Auf der Serviette erklärt - Dan Roam - E-Book

Auf der Serviette erklärt E-Book

Dan Roam

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Beschreibung

Bei vielen Geschäftsverhandlungen kommen PowerPoint-Präsentationen in epischer Länge und zahllose Dokumente zum Einsatz. Doch was ist, wenn eine wichtige Verhandlung im Restaurant, am Bahnhof oder sehr kurzfristig stattfindet, sodass keine Zeit für ausführliche Vorbereitungen bleibt? Dann müssen Ideen eben spontan auf Servietten oder auf der Rückseite einer Visitenkarte skizziert werden. Dan Roam zeigt, wie man Geschäftsideen im Kopf visualisiert, auf den Punkt bringt und freihändig Schaubilder entwirft. Und er beweist mit vielen Beispiel-Skizzen, dass – außer vielleicht der berüchtigten Steuererklärung – so ziemlich jeder Business-Fall auch auf einem Bierdeckel Platz hat.

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Seitenzahl: 255

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Für Isabelle.

Du hast dieses Buch lange vor mir kommen sehen, und du hast es auf jede Weise durchgesehen. Das nenne ich Liebe.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Unsere Web-Adresse

www.redline-verlag.de

7. Auflage 2014

© 2014 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2008 bei Portfolio (Penguin Group, USA) unter dem Titel The Back of the Napkin.

Copyright © by Digital Roam, Inc. All rights reserved.

Illustrations by the author

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Jordan Wegberg, Berlin

Umschlaggestaltung: Thomas Uhlig, www.coverdesign.net

Satz: HJR, Jürgen Echter, Landsberg am Lech

eBook by ePubMATIC.com

ISBN 978-3-86881-016-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-674-9

ISBN E-Book (EPUB & MOBI) 978-3-86414-685-5

INHALTSVERZEICHNIS

TEIL I: EINFHRUNG

Jederzeit, jeder, überall: Problemlösung mithilfe von Bildern

Kapitel 1: Das Geschäft mit anderen Augen sehen

»Ich bin nicht so der visuelle Typ«

Visuelles Denken in vier Lektionen

Wie alles begann: Englisches Frühstück (oder Wie visuelles Denken meinen Speck rettete)

Kapitel 2: Was für Probleme, was für Bilder, und wer ist überhaupt »wir«?

Was Sie hoffentlich aus diesem Buch lernen können

Probleme? Was für Probleme?

Bilder? Was für Bilder?

Die Hand ist mächtiger als die Maus

Schwarzer Stift, gelber Stift, roter Stift: Wer bin ich?

Wie Sie am besten mit diesem Buch arbeiten

Kapitel 3: Ein Spiel ohne Verlierer: Die vier Stufen des visuellen Denkens

Texas Hold’em: der Table Stake des visuellen Denkens

Der Prozess visuellen Denkens

Es verläuft natürlich nicht immer linear

Teil II: Ideen finden

Besser hingucken, genauer betrachten, weiter denken: Werkzeuge und Regeln für gutes visuelles Denken.

Kapitel 4: Nein danke, ich will nur mal gucken.

Wie wir sehen

Wo ist oben?

Besser hinsehen: Vier Regeln, die Sie beherzigen sollten

Zu viel zu sehen

Nicht genug zu sehen

Das Prinzip Garagenverkauf: Woher wissen wir überhaupt, was wir haben?

Na gut, aber wie können wir einen Gedanken ansehen?

Wohin sehen wir als Erstes?

Kapitel 5: Die sechs Arten de99s Betrachtens

Das große Ganze betrachten

Die sechs Arten des Betrachtens

Arbeiten mit den 6 W

Der Schokoladenkrieg

Der Schokoladen-Schulungsprozess gemäß der 6 W

Vorschau auf künftige Ereignisse: Machen Sie sich bereit für die sechs Arten des Vermittelns

Kapitel 6: SQVID: eine praktische Übung in angewandter Vorstellungskraft

Mit geschlossenen Augen sehen: die Kunst der Imagination

Willkommen bei SQVID: visuelles Training für das ganze Gehirn

SQVID in Aktion.

Was geschieht

Kapitel 7: Systeme der Vermittlung

Gummi auf Asphalt

Die drei Schritte des Zeigens

Betrachten wird zu Zeigen

Wie definiert man ein Vermittlungssystem?

Gesamtdarstellung: Der Kodex visuellen Denkens

Teil III: Ideen entwickeln

Visuelles Denken für Fortgeschrittene: Wie man visuelles Denken in die Tat umsetzt

Kapitel 8: Zeigen und visuelles Denken für Fortgeschrittene

Meine Damen und Herren, zücken Sie Ihre Stifte

Visuelles Denken für Fortgeschrittene: Umsetzung in die Praxis

Kapitel 9: Wer sind unsere Kunden?

Die Kundenkrise

Porträts: Allgemeine Faustregeln

Kapitel 10: Wie viele kaufen?

Die Kundenkrise, diesmal in Zahlen

Diagramme: Allgemeine Faustregeln

Kapitel 11: Wo steht unser Unternehmen?

Mit dem Finger auf der Landkarte

Karten: Allgemeine Faustregeln

Kapitel 12: Bis wann kann das erledigt sein?.

Ein Schritt nach dem anderen

Zeitstrahlen: Allgemeine Faustregeln

Kapitel 13: Wie können wir das Geschäft ankurbeln?

Wie kriegen wir das hin?

Kapitel 14: Warum sollten wir uns überhaupt die Mühe machen?

Warum Geld ausgeben?

Multivariable Schaubilder: Allgemeine Faustregeln

Teil IV: Verkaufsideen

It’s Showtime

Kapitel 15: Alles, was ich über das Geschäft weiß, habe ich durch Zeigen und Erklären gelernt

Alles, was ich über das Geschäft weiß, habe ich durch Zeigen und Erklären gelernt

Sehen, Betrachten, Vorstellen, Zeigen: Ideen verkaufen durch Bilder in vier Schritten

Manchmal ist eine Pizza genug – manchmal nicht

Kapitel 16: Schlussfolgerungen ziehen

Visuelles Denken: Der Problemlösungs-Werkzeugkasten für unterwegs

Drei-vier-fünf-sechs: Das Taschenmesser visuellen Denkens

Danksagungen

Anhang A: Die Wissenschaft des visuellen Denkens

Russisches Roulette

Wie wir sehen, Teil I: Die Wege der Wahrnehmung

Wie wir sehen, Teil II: Rechte Gehirnhälfte versus linke Gehirnhälfte

Wie wir sehen, Teil III: Dinge, die wir nicht wissen

Anhang B: Hilfsmittel für das visuelle Denken

Software

Bücher

KAPITEL 1

Das Geschäft mit anderen Augen sehen

elches ist das schlimmste geschäftliche Problem, das Sie sich vorstellen können? Ist es ein globales und teures oder ein kleines und persönliches? Ist es politisch, technisch oder emotional? Geht es um Geld, Prozesse oder Menschen? Hat es seine Ursachen im Alltagsgeschäft Ihres Unternehmens oder schwebt es hoch oben im konzeptionellen Äther? Ist Ihnen das Problem wohlbekannt, das Sie vor Augen haben, oder haben Sie sich nie zuvor damit befasst?

Ich wette, Sie können ein Problem vorbringen, auf das alle diese Kriterien zutreffen. Ich kann das jedenfalls: als Leiter von Unternehmen in San Francisco, Moskau, Zürich und New York hatte ich selbst mit Problemen dieses gesamten Spektrums zu tun – und sah viele andere, mit denen Kollegen zu tun hatten, Vorgesetzte, Angestellte und Kunden. Es stimmt: Der Kern der Geschäftsführung ist die Kunst der Problemlösung.

Was wäre, wenn es eine Methode gäbe, um Probleme schneller zu erkennen, intuitiver zu begreifen, souveräner damit umzugehen und anderen schneller zu vermitteln, was wir entdeckt haben? Was wäre, wenn es eine Methode gäbe, um die Lösung geschäftlicher Probleme effizienter, effektiver und – so ungern ich das auch sage – vielleicht sogar ein bisschen amüsant zu machen? Es gibt eine. Sie nennt sich visuelles Denken, und darum dreht sich dieses Buch: um das Lösen von Problemen mithilfe von Bildern.

Das ist mein Elevator Pitch:

Visuelles Denken heißt, Ihr inneres Sehvermögen zu nutzen – sowohl mit den Augen als auch mit Ihrer Vorstellungskraft –, um Ideen zu entdecken, die sonst unsichtbar sind, diese Ideen schnell und intuitiv zu entwickeln und sie anderen dann so zu vermitteln, dass diese sie leicht begreifen.

Das ist alles. Willkommen bei einer ganz neuen geschäftlichen Sichtweise.

»Ich bin nicht so der visuelle Typ«

Ehe ich Ihnen einen kurzen Überblick über dieses Buch gebe, lassen Sie mich mit dem Wichtigsten beginnen: Die Problemlösung mithilfe von Bildern hat nichts mit künstlerischer Ausbildung oder Talent zu tun. Wirklich – nichts. Ich betone das ausdrücklich, denn jedes Mal, wenn ich in einem Unternehmen die Problemlösung mit Bildern vorstellen soll oder mich mit Geschäftsleuten über visuelles Denken unterhalte, sagt irgendjemand: »Warten Sie mal. Für mich ist das nichts – ich bin nicht so der visuelle Typ.«

Woraufhin ich sage: »Okay, prima, dann lassen Sie es mich mal so sagen: Wenn Sie in der Lage waren, heute Morgen diesen Raum zu betreten, ohne auf die Nase zu fallen, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie ein genügend visueller Typ sind, um alles zu verstehen, über das wir reden, und einen Nutzen daraus zu ziehen.«

Tatsächlich ist es so (aus Gründen, die wir im Verlauf dieses Buchs untersuchen werden), dass die Leute, die zuerst sagen »Ich kann aber nicht zeichnen«, am Ende fast immer die aussagekräftigsten Bilder erschaffen. Wenn Sie also von Ihren zeichnerischen Fähigkeiten nicht überzeugt sind, legen Sie dieses Buch bitte noch nicht aus der Hand. Blättern Sie stattdessen direkt weiter zur Seite 36 – wenn Sie das Kästchen, den Pfeil und das Strichmännchen zeichnen können, die Sie dort sehen, ist dieses Buch das Richtige für Sie.

Visuelles Denken in vier Lektionen

Jetzt erkläre ich Ihnen, wie dieses Buch funktioniert. Auf der Serviette erklärt ist in vier Teile gegliedert – diese Einleitung und dann jeweils ein Teil für das Entdecken von Ideen, das Entwickeln von Ideen und das Verkaufen von Ideen, alles nur mithilfe unserer Augen, unserer Vorstellungskraft, unserer Hände, eines Stiftes und eines Zettels. (Ein Whiteboard geht auch.)

In dieser Einleitung definieren wir, über welche Probleme wir eigentlich reden (jedes Einzelne), über welche Bilder wir sprechen (sehr einfache) und wer das überhaupt kann (wir alle). Dann werden wir sehen, wie das geht – obwohl unsere angeborenen Fähigkeiten des visuellen Denkens unterschiedlich sind –, und wir werden sogar eine kurze Checkliste durcharbeiten, die uns besser begreifen lässt, zu welcher Sorte von visuellen Denkern wir gehören. Anschließend sprechen wir darüber, wie einfach der Prozess visuellen Denkens eigentlich ist und dass wir im Grunde jeden einzelnen Schritt bereits kennen.

In Teil II, Ideen entdecken, betrachten wir die Grundlagen guten visuellen Denkens: wir lernen besser hinzusehen, gründlicher zu betrachten und uns die Dinge deutlicher vorzustellen. Dann machen wir uns mit den Grundwerkzeugen visuellen Denkens vertraut: SQVID (das unser Gehirn zu visueller Wahrnehmung zwingt, ob wir wollen oder nicht), dem <6><6>-Modell (das uns dabei hilft, das Gesehene in das umzuwandeln, was wir zeigen wollen) und dem Kodex visuellen Denkens (eine Art Spickzettel für den Einstieg in jedes Bild, das wir uns nur vorstellen können).

In Teil III, Ideen entwickeln, nehmen wir eine Seite aus einem typischen MBA-Programm und arbeiten uns Schritt für Schritt durch eine Fallstudie aus dem Geschäftsbereich – und wir werden auf dieser Seite zeichnen. Wenn wir damit fertig sind, haben wir die sechs grundlegenden Schemata von Problemlösungs-Bildern in der Praxis erprobt – und so ganz nebenbei ein Unternehmen gerettet.

Schließlich kommen wir zum letzten Teil, Ideen verkaufen, wo wir alles zusammenfassen, um eine Verkaufspräsentation zu erstellen und zu halten, die keine Computer, keine Software, keinen Projektor und keine bunten Handzettel erfordert – nur uns, den Kunden, eine große Schautafel und eine Menge wohldurchdachter Ideen.

Wie alles begann: Englisches Frühstück (oder Wie visuelles Denken meinen Speck rettete)

Als ich Sie weiter oben bat, sich das schlimmstmögliche geschäftliche Problem vorzustellen, dachte ich meinerseits an eine bestimmte Herausforderung, der ich vor einigen Jahren gegenüberstand, ein Ereignis, das mich veranlasste, näher über all das nachzudenken, was Sie in diesem Buch lesen können.

Vielleicht waren Sie schon mal in einer ähnlichen Situation: Man hat Sie im letzten Moment gebeten, für einen Kollegen einzuspringen, und Sie haben ja gesagt, nur um festzustellen, dass Sie damit in den schlimmsten Albtraum Ihres Lebens geraten sind. In diesem Fall musste mein Kollege das Büro wegen eines medizinischen Notfalls verlassen und bat mich, bei einer Rede einzuspringen, die er am nächsten Tag halten sollte. Ich sagte zu und fand dann heraus, dass die Rede in Sheffield in England gehalten werden sollte (wir waren in New York), und zwar vor einem Publikum aus Bildungsfachleuten, die vom neu gewählten britischen Premierminister Tony Blair eingeladen worden waren. Mein Kollege hatte mir nicht gesagt, um welches Thema es gehen sollte – irgendwas mit Internet – oder wo seine Notizen versteckt waren (wenn es denn welche gab).

Am nächsten Morgen saß ich also in einem Zug, der die Londoner St. Pancras Station in Richtung Sheffield verließ, ich hatte ein Jetlag von dem Transatlantik-Flug und war umringt von einer Gruppe britischer Kollegen, die ich noch nie gesehen hatte und die mir überschwänglich dafür dankten, dass ich gekommen war, um »ihr Verkaufsgespräch zu retten«. Verkaufsgespräch retten? Ich wusste nicht mal, wie spät es war.

Aber dann machte ich eine wunderbare Entdeckung: das englische Frühstück bei British Rail. Während der Train durch die British Midlands raste, servierten uns Kellner in weißen Jacken ein Festmahl: Rühreier, pochierte Eier, gekochte Kartoffeln, Bratkartoffeln, Kartoffelpuffer, Blutwürstchen, Weißwürstchen, gegrillte Würstchen, weiße Sauce und Tabasco, Toast, Brötchen, Roggenbrot, Reispudding, Kaffee, Tee, Milch, Orangensaft, Aprikosensaft und Eiswasser. Es war eine Offenbarung.

Nachdem ich das Frühstück beendet hatte, fühlte ich mich wieder wie ein Mensch. Zu diesem Zeitpunkt fragte mich Freddie (der britische Teamleiter), ob ich ihm kurz meine PowerPoint-Präsentation vorstellen könne. Moment mal – meine PowerPoint-Präsentation? Aber ich hatte gar keine Präsentation, erklärte ich; ich wusste nicht mal genau, worüber wir reden sollten.

»Na … die Rolle des Internets in der amerikanischen Bildung«, sagte Freddie mit einem Anflug von Panik in seiner Mimik. »Sie wissen doch was darüber, oder?«, flehte er.

»Eigentlich … nicht«, antwortete ich, wandte mich zum Fenster und dachte darüber nach, wie ich am besten aus dem Zug springen könnte. Aber dann entwickelte sich vor meinem inneren Auge eine andere Idee, deshalb zog ich einen Stift aus meiner Jackentasche und nahm mir einen Stapel Servietten vom Tisch.

»Ich habe nicht viel Ahnung von Bildungswebseiten im Speziellen, aber ich weiß einiges über das Erstellen von kommunikationsorientierten Websites«, sagte ich mit dem Stift über der Serviette. »Darf ich Ihnen mal etwas zeigen, das Ihre Bildungsexperten interessieren könnte? Ich habe eine Idee.«

Ehe Freddie antworten konnte, war mein Stift schon in Bewegung. Und das zeichnete ich: einen Kreis mit dem Wort »Marke« in der Mitte.

»Wissen Sie, Freddie«, sagte ich, »heutzutage wissen viele Menschen nicht genau, wie sie eine nützliche Website erstellen sollen – und ich nehme an, das trifft auch auf unser heutiges Publikum zu. Aber meiner Meinung nach gibt es eigentlich nur drei Dinge, auf die man achten muss. Das erste ist die Marke selbst. Die anderen beiden sind der Inhalt und die Funktionalität.« Ich zeichnete zwei weitere Kreise ein und beschriftete sie entsprechend, dann fuhr ich fort. »Wenn wir wissen, was wir in diese drei Kreise einsetzen können, können wir jede beliebige Homepage für jedes beliebige Publikum erstellen, einschließlich Ihre Bildungsfachleute.

Die Frage ist nur: Woher sollen wir wissen, was da reingehört? Und das ist die Antwort.« Ich zeichnete neben jeden Kreis einen kleinen Smiley und gab jedem eine Überschrift. »Was die Leute TUN wollen (oder was wir wollen, das sie tun sollen), bestimmt die Funktionalität; was die Leute WISSEN wollen (oder was wir wollen, das sie wissen sollen), bestimmt den Inhalt; und woran sie sich ERINNERN sollen, bestimmt die Marke.«

»All das können wir anhand der Unternehmensvision unseres Kunden festlegen, anhand von Marktstudien und grundlegender Bildungsforschung. Wir müssen gar nicht alle Antworten heute schon kennen; das Entscheidende bei diesem Bild ist, dass es uns einen guten Ansatzpunkt dafür liefert, nach wem und nach was wir suchen sollten.«

Als Nächstes zeichnete ich drei weitere Smileys mit Überschriften ein, welche die drei Kreise miteinander verbanden. »Wenn unsere Forschungen ergeben haben, was wir in diese drei Kreise einsetzen sollen, kann unser Website-Team die Homepage erstellen. Unsere Programmierer liefern die funktionalen Komponenten; unsere Texter definieren, schreiben und bearbeiten den Inhalt; und unsere Designer schaffen eine bleibende Erinnerung.«

»Das hört sich einfach an, aber es ist eine ganze Menge.«

Anschließend versah ich die Serviette mit einer Überschrift und einer Legende.

»Was meinen Sie, Freddie? Könnte ich unserem Publikum so was in der Art näherbringen?« Meine Serviette war alles andere als schön, aber sie schien mir verblüffend klar, einleuchtend und nachvollziehbar – und so einfach sie auch war, gab sie mir doch rund ein Dutzend Ausgangspunkte, um detaillierter über jeden beliebigen Aspekt beim Erstellen einer nützlichen Website zu sprechen.

Freddie riss mir die Serviette aus den Händen. »Das ist brillant! Das ist nicht nur ein Teil unserer Präsentation – das ist die gesamte! Denken Sie mal daran, wen wir vor uns haben werden«, erklärte Freddie. »Unser Publikum ist eine Gruppe hochgebildeter Regierungsbürokraten, alle wenig vertraut mit dem Internet. Eine hohe Summe an öffentlichen Geldern soll für ihr Online-Bildungsprojekt ausgegeben werden, und sie halten dafür die Köpfe hin. Am wichtigsten ist ihnen eine solide Basis, auf der sie stehen können, um sich dann voller Zuversicht weiterzuentwickeln. Ihre Serviette bietet genau die Struktur, die sie haben wollen. Das ist perfekt« – Freddie lehnte sich zurück und sah mich an –, »aber glauben Sie, dass Sie darüber 45 Minuten lang reden können?«

»Das werden wir dann ja sehen«, antwortete ich.

Es stellte sich heraus, dass die klassischen Hörsäle der Sheffield University über die größten Tafeln verfügten, die ich je gesehen hatte. Also zeichnete ich meine Serviette vor einem Publikum von 50 Experten Schritt für Schritt noch mal nach und führte sie durch meine Überlegungen hindurch, wie ich es beim Frühstück mit Freddie gemacht hatte. Wir sprachen nicht nur 45 Minuten darüber; der Prozess gefiel ihnen so gut, dass wir uns schließlich fast zwei Stunden lang unterhielten. Freddies Team erhielt den Zuschlag, und damit begann das zeitlich längste Projekt des Londoner Büros.

Und ich? Das Präsentieren einer schlichten Serviette in diesen ehrwürdigen Universitätssälen war mein persönlicher Wendepunkt für die Einsicht in die Kraft von Bildern. Ich dachte an all die Probleme, die jene einfache Serviettenzeichnung gelöst hatte: Erstens hatte ich nur allein durch das Zeichnen eine vormals vage Idee in meinen Gedanken konkretisiert. Zweitens war ich in der Lage, das Bild fast augenblicklich zu zeichnen, ohne mich auf irgendeine Technologie außer Stift und Papier stützen zu müssen. Drittens konnte ich das Bild meinem Publikum auf eine übersichtliche Weise zeigen, bei der Kommentare erwünscht waren und die zur Diskussion anregte. Und schließlich konnte ich mich, da ich direkt von dem Bild ausging, auf jedes beliebige Thema konzentrieren, ohne Notizen, Stichpunkte oder ein Skript zu benötigen.

Für mich war das eine deutliche Lektion. Wir können die Einfachheit und Unmittelbarkeit von Bildern verwenden, um Ideen zu finden und zu verdeutlichen, und mit denselben Bildern können wir unsere Gedanken anderen vermitteln und ihnen gleichzeitig dabei helfen, auch für sich selbst etwas Neues zu entdecken.

Der Erfolg dieses englischen Frühstücks hatte mir die Augen geöffnet, und ich kehrte voller Eifer nach Hause zurück, um alles zu erfahren, was mit der Verwendung von Bildern zur Problemlösung zu tun hatte. Wieder in New York, konzentrierte ich mich darauf herauszufinden, wie weit ich den Einsatz von Bildern bei der Entdeckung, Entwicklung und Vermittlung von Geschäftsideen vorantreiben konnte. Ich las alles, was ich über Visualisierung im Unternehmensbereich auftreiben konnte, besuchte Workshops bei den Gurus der Informationsvisualisierung und suchte und sammelte sämtliche visuellen Erklärungen, die ich in der Businesspresse finden konnte.

Zwei Dinge überraschten mich. Zum einen war ich erschrocken, wie wenig Material ich über visuelles Denken als Problemlösungsansatz finden konnte – und wie wenig davon praktische Ratschläge für den Geschäftsalltag gab –, und zum anderen erwies sich das, was anfangs eine riesige Bandbreite von Informationen zu sein schien, letzlich nur als kleine Auswahl alltäglicher Themen. Dieser letzte Punkt erschien mir besonders überzeugend. Wenn visuelles Denken sich sinnvoll auf eine kleine Anzahl häufig verwendeter Techniken herunterbrechen ließ, konnte es vielleicht zu einem anerkannten Ansatz bei allen möglichen geschäftlichen Herausforderungen werden, von der Ideenfindung über die Konzeptentwicklung bis zur Verkaufskommunikation.

Ich stellte auch fest, dass sich diese häufig verwendeten Techniken am besten überprüfen ließen, indem man sie bei realen geschäftlichen Beratungsgesprächen und Verkaufsaufträgen in die Praxis umsetzte. Von diesem Moment an beschloss ich also, überall in meinem Beruf Bilder zu verwenden, wo es möglich war. Der Rest dieses Buches handelt davon, was dann passierte.

KAPITEL 2

Was für Probleme, was für Bilder, und wer ist überhaupt »wir«?

Was Sie hoffentlich aus diesem Buch lernen können

nfang des Jahres arbeitete ich innerhalb von nur zehn Wochen mit vier sehr unterschiedlichen Unternehmen zusammen – Google, eBay, Wells Fargo und Peet’s Coffee and Tea –, um sie in vier sehr unterschiedlichen geschäftlichen Fragestellungen zu beraten: Festlegen einer Geschäftsstrategie, Einführung eines neuen Produkts, Entwerfen einer Technologieplattform und Start einer neuen Verkaufsinitiative. Oberflächlich gesehen hatten die vier Unternehmen und ihre vier Probleme nichts gemeinsam: Suche, Verkauf, Bankenwesen und Getränkeherstellung. Normalerweise hätte jedes von ihnen eines anderen Problemlösungsansatzes bedurft.

Aber unter der Oberfläche hatten sie alle etwas gemeinsam: Die Probleme waren schwer zu erkennen und ihre Lösungen nahezu unsichtbar. Das war der Punkt, an dem visuelles Denken ins Spiel kam: Jedes Problem kann mit einem Bild deutlicher gemacht werden, und jedes Bild kann mithilfe derselben Werkzeuge und Regeln erstellt werden.

Das ist es, was Sie hoffentlich aus diesem Buch mitnehmen werden – eine neue Sichtweise von Problemen und eine neue Sichtweise von Lösungen. Ich möchte, dass Sie dieses Buch in derselben Zeit lesen können, die Sie brauchen, um von einer Küste zur anderen zu fliegen, damit Sie am nächsten Tag Ihren Konferenzraum, Ihren Hörsaal oder Ihr Büro betreten und unverzüglich anfangen können, Probleme anhand von Bildern zu lösen.

Probleme? Was für Probleme?

Wenn ich mich sagen höre: »Wir können Probleme mithilfe von Bildern lösen«, kommen mir immer sofort drei Fragen in den Sinn: Erstens, was für Probleme? Zweitens, was für Bilder? Und drittens, wer ist »wir«?

Fangen wir mit den Problemen an. Welche davon können mithilfe von Bildern gelöst werden? Die Antwort lautet: praktisch alle. Denn Bilder können komplexe Konzepte darstellen und riesige Mengen an Informationen zusammenfassen, und zwar so, dass es für uns leicht zu erkennen und zu begreifen ist, sie sind hilfreich beim Verdeutlichen und Lösen von Problemen aller Art: geschäftliche Belange, politische Sackgassen, technische Vielschichtigkeiten, organisatorische Zwickmühlen, planerische Konflikte, sogar persönliche Herausforderungen.

Da ich nun mal ein Geschäftsmann bin und mit anderen Geschäftsleuten zusammenarbeite, haben die Probleme, mit denen ich normalerweise konfrontiert werde, etwas mit Geschäften zu tun: Teammitgliedern beibringen, wie ein System funktioniert und welche Position sie darin innehaben, Entscheidungsträgern beim Sortieren ihrer Gedanken und beim Vermitteln ihrer Ideen an andere helfen, einen Markt beurteilen und die potenziellen Auswirkungen von Veränderungen auf ein Produkt einschätzen.

Da es bei diesen Problemen typischerweise um viel Geld geht und sie Auswirkungen auf die Arbeitsplätze vieler Menschen haben – und da das Verständnis ihrer entscheidenden Nuancen typischerweise jahrelanges Lernen und persönliche Erfahrung erfordert –, ist es leicht, diese Probleme als spezifisch geschäftlich zu betrachten. Aber das sind sie gar nicht. Für eine Einführung in das visuelle Denken ist es viel erhellender, diese Probleme als repräsentativ für eine größere Anzahl häufiger Herausforderungen zu sehen, denen wir alle täglich gegenüberstehen, sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Leben.

Wenn wir das große Ganze betrachten, bündele ich die meisten Probleme zu den folgenden grundlegenden (und vertrauten) Kategorien.

DIE SECHS PROBLEM-»BÜNDEL« (DIE 6 W)

1.  Wer- und Was-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf Dinge, Menschen und Rollen.

Was geschieht um mich herum, und wohin gehöre ich?

Wer hat die Leitung, und wer gehört noch dazu? Wo liegt die Verantwortung?

2.  Wie-viel-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf Messen und Zählen.

Haben wir genug X, um damit auszukommen, solange wir es brauchen?

Wie viel X werden wir brauchen, um weitermachen zu können? Wenn wir dies hier erhöhen, können wir dann jenes dort senken?

3.  Wann-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf Planung und Zeitablauf.

Was kommt als Erstes, und was kommt danach?

Wir haben eine Menge zu erledigen: Wann sollen wir das alles machen?

4.  Wo-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf Richtung und Zugehörigkeit.

Wohin gehen wir? Zielen wir in die richtige Richtung, oder sollten wir einen anderen Weg einschlagen?

Wie passen all diese Teile zusammen? Was ist am wichtigsten, was ist weniger wichtig?

5.  Wie-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf gegenseitige Beeinflussung.

Was passiert, wenn wir dies tun? Oder jenes?

Können wir die Ergebnisse ändern, wenn wir unsere Handlungen verändern?

6.  Warum-Probleme. Herausforderungen in Bezug auf das Erkennen des großen Ganzen.

Was tun wir eigentlich und warum? Ist es das Richtige, oder sollten wir etwas anderes tun?

Wenn wir etwas ändern müssen, welche Optionen haben wir? Wie können wir entscheiden, welche dieser Optionen die besten sind?

Im Laufe der Jahre habe ich Bilder gesehen oder erschaffen, die Probleme aller sechs Kategorien lösen konnten. Da dieses simple 6-W-Modell praktisch jedes Problem abdeckt, mit dem ich meines Wissens jemals zu tun hatte, wird es uns im Verlauf dieses Buches immer wieder begegnen. Vor einiger Zeit, zu Anfang meiner Initialzündung in Richtung visuelle Problemlösung, habe ich sogar ein kleines Mantra dazu erfunden: »Jedes Problem kann mit einem Bild gelöst werden.« Ich habe das so oft gesagt, dass ich meine Kollegen in den Wahnsinn getrieben habe, besonders bei Projekten wie dem folgenden.

Problembeispiel Nummer eins: Daphne und die Informationsüberflutung

Ein paar Jahre nach meiner London-Reise erhielt unsere Beratungsfirma einen Telefonanruf von einer potenziellen Kundin. Die Anruferin – nennen wir sie Daphnea – war die stellvertretende Leiterin der Kommunikationsabteilung eines großen Verlags, und Daphne hatte eine Identitätskrise. Ihr Unternehmen, ein Konzern mit 10 Milliarden Dollar Jahresumsatz, der Fachleute weltweit mit Business-Informationen versorgte, hatte bei einer Branchenumfrage soeben erschreckend niedrige Werte erzielt. Es war nicht so, dass die Fachleute das Unternehmen negativ beurteilten – das Problem war, dass trotz der Größe der Firma niemand je von ihr gehört hatte.

Das war nicht nur ein Problem der Wahrnehmung; dieser Mangel an Anerkennung warf ein noch viel größeres finanzielles Problem auf. Das Unternehmen wollte in ein paar Jahren an die New Yorker Börse gehen, und wenn keiner wusste, wer es war, würde auch keiner seine Aktien kaufen. Was Daphne also brauchte, war eine Möglichkeit, um dem Namen ihrer Firma bei den Investoren zu mehr Bekanntheit zu verhelfen, und dabei musste sie strategisch vorgehen. Wenn sie Millionen Dollar ausgab, um die Marke zu bewerben, brauchte sie schon einen wasserfesten Plan in der Tasche und eine kristallklare Vision vor Augen. Selbst nachdem das Wann (in zwei Jahren), das Wo (USA, besonders New York) und das Warum (Aufmerksamkeit der Investoren wecken) festgezurrt waren, musste Daphne immer noch die Fragen nach dem Wer, dem Was und dem Wie beantworten.

Um zu erfahren, was Investoren und Kunden über ihr Unternehmen und über die Konkurrenz wussten, beauftragte Daphne eine Firma für Markenforschung, in alle Welt auszuschwärmen und es herauszufinden.

Über einen Zeitraum von drei Monaten führte die Firma persönliche Interviews mit Hunderten von Entscheidungsträgern in Unternehmen und telefonierte mit weiteren Hunderten. Es war ein umfangreiches und teures Unterfangen und erbrachte, wie erhofft, eine enorme Menge an Daten.

Das Problem war, es erbrachte zu viel, und deshalb rief Daphne uns an. Ihr Ziel war es nicht, alles über das Verlagswesen zu wissen; sie wollte nur die richtigen Dinge wissen, die ihr helfen würden, ihren Plan und ihre Vision zu verwirklichen. Am meisten wollte Daphne letztlich, dass wir ihr zu erkennen halfen, was diese Daten tatsächlich aussagten.

Daphne mailte uns alle Dokumente der Umfrage. Es gab Dutzende davon, eins dicker und ausführlicher als das andere. Selbst die Datei »Kurzfassung« war 60 Seiten stark und zum Bersten voll mit mehr Informationen, als wir in den zwei Wochen, die Daphne uns eingeräumt hatte, verarbeiten konnten. Dies ist nur ein Ausschnitt aus einem der Dokumente, die Daphne uns weitergeleitet hat.

Es war ein sprudelnder Quell von Stichpunkten und Charts. Die ersten paar Tage brachten wir damit zu herauszufinden, was am wichtigsten war – und sicherzustellen, dass wir nicht irgendein kleines, aber entscheidendes Detail übersahen. Wir erfuhren eine Menge, aber wir verloren uns zunehmend in Details auf Kosten des großen Ganzen. Das Traurige war, dass es viele hervorragende Informationen und Erkenntnisse gab; nur waren die so tief vergraben und so breit gestreut, dass keiner sie finden konnte.

Wir brachen also alles, bei dem es nur möglich war, auf die sechs »Problemkategorien« herunter und kämmten es dann durch, wobei wir unsere Erkenntnisse schriftlich festhielten:

Das

Wer/Was

: Die Liste der Mitbewerber, die zugehörigen Branchen und die angebotenen Produkte.

Das

Wie viel

: Die Größe jedes Mitbewerbers auf der Grundlage von Gesamtumsatz und Umsatz pro Branche.

Das

Wann

: Die zwei Jahre, für die wir gute Verkaufs- und Umsatzzahlen hatten.

Das

Wo

: Die Branchen, in denen jeder Mitbewerber aktiv war.

Dann stellten wir zuoberst dar:

Das

Wie

: Wie lassen sich die Ergebnisse der Markenumfrage (Markenbekanntheit) mit all diesen Faktoren verknüpfen?

Was dabei herauskam, war ein einziges Bild, das alle Daten zusammenfasste und die wichtigste aller Einsichten wiedergab:

Das

Warum

: Als Daphne sich die Grafik ansah, konnte sie endlich erkennen, warum ihr Unternehmen den Kunden nicht bekannt war und warum eine Veränderung zum Positiven möglich war.

Das ist das Bild, das wir entworfen haben.

Dieses eine Bild fasste all das zusammen, was in den Hunderten Seiten von Informationen stand, die uns überlassen worden waren. Zugegeben, das ist keine Grafik, die man auf den ersten Blick erfassen kann, aber das musste sie ja auch nicht sein. Sie sollte als visuelle Kurzfassung von Hunderten Daten dienen und in ein paar Minuten erklärt werden können (und im letzten Kapitel dieses Buches werden wir sehen, warum das eine gute Sache ist). Verglichen mit der undurchdringlichen Mauer an Umfragedaten leistete dieses Bild Daphne gute Dienste, sowohl als Zusammenfassung dessen, was sie mit ihrer weltweiten Studie herausgefunden hatte, wie auch als Einführung dessen, wohin sie ihre Marke führen wollte.

Als Daphne es ihrem CEO zeigte, erläuterte er 30 Minuten lang, was er in dieser Grafik erkannte, und bat dann um ein gerahmtes Exemplar, das er hinter seinem Schreibtisch aufhängen wollte, damit er es jedem zeigen konnte, der ihn nach der gegenwärtigen und zukünftigen Marktstellung seines Unternehmens fragte. Zwei Jahre später ging die Firma erfolgreich an die New Yorker Börse, und die Grafik hängt noch heute im Büro des CEO.

Bilder? Was für Bilder?

Bevor wir fortfahren, möchte ich noch zwei Dinge über Daphnes Bild sagen. Erstens, es wurde unter Verwendung einer teuren Software am Computer erstellt. Das erkennen Sie daran, dass die Linien alle gerade sind, dass es viele unterschiedliche Farbabstufungen hat, dass die Formen geometrisch perfekt und die Beschriftungen sauber und gut leserlich sind. Zweitens, es ist das einzige Bild in diesem Buch, das an einem Computer erstellt wurde. Ich zeige diese Grafik gern zu Beginn, weil sie illustriert, was man alles machen kann, wenn man erst mal die Grundlagen des visuellen Denkens begriffen hat. Aber jetzt haben Sie sie gesehen, und ich möchte, dass Sie sie wieder vergessen. Und zwar deshalb: Die Grundlagen visuellen Denkens haben nichts mit dem Erstellen von Grafiken am Computer zu tun. Visuelles Denken heißt, mit den Augen denken zu lernen, und dazu braucht man überhaupt keine fortschrittliche Technologie.

Es gibt eigentlich nur drei Werkzeuge, die wir brauchen, um Probleme mithilfe von Bildern lösen zu können: unsere Augen, unsere Vorstellungskraft und ein kleines bisschen Auge-Hand-Koordination. Ich nenne sie unsere »eingebauten« Werkzeuge des visuellen Denkens:

Damit haben wir alles bereit, was wir brauchen, um loszulegen. Außerdem gibt es noch etwas hilfreiches Zubehör.

Wir werden deshalb keine Computersoftware oder ausgeklügelten Zeichenprogramme benötigen, weil jedes Bild, das wir erstellen, nur aus ein paar simplen Teilen besteht, die wir alle bereits zu zeichnen in der Lage sein sollten. Wenn Sie das Folgende kritzeln können (egal wie hässlich Sie Ihre Ergebnisse finden), werden Sie unter Garantie ein besserer visueller Denker.

Im gesamten Buch handelt es sich bei den Bildern, die wir uns anschauen und die wir erstellen, um Grafiken, Diagramme, Schemata, Ablaufdiagramme, Karten, Koordinatenschaubilder, Konzeptentwürfe, Netzwerkmodelle und viele andere Formen von Anschauungsmaterial, und für kein einziges davon werden wir mehr als diese Bestandteile brauchen.

Als kleine Aufwärmübung nehmen Sie bitte Stift und Papier und zeichnen Sie die Grundfiguren.

Wenn Sie bis jetzt ein Präsentationsprogramm verwendet haben (Power-Point, Keynote, Star Office et cetera), werden Sie das oben Dargestellte als Bestandteile der »Zeichenpalette« wiedererkannt haben. Es gibt einen Grund dafür, dass sie so häufig auftauchen: Diese wenigen Formen sind das Kernstück visuellen Denkens. Genau wie die geschriebene Sprache eine begrenzte Zahl von Symbolen verwendet, um Tausende von Klängen und Wörtern zu repräsentieren, kann die Kombination dieser Symbole Millionen von wirkungsvollen Bildern erzeugen.