Bagola - Jurij Koch - E-Book
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Bagola E-Book

Jurij Koch

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Beschreibung

Am Ende des 19.Jahrhunderts macht ein Wilddieb die Wälder der Niederlausitz unsicher. Es ist Bagola, der von der Polizei seit Jahren gesuchte Bauer aus Drachhausen, der seine arme Familie heimlich mit Wildfleisch aus gräflichem Forst versorgt. Der Polizist Bismarck, der dem Gesuchten, auf dessen Kopf viel Geld ausgesetzt ist, nachstellt, wird von Bagola mit List und Bauernschläue an der Nase herumgeführt. Den einfachen Leuten sind die Streiche des wildernden Rebells, mit denen er sich seinen Anteil aus Gottes Natur "gesetzwidrig" holt, sympathisch. Doch das ausgesetzte "Kopfgeld", das ein naher Verwandter als Anfangskapital für ein Sägewerk braucht, führt schließlich zum Verrat. Der gesuchte Widerständler will sich der drohenden Verhaftung entziehen, indem er sich Auswanderern nach Nordamerika anschließt. Doch die Flucht wird vereitelt. Bagola fällt durch die Kugel seines geldgierigen Cousins.

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2011

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Impressum

Jurij Koch

Bagola Die Geschichte eines Wilddiebs

ISBN 978-3-86394-240-3 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien 1988 bei Altberliner Verlag

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta Foto: Thomas Kläber

© 2011 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.com

1. Kapitel

Huuuhaaa!

Bagola horchte. Seine Stimme flog über die Heide. Wie sich die Silben ausbreiteten. Zwischen Fichten und Kiefern und Birken und Eichen und Buchen. Immer weiter, bis sie sich hinter Turnow verloren. Dort war die Heide unterbrochen. Die Straße aus Lieberose durchquerte sie. Aber hinter ihr begann sie wieder. Wieder breit und dicht und weit. Die herrliche Heide. Der herrliche Wald. Kräftige Bäume. Riesenbäume. Darunter Gras, Sträucher, Beeren. Pilze natürlich. Und Wild. Rehe, Hasen, Hirsche... Rebhühner und Fasane. Die ganze große Natur.

Manchmal waren in der Heide Jäger. Grüne oder rote oder blaue Männer mit Gewehren. Die Gräflichen. Die des Herrn von Wackerbarth in roten Röcken, die des von Lynar in grünen, die des von Brühlow in gelben... Und die, die keine Röcke trugen, waren wilde Jäger. Diebe. Wilddiebe. Gefährliche Kerle. Strolche. Taugenichtse. Räuber. Mit selbstgebauten Flinten. Fremdlinge, die in den Wäldern nichts zu suchen hatten. Abenteurer, die gern schossen. Auf gräfliches Wild. Die gern Fleisch aßen. Fremdes Rehfleisch.

"...gegen den Arbeiter Mathes Kamenka zu Stradow wegen unberechtigten Jagens. Der Angeklagte hatte im März 1879 an Orten, an denen er zu jagen nicht berechtigt war, die Jagd ausgeübt und dabei einen Hasen gefangen, den er dann beim Bäckermeister Hermann Protz zu Vetschau zum Verkauf angeboten hatte. Der Angeklagte gesteht zu, die Berechtigung nicht gehabt zu haben, behauptet jedoch, dass er den Hasen frei und schlingenlos im offenen Felde gefunden habe, der voller Schmutz und bereits stinkend gewesen sei. Der Angeklagte wurde zu drei Wochen Gefängnis verurteilt."

"Cottbuser Anzeiger", 29.1. 1880

Fritz Bagola stand da, als ginge ihm etwas Außergewöhnliches durch den Kopf. Er schaute sich um. Ein schmaler Weg führte ins Dorf. Zerfahren. Zermahlen. Mehlsand. Zu beiden Seiten Häuser. Aus Holz. Niedrig. Hütten. Gehöfte. Mit etwas Kleinvieh in den Ställen.

Bagolas Frau schaute aus dem Tor. Das Abendbrot, sagte sie.

Er hob den Kopf, als erwachte er aus einem Traum. Ich komme, sagte er und blieb stehen. Der Hund bellte. Auch in einem der Nachbargehöfte bellte der Hund. Bagola wäre gern noch ein Weilchen stehen geblieben. Gern hätte er noch einmal in den Wald gerufen und den fliehenden Silben nachgehorcht. Sie waren freier als er. Sie konnten über die Heide dahinfahren. Bis zur Turnower Straße. Und weiter. Und kein grüner, kein roter, kein gelber Jäger fragte sie, wohin sie wollten und was sie im Walde suchten.

Am Tisch sitzend, stierte er auf den Brotlaib, in den Teller mit Mehlsuppe, die seine Frau kochen konnte. Und er schaute seinen Kindern in die Augen, dem zehnjährigen Mato, der achtjährigen Lisa. Die Kinder durften die Mehlsuppe mit Zucker essen. Über jeden Löffel, der sich von ihren Tellern hob, freute er sich. Bagola zählte sie. Für sich zählte er die Löffel, die die Kinder zu sich nahmen.

Was ist? fragte die Frau.

Nichts.

Seine Frau hieß Anna. Eine blasse schmächtige Frau, die gut kochen konnte. Aus wenig viel. Und es schmeckte. Aber für die Arbeit war sie nicht geschaffen. Ihr Fleiß konnte die Schwäche ihrer Glieder nicht ausgleichen. Sie arbeitete so gut sie konnte. Im Haus, im Stall, im Wald, in der Küche. Aber oft musste sie ausruhen. Sie atmete schwer. Rang nach Luft. Dann kehrte eine schwache Röte in ihr Gesicht zurück, und sie stand auf und arbeitete weiter. Bis zur nächsten Pause. Bagola warf ihr ihre Schwäche nicht vor. Er kannte sie aus der Kindheit. Aus der Schule. Aus der Zeit der Jugend. Jeder wusste, dass Anna nicht gesund war. Die blasse Gussors Anna. Er hatte sie genommen. Wie sie war. Die Alten sagten, dass sich die Krankheit in der Ehe geben würde. Dass ihr ein Mann fehle. Dass mit den Kindern alles herauskäme.

Nun sagte er endlich, was mit ihm war. Mehlsuppe, sagte er. Immer nur Mehlsuppe. Ich möchte Fleisch. Und die Kinder brauchen Fleisch.

Sie drehten sich zu ihm und wussten nicht, ob er schimpfte. Ein solcher Vorwurf wäre unberechtigt gewesen. Fleisch gab es an Feiertagen. Wochentags niemals. Nur in den Städten aßen sie Fleisch an Wochentagen. In den Hotels. Und der Kaiser in Berlin.

Was soll ich machen! seufzte Anna. Sie fühlte sich getadelt. Aus Mehl und Hirse und Kartoffeln war kein Braten zu machen. Ich tu, was ich kann.

Ich weiß, versuchte sie Bagola zu beruhigen. Mich ärgert nur, dass uns Hasen auf dem Hof besuchen. Und wir schauen zu, wie sie wieder fliehen. Und Rehe trinken aus unseren Eimern.

Mato hatte seinen Teller geschafft. Nun wollte er wissen, wie sich der Vater den Hasenfang vorstellte.

In der Nacht ist der Hof geöffnet, am Morgen geschlossen: Was gefangen ist, kommt in die Pfanne.

Das ist verboten, sagte Lisa. Der Lehrer...

Der Lehrer hat nichts zu bestimmen, was auf unserem Hof geschieht, erwiderte Bagola.

In der ersten Nacht fingen sie nichts. In der zweiten nichts. Dann entdeckte Mato, dass nicht alle Löcher im Zaun verstopft waren. Sie warteten weiter. Bis sie einen Hasen fingen.

Hasenbraten, welch ein Fest!

Ein Läufchen nahm Bagola zur Arbeit mit. An die Bahnstrecke, die wenige Jahre zuvor von Cottbus nach Frankfurt gebaut worden war, aber nicht vollendet. Für die schweren Nachfolgearbeiten wurden starke Männer gebraucht, die mit Hacken und Schaufeln umgehen konnten. An heißen Tagen, wenn die Sonne brannte. Auf Steine und Eisen, auf Schmierfett, auf braune Rücken. In den Pausen wickelten die Männer ihre Brote aus. Und schauten zu den Nachbarn: Was hast du drauf?

Bagola hat Fleisch! rief Wilhelm Woitowy. Der längste unter ihnen. Mit gekräuseltem Haar. Großmaul. Alle Klatschgeschichten der Umgebung kannte er. Und er wusste sofort, dass Bagola in seinem Garten große Tongefäße mit Fleisch und Fett vergraben hält, dass er zum Kommando der gefürchteten Wilddiebe aus Drachhausen gehört. Und er, Woitowy, habe erfahren, dass Bagola ihr heimlicher Anführer wäre. Räuberhauptmann der Wilddiebe.

Einige lachten. Einige nicht. Woitowy hatte nichts Besonderes gesagt. Nichts zum Lachen vor allem. Jeder wusste, dass es unter den Drachhausener Männern Wilddiebe gab. Wer kannte sie! Wer kannte sie nicht! Sie zogen nachts auf Jagd. Sie konnten besser schießen als Preußens Soldaten. Sie bauten sich ihre Flinten. Ihr selbstgemachtes Pulver war besser als Marschall Moltkes. Drachhausener Wilddiebe hatte noch niemand gesehen. Jeder kannte sie. Seltsam. Aber wahr. Viele hatten Angst, ihnen eines Tages zu begegnen. Wer weiß.

Und dieser Fritz Bagola gehörte nicht zu ihnen? Wenn er freitags Hasenbraten aß? Auf Eisenbahnschienen sitzend, die nach Frankfurt führten?

In seinen fünfunddreißig Jahren war nichts Besonderes geschehen. Keine Lehre. Arbeit. Mal dort, mal dort. Nun auf der Bahn. Sein Stückchen Acker am Wald war unfruchtbar. Jedes Jahr ein Sack Körner für die Hühner. Mehr nicht. Nein, Bagola war kein heimlicher Jäger. Kein Wilddieb, bestimmt nicht.

Wie bereitet deine Frau Rehbraten?

Mit Speck.

Wir legen Hirsch in Sahne.

Am besten mit Rotkohl.

Fasan pflegt meine Frau...

Samt den Federn.

Auf den Tisch kommt er im Butternest.

Die Männer lachten und falteten ihre Tücher zusammen, aus denen Brosamen fielen. Einige hatten ihre Brote mit dem Taschenmesser zerteilt, als könnten sie damit mehr von ihnen haben.

"...In Potsdam und Charlottenburg wird Tag und Nacht gearbeitet, um die Wohnungen für Prinz Wilhelm und seine Braut für den 27. Januar zu erneuern. An dem nämlichen Tag soll die Hochzeit stattfinden. Den beiden Vermählten werden drei Schlösser zur Verfügung sein, eins in Charlottenburg, eins in Potsdam und eins unweit von Potsdam an den Seen gelegen. Die Städte und Vereine bereiten ihre Schätze zur großen Schenkung vor, und die Stadt Berlin wird zu Ihrer Begrüßung 6000 Mark ausgeben..."

"Bramborske nowiny" (Brandenburger Nachrichten – sorbische Zeitung), 20. 12. 1880

Abends, als die Sonne hinabgesunken war, fuhren die Männer auf hartgummibereiften Fahrrädern nach Hause. Woitowy hielt sich an Bagola.

Würdest dich zum Wilddieb eignen, sagte er.

Bagola schwieg. Lange. Als sein Freund schon keine Antwort mehr erwartete, sagte er: Und wenn ich's schon bin?

Woitowy blieb im Sand stecken. Der Weg war schlecht. Ich werd verrückt, murmelte er.

Samstag. Des armen Mannes Lasttag.

Auf der Bahn war ein Unfall geschehen. Einer der Männer, ein gewisser Hartmann, hatte sich den Fuß eingequetscht. Aber weitergearbeitet. Dann war das Bein geschwollen. Bis hinauf zum Knie. Der Vorarbeiter hatte ihn nach Hause geschickt. Bagola und Woitowy sollten ihn begleiten. Der Nachmittag des ersehnten Samstags war vergangen. Bagola wollte zeitig zu Hause sein. Mit dem neuen Brunnen beginnen.

Abends, als er mit Anna am Tisch saß, erschöpft, im Halbschlaf schon, bellte der Hund. Hans Kochan und seine Frau Marianne traten ein.

Hans war Bagolas Cousin. Und Cousin Hans hatte etwas von einer Maschine. Irgendwo in ihm, wie er selbst meinte, war ein elektrischer Motor, eine Dampfmaschine, die ihn antrieb. Hans dampfte, glühte, fauchte. Er konnte nicht ruhig sein und schweigend zuhören. Zuhören war eine Qual. Er war voller Ideen. Einfälle. Scherzhafter. Unbrauchbarer. Immer unterwegs. Immer unterwegs nach einer anderen Möglichkeit. Und wenn er gefragt wurde, was seine innere Maschine antreibe, antwortete er: Geld. Geld war ein großes Wort. Ein süßes. Zauber. Geld war Dampf, Strom, Blitz. Das Wort elektrisierte. Immerfort überlegte er, wie zu Geld zu kommen wäre. Haste was, biste was. Zunächst aber war er nur ein Häusler. Mit einem geerbten kleinen Besitz im Wald, am verlängerten Rand des Dorfes. Dort wohnte er mit seinen beiden Ziegen, mit etwas Kleinvieh dazu. Und mit Marianne natürlich, seiner Frau. Seiner schönen Frau. Mit der er sich sehen lassen konnte. Er nahm sie überall mit. Etwas von ihrer Schönheit fiel auf ihn. Ein Widerschein. Und er dachte, dass ihn die Leute um sie beneideten. Er wollte, dass sie ihn um sein schönes Leben beneideten.

Lass die Männer unter sich, sagte Marianne zu Anna, als sie sah, wie Hans seinen Cousin Fritz besetzte. Mit großen Gesten. Als hätte die Welt sich nur noch um ihn zu drehen. Gleich wird von Maschinen und Flinten die Rede sein, setzte Marianne hinzu.

Als die beiden Frauen die Küchentür hinter sich geschlossen hatten, fragte Bagola: Was für Flinten?

Hans sprang zur Tür, trat in den Flur hinaus und zeigte sich kurz darauf mit einem Gewehr in der Hand. Der Lauf glänzte. Wie mit Speck abgerieben. Und der hölzerne Schaft war braun, ins rötliche gehend. Und alle Metalle daran waren schwarz. Mit frischer. Farbe überstrichen.

Olala! stieß Bagola aus. Natürlich hatte er schon Jagdgewehre in der Hand gehabt. Aber keinen Drilling. Nicht schlecht, sagte er.

Deutscher Drilling, erläuterte Hans. Treffsicher wie sonst was. Die Brühlschen sind auch mit Drillingen ausgerüstet.

Woher hast du ihn? fragte Bagola.

Gekauft, antwortete Hans kurz. Und es war klar, dass er keine Einzelheiten verraten würde.

Nun gut. Was willst du mit ihm?

Weiterverkaufen.

Wem?

Dir.

Mir?

Ja, bekräftigte Hans. Ehrlich. Und er verhielt sich, als wäre das Geschäft bereits besiegelt. Er setzte sich an den Tisch und erwartete ein Gläschen Schnaps.

Ich habe kein Geld, sagte Bagola und hängte das Gewehr an den Stuhl. Obwohl...

Obwohl? Das Eisen in der Hand wäre nicht schlecht. Würde mir stehen. Nicht?

Bagola lachte laut auf, dass es in der Küche zu hören war, wo die Frauen Tee kochten. Aus getrockneten Himbeerblättern. Heute haben wir darüber gesprochen. Gerade heute.

Hans stand auf und legte ihm beide Hände auf die Schultern: Welch eine Ehre, zu Gast zu sein beim Hauptmann... Und so weiter. Wie es seine Art war. Alles machte er groß. Und vergaß sich selbst nicht dabei.

Die Frauen traten ein. Der Tee. Mit etwas dazu.

Fertig? fragte Marianne.

Noch nicht, antwortete Hans. Aber der Hecht hat den Wurm schon entdeckt. Muss ihn noch ein Weilchen vor die Nase halten.

Sie tranken. Und aßen Gebäck dazu. Auch das konnte Anna backen. Aus Roggenmehl, Hirse, aus Kleie sogar.

Marianne und Anna saßen nebeneinander. Es war, als säßen Gegensätze nebeneinander. Glück und Unglück. Jugend und Gebrechlichkeit.

Kannst damit umgehen, begann Hans.

Jeder kann's.

Ich nicht, widersprach der Cousin.

Kaum jemand wusste, dass Hans auf einem Auge schielte. Nur manchmal war es zu sehen. Wenn er zur Seite schaute. Dann drehte sich das linke Auge nicht mit.

Seh den Hasen doppelt.

Die Kugel fliegt mittendurch, sagte Marianne.

In das Gelächter fiel das entscheidende Wort. Jemand, Marianne oder Hans, sagte: Du mit unserer Flinte.

Bagola holte eine Flasche. Selbstgebrannten. Er goss ein. Anna wollte nicht mittrinken. Sie hoben die Gläser, und Bagola spürte, wie sich der Magen erwärmte. Wie schon lange nicht mehr.

Ich mit eurem Gewehr.

Auf gräfliches Wild.

Etwas für uns, etwas für euch.

Genau.

Bagola schaute zu seiner Frau hinüber. Sie schwieg. Ihr schien das Geschäft nicht zu behagen. Aber ihr behagte das ganze Leben nicht. Sie glaubte nicht daran, dass die Idee des Cousins daran etwas ändern würde.

Kannst ihn danach behalten.

Danach?

Wenn du genügend abgeknallt hast. Mit Hasen bezahlt.

Mit Hasen bezahlt, wiederholte Bagola leise. Das Angebot gefiel ihm. Die Flinte war ein Geschenk Gottes. Vom Himmel gefallen. Freilich, Hans war kein Engel, der die Botschaft gebracht hatte, dass nun alles anders werden würde. Das Gewehr eine Botschaft. Er nahm es vom Stuhl, zog das Schloss heraus und legte es auf den Tisch und schaute durch den Lauf ins Licht. Er merkte, dass er auf die Frauen zielte, und drehte sich zur Seite und schob das Schloss hinein und sagte: Einverstanden.

Sie blieben noch ein Weilchen sitzen. Hans lobte die währende Freundschaft zwischen ihnen. Freundschaft, die in schweren Jahren aus der Not führt. Hand in Hand. Und so weiter. Marianne unterbrach ihn manchmal, damit ein anderer zu Wort kam. Sie drängelte sich nicht vor. Sie wollte eine ausgeglichene Unterhaltung. Sie harmonisierte. Oft tat sie es. Auch Anna brachte sie ins Gespräch und ihre Schwäche und Blässe und wusste von Beispielen zu berichten, nach denen Frauen von einem Tag zum anderen gesund geworden waren. Verschlungener Darm, hätten die Leute gesagt. Ein Knoten, der sich plötzlich löst. Natürlich löst sich ein solcher Knoten mit gutem und reichlichem Essen schneller. Alle sahen, wie Anna ein Lächeln über das Gesicht ging. Und keiner konnte es deuten.

Dann kam das Gespräch auf Kinder. Dass es für Marianne höchste Zeit wäre... Ja doch, gaben sie zu, aber konnten nicht erklären, woran es lag, dass sich in ihrem Leib nichts regte. Hans wies jede Schuld von sich. An ihm lag es nicht. Vielleicht an ihr. Er habe sie zum Arzt geschickt. Bitte, wenn sie nicht geht. Man wird eben ohne Kinder leben müssen.

Etwas später, als Hans schon angeheitert war und Marianne ihn auffordern musste, nichts mehr zu trinken, gab er seine große Idee preis.

Sägewerk, lallte er.

Bagola wollte wissen, was gemeint war, aber Hans weigerte sich, Näheres bekannt zu geben.

Große Sache, wiederholte er. Und Marianne gab ein Zeichen, dass die Flausen ihres Mannes keine besondere Aufmerksamkeit verdienten. Immer, wenn er getrunken hat, sagte sie, spricht er von einem Sägewerk.

Dann verabschiedeten sie sich. Bagola konnte noch nicht begreifen, dass er unerwartet Jäger geworden war. Heimlicher Jäger. Kein Dieb. Kein Wilddieb.

Träume ich?

Nein, antwortete Anna. Alles wahr.

Nun, Frau, wird's besser.

Ich habe Angst.

Wovor? Mit einem Gewehr im Haus...

Aber sie fürchtete sich. Furcht war ihr angeboren. Möglich auch, dass ihre Krankheit sie empfindsamer machte. Dass sie Gefahren, die drohten, eher empfand als andere. Es gefällt mir nicht, dass er dir die Waffe überlässt. Als hätte er dir eine Sense geliehen.

Ach was! beruhigte er sie. Hans hat überall seine Finger im Spiel. Und plötzlich hat er in ihnen ein Gewehr gehalten. Weiß nichts anzufangen damit. Mit seinem schiefen Auge. Zu ihm passen Flinten wie zu Schweinen Broschen.

Er lachte noch, als er schon im Bett lag. Bevor er einschlief, hörte ihn Anna erzählen: Gerade heute. Wie ausgemacht.