Anthropologische Untersuchungen des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg - Helge-Wolfgang Michel - E-Book

Anthropologische Untersuchungen des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg E-Book

Helge-Wolfgang Michel

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Beschreibung

Helge-Wolfgang Michel wurde angeboten, nach einem mit Auszeichnung absolvierten Studium zu promovieren. Er entschied sich damals, ein Angebot aus der Tierphysiologie nicht anzunehmen und seine begonnene Arbeit in der Anthropologie fortzusetzen. Leider stellten sich bei ihm nach einem Jahr ernsthafte Zweifel über seinen Doktorvater ein, die sich später auch als sehr begründet erweisen sollten. So entschloss er sich schweren Herzens, das Promotionsvorhaben nicht weiter zu verfolgen. Nach langer Zeit hat er sich jetzt, nach einem erfolgreichen Berufsleben, entschieden, die wichtigsten, schon damals erzielten Ergebnisse nach sichtender und ergänzender Bearbeitung in diesem Band noch zu veröffentlichen.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Anthropologischer Untersuchungsgegenstand und anthropologische Methoden

Geschlechtsbestimmung – Methode und Ergebnis

Altersbestimmung – Methode und Ergebnis

Körperhöhenbestimmung – Methode und Ergebnis

Bestimmung der Cranialkapazität sowie Berechnungen der Schädelindices – Methode und Ergebnis

Fazit (Auswertung , Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse)

Verschiedene Unterlagen zu dieser Ausarbeitung

Aufstellung der Ergebnisse über die Gruppenwerte der Knochenmaße und der Schädelindices der körperbestatteten Individuen

Aufstellung der einzelnen Ergebnisse über die Alters- und Geschlechtsdiagnosen an körperbestatteten Individuen

Aufstellung der Ergebnisse über die Bestimmung des Leichenbrands und der Tierknochen

Verwendete Literatur

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsdaten

Hinweis

Einleitung

Bei Erschließungsarbeiten in Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, wurden im Winter 1982/83 Skelettfragmente entdeckt.1

Nach den ersten Bergungen durch das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Abteilung für Vor- und Frühgeschichte wurde klar, dass ein frühgeschichtliches Gräberfeld vorlag.

Abbildung: Übersichtsskizze des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Am 23. März 1983 begann die wissenschaftliche Ausgrabung unter Leitung von Dr. Peter Prüssing. In zwei Grabungskampagnen, die bis zum 1. August 1983 andauerten, konnten 181 Gräber geborgen werden (siehe Skizze des Friedhofes auf der vorherigen Seite).

Die bisherigen Auswertungen von P. Prüssing ergaben, dass es sich um einen fränkischen Reihengräberfriedhof handelt. Das Gräberfeld wird einem größeren Hof zugeordnet, der sich wahrscheinlich im Kerngebiet des heutigen Ortes befand.

Die Gräber wurden vorläufig anhand der Grabbeigaben auf den Zeitraum des 6. bis 9. Jahrhunderts nach Christi Geburt datiert. Die älteren Gräber waren beigabenführende tiefe Kammergräber, während die rezenteren Gräber des 8. und 9. Jahrhunderts beigabenlos sind und sich in flachen Grabgruben befanden.

Bis auf zwei Ausnahmen mit Nord-Süd-Orientierung sind alle Skelette West-Ost orientiert (siehe Aufnahmen auf den folgenden Seiten).

Die beigabenhaltigen Gräber der älteren Belegungsphase konnten alle gesichert werden. Im Gegensatz dazu gingen rezentere Gräber durch Maßnahmen des Straßenbaus und der Landwirtschaft verloren. Die beigabenführenden Gräber sind ausnahmslos im Frühmittelalter gestört und wahrscheinlich auch beraubt worden.

Die Bedeutung dieses fränkischen Gräberfeldes liegt darin, dass es nach P. Prüssing (1985) erstmalig einen nahezu vollständig ergrabenen Friedhof dieser Zeit in Hessen darstellt und die Auswertung sollte neue Erkenntnisse über die Geschichte des Frühmittelalters liefern. Der Reihengräberfriedhof wurde von Merowingern angelegt. Die Merowinger erhielten nach der Schlacht von Tolbiacum, die von 496 bis 497 n. Chr. G. stattfand, in welcher die Alamannen besiegt wurden, den nördlichen Teil des Alamannenreichs, in dem auch das Dieburger Becken liegt.

Das Skelettmaterial, das durch den kalkhaltigen Lößboden bedingt einen guten Erhaltungszustand aufweist, wurde vom Juli 1984 bis zum Februar 1985 sorgfältig von Verschmutzungen gereinigt und rekonstruiert. Bei den Reinigungsarbeiten wurden unter anderem Grabbeigaben gesichert, so auch die auf den folgenden Seiten abgebildeten Charonspfennige, und dem Archäologen Dr. Prüssing übergeben.

Neben den menschlichen Körperbestattungen wurden in diesem Gräberfeld menschlicher Leichenbrand und Tierknochen vorgefunden. Bei den Tierknochen handelt es sich um eigenständige Tierbestattungen oder um Beigaben zu menschlichen Grablegen. Sofern der Erhaltungszustand der Tierknochen es zuließ, wurden diese bis zum Taxon Species (Art) bestimmt.

Der erste Bearbeitungsschritt wurde von mir auf die Erhebung und Auswertung der demographischen Ergebnisse beschränkt. In einer zweiten Phase wurden und sollten Fragen der metrischen Befunde und des Typus in Angriff genommen werden.

Fragen zu Material und Methoden werden im Folgenden beantwortet: Die Erhebung der demographischen Befunde erfolgte mit osteologischen Methoden. Die Auswertung der so erzielten Ergebnisse wurde in Anlehnung an bevölkerungswissenschaftliche Vorgehensweisen durchgeführt. Es lagen Skelettreste von 216 Individuen (214 Körperbestattungen und 2 Leichenbrandbeigaben) aus 181 Gräbern vor. Desweiteren gab es Knochenfragmente von mindestens 65 Tieren. Die menschlichen Skelettreste werden nach P. Prüssing (1985) ethnisch den Franken zugeordnet. Mit der Rekonstruktion der teils durch die frühmittelalterlichen Beraubung und teils durch den bei den Bergungsarbeiten eingesetztem Bagger zerstörten Skelettanteile dürfte eine sehr gute Approximation an die ursprüngliche Form erzielt worden sein. Der Reinigung und Rekonstruktion der Skelettreste folgte die Erhebung des Skelett- sowie des Zahnstatus. Der Skelettstatus wurde graphisch dargestellt. Knochenfragmente, die nicht in den Zeichnungen platziert werden konnten, wurden abgekürzt unter den Bemerkungen zu den jeweiligen Individuen aufgeführt. Für den Zahnstatus wurde ein verändertes Schema nach D. R. Brothwell (1963 und 1981) benutzt, oberhalb eines Kreuzes wurden in Ziffern (1 bis 8, die Dentes permanentes [bleibenden Zähne]) bzw. in Buchstaben (a bis e, die Dentes decidui [Milchzähne]) die Dentes der Maxilla (Oberkiefer) und unterhalb der Horizontalen des Achsenkreuzes die Dentes der Mandibula (Unterkiefer) aufgeführt. Damit die Anordnung den topographischen Verhältnissen entspricht, wie sie vorgefunden wurden, erscheinen die Dentes der linken Kieferhälften auf der rechten Seite des Kreuzes und die Dentes der rechten Kieferhälften auf der linken Seite des Achsenkreuzes. Nicht angelegte Dentes wurden mit dem Symbol Ø, intravital (ante mortem) ausgefallene Dentes mit – und postmortal verlorengegangene Dentes wurden mit O gekennzeichnet. Abkürzungen und Symbolzeichen, die in der Examensarbeit von HWM verwendet wurden, sind auch dort im Abkürzungsverzeichnis erläutert.2

Die Erhebung der Daten für die Geschlechts- und Altersbestimmung erfolgte durch deskriptive Erfassung (Morphognose) und durch metrische Erhebung (Osteometrie).

Abbildung: Grab 79 in West-Ost-Ausrichtung des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Abbildung: Grab 81 in West-Ost-Ausrichtung des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Abbildung: Grab 120 in West-Ost-Ausrichtung des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Abbildung: Grab 116 in West-Ost-Ausrichtung des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Abbildung: Grab 122 in West-Ost-Ausrichtung des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Dr. Peter Prüssing.

Abbildung: Charonspfennige (Abbildungsmaßstab: 3,45:1 [links oben: aus Grab 148 in Gold, rechts mittig: aus Grab 168 in Silber und links unten: aus Grab 29 in Gold]) geborgen aus den überlassenenen Skelettresten des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Ilona Müller.

Abbildung: Charonspfennig aus Grab 29 in Gold (Einzelaufnahme) geborgen aus den überlassenenen Skelettresten des fränkischen Gräberfeldes von Otzberg-Habitzheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Aufnahme angefertigt durch Ilona Müller.

1 Die Informationen über das fränkische Gräberfeld von Otzberg-Habitzheim wurden von P. Prüssing (1985) übernommen.

2 Die meisten Termini der Anatomie sind von H. Feneis (1982) entlehnt, der wiederum diese aus der Nomina anatomica, 4th