Auskunft für den Notfall - Günter Kunert - E-Book

Auskunft für den Notfall E-Book

Günter Kunert

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Beschreibung

Günter Kunert hat gesammelt, was im alltäglichen Notfall bewahrt werden muss: Heimat als Reisegepäck, Verwischte Grenzen (Metropole und Provinz), das sind seine Themen; und den Gedenktagen der Deutschen folgend, dem Volkstrauertag, dem 17. Juni oder dem 9. November, dem 13. August oder dem Mai 68, erzählt er seine persönliche deutsche Geschichte. Die Porträts von Primo Levi und Theodor Lessing, von Günther Anders und Wolf Biermann zeigen, worauf es Kunert ankommt: auf ein politisches Bewusstsein, das sich der eigenen Geschichte stellt - und auf die Verantwortung, die der Schriftsteller in dieser Geschichte übernehmen muss. "Auskunft für den Notfall" ist nichts weniger als eine Summe des poetischen und politischen Denkens eines der bedeutendsten deutschen Lyriker und Erzähler.

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Hanser eBook

Günter Kunert

Auskunft für den Notfall

Herausgegeben von Hubert Witt

Carl Hanser Verlag

eBook ISBN 978-3-446-23354-6

Alle Rechte vorbehalten

© Carl Hanser Verlag München 2008

Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch

Datenkonvertierung eBook:

Kreutzfeldt Electronic Publishing GmbH, Hamburg

www.hanser.de

Inhalt

SCHRIFTSTELLERSELBSTBEFRAGUNG

9Schriftstellerselbstbefragung

14Wenn ich Tagebuch schriebe

17Literatur als Politikum

19Auf den Zinnen

23Literatur und Geheimpolizei

30Und warum noch lesen?

37Der letzte Garten

IM EISMEER DER GESCHICHTE(Fünf Porträts)

Tastendes Denken auf dem Rücken

47der Dinge (Michel de Montaigne)

55Im Eismeer der Geschichte (Theodor Lessing)

62Atempause (Primo Levi)

72Günther Anders

81Wolf Biermann

HAT DIE KULTUR NOCH EINE ZUKUNFTSCHANCE?

93Staat contra Kultur

111Kultur ist mehr als Kultur

115Hat die Kultur noch eine Zukunftschance?

119Die Wissenschaften vom Geiste

125Die verschwundene Muße

DER PATENTIERTE MENSCH

131Der unbekannte Gott hat kein Gesicht

142Gedanken zur Ökologie

149Metamorphose

161Der patentierte Mensch

165Das Aphrodite-Projekt

169Schier hundert Jahre bist du alt

GEDENKTAGE

181Geschichte als Gegenstand der Betrachtung

185Gedenken und erinnern

191Volkstrauertag

199Gedenktag (9. November)

214Kein Tag wie jeder andere (17. Juni 1953)

219Gedenktag (13. August 1961)

225Das Jahr achtundsechzig

229Zum 3.10.2000

HEIMAT ALS REISEGEPÄCK

241Heimat als Reisegepäck

245Der Stoff, aus dem Gedichte sind

248Vorgetäuschte Ewigkeit: die Stadt

259Ein Berliner in Schleswig-Holstein

266Verwischte Grenzen (Metropole und Provinz)

272Tagebuch einer Zukunft

285Nachwort

295Editorische Notiz

297Druck-Vermerke

SCHRIFTSTELLERSELBSTBEFRAGUNG

Schriftstellerselbstbefragung

Als ich einmal gefragt wurde, vor mehr als fünfzig Jahren, was ich werden wolle (eine Frage, der kein Kind entkommt), erwiderte ich ohne zu überlegen: »Millionär!« Das erwies sich bereits damals als ziemlich aussichtslos, und so äußerte ich als zweiten Berufswunsch: »Schriftsteller!« Soweit das Ergebnis früh begonnener Lektüre mit den entsprechenden Folgen. In meinen Erinnerungen kramend, erschien mir damals ein Schriftsteller genauso, wie er erstaunlicherweise vielen Leuten heute immer noch vorkommt: als ein Mensch, der unentwegt Abenteuerliches und Beeindruckendes erlebt, um es zu Papier zu bringen, dabei jedoch gemütlich in seiner Villa sitzend, wohlsituiert, frei von den Zwängen des sonst generell gültigen Alltages. Mit einem Wort: ein Götterliebling, eine außerordentliche Persönlichkeit, eine Mischung aus Karl May und Friedrich Schiller etwa. Mit einem anderen Wort: eine Fiktion.

Freilich: eine Fiktion, die für nicht wenige Schriftsteller selber glaubhaft, weil schmeichelhaft war. Auch in Pantoffeln ging man auf Kothurnen, da man, auch wenn sein Tauschwert meist ziemlich gering war, »das Wort« besaß. Diese übertriebene Vorstellung des Lesers vom Autor und des letzteren von sich selber ist seit langem brüchig geworden. Aber selbst noch in den oft genug tödlichen Kämpfen der Zeit behielten die Schriftsteller etwas vom Glanz des Olymp bei, rangierte ihre Meinung vor der anderer, galten sie für kompetenter in nahezu allen Fragen des Lebens, der Politik, der Gesellschaft und was derlei Beiläufigkeiten mehr sind. Diese Position ist mit den historischen Veränderungen ins Wanken geraten. Am Ende des 20. Jahrhunderts, das demnächst vielleicht als eine in sich geschlossene Epoche gesehen werden wird, haben die geistigen Auflösungstendenzen die Oberhand gewonnen. Eine aggressive Orientierungslosigkeit macht sich bemerkbar, die zum fortgesetzten Autoritätsverlust des Schriftstellers führt, was wohl keiner mehr bedauern dürfte als die Schriftsteller selber. Ich bin überzeugt davon, daß ein solcher Verlust nicht allein bedauerlich, ja daß er sogar schädlich ist. Denn, und darin läge der Schaden, es verschwände damit eine authentische Stimme im Redegewirr der Gegenwart. Und so viele authentische Stimmen existieren nicht: jene aus der Politik, aus den Kirchen, aus den Wissenschaften, aus Institutionen unterschiedlichster Art sind stets von spezifischen Interessen überlagert; ihre Abhängigkeit zersetzt ihren Wahrheitsgehalt.

Es ist bekannt genug, daß die »rückwärtigen Dienste«, die transzendentalen Stützen, Gott, Marx & Co. das Zeitliche soweit gesegnet haben, daß wir so ziemlich auf uns selber, unsere eigene Geistigkeit, kurz »Intellekt« genannt, gestellt sind. Wir beziehen keine Sinn-Sicherheit mehr aus irgendeinem höheren oder zumindest übergreifendem Prinzip und stehen nun vor einer unsanft vergehenden Welt, mit unseren Fragen allein gelassen und bestürzt darüber, daß uns niemand Bescheid stößt. Der »Pluralismus« als Demokratie für eilige Konsumenten: die Gleichwertigkeit (und Verwertbarkeit) aller Blödheit wie aller Spiritualität schafft Verwirrung und Abstumpfung. In diese Mühle, die jegliches in kleine identische Stücke zermahlt, sind auch die Schriftsteller geraten, da sie, wie jedermann, sehr von dieser Welt sind. Doch das Gleichgemachtwerden oder sich selber Gleichmachen widerspricht der Funktion der Literatur, die nur als Gegensatz zum allgemeinen Trend leben und weben kann. In dieser augenblicklichen Situation nun erscheinen die Schriftsteller mit ihrem tradierten Selbstverständnis und ihrer gleichzeitigen Verstrickung in geschichtsbedingte Machtkämpfe, als Trommler, Mitläufer, Feldgendarmen, Feldprediger und Sanitäter anachronistisch. Es sind die wenigsten von ihnen den diversen Ideologisierungen des Jahrhunderts entgangen. Ihre Werke sind geprägt vom Willen zum Mitmachen, zur Macht und von dem ewig zum Scheitern verurteilten Versuch, mittels Literatur »den Menschen«, die Verhältnisse, die Welt zu ändern. Daß sie benutzt worden sind, nichts weiter, ist den Beteiligten in den seltensten Fällen klar geworden. Die Entscheidung für eine Idee war wie der Zölibats-Schwur: Nie eine andere! Und vor allen: Niemals keine Idee! Aus dieser geistigen Perversion entwickelte sich eine rigide Haltung: Wer dennoch abwich, galt als Verräter. Als bestünde die Ehre eines Schriftstellers darin, an einem geistigen Gipsmodell festzuhalten, auch wenn es zerbröselte.

Wir haben viel über den »Sündenfall« der Intellektuellen in unserem Jahrhundert zu hören bekommen, Anklagen und psychologisierende Verteidigungen. Auch über die Rolle der Schriftsteller gab es immer wieder Debatten, die Hornberger Schießen ähnelten, weil diese Debatten meist von denen geführt wurden, die sie betrafen: der Orden, der sich selber nie in Frage zu stellen vermochte. Doch gerade das ist notwendig. Unter der Medienwalze schon halb begraben, spielen die Schriftsteller alle noch ihren Part als Goethe-Sämlinge, häufig genug ein jämmerliches Chargieren. Brauchen wir überhaupt noch Schriftsteller? Ich meine, abgesehen vom Erhalt der Arbeitsplätze in der polygraphischen Industrie? Natürlich bedürfen auch die Redakteure von Kulturredaktionen der Schriftsteller, und die Germanisten, immerhin mit einem reichen Fundus an Klassikern ausgestattet, wären auch nicht gerade überglücklich, wie die Hyänen nur vom Toten zehren zu müssen.

Was eigentlich tut der Schriftsteller heute, jetzt im Augenblick, wenn er nicht gerade protestiert, polemisiert, posiert, lesend durch die Lande tourt und talkt: er schreibt. Warum? Ich muß gestehen, ich wundere mich oft genug darüber, daß Schriftsteller über das schreiben, worüber sie schreiben. Und was macht der Leser? Ist er schön brav und ein guter Kunde? Was bedeutet ihm überhaupt noch ein Buch? Für 36,50 DM Unterhaltung und Ablenkung im Urlaub oder das Schlafmittel ohne Nebenwirkungen? Kann der Durchschnittsbürger ohne Schriftsteller, ohne Literatur existieren, und wenn Nein, warum nicht? Und wenn Ja: wozu wird dann noch geschrieben? Ich für mein Teil habe das Problem, obschon nur für mich, gelöst: Ich schreibe für mich, und ich lasse mir ungerührt einen psychopathologischen Schreibzwang nachsagen, eine Obsession, eine Befriedigungssucht seltsamster Natur. Weil mir bestimmte Ambitionen fehlen. Aber die »Erzieher des Volkes«, die »Mahner und Warner«, die politischen Einzelkämpfer mit der Feder – was hält denn die noch am Schreibtisch fest? Es ist doch auf Erden ohnehin alles entschieden.

Es wäre, und wahrscheinlich nicht ohne Mühen, eine Arbeit zu leisten, die in einer neuen, erneuerten Definition des Schriftstellers »als solchem« bestünde. Wir können nicht so tun, als würden wir immer noch Gedankenfreiheit fordern, als stünden wir vor Fürstenthronen, oder dem Feierabendler ein Liedlein zur Guten Nacht singen – wobei auch ein »aufrüttelnder Song« zum seelischen Haushalt gehört, der für gesunden Schlaf sorgt.

Was suche ich beim Schreiben? Was vollzieht sich an mir, was vollziehe ich schreibend an mir? Und der Leser? Braucht er möglicherweise Literatur darum, um zu wissen, wer er sei, da solch ein sicheres Wissen heutzutage verlorengegangen ist? Sind wir alle schon so ausgebalgt, daß wir, um wenigstens die Vermutung zu entwickeln, wir hätten ein Selbst, nach den Strohhalmen greifen, die uns Schriftsteller reichen? Oder lassen wir uns ein »Ich« bereits mittels der apparativen Behandlung durch die Industriezivilisation implantieren? Soll der Schriftsteller ein Guru sein oder ein Clown? Und was hat er innerhalb einer verbalen Sintflut zu sagen, wo nichts ungesagt geblieben ist und bleibt?

Ich gestehe, ich stehe auf unsicherem Boden. Die Fragen häufen sich, und die Antworten bleiben aus. Es scheint, die Gesellschaft hat dem Schriftsteller, den Schriftstellern, ihre Legitimation entzogen, ohne sich dieses Aktes selber zur Gänze bewußt zu sein. Wie das Bewußtwerden ohnehin immer nach dem Vollzug erst sich meldet. Aber dann stehen wir alle schon beim Arbeitsamt an oder sind zu Silbenlieferanten von Rätselheften geworden.

(30.1.1992)

Wenn ich Tagebuch schriebe

Wie sähe das, was ich nicht tue, wohl aus, wenn ich es täte oder getan hätte? Nur Vermutungen sind möglich. Vielleicht entstünden nüchterne Notate über den Weltzustand, verbunden mit individuelleren Bekundungen: »Gestern wieder 25000 Tote bei Überschwemmung in Bangladesch. Herr M. bittet mich brieflich um ein Gedicht für seine ›Anthologie deutscher Naturlyrik‹«. Oder ein »Arbeitsjournal«, darinnen die künstlerischen Intentionen noch einmal, durch Erklärung bagatellisiert, wiederholt würden? Gliche mein hypothetisches Tagebuch dem Léautauds, einer Mischung von Name dropping, Sexualbeichte und Tierliebeserklärungen, und dennoch trotz aller Skurrilität so etwas wie Zeitkolorit bietend? Oder bestünde es aus abgeschlossenen Prosastücken wie Kafkas Tagebücher, die, obschon für die Nachwelt gedacht, alles andere als Tagebücher sind, nämlich grandiose Miniaturen? Würde ich Geständnisse ablegen, Ekel und Ärger ventilieren, dem psychischen Stau freie Bahn lassen zwecks seelischer Erleichterung? Tagebuchschreiben ist immer Selbsttherapie. Die papierne Klagemauer. Der Dialog mit sich selbst. Und natürlich lebt jeder Tagebuchschreiber in der heimlichen, uneingestandenen Erwartung, einstmals mit seinen Anmerkungen, die sich um die eigene Person zentrieren, Zeugenschaft ablegen zu dürfen und damit über die zeitlich limitierte Biographie hinaus durch ihre schriftliche Fixierung eine Art Nachleben zu führen. Sich selber ein Denkmal setzen, wenn es schon kein anderer tut. Damit die Kinder wissen, wer ihr Vater war und wie. Damit Gleichgesinnte einst erfahren, wie man die Welt bewegt hat. Oder zu bewegen meinte. Oder legitimer: damit die Nachgeborenen erkennen, wie die Wirklichkeit war, in der die schreibenden Zeugen Opfer von Mord und Totschlag wurden. So wird aus dem Tagebuch das historische Dokument.

Ich schreibe kein Tagebuch. Oder anders gesagt: Durch das, was ich schreibe, erinnere ich mich sowieso (und eventuell auch andere) an die Umstände, unter denen das Aufschreiben sich vollzog. Insofern sind meine literarischen Arbeiten nicht nur eine »Chronik meiner Existenz«, sondern zugleich auch eine »Chronik der laufenden Ereignisse« – falls man sich entschlösse, sie so zu lesen. An meinen Texten lassen sich recht gut die Brüche und Wandlungen der Epoche ablesen. Staunend vermerke ich das Übermaß an Hoffnung in meinen schriftstellerischen Anfängen in den ersten Nachkriegsjahren, als die Verwirklichung der sozialen Utopie nahe schien. Meine Wissenschaftsgläubigkeit gehört ebenso zu jenen frühen, irreal gewordenen Tagen wie die feste Annahme, daß schließlich und endlich doch die Vernunft siegen müsse. Noch immer entnehme ich diesen Texten meine damalige gesellschaftliche Situation, die politische Lage, die jeweiligen Krisen der Welt oder Halbwelt, in welcher ich sie und mich schreibend reflektierte. Freilich: im Gegensatz zum »normalen« Tagebuch unterliegt die Literatur der Tendenz oder gar dem Zwang, über den subjektiven Eindruck hinaus das Eindrückliche, Beeindruckende zu objektivieren, zumindest es zu paradigmatisieren. Unversehens stellt sich Verallgemeinerung ein. Das Aufgeschriebene bekommt eine über alles Private ausgreifende Bedeutung. Das Wort macht den beschriebenen Gegenstand zum Symbol, die beschriebene Sache zum Gleichnis. Ob es sich um das Foto eines toten, halbzerfetzten afrikanischen Guerilleros an einer Gangwand im WDR Köln handelt, an welcher täglich Unzählige blicklos vorbeigehen, oder um die Verwicklung in einen Unfall, einen Unglücksfall – im Moment, da man es formuliert, um es zu begreifen, um den möglichen Sinn darin zu entdecken, wächst es schon über das bloß Registrierte hinaus. Gewiß sind die Anlässe für Aufschreibenswertes unterschiedlich. Doch sehr wahrscheinlich bietet das Tagebuch eine geringere Hemmschwelle, da der Notierende nicht an Publikation denkt – jedenfalls nicht an eine baldige. Trivialitäten haben ihren berechtigten Platz im Tagebuch: was man gegessen und getrunken hat, wen getroffen, wohin gefahren, wie geschlafen, was geträumt und, auch das gibt es und sogar bei Montaigne: wie geschissen. Eigenartigerweise enttäuschen uns die Selbstoffenbarungen bedeutender Persönlichkeiten, großer Künstler oder großer Schurken: Wir finden sie in ihren Tagebüchern merkwürdig geschrumpft und verkleinert wieder, spießig und weder auf der Höhe ihrer Wichtigkeit noch ihrer Werke, noch ihrer Zeit. Das sogenannte Menschliche, ohne das Bedürfnis nach dem Paradigmatischen darin dargestellt, ohne den besagten Zwang zur Stellvertretung, zur Selbstanalogie, wirkt platt, langweilig, ärmlich.

Ich, wie gesagt, schreibe vorsichtshalber kein Tagebuch. Das »Intime«, das »Private«, all das nur in Anführungszeichen Setzbare bleibt als unmittelbare Darbietung unausgesprochen: weil es eben unaussprechlich ist und durch Aussprechen in trostloser und oft lächerlicher Weise nichtig wird. Dennoch ist diesem Trivialen eine spürbare Kraft eigen; es besitzt die Fähigkeit, als »Treibstoff« benutzbar zu sein. Indem es unterdrückt wird, steigert es zugleich das Wesentlichere wie eine unsichtbare Hebebühne. Und – um noch eine Hypothese anzufügen – es mag Tatsache sein, daß die gewichtigen literarischen Werke ihre Intensität auch daraus ziehen, daß ihre Schöpfer durchs Tagebuchschreiben das Triviale ausgefiltert haben. Man sieht also: Kaum eine andere Beschäftigung ist so problematisch wie die Anfertigung oder das Unterlassen von Tagebüchern ...

(1985)

Literatur als Politikum

Literatur, jede, ist ganz sicher politisch, wenn auch keinesfalls auf eine Weise, wie sie sich die Politiker vorstellen und wie sie die Leser befürchten. Das Eigentümliche besteht darin, daß Literatur, je mehr sie der direkten politischen Aussage anheimfällt, umso mehr ihr ästhetisches Wesen verliert, also ihre eigentliche Daseinsberechtigung. Als versifizierte oder narrative politische Bekundung gilt für sie nach wie vor das Goethe-Wort: Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt.

Sobald man Literatur unter das Joch des politischen Bekennertums zwingt, gibt sie im wahren Wortsinne ihren Geist auf. Sie ist politisch auf ganz andere Art, die durch ihre Sprache unwiderruflich bestimmt wird. In dieser ihrer Sprache steckt die Verweigerung jeder Zweckdienerschaft, wohingegen Politik, zumindest unserem Verständnis nach, sich ausschließlich auf Zwecke bezieht, von denen angeblich die Mittel geheiligt werden. Damit nimmt die Literatur unbeabsichtigt eine Gegenposition ein, und zuallererst dadurch, daß sie eine nicht ideologisch eingeschränkte Sprache vermittelt und somit die Artikulations- und Denkfähigkeit des Lesers erweitert und fördert, die von Barbarisierung, Verfall und Manipulation bedroht sind. Sprachmächtigkeit, also größerer Möglichkeiten der Sprache mächtig zu sein, heißt auch: seine Erfahrungsmöglichkeiten zu steigern, ja, sein Bewußtsein für Erfahrungen, nicht zuletzt für die Erfahrung des eigenen Selbst, zu öffnen. Die Sprache der Literatur enthält ihre Realitätsperspektive – und die ist allemal anders als die der Politik, welche die Wirklichkeit ausschließlich unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionalität, ihrer Beeinflußbarkeit, ihrer »Machbarkeit« wahrnimmt. Auf die Sprache der Literatur aber paßt sehr genau Marshall McLuhans Diktum: Das Medium ist die Botschaft. Denn in dem ihr ureigenen Medium verweist sie auf einen Umgang mit den Dingen und mit der Welt, der frei ist vom gewohnten, alles überwältigenden Utilitarismus. Wenn man sich erkühnen wollte und große Worte gebrauchen, so müßte man wohl vom Widerstand der literarischen Sprache gegen die Einvernahme der Gehirne durch öffentliche und offizielle Sprachregelungen reden. Man müßte fernerhin darauf verweisen, daß – falls es in unserer Gegenwart überhaupt noch etwas Derartiges geben sollte – in ihr, der Sprache der Literatur, eine Potentialität der andernorts abgestorbenen Utopie steckt, eben weil nur noch durch sie alternatives Reden und Denken praktizierbar ist.

Ohne Nostalgie, aber klar und deutlich gesagt: Während man früher sprach, wie einem der Schnabel gewachsen war, also dem natürlichen, fast naturhaften Wuchs der Sprache folgte, und die gesellschaftlichen Mechanismen nur im spezifischen Gebrauch biblischer Phraseologie sich abzeichneten, sind in unserem späten Jahrhundert die besagten Mechanismen für die Sprache, auch für die Alltagssprache, prägend geworden. Daraus resultiert, daß unsere gesprochene Sprache auf diese Mechanismen bezogen sich artikuliert und mehr und mehr den vorherrschenden Mechanismen unterliegt. Diesem Vorgang der Unterwerfung entzieht sich die Sprache der Literatur, übrigens zwangsweise, nämlich um Literatur bleiben zu können, aus der man vielleicht die Kraft und die Überlegungen zu einer ganz anderen Politik schöpfen könnte, die mit der aktuell betriebenen höchstens noch den Namen gemein hätte. Nichts anderes, scheint mir, macht Literatur zum Politikum – zu einem anstößigen, Anstöße austeilenden also.

(25.10.1983)

Auf den Zinnen

Trotz stetig wiederkehrender gegenseitiger Enttäuschungen zieht es die Gegensätze immer aufs neue zueinander. Mit Gegensätzen meine ich die Intellektuellen und die Politiker, respektive die Schriftsteller und »ihre« Partei. Als sei man für die eigene Erfahrung blind, ereignen sich wieder und wieder scheinbar innige Affären, Liebesheiraten, deren baldige Scheidung jedem Außenstehenden gewiß ist. Wie kommt es nur, daß sich Autoren, denen man ein gewisses Maß an geistigen Fähigkeiten unterstellt, so nachhaltig zur Politik und ihren beruflichen Betreibern hingezogen fühlen? Worin besteht denn die Verlockung?

Hat Goethe unrecht, wenn er in den »Noten« schreibt: »Der Dichter steht viel zu hoch, als daß er Partei machen sollte!«? Aber was in der Goetheschen Notiz noch sehr allgemein gegen die Aufgabe einer neutralen Position gemeint ist, wird bei Freiligrath zum zielgerichteten Diktum. »Der Dichter steht auf einer höhern Warte / Als auf den Zinnen der Partei!« Irrt Freiligrath, und sollten wir nicht eher Herwegh zustimmen, der in einem Gedicht emphatisch ausruft: »Ich hab’ gewählt, ich habe mich entschieden, / Und meinen Lorbeer flechte die Partei!«

Zu solchen Flechtarbeiten, wir wissen es aus der jüngsten deutschen Geschichte, ist die Partei, ist jede Partei gern bereit. Es handelt sich dabei um einen »bitteren Lorbeer«, um einen Buchtitel des Autors Stefan Heym zu verwenden, dessen Lorbeer ebenfalls die Partei geflochten hat – obwohl nicht gerade im Herweghschen Sinne. Auch der Lorbeer des Dissidenten wächst auf dem Mistbeet der Partei. Erst in einer politischen Ausnahmesituation erfährt das politisch-kritische Engagement eines Autors besondere Bedeutung. Diese jedoch – und das stellt den Preis aller politischen Fixation an eine Partei dar – zerfrißt unaufhaltsam jede andere, nämlich jede künstlerische Bedeutung. Dafür gibt es Beispiele genug, und nicht nur in der vormaligen DDR.

Sobald ein Autor, aus welchen Motiven auch immer, die Nähe einer Partei sucht, um sie, wie er glaubt, nach eigenen Vorstellungen benutzen zu können, verändert sich »naturgemäß« sein Bewußtsein. Selbst die edelsten Ideen, die hehrsten Absichten, denen der Autor anhängt und von denen er meint, sie deckten sich mit dem Programm der von ihm bevorzugten Partei, werden von eben dieser Partei automatisch instrumentalisiert. Eine Partei muß, um ihrer selbst willen, mit den Idealen wie mit Accessoires umgehen: Es schmückt, hat aber wenig mit der Machtausübung, mit dem Verlangen nach Macht zu tun. Insofern erweist sich das Verhältnis eines Autors zu »seiner« Partei als ein herzliches Mißverständnis, wobei dieses Mißverständnis eher der Partei als dem Autor klar ist.

Der Schriftsteller, insbesondere der politisch inspirierte, glaubt an die Wirklichkeit von Worten. Die Partei hingegen glaubt nur an die Wirklichkeit, in der sie, koste es, was es wolle, agiert. Und die Verblendung des Autors besteht darin, so er es überhaupt ernst meint mit seinen utopischen Fantasmen, daß er eben diese mittels einer mächtigen Organisation der Realität »vorschreiben« könne. Die Partei jedoch ist absolut zeitverpflichtet, und das Überzeitliche, das dem Schriftsteller vorschweben mag, ist ihre Sache nicht. Sie verlöre sonst die notwendige Bindung zur Bevölkerung, zu den Veränderungen in ihrem Aktionsbereich. Manchmal, obgleich bereits gedämpfter, vernimmt man die Klage, man könne nicht ohne Utopien leben – wobei übrigens das »man« undefiniert bleibt, bleiben muß, weil sich nämlich dahinter kein anderer verbirgt als der Autor, dem die Welt nicht zusagt und der sie daher ins Harmonische, Menschenfreundliche verändert sehen möchte. Die Partei dagegen hält von Utopien wenig, auch wenn sie das nicht auf ihre Wahlplakate schreibt. Der Partei geht es stets um das Nächstliegende, um die nächste Legislaturperiode, falls es sich um eine demokratische Partei handelt. Bei einer totalitären geht es bloß um die nächsten tausend Jahre oder um den Zeitraum bis zur endgültigen Umsetzung des ohnehin von der Geschichte beschlossenen Zustandes. Merkwürdigerweise lebt der weitaus größere Teil der Bevölkerung auch ohne Utopie immer noch, ohne durch diesen Mangel vom Tode bedroht zu sein.

Individualinteresse und Parteiinteresse, obzwar divergenter Art, decken sich kurzfristig. Die Partei bietet, der Reklame halber, dem prominenten Autor eine Bühne und einiges an Publizität, was der Autor, der Reklame und der Publizität wegen, gerne akzeptiert. Doch die Interessenlage kann sich rasch verändern, wenn der Autor merkt, daß sein Ruhm unter der sinkenden Popularität »seiner« Partei leidet. Und die Partei desavouiert ihren prominenten Fellow traveller, indem sie taktische Haken schlagen muß.

Kaum in einer Epoche vor der unseren bestanden derart enge Affinitäten zwischen Schriftstellern und Parteien unterschiedlicher Couleur. Wahrscheinlich weil vordem auch kein Versprechen einer Partei, einen grundlegenden Wandel zu bewirken, so überzeugend gewesen ist. Nur der dem Versprechen folgende Wandel hatte kaum noch Ähnlichkeit mit den programmatischen Deklamationen. Der schöne Schein verblich rasch, und die nackte Machtstruktur oder zumindest der Wille zur Macht dominierten. Es ist immer der gleiche Automatismus, der das Verhältnis in Gang hält. Insofern ist es auch überhaupt nicht verwunderlich, daß ein Autor wie Stefan Heym sich der zwar entmachteten, aber die Macht erneut anstrebenden Partei der Staatsbankrotteure zur Verfügung stellt. Abgesehen davon, daß Heym nicht der einzige ist, den das Medikament öffentlichen Auftretens reanimiert, es zwingt den primär politisch engagierten Autor willenlos unter das Joch seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Mit der möglicherweise unfreiwilligen Entscheidung, mittels Literatur politisch wirken zu wollen, hat ein Autor die ihn schützende Sicherheit einer ästhetischen Konzeption verlassen. Von nun an unterliegt alles Erdachte und Aufgezeichnete der Selbstkontrolle, der Befragung nach dem Nutzen für die eigene Weltanschauung, für die eigene Ideologie. Damit einher geht der Verlust eines instinktiven, unvoreingenommenen Welt- und Menschenverständnisses. Eine Verarmung des Künstlerischen tritt ein, die unaufhebbar wird. So bleibt einem »politischen« Autor nichts anderes mehr übrig, als seinem Unstern zu folgen. Die Politik ist sozusagen sein Schicksal geworden. Dabei kommt es im Grunde gar nicht mehr auf die Partei an, der man sich zugesellt. Hauptsache ist, daß man, weil man sich in seinen abstrakten und abstrusen Vorstellungen vom menschheitlichen Fortschritt, von einer künftig trotz allem zu erreichenden humanen Gemeinschaft eingerichtet hat, diese Droge nicht mehr entbehren kann. Eine derartige Sucht verschleiert den Blick für die unangenehmen Tatsachen und Wahrheiten. Den mageren Trost, die fragwürdige Kompensation für das Verschwinden der künstlerischen Potenz darf sich der Autor mit Vorgängern à la Herwegh teilen.

(4.11.1994)

Literatur und Geheimpolizei

Sind Literaten und Geheimpolizisten nicht Antagonisten auf immerdar? Oder existieren zwischen ihnen Affinitäten, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt? Was bewegt einen Schriftsteller, sich mit einem Geheimdienst einzulassen? Alles offene Fragen, nach deren Antwort wir suchen.

Zieht uns nicht von Kindesbeinen das Geheimnisvolle in allerlei Gestalt an? Wobei die Kriminalgeschichten, die wir als Heranwachsende lasen, vermutlich eine Neigung zu jenen Figuren erweckten, die, wie Sherlock Holmes, ausgerüstet mit scharfem Verstand und Kombinationsgabe, Rätsel lösten, Verbrecher entlarvten und Verborgenes ans Licht zogen. Lesend waren wir stets, wenn auch unbewußt, auf der Seite von Recht und Gesetz und Ordnung. Solche frühen Lesefrüchte prägten unser Bewußtsein von der Welt. Vor den uniformierten Ordnungshütern hatten wir enormen Respekt, falls nicht gar Angst: sie waren Vertreter der alles beherrschenden Macht, von der wir uns in jungen Jahren kein Bild zu machen verstanden. Nun sind wir ja keineswegs aus Bewunderung und Ehrfurcht allesamt Polizisten oder Detektive geworden, da unser Selbstbewußtsein und unsere Kenntnisse wuchsen. Stieg man gar in die Schicht der Intellektuellen auf, gewann man eine Reflexionsfähigkeit, welche die einstige Sympathie für unsere vormaligen Heroen relativierte. Der Polizist wurde zum schlecht entlohnten Beamten, der Kriminalist zum ständig überarbeiteten Kärrner in einer zur Kriminalität tendierenden Gesellschaft. Doch manche der Skribenten blieben im Stadium des Juvenilen hängen; für sie behielten die Erforscher menschlicher Leidenschaften und Niedertrachten ihre Vorbildfunktion. Unsere Phantasie, vom Räuber- und Gendarm-Spiel mitgeprägt, verlockte manchen von uns, sich später an gewagteren, moralisch dubiosen Spielen zu beteiligen. Sich in den Dienst einer Geheimpolizei zu begeben ist, unter anderem, ein Zeichen fortwährender Infantilität. Der Autor als Zuträger hat sich einem neuen Übervater, mangels der Ausbildung eines eigenen Selbst, unwiderruflich anheimgegeben. Signifikant für dieses »Rollenspiel« ist, daß sich der besagte Übervater dem Adoptivsohn Autor nur teilweise enthüllte; wie Gott im Dornbusch, so verbarg sich die überwältigende Dominanz des Überwachungsapparates, deren zu genaue Kenntnis den aus schöngeistigen Bereichen stammenden Informanten vielleicht erschreckt und verschreckt hätte, im Nebel der Ideologie. Man gab sich Mühe, etwas wie eine gleiche Ebene zwischen dem Geheimpolizisten und seinem zivilen Partner herzustellen. Archaisch dabei die Initiation des in den Kreis der Wissenden Aufgenommenen: er unterschrieb einen Pakt, ohne daß ihm dabei Goethes »Faust« oder die Märchen früher Jahre eingefallen wären, wo man gewöhnlich den Vertrag mit dem Teufel mit dem eigenen Blut zu unterzeichnen pflegte. Auch diese Mitarbeiter-Verträge wurden mit dem eigenen Blut unterzeichnet, zumindest im übertragenen Sinne, denn der amtliche Mephisto entzog seinem erbärmlichen Faust unaufhaltsam, und vielleicht für letzteren unmerklich, die für seine Existenz als Schriftsteller notwendige Integrität.

Gewiß, Zusammenarbeit zwischen Autoren und Geheimdienststellen hat es schon immer gegeben. Auch die parlamentarischen Demokratien waren nicht frei von solchen merkwürdigen Paarungen. Insbesondere England lieferte ja Beispiele dafür. John le Carré, Verfasser exquisiter Spionageromane, stand der britischen Spionageabwehr nahe, indessen der Atomwissenschaftler Fuchs Kontakte zum sowjetischen Geheimdienst unterhielt: beide Männer meinten, ihrem Land oder einer großen Sache zu dienen, was sich gemeinhin später als fataler Irrtum herausstellt. Werden Schriftsteller leichter zu Überzeugungstätern, weil sie anfälliger für Ideen, für Ideologien sind? Oder stellt die Ideologie nur etwas wie Selbstschutz dar, um die eigenen Aktivitäten zu bemänteln? Inwieweit vermischen sich politische Vorstellungen mit handfesten persönlichen Interessen? Ein unentwirrbares Knäuel von Motiven liegt vor unseren Augen.

»Der Verrat der Intellektuellen«, wie das entsprechende Buch von Julien Benda heißt, bezieht sich primär auf ihre Kollaboration mit einer jeweils herrschenden Macht, ein Faktum, so alt wie die menschliche Geschichte. Solche Kollaboration hat in den seltensten Fällen den Kollaborateuren geschadet. Beispiel Georges Simenon, der vor seinem »Kommissar Maigret« in Vichy-Frankreich antisemitische Hetzartikel zusammenschmierte und nach dem Krieg einige Jahre Schreibverbot erhielt. Größerer Schaden ist ihm daraus nicht erwachsen, sein Fall ist vergessen. Gänzlich anders sieht jedoch die Sache bei jenen aus, die mit der Geheimpolizei kungelten; ihre »Nebentätigkeit« wird keineswegs so leicht aus der Agenda gestrichen. Ich vermute, weil sie gegen eine Grundauffassung des Lesers vom Schriftsteller als Wahrheitsapostel verstoßen haben.

Der Leser ist zwar geneigt, private und intime Vergehen zu entschuldigen, doch die Symbiose des Autors mit einem Geheimdienst verletzt ein ungeschriebenes Tabu. Der Leser, der Normalmensch, hat einen inneren Widerwillen gegen die Geheimpolizei, von der ihm kaum etwas Gutes bekannt ist. Ja, er will auch gar nicht allzu exakt von den Vorgängen hinter den verschlossenen Türen etwas wissen. Das, was da geschieht, ist ihm suspekt: eine ihm verschlossene, anrüchige, gefährliche Welt, die zu betreten man besser vermeidet. Und wer sich dort hineinbegibt, identifiziert sich mit Dingen, die man als Durchschnittsbürger nicht gutheißt. Dort macht man sich die Hände und den Charakter schmutzig. Die Notwendigkeit besagter Instanz wird nicht bezweifelt, wie man ebenfalls die Prostitution hinnimmt, aber wer sich mit den Angehörigen derartiger Institutionen ins Bett legt, steht mit einem Infekt wieder auf. Daher von Seiten der Behörde und selbstverständlich ebenso von seiten des ihr zuarbeitenden Autors das Verlangen nach strikter Geheimhaltung. In der Behörde verliert darum der Berichterstatter seinen Namen und fungiert nur noch unter einem selbstgewählten Pseudonym – die einzige Wahl, die er hat, sobald er seine Bereitwilligkeit zur Mitarbeit hat erkennen lassen. Für die Behörde ist er ein Rädchen im Getriebe, für ihn jedoch ähnelt die Behörde dem Geist aus der Flasche, der bereit ist, viele Wünsche umgehend zu erfüllen. Und gerade diese gegenseitige Ausnutzung ist das Moment, das dem Informanten seine noch als möglich denkbare politische Unschuld nimmt. Diese Kombination, dem akzeptierten System zu dienen und zugleich in die eigene Tasche zu wirtschaften, erweist sich als das Verwerfliche. Denn der Zuträger dementiert mit den Vorteilsnahmen den von ihm behaupteten Idealismus, wahrscheinlich sogar vor sich selber. Er wird zum Zyniker, der fleißig an der eignen Selbstzerstörung tätig ist, indem er das Wesentlichste, das einem Schriftsteller je zu eigen gewesen, einbüßt: die nur ihm eigene Sprache. Sobald er seinen Bericht über die ihm unwissentlich ausgelieferten Kollegen schreibt, muß er die Redeweise seines Auftraggebers benutzen, ein starres, reduziertes Idiom, eine beschränkte Wortwahl, damit er für seinen amtlichen Partner überhaupt verständlich bleibt. Mit der Autonomie seiner Sprache gibt er sich selber auf, denn er lebt allein durch sie, und ohne sie hebt er auch seine Identität auf. Er muß sich auf eine Weise ausdrücken, die nicht dem eigenen literarischen Anspruch adäquat ist. Doch da wir geistig kaum imstande sind, in zwei konträren sprachlichen Sphären daheim zu sein, muß zwangsläufig von der vorgegebenen Lingua interna des Amtes Einfluß auf den persönlichen Stil ausgehen. Man kann nicht mit zwei verschiedenen Mündern sprechen. Dadurch wächst die Abhängigkeit vom Auftraggeber. Die Folge besteht darin, daß der dienliche Autor am Ende seine Schriften seinem »Vorgesetzten« zur Beurteilung überreicht. Er, der Autor, möchte unbedingt sein Werk publiziert sehen, befindet sich jedoch in einem Stadium der Unsicherheit: Darf er seine Texte einem Verlag anbieten, wobei er Ablehnung befürchten muß – falls er nicht ganz den offiziellen Übereinkünften entspricht, oder sollte er sich nicht besser rückversichern, um durch eine jedem Verlag übergeordnete Institution die Veröffentlichung durchzusetzen?

Wir müssen uns auf die Geschichte der Zensur in der DDR berufen, deren vervielfältigte Administration wie ein Zentnergewicht auf den Autoren lastete. Nur nicht auf jenen, die mit der Stasi, der Staatssicherheit, kooperierten. Meist waren es eher mittelmäßige Scribenten, die es verlangte, gedruckt zu werden; durch ihre Bereitschaft, als »Informelle Mitarbeiter« tätig zu werden, erlangten sie mittelbar Einflußmöglichkeiten auf die Verlagspläne. Ich habe es erlebt, daß ein dürftiger Lyriker jährlich einen neuen dürftigen Gedichtband veröffentlichen konnte, als Äquivalent für seine Spitzelei. Der Verlag selber, in diesem Falle der Aufbau Verlag, geriet dadurch in die Peinlichkeit, das unterhalb des Verlagsniveaus Veröffentlichte erklären zu müssen. Und diese Erklärung hieß: Dieser Dichter, in unserem Falle Uwe Berger, Deckname »IM Uwe«, sei todkrank, und man bringe halt dieses Opfer, um dem Sterbenden einen letzten Freundschaftsdienst zu erweisen. Jahr um Jahr starb besagter Autor an der immerselben Krankheit, um bis heute vergnügt weiterzuleben.

Verlage, Zeitungsredaktionen, Zeitschriftenredakteure, Dramaturgien von Film und Fernsehen wurden in dieses Netz des »Take and give« miteinbezo gen. Auf indirekte Weise wurden sie zu Helfershelfern der Zuträger gemacht, was ihrem Charakter meist nicht bekommen ist; der Alkoholismus grassierte in jenem verschwundenen wunderbaren Leseland, in welchem der ahnungslose Leser kaum die Hintergründe zu ahnen vermochte. Der Umfang des geheimpolizeilichen Netzwerkes war keinem bekannt.

Besonders trostlos war, daß sich keineswegs bloß Halbtalente mit den Beamten einließen, sondern auch tatsächlich begabte, sogar außerordentliche Schriftsteller, wie etwa Heiner Müller, dessen intime Unterhaltung mit den diensthabenden Offizieren erst nach dem Untergang des Staatsschiffes bekannt wurde. Wie selbst noch der ärmlichste Spitzel hatte auch »IM Heiner« eine Motivation parat: Die Parteifunktionäre seien zu dümmlich, als daß man vernünftig mit ihnen reden könne; der Kulturminister sei sogar Bäckergeselle gewesen. Durchblättert man Akten, um die Berichte über die denunziatorischen Berichte zu lesen, so ist dort von Intelligenz, von Intellektualität ganz zu schweigen, keine Spur zu finden. Geheimpolizisten wie Parteifunktionäre kamen aus demselben Stall, und wäre einer von dieser oder jener Gattung mit einem höheren IQ ausgestattet gewesen, er hätte seinen Posten nicht lange behalten können.

Freilich meinten manche der Angeworbenen, die Führungsoffiziere instrumentalisieren zu können: Würde man diesen Leuten die wahren Zu- und Umstände des Landes schildern, dann würden diese den Machthabern Meldung über die katastrophale Realität machen. Entweder blinder Irrtum oder ein Mittel, das eigene Seelenheil zu bewahren, nichts weiter. Ernstlich konnte doch niemand glauben, durch den eigenen Verrat in dem ja gerade auf solcher Tätigkeit basierenden Staat etwas gesellschaftlich Relevantes ausrichten zu können. Die Reformfeindlichkeit des Systems wurde durch seine Zuträger bestätigt und perpetuiert. Denn die Reformen hätten sich ebenso auf den Geheimdienstapparat erstrecken müssen, und daran war keiner der Apparatschiks interessiert.

In totalitären Staaten besteht nicht bloß eine Abneigung gegen Schriftsteller, gegen Literatur überhaupt, vielmehr ein unüberwindliches (und vermutlich berechtigtes) Mißtrauen. Wer im Besitz des Wortes ist, unterliegt der Kontrolle, da unbeaufsichtigte Wörter nur Schaden stiften. Literatur erweist sich in ihrem Impetus als kritisch, ergo dem System, das auf Opportunität und Konformismus baut, widersetzlich. Dabei wird der Literatur in der Diktatur ihre Funktion verordnet, weil sie, die Diktatur, nach absoluter Durchdringung aller Räume, sowohl der geistigen wie der künstlerischen, strebt: diese Tendenz ist ihr unaufhebbarer Makel, der zugleich ihre methodische Hauptstütze darstellt. Eine Diktatur ohne Zensur und die ihr beigesellten Überwachungsorgane ist undenkbar. Die Literatur bildet in allen Ländern den Indikator für den Grad der vorhandenen Freiheit oder Unfreiheit. Ihr Schweigen, ihre Verfälschung zur Apotheose, zum hymnischen Einverständnis mit der offiziell verordneten Meinung, entblößt letztere als puren Schein. Diesen aufrecht zu erhalten, bedarf es selbstverständlich der Geheimpolizei, weil man auf die freiwillige Unterwerfung der Literaten nicht setzen kann. Sie verwandeln ihre gelebte Erfahrung in Texte, doch der Staat, das System, die Diktatur, wie immer man solche Gebilde nennen will, müssen sich gegen individuelle wie allgemeine Erfahrungen wappnen, um ihren Bestand zu bewahren. Erfahrung heißt aus dem jeweilig Gewesenen lernen und Schlußfolgerungen ziehen, Fehler vermeiden, Korrekturen ermöglichen. Freiheit kann man nicht dekreditieren oder gar gnädig gestatten. Man kann sie sich nur nehmen und von keinem Geheimpolizisten geschenkt bekommen.

(17.9.2006)

Und warum noch lesen?

Warum ein Schriftsteller schreibt, ist zur Genüge bekannt. Die Psychoanalyse hat uns das Geheimnis enthüllt. Schreiben bedeutet Kompensation eines Mangels, punktum, basta! Doch das eigentliche Rätsel, nämlich warum der Leser liest, ja, unter den gegenwärtigen Umständen überhaupt noch liest, ist sowohl unerforscht wie ungeklärt.

Zwar liest auch der Verfasser manchmal das von anderen Verfaßte, doch aus ziemlich durchsichtigen Gründen. Er will sich freuen oder ärgern. Er freut sich über die Minderwertigkeit fremder literarischer Produkte und ärgert sich, sobald sie seinen eigenen überlegen sind. Unter anderem will er durch Lesen seiner von Routine erschöpften Phantasie auf die Sprünge helfen. Mit einem Wort: Der Autor liest nicht wie ein Leser.

Aber wie, wozu und weshalb befaßt sich der Normalmensch, der Durchschnittsbürger, der Homo sapiens deutscher Provenienz mit einem Buch? Versetze ich mich in seine Person, ergreifen mich sofort seltsame Vorstellungen und Empfindungen. In der Haut des potentiellen Lesers stehe ich schreckensstarr vor dem Gaurisankar von Druckerzeugnissen, die jährlich den Markt sintflutartig überschwemmen, und ich frage mich: Wer zum Teufel soll die Tausende und Abertausende neuer Titel denn noch lesen? Und auf diese stumme Frage antwortet eine laute Stimme von irgendwoher, entweder aus dem Verlagswesen oder aus dem Druckereigewerbe: Du natürlich, mein lieber Leser!

Als Leser erkenne ich betroffen: Ich bin das Opfer einer Zivilisation geworden, einer Kultur, vor der es keine Rettung gibt und die in alle Ritzen dringt, bis in den letzten Winkel des Großhirns und bis in die letzten Falten der Seele, falls man noch einer teilhaftig wurde. Vor allem verblüfft mich die absolute Selbstverständlichkeit jenes Vorganges, der unter Halbgebildeten »Rezeption« genannt wird. Wie man Autos und Straßen benutzt, weil sie vorhanden sind, ohne weitere Bedenken oder Einwände, ist der Leser gehalten, Bücher zu lesen. Und erst im Moment der Selbstbefragung, also jetzt eben, erscheint ihm diese Vornahme als ganz und gar unnatürlich.

Begreiflich immerhin ist der Kauf und das Studium von Sach- und Fachbüchern. Man bildet sich fachlich und sachbezogen weiter, der Karriere halber oder um der Erleichterung des Alltags willen. Heutzutage ist jeder von uns ein Hobbyist: Niemand pflanzt mehr Schnittlauch an, ohne sich sachkundig gemacht zu haben. Wer zehn Kilometer weiter fährt als gewöhnlich, ersteht vorher einen Reiseführer. Alles, was im Hause repariert oder kaputtgemacht werden kann, lernt man aus den entsprechenden Anweisungen, denen die Buchhandlungen wachsende Abteilungen widmen. Aber die Belletristik? Die Erzählung? der Roman? Gar: das Gedicht? Wozu und weshalb heute noch ein Gedicht lesen? Kaum hat man die erste, meist unverdauliche erste Zeile hinter sich gebracht, ist man schon bei der letzten angelangt, ohne dabei etwas Wesentliches über Schnittlauch, Basteln, Kreuzstich oder Rimini erfahren zu haben.

Ich hege den Verdacht, der Autor nimmt mich, den Leser, nicht mehr ernst. Er setzt mir eine Speise vor, die mich nicht satt macht. Und wenn ich mir darauf einen unmodernen Reim machen wollte, ließe sich denken, daß die aktuelle und akute Politisierung des Autors daher rührt – weil er mir sonst nichts mehr mitzuteilen hat. Manchmal möchte man meinen, daß sogar die erstaunliche Anzahl von Schriftstellern als geheime Staatssicherheitsmitarbeiter einzig aus der kreativen Schwäche resultierte. Wer kein Thomas Mann und kein Kafka, kein Paul Celan und Uwe Johnson war, der schrieb eben einen intimen Bericht über einen Kollegen: das war was Handfestes, verbunden mit der Gewißheit von der besonderen Aufmerksamkeit des speziellen Lesers. Wo die Verhältnisse anders lagen und liegen, bieten diverse gesellschaftliche Desaster die allerbeste Gelegenheit, über die Fragwürdigkeit des eigenen Talentes unauffällig hinwegzulavieren. Die Vereinigung oder Wiedervereinigung Deutschlands – hier liegt übrigens noch keine endgültige Sprachregelung vor – bot den einzigartigen, vermutlich leider einmaligen Anlaß, im Schutz der persönlichen Meinung literarische Falsifikate in Umlauf zu setzen. Eine Literatur aus dem Farbkopierer: Die Blüten, die mir, dem Leser in die Hand gedrückt werden, wirken fast echt, sind es aber nicht, wie man viel zu schnell feststellt. Warum liest man das denn noch, wo man bloß diese oder jene Zeitung aufzuschlagen brauchte, um dasselbe unangestrengter »rezipieren« zu können? Glücklicherweise hält die Wirkung von Literatur, selbst der besseren, nicht vor, so daß der Schaden gering bleibt. Was wäre ich, der Leser, ohne die Fähigkeit des Vergessens? Zumindest ein schlechter Kunde, der mit fünf bis zehn Standardwerken der Weltliteratur auskäme, nach deren »Rezeption« er ohnehin kein Bedürfnis verspürte, die meisterhaft und ästhetisch befriedigend dargestellten menschlichen Konflikte in der Fassung für Fastfood-Leser zu konsumieren.

Vielleicht lese ich auch nur, um das Alphabet nicht wieder zu verlernen, obschon man seit der Erfindung des Fernsehens ganz gut ohne auskommt. Freilich setzt auch dieses Medium immer noch das Studium der Programmzeitschrift voraus, damit man eine Entscheidung für den Abend treffen kann. Und sollte plötzlich und völlig unerwartet eine Situation entstehen, die jede Alternative ausschließt, etwa Volksmusik oder Fußball auf allen Kanälen, öffnet sich vor einem ein Abgrund, erhebt sich drohend das Gespenst visueller Leere, und die letzte Möglichkeit, besagter Leere zu entgehen, heißt: Jetzt wird gelesen! Und zwar ein »gutes« Buch! Schließlich: ein »gutes« Buch besitzt jeder. Die Möbelindustrie hat in weiser Voraussicht und in ihrer großen Güte in der Schrankwand ein Fach freigelassen, das just den normalen Buchformaten entspricht. Und Buchgemeinschaften und andere ehrenwerte Gesellschaften, denen man in einem Moment totaler geistiger Abwesenheit unvorsichtig seine Unterschrift überließ, haben einen ja mit dem Stoff versehen, aus dem heute keine Träume mehr sind.

So trete ich denn also vor meine Bücher hin, die doch nur als Dekoration gedacht waren und Gästen gegenüber meinen intellektuellen Anspruch demonstrieren sollten und nun ernstlich aufgeschlagen werden müssen. Mein Gott, man erinnere sich doch nur der langen menschheitlichen Vorgeschichte, dieser gemütlichen Jahrzehntausende der Schriftlosigkeit, wo uns auch nichts fehlte und wir einander unbelasteter totschlagen konnten, ohne buchstäblich dafür oder dagegen Stellung nehmen zu müssen! Aber dann machten sich Ausländer ans Werk, Südländer natürlich, und weil der Mensch in seiner maßlosen Dummheit und Eitelkeit jede Mode mitmacht, verbreitete sich die Schrift sogar bis zu uns, zu den Deutschen, die, weil sie mit dem fixierten Wort derart spät bekannt wurden, vor demselben auch eine extreme Hochachtung hegen. Es bildete sich aber, das weiß man ja als Leser von den Wissenschaftsseiten der Tagespresse her, mit der Aufklärung in Deutschland die Illusion aus, unsere Sprache, insbesondere die aufgeschriebene, sei mit der Vernunft gleichzusetzen, zumindest soweit mit Vernunft zu erfüllen, daß jedermann, der zu lesen imstande sei, ebenfalls vernünftig werde. Diese Geschichte stammt nicht von Hans Christian Andersen oder den Gebrüdern Grimm, wurde aber tatsächlich bis in unsere Epoche geglaubt. Denn noch ein anderer deutscher Märchenerzähler namens Bertolt Brecht beglückte uns mit seiner kleinen Story von der »Widerstandskraft der Vernunft«. Die großen Geister in unserem Vaterland, die klugen Köpfe mit dem fehlenden Realitätssinn, haben dem Leser eben diese Vernunft angepriesen und aufgedrängt, als sei es Manna vom Himmel. Und der Leser hat es geschluckt, mit mehr oder weniger Genuß, und es dann wieder ausgeschieden und dieserart vorgeführt, daß zwischen Literatur und Realität ein Unterschied, falls nicht gar eine unüberwindliche Diskrepanz existiert. Und insofern war der Moment abzusehen, da ich, der Leser, mich fragte: Wenn alle Lektüre mir nicht geholfen hat, ein bißchen humaner, ein bißchen einsichtiger zu werden – wozu lese ich dann überhaupt noch? Verlorene Zeit, während welcher ich Besseres unternehmen könnte. Etwa Schnittlauch säen oder basteln oder fernsehen.

Dennoch: ich gestehe, daß ich immer wieder mal zum Buch greife. Es scheint da etwas wie eine immaterielle Anziehungskraft zu geben, die diesen Griff veranlaßt. Und ich merke, daß alle meine Vernunftargumente gegen das Lesen mir das Lesen immer noch nicht ausgetrieben haben. Es sind halt rein rationale Argumente, und wer ist schon rationalen Argumenten zugänglich? Man wird hin und wieder von einem seltsamen Zwang befallen, zieht eine Schwarte aus dem Regal, ein dickleibiges Druckerzeugnis, um sich darein zu vertiefen. Und siehe: es geschieht etwas höchst Eigentümliches: Man verschwindet einfach zwischen den Seiten, ohne es zu bemerken. Ein Gefühl von Leichtigkeit stellt sich ein. Man verliert den Erdenrest, der man gewesen ist und zu dem man nach Zuklappen des Einbandes wieder wird. Dabei weiß man doch, alles ist Betrug und Täuschung, weil ja alles nur erfundenes Geschehen ist, das uns einbezieht, erdachte Figuren, mit denen wir lachen oder leiden. Aber wir wollen ja auch betrogen und getäuscht werden. Aus unserem Dasein oder, pathetischer gesagt: aus unserem Sein ist jede Transzendenz entwichen, wie die Luft aus einem Autoreifen. Unsere