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Hat Amor etwa das Schießen verlernt? Immer mehr Menschen leben als Single, weil sie trotz langer Suche den Partner fürs Leben nicht gefunden haben. Woran liegt das, und was kann man dagegen tun? Beziehungscoach Clemens Beöthy gibt praktische Tipps, wie Amor wieder besser und öfter ins Schwarze trifft.
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Seitenzahl: 350
Veröffentlichungsjahr: 2013
Clemens Beöthy
Amor ist ein Arschloch
Wie die Liebe wieder öfter ins Schwarze trifft
Knaur e-books
Amor ist ein Arschloch«, wetterte kürzlich Anja aus einer meiner Single-Gruppen in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung über ihr unfreiwilliges Single-Dasein von nunmehr über vier Jahren, als wir über das Thema »Warum die Liebe immer seltener ins Schwarze trifft« diskutierten. Tatsächlich scheint irgendjemand dem göttlichen Knaben das Zielwasser versteckt zu haben, denn noch nie produzierte er so viele kapitale Fehlschüsse wie heute.
Gründe dafür gibt es zuhauf: Die Piazza der einsamen Herzen ist von einem Höchstmaß an Unverbindlichkeit geprägt, weil viele Partnersuchende nicht mehr imstande sind, eine Entscheidung zwischen der absoluten Freiheit des Single-Daseins und der relativen Freiheit einer Zweisamkeit zu treffen. Gefangen in den Klauen der Ambivalenz, neigt sich die Waagschale dauerhaft weder zur einen noch zur anderen Seite. Oft führt aber auch Furcht vor Nähe zu halbherzigen Kontakten, die dann wieder abgebrochen werden, sobald die andere Seite in Schlagdistanz kommt und die Gefahr von Verletzungen wächst.
Daneben sind die Erwartungen an das passende Pendant ins Astronomische gestiegen. Die bessere Hälfte soll Glücksbringer, Rückhalt und moralische Lichtgestalt in Personalunion sein. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft der Einzeltierchen, selbst Entsprechendes in die Zweisamkeit einzubringen, zusehends; Investitionsbereitschaft und Frustrationstoleranz haben bereits jetzt einen historischen Tiefstand erreicht. Besonders evident wird die Diskrepanz zwischen gewünschtem und eigenem Verhalten beim Thema Wahrhaftigkeit. Für nahezu hundert Prozent aller Singles stellt Ehrlichkeit eine Conditio sine qua non seitens des potenziellen Herzblatts dar, während laut verschiedenen Umfragen weit über 50 Prozent von ihnen im Internet mit Falschangaben »glänzen«. Und sollte ich den Erzählungen meiner Singles Glauben schenken, liegt diese Zahl dort sogar noch erheblich höher. Auf freier Wildbahn dürfte die Quote der Nachfahren Baron Münchhausens kaum erfreulicher ausfallen, obwohl natürlich die Anonymität der Online-Partnersuche zur Schaffung einer Scheinidentität geradezu einlädt.
Auch für die zu beobachtende Verrohung der Sitten bei der Pirsch nach dem Herzblatt trägt das World Wide Web zumindest eine Mitverantwortung. Beleidigungen und verbale Ferkeleien, die von Angesicht zu Angesicht eher verkniffen werden, sind im Netz an der Tagesordnung. Eine »handfeste« Ohrfeige als Reaktion darauf schmerzt eben mehr als eine virtuelle. Unzählige Lonely Hearts weigern sich inzwischen, die Übergriffe länger zu erdulden, und treten deshalb den ultimativen Rückzug in ihr Single-Schneckenhaus an. Die Zahl der endfrustrierten Einspänner dürfte langsam eine siebenstellige Dimension annehmen.
Noch ein weiteres Problem wirft speziell die Partnersuche per Mausklick auf, indem sie die Solitäre förmlich mit Kontaktvorschlägen überschüttet. Das erweckt in ihnen die Illusion unendlicher Möglichkeiten, wodurch der einzelne Kontakt erheblich an Wert verliert und häufig sehr leichtfertig weggeklickt wird. In Vergessenheit gerät dabei leicht, dass auf Online-Partnerbörsen nicht nur das Angebot groß ist, sondern auch die Konkurrenz. Daneben verlieren die Einspänner häufig den Wald vor lauter Bäumen aus den Augen angesichts des Wusts an Medien der Entsingelung. Immer neue Möglichkeiten verleiten sie dazu, mal dies und mal das zu probieren, anstatt den Fokus auf ein erfolgversprechendes Vehikel zu legen. In dieser Hinsicht verzetteln sich die einsamen Herzen genauso wie bei der Vielzahl ihrer Web-Bekanntschaften.
Kommt es zum persönlichen Beschnuppern zwischen den Geschlechtern, begegnen sich oft verschiedene Welten: Männer, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, so dass sie jedes Fettnäpfchen mitnehmen, und Frauen, die ratgebergeschult die Hohe Schule des Datings aus dem Effeff beherrschen. Da sind Desaster geradezu vorprogrammiert.
Doch selbst wenn das Stelldichein vielversprechend verläuft, ist die Sache keineswegs schon in trockenen Tüchern. Vielleicht meldet sich eine Seite einfach nicht mehr, weil sie kalte Füße bekommen hat, inzwischen ein »lukrativerer« Kandidat auf der Bildfläche beziehungsweise auf dem Bildschirm erschienen ist, oder es grüßt einfach wieder die Unverbindlichkeit. Geht die Geschichte hingegen weiter bis ins Schlafzimmer, wäre hernach »nur noch« die unbedeutende Frage zu klären, ob das Paar es bei dem einmaligen Ringelpiez belassen möchte oder mehr daraus werden soll.
Die Palette der unterschiedlichen Beziehungsmodelle ist heute schier unbegrenzt und reicht von »gelegentlichen Treffs« bis hin zur Ehe. Jedes kann zudem noch individuell ausgestaltet werden, etwa hinsichtlich intimen Exklusivitätsanspruchs im Gegensatz zu promisken Formen der Zweisamkeit. Ticken hier die Frischverliebten unterschiedlich, was eher schon die Regel als die Ausnahme darstellt, kann die verzweifelte Suche nach einer Kompromisslösung die unvermeidliche Trennung allenfalls hinauszögern, niemals aber verhindern. Last, but not least fehlt der partnerschaftlichen Annäherung oft die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Gegenseitiges Misstrauen oder gar Geschlechterhass aufgrund negativer Vorerfahrungen prägt die Szenerie. Zudem achten sowohl Mann als auch Frau fast schon zwanghaft darauf, in der sich anbahnenden Zweisamkeit nicht zu kurz beziehungsweise unter die Räder des jeweils anderen zu kommen.
Wie die Störanfälligkeit zwischengeschlechtlicher Fühlungnahme vom ersten Blickkontakt bis hin zu den ersten wackeligen Schritten zweisamer Vertrautheit vermindert werden kann, so dass die Liebe wieder öfter ins Schwarze trifft, vermittelt dieser kleine Ratgeber. Grundlage dafür bilden über 16 Jahre Erfahrung als Single-Coach, Paarberater sowie Leiter eines Single-Clubs mit wöchentlichen themenzentrierten Gesprächsabenden und regelmäßigen Kennenlern-Events. Knapp 5000 Alleinstehende fast aller Alters- sowie Berufsgruppen habe ich inzwischen bei ihrer Partnersuche gecoacht. Etwa 1000 von ihnen fanden direkt in meinem Single-Kreis ihr Liebesglück. Mein Erfahrungshintergrund ist republikweit einzigartig, so dass die von mir gemachten Aussagen weitgehend als repräsentativ für den Mainstream sowohl der weiblichen als auch der männlichen Singles angesehen werden können.
Adressatinnen dieses Buches sind Frauen, die ich als Gralshüterinnen der partnerschaftlichen Weisheit ansehe. Ihnen obliegt es auch, das Wissen der Welt über Flirt und Date an interessierte Vertreter der Männerwelt weiterzugeben, so wie ich selbst den überwiegenden Teil meiner Erkenntnisse auf diesem Gebiet der holden Weiblichkeit verdanke.
Viel Spaß bei der Lektüre!
Meine erste große Liebe lernte ich mit 18 kennen, und obwohl die Beziehung nur gut ein Jahr lang hielt, trauerte ich ihr fast ebenso lange nach. Alle Kontakte, die ich dazwischen mit anderen jungen Frauen hatte, muss ich im Nachhinein unter dem Motto verbuchen: »Ich war jung und brauchte den Sex.« Tiefer emotional einlassen konnte ich mich auf keine meiner weiblichen Bekanntschaften, weil ich sie immer mit meiner Ex verglich. Mein Blick war damals eindeutig noch mehr in die Vergangenheit als in die Gegenwart gerichtet. Eines wunderschönen Sommermorgens aber erwachte ich, setzte meine Füße vors Bett, und just in diesem Moment gab mir jede Zelle meines Körpers die Rückmeldung: »Jetzt bist du so weit, du hast es geschafft.« Tatsächlich markierte dieser Tag das Ende meiner Leidenszeit. Ich konnte wieder völlig unbefangen auf das andere Geschlecht zugehen.
Was will ich Ihnen mit dieser Geschichte sagen? Eine neue Liebe ist definitiv erst dann tragfähig, wenn Sie Ihre alte emotional abgeschlossen haben. Bevor Sie nicht ein ähnliches Aha-Erlebnis zu verbuchen haben wie ich an jenem Sommermorgen, wird jeder Beziehungsversuch kläglich scheitern. Das lässt sich sehr gut durch ein Bild erklären: Anatomisch gesehen, kann kein Mensch gleichzeitig nach vorne und nach hinten blicken, sprich, die zurückliegende Zweisamkeit verarbeiten und ausreichend emotionale Energie in die gerade entstehende investieren. Wechselt sich Ihr Fokus ab, wird einmal der Abbau Ihrer Altlasten völlig stagnieren, während Sie andernfalls Ihrer frischen Verbindung völlig das Wasser abgraben.
Besonders die Damen in meinen Single-Gruppen fragen mich häufig, wie lange es dauert, die Schatten der Vergangenheit loszuwerden. Meine »klare« Antwort lautet stets: »Das kommt darauf an.« Und zwar auf die Verarbeitungsmechanismen, die bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgebildet sind. Das bedeutet, der eine hat das »Milva-Naturell«, ist hart im Nehmen und vergisst sehr schnell, während einen anderen schon ein Windhauch für Jahre außer Gefecht setzt. Einen zweiten ganz entscheidenden Faktor stellt natürlich die Tiefe der erlittenen Verletzungen in der vergangenen Verbindung oder durch die Trennung dar. Last, but not least spielen die Qualität und Intensität einer möglichen therapeutischen Begleitung eine Hauptrolle. Von gelegentlich kolportierten Formeln à la »Trauerzeit« ist gleich Beziehungszeit oder zumindest ein Viertel davon, halte ich hingegen gar nichts. Würde ja heißen, wenn Sie sich mit 42 gerade aus einer 24-jährigen Partnerschaft gelöst haben, müssten Sie nun ein Single-Dasein von entweder 24 oder sechs Jahren fristen. Fakt ist, dass es Ihnen nach einer so ausgedehnten Phase des Alleinlebens enorm schwerfallen würde, wieder mit allen Konsequenzen das Abenteuer Liebe zu wagen, weil Sie sich inzwischen wunderbar in Ihrem Single-Dasein eingerichtet oder sich zumindest trefflich damit arrangiert hätten. Umgekehrt könnten »kurzzeitige Heilsversprechen« ungeachtet aller persönlichen Befindlichkeiten zu einer trügerischen Sicherheit führen, schon wieder reif für die Prinzenjagd zu sein. Das größte Problem solcher Rechenbeispiele besteht darin, dass sie nicht berücksichtigen, wie unterschiedlich Menschen ticken; die Fachchinesen nennen das »interindividuelle Differenzen«. Ich selbst kann Ihnen allenfalls einen Erfahrungswert aus meiner Berufspraxis für die Verarbeitung einer schmerzhaften oder gar traumatischen Trennung angeben, der für Frauen bei zwei bis drei und für Männer bei einem bis zwei Jahren liegt. Wie weit Sie mit der Bewältigung Ihrer vergangenen Beziehung(en) sind, kann Ihnen am besten Ihr Unterbewusstsein in Gestalt Ihrer Träume rückmelden. Stellen Sie Ihrem Unterbewusstsein jeden Abend, bevor Sie einschlafen, die Frage, ob Sie schon bereit sind für eine neue Zweisamkeit, bis Sie die Antwort träumen. Sicher war es bei mir an jenem Morgen der Befreiung vor fast 30 Jahren ähnlich abgelaufen, nur wusste ich als junger Bursche noch nicht, wie und warum.
In einem Beziehungsratgeber habe ich einmal sinngemäß gelesen, dass eine glückliche Zweisamkeit entstehe, indem sich zwei glückliche Menschen zusammentun, um sich noch glücklicher zu machen. Ich würde das ein wenig abschwächen in »zufriedene Menschen«, weil vielen zufriedenen, aber beziehungsorientierten Singles gerade die Liebe als i-Tüpfelchen zum Glücklichsein fehlt. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass individuelle Unzufriedenheit die Grundlage für partnerschaftliches Unglück darstellt.
Bevor Sie also auf die Pirsch nach Mr. Right gehen, sollten Sie sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Sie mit sich und Ihrem Leben im Reinen sind.
ein intaktes soziales Umfeld aufweisen können, mit dem die Bilanz von Geben und Nehmen einigermaßen ausgeglichen ist,
einer Arbeit nachgehen, die Ihnen Freude, Gestaltungsspielraum und Genugtuung verschafft,
über eine gute Gesundheit verfügen,
sich materiell in einer gesicherten Position befinden,
für schwächere Mitmenschen eine Stütze sein können,
ein ausgefülltes Privatleben führen,
sich selbst lieben oder zumindest mögen,
in einem gesunden Wohnumfeld leben,
(fast) jeden Morgen aufwachen und sich auf den vor Ihnen liegenden Tag freuen,
meist lächelnd durchs Leben gehen,
Träume, Wünsche und Visionen haben,
in Ihrer Mitte sind.
Natürlich können Sie die Liste beliebig um Zufriedenheitskriterien erweitern, die Ihnen wichtig sind, oder einzelne für Sie unwichtige davon streichen. Merken Sie aber dann, dass es bei Ihnen in einigen Bereichen hapert, so sollten Sie dort versuchen, günstigere Bedingungen zu schaffen, bevor Sie sich auf Prinzenjagd begeben.
Als Christina, 37, in meine Beratung kam, war sie todunglücklich mit ihrem Job als Verkäuferin, in dem sie sich maßlos unterfordert fühlte und von ihren Kolleginnen geschnitten wurde. Zudem herrschte in ihrer Haushaltskasse chronisch Ebbe, weil sie über ihre Verhältnisse lebte. Zu ihren Eltern hatte sie nach einem Erbschaftsstreit schon seit Jahren keinen Kontakt mehr, worunter sie zunehmend litt. Trotz oder gerade wegen ihrer Probleme suchte Christina verzweifelt eine starke Schulter zum Anlehnen. Alle Männer, die sie kennenlernte, traten aber wieder den Rückzug an, sobald sie ihnen ihre Leidensgeschichte erzählte.
Ich versuchte, Christina deutlich zu machen, dass sich jeder potenzielle Herzbube von der Hypothek, die sie in ihre Beziehungen einbrachte, erdrückt fühlte und sie nicht von einem wildfremden Menschen erwarten konnte, sie mit zu schultern.
Sie verstand, entwickelte einen Finanzplan, schaffte es, sich mit ihren Eltern zu versöhnen, und fand nach unzähligen Bewerbungen einen Arbeitsplatz im Marketing-Bereich, der mehr ihren Fähigkeiten entsprach. Just dort fiel sie einem attraktiven Kollegen wegen ihrer nun positiven Ausstrahlung ins Auge. Der Rest ist Geschichte. Immer wenn mir Christina heute in der Stadt mit ihren beiden süßen Kindern und ihrem Ehemann im Schlepptau begegnet, strahlt sie vor Glück. Und ich freue mich wie ein kleiner Junge über ihre Erfolgsgeschichte.
Wenn Kerstin, 43, ausgeht, »versteckt« sie sich meist in der hintersten Kneipenecke und strahlt zudem nur wenig Paarungsbereitschaft aus. Von potenziellen Herzbuben angesprochen wird sie eigentlich nur, wenn sie deutlich einen zu viel im Tee haben, was für sie mehr als frustrierend ist. Nüchterne Kandidaten meiden sie, weil sie glauben, sie habe kein Interesse an einer Partnerschaft. Damit liegen sie gar nicht einmal verkehrt. Zumindest genießt das Suchen und Finden der Liebe auf ihrer Prioritätenliste keinen allzu hohen Stellenwert. Davor rangieren ihre Haustiere, Unternehmungen mit Freundinnen, berufliches Fortkommen, ausgedehnte Fernreisen und ihre Laienschauspielgruppe. Ob ein männliches Gegenstück überhaupt noch Platz in ihrem eigentlich ausgefüllten Leben hat, darüber ist sie sich keineswegs im Klaren. Nur manchmal, an den verflixten Single-Wochenenden, an denen das Telefon einfach nicht klingeln will und sie die Uhr ticken hört, wünscht sie sich einen Prinzen auf ihr Schloss. Dann fährt sie ihren Laptop hoch, um als Gast auf diversen Internet-Partnerbörsen herumzusurfen. Für eine gebührenpflichtige Premiummitgliedschaft war bisher der Leidensdruck, wenn man bei ihr überhaupt davon sprechen kann, noch nicht groß genug. Ab montags ist der Spuk ohnehin vorüber. Die hektische Betriebsamkeit der Arbeitswoche lässt sie das einsame Wochenende und ihre halbherzigen Kontaktversuche per Mausklick schnell wieder vergessen.
Wenn Sie ähnlich halbherzig wie Kerstin Ausschau nach Mr. Right halten, weil Ihnen andere Dinge wichtiger sind als Zweisamkeit, sollten Sie sich vielleicht die Frage stellen, ob momentan überhaupt der richtige Zeitpunkt dafür ist. Nach dem Gesetz der Resonanz werden Sie ansonsten überwiegend »Junggesellen« anziehen, die ebenfalls mit angezogener Handbremse auf der Piazza der einsamen Herzen unterwegs sind; und so kommt eine mögliche Beziehung nie richtig in Fahrt. Die »Überzeugungstäter« indes zeigen Ihnen die kalte Schulter. Sie streben A-Priorität in der Zweisamkeit an und übernehmen bei entsprechender Selbstachtung keinesfalls die Rolle eines besseren Lückenbüßers.
Begeben Sie sich also, um amouröses Geplänkel zu vermeiden, besser erst auf Prinzenjagd, wenn Ihnen Ihre innere Stimme sagt, dass Sie nun bereit sind, dem Königssohn den Platz an der Sonne in Ihrem Leben zu reservieren.
Sybille, 32, eine junge, aufstrebende Bankerin, lernte vor einigen Jahren in einer meiner Single-Gruppen den pfiffigen Endvierziger Horst kennen, der als Dreher arbeitete. Trotz des großen Altersunterschieds bildeten die beiden ein süßes Pärchen. Als aber Sybilles Eltern Wind von der Liaison bekamen, setzten sie alle Hebel in Bewegung, um die Frischverliebten wieder auseinanderzubringen. Horst erschien ihnen nämlich nicht standesgemäß für ihre Tochter, und zudem wünschten sie sich noch Enkelchen, während Horsts Familienplanung als Vater zweier fast erwachsener Kinder aus erster Ehe bereits abgeschlossen war. Die Sache gipfelte darin, dass mich Sybilles Vater eines Morgens empört anrief und mir drohte, mich wegen Kuppelei anzuzeigen, sofern ich nicht gegen die Verbindung intervenierte.
Natürlich ließ ich mich auf keinerlei Diskussion mit ihm ein, geschweige denn, dachte ich auch nur im Traum daran, seiner Forderung nachzukommen. Trotzdem glückte Sybilles Eltern schlussendlich die Mission Beziehungsmord, obwohl anfangs der Romeo-und-Julia-Effekt das Paar noch enger zusammenschweißte. Ausschlaggebend waren am Ende angebliche Selbstmorddrohungen von Sybilles depressiver Mutter, mit denen ihr Vater sie massiv psychisch unter Druck setzte.
In dem wundervollen britischen Episodenfilm »Tatsächlich … Liebe« von Richard Curtis ist es der psychisch kranke Bruder, Michael, der Sarah durch seine permanenten Anrufe das Date mit ihrer großen Liebe Karl verdirbt.
Die größten Spielverderber für den Paarungstanz des »schwachen« Geschlechts sind meiner Erfahrung nach jedoch nicht die »lieben Verwandten«, sondern vermeintliche Freundinnen. Nicht selten lösen sich in meinem Single-Kreis hoffnungsvolle zwischengeschlechtliche Kontakte in Wohlgefallen auf, weil eine Schattenfrau im Hintergrund ihre Intrigen spinnt. Der Grund dafür ist im besten Falle noch die verständliche Angst, die Ausgehkumpeline zu verlieren, und im schlimmsten schiere Eifersucht.
Ihnen einzureden versucht, dass alle Männer Schweine seien, und ständig mit entsprechenden Horrorgeschichten aufwarten kann.
Ihnen jede Ihrer aktuellen Männerbekanntschaften madigmacht.
beim Ausgehen mit Ihnen bewusst Locations meidet, in denen sich viele interessante Single-Männer tummeln, oder selbige unter fadenscheinigen Begründungen schnell wieder verlassen möchte.
immer gerade dann einen Migräneanfall bekommt und dringend nach Hause muss, wenn Sie gerade heftig mit einem Mann zu flirten beginnen.
versucht, Ihnen Ihre neue Bekanntschaft abspenstig zu machen, obwohl sie vielleicht noch nicht einmal wirkliches Interesse an ihr hat.
sie ihre Krallen ausfährt beziehungsweise abstoßende Verhaltensweisen an den Tag legt, sobald sich Ihnen ein männliches Wesen nähert.
Wenn Ihnen die Freundschaft wichtig ist und Sie nicht gleich zur Ultima Ratio ihrer Aufkündigung greifen möchten, sollten Sie zumindest ein klärendes Gespräch mit der anderen Seite suchen, um gemeinsam mögliche Handlungsalternativen Ihrerseits zu diskutieren.
Vor einigen Monaten erzählte mir Wiebke, eine 41-jährige Coaching-Klientin, frustriert von ihren Erfahrungen beim Speed-Dating. Kein Einziger ihrer männlichen Gesprächspartner hatte nach dem Abend gegenüber den Veranstaltern Interesse bekundet, sie wiederzusehen. Das wunderte mich ehrlich gesagt nur wenig, weil Wiebke zum einen wahrlich nicht der Typ war, der vor Charme sprühte, und zum anderen mit einem Mauerblümchen-Image zu kämpfen hatte. Eine gewisse Maulfaulheit tat noch ihr Übriges. Alles absolute K.-o.-Kriterien bei der Fleischbeschau am laufenden Band. Diplomatisch führte ich Wiebke vor Augen, dass dieses Vehikel der Entsingelung einfach ungeeignet für sie sei. Stattdessen legte ich ihr nahe, regelmäßig einen Gesprächszirkel für Singles zu besuchen, weil ich glaubte, dass sie dort auf Dauer durch ihre liebenswerte Art und Teamfähigkeit das »starke« Geschlecht überzeugen könnte. Der Plan funktionierte. Schon nach wenigen »Talkrunden« begann ein etwas jüngerer Ingenieur ganz heftig um Wiebke zu werben, und die beiden wurden ein Paar.
Wenn Sie auf der Suche nach dem passenden Kontaktanbahnungsmedium für sich sind, sollten Sie eine Liste mit Ihren flirtrelevanten Skills (Fähigkeiten) – zum Beispiel Offenheit, Humor oder Schlagfertigkeit – erstellen. Diese können Sie dann mit denen vergleichen, die die gängigen Möglichkeiten der Entsingelung von Ihnen verlangen. Je größer die Übereinstimmung zwischen Ihrem Angebot an Skills und deren Gefragtheit in einem bestimmten Medium ist, desto größer sind Ihre Erfolgsaussichten bei dessen Nutzung.
Das nachfolgende Anforderungsprofil der gängigsten Verpaarungskatalysatoren bietet Ihnen die Vergleichsgrundlage:
»Lust am Fabulieren«
ansprechender, witziger Schreibstil
Fähigkeit, per Tastatur Emotionen zu erzeugen
gute Grammatik und Orthographie
regelmäßiger Internet-Zugang
PC-Grundkenntnisse
Beherrschung des spezifischen Netzjargons sowie der Netikette
kreative Ideen, um das eigene Profil hervorzuheben
günstige optische Präsentation per hochgeladenem(n) Foto(s)
Bereitschaft, sich anonymen Kontakten zu öffnen
gesunde Skepsis und Vorsicht
dickes Fell gegen verbale Verletzungen und intime Anzüglichkeiten
Ausdauer
gewisse Fremdsprachenkenntnisse bei Auslandskontakten
Integrationsfähigkeit in eine Gruppe
Kontaktfreude
Flirtigkeit
Einsatzfreude bei eventuell zu verrichtenden Arbeiten
psychische Belastbarkeit bei Spannungen mit anderen Teilnehmern/-innen
kulturelles und/oder sportliches Interesse
Ideen für gemeinsame Unternehmungen jenseits des offiziellen Programms
recht hohe finanzielle Investitionsbereitschaft
Stimmungsstabilität
gute Laune
Reise- und Abenteuerlust
Flexibilität
überdurchschnittliche optische Attraktivität
positive Ausstrahlung
unbändige Kommunikationsfreude
Fähigkeit zuzuhören
Überzeugungskraft
gutes Selbstbewusstsein
rasche Auffassungsgabe
Schlagfertigkeit
Flexibilität, sich blitzschnell auf einen neuen Gesprächspartner einzustellen
physische und psychische Ausdauer
Bereitschaft, unangenehme Kontakte auszuhalten
grundsätzliche Neugierde auf andere Menschen
Bühnentauglichkeit
deftiger Humor
Schlagfertigkeit
Schmerzfreiheit gegenüber geistigen Tiefschlägen und Blamagen
Bereitschaft, sich öffentlich als Single zu outen
exhibitionistisch-narzisstische Grundtendenz
keine Furcht vor körperlicher Berührung bis hin zu Grapschen
niedrige Erwartungen an den Herzbuben
Erfahrung im Umgang mit Betrunkenen
Mitmachmentalität
Entscheidungsfreude
Fähigkeit, Autonomie abzugeben
Zeit, sich über verschiedene Anbieter und ihre Konditionen zu informieren
Bereitschaft, der Vermittlung selbst intimste Details von sich preiszugeben
exakte Formulierung der eigenen Partner(schafts)wünsche
Ehrlichkeit
Kooperationsfähigkeit
Akzeptanz bestimmter Verhaltensregeln beim angebahnten Dating
Vertrauen in die seriöse Arbeitsweise der professionellen Kuppler
Anpassung an einen vorgegebenen Vermittlungsrhythmus
gewisse Flexibilität hinsichtlich der eigenen Vorstellungen
verlässliche Rückmeldungen an das Institut über den Status von Kontakten
adäquater finanzieller Background zur Erstattung des gewöhnlich vierstelligen Agenturhonorars
gutes Standing bei eventuellen Konflikten mit der PV
Fähigkeit, kurze, knackige Texte zu verfassen
bildhafte Sprache
Humor
realistische Selbsteinschätzung und Erwartungen
Mut zur Veröffentlichung der Annonce
Bereitschaft, in Offertenschreiben ein Stück weit die Hose herunterzulassen
Vertrautheit mit der Anzeigensprache (Abkürzungen, codierte Redwendungen)
zwischen den Zeilen lesen können
»Feeling« für die passende Zeitung oder Zeitschrift
Wissen um die günstigsten Jahreszeiten (Frühling, Herbst) für die Insertion
Zeit und Gelegenheit zum regelmäßigen Studium der Rubrik »Bekanntschaften«
hohe Frustrationstoleranz bei unbeantworteten Briefen und Date-Super-GAUs
Lust auf Gedankenaustausch und gemeinsames Tun mit Gleichgesinnten
Teamfähigkeit
Kontaktfreude
Motivation für die regelmäßige Teilnahme
Unverkrampftheit gemäß dem Motto: »Alles kann, nichts muss«
Bereitschaft, eigene Ideen und Vorschläge einzubringen
Akzeptieren der Leitungspersonen
Konformität gegenüber den Regeln des Treffs
gute Laune
Hilfsbereitschaft
Pünktlichkeit
Konfliktfähigkeit
Nach einer 20-jährigen Ehe voller Demütigungen und Abwertungen durch ihren Mann leidet Anne, 44, eine in vielerlei Hinsicht ausgesprochen attraktive Frau, unter schwersten Minderwertigkeitskomplexen. Als Folge davon gerät sie ständig an Typen, deren Niveau schon nicht mehr überirdisch gemessen werden kann. Wann immer sie mit ihnen irgendwo aufläuft, ist Fremdschämen angesagt.
Völlig diametral tickt Tina, 53. Sie findet keinen Mann, weil sie sich für eine der besten Sopranstimmen des Universums hält und noch immer auf den mindestens weltbekannten Heldentenor mit wehenden blonden Locken wartet. Wäre sie ein paar Jährchen jünger, hätte Dieter Bohlen sicher einen Höllenspaß daran, sie vor seinem Jurytisch zu schlachten, ähnelt ihr Gesang doch in Wirklichkeit eher dem Wehklagen einer angeschossenen Dohle als dem eines angehenden Superstars. Grundsätzlich ist allerdings zu betonen, dass Frauen im Gegensatz zu Männern immer noch eher dazu neigen, sich selbst zu unterschätzen, wobei allerdings der Trend gegenwärtig eindeutig in die andere Richtung geht.
Sowohl Anne als auch Tina bleibt dauerhaftes Liebesglück verwährt. Bei der einen scheitern sämtliche Beziehungsversuche aufgrund ihrer zu niedrigen, bei der anderen aufgrund ihrer unrealistisch hohen Ansprüche.
Wenn es Ihnen ähnlich schwerfällt, sich selbst tatsachennah einzuschätzen, wie den beiden Damen und Sie vielleicht schon öfter entsprechende Rückmeldungen aus Ihrem sozialen Umfeld bekommen haben, dann könnten einige »bewährte« Möglichkeiten des Realitätschecks für Sie hilfreich sein:
Ein erfahrener Coach arbeitet mit Ihnen innerhalb von nur wenigen Stunden Ihre Stärken und Schwächen heraus. Er wird Ihnen auch helfen, Bereiche aufzuspüren, in denen Sie sich möglicherweise über- oder unterschätzen. Am Ende des Prozesses sollten Sie in der Lage sein, ein Partnerprofil auf Augenhöhe zu erstellen.
Bitten Sie einige gute Freundinnen, von denen Sie wissen, dass sie kein Blatt vor den Mund nehmen, Ihnen eine ehrliche Rückmeldung darüber zu geben, ob Ihre Erwartungen an den zukünftigen Herzbuben einigermaßen mit dem korrelieren, was Sie zu bieten haben. Versprechen Sie der »Jury«, dass Sie ihr das Urteil, egal, wie es ausfällt, keinesfalls krummnehmen werden. Versprechen Sie ihr im Gegenteil ein leckeres Abendessen.
Ich habe einen Test entwickelt, mit dem Sie herausfinden können, wie hoch Ihre eigene Attraktivität ist. In meinen Single-Gruppen erfreut er sich großer Beliebtheit. Daher hoffe ich, dass auch Sie Spaß daran haben und davon profitieren werden.
Geben Sie sich bei den folgenden Kriterien jeweils eine Note von 1 bis 6, und tragen Sie sie auf ein Blatt Papier ein, das Sie für diese Übung zur Hand nehmen sollten. Wie in der Schule bedeutet die Note 1, dass Sie das Kriterium ausgezeichnet, also »sehr gut«, erfüllen. 2 bedeutet »gut«, 3 »befriedigend«, 4 »ausreichend«, 5 »mangelhaft«, 6 »ungenügend«. Addieren Sie am Ende alle Ihre Einzelnoten, und teilen Sie die Summe schließlich durch 100. Sie erhalten dann die Durchschnittsnote bezüglich Ihrer Attraktivität beziehungsweise Ihres Marktwertes.
Fühlen Sie sich aus irgendwelchen Gründen bei einzelnen Kriterien nicht in der Lage, sich zu beurteilen, dann geben Sie sich dafür keine Note. Dann dürfen Sie Ihre Gesamtpunktzahl allerdings nicht mehr durch 100, sondern nur noch durch die Anzahl der bewerteten Kriterien teilen (Fehlen z.B. drei Noten, so durch 97). Lesen Sie zum besseren Verständnis der Kriterien gegebenenfalls auch die Fußnoten.
Bildung
Intelligenz
Einkommen
Aussehen
Charakterfestigkeit
intaktes Elternhaus
Freiheit von Altlasten
soziale Kompetenz
Selbstbewusstsein
vielseitige Interessen
Investitionsbereitschaft
Selbständigkeit
Gepflegtheit
Charme
Humor/Esprit
Ehrlichkeit
Bindungsfähigkeit
Kompromissbereitschaft
Unternehmungslust
Verantwortungsbewusstsein
Spontaneität
beruflicher Status
finanzielle Unabhängigkeit
Gesundheit
Einfühlungsvermögen
Natürlichkeit
verbale Kommunikationsfähigkeit/ Redegewandtheit
Stil/Geschmack
häusliche Fähigkeiten
Kreativität
Manieren
Umgang mit Geld[1]
sexuelle Ansprechbarkeit
Gesundheitsbewusstsein
Bindungswunsch
Verlässlichkeit
Treue
Optimismus
Tiefgründigkeit
Lebhaftigkeit
Konfliktfähigkeit
Qualitäten als Liebhaber/-in
gesunde Selbstkritik[2]
Herzlichkeit
Vertrauenswürdigkeit
Fähigkeit zu vertrauen
Selbstironie
Selbstdisziplin
Fleiß
Lebenssinn
Aufmerksamkeit[3]
Ausstrahlung
Emotionalität[4]
soziales Umfeld
Abgrenzungsfähigkeit
Entwicklungsfähigkeit
Offenheit
Liebesfähigkeit
Wohnsituation
Zufriedenheit
Selbstliebe, -akzeptanz
Toleranz
Genussfähigkeit
Fähigkeit zum Zuhören
Wohlwollen
Ausgewogenheit von Nähe und Distanz
Versöhnungsbereitschaft
Stimme
Zärtlichkeit
Zeit[5]
Geduld
Dankbarkeit
Respekt
Loyalität[6]
Frustrationstoleranz[7]
ernste Absichten[8]
Partnerschaftserfahrung
Aussprache
Ungebundenheit[9]
Sportlichkeit
Neugierde
Unbeschwertheit
Flexibilität
Körperhaltung
Mut zu Neuem
nonverbale Kommunikations- fähigkeit (Gestik/Mimik)
Entscheidungsfreude
Hilfsbereitschaft
Begeisterungsfähigkeit
Gesprächsbereitschaft
Strukturiertheit
Lebensziele
handwerkliche Fähigkeiten
Beständigkeit
Auftreten
Beziehungsfähigkeit
Ausgeglichenheit
Harmoniebedürfnis[10]
Taktgefühl
Großzügigkeit
Um abchecken zu können, ob Ihre Ergebnisse in etwa auf einer wirklichkeitsnahen Grundlage basieren, sollten Sie sich diesbezüglich unbedingt Feedback aus Ihrem persönlichen Umfeld einholen. Ideal wäre dazu eine Person, die Sie so gut kennt, dass sie in der Lage ist, Ihnen bei allen Kriterien des Tests eine Note im Sinne einer Fremdbeurteilung zu geben. Weicht die Gesamtnote der Fremdbeurteilung stark (um mehr als eine Note) von der Selbstbeurteilung ab, ob positiv oder negativ, so könnte eine merkliche bis massive Selbstunterschätzung beziehungsweise Selbstüberschätzung vorliegen. Sollten Sie Misstrauen gegenüber der Fremdbeurteilung haben und doch glauben, die eigene entspreche eher der Realität, dann suchen Sie sich weitere Personen, die Sie anhand des Tests bewerten. Das ist sowieso sinnvoll, denn je mehr Fremdbewertungen Sie erhalten, desto fundierter wird das Feedback. Bestätigt sich das Ergebnis der ersten Fremdbewertung weitgehend, sollten Sie sich langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass Ihre Einschätzung des eigenen Marktwertes verzerrt ist.
In meinen Single-Gruppen reicht es den einigermaßen selbstkritischen Mitgliedern meist schon als Korrektiv, wenn sie die Einzelergebnisse der übrigen Teilnehmer/-innen hören. Haben sich zum Beispiel deutlich hübschere Teilnehmer/-innen bezüglich ihres Aussehens schlechter benotet als sie selbst, so schwant ihnen, dass sie bei diesem Kriterium wohl doch eher ins Land der Wünsche und Träume abgedriftet sind. Vorausgesetzt natürlich, die anderen lagen mit ihrer Einschätzung »richtig«.
Vor geraumer Zeit besuchte Regina, 46, zum ersten Mal eine meiner Single-Gruppen mit dem erklärten Ziel, nach ihrer gescheiterten Ehe wieder eine Beziehung aufzubauen. Allerdings lag die Trennung von ihrem Mann damals schon über acht Jahre zurück. Richtig heimisch wurde Regina in der Gruppe nie, was vor allem daran lag, dass sie bei den »wilden« Flirtaktivitäten der übrigen Mitglieder immer nur als Zuschauerin fungierte. Sie selbst sandte der Männerwelt eher die Botschaft: »Rühr mich nicht an.« Ihre ohnehin spärlichen Redebeiträge wirkten spröde, und körpersprachlich signalisierte sie Desinteresse bis hin zu Genervtheit. Meine Versuche, sie ein wenig aus der Reserve zu locken, gingen beinahe allesamt schief. Auch außerhalb der Gruppe gelang es mir nicht, entscheidend an sie heranzukommen. Nach etwa zehn Monaten, die für sie ein reines Durchhalten gewesen sein mussten, meldete sie sich telefonisch bei mir ab.
Zu meiner großen Überraschung aber wurde Regina fünf Jahre später zur Wiederholungstäterin, wie ich Gruppenrückkehrer spaßeshalber nenne.
Inzwischen sind acht Wochen seit ihrem Comeback vergangen, und ich muss leider sagen: Die Geschichte wiederholt sich. Regina ist um keinen Deut offener geworden; im Gegenteil, die weiteren Jahre in ihrem Single-Schneckenhaus haben sie noch verbohrter gemacht.
Fraglos brauchen Sie Zeit, eine schmerzvolle oder gar traumatische Trennung nach einer Langzeitbeziehung zu verarbeiten. So dürfte es Ihnen im Trauerjahr, überflutet von Trauerhormonen, nur schwerlich gelingen, wieder eine tragfähige Zweisamkeit aufzubauen.
Andererseits gibt es aber auch eine kritische Phase, in der Ihnen die partnerschaftliche Neuorientierung gelingen sollte, und zwar im vierten Jahr Ihres Single-Daseins. Bleiben Sie weit darüber hinaus allein, haben Sie sich vermutlich ähnlich wie Regina schon zu sehr mit Ihrem Solistenschicksal arrangiert. Innerlich bauen Sie immer mehr Hindernisse gegenüber der Liebe auf:
Sie sind nicht mehr dazu bereit, für eine Partnerschaft gravierende Kompromisse einzugehen, etwa Einschränkungen in Ihrem Freizeitverhalten in Kauf zu nehmen oder sich vom anderen »verbiegen« zu lassen.
Sie haben sich dem Traumprinzenschema verschrieben nach dem Motto: »Wenn ich schon wieder einen Mann in mein Leben lasse, dann muss alles hundertprozentig passen.« Damit schützen Sie sich unbewusst vor Zweisamkeit, da niemand diese Ansprüche erfüllen kann.
Ihr Terminkalender ist so voll, dass darin keine feste Bindung mehr Platz hat. Höchstens eine Affäre können Sie noch einschieben.
Sie sind froh, dass Sie inzwischen einigermaßen ausgeglichen sind. Durch das »ganz normale Chaos der Liebe« befürchten Sie, diesen Status wieder einzubüßen.
Einen psychischen Totalcrash durch eine schlimme Trennung oder etwa einen Rosenkrieg glauben Sie nicht mehr verkraften zu können.
Da Ihr Körper inzwischen um einige Jahre gealtert ist, haben Sie die Befürchtung, ein potenzieller Herzbube könnte Sie deshalb unattraktiv finden. Außerdem zweifeln Sie daran, dass es nach so langer Abstinenz mit dem Sex noch klappt.
Sie sehen zunehmend nur noch die unglücklichen Paare, und zu Ihrer Lieblingslektüre gehört die jährliche Scheidungsstatistik.
Mal gewinnen die Argumente für Partnerschaft, mal die Argumente gegen Partnerschaft die Oberhand, so dass Sie nicht konsequent Ausschau nach Mister Right halten.
Bei Ihren Bindungsversuchen agieren Sie halbherzig und kreieren damit Geplänkel oder »bestenfalls« On-off-Geschichten.
Ihre Bereitschaft, sich einem neuen Partner zu öffnen, geht aus Furcht vor Verletzungen gegen null.
Beziehung sollte für Sie nicht mehr damit verbunden sein, viel zu investieren und Verantwortung zu übernehmen.
Allein schon der Gedanke, dass wieder ständig ein Mann um Sie herumtanzt, erdrückt Sie.
Sie haben ein Kind oder Haustier in den Stand einer Art Ersatzpartner erhoben, wodurch der Platz an Ihrer Seite schon besetzt ist. Für diese Rollenverteilung finden Sie ganz viele »gute« Argumente.
Hinter den meisten dieser Hemmnisse stecken tiefe Ängste. Wenn mich eine Frau, die bereits zum Hardcore-Single mutiert ist, fragt, wie sie doch wieder den Pfad der Zweisamkeit betreten kann, empfehle ich ihr eine Art systematische Sensibilisierung. Das heißt, sie tastet sich schrittweise an das Objekt ihrer Angst, nämlich die feste Partnerschaft, heran, von regelmäßigen gemeinsamen Unternehmungen mit dem starken Geschlecht über eine Affäre bis hin zu einer Wochenendbeziehung.
Jeanette, 44, Simultandolmetscherin:
»Mein Ex-Mann war Kettenraucher. Irgendwann konnte ich die ewig verqualmte Bude nicht mehr ertragen und habe ihn vor die Tür gesetzt. Ich glaube auch, dass das ständige Passivrauchen nicht spurlos an unseren Kindern vorübergegangen ist. Besonders unser Ältester leidet noch heute unter massiven Atemwegsbeschwerden. Daher würde ich mich nie mehr mit einem Nikotinsklaven einlassen.«
Annabel, 37, Reitlehrerin:
»Glatzköpfe sind absolut No-Gos für mich. Ich liebe es, meinem Partner beim Kuscheln mit der Hand durch die Haare zu streichen. Ach, und Bierbäuche finde ich total abturnend. Ich weiß, das klingt oberflächlich, weil es nur um die Optik geht, aber ich kann einfach nicht raus aus meiner Haut.«
Sissy, 32, Reiseverkehrskauffrau:
»Wenn ich in der Woche um halb sechs aufstehe, bin ich sofort topfit und zu kleinen Albernheiten aufgelegt. Einen Morgenmuffel könnte ich da an meiner Seite überhaupt nicht gebrauchen. Ich glaube, wir würden uns gegenseitig tierisch auf den Senkel gehen, aber wahrscheinlich ich ihm noch mehr als er mir.«
Charlotte, 28, Redakteurin:
»Handy-am-Gürtel- und Sandalen-mit-Socken-Träger« haben bei mir null Chance. Ich arbeite bei einem jungen Radiosender, wo viele hippe Leute rumlaufen. So eine Modesünde auf zwei Beinen würde ich mich überhaupt nicht trauen, denen vorzustellen. Fremdschämen für meinen Freund brauche ich ungefähr so sehr wie einen Stromausfall bei ›Sex and the City‹.«
Welche No-Gos haben Sie beim Suchen und Finden der Liebe? Lehnen Sie strikt eine Zweisamkeit mit »Papa Walton« ab, wo Sie sich dereinst bewusst gegen Kinder entschieden haben? Geht für Sie ein Mann gar nicht, der noch bei Muttern lebt? Hassen Sie Arroganz und Unordentlichkeit? Liegt eine Körpergröße von unter 1,80 Meter außerhalb Ihres Beuteschemas? Bringen Sie Dampfplauderer auf die Palme? Nehmen Sie gleich die Beine in die Hand, wenn Ihnen ein Kandidat erzählt, dass er Schulden hat? Turnen Sie bestimmte Dialekte oder schlechte Manieren total ab?
Ich lasse die Mitglieder in meinen Single-Gruppen bisweilen ihre No-Gos schriftlich niederlegen. Wenn ihre Liste länger wird als die allgemeine Erklärung der Menschenrechte, biete ich ihnen spaßeshalber einen »Rollator-Vertrag« an, weil sie mit so vielen Ausschlusskriterien bis ins hohe Alter »unbemannt« beziehungsweise »unbefraut« blieben. Anhand von prozentualen Verlustraten an potenziellen Partnern, die jedes No-Go nach sich zieht, mache ich meinen Lonely Hearts schnell deutlich, dass so am Ende kaum noch jemand für sie übrig bleibt. Allein schon mit der Disqualifikation von Rauchern zum Beispiel verlieren weibliche Singles ein Drittel ihrer männlichen Pendants als Paarungskandidaten.
In einem zweiten Arbeitsschritt bitte ich anschließend die Solitäre, die einzelnen No-Gos ihrer Liste in drei Gruppen zu unterteilen:
Absolute No-Gos
Verhandelbare No-Gos
Lässliche No-Gos
Fast immer befinden sich unter den absoluten Ausschlusskriterien Alkoholismus, Gewalttätigkeit, sexuelle Abartigkeit, äußere Verwahrlosung, Sozialschmarotzertum, Psychopathie, chronische Untreue und Verlogenheit.
Das sind wirklich Punkte, über die ich mit meinen Singles überhaupt nicht diskutieren würde, weil sie für mich ebenfalls völlig inakzeptabel sind.
Schon ein wenig anders sieht es bei den »verhandelbaren« No-Gos aus. Dazu gehören etwa Übergewicht, Schulden, Nesthockerei, Unpünktlichkeit, gewöhnungsbedürftiger Kleidungsstil, Rauchen, Sportfanatismus, Arbeitslosigkeit. Bei einigen der »Störfaktoren« können Partnersuchende eventuell heiter darüberstehen, oder zumindest sind sie seitens des Gegenübers veränderbar. Schulden lassen sich ebenso wie Gewicht und Rauchen reduzieren, während Arbeitslosigkeit und Nesthockerei kein Lebensschicksal darstellen müssen. Nachdem ihnen das klargeworden ist, beginnen die Mitglieder meiner Single-Gruppen einen Teil der »verhandelbaren« No-Gos von ihrer Liste zu streichen. Dadurch wird sie meist schon ein wenig übersichtlicher, womit die Chance auf Entsingelung langsam wieder zu steigen beginnt.
Ziemlich wenig Verständnis bringe ich den lässlichen »Killerkriterien« entgegen. In diese Kategorie würde ich unter anderem einordnen: leichtes Schnarchen, »diskrete« Tattoos, Eitelkeit, gelegentlicher Alkoholkonsum, Dialekt, Vereinsaktivität, moderates religiöses Engagement, Schichtarbeit. Singles, die hier nicht zu- und abtun können, sollten sich meiner Meinung nach fragen, ob ihre Grenzen der Toleranz tatsächlich weit genug gefasst sind. Wenn meine Singles erfolgreich ihre No-Gos überdenken und so manche von ihnen über Bord werfen, geht der Kelch des Endlos-Vertrages in meinen Gruppen meist endgültig an ihnen vorüber.
Vielleicht gelingt es ja auch Ihnen, anhand der drei »Häufchen« die Spreu vom Weizen Ihrer No-Gos zu trennen.
Karina, 38, Assistentin der Geschäftsführung, hat nach einem Jahr Single-Dasein schon eine ziemliche Odyssee durch die »Instanzen« des Kennenlernens hinter sich. Angefangen hat ihre »Irrfahrt« mit einer Kontaktanzeige, dem folgten ein Ausflug ins Internet, die Mitgliedschaft in einem Single-Club und die Teilnahme an einem Speed-Dating-Abend. Dazwischen lag der Besuch zweier Single-Partys. Zurzeit ist sie noch bei einer klassischen Partnervermittlung unter Vertrag, nimmt allerdings keine Vermittlungsvorschläge mehr wahr.