Auf offenem Meer - Bettina Balàka - E-Book

Auf offenem Meer E-Book

Bettina Balàka

4,7

Beschreibung

Simone verachtet ihre Schwieger-Großmutter - eine Frau, die davon träumt, Adolf Hitler im Jenseits endlich einmal die Hand zu schütteln, und die Simone, der Enkelin eines Widerstandskämpfers, ihre "nicht-arische Physiognomie" vorwirft. Aber was tun, wenn diese verhasste Ewiggestrige einem am Totenbett ihre Villa vermacht, ein prächtiges Haus mit großem Garten, ideal für eine junge Familie - mit dem einzigen Haken, dass es sich dabei um "arisierten" Besitz handelt? In der Theorie ist es ja leicht, das Richtige zu tun und die korrekten Einstellungen zu vertreten - aber wenn die Wirklichkeit ihre Fallstricke auslegt, sehen die Dinge schon ganz anders aus ... Bettina Balàka erzählt von kleinen Helden und großen Feiglingen, von scheinbarer Freiheit und vermeintlichen Fesseln - und von der absurden Logik der Geschichte.

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Seitenzahl: 168

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HAYMONverlag

Bettina Balàka

Auf offenem Meer

Erzählungen

© 2010

HAYMON verlag

Innsbruck-Wien

www.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-7480-3

Umschlag- und Buchgestaltung:

Kurt Höretzeder, Büro für Grafische Gestaltung, Scheffau/Tirol

Mitarbeit: Ines Graus

Coverfoto: www.shutterstock.com

Diese Erzählungen erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

Titanic

Der Gefangene Wawilow schien mir vom ersten Augenblick an ein äußerst sympathischer Mensch zu sein, und von daher tat es mir wirklich sehr leid, ihn sterben zu sehen.

Als er nach Saratow kam, hatte die lange Haft bereits deutliche Spuren an seinem Äußeren hinterlassen. Ich wusste, dass er in der Moskauer Lubjanka elf Monate lang von Leutnant Khvat verhört worden war, und ich konnte mir vorstellen, dass er in dieser Zeit nicht allzu viel Schlaf bekommen hatte. Leutnant Khvat pflegte seine Verhöre um elf Uhr vormittags zu beginnen und um drei Uhr nachts zu beenden, wobei er selbst natürlich Ruhepausen einlegte, während derer der Gefangene weiterhin stehen musste. Die Füße der Gefangenen schwollen bei solchen Prozeduren stark an, die Fußsohlen wurden blau und gespannt, so dass sie selbst bei leichten Schlägen schon platzten.

Die Augen von Nikolai Iwanowitsch Wawilow mussten einmal sehr lebhaft gewesen sein, denn lebhaft war auch der Kummer darin. Ihre Farbe war tiefbraun, beinahe schwarz, und in der endgültigen Schwärze der Pupillen tobte der Kummer wie Brandung, auf die man von einer hohen Klippe herabsah. Zu den Dingen, die man ihm zur Last legte, gehörten Hochverrat, Sabotage, Zerrüttung der sowjetischen Landwirtschaft, Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Vereinigung, Volksfeindschaft, Fraternisieren mit ausländischen Mächten und weißen Emigrantenzirkeln sowie Spionage für den britischen Geheimdienst. Sein Ziel war es gewesen, das System der kollektiven Landwirtschaft zu untergraben, die ausbeuterische Herrschaft der Kulaken wiederherzustellen und das sowjetische Volk durch weitere Hungersnöte zu schwächen. Dass er nun selbst Hunger leiden musste, schien in Anbetracht dieser Verbrechen nichts weniger als gerecht.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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