Angsttreiber - Paul Cleave - E-Book

Angsttreiber E-Book

Paul Cleave

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Beschreibung

Kann man einen Mörder fassen, wenn der einzige Beweis ein Komatraum ist? Mit 11 Jahren muss James zusehen, wie seine Eltern hingerichtet werden, bevor ihn ein Schuss in den Kopf trifft. Erst 9 Jahre später erwacht er aus dem Koma. Die Killer sind noch auf freiem Fuß und wollen ihn nun wieder zum Schweigen bringen. Rebecca Kent soll den alten Fall aufklären, bevor die Täter James ein weiteres Mal zu fassen bekommen. Doch sie steckt tief in den Ermittlungen um einen brutalen Copycat-Mörder, der Christchurch heimsucht. Als James aber von seinem Traum im Koma erzählt, ändert sich alles für Rebeccas Ermittlungen. Denn was er berichtet, schockiert alle zutiefst … Der neue clevere und blutige Thriller vom SPIEGEL-Bestsellerautor Paul Cleave, dem Meister der harten Serienkiller-Spannung Mit düsteren Thrillern begeistert Paul Cleave seine treue Fanschar, die Cleaves böse Helden liebt. Er lebt in Christchurch (Neuseeland), aber hat seine Frisbees schon in mehr als 40 Ländern geworfen, seine Lesetouren gelten als legendär. Zahlreiche Preise und Nominierungen säumen den Weg von Paul Cleave, doch ihm ist vor allem eins wichtig: seine Fantasie von der Leine zu lassen und das nächste Buch zu schreiben. Für Leser:innen von Ethan Cross und Michael Tsokos

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Aus dem Englischen von Ulrike Clewing

© Paul Cleave 2022

Titel der englischen Originalausgabe:

»The Pain Tourist«, Orenda Books, London 2022

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2024

Redaktion: Peter Hammans

Covergestaltung und -motiv: bürosüd, München

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence, München mit abavo vlow, Buchloe

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Erster Teil

1

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Zweiter Teil

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Epilog

Danksagung

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Erster Teil

1

Wenn James im Bett liegt, ist er in Gedanken gern bei dem, was er gerade gesehen oder gelesen hat – nicht gut, wenn es in einer Geschichte um Killerclowns geht, die sich im Schrank verstecken. Seine Eltern wissen, dass nächtliche Geräusche ihn am Einschlafen hindern, und senken deshalb ihre Stimmen auf Flüsterlautstärke, bewegen sich mit leisen Schritten. Was er aber jetzt hört, sind Geräusche in Tageslautstärke: ein Klopfen an der Tür, gefolgt von Stimmen, dann ein Streit, und das alles um – er schaut auf die Uhr auf dem Nachttisch – 23:00 Uhr. Er versteht nicht, worum es geht, aber der Klang gefällt ihm nicht, ebenso wenig wie das darauffolgende Poltern und Stoßen.

Was ist da unten los?

Die Neugier treibt ihn aus dem Bett. In seinem Zimmer ist es dunkel. Sein Nachtlicht steht seit zwei Jahren im Kleiderschrank, nachdem Hazel ihn damit aufgezogen hat, dass er es immer noch braucht. Behutsam bahnt er sich den Weg durch das Minenfeld von Spielzeug zur Tür, Spielzeug, das er hätte wegräumen sollen, es aber nicht getan hat. Sehen kann er sie nicht, doch das muss er auch nicht. Er gehört zu den Menschen, die über die besondere Gabe verfügen, einen Raum verlassen zu können und Monate später noch genau zu wissen, wo alles gestanden hat. Sein Gedächtnis ist so gut, dass er fürchtet, sein Gehirn könnte eines Tages von all dem platzen, was er sich merkt. Vorsichtig öffnet er die Tür und tritt in den Flur hinaus, an Hazels Zimmer vorbei, die all den Lärm natürlich verschläft.

Von unten hört er seine Mutter: »Bitte nicht.«

Das Blut stockt ihm in den Adern, doch ein schnalzendes Patsch lässt es zu einem Klumpen Eis gefrieren, sodass die Beine beim nächsten Schritt auf der Treppe nachzugeben drohen und er sich an der Wand abstützen muss, um einen Sturz zu vermeiden.

»Nein, nicht«, hört er seinen Vater, mit der gleichen Angst in der Stimme wie seine Mutter. »Bitte nicht.«

James’ Brustkorb zieht sich um sein rasendes Herz zusammen. Die Welt um ihn herum verschwimmt. Er ringt nach Luft. Aus seinem Blickwinkel sieht er von der Treppe ins Wohnzimmer hinab – das hat er immer gemacht, wenn seine Eltern Horrorfilme angesehen haben. Die Beine bieten ihm keine Standsicherheit, daher legt er sich auf den Bauch und robbt langsam über den Teppich.

Patsch. Das Geräusch lässt ihn zusammenzucken.

»Wo ist es?«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagt sein Vater. »Bitte, Sie sind im falschen Haus, Sie haben die …«

Ein weiterer Schlag. James hält sich die Hand vor den Mund, um den Schrei zu unterdrücken, der ihm die Kehle hochsteigt. Weitere Schläge und dumpfe Stöße von unten. Er muss die Polizei rufen. Aber das kann er nicht – seine Eltern sagen, er sei zu jung für ein Handy. Dasselbe gilt für Hazel, obwohl all ihre Freunde eins haben. Einen Festnetzanschluss haben seine Eltern zu allem Überfluss schon seit Jahren nicht mehr. Seinen Freunden könnte er von seinem Computer aus eine Nachricht schicken, doch die schlafen alle schon. Kann man eine E-Mail an die Polizei schicken?

Er robbt sich weiter vor. Das Wohnzimmer kommt in Sicht. Es ist beleuchtet. Er sieht die untere Hälfte von jemandem mit schwarzer Hose und schwarzen Schuhen. Ein Fremder. Er zieht sich noch ein Stück vor, sieht noch jemanden. Größe, Statur und auch die Kleidung könnten die seines Vaters sein. Er kniet auf dem Boden und hat einen Kissenbezug über dem Kopf. Auf dem Kissenbezug befindet sich ein Blutfleck. Neben diesem Jemand ist ein anderer Jemand. Auch der kniet, auch mit einem Kissenbezug über dem Kopf, und dieser Jemand trägt die Kleidung seiner Mutter.

Der Fremde sagt: »Sagt uns einfach, wo es ist.«

»Es gibt keinen …«

Ein weiterer Schlag ins Gesicht lässt seinen Vater zurücktaumeln. Doch bevor er fallen kann, packt ihn der Mann, der ihn geschlagen hat, am Hemd, und hält ihn aufrecht. James kann nicht erkennen, wem er sagt: »Geh und hol die Kinder.« Im selben Moment taucht ein zweiter Mann auf, auch er in dunkler Kleidung und mit einer Skimaske über dem Gesicht. In Filmen sind Monster immer Zombies, Vampire oder sonderbare Mutanten, doch jetzt sagt ihm sein elfjähriges Gehirn, dass er sich die ganze Zeit geirrt hat. Was er jetzt vor sich hat, sind Monster. Echte Monster.

Der zweite Mann – das zweite Monster – geht auf die Treppe zu.

»Nicht!«, schreit sein Vater, worauf sich das erste Monster umdreht und erneut zuschlägt.

Wenn du jetzt nicht aufstehst, werden sie dir etwas antun. Sie werden dich umbringen.

Auf allen vieren arbeitet er sich von der Treppe weg. Seine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding, der Boden ist wie Treibsand, und die Wände gleichen den Seiten eines sinkenden Schiffs. Wenn er hier im Flur bleibt, erwischen sie ihn. Mit einer Hand an der Wand abgestützt, steht er auf, wankt zu Hazels Zimmer, öffnet die Tür und macht sie leise hinter sich zu. Abschließen kann man sie nicht, und ihm fehlt die Kraft, um sie mit schweren Möbeln zu blockieren. Er geht durchs Zimmer. Erst als er die Vorhänge zurückzieht und das Fenster öffnet, rührt Hazel sich. Bleibt ihnen noch Zeit, aufs Dach zu klettern? Er hört das zweite Monster auf der Treppe.

»W … was machst du da? James?«

Er schüttelt sie, und flüstert in dringlichem Ton: »Wir müssen weg von hier.«

»Was …?«

Er legt ihr einen Finger auf die Lippen und ergreift ihre Hand.

»Es sind Monster im Haus. Wir müssen aus dem Fenster klettern.«

Hazel ist vierzehn, gibt aber immer gern die Sechzehnjährige. Sie reißt ihre Hand zurück und wird langsam wach: »Für deine albernen Spiele ist es ein bisschen spät, James.«

Seit letztem Jahr ist sie dazu übergegangen ›Spiele‹ und ›James‹ immer in einem Satz zu nennen.

»Wir müssen weg von hier!« Er flüstert nicht mehr, in der Hoffnung, sich, wenn schon nicht mit Worten, über die Lautstärke verständlich machen zu können. Erneut greift er nach ihr.

»Ich gehe nirgendwohin. Und jetzt verschwinde aus meinem Zimmer!«

Sie stößt ihn weg. Ein heller Streifen leuchtet unter der Schlafzimmertür auf, als das Licht im Flur angeht.

Weinend fleht er: »Bitte, Hazel, bitte.«

Seine Tränen machen sie stutzig. Sie sieht sie nicht, kann sie aber hören. Doch es ist zu spät. Die Tür öffnet sich. Von hinten angestrahlt, steht das zweite Monster in der Tür. Es ist riesig. Zweimal so groß wie alle, die er je gesehen hat. Als hätte Doktor Frankenstein ein paar tote Bodybuilder zu einem zusammengesetzt.

Hazel erstarrt. James ebenfalls.

»Kommt mit«, sagt das Monster mit tiefer Stimme, als würden diese Bodybuilder ihre Steroide eimerweise zu sich nehmen.

»Nein.« James ist so verängstigt, dass er nicht einmal weiß, ob er laut genug gesprochen hat, um sich verständlich zu machen.

Doch das muss er wohl, denn das Monster zeigt auf sie beide. »Beim nächsten Nein bringe ich dich um.«

Hazel nimmt James’ Hand.

»Ihr habt drei Sekunden. Danach breche ich euch die Knochen.«

James lässt die Bücher, die er gelesen hat, vor seinem inneren Auge an sich vorbeiziehen. Es waren viele, doch an eine Szene wie diese kann er sich nicht erinnern. Die Kinder, die darin vorkommen, oft in seinem Alter, sind immer sehr mutig. Manche kommen sogar Geheimnissen auf die Spur.

»Wir kommen«, sagt er, ohne die Absicht zu haben, es wirklich zu tun. Durch das offene Fenster kommen sie aufs Dach, dann zum Zaun, zur Straße, zu den Nachbarn, zur Polizei.

Könnt ihr beide das schaffen?

Nein. Nicht beide.

Er zieht Hazel am Arm. Sie steigt aus dem Bett. Sie zittert.

»Eins«, sagt das Monster.

Würde ein wirklich mutiger Junge nicht alles tun, um seine Schwester zu beschützen?

»Zwei.«

Selbst eine Schwester, die sich nichts sehnlicher wünschte, als dass ihre Eltern den kleinen Bruder zu einem verlassenen Bauernhof bringen und ihn dort zurücklassen würden?

»Drei.«

Er dreht Hazel zum Fenster. »Los, raus!«

Sie zögert und dreht sich stattdessen zu James um.

»Na los!« Er gibt ihr einen Schubs. Dann stürzt er sich auf das Monster, denn das tun mutige Jungs. Es ist ein Kampf zwischen David und Goliath, aber David hat gewonnen, also kann …

Das Monster hebt James hoch und schleudert ihn gegen das Bücherregal. Er landet hart auf dem Boden. Bücher, Bilderrahmen, eine Lampe, ein paar Puppen, alles regnet auf ihn herab. Von unten ruft sein Vater, doch das Wort wird ihm abgeschnitten. Das Monster springt zum Fenster und packt Hazel, als sie hinausklettern will. James ist gestürzt, doch der Boden fühlt sich nicht mehr wie Treibsand an und seine Beine nicht mehr wie Wackelpudding. Ihm ist, als hätte er sein Gleichgewicht zurückgewonnen, nachdem er durch den Raum geschleudert wurde. Er hebt die Lampe auf, rappelt sich hoch und schleudert sie dem Monster in den Rücken. Die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Das Monster wirbelt herum und verpasst James einen harten Schlag ins Gesicht, sodass er erneut zu Boden geht. Doch das Monster hält Hazel nicht mehr fest. Mit unbeholfenen Bewegungen entkommt sie durchs Fenster, die Dachziegel klappern, dann ist es still. Konnte sie sich noch festhalten? Oder liegt jetzt ein Haufen gebrochener Knochen unten?

Das Monster sieht zum Fenster hinaus und wendet sich dann wieder James zu. Es packt ihn am Bein und schleift ihn durch den Flur und die Treppe hinunter, wobei der Kopf auf jeder Stufe aufschlägt. James wird ins Wohnzimmer gezerrt und auf die Knie gezwungen.

Ihm gegenüber kniet sein Vater mit einem Kissenbezug über dem Kopf, die Arme auf den Rücken gefesselt. Die Mutter liegt auf der Seite. Auch sie hat einen Kissenbezug über dem Kopf, die Hände vor ihr mit einem Kabelbinder zusammengebunden. Er weiß nicht, ob sie tot oder bewusstlos ist. Das erste Monster, das er gesehen hat, steht mit einer Pistole in der Hand vor ihnen. Er hat schon tausend Pistolen im Fernsehen gesehen, aber noch nie eine echte. Diese hier hat einen Schalldämpfer. Die Möbel sind in die Mitte des Zimmers gezogen und umgekippt worden. Die Fotos seiner Mutter wurden zu Boden geworfen.

»Das Mädchen ist zum Fenster raus«, sagt Monster zwei. »Sie holt Hilfe.«

»Such sie.«

Es sind nicht nur zwei Monster, es sind drei, wie er feststellen muss, als Monster zwei wegtritt und Monster drei erscheint. Das Monster reißt James die Hände auf den Rücken und fesselt sie ebenfalls mit einem Kabelbinder. Er ist nicht imstande, den Blick von dem Blut auf dem Kissenbezug abzuwenden, der das Gesicht seines Vaters verdeckt.

»Bitte«, sagt sein Vater. Er klingt kurzatmig, panisch, verängstigt. »Tun Sie meiner Familie nichts. Ich habe Geld. Nicht viel, zwanzigtausend vielleicht, vielleicht auch etwas mehr. Morgen früh kann ich zur Bank gehen. Sie können alles haben. Sie können sich online meine Konten ansehen. Dann sehen Sie, wie viel ich habe. Sie können alles tun. Tun Sie ihnen nur nicht weh. Wir können es auch überweisen, wenn Sie wollen.«

»Sagen Sie uns, wo er sich befindet.«

»Wir haben keinen Safe«, sagt sein Vater. Gäbe es einen, wüsste James davon. In dem Jahr, in dem er begriff, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, hat er den ganzen Dezember über das Haus nach Stellen durchsucht, wo ein Geschenk versteckt sein könnte. Einen Safe hat er nicht gesehen.

»Gibt es oben ein Büro?«

»Ja, aber dort ist kein Safe.«

»Ich hatte eigentlich nicht vor, die Kinder umzubringen, aber du lässt mir keine Wahl«, sagt Monster eins.

James verliert die Kontrolle über seine Blase. Seine Brust verkrampft sich. Er wird sterben, und er wird das Kind sein, das sich vorher in die Hose gemacht hat.

Bitte, Hazel, lauf. Renn und hol Hilfe.

»Um Himmels willen, es gibt keinen Safe!«, sagt sein Vater mit noch mehr Panik und Verzweiflung in der Stimme. »Nehmt euch, was ihr wollt, egal, was.«

Monster zwei kehrt zurück. »Die kleine Schlampe ist entkommen.«

Erleichterung macht sich in James breit. Die Polizei wird kommen, und die Männer wissen das. Und Ende.

»Scheiße«, sagt Monster eins.

»Los, wir müssen verschwinden«, sagt Monster drei. »Wahrscheinlich steht sie schon bei jemandem vor der Tür.«

»So schnell kommt die Polizei nicht«, sagt Monster eins.

»Das wissen wir nicht«, sagt Monster drei. »Und irgendein Nachbar kommt möglicherweise sofort her.«

»Das wäre aber nicht gut für ihn«, entgegnet Monster zwei.

»So oder so, wir müssen verschwinden«, sagt Monster drei.

»Nicht, bevor wir haben, weshalb wir gekommen sind.«

»Und wenn er die Wahrheit sagt? Wenn wir im falschen Haus sind?«

»Wir haben eure Gesichter nicht gesehen«, sagt sein Vater. »Wir können euch nicht identifizieren. Bitte, geht einfach.«

Monster eins reißt James’ Vater den Kissenbezug vom Kopf. Er sieht kaum noch wie sein Vater aus. Das rechte Auge ist zugeschwollen, die Haare sind zerwühlt, die Lippen aufgequollen, das Kinn voller Blut.

»Letzte Chance.«

»Wir haben keinen Safe!«

Monster eins richtet die Waffe auf James’ Mutter. Ein leises Pfft. Der Körper seiner Mutter zuckt. Ein roter, zunächst münzgroßer Fleck breitet sich in der Mitte des Bezugs aus.

Sein Vater ist halb aufgesprungen, als ein zweites Pfft ertönt. Die Nase zerspringt in einem Nebel aus Blut, die Gesichtszüge erschlaffen, und das Leben weicht aus seinem Blick. Er sackt zusammen. James schreit. Er hört kaum, wie Monster eins sagt: »Erledige du das Kind.«

James schließt die Augen, wartet auf das Pfft.

Er muss nicht lange warten.

2

Die Straße ist hell erleuchtet – Streifenwagen, Krankenwagen, die Presse –, alles mit dem Licht aus den umliegenden Häusern vermischt, wo die Nachbarn von ihren Veranden und aus den Vorgärten heraus alles beobachten. Die Straße ist abgesperrt. Menschen drängen gegen die Absperrung, manche auf Zehenspitzen, andere recken den Hals, um besser sehen zu können. Manche haben ein Fernglas mitgebracht, andere einen Kaffee. Alle haben Handys, die meisten davon auf den Tatort gerichtet.

Die Absperrung wird zur Seite gezogen, damit die Detectives Theodore Tate und Carl Schroder hindurchfahren können. Die Journalisten rufen ihnen Fragen zu, die sie ignorieren. Tate sitzt am Steuer. Er parkt gegenüber dem Haus. Die Nacht ist warm, die Luft schwer. Es war einer dieser seltenen Sommertage, die es mitten im Winter schon einmal geben kann.

»Bereit?«, fragt Schroder.

Tate schüttelt den Kopf. »Du?«

»Nein.«

Sie steigen aus dem Wagen. Das Stimmengewirr der Leute, die einfach nur gaffen, durchdringt die warme Luft. Die Scheinwerfer im Garten und an der Hauswand sind so hell, dass ein Flugzeug sicher landen könnte. Das Haus ist zweistöckig, wie die meisten in diesem Viertel. Auch in der Bauart unterscheidet es sich kaum von den anderen – als hätte der Architekt einen Mengenrabatt ausgehandelt. Die Häuser in der Gegend sind etwa zehn Jahre alt. Zäune um die Vorgärten gibt es nicht, aber jede Menge penibel gepflegte Gärten und Rasenflächen, denen im Winter allerdings die Farbe fehlt. Die Eingangstür steht weit offen. Ein halbes Dutzend Polizisten ist ums Haus herum verteilt. Drinnen ist niemand. Das Haus wurde geräumt, um alles möglichst unberührt zu lassen. Die beiden Männer bleiben an der Tür stehen, streifen sich die Latexhandschuhe über und steigen in die Schuhüberzieher, bevor sie eintreten. Zur Linken eine offene Küche und ein Esszimmer, moderne Möbel, moderne Geräte. Geradeaus eine Treppe, ein weißes Holzgeländer mit schmalen, schwarzen Geländerpfosten. Rechts ein Wohnzimmer, darin die Leichen der Garrets. Tate schaudert.

»Großer Gott«, entfährt es Schroder.

Schon jetzt zu wissen, was sie gleich sehen werden, mildert das Grauen nicht, auch wenn beiden klar ist, dass sich ihnen ein noch verheerenderes Bild bieten würde, wenn Hazel Garrett nicht die Flucht gelungen wäre. Der Nachbar, zu dem sie gerannt ist – Brian Mann –, ist sofort hergeeilt, nachdem er drei Männer zur Haustür hinauslaufen sah. James war noch am Leben – wenn auch nur knapp. Mann war Notarzt im Ruhestand und setzte bis zum Eintreffen der Krankenwagen all sein Können ein, um den Jungen am Leben zu halten.

Für Frank und Avah Garrett konnte er nichts mehr tun.

Frank und Avah liegen zusammengesunken am Boden. Mann erzählte dem ersten Officer am Tatort, dass Avah einen Kopfkissenbezug über dem Kopf hatte, den er abnahm, um sich ein Bild von ihrem Zustand zu machen. Der Kissenbezug liegt neben ihrer Leiche. Sie liegt auf der Seite, das Gesicht auf dem Teppich, die Augen geöffnet, ein Einschussloch in der Wange, die Haare zwischen Gesicht und Teppich blutverfilzt, die Hände gefesselt vor dem Körper. Tate würde ihr gern sagen, dass er die Leute fassen wird, die das getan haben, doch er bringt nichts heraus. Niemand sagt etwas. Nur das Raunen der Menschenmenge draußen ist zu hören. Avah Garrett kommt ihm bekannt vor.

Er wendet sich Frank zu. Auch neben seinem Körper liegt ein Kissenbezug, aber Mann sagte, dass er bereits abgenommen worden war. Er liegt auf dem Rücken, die Beine unter sich eingeknickt. Dort, wo seine Nase sein sollte, befindet sich ein Einschussloch. Schwer zu sagen, ob er ihm auch bekannt vorkommt.

Tate richtet den Blick auf die Stelle am Boden, wo Mull, das Verbandszeug und die blutigen Handtücher liegen, mit denen James am Leben gehalten wurde. Auch der Kricketschläger ist dabei, den Mann zur Verteidigung mitgebracht hat. In dem Durcheinander findet sich auch Kabelbinder, passend zu dem, mit dem die Eltern gefesselt sind. Die Sanitäter hatten ihn James abgenommen. Tate hat noch nie so viel Blut von jemandem gesehen, der nicht schon tot war. Er nimmt Uringeruch wahr. Schwer zu sagen, ob Hazel entkommen konnte, weil die übrige Familie erschossen wurde, oder ob sie sowieso alle erschossen werden sollten. Bei Menschen, die zu so etwas fähig sind, ist vermutlich eher von Letzterem auszugehen.

»Kennst du sie?«, fragt Tate.

Schroder schüttelt den Kopf. »Wieso? Du etwa?«

»Avah, vielleicht, weiß aber nicht genau, woher.«

Tate dreht sich einmal um die eigene Achse. Überall moderne Möbel. Alle umgeworfen. Ein zertrümmerter Fernseher auf dem Boden, heruntergerissene Bilder, Löcher in der Leinwand, ein umgekipptes Bücherregal.

»Sie haben nach etwas gesucht«, sagt Schroder. »Nach einem Wandsafe, vielleicht.«

»Warum haben sie ihnen nicht gesagt, wo er ist? Drei bewaffnete Männer kommen in dein Haus, dann gibst du denen doch, wonach sie suchen.«

»Vielleicht haben sie das ja, und sind trotzdem umgebracht worden. Dann müsste der Safe in einem anderen Raum sein.«

Sie teilen sich auf. Schroder übernimmt das untere Stockwerk, Tate geht nach oben. Im ersten Zimmer im Obergeschoss befindet sich ein Büro mit Blick auf den Garten hinter dem Haus. Die Gemälde hängen an den Wänden, und die Möbel stehen an ihrem Platz. Die Gemälde stammen alle von einem Künstler und passen zu denen im Erdgeschoss. Bei näherem Hinsehen entdeckt er eine Signatur. Er glaubt, die von Avah Garrett zu erkennen. Wunderschöne Landschaften. Denjenigen, der für diese Tat verantwortlich ist, würde er am liebsten in einer dieser Landschaften begraben.

Im Büro kann er keinen Safe entdecken, weiß aber jetzt, woher er Avah kennt. Avah und Frank Garrett sind die Immobilienmakler, die Bridget und ihm das Haus verkauft haben. Er erinnert sich an warmherzige, freundliche Menschen, die immer ein Lächeln auf den Lippen trugen. Was für eine schreckliche Vorstellung, dass man gerade noch ein Haus verkauft hat und im nächsten Augenblick schon hingerichtet auf dem Boden eines anderen liegt.

Der nächste Raum ist Hazels Zimmer. Er stellt sich vor, wie sich alles abgespielt hat. Mutter und Vater, mit vorgehaltener Waffe in Schach gehalten, weigern sich preiszugeben, was die Männer hören wollen. Die Mörder beschließen, die Kinder als Druckmittel zu benutzen, aber die Tochter entkommt. Die drei Männer ändern ihren Plan. Sie beschließen, sich aus dem Staub zu machen. Statt einfach nur das Weite zu suchen, haben sie beschlossen, die Familie auszulöschen. Eiskalt. Kaltblütiger als alles, was er je gesehen hat.

Er geht zu Schroder im Elternschlafzimmer. »Hast du etwas gefunden?«

»Ein paar Visitenkarten. Die Garretts sind Immobilienmakler.«

»Ich weiß. Wir haben unser Haus von ihnen gekauft.«

»Die Welt ist klein. Kannst du etwas über sie sagen?«

»Nur, dass wir sie mochten. Ich werde mal mit der Tochter sprechen.«

»Soll ich mitgehen?«

»Ich schaff das schon«, sagt er und geht wieder nach unten.

3

James Garrett kniend im Wohnzimmer. Monster zwei findet Hazel nicht. Sie ist also nicht vom Dach gefallen, hat sich nicht sämtliche Knochen gebrochen, sondern Hilfe geholt. Er hat Angst, sein Schlafanzug ist nass, und er spürt den Lauf der Waffe an seinem Kopf … Er wartet … wartet …

Der Schmerz, der sich in seinem Kopf entlädt, ist stärker als alles, was er je erlebt hat – als würden Menschen in eine Schlucht hineinschreien, die Schreie sich dort aufstauen und dann mit einem gewaltigen Echo in sein Gehirn hineindringen. Sein Schädel zerspringt. Das Gehirn dehnt sich aus und drängt gegen die schartigen Ränder des Spalts. Das Licht im Wohnzimmer flackert, erlischt, und …

Die Chirurgen verlieren James Garrett um 23:39 Uhr. Der Blutverlust und die Schwere der Verletzung machen diesen Eingriff zu einer der schwersten Operationen, die Dr. Wolfgang McCoy je durchführen musste. Die Kugel ist von hinten in James’ Schädel gedrungen und hat ein kleines Loch hinterlassen, das sich zu einem Netz aus Frakturen ausgeweitet hat. James’ Kopf wurde rasiert, das Netz ausgesägt, wodurch sich ein Fenster zum Gehirn und der darunter liegenden Wunde öffnete. Die Kugel hat eine nach unten gerichtete Bahn genommen, ist durch den Okzipitallappen ins Kleinhirn vorgedrungen und steckt entweder dort fest oder wurde vom Kieferknochen aufgehalten. Sie hatten noch keine Zeit, den Jungen zu röntgen, um festzustellen, ob die Kugel ganz geblieben oder in viele Teile zerborsten ist.

Die Chirurgen versuchen, James wiederzubeleben, und es gelingt.

Nur wenige Augenblicke ist es dunkel um James, bevor das Licht im Wohnzimmer wieder anspringt. Das laute Klingeln in seinen Ohren – die aufgestauten Schreie –, alles ist gedämpft. Er liegt auf der Seite, in der gleichen Position wie seine Mutter. Sein Vater ist immer noch auf den Knien, und Monster eins zielt mit der Waffe auf ihn. Was wollen diese Männer, diese Monster, eigentlich?

Eine kleine Bewegung zu seiner Rechten. Seine Mutter? Ja, da ist es wieder, ein Zucken. Sie ist noch am Leben! Auch Monster eins sieht das Zucken und dreht sich zu ihr hin. Er zielt …

James’ Vater schreit, die Muskeln an seinem Hals spannen sich an, und er zerrt an den Fesseln hinter seinem Rücken. Monster eins reagiert zu langsam, als sein Vater aufspringt, die Hand mit der Pistole packt und sie zur Decke richtet.

Peng!

Neben der Lampe entsteht ein Loch, Gipskrümel regnen auf sie herab.

Peng!

Die Lampe explodiert. Monster zwei eröffnet das Feuer, Einschusslöcher markieren eine Linie in der Wand. Sein Vater wirbelt Monster eins herum und benutzt es als Schutzschild. Das Monster windet sich, als sein Brustkorb von Schüssen zerrissen wird. Das Licht im Wohnzimmer flackert … es bleibt an … es flackert stärker und geht aus.

Als die Chirurgen James Garrett zum zweiten Mal verlieren, ist es 23:44 Uhr.

Die Hauptfunktion des Okzipitallappens ist das Sehen. Selbst wenn der Junge die Operation überleben sollte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er teilweise oder vollständig erblinden wird, wobei die Erblindung nur eines von vielen möglichen Szenarien ist, je nachdem, ob James’ Leben gerettet werden kann – oder eben nicht. In einem Punkt ist sich Dr. Wolfgang McCoy jedoch sicher: James wird nie wieder der Junge sein, der er heute Morgen noch war. Die meisten Menschen, denen in den Kopf geschossen wurde, können gar nichts mehr, und diejenigen, die überleben, können meist nicht viel Sinnvolles berichten. Ein lautes Heulen ertönt, als der Defibrillator aufgeladen wird. Dann schreit jemand: »Weg vom Tisch.« James’ Körper bäumt sich auf, als Hunderte Volt durch ihn hindurchgejagt werden. Das Herz beginnt wieder zu schlagen, und …

Die Lichter springen wieder an. James hört Sirenen, die schnell lauter werden. Seine Mutter richtet sich auf und zieht sich den Kissenbezug vom Kopf. An der Seite ihres Gesichts ist ein blutiger Streifschuss zu sehen.

»Scheiße«, sagt Monster zwei, dreht sich um und rennt zur Tür.

James rollt sich auf die andere Seite und sieht Monster drei, das seinen Vater anstarrt. Aus den Büchern, die er gelesen hat, kommt ihm eine Redewendung in den Sinn – Kampf oder Flucht. Monster drei entscheidet sich für Kampf. Es zieht die Waffe aus dem Bund seiner schwarzen Jeans. Gleichzeitig schnappt sich seine Mutter die Waffe von Monster eins. Es ist wie in einem dieser alten Western, die sein Vater gerne im Fernsehen anschaut und in denen sich zwei Männer auf der Straße gegenüberstehen und versuchen, an der Mimik des anderen abzulesen, wann sie ziehen müssen.

»Nicht«, sagt seine Mutter.

Aber Monster drei tut es. Es zielt.

Mum feuert, und Monster drei fällt um wie ein Stein.

Dad stürzt herbei und tritt Monster drei die Waffe aus der Hand, auch wenn das nicht nötig ist – denn der Mann hat ein Einschussloch mitten auf der Stirn. James hat noch nie eine Leiche gesehen, hätte nie gedacht, dass ihm das jemals passieren würde, und weiß nicht, was er bei dem Anblick empfinden soll. Zufriedenheit, denkt er – insbesondere unter Betrachtung der Alternativen.

Seine Mutter hilft James auf. »Bist du okay?«

»Ich glaub schon«, sagt er. Abgesehen von den Kopfschmerzen.

Seine Mutter verschwindet in die Küche, während sein Vater mit dem Gewehr an der Tür Wache hält. Die Sirenen werden lauter. Seine Mutter kommt mit einer Schere zurück. Sie schneidet die Fesseln an den Handgelenken auf, und er macht das Gleiche bei ihr, reibt sich die Handgelenke. Er friert.

»Hazel muss Hilfe geholt haben«, sagt sein Vater.

»Alles wird gut«, sagt seine Mutter.

Das Blaulicht der Streifenwagen durchzuckt den Raum. Sein Vater legt die Waffe auf den Boden, damit die Polizisten nicht auf ihn schießen. Sie kommen herein, und James hofft, dass sie die richtigen Schlüsse aus dem ziehen, was sie vorfinden. Er erkennt sie wieder. Sie haben letzte Woche in seiner Schule einen Vortrag über die Gefahren von Drogen gehalten. Officer Bligh und Officer May. Bligh ist übergewichtig, seine Uniform spannt an den Nähten. May hat einen stramm zusammengebundenen Pferdeschwanz, der hin und her schwingt, während sie sich schnell im Raum umsieht.

Sie nehmen alles in sich auf und ziehen die richtigen Schlüsse. Bligh sagt: »Das habt ihr großartig gemacht.«

»Ihr hattet Glück, dass ihr das überlebt habt«, fügt May hinzu.

»Der Dank gebührt unseren Kindern«, sagt James’ Dad. »Sie haben erkannt, dass wir in Gefahr waren, und Hazel hat Hilfe geholt.«

»Das wissen wir«, sagt Bligh.

»Eure Kinder sind Helden«, sagt May.

Die Lampen im Wohnzimmer flackern.

Das dritte Mal verlieren sie James Garrett um 23:48 Uhr.

Die Hauptaufgabe des Kleinhirns besteht in der Steuerung der Bewegungen. Sollten sie die Blutung zum Stillstand bekommen und die zerrissenen Teile des Hirns wieder zusammenflicken können, und selbst wenn der Junge das Krankenhaus eines Tages selbstständig atmend verlassen sollte, wird er es kaum auf eigenen Füßen tun. Wenn es um das Gehirn geht, ist es wie im Wilden Westen – alles kann passieren, auch Wunder. Doktor McCoy ist kein gläubiger Mensch, doch das hat ihn in der Vergangenheit nicht vom Beten abgehalten, wenn er bis zu den Handgelenken in einem Patienten steckte und die Teile zusammenhielt. Und jetzt betet er, dass er dieses Kind durchbekommt.

Schweigend harren sie in der Dunkelheit aus, bis die Lichter wieder angehen. Einen Moment lang hat James nicht mehr geglaubt, dass es passieren würde.

»Da war ein anderer Mann«, sagt seine Mum.

»Das wissen wir«, erwidert Bligh. »Wir haben ihn bereits festgenommen.«

»Er geht für sehr lange Zeit ins Gefängnis«, sagt May. »Möglicherweise für immer.«

James mag die Polizisten. Sehr sogar. Manchmal denkt er, dass er Polizist werden möchte. Dann wieder Feuerwehrmann, Schauspieler oder Musiker. Sein größter Wunsch aber ist es, Schriftsteller zu werden. Bücher möchte er schreiben oder Drehbücher. Darin wäre er gut. Die Lehrer in der Schule sagen ihm immer, dass er eine unglaubliche Fantasie hat. Wahrscheinlich, weil seine Gedanken nicht zum Stillstand kommen, wenn er versucht, einzuschlafen.

Hazel kommt herein, gefolgt von Doktor Mann. Doktor Mann sieht sich am Tatort um und kommt zu demselben Schluss wie die Polizisten. Zwei Leichen, zwei Polizisten, und die Familie Garrett in Sicherheit.

»Er muss ärztlich versorgt werden«, sagt Doktor Mann zu James’ Mum. »Ich schlage vor, dass Sie zu mir kommen. Dort können wir die Wunde desinfizieren und uns allen eine heiße Schokolade machen? Wie klingt das?«

Besser als alles, was er je gehört hat, denkt James. Die anderen stimmen ihm zu. Er wird zwei heiße Schokoladen zu sich nehmen, wenn seine Eltern ihm das erlauben, und hoffentlich auch etwas Kuchen. Doktor Mann macht die beste heiße Schokolade, und Mrs Mann den besten Kuchen. Er hofft, dass sie …

Die Lichter flackern. Die Welt hält inne. Ihm ist immer noch kalt.

James’ Blutdruck fällt. Herzstillstand, aber Doktor McCoy kämpft weiter.

4

Die Hand von Dr. Brian Mann, einem Mann von zwei Metern, verschwindet bei der Begrüßung fast in der von Tate, der sich ausmalt, dass die Verletzungen eigentlich nur größer werden können, wenn der Mann sie behandelt.

»Das ist wirklich schrecklich, eine grausame Geschichte«, sagt Mann. »Ich hoffe, Sie kriegen die Kerle.«

Er bittet Tate hinein. Im Haus ist es warm und gemütlich. Jede ebene Fläche ziert ein gerahmtes Familienfoto. Vor dem Wohnzimmer bleiben sie stehen. Dort sitzen Hazel Garrett und Pauline Mann, die versucht, das Mädchen dazu zu bringen, ein wenig Tee zu trinken. Pauline ist kleiner und dünn. Sie hat kleine Hände, als hätte ihr Gatte im Laufe der Jahre Teile davon in sich aufgenommen.

»Hazel hat sich mindestens so schnell in sich zurückgezogen, wie die Menschenmenge da draußen angewachsen ist«, erklärt ihm Mann leise. »Am liebsten würde ich hinausgehen und einen Gartenschlauch in die Menge halten.«

»Weiß Hazel Bescheid?«

»Wir haben es ihr nicht gesagt, aber sie ist ein kluges Mädchen und weiß, dass es einen Grund geben wird, warum ihre Eltern sie noch nicht abgeholt haben. Sie hat mich immer wieder gefragt, was ich dort gesehen habe, aber ich habe ihr nur gesagt, dass ihre Eltern und ihr Bruder verletzt sind und dass ich alles getan habe, um ihnen zu helfen.« Er fährt sich mit der Hand durchs Haar und legt sie in den Nacken. Den Ellbogen auf Tate gerichtet: »Ihr die Wahrheit zu sagen, habe ich nicht über mich gebracht. Als ich in den Ruhestand ging, dachte ich eigentlich, die Zeiten, schlechte Nachrichten überbringen zu müssen, wären vorbei. Aber wenn Sie möchten, kann ich es ihr jetzt sagen. Es ist vermutlich besser, wenn sie es von mir erfährt als von Ihnen.«

Es ist viel verlangt, aber Doktor Mann hat recht. »Okay, doch eine Frage vorweg, hat sie noch Angehörige?«

»Großeltern. Ich … ich wollte sie gerade anrufen, war mir aber nicht sicher, ob Ihnen das recht ist.«

»Wir kümmern uns darum. Die drei Männer, die aus dem Haus geflüchtet sind, konnten Sie die genauer sehen?«

»Einer war größer als die anderen beiden, und wenn ich größer sage, dann meine ich richtig groß. Der Kerl war bestimmt zwei Meter groß und kräftig, nicht der Typ, mit dem man sich anlegen möchte.«

»Konnten Sie seine Größe von Ihrem Fenster aus beurteilen?«

»Ich habe sie danach beurteilt, wie er sich zusammengefaltet hat, um hinten in den Wagen zu steigen.«

»Was hatten sie an?«

»Schwarze Klamotten, alle, schwarze Oberteile, schwarze Hosen, schwarze Skimasken.«

»Und das Fahrzeug?«

»Ein blauer Geländewagen. Mit Autos kenne ich mich nicht gut aus, deshalb kann ich Ihnen den Typ nicht sagen, aber er sah ziemlich modern aus. Er stand vor dem Haus von Grant und Nancy.«

»Grant und Nancy?«

»Die Nachbarn von Frank und Avah.«

Tate notiert die Namen in seinem Block.

»Erzählen Sie mir, was passiert ist, nachdem Hazel bei Ihnen auftauchte.«

Mann erzählt Tate, dass sie gerade ferngesehen hätten, als es an der Doppeltür klopfte, die zur Terrasse hinausgeht. Dringlich, aber nicht laut. Da stand Hazel. Ihr Gesicht war rot vom Laufen. Sie weinte. Sie ließen sie rein, und sie habe die Tür schnell hinter sich zugemacht und gesagt, dass sie unbedingt die Polizei rufen müssten, dass Leute in ihrem Haus sind, von denen einige sie vermutlich verfolgten.

»Deshalb hat sie nicht laut geklopft und geschrien, weil sie wusste, dass man sie finden würde. Sie sagte, wir sollten das Licht nicht ausschalten, weil das ihre Aufmerksamkeit auf sie lenken würde. Wir haben nicht eine Sekunde an ihr gezweifelt. Sie ist ein kluges Kind, deshalb erzähle ich es Ihnen und nicht dem Coroner.«

Eine düstere Einschätzung, der Tate jedoch kaum widersprechen kann.

»Ich bin in unser Schlafzimmer gegangen und habe durch die Vorhänge hinausgeschaut. Ich sah einen Mann mit einer Skimaske, der die Straße hoch und runter gelaufen ist. Offensichtlich hat er Hazel gesucht. Dann hat er aufgegeben und ist ins Haus zurück. Zu dem Zeitpunkt hatte Pauline schon die Polizei angerufen.«

»Und wann haben sie das Haus verlassen?«

»Höchstens eine Minute später.«

»Der Große, sagten Sie, war ein Mann – was ist mit den beiden anderen? Können Sie mir zu denen etwas sagen?«

»Ihren Bewegungen nach zu urteilen, waren es Männer, aber vielleicht ist das nur ein Vorurteil von mir. Ich meine, welche Frau würde so etwas tun? Welche Frau würde einem Jungen in den Hinterkopf schießen?«

Vermutlich die Frauen, die ihre Kinder ertränken, denkt Tate, oder sie in ihrem Auto vergasen, oder von dem Versager, mit dem sie zusammen sind, missbrauchen lassen. Wenn es darum geht, Kindern wehzutun, gibt es keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen.

»Konnten Sie das Nummernschild erkennen?«

»Vor dreißig Jahren bestimmt, heute nicht mehr.«

»Schüsse haben Sie nicht gehört?«

»Nein. Wir waren noch auf und haben ferngesehen – wir sind beide Nachteulen. Ich schätze, wir haben sie wegen des Fernsehers nicht gehört.«

»Wie gut ist Ihr Gehör?«

»Bestimmt besser als meine Sehkraft. Paulines auch.«

Die Mörder müssen Schalldämpfer benutzt haben, sonst hätte es die halbe Nachbarschaft gehört.

Mann betrachtet seine Hände. Sie sind tiefrot an der Stelle, an der er sie geschrubbt hat, und unter den Fingernägeln ist immer noch Blut zu sehen. »Gleich, nachdem sie weg waren, habe ich mir den Kricketschläger geschnappt und bin rübergelaufen. Auf das, was ich dort vorfand, war ich nicht gefasst. Für Avah und Frank konnte ich nichts mehr tun. Auch bei James dachte ich zunächst, dass ich ihm nicht mehr helfen kann, aber er hatte noch Puls. Es ging nur noch darum, ihn am Leben zu erhalten, bis die Sanitäter kamen.« Er sieht Tate an. »So eine nette Familie, alle. Ich kann nicht glauben, dass ihnen das passiert ist.«

Niemand kann das.

»Lassen Sie uns mit Hazel sprechen.«

5

Hazel Garrett hockt zusammengekauert auf der Couch. Die Arme um die Beine geschlungen, die Knie unter dem Kinn, die Schultern in eine Decke gehüllt. Sie ist dünn, blass, der fransige Kurzhaarschnitt umrahmt ihr leicht sommersprossiges Gesicht. Sie starrt auf einen kleinen Couchtisch mit nicht angerührten warmen Getränken. Pauline Mann hat den Arm um sie gelegt. Die Luft erscheint ihm so angefüllt mit Trauer und Angst, dass Tate nicht überrascht wäre, wenn sich die Wände nach außen wölbten. Er macht etwas Platz auf dem Couchtisch und setzt sich an den Rand.

Hazel sieht nicht auf, und ihre Stimme klingt kraftlos: »Mama und Papa sind tot, nicht wahr? James auch?«

Mann geht neben ihr in die Hocke. Er möchte etwas sagen, bringt aber kein Wort heraus. Er räuspert sich in die Hand und macht noch einen Versuch. »Es tut mir leid, Hazel. Ja, deine beiden Eltern sind gestorben, aber James ist im Krankenhaus und kämpft um sein Leben.«

Hazel wischt sich mit der Handfläche erst unter dem einen, dann unter dem anderen Auge entlang. Ihre Stimme ist immer noch matt, während sie weiter auf den Couchtisch starrt: »Wird er wieder gesund?«

»Die Ärzte tun, was sie können, genauso, wie wir tun werden, was wir können, um dir zu helfen, das alles durchzustehen. Du bist nicht allein.«

Erneut wischt sie sich über die Augen und sieht Tate an. »Sie sind Detective?«

»Ja, bin ich.«

»Fangen Sie auch Monster?«

»Ja.«

»James hat gesagt, im Haus wären Monster. Ich habe ihm nicht geglaubt.« Pauline zieht Hazel fester an sich, aber Hazel redet weiter. »Er wollte mich retten, obwohl ich gemein zu ihm war.«

Immer wieder wischt sie sich über die Augen, dicke Tränen laufen ihr über die Wangen. Sie wird sich gleich gar nicht mehr trösten lassen, sodass Tate überlegt, ob er sich zurückziehen, sie in Ruhe lassen oder die Befragung fortsetzen soll. Er ist hin- und hergerissen.

Bevor er zu einem Schluss gekommen ist, holt Hazel tief Luft und fährt fort. »Wenn ich sofort gehandelt hätte, dann wäre ihm nichts passiert, und Mama und Papa wären noch am Leben. Es ist alles meine Schuld.«

»Ich kann dir eines versprechen, Hazel. Nichts davon ist deine Schuld.«

»Warum fühlt es sich dann so an? Kann ich ins Krankenhaus fahren, damit ich bei James sein kann?«

»Natürlich. Aber vorher, wenn du dazu in der Lage bist, möchte ich, dass du mir alles erzählst, woran du dich erinnerst, damit wir die Leute schnappen können, die das getan haben.«

»Vielleicht ist das jetzt nicht der richtige Moment«, wendet Pauline ein.

»Würde ich damit helfen, den Täter zu finden?«, fragt Hazel.

»Ganz bestimmt.«

Sie wischt sich über die Augen, atmet noch ein paarmal tief durch und reibt sich erneut die Augen. Dann erzählt sie ihm in kurzen Sätzen, dass James in ihr Zimmer kam und sie ihm nicht geglaubt habe, als er sagte, sie seien in Gefahr, und dass er sie zum Fenster hinausgestoßen habe, als der böse Mann versuchte, sie zu holen. Der böse Mann trug eine Skimaske und hatte schwarze Sachen an. Er war so groß, dass er den ganzen Türrahmen ausfüllte, und James habe versucht, ihn anzugreifen. Er hatte keine Waffe in der Hand, aber er hätte eine bei sich gehabt haben können.

Die Skimasken waren für Tate ein Hinweis darauf, dass die Männer die Familie, ursprünglich zumindest, am Leben lassen wollten. Warum Skimasken, wenn man die einzigen Menschen umbringt, die in der Lage wären, einen zu identifizieren. Hat sich die Lage geändert, nachdem Frank und Avah ihnen nicht sagen wollten, was sie wissen wollten?

»Gibt es in eurem Haus einen Wandsafe?«

»Was?«

»Einen Wandsafe. Oder überhaupt einen Safe. Irgendwas, wo deine Eltern Wertsachen aufbewahren.«

Sie schüttelt den Kopf. »So was haben wir nicht. Ich habe das Nummernschild des Autos gesehen, in das sie eingestiegen sind«, fügt sie hinzu.

»Wirklich?«

»Wir haben gesehen, wie sie zum Auto gelaufen sind. Ich wusste, dass Sie es wissen wollen, und konnte es erkennen, aber … aber jetzt kann ich mich nicht erinnern.« Dicke Tränen laufen ihr die Wange hinab. »Ich hätte James helfen können, habe es aber nicht getan. Ihnen könnte ich die Nummer sagen, und jetzt kann ich es nicht.«

Sie ist vollkommen außer sich, und das mit anzusehen, bricht ihm das Herz.

Er fragt sich, was jetzt mit ihr geschehen wird und wer sich um sie kümmert. Heute Morgen noch mit einer Familie aufgewacht, wird sie am Abend als Waise schlafen gehen. Das erinnert ihn an seine eigene Tochter, und er verspürt den Drang, nach Hause zu fahren, sie zu umarmen, sie in Watte zu packen und vielleicht sogar das Haus mit Brettern zuzunageln, um sie vor der Außenwelt zu schützen.

Mann geht mit ihm hinaus. »Nach dem, was sie durchgemacht hat, kommt es einem Wunder gleich, dass sie noch nicht zusammengebrochen ist. Aber das kommt noch. Das kann ich Ihnen versprechen.«

Tate reicht ihm seine Karte. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.«

Mann wirft einen kurzen Blick darauf und steckt sie ein. »Glauben Sie wirklich, dass sie es auf einen Wandsafe abgesehen hatten?«

»Das ist eine Theorie, von der wir ausgehen.«

Tate wendet sich zum Gehen, als Mann ihm eine Hand auf den Arm legt. »Ich weiß nicht, ob die Garretts nun einen Safe haben oder nicht, aber ein anderer Nachbar hat einen. Was ist, wenn diese Männer für etwas gekommen sind, was es nicht gab? Was, wenn sie sich einfach im Haus geirrt haben?«

6

Tate trifft Schroder auf der Straße. Die Menschenmenge jenseits der Absperrung ist angewachsen. Immer mehr Leute haben sich in die warme Nacht hinausbegeben, um dem Spektakel beizuwohnen. Der Wagen des Coroners steht vor dem Haus. Er fragt sich, ob sich nach der Autopsie herausstellt, dass es sich hier wieder um einen dieser Fälle handelt, bei denen es nur um Millimeter geht – bei dem ein Millimeter nach links oder rechts bedeutet, dass es keine Autopsie mehr geben wird.

»Wenn es in dem Haus einen Safe gibt, habe ich ihn zumindest nicht gefunden«, sagt Schroder. »Wie geht es dem Mädchen?«

»Den Umständen entsprechend. Komm, lass uns ein Stück gehen.«

Schroder schließt sich ihm an. Der Mittwoch ist in den Donnerstag übergegangen, ohne dass es sich auch nur etwas abgekühlt hätte.

»Ist jemandem etwas Besonderes aufgefallen?«

»Sie sind vermutlich in einen dunkelblauen Geländewagen gestiegen, der ein Haus weiter geparkt war. Vermutlich gestohlen.«

»Taucht wahrscheinlich als Fackel irgendwo wieder auf«, sagt Schroder. »Wohin gehen wir?«

Tate bleibt stehen. »Sind schon da.«

Da bedeutet drei Häuser weiter die Straße runter – ein anderes zweistöckiges Haus, aber mit einem Dach aus Betonziegeln und Wänden aus hellem, porösen Oamaru-Kalkstein. Der Garten ist voller kleiner, winterfester Sträucher, und der Rasen sieht aus wie ein Bowling Green. Sämtliche Lichter im Haus sind erleuchtet. Alle Bewohner des Blocks sind wach, nachdem die Officers in jedem Haus nach Zeugen gefragt haben.

»Der Typ, der hier wohnt, heißt Blair Crawford. Doktor Mann sagte, er sei Diamantengroßhändler.«

Schroder überlegt einen Moment. »Du denkst an eine Verwechslung? Du hältst es für möglich, dass die Kerle erwartet haben, im Haus der Garretts wären Diamanten zu holen, und durchgedreht sind, weil nichts zu holen war?«

»Nicht ausgeschlossen. Mann sagt, die Crawfords seien vor ein oder zwei Monaten eingezogen, und von einem gemeinsamen Freund weiß er, dass Crawford in Diamanten unterwegs ist. Crawford selbst spricht nicht darüber, sagt er. Die Garretts waren vermutlich ahnungslos und konnten ihren Mördern nicht einmal sagen, dass sie im falschen Haus waren, dass das, wonach sie suchten, drei Türen weiter zu finden war.«

»Hätten die Garretts nicht einfach sagen können, dass sie mit Diamanten nichts zu tun haben? Zu beweisen, dass sie Immobilienmakler sind, wäre doch nicht schwer gewesen.«

»Kann ich dir nicht sagen. Aber Crawford dürfte vielen bekannt sein. Händler, an die er verkauft. Jemand erzählt es einem Freund, der sagt es weiter. Wie beim Stille-Post-Spiel geraten Details durcheinander, und plötzlich suchen drei Typen Diamanten dort, wo es keine gibt.«

Sekunden später öffnet Blair Crawford die Tür. Ein Burley-Typ in Flanellhemd und Jeans, mit langem Bart und schulterlangem Haar. Er sieht aus, als würde er Diamanten nicht nur liefern, sondern auch selbst herstellen, indem er in den Fäusten Kohle zusammenquetscht. Hätten die Mörder ihm einen Besuch abgestattet, dann wären jetzt drei üble Verbrecher auf dem Weg ins Leichenschauhaus statt zwei unbescholtenen Bürgern. Crawford führt sie ins Wohnzimmer. Dort treffen Sie Alice Crawford an, ebenfalls in Flanellhemd und Jeans. Die hochgekrempelten Ärmel geben den Blick auf Ärmeltattoos frei, die an den Handgelenken beginnen und unter dem Flanellärmel verschwinden. Die Kinder sind oben im Bett, vermutlich ebenfalls in Flanellpyjamas, denkt Tate. Die beiden Eheleute sitzen nebeneinander auf der Couch, Schroder und Tate haben sich ihnen gegenüber in den Sesseln niedergelassen.

»Eigentlich weiß ich gar nicht, wie ich Ihnen noch helfen kann«, sagt Crawford. »Den anderen Polizisten habe ich schon gesagt, dass wir nichts gesehen haben. Wir waren schon im Bett. Wir wissen nicht einmal, was überhaupt passiert ist, außer dass es Tote gegeben hat.«

»Haben Sie einen Safe im Haus?«, fragt Schroder.

»Wie bitte?«

»Einen Safe. Haben Sie einen, in dem Sie Wertsachen aufbewahren? Diamanten, vielleicht?«

Crawford runzelt die Stirn. Er beugt sich vor. »Was interessiert Sie das?«

»Wir haben es mit einem Einbruch zu tun«, erklärt Tate. »Ein Mann und seine Frau wurden regelrecht hingerichtet, und ihr kleiner Sohn kämpft im Krankenhaus um sein Leben. Wir vermuten, dass drei Männer dort nach einem Safe gesucht haben, halten es jedoch für möglich, dass sie sich in der Adresse geirrt haben.«

Beide Crawfords werden blass. Alice hält sich die Hände vor den Mund, als wollte sie beten, hätte jedoch Angst, man könnte es ihr von den Lippen ablesen.

Blair Crawford verschränkt die Hände im Genick. Sein Blick geht zur Decke hinauf. »Wir haben einen Bodentresor.«

»Und darin bewahren Sie Diamanten auf?«, will Schroder wissen.

»Und Bargeld«, erklärt Crawford. »Ich komme jederzeit an Diamanten im Wert von fünfzigtausend Dollar. Manchmal mehr.«

»Ist Ihnen wohl dabei, so viele Wertsachen im Haus zu haben?«

»Deshalb haben wir ja den Safe. Außerdem hängen wir es nicht an die große Glocke.«

»Aber Leute, die wissen, womit Sie Ihren Lebensunterhalt bestreiten, könnten es herausgefunden haben. Wer sind Ihre Kunden?«

»Meistens Einzelhändler. Ich bin Zwischenhändler. An privat verkaufe ich nicht, und die Einzelhändler wissen nicht, wo ich wohne. Ich benutze ausschließlich eine Postfachadresse. Meine Anschrift taucht nicht einmal im Telefonbuch auf. Sie gehen wahrscheinlich davon aus, dass ich irgendwo ein Büro habe. Sie können mir glauben, dass ich keinen Wert darauf lege, dass die Leute wissen, dass ich Diamanten zu Hause habe.«

»Aber Freunde wissen doch bestimmt, womit Sie Ihre Brötchen verdienen«, mischt Tate sich ein. »Sie könnten reden. Dass Ihre Adresse nicht im Telefonbuch steht, ist schon möglich. Aber was ist mit Grundsteuer, Führerschein, Gebäudeversicherung, Wählerverzeichnis, Steuern, der Bank …«

»Schon kapiert«, unterbricht Crawford ihn. »Für den Fall habe ich eine Waffe.«

»Haben Sie einen Waffenschein?«, erkundigt sich Schroder.

»Natürlich. Der ist auch im Safe. Ich wünschte, sie wären zu mir gekommen.«

»Sag so etwas nicht«, sagt Alice.

»Aber es ist doch wahr. Ich wäre mit ihnen bestimmt fertiggeworden. Ganz sicher. Ich hätte ihnen den Tresor geöffnet, die Waffe rausgeholt und …«

»Und Sie und Ihre Familie hätten genau das mit dem Leben bezahlt«, unterbricht ihn Schroder.

Crawford schüttelt den Kopf. »Ich übe alle zwei Wochen auf dem Schießstand. Ich hätte sie platt gemacht, bevor sie überhaupt geahnt hätten, was los ist.«

Es zählt nicht zu Tates Aufgaben, Crawfords Vision durch die Belehrung zum Platzen zu bringen, dass Ziele auf einem Schießstand nicht zurückschießen, oder dass man seinen Kindern vermutlich Waffen an den Kopf gehalten hätte, während er den Safe öffnete, oder er vielleicht gezwungen worden wäre, jemand anderem den Code zu geben, der ihn aufschließen würde.

Sie beschränken sich auf die notwendigen Fragen. Die Crawfords sind vor sechs Wochen hierhergezogen. In der Nachbarschaft ist ihnen nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Nichts und niemand hat sie zur Vorsicht gemahnt.

»Diesen Bodentresor«, fragt Tate, »haben Sie den aus Ihrem vorherigen Haus mitgebracht, oder haben Sie einen neuen gekauft?«

»Er ist neu. Ich wollte etwas Sichereres.«

»Selbst abgeholt und eingebaut?«

Crawford schüttelt den Kopf. »Ich habe ihn bei einer Spezialfirma für Haussicherheit gekauft. Die gaben mir den Namen eines Mitarbeiters, der für sie immer den Einbau übernimmt. Da der Safe im Boden eingelassen ist, mussten Dielen so entfernt werden, dass es nicht auffällt. In Sachen Selbermachen, war das …«

Alice legt ihre Hand auf seinen Arm: »Der Monteur.«

»Was ist mit ihm?«

»Weißt du nicht mehr?«

Er sieht sie einen Moment irritiert an und nickt dann energisch. »Richtig. Er ist zu einer falschen Adresse gefahren. Dort hat er geklopft, und als niemand öffnete, hat er mich angerufen. Wie sich herausstellte, war er bei …!« Er hält inne, als ihm klar wird, was er gerade sagt. Er sieht seine Frau an, dann Schroder und Tate. »Ähm … das, was sich da heute Abend zugetragen hat, war das in Nummer einundvierzig?«

»Ja.« Tates Puls beschleunigt sich.

»Das hier ist Nummer siebenundvierzig. Der Typ hatte eine Sieben notiert, als wir mit ihm telefoniert haben, aber auf der Rechnung stand eine Eins. Er hatte alles ausgefüllt, bevor er kam, bis auf den Preis. Ich erinnere mich, dass er sich über seine Handschrift mokierte, die so schlecht sei, und dass er deshalb eine Apothekerin geheiratet hat.«

Alle lassen die Bemerkung auf sich wirken, bis Alice die Frage, die allen durch den Kopf geht, ausspricht. »Sind die Leute deshalb tot? Wegen eines Tippfehlers?«

7

Im Gefolge zweier Streifenwagen sind Schroder und Tate auf dem Weg zu Sebastian Patrick. Nicht, dass sie Patrick – der Mann, der den Safe eingebaut hat – für einen der Männer halten, die heute Nacht im Haus waren, solange sein Gedächtnis nicht so schlecht ist wie seine Handschrift. Doch das muss nicht bedeuten, dass er die Informationen nicht weitergegeben hat. Ob freiwillig oder nicht, sei dahingestellt.

Es macht niemand auf. Schroder leuchtet mit der Taschenlampe durchs Garagenfenster auf das Auto, das dort steht. Das Haus ist einstöckig. Es ist modern und mit einer dünnen Schicht verputzt, sodass ein Fußball sie durchschlagen könnte. Ist das womöglich auf der Rückseite des Hauses passiert, wo die Officers ein Loch in der Außenwand entdecken, durch das sich jemand Zugang zum Schloss der Hintertür verschafft hat. Zu sechst gehen sie hinein und teilen sich in zwei Dreiergruppen auf. Schroder mit zwei Leuten und Tate mit den anderen beiden. Im Haus ist niemand. Sie schalten das Licht ein. Für einen Mann, der für Sicherheitsfirmen arbeitet, scheint Sebastian Patrick nur mäßig auf die eigene Sicherheit bedacht zu sein. Der Schlüssel steckt in der Hintertür im Schloss, keine Alarmanlage, keine Verriegelung an den Fenstern, die Autoschlüssel stecken im Zündschloss.

Der Computer im Büro ist eingeschaltet. Das einzige Leben im Haus. Auf dem Bildschirm ist eine Reihe von Montageaufträgen geöffnet. Tate klickt sich durch und bleibt bei dem für Blair Crawford stehen. Natürlich ist die Anschrift mit einundvierzig angegeben. Die Garrets hätten gar keine Chance gehabt, die drei Männer davon zu überzeugen, dass sie keinen Safe besitzen. Auf dem Bildschirm blinkt darüber hinaus der Hinweis auf, dass im Drucker keine Tinte mehr ist. Der Einbrecher hat vermutlich vergeblich versucht, die Belege auszudrucken. Aus dem letzten Jahr waren sechs Belege geöffnet, alle für den Einbau von Tresoren.

»Auf Diamanten haben sie es gar nicht abgesehen. Es ist eher ein Zufallstreffer«, bemerkt Schroder. »Die Leute bauen keine Tresore ein, wenn sie nichts zu verstecken haben, und genau darum geht es den Kerlen, was immer es auch war.«

»Wir müssen Leute zu den anderen Adressen schicken«, sagt Tate.

»Schon dabei«, meldet sich einer der Officers, der die Anweisung bereits über Funk weitergibt.

»Wenn wir Glück haben, waren Garretts die Ersten«, sagt Schroder. »Die Chancen stehen eins zu sechs. Hoffentlich hat sie danach die Panik gepackt, und sie haben aufgegeben.«

»Vielleicht haben sie sich die Adressen notiert«, sagt Tate. Er greift zu dem Notizblock neben der Tastatur. Statt den Bleistift daneben zu verwenden, den sie vermutlich benutzt haben, nimmt er einen anderen aus der obersten Schreibtischschublade und schraffiert damit das oberste Blatt des Notizblocks, als Schroders Telefon klingelt.

Schroder schaltet auf Lautsprecher. Ein ausgebrannter Geländewagen wurde gefunden. Das Kennzeichen passt zu einem in der Nacht zuvor als gestohlen gemeldeten Fahrzeug. Die Chancen stehen fünzig zu fünfzig, dass die Waffen, die sie benutzt haben, entweder ins Meer geworfen oder im Wald vergraben wurden.

Die Abdrücke von den sechs Rechnungsanschriften auf dem Bildschirm erscheinen auf dem Block, nicht aber die Namen. Die Adresse der Garretts führt die Liste an. Eine weitere Suche im Computer ergibt, dass Sebastian und Nathalie Patrick am Morgen zu einem dreiwöchigen Urlaub nach Frankreich aufgebrochen sind und sich im Augenblick irgendwo über dem Pazifik befinden.

»Die Spurensicherung soll sich darum kümmern«, sagt Schroder.

»Willst du noch mit ein paar von den Nachbarn sprechen?«

»Das können andere für uns erledigen. Wir befassen uns lieber mit dem gestohlenen Wagen.«

8

Gary Lee ist der Besitzer eines sechs Jahre alten Toyota-Geländewagens, der am Morgen noch dunkelblau war, am Abend jedoch in Form einer schwarzen Hülle in den Dünen am Strand von New Brighton aufgefunden wurde. Auf der Fahrt zu Lees Haus erfahren sie, dass die anderen fünf Adressen, bei denen der Safe-Monteur gearbeitet hat, nicht betroffen sind. Vor jedem Haus, das zu einer dieser Anschriften gehört, sind jetzt Polizisten postiert.

Lee ist wenig erfreut darüber, um zwei Uhr nachts aus dem Bett geklingelt zu werden, noch weniger aber über den Grund, den Tate und Schroder ihm für die Ruhestörung nennen. Er ist Ende zwanzig, dünn und redet zappelig. Nachdem sie im Wohnzimmer Platz genommen haben, teilt er ihnen mit, dass er den Geländewagen in einem Parkhaus in der Stadt abgestellt und sich danach mit seiner Freundin zum Abendessen getroffen habe. Das Parkticket hat er im Wagen gelassen.

»Ich weiß, es ist nicht klug, es im Auto zu lassen«, gibt er zu, »aber ich habe es schon einmal verloren, worauf mir die Parkwächter fünfzig Dollar extra abgeknöpft haben. So ist das in den Parkhäusern. Jedes hat seine eigenen Regeln.«

Wahre Worte, gelassen ausgesprochen, denkt Tate. »War der Parkschein zu sehen?«

»Ich glaube, er lag auf der Mittelkonsole. Klar, wenn man danach sucht, kann man ihn natürlich sehen. Und genau das ist wohl passiert.«

Tate notiert sich den Namen des Parkhauses und die Ebene, auf der Lee glaubt, den Wagen abgestellt zu haben. Schließlich bedankt er sich für die Auskunft und hofft auf Hilfe durch die Überwachungskameras.

Sie gehen zum Auto zurück. Tate fährt, während Schroder die Telefonnummer recherchiert, über die das Parkhaus außerhalb der Betriebszeiten zu erreichen ist. Nachdem er sich über mehrere Stellen hat verbinden und weiterleiten lassen, landet er schließlich bei einem Verantwortlichen, der bereit ist, sich in Begleitung eines IT-Mannes mit ihnen zu treffen. Schroder bekommt die Fotos von dem ausgebrannten Auto auf sein Handy und zeigt sie Tate, als sie vor einer weiteren roten Ampel warten. Viel ist nicht zu sehen – eine schwarze Hülle, bis zur Unkenntlichkeit verkohlter Kunststoff, versengtes Vinyl und Schaumstoff, freiliegende Federn und verbogenes Metall.

»Laut Spurensicherung wurde die Sperrvorrichtung des Zündschlosses herausgebohrt. Der Schraubenzieher steckte noch.«

Das Parkhaus ist eine schmucklose, fünfstöckige Konstruktion aus Beton und Stahl. Im Erdgeschoss befindet sich ein Büro. Fenster und Wände sind von einer dichten Rußschicht überzogen. Ein Mann in den Sechzigern kommt heraus. Er fährt sich ständig mit der Hand über den Kopf, als wolle er sich vergewissern, dass das wenige, mit dem er am Morgen aufgewacht ist, noch vorhanden ist. Sein Name ist Calvin Misk. Voller Stolz erklärt Misk, dass die Überwachungskameras erst vor ein paar Monaten aufgerüstet wurden und jeden Winkel des Parkhauses abdecken. Was der Wahrheit entspricht, wie sich herausstellt, als ihnen der IT-Mitarbeiter kurze Zeit später die Anlage zeigt. Der IT-Mann ist Anfang zwanzig, blass. Der Ketchup von dem Burger, den er auf dem Weg hierher gekauft hat, klebt ihm noch an den Fingern.

»Wonach suchen wir genau?«

Schroder beschreibt den Geländewagen und nennt ihm das Nummernschild. »Er ist gegen sieben Uhr angekommen und hat den Wagen in der zweiten Ebene abgestellt.«

»Dürfte nicht schwer zu finden sein.« Keine Minute später erscheint Gary Lees Toyota auf dem Bildschirm.

Sie verfolgen den Wagen auf der Fahrt an mehreren Kameras vorbei, bis er einen Platz in der zweiten Ebene findet. Alles genau so, wie Lee gesagt hat. Lee steigt aus, sieht auf sein Handy und geht zur Treppe, anstatt den Aufzug zu nehmen. Eine Kamera erfasst ihn im Treppenhaus, eine andere unten und wieder eine andere, als er auf den Bürgersteig hinaustritt und allmählich aus dem Bild verschwindet.

»Wir müssen drei Dinge überprüfen«, sagt Tate. »Ist ihm jemand gefolgt, als er hineinfuhr? Wann wurde der Parkschein aus seinem Auto gestohlen? Und wie wurde das Ticket bezahlt?«

Der IT-Mann lässt die Aufnahmen etwas schneller durchlaufen. Zehn Minuten, nachdem er abgestellt wurde, sehen sie einen Mann, der bei allen Wagen durch die Seitenfenster späht. Er trägt schwarze Kleidung. Die Kapuze seines Hoodies hat er hochgezogen, die Baseballkappe sitzt tief im Gesicht. Außerdem trägt er dünne Lederhandschuhe. Den Kopf hält er gesenkt. Als er in Lees Autofenster blickt, entdeckt er offensichtlich den Parkschein, denn er holt sogleich einen Slim-Jim aus der Tasche. Sekunden später ist die Tür offen. Er schnappt sich das Ticket und macht sich auf den Weg zum Kassenautomaten. Plötzlich bleibt er stehen und duckt sich zwischen zwei Autos weg. Ein Auto kommt von einer höheren Ebene herunter, fährt vorbei. Er richtet sich wieder auf und geht weiter.

»Kann ich das noch einmal sehen?«, bittet Tate.

Der IT-Mann lässt die Sequenz noch einmal laufen. Der Mann auf dem Bildschirm bekommt keinen Anruf oder so etwas. Entweder hört er das Auto kommen, oder er trägt Ohrhörer. Tates Handy klingelt. Auf dem Display erscheint eine unbekannte Nummer. Er geht aus dem Büro und nimmt den Anruf entgegen. Es ist Doktor Mann.

»Sie sagten doch, ich sollte anrufen, wenn mir noch etwas Merkwürdiges einfällt.«

»Richtig. Worum geht’s?«

»Hat vielleicht gar nichts zu bedeuten, aber seltsam war es schon. Als die drei Männer aus dem Haus kamen, ist einer von ihnen durch den Vorgarten gelaufen. Die anderen zwei sind die Einfahrt runter.«

Tate schließt die Augen und stellt sich das Haus vor, die Einfahrt und die Stelle, an der das Auto auf der Straße geparkt war. »Okay.« Er fragt sich, worauf der Mann hinauswill.

»Die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten ist eine gerade Linie«, fährt Mann fort. »Der Weg also, den der große Kerl genommen hat. Die beiden anderen sind aber die Einfahrt runter. Sie haben länger gebraucht. Nicht viel, aber in dem Fall kam es doch sicher auf jede Sekunde an.«

Unsicher, ob das etwas zu bedeuten hat, macht Tate sich in Gedanken eine Notiz, bedankt sich bei Mann, legt auf und geht in das Büro zurück. Schroder hat mit dem IT-Mann die Videos weiter durchgesehen und zwei Späher ausgemacht, die mit dem Autodieb zusammengearbeitet haben. Einer stand unten, und der andere ganz oben im Parkhaus. Tate sieht den Ausschnitt, in dem sich der Dieb dem Kassenautomaten nähert. Er holt einen kleinen Reißverschlussbeutel aus der Tasche, nimmt einen Fünf-Dollar-Schein heraus, schiebt erst das Parkticket, dann das Geld in den Automaten, und einen Moment später kommt der Schein wieder heraus. Das Wechselgeld lässt er liegen. Er kehrt zum Wagen zurück und fährt Sekunden später davon.