darüber, was die eine und was die andere Hand zu tun imstande ist – und wie wir beide in koordinierter Weise nutzen. Und genau hier setzt (organisationale) Ambidextrie an. Sie setzt sich eben diese Beidhändigkeit zum Ziel und liefert einen Denk- und Handlungsrahmen, um Systeme, um Organisationen, um unsere Unternehmen in diese Richtung zu entwickeln.
Organisationale Ambidextrie kann man sich wie eine Brille vorstellen, mit der man auf Herausforderungen, Aufgaben, Probleme, Konzepte, Werkzeuge blickt. Es ist, zugegeben, eine etwas [6]anspruchsvolle Brille, wenn man eine Bedienungsanleitung dazu benötigt. Aber es lohnt, diese Brille aufzusetzen und sich damit einmal gründlich in Unternehmen umzuschauen.
Prof. Dr. Stephan Friedrich von den Eichen
Managing Partner IMP (Innovative Management Partner), München
Honorarprofessor für Betriebswirtschaft, insb. Organisations-, Management- & Geschäftsmodellinnovation, Universität Bremen (LEMEX)
Dieses Buch fällt in eine bewegte Zeit, in der es vor Herausforderungen, vor Ansätzen, Forderungen und Ideen, vor Umwälzungen, sozialen, gesellschaftlichen und technischen Veränderungen nur so wimmelt. Wohin die Reise gehen mag, ist vor diesem Hintergrund schwer zu sagen. Wir erleben großspurige Heilsversprechen und Aufbruchstimmung wie auch Ratlosigkeit und Überforderung.
Ein philosophisches Problem – so stellte Ludwig Wittgenstein fest und hatte Recht damit – hat die Form »Ich kenne mich nicht aus«. Das scheint uns angesichts der vielfältigen Veränderungen der letzten Jahrzehnte gar kein schlechter Ausgangspunkt zu sein. Bei aller Verirrung um richtig oder falsch scheint sich jedoch in Bezug auf die Gestaltung des Innenlebens von Organisationen eine Änderung abzuzeichnen: Wir – beide als Berater/Beraterin seit vielen Jahren in verschiedensten Unternehmen zu Gast – registrieren ein gewisses Unbehagen. Irritierenderweise wird dieses Unbehagen sowohl hinsichtlich der klassischen (managementorientierten) Ansätze, Unternehmen zu führen (die kaum in der Lage zu sein scheinen, besagten Veränderungen gerecht zu werden) verspürt als auch hinsichtlich aktueller Heilsversprechen über die segensreichen Auswirkungen von New Work, Agilität und Co (die allzu oft das Kind mit dem Bade auszuschütten scheinen): Der Weg besteht unserer festen Überzeugung nach nicht in einem neuen, hübsch blinkenden Managementtrend, sondern in einer gelassenen Betrachtungsweise, die das Alte wie das Neue wertschätzt und miteinander verbindet. Die organisationale Ambidextrie bietet mit ihrem Beharren auf der prinzipiellen Gültigkeit sowohl des traditionellen Managementverständnisses als auch neuer Ansätze und Ideen den perfekten Rahmen. Mit diesem Buch möchten wir Ihnen nicht nur das theoretische Konzept der organisationalen Ambidextrie näherbringen, sondern in einem nächsten Schritt auch ganz praktisch ein Instrument an die Hand geben, das Sie bei der Ambidextrie-Arbeit in Ihrem Unternehmen unterstützen kann.
Doch bevor wir das tun, ist tief empfundener Dank angezeigt. Bücher entstehen nämlich entgegen der landläufigen Meinung nicht, indem genialische Autorinnen oder Autoren Texte spontan über Nacht aufs Papier husten; und auch nicht, indem besagte arme Seelen, angekettet an ihre Schreibtische, sich in fensterlosen Büros Tag für Tag und Nacht für Nacht schinden und unter Absingen trauriger Lieder mit blutenden Fingern Fleißarbeit im dürren Ackerland der Erkenntnis verrichten. Sie entstehen durch Austausch mit anderen, was ohnehin lustiger ist und das Ergebnis verbessert. Daher bedarf es ebenso kompetenter wie erfahrener sowie vor allem austauschwilliger und -fähiger Menschen.
Zum Glück kennen wir eine ganze Reihe an Menschen, auf die diese Beschreibung zutrifft und sie haben erheblich geholfen, dieses Buch besser zu machen, als es ohne sie geworden wäre. Ein Dankeschön also an (in alphabetischer Reihenfolge) Alexandra Mies, Axel Ebert, Capucine Carrier, Ralf Kölbach, Sönke Marahrens, Sonja Sinz, Steffan Büschel und Viktoria Bergmann, die [8]Kapitel lasen, kommentierten, als Sparringspartner zur Verfügung standen oder einfach nur ungnädig gegen Stellen traten, die noch nicht rund waren. Ein ebenso herzlicher Dank geht an Dr. Frank Baumgärtner, der uns von Verlagsseite wertvolle Hinweise gab und die Schreibphase mit Wertschätzung und Wohlwollen (um nicht zu sagen: Langmut) begleitete, sowie an Elke Schindler, die unser Manuskript ebenso kritisch wie wohlwollend und kompetent lektorierte. Schließlich bedanken wir uns bei Stephan Friedrich von den Eichen, der sich bereit erklärte, ein Geleitwort aus der Vogelperspektive beizusteuern, sowie bei Daniel Holy, der unsere manchmal seltsamen Abbildungsideen unverdrossen in wundervolle Illustrationen übersetzte.
Mit so vielen kompetenten, freundlichen und wohlwollenden Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, ist ein Privileg.
Gudrun Töpfer und Christoph Frey im Frühjahr 2021
Relativ lange schlummerte die organisationale Ambidextrie in einem theoretischen Dornröschenschlaf1 und wurde seit ihrer ersten Konzeption in den 1970er-Jahren (Duncan 1976) zwar immer wieder für relevant befunden, kam jedoch bisher kaum über den Status eines »nice to know« hinaus. Das mag daran liegen, dass mit der Ambidextrie-Brille auf der Nase zwar viele Erkenntnisse über Unternehmen und Organisationen möglich sind, konkrete Handlungen und Vorgehensweisen sich daraus indes nicht von alleine ergeben.
Nun aber scheint die Zeit reif zu sein, worauf mehrere Veröffentlichungen hindeuten, die sich allein in der zweiten Jahreshälfte 2020 mit diesem Thema befasst haben (z. B. Töpfer 2020a und b; Gergs/Lakeit 2020; Duwe 2020; Derndinger/de Groot 2020). Das Ziel für dieses Buch ist also, den großen und damit anspruchsvollen Schritt vom theoretischen Phänomen in die Unternehmenspraxis zu vollziehen und aus dem Konzept ein Instrument zu machen, mit dem Akteure in Unternehmen etwas anfangen können.
Dabei ist zu beachten: Organisationen gibt es in praktisch jeder Form, Größe und Ausrichtung. Unser Ansatz macht keinen Unterschied zwischen Unternehmen, die auf die Erzielung von (monetärem) Gewinn ausgerichtet sind und solchen, die sich anderen Zwecken und Zielen verschrieben haben (wie beispielsweise Kultureinrichtungen oder NGOs). Was aber sehr wohl einen Unterschied macht, ist die Organisationsgröße. Zwar lassen sich unsere Überlegungen mutatis mutandis auch auf kleinere Organisationen übertragen. Sie sind jedoch nicht explizit darauf ausgerichtet und so manche Empfehlung wird in einem solchen Kontext nicht passen. Wenn wir im praktischen Teil von Organisationen sprechen, meinen wir damit typischerweise solche mit mehr als 100 Mitarbeitenden, die in unterschiedlichen Einheiten (Teams, Abteilungen usw.) arbeiten, welche wiederum unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen.
Um ins Thema zu starten, werden wir zunächst das Konzept selbst beschreiben (Kapitel 1) und durch einen Rundgang über den Fußballplatz (Kapitel 2) sowie das Hineinschnuppern in zwei Unternehmen (Kapitel 3 und 4) ein vertieftes Verständnis der Ambidextrie – besonders ihrer kulturellen Implikationen – liefern. In Kapitel 5 beschreiben wir die drei verschiedenen Arten von Ambidextrie und ihre Bedeutung für Organisationen. In Kapitel 6 schauen wir einem Alien-Baby zu, das Lust auf heißen Karamellpudding hat und lernen, was das Ganze mit Ambidextrie zu tun hat, bevor wir in den Kapiteln 7 bis 11 schließlich unser Managementmodell zur Ambidextrie, das Ekvilibro-Modell, vorstellen. Es beantwortet die Frage: Wenn ich nun meine Organisation ambidexter aufstellen möchte, auf dass sie gleichermaßen effizient im Tagesgeschäft wie auch innovativ und zukunftsorientiert wirken möge – was muss ich dann tun?
[16]Ein griechischer Chor, den wir irgendwo an der Bushaltestelle aufgegabelt haben und der aus unerklärlichen Gründen im Rhythmus der Bayernhymne skandiert, hat in Kapitel 12 das letzte Wort. Er spricht (in ziemlich besserwisserischem Ton) abschließende Worte zur Umsetzung des Konzepts in die Praxis und fasst wichtige Punkte für gelingende Ambidextrie-Arbeit zusammen.
In Kapitel 13 findet sich ein Praxisteil mit konkreten Arbeitshilfen und über das Modell hinausreichenden Informationen. Er ist als Nachschlagewerk gedacht, das in der Reihenfolge der Modellbestandteile konkretere Tipps und Hinweise zur Ausgestaltung der Ambidextrie-Arbeit in der Praxis gibt.
Da wir Texte mögen, die man in einem Rutsch lesen kann, ohne ständig blättern zu müssen, haben wir die Literaturbelege auf das unserer Ansicht nach unumgängliche Minimum beschränkt. Aber: Wir lieben Fußnoten und sind der festen Überzeugung, dass sie eine unterschätzte Kunstform darstellen. In die Fußnoten haben wir deshalb alles gepackt, was unserer Meinung nach den Fließtext ergänzt, aber dort den Lesefluss stören würde: zusätzliche Information, Amüsantes, gelegentlich auch Albernes und die ein oder andere Schote aus unserem Berater/-innen-Dasein. Es ist durchaus möglich, das Buch zu lesen, ohne die Fußnoten zur Kenntnis zu nehmen. Es wäre allerdings schade, denn wir hatten viel Spaß mit ihnen.
Und schließlich – damit hat sich’s dann aber auch mit den Ankündigungen – treten wir dafür ein, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Dort, wo das nicht möglich ist oder die Lesbarkeit stark eingeschränkt würde, gelten die gewählten personenbezogenen Bezeichnungen für alle Geschlechter.
1 Dabei gibt es – wie im Fall der beiden Autoren dieser Zeilen – etliche Menschen, die sich schon viele Jahre und auch aus wissenschaftlicher Perspektive mit diesem Thema beschäftigt haben. Darüber ein Buch zu schreiben, scheint uns zum jetzigen Zeitpunkt allerdings hilfreicher und notwendiger, als es z. B. vor fünf Jahren noch der Fall war.