39,99 €
Das erfolgreiche Fachbuch über die Basale Stimulation® in der Pflege alter Menschenstellt praxisnah dar, wann, wie und warum Basale Stimulation in der ambulanten und stationären Alten- und Langzeitpflege sowie der Palliative Care eingesetzt werden kann. Der aktuelle Stand des Konzeptes der Basale Stimulation® und seine verschiedenen Modelle werden umfassend aufgezeigt. Gegliedert nach den 'Lebensthemen der Basalen Stimulation', beschreibt es die faszinierenden Einsatzmöglichkeiten und -erfolge der Basalen Stimulation in der Altenpflege. Es zeigt, wie Pflegende und Bewohner mit der Basalen Stimulation einander begegnen und ein Stück gemeinsamen Weges gehen können. In der vierten textlich erweiterten und grafisch überarbeiteten Ausgabe werden neben der Vermittlung von Grundlagen und basalen Techniken körperbezogener Angebote (ASE, Streichungen, Waschungen u.a.), neue Denkweisen in der Pflege eröffnet. Die Themen selbstexpressives Verhalten, erweiterte Sensobiografie, Schmerz bei Demenz und andere gerontopsychiatrische Interventionen werden beschrieben und die spezifische Pflegeplanung wir mit praxiserprobten Instrumenten dargestellt. 'Endlich finde ich Zeit, Ihnen zu danken für das wunderbare Buch.zur Basalen Stimulation bei alten Menschen. Es ist Ihnen damit wirklich ein äusserst positiver Beitrag zum Thema gelungen.' Sr. Liliane Juchli 'Das Buch ist ein Meilenstein in dem nahezu unüberschaubaren Angebot von Büchern über die Basale Stimulation.' dipfb.de
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 675
[1]Buchholz / SchürenbergBasale Stimulation® in der Pflege alter Menschen
Verlag Hans HuberProgrammbereich Pflege
Beirat Angelika Abt-Zegelin, Dortmund Jürgen Osterbrink, Salzburg Doris Schaeffer, Bielefeld Christine Sowinski, Köln
[2][3]Thomas Buchholz Ansgar Schürenberg
Basale Stimulation® in der Pflege alter Menschen
Anregungen zur Lebensbegleitung
4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Dr. Andreas Fröhlich und Prof. Christel Bienstein
[4]Thomas Buchholz. Krankenpfleger, Diplom-Pädagoge, Lehrer für Pflegeberufe, Kinästhetik-Trainer, Kurs-/Weiterbildungsleiter für Basale Stimulation in der Pflege, Fachkraft «palliative care», freiberuflicher Dozent Am Feldsaum 5, DE-76316 Malsch E-Mail: [email protected]
Ansgar Schürenberg. Krankenpfleger, Pflegeexperte, Kinästhetik-Trainer, Multiplikator für Basale Stimulation®, freiberuflicher Dozent, Pflegewissenschaftler (MScN, Universität Witten/Herdecke) Demenzkompetenz-Zentrum Passwang, Spitalstrasse 38, CH-4226 Breitenbach E-Mail: [email protected]
Lektorat: Jürgen Georg, Michael Herrmann Herstellung: Daniel Berger Illustration: Ansgar Schürenberg, enbe-design; Norbert Basner, Stuttgart Fotos: Ansgar Schürenberg, Thomas Buchholz Titelfoto: © iStockphoto Umschlaggestaltung: Claude Borer, Basel Satz: Claudia Wild, Konstanz Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliothek; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien und Vervielfältigungen zu Lehr- und Unterrichtszwecken, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Verfasser haben größte Mühe darauf verwandt, dass die therapeutischen Angaben insbesondere von Medikamenten, ihre Dosierungen und Applikationen dem jeweiligen Wissensstand bei der Fertigstellung des Werkes entsprechen. Da jedoch die Pflege und Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss sind, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, übernimmt der Verlag für derartige Angaben keine Gewähr. Jeder Anwender ist daher dringend aufgefordert, alle Angaben in eigener Verantwortung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen oder Warenbezeichnungen in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Anregungen und Zuschriften bitte an: Verlag Hans Huber Lektorat Pflege Länggass-Strasse 76 CH-3000 Bern 9 Tel.: 0041 (0)31 300 45 00 Fax: 0041 (0)31 300 45 93 E-Mail: [email protected]
Die 1. und 2. Auflage erschienen unter dem Titel «Lebensbegleitung alter Menschen». 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2013
[5]Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
Dank
1. Grundlegende Gedanken
1.1 Die drei Elemente der Basalen Stimulation®
1.1.1 Haltung
1.1.2 Kompetenz
1.1.3 Technik
1.2 Die Instrumente der Basalen Stimulation® in der Pflege
1.2.1 Das Hexagon oder Netz der Ganzheitlichkeit der Entwicklung
1.2.2 Die Lebenskräfte
1.2.3 Die Sensobiografie
1.2.4 Die Lebensthemen
1.2.5 Die Orientierungsräume
1.2.6 Elementare Wahrnehmung
1.2.7 Lebensthemen in der Pflegeplanung
1.3 Die Beteiligten
1.3.1 Alte Menschen
1.3.2 Angehörige
1.3.3 Pflegende
1.4 Sichtweisen von Demenz
1.4.1 Basale Stimulation® und Demenz
1.4.2 Besonderheiten im Erleben innerhalb des kognitiven Syndroms
1.5 Orientierungsräume und -phasen
1.5.1 Orientierungsräume
1.5.2 Orientierungsphasen
1.5.3 Zeit erleben
1.6 Lebenswelten
[6]2. Leben erhalten und Entwicklung erfahren
2.1 Leben
2.2 Leben und Pflegebedürftigkeit
2.3 Lebens- und Orientierungsraum Körper
2.3.1 Restrukturierung und Kontur geben
2.3.2 Desorientierung und der Körper als Maßstab für Orientiertsein
2.4 Lebenserhaltende Grundlagen des Menschen
2.4.1 Atmen
2.4.2 Körpertemperatur regulieren
2.4.3 Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme
2.4.4 Ausscheiden
2.4.5 Sich bewegen
2.4.6 Wahrnehmen
2.4.7 Kommunizieren
2.4.8 Kommunikation über körperliche Zeichen
2.4.9 Schmerzmitteilungen
2.5 Entwicklung erfahren
2.6 Das Beziehungsdreieck «Ich – Du – Es»
3. Das eigene Leben spüren
3.1 Lebens- und Erlebenssituationen alter Menschen
3.2 Sinnesorgane im Alter – Veränderungen und ihre Folgen, Pflegeangebote
3.2.1 Sehen
3.2.2 Hören
3.2.3 Tasten
3.2.4 Riechen
3.2.5 Mundbereich und Geschmack
3.2.6 Vibration
3.2.7 Vestibularsystem
3.3 Gelangweilte Sinne
3.3.1 Überforderte Sinne führen zum Delir
3.3.2 Herausforderndes versus selbstexpressives Verhalten
3.3.3 Erfassen und Dokumentieren der Auslöser selbstexpressiven Verhaltens
3.3.4 Stereotypien und autostimulative Verhaltensweisen
3.3.5 Verstehender Zugang zu autostimulativen Verhaltensweisen
3.3.6 Embryonalhaltung oder das Igel-Syndrom
3.4 Schmerzerfassung bei Demenz
[7]3.5 Körperbild und Körperschema
3.6 Lebens-, Lern- und Erfahrungsraum Bett
3.6.1 Mein Bett als Lebens- und Lernraum
3.6.2 Das Bett als Arbeitsort der Pflegenden
3.7 Von der Desorientierung zur Orientierung
3.7.1 Wechselnde Welten und Wahrheiten
3.7.2 Verrückte Wahrheiten
3.8 Pflege als Gespräch
3.9 Berührung
3.9.1 Basales Berühren und seine Elemente
3.9.2 Eigenberührung
3.9.3 Symmetrieerfahrung durch Berührung
3.10 Angebote zur Körpererfahrung
3.10.1 Wirkelemente basal stimulierender Angebote
3.10.2 Körperpflege
3.10.3 Die beruhigende und die belebende Ganzkörperpflege
3.10.4 Basal stimulierende Anregungen bei Hemiagnosie
3.10.5 Entfaltendes Angebot
3.10.6 Rückzug begleitendes Angebot
3.10.7 Diametrale Ausstreichung
3.10.8 Tonus lösende Bewegungen
3.10.9 Kinästhetisches Waschritual
3.10.10 Basal stimulierende Körperpflege
3.10.11 Baden
3.10.12 Duschen
3.10.13 Die Vorderseite spüren
3.10.14 Positionieren
3.10.15 Eigenkontakt und Erinnerungspositionen
4. Sicherheit erleben und Vertrauen aufbauen
4.1 Sicherheit
4.1.1 Somatische Sicherheit
4.1.2 Emotionale Sicherheit
4.1.3 Soziale Sicherheit
4.1.4 Kognitive Sicherheit
4.1.5 Strukturiertes Vorgehen
4.2 Biografie als Zugangsweg zum alten Menschen
4.2.1 Konzepte und Überlegungen zur Biografiearbeit
4.2.2 Normalbiografie
4.2.3 Bedeutung von Lebensereignissen
4.2.4 Psychobiografisches Modell nach Böhm
4.2.5 Erinnerungspflege
[8]4.2.6 Quälende Lücken und belastende Erinnerungen
4.3 Körpererleben im Lebenslauf
4.4 Sinneserfahrung als Zugang zum Ich
4.5 Die Sensobiografie
4.5.1 Grundgedanken zur Sensobiografie
4.5.2 Überfordert durch fehlende Vertrautheit und Rituale
4.5.3 Fragen zur Sensobiografie
4.5.4 Umgang mit dem Fragenkatalog
4.6 Sicherheit erleben in Raum und Zeit
4.6.1 Sicherheit in der Nacht
4.6.2 Wer «die Nacht zum Tag macht»
4.7 Stabilität und Sicherheit
4.8 Erlebte Sicherheit durch primär vibratorische Angebote
4.8.1 Alltägliche Vibration
4.8.2 Stimme und Vibration
4.8.3 Vibration mit Geräten
4.9 Sicherheit erfahren durch primär vestibuläre Angebote
4.9.1 Liegen
4.9.2 Beweglich machen statt mobilisieren
4.9.3 Sicherheit und Bewegung
5. Den eigenen Rhythmus entwickeln
5.1 Zur Bedeutung von Rhythmen
5.2 Tag-Nacht-Rhythmus durch chronopflegerische Aspekte
5.2.1 Orientierungsphase Aufwachen
5.2.2 Orientierungsphase Einschlafen
5.3 Rhythmen der Institution
5.4 Rhythmischer Positionswechsel
5.5 Die Atemstimulierende Einreibung (ASE)
5.5.1 Anwendung und Wirkungen
5.5.2 Durchführung
6. Das Leben selbst gestalten
6.1 Vorbedingungen der Selbstbestimmung
6.2 Äußerungen selbstbestimmten Verhaltens
6.3 Basale Antworten auf Versuche der Selbstbestimmung
6.3.1 Selbstbewegung
6.3.2 Alltagsgestaltung
6.3.3 Beschäftigung
[9]7. Die Außenwelt erfahren
7.1 Ich und mein belebtes und unbelebtes Umfeld
7.2 Bedeutung von Haus, Heim und Wohnen
7.2.1 Hintergrund
7.2.2 Orientierung im Heim
7.2.3 Das Zimmer
7.2.4 Einräumen des Zimmers
7.2.5 Orientierung in der Klinik
7.2.6 Das Krankenhauszimmer
7.3 Körperposition und Beziehung zur Außenwelt
7.3.1 Die waagerechte Position
7.3.2 Das Sitzen
7.3.3 Stehen und Gehen
7.4 Ich begegne Menschen und erlebe die Außenwelt
7.5 Die Außenwelt mit dem Mund spüren
7.5.1 Mundpflege
7.5.2 Tasterfahrungen mit dem Mund
7.5.3 Essen
7.5.4 Spezielle Kostformen für Menschen mit Demenz
7.6 Visuell die Außenwelt erfahren
7.7 Die Außenwelt riechen
7.8 Die Außenwelt hören
7.8.1 Verbale Kommunikation
7.8.2 Hörangebote
8. Beziehungen aufnehmen und Begegnungen gestalten
8.1 Beziehungen aufnehmen
8.1.1 Nähe und Abstand durch Berührung
8.1.2 Physiologie der Berührung
8.1.3 Sprachliche Aspekte von Berührung
8.2 Sich vom alten Menschen berühren lassen
8.3 Begegnungen gestalten
8.4 Besuche gestalten
8.5 Räume der Begegnung
9. Sinn und Bedeutung geben und erfahren
9.1 Soziale Kontakte
9.2 Sinn finden
9.3 Sinn und Bedeutung erfahren
9.4 Sinnhaftigkeit des Lebens
[10]9.4.1 Glaube
9.4.2 Hoffnung
9.4.3 Liebe
10. Selbstbestimmung und Verantwortung leben
10.1 Ein unbequemer Bewohner – Beispiel
10.2 Veränderungen der Wahrnehmung beeinträchtigen die Selbstbestimmung
10.3 Der Schlaf
10.4 Begleitende Bewegungen
10.5 Veränderungen des Lebensraums beschränken die Selbstbestimmung
10.6 Ernährung und ethisches Dilemma
10.7 Selbstbestimmt sterben
11. Die Welt entdecken und sich entwickeln
11.1 Entwicklung der an einer Demenz erkrankten Person
11.2 Ich begegne Menschen und bin in der Welt
12. Anhänge
Anhang 1 – Fragen zur Sensobiografie
Anhang 2 – Erweiterte Sensobiografie
Anhang 3 – Erfassungsbogen «Selbstexpressives Verhalten»
Anhang 4 – Schmerzerfassung bei kognitiv eingeschränkten Patienten
Literaturverzeichnis
Sachwortverzeichnis
[11]Geleitwort
Vor mehr als 10 Jahren erschien die erste Auflage dieses Buches von Thomas Buchholz und Ansgar Schürenberg. Seitdem gab es Neuauflagen, und nun liegt die vierte Auflage überarbeitet vor Ihnen. Im Laufe dieser zehn Jahre gab es neue fachliche Einsichten, sozialgesetzliche Veränderungen und auch einen Wandel gesundheitspolitischer Sichtweisen. Insbesondere die Diskussion um den «demografischen Wandel» begegnet uns ständig. Herausforderungen zeichnen sich ab, für die noch keine Lösungen in Sicht sind. Eine wirkliche Lebensbegleitung, die alltägliche Versorgung und Pflege alter Menschen stellt unsere Gesellschaft vor erhebliche Schwierigkeiten. Familienstrukturen haben sich so verändert, dass nicht mehr einfach auf sie zurückgegriffen werden kann. Die fast durchgängige Berufstätigkeit aller Familienmitglieder macht die Versorgung eines Einzelnen innerhalb der Familie immer schwieriger.
So werden Pflegekräfte tatsächlich im großen Stil «importiert». Sprachliche und kulturelle Differenzen tun sich damit auf. Von einer Lebensbegleitung kann oft überhaupt nicht mehr die Rede sein, eher von einer chronischen Akutversorgung – sprachlich und inhaltlich paradox. Auch über den «Export» alter Menschen in Länder, in denen Arbeitskräfte billiger zu haben sind, wird nachgedacht, an manchen Stellen wird er schon realisiert.
Es stellen sich Fragen über Fragen, nach Antworten wird gesucht. Teil-Lösungsversuche zeichnen sich ab: Unterschiedliche Wohnformen für alte Menschen; individualisiertere, als die bisherige Einheits-Heim-Philosophie dies anbot.
Erhebliche kommerzielle Interessen spielen in diesem gesellschaftlichen Wandel einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft eine zentrale Rolle. Seniorenresidenzen, Pflegeheime, Altenwohnheime, Betreutes Wohnen und vieles mehr werden gebaut. Große Summen werden investiert, betriebswirtschaftliches Denken ist selbstverständlich. Die zukünftigen Leerstände kann man jetzt schon anhand der demografischen Daten in nur wenigen Jahrzehnten vorhersehen – bis dahin müssen sich die Investitionen amortisiert haben …
Kann man in solchen Zeiten des Wandels ein Buch schreiben über die Lebensbegleitung alter Menschen?
Ich denke, man kann und muss es. Denn unabhängig von den Wohn- und Lebensformen geht es um ein grundlegendes Verständnis des alternden, des alt [12]gewordenen Menschen. Es geht hier nicht um den rüstigen Greis, um die reiselustige alte Dame, sondern um Menschen, die krank, pflegeabhängig und in vielen Bereichen ihres täglichen Lebens nicht mehr selbstständig sind. Offenbar wird diese Lebensphase, auch wenn sie sehr spät kommt, im statistischen Vergleich mit früheren Jahrzehnten länger dauern. Menschen leben länger, Menschen sind länger alt oder sehr alt. Die medizinische Versorgung hat sich ebenso wie die pflegerische Grundversorgung erheblich verbessert, was sicherlich auch dazu führt, dass Menschen länger in ihrer Lebensendphase Begleitung brauchen.
Hinzu kommt das Phänomen Demenz. Schaut man sich in den Fachpublikationen, aber auch in der Publikumspresse um, so stellt man fest, dass Demenz wie eine drohende dunkle Wolke über dem Älterwerden schwebt. Manchmal mit einer gewissen Ironie, wird Demenz und Alzheimer zu einem Synonym für Vergesslichkeit. Im Kern aber geht die Angst um, sich selbst zu verlieren, seiner Selbst nicht mehr bewusst zu sein, Angehörige nicht mehr zu erkennen, kurzum nicht mehr «Ich selbst» zu sein.
Das Konzept Basale Stimulation versucht, ein basales Verständnis von Demenz zu formulieren und auch in die Praxis zu übertragen.
Wir leben derzeit in einem «Informationszeitalter». Der Austausch von Informationen, die Verfügbarkeit von Informationen, der Datenfluss, die Verarbeitung von Daten zu Informationen, die Betonung der Wissensgesellschaft, das Ständig-aktuell-informiert-Sein, dominiert unser Alltagsleben. Und nun gibt es Menschen, die sich in einer bestimmten Lebensphase gewissermaßen aus dem Informationsfluss ausklinken. Dies scheint deswegen so erschreckend, weil damit unsere eigene Informationsabhängigkeit – ja unsere Informationssucht – infrage gestellt wird. Wir können es kaum zulassen, dass Menschen, durch ihre Art jetzt anders zu leben, diese Fragen stellen. Es kommt uns unerträglich vor. Sie ziehen sich zurück, sie nehmen nicht mehr Anteil, sie verwechseln, sie vermischen, sie vergessen – sie tun all dies, was uns im beruflichen und im privaten Leben strengstens verboten scheint.
Könnten wir Demenz als eine durchaus angemessene Antwort auf die Informationsperversion der Zeit bezeichnen?
Dies mag sehr spekulativ sein, dies mag nicht jedem einsichtig sein – es lohnt sich darüber nachzudenken.
Können wir uns vorstellen, dass Menschen, die wir als dement bezeichnen, in ihre inneren Räume gehen, sich dort aufhalten, wo ihnen die Welt vertraut vorkommt? Dass sie deswegen auf manches, was zu hören oder zu sehen wäre, lieber verzichten? Dass sie unvertraute Menschen aus ihren eigenen inneren Räumen heraus halten?
Das Konzept Basale Stimulation möchte gerade in der Lebensbegleitung alter Menschen durchaus vorsichtige Anregungen, «Stimulationen» geben. Körperliche Anregungen, sinnliche Anregungen, Anregungen, die den betroffenen Menschen ein wenig Mut machen, etwas zu versuchen, Freude machen [13]am aktuellen Leben. Vor allem aber möchte Basale Stimulation Orientierung geben, in einer Welt, die vielleicht zu kompliziert und damit zu fremd geworden ist. Begleiten heißt ja, mit einem Menschen gehen, ohne ihn zu führen. Ihm Halt zu geben, ohne die Richtung vorzugeben. Da zu sein, ohne ihn in eine Richtung ziehen zu wollen …
Basale Stimulation hat sich gewissermaßen der «Schonung der Ressourcen» des einzelnen alt gewordenen Menschen verschrieben. Nach einer meist krisenhaften Zeit des persönlichen Wandels, des Nicht-mehr-Zurechtkommens mit alltäglichen Dingen wird nun statt der bisherigen Selbstpflege Fremdpflege nötig. Dies mag langsam und schleichend geschehen sein und wird dann eben doch, durch den Einsatz einer ins Haus kommenden Pflegekraft oder durch die Überweisung in eine Pflegeeinrichtung, plötzlich ein sehr verstörendes Ereignis. Dies bedeutet intensiven Stress für den betroffenen alten Menschen. Es bedeutet Anstrengung. Er muss sich wieder neu orientieren. Er muss sehr viel lernen, den Umgang mit anderen Menschen, die Einordnung in andere Zeitsysteme, die Unterordnung angesichts vieler Anweisungen, Regelungen. Und er braucht einen starken Glauben, dass dies alles nur zu seinem Besten geschähe.
Basale Stimulation versucht denen, die mit alten, kranken, dementen und abhängigen Menschen arbeiten, Hilfen an die Hand zu geben, diese Arbeit nachhaltiger und schonender zu tun. Die Biografie des Betreffenden zu erkunden und zu berücksichtigen, seine sensorischen Gewohnheiten aufzuspüren und sie weiterzuführen, möglichst wenig Brüche zu erzeugen, sondern Brücken in die Vergangenheit zu bauen.
Im vorliegenden Buch wird in beispielhafter Weise gezeigt, wie solches möglich ist, wie basales Arbeiten die Lebenswirklichkeit alter und dementer Menschen positiv beeinflussen kann. Zunächst einmal ist dies unabhängig von dem Ort, an dem dies stattfindet. Ob nun ambulante oder stationäre Pflege, ob einzelne Maßnahmen oder eine umfassende Versorgung, sie können auf Prinzipien der Basalen Stimulation zurückgreifen, um die Begegnung mit den Klienten und den Patienten besser zu gestalten.
Was darf man sich von diesem Konzept, sofern es kompetent umgesetzt wird, erhoffen? Wir setzen darauf, dass die Reduzierung einschränkender Maßnahmen möglich sein wird, weil Menschen ruhiger, orientierter und ihrer selbst sicherer sein können. Wir setzen darauf, dass Medikamente reduziert werden können, weil diese Menschen ruhiger, orientierter und vor allem auch weniger getrieben und aggressiv sein müssen. Wir setzen darauf, dass die Reduzierung von Fremdbestimmung ein anthropologisch-ethischer Wert an sich ist, der sowohl im Grundgesetz als auch in vielen Resolutionen der UN immer wieder betont wird.
Der nachvollziehbare Alltag mit Vertrautem und vertrauenswürdigen Menschen ist das eigentliche Ziel der Arbeit für alte, kranke und verwirrte Menschen. Sie sollen ihren Alltag in einem ihnen angemessenen Rhythmus erleben, [14]sie sollen Wiederkehrendes erkennen und sich an Neuem freuen. Begegnung mit Menschen soll bereichern, anregen, Freude und auch Ruhe bringen.
Menschen erfahren im Alter sehr viele bedrängende Veränderungen. Es ist unabdingbar, sich auf sie in einer solchen Phase der Veränderung in besonderer Weise einzustellen. Wie Kinder oder Jugendliche brauchen auch alte Menschen angemessene Kommunikationsformen. Gerade alte Menschen, die in vielerlei Hinsicht in ihrer Wahrnehmung, in ihrer Kommunikationsfähigkeit, in ihren kognitiven Fähigkeiten verändert oder eingeschränkt sind. Die von ihnen erwarteten und oft genug erzwungenen Umstellungen sind gewaltig.
Die Autoren des vorliegenden Buches haben sehr viel Erfahrung eingebracht, lange Jahre einschlägige Berufstätigkeit und intensive Auseinandersetzung mit dem Konzept der Basalen Stimulation, das sie selbst entscheidend weitergebracht haben in Richtung einer nachhaltigen Arbeit mit alten Menschen. Ich wünsche dieser Arbeit weiterhin sehr viel Erfolg und Resonanz.
Andreas Fröhlich
im Frühjahr 2013
[15]Dank
Diese vierte Auflage ist Anlass, zu danken.
Danken wollen wir Herrn Professor Dr. Andreas Fröhlich für seine nach wie vor wesentlichen Impulse zur Weiterentwicklung des Konzepts. Seine Schaffenskraft ist Anregung für uns, seine Schüler, Ideen aufzunehmen und eigene zu entwickeln. Basale Stimulation® als sein berufliches Lebenswerk hilft vielen Menschen, behindert oder nichtbehindert, Pädagogen oder Pflegenden, Angehörigen oder ehrenamtlichen Helfern, einen Zugangsweg zu anderen Menschen zu finden. Gehen können wir diesen Weg auf individuelle Art und Weise, solange wir den beeinträchtigten Menschen und seine Einzigartigkeit ins Zentrum menschlicher Begegnung stellen. Die Anregungen dazu sind ein großer Verdienst des Konzepts Basale Stimulation® und seines Begründers.
Danken möchten wir Frau Professor Christel Bienstein, die der Pflege in Deutschland wesentliche Innovationen beschert hat und unermüdlich für die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland streitet. Ihre Person, ihre Fachkompetenz, ihr Elan und Einsatz für die Pflege sind immer wieder bereichernd. Spürbar ist das vor allem bei ihren authentisch präsentierten Vorträgen. Uns hat Frau Bienstein gezeigt, wie ganzheitliche Pflege praktisch umsetzbar ist und wir den kranken oder beeinträchtigten Menschen «ansprechend» pflegen können. Die Pflegelandschaft wäre um ein wesentliches Handlungskonzept ärmer, wenn sie die Basale Stimulation® nicht auf die Pflege übertragen hätte.
Dank gilt unserem Lektor Herrn Jürgen Georg. Er hat uns immer wieder ermutigt, zahlreichen Lesestoff zur Verfügung gestellt und seine Begeisterung für das Konzept Basale Stimulation® mit uns geteilt.
Unser Dank gilt ebenso den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Lektorats Pflege, die zum Gelingen der 4. Auflage beigetragen haben.
Danken möchten wir unseren Familien, die so manche Stunden und Tage Verzicht üben mussten. Als Ehemänner und Väter «waren wir stets bemüht», der Familie und den Anforderungen des häuslichen Lebens gerecht zu werden. Nicht immer hat das zufriedenstellend geklappt, denn so eine Überarbeitung entsteht neben den beruflichen Verpflichtungen und privaten Interessen und bindet sehr viel Zeit.
[16]Dank gebührt allen Beratern, Wegbegleitern (T. B.: Herrn Rolf Mindermann) und Kolleginnen der Einrichtungen, in denen wir arbeiten (A. S.: Demenz-Kompetenzzentrum Passwang und Seniorenzentrum Rosengarten). Sie setzen unsere Vorschläge in die Tat um, geben uns Anregungen und leisten einen bedeutenden Beitrag zur Lebensqualität der Menschen in den verschiedensten Institutionen.
Danken möchten wir den vielen alten Menschen, mit denen wir arbeiten durften, die uns auf neue Ideen gebracht haben und uns andere hinterfragen ließen. Sie haben uns eingeladen, aus dem Elfenbeinturm scheinbarer Normalität in ihre Lebenswelt zu kommen. Eine Lebenswelt, die manchmal fremd und skurril, hin und wieder humorvoll und traurig zugleich, immer aber einzigartig und wertvoll ist. Diese Menschen zeigen uns, dass trotz schwerster Demenzerkrankung Lebensfreude und Lebensqualität möglich sind.
Danken möchten wir vor allem unseren Lesern, die bereit sind, sich erneut der Lebens- und Gedankenwelt beeinträchtigter Menschen anzunähern. Das ist nicht immer so einfach, weil Menschen eben komplex sind. Dieser Tatsache versucht unser Buch Rechnung zu tragen.
Thomas Buchholz und Ansgar Schürenberg
[17]1. Grundlegende Gedanken
Basale Stimulation® als Konzept ist seit nunmehr über 35 Jahren das, was man einen «jungen Erwachsenen» nennen darf. Es ist noch lange nicht «alt». Seine entscheidenden Entwicklungsimpulse bekommt es weiterhin von den geistigen Eltern. Professor Dr. Andreas Fröhlich, Bildhauer, Maler und emeritierter Professor für Heilpädagogik und heilpädagogischer Psychologe der Universität Koblenz/Landau hat es auf der Suche nach elementaren Fördermöglichkeiten für schwerstmehrfachbehinderte Kinder begründet und Prof. Christel Bienstein, Leiterin des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke, hat es vor mehr als 25 Jahren für die Pflege entdeckt. Gemeinsam haben sie es in die Pflege eingepasst und weiterentwickelt. Alle Bereiche der Pflege – von der Frühgeborenen- bis zur Altenpflege, von der Intensiv- bis zur Hospizpflege – haben davon profitiert. Während sich in der Praxis durch inzwischen weit über 1000 ausgebildete Multiplikatoren, Kursleiter sowie Praxisbegleiter und -begleiterinnen für Basale Stimulation® in der Pflege immer neue Umsetzungsmöglichkeiten auftun, wird das Konzept von den Begründern weiterentwickelt.
Ganz zu Anfang zogen die Kollegen mit «Sensi-Eimern» los, in denen sich Igelbälle, Felle, Schaumflaschen und Vibratoren befanden, um bei den «Schützlingen» Reize in den basalen Wahrnehmungsbereichen zu setzen. Später wurden «Angebote» in den einzelnen Wahrnehmungsbereichen mit dem Ziel gemacht, die Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Kommunikationsmöglichkeiten der Betroffenen zu fördern. Vor ein paar Jahren kam mit den zentralen Zielen der Basalen Stimulation® in der Pflege ein neuer großer Entwicklungsimpuls hinzu (Bienstein, 2003). Diese wurden zum besseren Verständnis in «Aktuelle Lebensthemen» umbenannt und um das Thema «Die Welt entdecken und sich entwickeln» ergänzt.
Inzwischen soll zudem durch die drei Elemente der Basalen Stimulation® in der Pflege – Technik, Kompetenz und Haltung – deutlich gemacht werden, dass für sich allein genommen weder die richtige Technik noch die Kompetenz der Pflegenden und die gute Haltung den schwerstbeeinträchtigten Menschen gegenüber eine entsprechende Pflegehandlung zur Basalen Stimulation® in der Pflege werden lässt. Erst die Verbindung dieser drei Elemente im Kontext pflegerischen Handelns macht Pflege zur «basal stimulierenden Pflege».
[18]Die ebenfalls neu beschriebenen Orientierungsräume bieten nun bessere Möglichkeiten, um dem Menschen in seiner spezifischen Situation und Befindlichkeit zu begegnen.
Im «Kindesalter» des Konzepts standen Förderung und Spielen im Mittelpunkt, in der «Pubertät» war es der Protest gegen die Institutionen. Die Bedürfnisbefriedigung des Patienten wurde an oberste Stelle gesetzt. Danach versuchten die Pflegekräfte, die Betreuten zu «mündigen Patienten» zu machen, indem der Kommunikationsaspekt stark hervorgehoben wurde.
Inzwischen ist es keine Schande mehr, sich mit den Realitäten zu arrangieren und sich weitsichtig um Lebensqualität zu kümmern, weil man nun «Teil des Systems» ist. Akute, lebensbedrohliche Situationen und der natürliche Tod werden zu Themen, mit denen man sich auseinandersetzt, statt sie zu verdrängen.
Mit solchen Ansichten und Erfahrungen ist das Konzept schon sehr reif für sein Alter. Doch wer so alt wie wir (und älter) ist, weiß, dass auch in den Jahren danach noch viele interessante Entwicklungen zu erwarten sind. Wir jedenfalls freuen uns schon darauf, mit dem Konzept alt zu werden. Vorher aber würden wir uns freuen, wenn Sie dieses Wissen der lebens- und berufserfahrenen Kollegin namens «Basale Stimulation® in der Pflege» als Mitarbeiterin in Ihr Team einarbeiten und wünschen Ihnen eine höchst befruchtende Zusammenarbeit und viel Spaß miteinander.
1.1 Die drei Elemente der Basalen Stimulation®
Das Konzept der Basalen Stimulation® in der Pflege, um das es hier geht, wurde aus dem Konzept «Basale Stimulation®» entwickelt und ist weiterhin vielfältig und fest mit ihm verknüpft. Es soll hier aus dem besonderen Blickwinkel alter Menschen in den verschiedensten Pflegeeinrichtungen, einschließlich der häuslichen Pflege, betrachtet werden.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!