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Bisher in dieser fortlaufenden Reihe erschienen: Atolan Band 1: -Schleier der Macht- Atolan Band 2: -Bündnis der Sieben- Atolan Band 3: -Dunkle Geheimnisse- Atolan Band 4: -Väter der Geister- Der Flüsterer ist auf dem Höhepunkt seiner Zeit angekommen. Er ist unwiderruflich mit seiner Zahl verbunden und trachtet danach, die Welt ins Chaos zu stürzen. Der Namenlose will die Kulturen des Kontinentes durch eine Religion von Dämonenanbetern ersetzen. Angst und Gedankenmanipulation sind die Waffen der feindlichen Macht. Die Väter der Geister treten in das Spiel mit ein. Somit wird Atolan vom Süden und Norden her bedroht. Ein Wettlauf mit der Zeit entsteht und ungewöhnliche Entscheidungen müssen getroffen werden. Die Seherin von Ubaldsfall schmiedet einen Plan und der Bezwinger der Bestie steht ihr zur Seite. Dergil wächst über sich hinaus und erhält unerwartete Hilfe von ganz OBEN. Immer mehr dunkle Geheimnisse erklären die Zusammenhänge, die zum Unglück führten. Jeder Mann und jede Frau müssen sich für eine Richtung entscheiden. Frieden und Freiheit müssen verteidigt werden. Etwas was verlorenging will die Hexe wiederfinden und gegen die Atolaner einsetzen. Das Bündnis der Sieben, ist die einzige Chance, um den Sturm zu überstehen. Der Kampf zwischen Gut und Böse lässt die Unschuldigen erwachen. Der Tag der Abrechnung ist jener, der als Zeitpunkt des Todes bekannt ist. Der dritte Band ist mit zahlreichen Illustrationen versehen. Einen vierten Teil wird es geben, aber mit noch keinem Erscheinungszeitraum!
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Seitenzahl: 386
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„In dunklen Zeiten findet sich immer ein Weg zum Licht.“
Kapitel 1:
Das Lager der Skorpione
Kapitel 2: Der Schatten im eigenen lager
Kapitel 3: Falsche Verdächtigungen
Kapitel 4: Die Sache mit dem Propheten
Kapitel 5: Die Stadt der Bhriari
Kapitel 6: Wie man das Böse bekämpft
Kapitel 7: Moromor, Muriel, Deron und Alisane
Kapitel 8: Göttliche und Dämonen
Kapitel 9: Das Dorf am Moor
Kapitel 10: Die Yonah
Kapitel 11: Ein Fuchs im Moor
Kapitel 12: Das Herz der Bitterkeit
Kapitel 13: Die Unterwelt
Kapitel 14: Das Geheimnis des Moores
Kapitel 15: Auf und davon
Kapitel 16: 30 Tage
Kapitel 17: Der Krieg nimmt Fahrt auf
Kapitel 18: Die Entführung
Kapitel 19: Wiedersehen im Moor
Kapitel 20: Nefertaro Darko
Kapitel 21: Die letzte Versuchung
Kapitel 22: Der Weg ist versperrt
Kapitel 23: Kampf auf Leben und Tod
Kapitel 24: Die Segnung der Götter
Kapitel 25: Die Schlacht bei Siebenbergen
Kapitel 26: Nachspiel
Kapitel 27: Glückliche Tage
Seufzend starrte der Krieger, welcher in einen blauen Mantel verhüllt war, über die marmorne Balustrade in den Westen. Die Kapuze mit ihren fünf Zipfeln wehte leicht in der auffrischenden Meeresbrise. Der kräftige Mann kraulte in nachdenklicher Manier seinen langen Bart. Zwei weiße Strähnen verrieten sein Alter und seine vielen Sorgen.
Plötzlich trat eine Frau heran. Sie kam vom nahen Anwesen über den Weg, der mit Olivenbäumen gesäumt war. Ihre Bekleidung war aus reiner Seide und fasst durchsichtig. Der warme Spätsommerwind riss ihre leichte Kopfbedeckung aus Stroh herunter. Die Frau griff danach, aber schon war der Hut auf eine Reise in die Büsche unterwegs. Mit mürrischem Blick sah sie, wie das gute Stück bereits hunderte Meter entfernt herumtänzelte. Sie schüttelte den Kopf und verabschiedete sich von ihrem Kopfschmuck. Ihre schwarzen Haare waren zu Dutzenden Zöpfen geflochten und ragten ihre Schultern bis zur Hüfte herab.
Als die Kanarfrau den Mann am Felsvorsprung zum Meer erreichte, drehte sich dieser um und nahm ihre Hand. Nach einem leidenschaftlichen Kuss sahen sie sich lange und forschend in die Augen. Dann setzten sie sich auf die Balustrade und sahen schweigend in die Ferne.
Nach einer Weile entschloss sich die leicht gebräunte Frau die Stille zu durchbrechen: „Mich schmerzt deine Traurigkeit, Geliebter. Über deine Sorgen willst du mit mir nicht sprechen und heuchelst mir Glück vor. Du lachst zwar mit mir, liebst mich leidenschaftlich und nimmst meine Hand, ... doch deine Gedanken sind in einem weit entfernten Land … bei einer anderen Frau ...“
Der Krieger warf seine Kapuze zurück und nahm beide Hände der schönen Geliebten in die Seinen. Der linke Handrücken des Mannes war vernarbt und deutete auf eine alte Verletzung mit Feuer hin. Die Sonne des Südens hatte die Haut des Atolaner`s in den letzten zwei Jahren gebräunt. Erneut sprach ihn die schöne Dame eifersüchtig an: „Du bist mit mir, aber denkst an SIE! So viele Monde sind vergangen und ich habe dir mein Herz geschenkt … ich habe dein Leben gerettet ...“
„Ich habe dir als Dank gegeben, was ich zu geben hatte, Alisane“, erwiderte Moromor, „für mein Herz kann ich nichts. Es ist in zwei Teile zerrissen worden … Das ich verheiratet bin, habe ich dir nie verschwiegen ...“
Die Anführerin der Skorpione erwiderte verärgert: „Männer springen von einem Schoss in den anderen und finden diese oder andere Ausreden. Ich hoffte, die Zeit wird deine Sehnsucht schwinden lassen, doch ich wurde in meiner Hoffnung betrogen. Du bist ein Fürst ohne Schiff und Land. Wahrscheinlich liegt deine Frau bereits ebenfalls in den Armen eines anderen.“
„Eifersucht ist kein guter Ratgeber, Alisane“, sagte der schwarze Adler nüchtern, „wir sind im Krieg und Schicksale geraten durcheinander. Sprich nicht über Dinge, die du nicht verstehst!“
„Verstehen?!“, zischte sie, stand abrupt auf und ging mit großen Schritten davon. Sie konnte ihr Temperament und ihre Gefühle nicht mehr unterdrücken. In den letzten Wochen kam es zwischen den beiden immer wieder zum selben Thema und endete im Streit.
Moromor blieb noch eine Weile und dachte angestrengt nach. Es würde nur zu mehr Aufruhr führen, wenn er Alisane nachginge. Er betrachtete seine vom Feuer gezeichnete Hand und erinnerte sich an die Vorfälle in Kalsha Tok.
Es waren beinahe zwei Jahre vergangen, seit der Sabotage in der Hafenstadt des Nefertaro Darko. Häuser und Schiffe brannten lichterloh. In diesem Chaos aus Flammen und verfolgenden Kanarsoldaten, versuchten Boron und er zu fliehen. Der eigentliche Plan war es, auf das Meer in einem Boot zu entkommen, um später eines ihrer Schiffe zu erreichen, doch die rasenden Feuer verbreiteten sich und versperrten die meisten Zugänge zum Wasser. Die Südländer erkannten schnell, dass die Brände von Saboteuren gelegt wurden, und taten ihr bestes, um keinen Feind entkommen zu lassen. Somit schlichen sich die beiden letzten Bhari (alle anderen waren bereits erwischt worden) in den Stadtkern. Immer wieder mussten sie auf ihrem Weg kehrtmachen, um kontrollierenden Soldaten aus dem Wege zu gehen. Einmal war ihre Entdeckung nahe, als ein alter Mann sie ansprach. Sie konnten nicht adäquat in südländisch antworten, worauf der Kanar nach Hilfe rief. Letztlich entkamen Moromor und Boron nur knapp vier Verfolgern. Ein gewagter Sprung durch brennende Trümmer hinterließ bei den Bharikriegern zwar Verbrennungen, aber rettete ihnen das Leben. Eine Gefangennahme würde letztendlich nur in Folter und Tod enden.
Zum Pech der Freunde schoss ein Bogenschütze im letzten Moment einen Pfeil auf sie ab. Das Geschoss sauste durch die Flammen hindurch und fing Feuer. Boron wurde in die linke Schulter getroffen und sank zu Boden. Der schwarze Adler zog am Schaft die Spitze heraus und half dem jammernden Navigator auf. Es blieb keine Zeit für eine weitere Versorgung der Wunde. Auf Moromor gestützt ging es hastig weiter. Mit letzter Kraft, hustend und verzweifelt schleppten sie sich voran. Nach einer Weile bemerkte Boron, dass sie sich im Kreise bewegten. Stickiger Rauch reizte ihre Lungen. Sie rasteten eine Weile und erwarteten das Ende. Hitze, Rauch und Flammen umringten sie.
Plötzlich tauchten zwei Reiter wie aus dem Nichts auf und näherten sich den Bharikriegern. Sie standen kurz vor der Entdeckung. Ein alles entscheidender Kampf stand unmittelbar bevor. Boron raffte sich auf und schrie vor Schmerzen, doch dann floss das Adrenalin in seine Adern und er brüllte die Gestalten im Rauch wie ein Löwe an. Die Reiter blieben in einiger Entfernung stehen und winkten den beiden verdächtig. In diesem Dunst war es schwer etwas Genaues zu erkennen. Zunächst verstanden die Bhari nicht, was da vorginge, doch dann trat eine Person an sie heran und zeigte ihr Gesicht. Zur Verwunderung der beiden stand vor ihnen die Abgesandte der Skorpione.
Sie sagte eindringlich, aber lächelnd: „Rasch, Freunde. Kommt mit uns. Ihr habt hier ein Riesenspektakel veranstaltet. Nefertaro Darko wird diesen Tag nicht so schnell vergessen.“
Geschwind bestiegen sie jeweils zu zweit die Pferde. Die Widerstandskämpfer hatten in Wasser getränkte Decken bei sich. In diese wickelte sich jeder, um weiteren Flammen zu entgehen.
Schlussendlich fanden sie einen Weg aus der Stadt heraus. Vorbei an fliehenden Menschen und Tieren, gelangte die Truppe nach einem Kilometer in die Freiheit und setze ihren Weg abseits der Straße fort.
Moromor fragte die Reiterin: „Was hat euch so plötzlich hierher verschlagen?“
„Da wir nicht viele Informationen aus euch herausbekamen, wollten wir uns selbst Vorort ein Bild machen“, erklärte Alisane grinsend, „habt ihr geglaubt wir lassen Euch, Dolo Tanaka (weiße Irre), unbeobachtet in UNSEREM Land herumspazieren?!“
Mit diesem Satz war klar, sie waren im Kampf gegen den Eroberer und seine Hexe zwar verbündete, doch die alte Feindschaft und das Misstrauen bestand weiter.
Die Widerstandskämpfer verhielten sich im Alltag angepasst und unauffällig. Sie nahmen am normalen Leben teil und taten so, als ob sie treue Anhänger des neuen Herrschers seien. Ihre Waffen und Rüstungen versteckten sie in geheimen Wänden oder Kellern. Das Reich des Nefertaro Darko wurde von Spitzeln bewacht. Sie hatten ihre Augen und Ohren überall. Außerdem war Gold immer ein Argument, um seine Nachbarn zu denunzieren. Das neue Staatssystem war ein Netz aus Angst, Überwachung und Manipulation. Die alten Religionen wurden verdrängt und an ihre Stelle trat der abgründige Glaube an „Ashmara“, die Göttin der Unterwelt. Die Statuen der alten Anbetung wurden zerstört und die Tempel der Dämonenfrau geweiht. Wo dieser Glaube seinen Ursprung nahm, war niemandem wirklich bekannt. Die Familie des roten Elefanten brachte diesen vor langer Zeit mit über die Wüsten und Berge.
Jeder Bürger musste jeden fünften Tag in seiner Gemeinde den Tempel aufsuchen und etwas Lebendiges opfern. Es spielte keine Rolle, ob es sich dabei um Schafe, Ochsen, Hasen oder Menschen handelte. Das Ritual war grausam und blutig zu vollziehen.
Damit Moromor mit Boron ein einigermaßen anständiges Leben führen konnten, mussten sie ihre Identitäten gegen fiktive eintauschen. Sie galten als Sklaven im Haushalt Alisane`s und arbeiteten im Garten. Ihre Namen waren fortan Alma und Hamut. Da der gesamte Hausstand der reichen Kauffrau zum Widerstand zählte, konnten sie sich frei bewegen.
Die ersten Wochen sprach der schwarze Adler (Alma), von nichts anderem, als eine Flucht nach Atolan zu planen. Es gab acht Versuche, welche an der Wachsamkeit der Südländer scheiterte. Jedes Schiff, selbst die kleinen Boote wurden zum Transport für Waren und Mannen herangezogen. Die Streitmacht des roten Elefanten musste kontinuierlich aus dem Süden versorgt werden. Die Gerüchte aus Atolan besagten, dass Nefertaro Darko siegreich Kastor Kaloran besetzte. Zahlreiche kleinere Schlachten wurden geschlagen. Die Kanar errichteten eine Festung aus Stein, Palisaden und Gräben. Scheinbar wollte der Eroberer seine Macht in Atolan zuerst festigen, bevor er größere Schritte anstrebte. Der geschickte Feldherr zwang das Bündnis der sieben an vielen Standorten zu kämpfen. Seit sechs Monaten griff ein Teil seiner Armeen Goldstadt vom Wasser und zu Lande an. Außerdem sendete er Schiffe aus, um die Häfen der Bhari anzugreifen. Ziel war es die Vorherrschaft zu Wasser zu erlangen, doch diese Strategie ging nie ganz auf, den schon kamen neue Kriegsschiffe aus Minorh.
Reiterscharen überfielen zu tausenden weiche Ziele im Landesinnern. Die Atolaner waren gezwungen einen Bewachungsring zu bilden und erbauten Dämme und kleinere Forts in regelmäßigen Abständen, um das besetzte Gebiet im Auge zu behalten. Jede Kriegspartei konnte dem Gegner keinen entscheidenden Schlag versetzen, daher zog sich die Invasion in die Länge.Diese Tatsache beunruhigte den erfahrenen Nefertaro Darko nicht im Geringsten. Mit jedem Jahr festigte sich seine Position auf dem neuen Kontinent. Mittlerweile hatten die Kanar eine eigene Infrastruktur mit Bauernhöfen, Jägern und Handwerkern erschaffen. Es gab sogar einen kleinen Hafen, den die Südländer aus dem Nichts erbauten. Eine Flotte von Fischern ernährte die Soldaten der Streitmacht. Die Atolaner hatten schwer damit zu kämpfen diese Versorgung zu unterbrechen.
Für Boron und Moromor stand nach sechs Monden fest, dass sie von Morolan nicht wegkamen. Sie konnten weder auf den südländischen Schiffen anheuern, noch ein Schifferboot kapern. Für eine so lange Überfahrt war eine Nussschale ein riesiges Wagnis. Der schwarze Adler kam letztlich zum Entschluss, ihre Leben nicht unnötig durch unmögliche Aktionen wegzuwerfen. Die einzige logische Variante war es, dem Stachel des Skorpions beizutreten und den Krieg von Morolan aus weiterzuführen. Trotzdem hofften die Bhari in der Zukunft, eine Gelegenheit zur Flucht noch zu erhalten.
Alisane war dem charismatischen Moromor schon bei der ersten Begegnung erlegen. Sie war die Witwe eines der einflussreichsten Händlers im Süden. Um nicht ganz enteignet zu werden, verfolgte sie die kluge Strategie, den Eroberer von Anfang an zu unterstützen und zu huldigen. Sie war auf der anderen Seite eine treibende Kraft. Im Untergrund gründete sie den Widerstand. Das Vorbild von Kalsha Tok vor Augen, wurde Sabotage zu einem wichtigen Vorgehen im Kampf gegen ihre Besatzung im Süden.
Die ersten Wochen ließ der Bharifürst seine Wohltäterin kaum an sich heran. Zu groß war das Misstrauen zwischen „Kanar“ und „Dolo Tanaka“. Die Atolaner interessierten sich wenig für die Bräuche und Sitten der Welt im Süden außerhalb ihres Kontinentes. Ihre Einstellung war von zahlreichen Vorurteilen und Gerüchten geprägt. Daher wunderte es den Bhari, als er eines Tages von Alisane in den tiefen Keller eines Ihrer Anwesen geführt wurde. Sie gingen allein ohne weitere Begleitung, mit Fackeln ausgestattet, weitläufige Gänge entlang. Das Grundstück reichte bis zum Meer. An einer mit drei Schlössern versehenen Tür blieben sie stehen. Es quietschte, als sie die Schlüssel drehte. Die hübsche Frau war in hauchdünne Gewänder gekleidet und hatte sich für diese Angelegenheit zuvor zurechtgemacht. Ihre roten Lippen betörten den Herrn von Ubaldsfall und Lebendstein.
Zu seiner Verwunderung erwartete ihn hinter der Tür etwas anderes, als wie er annahm. Die Kanarfrau entzündete zahlreiche Öllampen und sprach Gebete dabei. Eine Grotte wurde erhellt. Man konnte die Brandung des Meeres bereits hören. Alisane nahm Moromor bei der Hand und führte ihn weiter zu einer Nische im Felsen, welcher mit einem Vorhang verdeckt war. Dahinter war etwas, was der Atolaner nicht vermutete.
Die Kauffrau betete leise: „O Keshava, Herr des Universums. Ich bringe Dir meine achtungsvollen Ehrerbietungen dar.“
Die Gestalt des jugendlichen Gottes stand dort vor ihnen. Er hielt eine Flöte in seinen Händen und war dabei, ein Lied zu spielen. Seine Beine waren übereinander verschränkt. Die Figur war aus schwarzem Marmor und mit goldenen Kleidern versehen. Die Handinnenflächen waren rot, sowie auch die Fußsohlen. Keshava ist ein betörender Gott. Selbst der Liebesgott fühlt eine unausweichliche Anziehung zu Ihm.
Moromor stand verblüfft und fasziniert da. Kein Wort kam zunächst über seine Lippen. Alisane stupste ihn an, damit er Gebete sprach.
Nach einer Weile sagte der Bhari: „Wie ist das möglich … hier im Süden …?!“
„Ihr Atolaner wisst nicht viel über die Reiche der Kanar. Nicht jeder verehrt Dämonen und Geister. Im Laufe der Jahrhunderte kamen viele Menschen in die Südlande. Manche waren Sklaven, andere Händler oder Schmuggler. Sie brachten Wissen und Bücher mit. Kesahva wird nicht offen verehrt, aber es gibt mittlerweile tausende von Altären. Mein verstorbener Ehemann bekannte sich zu Jagadisha. Doch nach außen verhielt er sich wie jeder andere Kanar und besuchte auch die Dämonentempel zur Tarnung.“
Moromor staunte und sagte darauf: „Das ist wahrlich eine Überraschung. Ich nahm zunächst an wir gingen aus einem anderen Grund hierher ...“
„Was sollte ein anderer Grund sein?“, fragte Alisane verblüfft.
Der starke Bharikrieger errötete plötzlich und stammelte etwas Unverständliches. Die schöne Dame neben ihm sah ihm in die Augen und lachte auf einmal.
„So, so, ihr habt etwas anderes erwartet, Herr“, säuselte sie neckisch, „aber du bist mit mir den ganzen Weg herabgestiegen. Kein Wort von missfallen. Kein Widerstand. Hmm, dann will ich deine Erwartungen nicht enttäuschen ...“
Alisane kam ihm langsam näher und sah ihm verführerisch in die Augen. In diesem Moment konnte der gestandene Pirat seine Gefühle nicht mehr leugnen. Den ganzen Weg bis hierher verfolgte ihn eine Stimme im Ohr. Sie sprach von der betörenden Schönheit der Frau, von Lust und Küssen, von einer gemeinsamen Zeit. Aus Gedanken wurden Gefühle und aus ihnen ein ungestilltes, loderndes Verlangen.
Hier vor Ihrem Gott mussten sie sich benehmen. Es wäre ein Vergehen gewesen sich ungebührlich zu verhalten, daher führte Alisane ihn weiter in die Grotte hinein, bis sie auf ein Wasserbecken stießen, was direkt vom Meer aus gespeist wurde.
Sie sah dem Bhari schmachtend an und löste die Broschen an ihrer Kleidung. Der Stoff fiel darauf lautlos zu Boden und enthüllte ihren wohlgeformten Körper. Zunächst zögerte Moromor und kam in einen Konflikt mit dieser Situation. Er war seiner Ehefrau immer treu geblieben und hatte noch nie einen Gedanken an eine andere Frau verschwendet. Sein Herz pochte laut und schmerzhaft. Plötzlich spürte er eine Hand zwischen seinen Schenkeln, welche sich zielstrebig voran tasteten. Eine andere Hand ergriff die seine und führte sie in die Lustgrotte seiner Gespielin. Eine Stimme flüsterte ihm leise ins Ohr und übertönte sein Gewissen. Der Flüsterer säuselte: „Niemand sieht dich hier. Niemand weiß von diesem Moment. Allein mit einer willigen, schönen Frau. Vielleicht bist du nie mehr in der Lage nach Atolan zu gelangen. Deine Zukunft liegt noch vor dir, hier auf Morolan!“
Schon lange träumte Alisane von diesem Augenblick und tat alles, um den schwarzen Adler zu befriedigen. Nachdem sie seine Sachen auf dem Boden verteilte, zog sie ihn in das Wasserbecken und begann mit leidenschaftlichen Küssen. Sie verlor keine Zeit, damit dem verheirateten Mann nicht ein Moment des Zweifels ablenkte. Die Waffen der Frau überwältigten schließlich den standhaften Krieger. Blut strömte in seine Lenden und verlangte nach Befriedigung.
Nach dieser ersten Liebe wich die clevere Dame keine Minute von ihrem Geliebten und las jeden Wunsch von seinen Augen ab. Sie verdrängte jede Sehnsucht nach Muriel in Moromor. Zumindest glaubte sie, so viel Macht über seine Gefühle zu besitzen. Der Fürst von zwei Ländereien galt als starke Persönlichkeit. Ihn zu täuschen, war eine schwere und gefährliche Angelegenheit. Gegenüber Boron schwieg der Kommandant, obwohl dieser seinerseits sogleich die Sache durchschaute. Der Navigator war ein echter Freund und überlegte sich, wie er seinem Herrn und Kumpel aus der Patsche helfen könnte.
Monate vergingen und der Alltag in fremden Landen erfasste die Bhari. Moromor quälte sein Gewissen immer mehr, aber auf der anderen Seite lag eine eifersüchtige und herrische Kanarfrau in seinem Gemach. Immer wieder entflammte Streit, wenn der schwarze Adler von Atolan sprach. Alisane war keine Geliebte, die man einfach loswerden konnte. Noch war es ratsam, ihr Bett kalt zu lassen. Die Bhari fürchteten Verrat oder irgendein anderes Drama, wenn Moromor sie zurückwies.
Die einzige Sache, die Alisane nicht verhindern konnte, waren die zahlreichen notwendigen Sabotagen der Kanarstreitmacht. So oft es sich ergab, waren die Bharikrieger im Einsatz.
Zwei Jahre später stand der Fürst von Ubaldsfall an der Balustrade zum Meer und sehnte sich nach Muriel. Die Gefühle der Trennung lähmten ihn und er machte sich große Vorwürfe. Seine Untreue lastete wie tausend glühende Steine auf seiner Seele.
Nach dem Streit mit Alisane ging Moromor die Pläne der nächsten Nacht mit Boron und einer Handvoll „Skorpione“ durch.
Es gab einen kleinen Hafen im Osten der Insel. Hier kamen hunderte von Kriegsschiffen auf ihrer Weiterfahrt nach Atolan an.
Die Versorgungsroute hatte sich mit der Bewegung der Streitmacht des Nefertaro Darko verlagert. Minolan und das Reich Minorh wurden in diesen Tagen links liegengelassen.
Der Widerstand plante, den Posten anzugreifen und Eindutzend Schiffe in Brand zu stecken.
Gerade als sie ihre Köpfe zusammensteckten, kam ein Abgesandter des örtlichen Ashmara Tempels vorbei und lud die Herrin des Hauses zum Essen ein. Diese Einladung konnte Alisane nicht ablehnen. Der Hohepriester war unverheiratet und wusste, dass die Kauffrau eine Witwe war. Mit diesen heiligen Männern war nicht zu spaßen. Sie vertraten keinen Glauben, der auf ethische und moralische Werte beruhte. Im Grunde konnte der Mann fordern, was er wollte, insofern er seinem Herrn dem Nefertaro Darko bedingungslos diente. Es gab Orgien und nächtliche Hetzjagden auf Sklaven unter seiner Aufsicht. Alisane war beim letzten Mal im Tempel nicht entgangen, dass der Kerl ihre Brüste betrachtete und sie schelmisch anlächelte.
Sofort informierte sie Alma von der Lage. Als Diener war es nicht unüblich, seine Herrin zu solch einer Gelegenheit zu begleiten. Bedienstete waren wie Luft in den Augen der höhergestellten Gesellschaft. Nicht selten wurden sie in sexuelle Ausschweifungen auf Partys miteinbezogen.
Der Hohepriester hatte es scheinbar eilig und erwartete die Dame in einer Stunde in seinem Anwesen. Alisane zog sich für ihre Verhältnisse auffällig zugeknöpft an. Ihre Rundungen verbarg sie für diese Angelegenheit. Da sie eine wohlhabende Dame war, erwartete sie ein gewisses kultiviertes Benehmen vom Hohepriester. Doch es kam alles anders und gab der Geschichte einen bitteren Beigeschmack.
Moromor, Alma, folgte seiner Herrin zum Haus des Mannes. In der Vorhalle erwartete sie ein schmächtiger, hässlicher Kerl, welcher Alma aufforderte, dort zu warten. Alisane sollte allein in das Gemach des Priesters gehen. Dort erwartete sie nicht ein gemeinsames, romantisches Essen, sondern ein nackter dicker, erregter Hohepriester. Der Kerl wollte gleich zur Sache gehen und gab Alisane schmutzige Namen. Zunächst versuchte sie es mit Diplomatie und Ausreden. Sie gab an ihre Menstruation zu haben. Doch diese Tatsache geilte den unheiligen Mann nur noch auf. Es kam zu einer Rangelei und einer Ohrfeige. Ein Tritt in die Weichteile des Hohepriesters verärgerte ihn. Er griff nach einem seltsam aussehenden Dolch und wollte Alisane auf der Stelle vergewaltigen und offensichtlich anschließend zu seinen Dämonen opfern. Die scharfe bläuliche Klinge wollte der Mann gerade ansetzen, als ihn von hinten zwei kräftige Hände am Hals packten und ihn mit einem Ruck zur Seite drehten. Es knackte leicht und der Hohepriester sank mit gebrochenem Genick zu Boden. Moromor überlegte eine Sekunde und schleppte den Leichnam zum Bett. Da kein Blut floss, legte er ihn wie zum Schlafen nieder.
„Das wird uns Zeit verschaffen“, sagte er nüchtern.
Alisane betrachtete den Hohepriester und spuckte ihm zum Abschied ins Gesicht. Sie hob den seltsamen Dolch auf und sprach: „Damit wolltest du mich zu deinen Dämonen schicken. Schade eigentlich! Schon ist er tot und ich verpasse meine Rache.“
Sie glitt mit den Fingern über die Rasiermesser Klinge. Dabei schnitt sie sich. Alma sah sich den Dolch genauer an und sagte erstaunt: „Obsidian?!“
„Ja, dass ist Obsidian“, ergänzte Alisane, „es kommt aus dem Norden … nicht aus Atolan, sondern noch nördlicher ...“
Moromor steckte die Klinge ein und sie flohen ungesehen vom Anwesen des Hohepriesters. Zu Hause angekommen wurden alle Skorpione des Hauses zusammengerufen. Die Situation hatte eine endgültige Lage hervorgerufen.
Moromor sagte zu ihnen: „Wir sind aufgeflogen. Es ist eine Frage der Zeit, bis Soldaten hierherkommen und uns alle als Verräter töten wollen. Die Schergen der Ashmara sind uns jetzt auf den Versen. Was können wir tun? Frage ich euch! Wir können hier warten und kämpfen oder versuchen zu fliehen.“
„Wohin in diesen Landen?“, fragte ein Widerstandskämpfer.
Boron nickte und sah seinen Kommandanten hoffnungsvoll an.
Der schwarze Adler antwortete: „Wir sind genug Mannen, um ein Schiff zu kapern und zu steuern. Atolan ist mein Ziel. Wer geht mit mir?“
Eine Weile dachten die Kanar nach. Es gab keinen anderen Ausweg, als dem Bhari zu vertrauen. Der erste Mann gab seine Zustimmung, worauf zehn Kerle und drei Frauen dem Plan für abgemacht bestätigten.
„Und auch ich will mich an dieser Reise beteiligen“, warf Alisane als letzte ein.
Der lange erwartete Moment war gekommen. Die Bharikrieger hatten eine Gelegenheit zur Flucht erhalten. Zuvor waren sie allein auf sich gestellt, was bedeutete, ein Fischerboot zu stehlen.
Die Reise in einer Nussschale war beinahe unmöglich. Jetzt hatten sie eine komplette Besatzung beisammen. Der drohende Tod führte ihre Schicksale zusammen.
Sogleich wurden Pferde und ein Wagen bereitgestellt. Sie würden bis zum Hafen im Osten getrennt Reisen, um nicht aufzufallen.
Das nötigste wurde gepackt. Alisane verteilte ihr Gold unter den Widerstandskämpfern und sagte zu ihnen: „Für eure Freundschaft und treue Dienste. Möge Keshava euch schützen!“
Der Ausgang der Unternehmung war gefährlich und ungewiss. Sie sammelten sich am Strand nahe der Hafenstadt. Die Dämmerung setzte ein und sie erspähten ein zweimastiges Handelsschiff, welches abseits ankerte. Alle Plätze zum Andocken waren im Hafen belegt. Weit und breit war kein anderes Schiff zu sehen, nur in der Ferne lagen noch Kriegsschiffe, doch zu weit weg, um etwas mitzubekommen. Die Truppe verstaute ihre Sachen in Eimern oder legte sie auf zusammengenagelten Brettern. Der Plan war es, bis zum Schiff unbemerkt zu schwimmen. Dann würden sie an Bord klettern, die Mannschaft überraschen und niedermetzeln.
Die Skorpione unter Führung des schwarzen Adlers waren ein eingespieltes Team. Dutzende Sabotageakte gingen auf ihr Konto. Die Unternehmung war spontan, aber gelang perfekt. Das Überraschungsmoment lag auf ihrer Seite und ihre Gegner waren nur einfache Seeleute. Der Kampf um das Schiff war innerhalb von zwanzig Minuten gewonnen. Sie warfen die Leichen über Bord und setzten die Segel. Da die Sonne schon am Horizont unterging, wurde es langsam dunkel. Optimale Bedingungen für eine Flucht. Moromor wies an, keine Lampen zu benutzen, bevor sie nicht Morolan viele Kilometer hinter sich ließen. Der Navigator Boron nahm das Steuerrad und setzte einen Kurs. Zunächst wollten sie gen Osten segeln und nach hundert Kilometern wenden. Ihr Ziel war Minolan, denn dort gab es keine Feinde mehr.
Kesahva wachte über ihre Flucht und gab ihnen guten Wind. Nach zwanzig Tagen rief der Mann im Ausguck: „Land in Sicht, Kommandant!“
Der schwarze Adler landete nach über zwei Jahren auf seinem Heimatkontinent. Moromor kniete am Strand und seine Hände berührten den feinen Sand. Boron gesellte sich zu ihm und sie jubelten vor Freude. Kurz darauf tauchten minolanische Soldaten auf und umzingelten sie unversehens. Alisane und ihre Skorpione fürchteten sich. Sie glaubten ihr Ende gefunden zu haben. Die meisten von ihnen waren dunkelhäutig und offensichtlich als Kanar zu identifizieren. Was sollte die Minolaner daran hindern, sie ohne Fragen zu stellen, einfach zu töten.
Moromor stand auf, rief den Soldaten in atolanisch und bestimmend zu: „Ich bin Moromor, der schwarze Adler. Ihr habt vielleicht von mir gehört ...“
„So ist es“, sagte eine Stimme im Hintergrund. Der König Minorh`s trat plötzlich erfreut heran und ergänzte: „Ihr seid der schwarze Adler und ich habe von Euren Taten gehört, alter Freund.“
Tatsache war, dass sie sich tatsächlich vor vielen Jahren einmal begegneten.
Der Flüsterer liebte den Moment, wenn sein Opfer verzweifelt an seiner Angel hing. Angst, Verzweiflung und banale Charakterschwäche sind ein Nährboden für das Angebot des Namenlosen. Er lockt und tröstet mit Versuchungen. Menschen, die vom Glauben enttäuscht waren, zog er in seinen Bann. Ein Netz aus Lügen und Versprechungen ließen seine Saat aufgehen. Aus einem unschuldigen Geschöpf wurde ein Getriebener. Lust, Gier und Zorn verdarben das Herz und verstrickten die Seele in die Sünde.
Menschen, die ständig beim heiligen Namen Gottes Zuflucht suchten, hasste der Dämon im Dazwischen. Seine eigene Geschichte begann an dem Tag, als er beschloss, selbst ein Gott zu werden. Mit List und Tücke verehrte er zahlreiche Halbgötter. Das Ziel des Flüsterers war es, Segnungen zu erhalten, die ihn unsterblich und mächtig machen sollten. Selbst Keshava wollte er eines Tages bezwingen und seinen Thron im Himmel streitig machen. Der Neid des Namenlosen führte dazu, dass er sich letztlich selbst verfluchte.
Gott wandte seinerseits in seiner Barmherzigkeit eine List an. Der menschliche Herausforderer glaubte IHN, die Ursache von allem, anzugreifen. Für Jagadisha, auf dem alles ruht, gab es natürlich keine Gefahr, daher nahm Gott die Angelegenheit spielerisch in Seiner Gnade auf.
Wir alle sind Teilerweiterungen des Höchsten und damit seine Kinder. Der Vater sorgte sich um seinen verblendeten Sohn und suchte eine Gelegenheit ihn zu korrigieren. Für den Persönlichen Gott spielt Zeit keine Rolle. Er wartet geduldig auf den Moment der Befreiung jeder einzelnen Seele.
Der Herr ist als „Erfüller“ aller Wünsche bekannt. Es ist das Lebewesen, welches sein Schicksal wählt. Wir haben einen freien Willen.
Eine Bedingung ist an die Handlungen in der materiellen Welt gebunden, nämlich ein gerechtes Gesetz. Auf jede Aktion folgt eine entsprechende Reaktion. Somit wird das verkörperte Lebewesen, Geburt für Geburt, an seine Handlungen, im Guten, wie im Schlechten, gebunden. Der Knoten im Herzen des Flüsterers war ungewöhnlich fest und könnte nur mit dem Messer der Erkenntnis zerschnitten werden. Auf diese Einsicht wartete der barmherzige Vater im Himmel geduldig. Gleichzeitig verknüpfte ER die Schicksale des Universums. Der freie Wille ließ jedem die Wahl, sich für den allmählichen Weg des Lichtes oder den absteigenden Pfad der Dunkelheit zu entscheiden. Letztlich, nach vielen Geburten und Toden, erkennt die Seele ihren leidvollen Irrweg und findet nach Hause zu Gott zurück.
Durch die Macht von unvollkommenen Segnungen ermächtigt, peinigte der dämonische Mann seine Umwelt und sorgte für unaussprechliches Leid. Der Namenlose bemerkte jedoch die Mängel seiner Kräfte. Unsterblichkeit erlangte er nicht, sondern konnte nur seine Existenz über ein natürliches Maß hinaus verlängern.
Unter den Füßen des Monsters zitterte die Erde und alle Lebewesen jammerten bitterlich. Die Halbgötter erkannten ihren Fehler. Einem charakterlich bösen Kerl sollten solche Kräfte nicht gestattet werden. Ihre Gebete richteten sie daher an den Höchsten Persönlichen Gott.
Keshava erschien dem Namenlosen, welcher vor Urzeiten noch eine menschliche Gestalt besaß.
Gott sagte zum Flüsterer: „Warum verfolgst du mich mit Hass und Neid?!“
„Ich bin hungrig und unersättlich“, konterte der Abtrünnige scharf, „Du erfüllst alle Wünsche, so sagt man. Gib mir wonach es mich verlangt!“
„Was stillt deinen Hunger“, fragte Jagadisha wohlwollend.
Der Namenlose antwortete, indem er sich für besonders schlau hielt: „Ich will nicht sterben und vor allem die Menschen beherrschen. Diesen Planeten hier, will ich meinem Willen unterwerfen.“
Von der Welt jenseits der Materie, dem Himmelreich, verstand der Abtrünnige nichts. Er war in seiner Verblendung kurzsichtig und auf das kleine Universum (auch seiner Gedankenwelt), in seinem Verständnis begrenzt.
„Ein Opfer verlange ich von dir, dreiste Seele. Die Segnungen der Halbgötter gegen deine Wünsche“, erklärte Gott den Deal. Ohne nachzudenken und eventuell seine Wünsche zu überprüfen, stimmte der Unglückselige zu. Unsterblichkeit lag über den fehlerhaften Segnungen der Halbgötter.
Auf Erden hatte der Namenlose bereits viel Chaos und Kriege angestiftet. Jetzt sah er sich am Ziel seiner Machtgelüste. Der Deal wurde besiegelt.
Plötzlich löste sich der Körper des Mannes auf und Keshava sprach: „Die Abmachung ist perfekt! Wer in dieser Welt nicht sterben will, kann nur im Dazwischen existieren, ohne Gestalt, ohne Namen und vor den Blicken der Menschen, die du beherrschen willst, verborgen. Niemand wird dich kennen und kann dich daher auch nicht angreifen. Deinen Willen willst du durchsetzen, dann musst du die Deinen überzeugen. Daher kannst du überall mit der Geschwindigkeit deines Gedanken wandeln und eine Stimme in ihrem Ohr sein. Der freie Wille ist allen Seelen auf ewig gegeben. Daran lässt sich nichts ändern!!!“
Der neugeborene Flüsterer fühlte sich betrogen und zischte verärgert: „Ohne Körper kann ich nicht satt werden … die Segnung ist fehlerhaft und die Menschen sind schwer zu überzeugen?!“
„Wie du selbst sagtest, bist du unersättlich“, stellte Gott fest, „Deine Worte wählst du nicht besonders sorgsam und deine Taten verstricken dich. Aus Kulanz binde ich dich an eine Zahl. Mit ihr bekommst du mehr Möglichkeiten. Es ist 666 oder andersherum 999. Heute ist der Tag Null für dich, doch in den Abständen der Zahl sind deine Worte verführerischer und du deinem Wunsch die Welt zu beherrschen näher. Im Jahr 666, hast du sechs Jahre, sechs Monate und sechs Tage deine Zeit der Macht. Im Jahr 999, sind es neun Jahre, neun Monate und neun Tage. Über diejenigen die du ganz auf deine Seite ziehst, kann dein Hunger befriedigt werden. Dieser Zyklus wird anhalten, bis du bei MIR Zuflucht suchst und meine Namen rufst!“
„Das wird niemals geschehen, lieber bleibe ich in der Zwischenwelt“, schrie der Dämon und verzog seine erste Fratze. Dieser Ausdruck prägte sich ein und besteht, bis sein Herz sich wandelt.
Seit diesen Tagen versucht der Flüsterer die Geschichte der Menschen negativ zu beeinflussen. Er will ihren Glauben zerstören und für Chaos sorgen. Was er bisher nicht versteht, ist, dass seine Taten meist der Grund dafür sind, dass die Seelen bei Keshava in ihrer Verzweiflung Zuflucht suchen.
Das Gute und das Böse sind unweigerlich mit der Allmacht Keshava`s verbunden. Letztlich führt das Spiel des Lebens nur in eine Richtung, auch wenn es den Anschein hat, Umwege zu machen. Wir bewegen uns stetig auf Gott zu …
Unter grauem Himmel eines Sommertages saßen zwei Männer vertieft in ihr Mikkospiel. Beide waren in verschiedenen Strategien erfahren und machten das Treiben zu einem Erlebnis, für die Zuschauer. Jetzt würfelte Levantari`Daka und zog die Schlinge um die Figur des Generals zu.
„Ahhh, so ein Mist“, sagte Baladof, „das habe ich nicht kommen sehen. Möge mein nächster Wurf eine andere Entscheidung hervorrufen.“
Dergil grinste und erwiderte: „Ein Schicksalswurf, mein Herr König.“
Mikko stand für die Abkürzung von „Mikasa-Kodar“, was aus dem atolanischen übersetzt, „Strategie und Sieg“, bedeutet.
Der Maleki Valor jubelte begeistert, als er feststellte den Angriff seines Gegners zu zerschmettern: „So ist es recht. Mein Freund, deine Taktik geht nicht auf“, diese Worte machten den König nachdenklich und er wechselte das Thema beim Spielen; „wieweit sind die Pläne für den nächsten Angriff?!“
Levantari`Daka runzelte die Stirn, eine frische Narbe zierte sein linkes Auge. Er strich über den Dreitagebart und antwortete: „Wir setzten dem Feind ordentlich zu, aber auch wir werden immer wieder in kleinere Scharmützel hineingezogen. Es gibt keine klaren Vorteile, … für keine Seite.“
Dergil befehligte im Rang eines Hauptmannes eine Spezialeinheit aus Atolanern aller Königreiche. Sie führten einen Guerillakrieg aus Hinterhalten oder schlichen einfach hinter die feindlichen Linien, um besondere Ziele zu zerstören. Manchmal waren die Missionen Brände in Lagerhäusern zu legen, ein Wasserreservoir des Feindes zu verunreinigen oder Truppenanführer im Schlaf zu ermorden. Größere Schlachtfelder vermieden beide Kontrahenten. Seit einiger Zeit war Goldstadt das neue Ziel des Nefertaro Darko. Er belegte die Stadt mit einer intensiven Belagerung. Die Kanar hatten auf dem Festland westlich der Bucht zu Questalan ein Heerlager und die Atolaner eines zwanzig Kilometer entfernt im Westen. Jeder schickte Soldaten mit kleinen Transportschiffen auf die Insel. Die Mündung des Questalund war außerdem ständiger Schauplatz von Seeschlachten.
Die Kastori hielten bisher den zahllosen Angriffen entschieden stand. Die Erfindungen des Spielzeugmachers waren nicht unwesentlich, daran beteiligt den Atolanern einen Vorteil zu verschaffen. Wie es aussah, hatte die Mission in Piloranon, Konstruktionspläne zu erhalten, das Schlimmste verhindert. Die Südländer schienen keine Erfindung Hajo`s zu besitzen und waren von der Genialität der Waffen überwältigt. Sie zahlten mit vielen Verlusten.
Baladof stand aus dem Schneidersitz auf und vertrat sich die Beine. Er sah vom Hügel, auf dem sie waren hinab in die Wagenburg seines Volkes. Die umstehenden Männer waren ins Rot der persönlichen Leibwache des Valors gekleidet. Auf dem Hügel thronte ein hölzerner Wachturm, auf dem Bogenschützen Ausschau hielten. In seinem Schatten fand das Mikkospiel statt. Das Oberhaupt der Maleki sah sich um. Von hier oben konnte er die Gegend gut überschauen. In Dunst der See sah er Dutzende Segel, die wie eine Schlange, von und gen Questalan fuhren. Das Flachland im Westen war von Wallanlagen, Türmen und Gräben durchzogen. Es gab vier befestigte Heerlager auf Seiten Atolan`s.
Der Maleki Valor regte sich und sprach zu Dergil: „Die Ungewissheit zermürbt. Zu lange schon stehen wird im Krieg mit dem Süden. Hat die Seherin noch keine Anhaltspunkte zu einem finalen Schlag gesehen?!“
Unter den Männern seiner persönlichen Garde konnte der König freisprechen. In letzter Zeit gab es ein paar bedenkliche Rückschläge. Angeblich treue Männer entpuppten sich als Spione und Verräter. Der Flüsterer sann auf Chaos und Entsetzen.
Diesen Gedanken des Valor aufgreifend erwiderte Dergil: „Wir haben es mit einem unsichtbaren Feind zu tun. Er arbeitet mit Manipulation und Gottlosigkeit. Unsere Stärke ist der Name Gottes. Der Glaube an das Gute ist unsere Waffe, Freund. … Ich habe von Meredith seit drei Wochen nichts gehört. Sie ist zu einer Beratung mit den ältesten der Bhriari unterwegs ...“
„Hat sie keine Hinweise“, unterbrach Baladof frustriert, „irgendein Plan … eine Lücke in der Verteidigung der Kanar … Sie ist eine Seherin oder etwa nicht?!“
Levantari`Daka erkannte die Zweifel und den Einfluss eines alten Bekannten in der Stimme des Maleki. Er betete laut: „O Keshava, o Keshava, o Keshava! Vernichter des Bösen! Bringe Licht in die Finsternis. Zerstöre die Zweifel. O Jagadisha, Herr des Universums, die Dämonen fliehen beim Klang Deiner heiligen Namen!“
Der König erschrak wie jemand, der aus einem Alptraum aufgeschreckt wurde. Seine finsteren Gedanken schwanden und er seufzte tief. Erleichterung trat ein, als Dergil mit einer beruhigenden Stimme zu ihm sprach: „Die Dinge brauchen einfach Zeit. Das Finale muss sitzen. Wir haben vielleicht nur eine oder zwei Gelegenheiten, um den roten Elefanten zu erwischen. Die Hexe stellt unser größtes Problem dar. Die zweiköpfige Schlange ist gerissen und gefährlich. Nach der nächsten Mission werde ich ebenfalls zur Beratung mit den Bhriari reisen.“
In den letzten zwei Jahren konnten die Truppen der Atolaner mit heranwachsenden Männern aufgefüllt werden. Eine weitere Generation von Kriegern beteiligte sich an der Verteidigung des Kontinentes. Ins Landesinnere war der Krieg noch nicht vorgedrungen, aber an den südlichen Küsten im vollen Gange. Der Vorteil der Erfahrung als Kriegsherr wich bei Nefertaro Darko, denn Atolan lernte schnell seine Lektionen. Die Kanar hatten sich zwar in Kastor Kaloran festgebissen, aber kamen selbst nicht mehr voran. Eine Strecke von zweihundertfünfzig Kilometern zwischen Questalund und Falltrislund wurde dem roten Elefanten zum Verhängnis. Entweder wagte er einen Durchbruch oder hielt seine Truppen zusammen, um diesen Teil der Welt stückchenweise zu verschlingen. Der Kriegsschauplatz war zur Zeit hauptsächlich auf Goldstadt zentriert. Von hieraus könnte das nächste Ziel Bharitor sein.
Nachdem die beiden Männer ihr Spiel einige Zeit fortführten, begann Baladof erneut ein Gespräch: „was kommt als nächstes?!“
„Ich verstehe nicht ganz“, fragte Dergil.
Der König sah hochkonzentriert aus, würfelte und setzte seine Figuren. Er fuhr fort: „Die nächste Mission. Was ist das Ziel, Bezwinger der Bestie?!“
Levantari`Daka war am Zug und sah seine missliche Lage auf sich bereits zukommen. Sollte er sein Spiel damit retten, den König in die „Zuflucht“ zu bringen, oder sollte er bis zum Ende auf das Glück hoffen?! Seinen König in die Zuflucht zu stellen bedeutete ein „Remis“.
Dergil sagte angespannt: „Es gibt einen Verräter in unseren Reihen, daher waren die letzten Unternehmungen Fehlschläge. Es gibt eine Falle, eine Verfolgung und einen Gegenschlag.“
Der Maleki Valor grinste zufrieden und erwiderte: „Du liebst das Spiel mit der Gefahr. Schon jetzt ist dein Name eine Legende.
Werde nicht unvorsichtig, mein Freund. Atolan braucht dich noch einige Zeit. … Ha, Mikko … Am Ende warst du zu selbstsicher!“
Dergil gratulierte seinem Herausforderer für den grandiosen Sieg. Er nahm sich die Worte seines Freundes zu herzen. Über den genauen Plan, wie man einen Spion überführt, wollte der Adalanter nicht Auskunft geben. Er setzte auf wenige Ohren, die die Falle mit ausgeheckt hatten.
Am nächsten Tag traf sich die Spezialeinheit um Levantarai`Daka in dem Zelt im Malekilager, wo sie immer Rat abhielten. Wie gewöhnlich wurden sie bewirtet. Es gab kleinere Snacks und Bier. Die Bediensteten waren junge Knaben, die darauf hofften durch ihre Hingabe eines Tages selbst zur Sondereinheit zu gehören. Neben diesen Treffen wuschen sie die Kleidung der Krieger und erledigten allerlei Dinge für sie. Es entstand eine vertrauliche Beziehung zu den Anwärtern. Die Kämpfer trainierten die Jungen in ihrer freien Zeit.
Der Hauptmann saß am Kopfende über Karten und grübelte. Seine Einheit bestand aus fünfzig gestandenen Kriegern. Ein Mann Namens Kaleb, war ebenfalls Adalanter, sowie Dergil. In den letzten Wochen gab es immer wieder Dispute zwischen dem Anführer und ihm. Kaleb sann auf größere Taten, mit mehr Ruhm und Anerkennung. Er sagte oft in die Runde: „Ich bin die Heimlichtuerei satt. Zuschlagen, mit Wucht und Hammer. Die Kanar sollen leiden.“
Levantari`Daka war erst einundzwanzig und Kaleb schon ein erfahrener Haudegen von dreißig Jahren. Der Ältere neidete dem jungen Landsmann die Stellung. Ob sich hier der Einfluss des Namenlosen breit machte, war nicht ganz klar. Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen, auch ohne, dass das Böse im Spiel ist.
Kaleb war eng mit einem schmächtigen Krieger der Einheit befreundet. Der Kerl hieß Tastawan und war ein begnadeter Bogenschütze. Oft hockten sie zu zweit zusammen und tranken um die Wette. Ihr Interesse an weiterer Gesellschaft war auffällig gering. Der innere Kreis dieser Versammlung bestand aus zehn Personen, inklusive ihrem Anführer, Levantari`Daka.
Als alle Mannen eingetroffen waren, ließ der Hauptmann seinen Blick in die Runde schweifen. Der Verdacht lag nahe, dass irgendjemand im nahen Umfeld ein falsches Spiel spielte und Loyalität vor heuchelte.
Während der ersten Runde Bier stand plötzlich Emrich auf. Er war ein Kastori und verlor bereits seinen Landsitz im Krieg an die Kanar. Er sagte kritisch: „ Der neue Plan gefällt mir nicht. Zu einfach für diese Einheit. Sollen andere Kämpfer den Hinterhalt legen.“
Der Vorwand für diese Sitzung war ein unspektakulärer Angriff auf Späher im Kanargebiet. Zwei weitere beklagten das Vorhaben und zeigten offen ihr Missfallen.
Levantari`Daka saß still und lauschte aufmerksam. Auf einmal trat der Schankwirt an ihn heran, da sein Krug zur Neige ging.
Der Junge war für seine stetige gute Laune bekannt. Als dieser nachfüllte, sagte er besorgt: „Herr. Ihr seht müde aus. Etwas bereitet Euch Verdruss.“
Überrascht über die Worte wandte sich der Hauptmann an den Jungen mit Namen Ulfen. Woher er kam, war bisher nie Thema.
Er kam, wie so viele junge Burschen, um ihr Glück an der Front zu versuchen. Sie alle hofften darauf, eines Tages ein Krieger zu sein.
„Sieh, Junge“, begann Dergil zu erwidern, „die Männer sind alle erfahrene Kämpfer und nicht jede meiner Entscheidungen kommt bei ihnen gut an.“
Ulfen murrte: „Dumme alte Männer. Sie wollen an Eurem Stuhl sägen. Ich glaube das ist der Grund für ihre schlechte Laune.“
Dergil kniff die Augen zusammen und schaute sich konzentriert um, dann fuhr er fort: „Mein Plan gefällt ihnen nicht.“
Der junge Diener erwiderte spontan: „Dann macht einen genialen Neuen.“
„Mir fällt so schnell nichts ein“, grübelte Levantari`Daka laut.
„Wenn ich was vorschlagen darf, Herr“, sprach Ulfen unverblümt.
Der Hauptmann sah seinen Schankwirt verblüfft an. Der Junge war vielleicht dreizehn. Trotzdem wollte Dergil nicht abweisend erscheinen und zeigte Interesse. Er fragte: „Was wäre ein hübsches Ziel für eine Mission?!“
„Ich hörte Gerüchte“begann Ulfen stotternd, „es gibt da eine Ruine vor dem Lager der Kanar ...“
Levantari`Daka spitzte plötzlich die Ohren und unterbrach den Jungen: „Woher weißt du von solch einem Ort?!“
Bevor es eine Antwort auf die Frage gab, unterbrach ein Bote die Versammlung. Es gab größere Truppenaktivitäten auf Questalan.
Ein Sturmangriff stand Goldstadt bevor. Laut den Neuigkeiten war der Kastori Valor in seiner Festung isoliert. Dort lagerten seine Schätze und diese wollte er um keinen Preis verlieren.
Sofort sprangen die Mannen auf und machten sich bereit für einen Gegenschlag. Baladof sammelte berittene Einheiten. Er wollte die Gelegenheit nutzen, um das Heerlager der Südländer zu schwächen. In Windes Eile wurden die Pferde gesattelt und die Rüstungen angezogen. Lanzenträger und Axtkämpfer mit Schilden saßen auf. Die Erde bebte unter den tausenden von berittenen Soldaten. Leuchtfeuer wurden entzündet und die Waffenbrüder auf einen harten Schlag der Kanar auf der Insel gewarnt. Levantari`Daka führte seine fünfzig Kämpfer an die rechte Flanke. Der Maleki Valor war von seiner Leibwache umgeben in der Mitte und führte die Truppen in einer geordneten Schlachtlinie an. Trommeln wurden geschlagen und die Signalhörner geblasen. Das mächtige Heer ging voran. Spähtruppen rasten vor der Heerschar her, sie sollten die Umgebung nach unerwarteten Fallen im Boden absuchen. Zur Taktik beider Seiten gehörte es, Gruben zu nutzen, um diese mit spitzen Holzpflöcken zu versehen. Es kam vor, dass ölgetränkte Felder in Flammen gesetzt wurden. Dieser Krieg kannte keine Gnade und kostete bereits zehntausenden das Leben. Die Welt war im Aufruhr.
Nefertaro Darko`s Männer erwarteten schon einen Gegenschlag und lauerten in den Wäldern vor ihren Lagern. Die Einheit Dergil`s wurde losgeschickt, um die Feinde aus ihren Löchern aufzuscheuchen. Es entbrannte ein erbittertes Gefecht unter Bäumen. Baladof schickte zwei weitere Schwadronen vor, um seinen Freund zu unterstützen. Der Hinterhalt geriet selbst in Bedrängnis. Nach kurzer Zeit erkannten die Südländer, dass sie langsam aber sicher eingekesselt wurden. Aus diesem Waldstück gab es kein Entkommen mehr.
Siegreich bewegte sich das Heer um den Maleki Valor weiter auf das Hauptlager der Kanar zu. Schon von weitem konnte man erkennen, ... dass man eigentlich nur Nebelschwaden sah. Die Macht der Hexe verbarg den Großteil ihrer Stätten. Seit ein paar Monaten wurden die Truppen von Bhriarieinheiten begleitet. Die Zauberinnen, die speziell das Element der Luft beherrschten waren hier ein Gegenspieler zum Dunst. Mit vereinten Kräften schufen die Magierinnen einen Wirbel und sandten diesen Richtung Nebelwand. Für eine Weile wurde der Schleier zur Seite bewegt und offenbarte schwere Katapulte, die auf die Atolaner gerichtet waren. Es surrte und krachte laut. Steingeschosse flogen zu Dutzenden an. Baladof ließ die Armee nach links und rechts ausweichen. Nur wenige Soldaten wurden zum Glück von den Brocken erfasst. Der Anblick von zerquetschten Pferden und menschlichen Körpern schmerzte Dergil. Seine Männer gingen präzise wie ein Uhrwerk in den Kampf, daher gab es bisher keinen einzigen Verlust zu beklagen.
Die Gegend mit den Katapulten wurde in einer Zangenbewegung angegriffen und dem Erdboden gleichgemacht. Zum Entsetzen Levantari`Daka`s sah er plötzlich am Himmel einen Schatten vorbeihuschen. Dann erblickte er gleich fünf weitere fliegende Gestalten. Er ließ seinen Trupp anhalten und holte ein Fernglas heraus. Nach wenigen Minuten war klar, dass die geflügelten Dämonen wieder im Spiel waren. Der Brand ihres Nestes auf Minolan hatte die Gormokh`s zwar empfindlich dezimiert, aber das Alphamännchen hatte überlebt und neue Nachkommen gezeugt. Diese Geschöpfe waren noch jung und daher kleiner als die ausgewachsenen Monster, doch nicht weniger gefährlich.
Levantari`Daka beobachtete die Biester und wollte wissen, wo sie hausten. Daher nahm er seine Männer aus der Hauptschlacht raus. Sie folgten einigen Gormokh`s und gelangten in ein anderes langgezogenes Waldgebiet. Nachdem sie das nur hundert Meter breite Stück durchquert hatten, sahen sie die Dämonen in einer Burgruine absteigen. Der Ort sah finster aus und war in einem silbrigen Schleier, kaum sichtbar, verborgen. Schatten bewegten sich in den alten Gemäuern. Dergil beriet sich mit seinen Kumpanen und sie stuften diese Stätte als würdig, um ihr neues Ziel zu sein, ein. Drei Männer wurden zur Beobachtung zurückgelassen. Sie sollten die Stätte genau beobachten.
In der Zwischenzeit blies Baladof zum Rückzug. Es gab zwar keinen Sieg über die Kanar zu verzeichnen, aber das war auch nicht der Plan. Es galt so viel wie möglich Chaos anzurichten. Die Südländer sollten für ihren Angriff auf Questalan büßen. Die Verluste unter den Kanar waren nicht unerheblich, aber auch nicht Kriegsentscheidend. Nefertaro Darko holte immer wieder frische Kämpfer aus dem Süden nach Atolan.
Zurück in der Wagenburg der Maleki ruhten sich die Kämpfer aus und versorgten die Verwundeten. Am nächsten Tag war ein weiterer Angriff geplant. Währenddessen sammelten sich die Südländer vor Goldstadt.
Die Mauern hielten den bisherigen Attacken statt, aber nach monatelangem Beschuss waren sie mürbe und zum Teil schwer beschädigt. Die folgenden Tage würde die Hafenstadt eine harte Prüfung durchlaufen.
In Absprache mit Baladof konzentrierte sich Dergil`s Truppe auf die Gormokh`s. Der Feind sollte keinen Vorteil im Luftraum über ihnen haben.
Sie saßen am nächsten Morgen zum Frühstück zusammen. Burschen bedienten sie wie gewöhnlich. Levantari`Daka saß erneut über Karten und Skizzen. Die Späher kamen mit der aufgehenden Sonne zurück und hatten die Gegend um die Ruine genau beobachtet. Jede Auffälligkeit wurde dokumentiert. Es galt einen Angriffsplan zu erstellen. Man vermutete ungefähr ein Dutzend Gormokh`s. Ein Mann berichtete von einem großen Schatten zwischen den Mauern der Stätte. Vermutlich war dort das Alphatier zu Hause. Soldaten der Kanar mieden diesen Ort. Die Dämonen waren ständig hungrig und nicht wählerisch in der Fleischsorte.
Als sie so eine Stunde berieten, wurde Dergil auf den jungen Ulfen aufmerksam. Er winkte ihm für mehr Tee. Der Bursche sah müde aus, daher fragte Levantari`Daka: „Alles in Ordnung, Junge?!“