Beauty and the Bachelor - Naima Simone - E-Book

Beauty and the Bachelor E-Book

Naima Simone

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Beschreibung

Milliardär Lucas Oliver sinnt auf Rache und sein diabolischer Plan beginnt, als Sydney Blake, die attraktive Tochter seines Erzfeindes, an einer Junggesellen-Auktion teilnimmt, auf ihn bietet – und gewinnt. Doch Lucas hat kein Interesse an einem harmlosen Abendessen mit ihr. Er hat Informationen über die Machenschaften ihres Vaters, die niemals ans Licht kommen dürfen und Sydney hat nur eine Chance Lucas‘ Schweigen zu erkaufen: sie muss auf seinen Vorschlag eingehen und ihn heiraten.

Doch es ist ein Deal mit dem Teufel, denn schnell steht für Sydney nicht nur der Untergang ihrer Familie auf dem Spiel, sondern auch ihr Herz, das Lucas immer mehr für sich gewinnt …

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Milliardär Lucas Oliver sinnt auf Rache und sein diabolischer Plan beginnt, als Sydney Blake, die attraktive Tochter seines Erzfeindes, an einer Junggesellen-Auktion teilnimmt, auf ihn bietet – und gewinnt. Doch Lucas hat kein Interesse an einem harmlosen Abendessen mit ihr. Er hat Informationen über die Machenschaften ihres Vaters, die niemals ans Licht kommen dürfen und Sydney hat nur eine Chance Lucas‘ Schweigen zu erkaufen: sie muss auf seinen Vorschlag eingehen und ihn heiraten.

Doch es ist ein Deal mit dem Teufel, denn schnell steht für Sydney nicht nur der Untergang ihrer Familie auf dem Spiel, sondern auch ihr Herz, das Lucas immer mehr für sich gewinnt …

Über Naima Simone

Die USA Today-Bestsellerautorin Naima Simone schreibt seit 2009 Romances und Liebsromane. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern im Süden der USA.

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Naima Simone

Beauty and the Bachelor

Aus dem Amerikanischen von Madita Elbe

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Widmung

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Epilog — Ein Jahr später

Danksagung

Impressum

Lust auf more?

Für Gary. 143.

Kapitel eins

In Lucas Olivers erster Woche als Neuankömmling im öffentlichen Schulsystem von Chicago wurde er Zeuge eines Kampfs zwischen einem Jungen, der eher als College-Student denn als Highschool-Schüler hätte durchgehen können, und einem großen, schlaksigen Neuntklässler.

Nun ja … »Kampf« war wohl das falsche Wort.

Der Lulatsch, Terrance Wallace, hatte versucht, einfach das Feld zu räumen – vermutlich ganz im Sinne des Lehrsatzes aus der Sonntagsschule: »Halt auch die andere Wange hin«. Er endete hingestreckt auf dem Boden, besagte Wange aufgeplatzt.

Im folgenden Schuljahr kehrte Terrance aufgepumpt und voll anaboler Aggressionen zurück. Die Beute war zum Jäger geworden, und er verteilte die gleichen Schläge, die er zuvor eingesteckt hatte.

Lucas hatte daraus zwei wertvolle Lehren gezogen. Oder eher zweieinhalb.

Erstens. Erwisch sie, bevor sie dich erwischen.

Zweitens. Vorbereitung ist der Schlüssel zur erfolgreichen Rache.

Zweieinhalbtens. Steroide haben hässliche Nebenwirkungen.

Jetzt, Jahre später, als er in einem überfüllten Ballsaal auf einer Veranstaltung der Rhodonite Society stand, einer Wohltätigkeitsorganisation, die aus einem Gutteil des Bostoner Geldadels bestand, spürte Lucas eine Verbundenheit mit Terrance. Zwar hatte es deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, Lucas’ eigenen Racheplan auf den Weg zu bringen, als nur einen Sommer voller Pumpen und Heranwachsen. Fünfzehn Jahre mehr Zeit.

Dennoch, jetzt über jedes lange, schwere Jahr nachzudenken, während sein Traum von Vergeltung kurz vor der Verwirklichung stand, war ein gutes Gefühl. Ebenso gut musste es sich für Terrance angefühlt haben, seine Faust im Gesicht von demjenigen zu versenken, der sein Leben zur Hölle auf Erden gemacht hatte.

Er strich leicht über das dünnhäutige, flache Narbengewebe unterhalb seines rechten Auges und dachte dabei an dessen Zwilling, der seine Augenbraue in der Mitte teilte. Ein Gefühl von Bitterkeit hämmerte in seinem Inneren wie eine Wunde, die nicht heilen konnte, weil die Erinnerungen ein ums andere Mal den Schorf abrissen und die Verletzung frisch und entzündet aufflammen ließen.

Jede Narbe. Jeder Schmerz. Jede Demütigung. Jeder Augenblick der Angst – sie alle waren diesen Moment wert. Er sah seine Beute zwischen dessen Bekannten auf und ab stolzieren, lachend und sich in seiner Macht und Herrlichkeit suhlend, völlig nichtsahnend, dass er gejagt wurde. Dieser Augenblick des Glücks würde der letzte des Mannes sein, bevor er am eigenen Leib den Schmerz und die Verzweiflung spüren würde, die er so gedankenlos anderen hatte zuteilwerden lassen.

Lucas studierte das Gesicht des Mannes, der seine Familie so tiefgreifend betrogen hatte, und die Narben in seinem Gesicht waren nichts gegen die auf seiner Seele.

Und er lächelte.

»Oh, verdammt, du lächelst ja«, sagte eine Stimme zu seiner Linken.

Er musterte Aiden Kent, seinen Geschäftspartner und besten Freund seit der Highschool, mit einem Seitenblick. Scheiße, eigentlich war er sein einziger Freund. Die meisten Menschen nannten Lucas das Biest von Bay Bridge Industries – oder auch »kaltherzig«, »Bastard« oder »Riesenarschloch«. Aber nicht »Freund«.

»Da du meine Ratschläge bisher ignoriert hast, habe ich keine große Hoffnung, dass du jetzt plötzlich auf mich hören wirst. Trotzdem sage ich es noch einmal. Ich bin hiermit nicht einverstanden«, ließ Aiden verlauten. »Kauf sein Unternehmen, ruinier seinen guten Ruf. Das sind redliche Mittel. Aber seine Tochter solltest du aus dem Spiel lassen. Sie ist unschuldig.«

Lucas warf wieder einen Blick durch den Raum, und seine Augen verharrten auf der »sie«, die Aiden gemeint hatte. Klassische Schönheit. Elegant. Das Haar wie mit dem Lineal gelegt und in der Farbe sonnengebleichten Holzes. Ein Hautton wie purer, süßer Honig.

Und schuldig von Geburt an.

»Deine Besorgnis wurde hiermit zur Kenntnis genommen … noch einmal«, sagte Lucas affektiert.

Aiden fluchte verhalten. »Verdammte Intrigen.« Beunruhigt schüttelte er den Kopf. »Ihr Blaublütigen und eure Ränkeschmiedereien. Wir Arbeiterkinder sind vielleicht nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden oder mit Riesenvillen an der Goldküste, aber zumindest weißt du bei uns sofort, wenn wir dich nicht ausstehen können. Eine Faust im Gesicht verwischt alle Grenzen, egal, ob ethnisch, religiös oder sonst wie gläubig, sozial oder ökonomisch.«

»Ich bin nicht blaublütig«, sagte Lucas ausdruckslos.

Aiden seufzte. »Du bist in die gleiche Welt hineingeboren worden, in der diese Menschen leben, auch wenn du genau wie ich auf den Straßen von Chicago aufgewachsen bist. Allerdings macht dich die Steuerklasse deiner Eltern nicht mehr oder weniger zu einem Mann. Aber was du hier ins Rollen gebracht hast« – er nickte in Richtung des Mannes und der Frau, um die sich ihre Unterhaltung drehte –, »spricht nicht für den, zu dem du geworden bist. Luke, schüttel die Wut und den Hass ab, bevor sie dich auffressen und mit nichts zurücklassen.«

Du hast verdammt noch mal keine Ahnung, wovon du da sprichst.

Die Worte stiegen ihm die Kehle hoch und verätzten sie wie Galle. Doch er schluckte den heftigen Vorwurf wieder hinunter. Aiden mochte im rauen Chicagoer Süden aufgewachsen sein, doch aus irgendeinem Grund hatte ihn das nicht mit jener Bitterkeit versehen, die von Lucas Besitz ergriffen hatte, seit er mit vierzehn Jahren seine Familie verloren hatte. Darüber hinaus erkannte er hinter dem unaufgeforderten Aufruf zu Friede, Freude, Eierkuchen Aidens Zuneigung und Liebe. Und seine Sorge.

»Ich habe ein Versprechen gegeben, und das werde ich nicht brechen. Weder für dich noch für eine Seele, deren Existenz nicht letztgültig bewiesen ist.«

»Oh, du hast eine Seele«, schnaubte sein Freund. »Sie ist vielleicht ein wenig abgestoßen an den Ecken, doch es gibt sie.« Aiden wischte sich mit einer Hand über den Nacken. »Na schön. Ich kann dich nicht davon überzeugen, es sein zu lassen. Aber bitte … sei vorsichtig. Hast du jemals die Redensart gehört: ›Nicht zu vergeben, ist wie Gift zu trinken in der Hoffnung, dass der andere Mensch stirbt‹?«

Lucas starrte Aiden an. Blinzelte entgeistert. »Was zur Hölle? Hast du dir ein Buch mit Sinnsprüchen einverleibt, bevor du heute Abend hergekommen bist?«

»Erinnerst du dich an die Rothaarige, die ich letzte Woche kennengelernt habe?« Aiden zuckte leicht mit der Schulter. »Sie hat vorhin Dr. Phil im Fernsehen geschaut. In der Folge ging es um sich bekriegende Schwiegereltern, aber das Zitat schien mir auch auf diese Situation zu passen.«

Lucas schnaubte. »An die erinnere ich mich. Was mir daran Sorgen bereitet, ist der Umstand, dass du mit einer zauberhaften Frau zusammen warst und ihr nichts Besseres zu tun hattet, als Dr. Phil zu schauen.«

»Im Gegensatz zu dir ist mir bewusst, dass Romantik mehr ist als Sex.« Er schlug Lucas auf die Schulter. »Ich mische mich jetzt unters Volk. Nur zehn dieser Damen werden sich einen Bachelor schnappen können. Die anderen haben dann Trost nötig.«

»Ein echter Romantiker«, rief Lucas ihm nach.

Aiden entfernte sich mit einem schelmischen Grinsen, und Lucas war sich sicher, wohlwollende Blicke auszumachen, die ihm folgten. Diese Aufmerksamkeit überraschte ihn nicht. Mit dem dunkelblonden Haar, den grünen Augen und seinen zeitlos schönen Zügen zog Aiden Frauen an wie ein Misthaufen Fliegen. Nicht dass es Lucas jemals schwergefallen war, Frauen anzuziehen. Aiden war nur einfach ein hübscherer Anblick.

Er vergrub die Hände in den Hosentaschen seines Anzugs und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den älteren Mann, der umgeben war von seiner Familie, Freunden und denen, die gern seine Freunde sein wollten.

Stilles Vergnügen durchströmte und erfüllte ihn wie der deftige Rinder- und Karotteneintopf, den sein Onkel immer an den kältesten Chicagoer Winterabenden gekocht hatte. Dickflüssig. Wärmend.

Sättigend und äußerst befriedigend.

Fünfzehn Jahre.

Es hatte fünfzehn Jahre gedauert, doch nun würde Jason Blake endlich für alles bezahlen, was er Lucas genommen hatte.

Seine Kindheit.

Sein Vermächtnis.

Seinen Vater.

Kapitel zwei

»Willkommen zur zehnten alljährlichen Maskierten Bachelor-Auktion der Rhodonite Society.« Die kultivierte Stimme der Moderatorin hallte durch den hell erleuchteten Ballsaal. »Wir haben für Sie einen fantastischen Abend geplant. In wenigen Minuten werden zehn der attraktivsten und begehrtesten Junggesellen, die die Stadt Boston zu bieten hat, diese Bühne betreten und zehn romantische Luxusdates zur Versteigerung anbieten. Und jeder Penny des Erlöses kommt der Blake Literacy Foundation zugute, die für mehr Sichtbarkeit von Analphabetismus kämpft und Lernprogramme, Nachhilfe und technologische Unterstützung für Bostons unterprivilegierte Jugendliche zur Verfügung stellt. Also liebe Bietende, halten Sie Ihre Scheckbücher bereit!«

Als nach der Ankündigung der Moderatorin aufgeregtes Geplapper einsetzte, bemühte sich Sydney Blake, das liebenswerte Lächeln aufrechtzuerhalten, das man ihr eingetrichtert hatte, seit sie alt genug war, Teepartys mit ihren Puppen zu veranstalten: höflich geschwungene Mundwinkel, gerade so weit nach oben gezogen, dass sie sittsam, jedoch nicht aufdringlich oder frech wirken.

Ein perfektes damenhaftes Lächeln. Für die perfekte Tochter. Die perfekte Verlobte.

Lüge. Lüge. Lüge.

»Ich bin fest entschlossen, heute Abend einen Junggesellen mit nach Hause zu nehmen. Einige von uns müssen sich natürlich keine Sorgen darüber machen, einen hübschen, reichen Mann zu ergattern. Wie ich höre, sind Glückwünsche angebracht, Sydney«, schnurrte eine junge Blondine mit der gefährlichen Schönheit eines juwelenbesetzten Schwerts und gab Sydney Luftküsse auf beide Wangen. »Ich habe mich so gefreut, als ich von deiner Verlobung hörte.«

»Ihr zwei gebt ein so wunderschönes Paar ab«, gurrte eine umwerfend aussehende Brünette. »Eure Hochzeit wird mit Sicherheit das größte gesellschaftliche Ereignis des Jahres. Habt ihr euch schon für ein Datum entschieden?«

Sydney murmelte »Danke« und »Noch nicht«, während die andere Frau nach ihrer Hand griff und sie anhob, sodass das Licht des Kronleuchters vom dreikarätigen Diamant-Solitär reflektiert wurde. Wow. Ernsthaft? Sie unterdrückte den Anflug von Irritation, presste die Zunge an den Gaumen und sagte nichts. Und dennoch … wenn diese Frau eine Juwelierlupe zücken würde, lägen alle Karten auf dem Tisch.

»Wie wunderschön«, flötete die Blonde herzlich, doch der eisige Ausdruck in ihrem Blick war so hart wie der Edelstein, der schwer an Sydneys Finger steckte. »Du hast ein solches Glück.« Obgleich vorgetragen in einem zuckersüßen, butterweichen Ton, besaß die Bemerkung doch rasiermesserscharfe Klingen.

»Ja, wir können uns wirklich glücklich schätzen, Tyler in unsere Familie aufzunehmen«, tönte Sydneys Vater, Jason Blake, mit breitem Grinsen. Verletzt und peinlich berührt spürte sie einen müden Groll wie einen verärgerten Bienenschwarm über ihre Haut und in ihrer Brust schwirren. Sie hatten Glück. Nicht: »Ja, Tyler kann sich wirklich glücklich schätzen, meine Tochter zur Frau zu haben«, wie andere stolze Väter es ausgedrückt hätten. Herrgott, nach all den Jahren sollte sie an seine beiläufige Ablehnung gewöhnt sein. Doch selbst mit ihren fünfundzwanzig Jahren hatte sie es noch nicht geschafft, sich diese Teflonhaut zuzulegen, an der keine der spitzen Bemerkungen und Kommentare mehr haften blieben, mit denen man sich automatisch herumschlagen musste, wenn man im Hause Blake im Besitz einer Vagina war.

Aber worüber beschwerte sie sich eigentlich? Ihr Verlobter war in der Tat der einzige Sohn des Immobilienmagnaten Wes Reinhold und damit Erbe des Reinhold’schen Finanzimperiums. Ihr Vater war völlig verzückt davon, dass Sydney sich endlich dem Namen Blake als würdig erwiesen hatte.

»Wo ist denn der glückliche Ehemann in spe?«, fragte die Blonde mit beflissenem Blick durch die Menschenmenge im Ballsaal.

»Er hat sich liebenswürdigerweise freiwillig bereit erklärt, heute Abend an der Versteigerung teilzunehmen. Und unterstützt damit schon jetzt die Familie«, erklärte Sydneys Mutter, Charlene Blake. Jedes Jahr wurden die Erträge der alljährlichen Maskierten Bachelor-Auktion der Rhodonite Society an die Literacy Foundation der Blake-Familie gespendet. Dass Tyler an der berühmten Auktion teilnahm, war nur ein weiterer Haken auf der Tyler-ist-der-perfekte-Schwiegersohn-Checkliste.

»Oh, wie goldig«, schnurrte die Blonde.

Ja. Goldig. Selbstverständlich hatte die Moderatorin Sydney bereits zur Seite genommen und ihr Tylers Nummer verraten, damit Sydney ihn auf jeden Fall als Abendbegleitung gewinnen würde.

Laut ihrer Mutter bestand ein Unterschied zwischen Altruismus und Dummheit. Und offenbar war es eindeutig töricht, ihrem Verlobten zu vertrauen und ihn für die Länge eines Abends in die Nähe einer Frau wie der hungrigen Blonden mit dem eisigen Blick zu lassen.

»Wenn du uns jetzt entschuldigst, wir müssen zu unserem Tisch«, sagte Sydney mit Blick zur Bühne und den subtil flackernden Lichtern. Gott sei Dank. Ihre Nettigkeitsgrenze erreichte gerade einen kritischen Punkt.

Zum letzten Mal einen schönen Abend wünschend, eilte sie zu dem Tisch, der für ihre Familie reserviert war. Während sie einer Gruppe von Leuten auswich, griff sie sich eine Champagnerflöte vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners. Der gesunde Menschenverstand sagte ihr, dass der Sekt nicht unbedingt dabei helfen würde, ihre beginnenden Kopfschmerzen zu bekämpfen, doch er würde es zumindest leichter machen, diesen Abend zu überstehen. Die permanenten Anbiederungsversuche, Kommentare wie in Seide gewickelte Dolchstöße, das ständige vorsichtige Durchschreiten von haifischverseuchten sozialen Gewässern – ihre Mutter war eine Goldmedaillengewinnerin in dieser Disziplin. Aber Sydney?

Zu wenig Geduld, zu dünne Haut und ein zu empfindliches Bullshit-Radar machten sie völlig ungeeignet für den Pool der High-Society-Experten.

Sehr zu Charlenes Enttäuschung.

Mit einem Blick auf ihre schmale, schlichte Golduhr erkannte sie die Uhrzeit – Viertel nach neun am Abend. Die Türen des Jugendzentrums waren damit vor fünfzehn Minuten verriegelt worden, und niemand kam mehr rein oder raus.

Sie lächelte.

Yolanda und Melinda Evans, die Schwestern, die ohne viel Aufhebens zu machen das Maya Angelou Girls’ Youth Center in Brighton leiteten, würden heute Abend und morgen früh alle Hände voll zu tun haben mit den zwanzig zwölf- bis vierzehnjährigen Mädchen, die voraussichtlich an der Übernachtungsparty teilnehmen wollten. Eine Woge der Schwermut rollte über sie hinweg. Sie hätte dort sein sollen, zusammen mit den Schwestern und den Teenagern. Schließlich war sie genauso aufgeregt darüber gewesen, im Jugendzentrum eingeschlossen zu werden, wie diese Kinder, für die sie so viel Zuneigung empfand. Und die wiederum ihr bedingungslose Liebe und Akzeptanz entgegenbrachten. Sie sahen nicht Sydney, die verwöhnte Tochter aus gutem Hause. Sie sahen kein unbegrenztes Bankkonto, den Zugang zu Bostons besseren Kreisen oder ein Wurmloch in die Gunst ihres Vaters … oder Geschäftsabschlüsse mit selbigem. Die Mädchen im Jugendzentrum sahen sie. Sydney, die ihnen bei den Hausaufgaben half und ihnen ein offenes und unvoreingenommenes Ohr lieh. Sydney, die keine Angst davor hatte, beim Kickball ins Schwitzen zu geraten oder an einem spontanen Just-Dance-4-Wettbewerb teilzunehmen. Sydney, die ihnen sagte, wie wunderschön sie waren, und in jeder von ihnen das Potenzial sah, Großes zu leisten.

Aber während die Freiwilligenarbeit als Mentorin sie voll und ganz erfüllte, war dies für ihre Eltern kein adäquater Ersatz dafür, einen Nachmittagstee zu organisieren, im Festausschuss zu sitzen … oder einen Junggesellen zu ersteigern. Und wenn die Pflicht rief – oder besser gesagt, die Pflichten ihrer Eltern riefen –, wurde von Sydney erwartet, dass sie antwortete.

Die Schlinge von Familienloyalität, Verpflichtungen und Verantwortung zog sich enger um ihren Hals, und sie nippte an ihrem Sekt, in der Hoffnung, das Seil nicht mehr zu spüren.

Mit einem Seufzer sank sie auf ihren satinbezogenen Stuhl, einen Augenblick später erreichten auch ihre Eltern den Tisch.

Applaus brandete auf, und die Gespräche im Saal wurden noch angeregter, als die Moderatorin des Abends erneut ans Mikrofon trat. Irgendwie bezweifelte sie, dass die allgemeine Begeisterung wirklich auf iPads in Klassenzimmern zurückzuführen war.

»Lassen Sie uns nun ohne weiteres Trara die Bachelor begrüßen!«, rief die Frau.

Sekunden später spazierte ein hochgewachsener, schlanker Mann im makellosen Smoking auf die Bühne. Obwohl eine weiße Maske sein Gesicht vom Haaransatz bis zum Kinn versteckte, strotzte er von Selbstbewusstsein. Nicht dass diese Selbstsicherheit eine Überraschung war. Obwohl sie ihn nicht erkannte, nahm sie an, dass ihm deutlich bewusst sein musste, wie begehrenswert er für die Frauen war, die sich hier versammelt hatten – immerhin war eine der Anforderungen an jeden Bachelor ein mindestens sechsstelliges Einkommen.

Zynismus, dein Name ist Sydney.

»Unser erster Junggeselle des Abends nennt zwar Boston sein Zuhause, doch die Welt ist sein Büro. Als Financier hat er bereits die weißen Sandstrände Dubais gesehen, die wilden Cliffs Westirlands und die altehrwürdige Schönheit seiner liebsten Stadt, Rom. Die drei Adjektive, die ihn am besten beschreiben, sind ehrgeizig, dickköpfig und furchtbar romantisch.«

Anerkennendes Gelächter hallte durch den Saal. Die Moderatorin lächelte und fuhr damit fort, von ihrer Karte abzulesen. »Obwohl er nie verheiratet war, ist klar, dass die Frau, in die er sich verlieben wird, spontan und unabhängig ist und einen boshaften Sinn für Humor besitzt. Die Frau, die ihn sich heute Abend schnappt, wird in den Genuss eines Rooftop-Dinners … in Rom kommen.« Sie wartete, bis die Ausrufe zu einem dumpfen Rumoren verklungen waren. »Dem Dinner folgt ein Mitternachtsspaziergang auf einem der berühmten Plazas der Stadt und eine Shoppingtour am nächsten Tag, bevor es zurück nach Hause geht. Klingt das nicht einfach himmlisch? Die Auktion wird eröffnet für Zwanzigtausend.« Sie nickte und deutete strahlend auf jemanden in der Menge. »Zwanzigtausend werden geboten. Was ist mit Einundzwanzig? Einundzwanzig. Zweiundzwanzig?«

Und so nahm das wilde Bieten seinen Lauf. Einiges Wedeln mit den Bietertafeln später ging Bachelor Nummer eins für siebzigtausend Dollar an eine Dame, die alt genug war, seine Großmutter zu sein. Um seinetwillen, lass sie ihn für ihre Enkelin oder zumindest ihre Tochter ersteigert haben. Andernfalls … Sydney schauderte.

Junggesellen zwei und drei handelten dreißig- beziehungsweise vierzigtausend Dollar ein – sie boten keine Abendessen in Italien an –, und als Nummer vier dann von der Bühne wanderte, nachdem er für respektable Fünfzigtausend weggegangen war, brachte Sydney ihre Aufmerksamkeit zurück.

Tyler war Bachelor Nummer fünf. Und falls sie es doch aus irgendeinem Grund vergessen hätte, war das Klopfen ihrer Mutter auf ihren Oberschenkel eine gar nicht mal so subtile Erinnerung.

»Und hier kommt Bachelor Nummer fünf«, gab die Gastgeberin bekannt, kurz bevor Tyler von der Seite her auftrat. Er schritt in die Mitte der Bühne und hielt dort inne, die Hände in den Taschen seiner Anzughose. Diese Haltung akzentuierte seinen flachen Bauch und die breiten Schultern. Vielleicht waren es die Scheinwerfer oder der Umstand, dass er allein auf der großen Bühne stand und die volle Aufmerksamkeit bekam, doch seine ein Meter achtzig wirkten mit einem Mal größer als sonst. Und in der tiefschwarzen Jacke sahen auch seine Schultern breiter aus … mächtiger.

Sie wandte sich seinem maskierten Gesicht zu. Tyler Reinhold war mit seinen eleganten adligen Zügen ein attraktiver Mann. Jedoch hatte er in den Jahren, die sie jetzt schon zusammen waren, niemals dieses nervöse heiße Flackern ausgelöst, das wie die Flamme einer Kerze im Bauch tanzte. Seine Küsse und Berührungen waren schön. Doch der Knoten, zu dem sich ihre Eingeweide in diesem Moment zusammenzogen, konnte nicht als … schön bezeichnet werden. Eher als unangenehm. Verwirrend. Heiß.

Aber nein, nicht schön.

Ein Anflug von Panik stach ihr in die Rippen wie die Spitze eines Stilettos. Nein. Ihr gefiel die Beziehung, wie sie war. Kameradschaft statt Leidenschaft. Beim allmorgendlichen Blick in den Spiegel wurde ihr jedes Mal wieder deutlich bewusst, dass sie nicht als atemberaubende Schönheit bezeichnet werden konnte. Deutlich bewusst, dass der Name und die Verbindungen ihrer Familie ein ebenso großer Köder waren wie ihr passables Aussehen. Die meisten Verbindungen in ihren Kreisen waren ohnehin eher Firmenzusammenschlüsse denn Vermählungen. Und ihr war diese kalte, aber kameradschaftliche Allianz lieber.

Zumal sie sich nur zu gut an die Verzweiflung ihrer Mutter erinnern konnte, als sie eine Affäre nach der anderen entdeckte, bis sie sich schließlich in eine lebende Schaufensterfigur verwandelt hatte, die ihr Herz gegen die eklatante Untreue ihres Mannes verschloss.

Keine Leidenschaft. Keine Erwartung einer großen, glühenden Liebe.

Kein Schmerz.

Einen verrückten Augenblick lang war Sydney drauf und dran, ihre Bietertafel unter dem Stuhl zu verstecken.

»Zwei weniger bekannte Tatsachen über Bachelor Nummer fünf: Er war Center in der Basketballmannschaft seiner Highschool und spielte den Bill Sikes in der Inszenierung von Oliver! in der Schul-Theater-AG.« Dieser Offenbarung folgte Gelächter, und auch Sydney musste kichern. Hmm. Von diesen überraschenden – und seltsam charmanten – Details aus Tylers Leben hatte sie nichts gewusst. »Schließlich fand er aber heraus, dass er im Sitzungssaal deutlich talentierter agierte als auf dem Feld oder der Bühne. Die Dame, die am Ende seine Hauptdarstellerin wird, ist intelligent, selbstbewusst und in der Lage, es mit ihm aufzunehmen. Ganz besonders, da er Starrköpfigkeit als seine schlechteste Eigenschaft ansieht. Die Glückliche, die am Arm dieses Junggesellen endet, wird mit dem Hubschrauber von Boston nach New York fliegen, um am Broadway Andrew Lloyd Webbers Phantom der Oper anzusehen und dann ein spätes Abendessen in einem Fünfsternerestaurant am Wasser zu genießen. Erstes Gebot bei Zehntausend?«

Witzig, wie sie mehr intime Details über ihn durch eine zweiminütige Moderation erfahren hatte als in all den Jahren, die sie schon zusammen waren. Sie liebte Theaterstücke, ganz besonders Musicals, und hatte keine Ahnung gehabt, dass ihr Verlobter diese Leidenschaft teilte. Da war wieder dieses leichte Aufflammen verwirrender Wärme in ihrer Magengegend. Sie schüttelte es ab und hob ihre Tafel.

Es gab nicht allzu viele Gebote. Sie ersteigerte ihn bemerkenswert leicht für angemessene Fünfzehntausend, fast schon, als hätten die anderen Frauen im Saal bemerkt, wer sich hinter der Maske verbarg. Leise schnaubte sie in sich hinein. Wem mache ich hier was vor? Mit Sicherheit war allen nur allzu bewusst, dass es sich um Tyler handelte, und sie hatten die weise Entscheidung getroffen, nicht gegen Charlene Blakes Respekt einflößenden Willen zu agieren.

Nachdem sie ihre Pflicht erfüllt hatte, schenkte Sydney dem Rest der Auktion kaum noch Beachtung. Der Abend verging wie im Flug, und ehe sie sich versah, rief die Moderatorin alle Männer auf die Bühne zurück. In der Reihenfolge, in der sie aufgetreten waren, stellten sie sich auf.

Sydney setzte sich auf, unerklärlich erpicht darauf, Tylers Gesicht zu sehen. Eine leise Stimme in ihrem Kopf flüsterte ihr zu, dass diese plötzliche, ungebetene Faszination von ihrem Verlobten nicht ratsam war … geradezu gefährlich. Aus persönlicher Erfahrung wusste sie, dass das Vermögen, der Ruf und die Verbindungen der Blake-Familie größeren Eindruck schindeten als sie selbst. »Schlicht« war einmal die Beschreibung ihres Freunds gewesen, die sie aus Versehen mit angehört hatte – sehr zu seinem Leidwesen, denn kurz darauf war er zu ihrem Exfreund degradiert worden. Die Position ihres Vaters als CEO der Blake Corporation war hingegen sehr attraktiv.

Seit jenem Tag betrachtete sie Beziehungen aus einem pragmatischen Blickwinkel. Sie ging sie im Bewusstsein ein, dass das Fundament eher aus Logik denn aus Liebe bestand. Eher Firmenzusammenschluss denn Vermählung. So war es bei Tyler und ihr, und sie begrüßte das.

Und dennoch lehnte sie sich jetzt nach vorn und schenkte Bachelor Nummer fünf ihre volle Aufmerksamkeit.

»Und nun das, worauf Sie alle gewartet haben …« Ein Trommelwirbel erschallte. »Liebe Herren, bitte nehmen Sie die Masken ab!«

Wie in Zeitlupe entfernte er seine Tarnung. Zentimeter für Zentimeter kamen der breite Kiefer und das Kinn zum Vorschein. Die vollen Lippen. Die scharf hervorstehenden Wangenknochen …

Dann zog er die Maske ganz hinunter.

Erschrocken stieß sie die Luft aus, dass ihr schwindelig wurde. Der Raum um sie begann sich zu drehen, und für einen schrecklichen Augenblick fürchtete sie, umzukippen. Im letzten Moment griff sie nach der Tischkante, hielt sich aufrecht und bewahrte sich somit vor einem demütigenden Sturz vom Stuhl.

Dieses wie aus Stein gemeißelte Gesicht, das den sinnlichen Schwung der Lippen akzentuierte … die dunklen Augenbrauen … diese atemberaubend türkisen Augen … Alles passte haargenau wie die Teile eines Puzzles zusammen, um einen wahrhaft bildschönen Mann zu formen.

Einen Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte.

Kapitel drei

Runde eins geht an: Lucas Oliver.

Triumphale Befriedigung loderte wie eine brennende Fackel in seiner Brust, als er sah, wie am Tisch direkt vor der Bühne plötzlich hektische Betriebsamkeit ausbrach. Jason und Charlene Blake beugten sich zu ihrer Tochter, die Gesichtszüge zu verkrampften, zornigen Strichen verzogen. Sydney – das Endspiel dieses abendlichen Plans – sah jedoch nicht ihre Eltern an. Schien ihnen nicht den Hauch von Beachtung zu schenken. Ihre Augen waren auf die Bühne gerichtet. Auf ihn. Das Scheinwerferlicht blendete ihn leicht, sodass er nicht jede Nuance ihres Ausdrucks erkennen konnte, aber trotzdem spürte er ihren Blick auf sich. Wie eine leichte Hand auf seiner Brust, seinem Gesicht. Die Berührung war sanft, aber bestimmt. Prüfend.

Er atmete scharf ein und schüttelte sich innerlich, schob diese abstruse Fantasie beiseite wie eine lästige Mücke.

»Was zur Hölle ist gerade passiert?«, wollte eine wütende Stimme neben ihm wissen.

Lucas zog eine Augenbraue hoch und wandte sich dem großen dunkelhaarigen Mann zu seiner Linken zu, der ihn mit grünen Augen finster anstarrte. Tyler Reinhold, Sydney Blakes Verlobter. Der Mann, von dem sie angenommen hatte, dass sie ihn auf der Auktion ersteigerte. Aber das Versprechen, sich mit dem Ehemann der Moderatorin bezüglich einer Geschäftsidee zu treffen, hatte ihm deren Kooperation gesichert und dazu geführt, dass sie die falschen Informationen an Sydney weitergab.

Aiden hätte diese Taktik als hinterhältig bezeichnet. Lucas bevorzugte einfallsreich.

»Entschuldigung?«, gab er auf Tylers gefauchte Frage zurück und spielte den Unwissenden.

Tyler gab keine Antwort, sondern warf Lucas stattdessen einen Friss-Scheiße-und-stirb-Blick zu, bevor er von der Bühne stürmte. Lucas sah dem sich entfernenden steifen Rücken des anderen Mannes nach und betrachtete dann wieder die Szene, die sich vor der Bühne abspielte. Sydney hatte sich vom Tisch erhoben, abgeschirmt zu beiden Seiten von ihren Eltern. Obwohl er aus der Entfernung die Worte nicht hören konnte, waren doch die angespannten Körper, die geneigten Köpfe und der ruhige – viel zu ruhige – Gesichtsausdruck der jungen Frau Zeichen genug dafür, dass die Eltern sie gerade wortreich attackierten.

Und sehr bald würde auch noch ihr erzürnter Verlobter hinzustoßen.

Verdammt. Schnell wandte er sich zur Seitenbühne und schritt auf den Ausgang am unteren Ende der im Halbdunkel liegenden Treppen zu. Dabei stellte er weder die Eile seiner Schritte infrage, noch ergründete er sein Bedürfnis, als ihr Verbündeter aufzutreten.

Selbst wenn es sich bei diesem Verbündeten um einen Wolf im Schafspelz handelte.

Augenblicke später hatte er das eng zusammenstehende Grüppchen erreicht. Er spannte den Kiefer an und knirschte so heftig mit den Zähnen, dass er beinahe schon zerstobenen Zahnschmelz atmete. Mit Mutter und Vater zu beiden Seiten von Sydney und dem Verlobten vorne sahen sie aus wie Heerscharen, die eine befestigte Stadt umzingelten.

Als ob sie der Feind war.

»Verzeihung«, raunte er und glitt gekonnt neben sie. »Es tut mir leid, hier so reinzuplatzen.« Von wegen. »Aber ich wollte mich einmal vorstellen.« Er lächelte, nahm ihre Hand und hob sie an seinen Mund. Während er ihr leichtes Keuchen und die düsteren Blicke der anderen drei ignorierte, hauchte er einen Kuss auf ihre Fingerknöchel und begegnete einem Blick aus entzückenden haselnussbraunen Augen. Er kämpfte dagegen an, seine Überraschung zu zeigen. Es waren die vielleicht entzückendsten Augen, die er je gesehen hatte.

Der verführerische, zarte Duft von Geißblatt umhüllte ihn. Einen Moment lang verschwanden ihre Eltern, ihr Verlobter und sogar Lucas’ eigene fünfzehnjährige Rachepläne in der Schattenwelt außerhalb des intimen Kreises, der ihn und Sydney Blake umgab.

Seit sechs Monaten war Boston jetzt schon sein temporäres Zuhause, daher war er häufig auf den gleichen gesellschaftlichen Veranstaltungen gewesen wie sie, hatte auch schon flüchtig ihre große, kurvenreiche Gestalt gesehen und das Haar, das ihr lang und glatt und goldbraun den Rücken hinabfiel – ein lebendiger warmer Farbton, der unmöglich aus einem Salon stammen konnte.

Dennoch war er ihr nie so nahe gekommen wie jetzt, hatte ihr nie direkt gegenübergestanden. Hatte niemals zuvor die goldenen Sommersprossen entdeckt, die ihre Nase und Wangenknochen sprenkelten und auf der honigfarbenen Haut kaum zu erkennen waren. Niemals die süße Vertiefung über ihrer Oberlippe betrachtet, die die Zunge eines Mannes einlud, sie zu liebkosen. Niemals die sinnlich vollen Lippen bemerkt, die für Sünde und Vergnügen gleichermaßen geschaffen waren.

Er war ihr nie nahe genug gekommen, um ihre perfekte Taille zu sehen, den herrlichen Abdruck ihrer Brüste unter der smaragdgrünen Seide oder den verführerischen Schwung ihrer Hüfte. Gott sei Dank hatte ihre Mutter – die all den anderen spargeldürren, ausgezehrten Frauen in diesem Saal glich – es nicht geschafft, ihr die Kurven abzuhungern oder schamvoll wegzureden.

Während er sich langsam aufrichtete, ließ er ihre Hand sinken und nur zögerlich los. Doch er erlöste sie nicht von seinem Blick, der sie ausgiebig musterte. Je länger er sie anstarrte, desto ratloser wurde er. Sie war nicht die schönste Frau, die er je getroffen hatte. Seit er sechzehn war, war er mit so einigen ausgegangen – und im Bett gelandet. Ihr Mund war etwas zu breit, ihre Züge ein winziges bisschen zu gewöhnlich, um schön genannt zu werden. Aber in der Summe? Es lag ein sinnliches Versprechen in diesem unvollkommenen, aber begehrenswerten Mund, dazu die hinreißenden Mandelaugen, die klare Gesichtsstruktur und dieser wahr gewordene Traumkörper feuchter Männerfantasien … sie war eine Verführung. Eine Verlockung.

Sie war atemberaubend.

»Lucas Oliver«, begrüßte ihn Jason Blake und streckte ihm die Hand entgegen, die Lucas nahm, obwohl sich sein Magen vor Ekel verkrampfte. Er presste die Zähne aufeinander, befahl sich in Gedanken zu lächeln, war jedoch nicht in der Lage dazu. Wenn ein Mann seine gesamte Existenz der Gier und dem unerbittlichen Streben nach mehr Reichtum, mehr Vermögen, mehr Macht auf Kosten von Loyalität, Freundschaft und Ehre verschrieb, dann sollte sich das Böse in seinem Gesicht zeigen. Es sollte seine Haut verätzen. Ihn verwittern lassen. Aber Gott oder das Schicksal schien die Bösen zu begünstigen, denn Jason Blake erschien so stark und gut aussehend wie in Lucas’ Erinnerungen. Auch wenn sein kurzes Haar reichlich mit Grau gesprenkelt war, zeichneten sich kaum Linien auf seiner weichen braunen Haut ab. Seine Schultern waren breit und gerade und die hellen haselnussbraunen Augen, die er seiner Tochter vererbt hatte, waren klar und scharf.

Lucas wartete darauf, irgendein Zeichen des Wiedererkennens im Gesicht des Mannes zu sehen. Doch abgesehen vom höflichen Lächeln reagierte Jason gar nicht auf ihn. Und warum sollte er Lucas auch erkennen? Bei ihrem letzten Zusammentreffen war Lucas ein verzweifelter, zorniger Fünfzehnjähriger gewesen und hatte mit Nachnamen Ellison geheißen. Der Sohn von Robert Ellison, Jasons ehemals bestem Freund und Geschäftspartner, den er so achtlos niedergetrampelt hatte wie einen Haufen Scheiße. Berichtigung – bei einem Haufen Scheiße hätte Jason zumindest innegehalten und die Sohle seines italienischen Loafers sauber gewischt. Eine solche Aufmerksamkeit hatte er Lucas’ Vater nicht zuteilwerden lassen.

»Eine Freude, Sie endlich persönlich kennenzulernen. Ich habe schon so viel von Bay Bridge Industries gehört, und ausschließlich Gutes«, dröhnte Jason.

Während er dem dreckigen Dieb zunickte und einen Dank murmelte, an dem er fast zu ersticken glaubte, wandte sich Lucas der stillen Frau zu, die er hereingelegt hatte, damit sie ihn ersteigerte.

»Da Sie mich erworben haben« – er warf ihr ein schnelles, entwaffnendes Grinsen zu –, »habe ich gedacht, es sei besser, herzukommen und mich vorzustellen, bevor Sie Ihr Geld zurückverlangen können. Lucas Oliver.«

»Schön, Sie kennenzulernen«, sagte Sydney, und die leichte Heiserkeit erinnerte ihn an eine Stimme, die nach stundenlangem wohligem Schreien in der tiefsten nächtlichen Leidenschaft rau geworden war. Sofort zog sich sein Inneres als Reaktion auf diesen Gedanken zusammen. »Sydney Blake.«

»Es ist mir etwas unangenehm, Mr. Oliver«, unterbrach Jason und trat näher an seine Tochter heran. Kluger Mann, doch er kam zu spät. »Ich muss mich im Namen meiner Tochter entschuldigen. Es hat da bedauerlicherweise ein Missverständnis gegeben – «

Lucas sah ihn überrascht an. »Wirklich? Ich erinnere mich sehr deutlich, wie Ms. Blake für mich geboten hat. Was kann da zu Verwirrung geführt haben?«

Jason verzog die Lippen zu einem Strich, aber Lucas erkannte das Unbehagen in diesem Mienenspiel. Gut so. »Mr. Oliver, Sydney ist mit Mr. Reinhold verlobt.« Er deutete hinter sich in Richtung Tyler, der schweigend und mit gekreuzten Armen dastand. »Er – «

»Herzlichen Glückwunsch«, fiel ihm Lucas elegant ins Wort.

Jason blinzelte, für einen Augenblick aus dem Konzept gebracht. »Nun ja, vielen Dank. Aber Sie sehen unser Dilemma hier.«

Lucas legte den Kopf schief. »Nein, das tue ich nicht.«

Sein Gegenüber atmete hörbar frustriert aus. »Irgendwie hat sie es geschafft, den falschen Mann zu ersteigern. Meine Tochter war im Glauben, Sie wären ihr Verlobter«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Nun war Lucas an der Reihe, verwirrt auszusehen, doch innerlich freute er sich wie ein Schneekönig über Jasons irritiertes Unbehagen. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass du dich vor meinen Augen windest, alter Mann.

»Aber da wir ja alle Masken getragen haben, müssen Sie doch damit gerechnet haben, dass dieser Fall eintreten könnte?« Lucas hielt inne, wartete einige Sekunden, um zu sehen, ob Jason zugeben würde, dass sie Tylers Nummer gekannt hatten. Oder vielmehr zu kennen geglaubt hatten.

Ein Geständnis gab Jason nicht ab, doch sein gereiztes Schweigen sprach Bände und rief es geradezu von allen Dächern. »Ja, wir waren uns bewusst – «

»Gut«, sagte Lucas glatt. »Denn als ich dieser Auktion zugestimmt habe, bin ich eine Verpflichtung eingegangen. Eine, der ich nachzukommen gedenke. Und ich bin mir sicher, dass die Person, die – in gutem Glauben – für Tyler geboten hat, von ihm das Gleiche erwartet.« Lucas wandte sich an Sydney. »Ms. Blake, ich würde gern mit Ihnen über unsere Abendplanung sprechen.« Er hielt ihr seinen Arm entgegen, und nach kurzem Zögern hakte sie sich bei ihm ein. »Wenn Sie uns bitte entschuldigen.«

Ohne Jason oder Tyler eine Möglichkeit zu geben, einzuschreiten, führte er sie quer durch den Saal. Als sie an einem Kellner vorbeikamen, der ein Tablett mit Champagnergläsern trug, nahm er sich zwei und drückte eines davon Sydney in die freie Hand.

»Ich denke, Sie werden das brauchen, sobald Sie zu Ihrer Familie zurückkehren«, sagte er trocken und zog einen Stuhl an einem leeren Tisch zurück.

Sydney gab keine Antwort, als sie Platz nahm, doch sie trank einen Schluck. Und der Rand des Glases konnte das kleine Lächeln nicht verbergen, das sich auf ihrem Gesicht zeigte. Warum ihn diese fast nicht sichtbare Kurve so rührte, zu der sich ihr Mund verzog, konnte er nicht erklären. Vielleicht war es die Erkenntnis, dass ihre Eltern es noch nicht geschafft hatten, alles Leben und den Humor aus ihr herauszupressen. Lucas setzte sich ihr gegenüber.

»Es tut mir leid, dass Sie das mit ansehen mussten, Mr. Oliver«, sagte sie leise. »Mein Vater meint es gut, er will nur – «

»Will nicht, dass seine Tochter einen Abend mit einem Fremden verbringt. Schon gar nicht, wenn diese Tochter verlobt ist. Er liebt Sie. Das verstehe ich.« Nicht dass er diesen Schwachsinn auch nur eine Sekunde geglaubt hätte. Lucas verstand, warum Jason die Heirat seiner Tochter mit Tyler – oder vielmehr Tylers Familie – so lautstark und enthusiastisch befürwortete, selbst wenn es Sydney vielleicht nicht klar war. Geld, Macht, gefestigte Finanzimperien. Sydneys Gefühle oder ihr Glück hatten vermutlich nicht oben auf der Liste gestanden, als ihr Vater die Beziehung abgewogen hatte. Familiäre Bande schienen jedoch einen Menschen blind dafür zu machen, was die wahren Absichten ihrer Lieben waren. »Und ich schlage vor, dass wir uns duzen. Ich bin Lucas.«

Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, bevor sie die Augen niederschlug und ihn davon abhielt, ihre Gefühlsanwandlung zu deuten. »Okay.«

Nichts weiter. Nur dieses einfache und doch ausdrucksstarke Okay. Wieder wallte der Beschützerinstinkt in ihm auf, der ihn bereits von der Bühne getrieben hatte, um ihr im Widerstand gegen ihre Familie beizustehen. Er unterdrückte das schwelende Gefühl, bevor es Zeit hatte, sich einzunisten.

»Was möchtest du, Sydney?« Er senkte die Stimme und beugte sich vor. Beinahe überrascht blinzelte sie. Als hätten noch nicht viele Menschen ihr diese Frage gestellt. »Ich verstehe, warum dein Vater ein Problem hiermit hat, und ehrlich gesagt interessiert es mich nicht die Bohne. Aber wenn du es vorziehst, morgen Abend nicht mit mir auszugehen, dann akzeptiere ich deine Entscheidung. Wenn sie von dir kommt. Wenn sie deine ist.«

Nicht dass er ein Nein wirklich akzeptieren würde. Er war bis hierhin gekommen, stand kurz davor, dass seine Pläne Früchte trugen, und er würde es nicht zulassen, dass ihr Widerwille dem im Wege stand. Doch er spürte auch, dass es ihm nicht helfen würde, sein Ziel zu erreichen, wenn er sie unter Druck setzte. Nicht, nachdem er Zeuge dessen geworden war, wie ihre Familie miteinander umging. Nein, er brauchte einen sanften Zugang zu ihr, musste zumindest einen kleinen Funken ihres Vertrauens gewinnen. Der erste Schritt war es gewesen, sie vor der überwältigenden Präsenz ihrer Eltern und Tyler zu retten. Der zweite war, sie im Glauben zu lassen, dass sie eine Wahl hatte.

»Ich – « Ihr Blick schweifte nach hinten über seine Schulter, und sie runzelte leicht die Stirn.

»Sieh mich an«, befahl er ihr leise. Mit einem kaum hörbaren Keuchen und fast unmerklichen Ruck des Kopfs wandte sie sich wieder ihm zu. »Die Wahl liegt bei dir. Was immer du wünschst. Niemand sonst. Ich möchte gern den Abend mit dir verbringen, ein Broadway-Stück sehen und dich beim Abendessen besser kennenlernen. Und es wäre schön, wenn du das ebenfalls möchtest. Ja oder nein, Sydney.«

Sie starrte ihn an, und für einen Augenblick fragte er sich, ob er zu sehr vorgeprescht war. Sydney umgab eine beunruhigende Dichotomie aus Verletzlichkeit und Stärke, Sinnlichkeit und Zurückhaltung. Selbst als sie ihm geradewegs und ohne die Spur von Unsicherheit in die Augen sah, hatte er keine Ahnung, wie sie entscheiden würde.

Während er auf ihre Antwort wartete, spürte er einen Kloß im Hals. Und er versuchte sich davon zu überzeugen, dass es daran lag, dass sein Plan von dieser Antwort abhing … und nicht, weil er wollte, dass sie Zeit mit ihm verbringen wollte.

Shit, er hörte sich an wie ein Mädchen. Als Nächstes würde er wohl einen Zettel schreiben und fragen, ob sie mit ihm gehen wollte, ja, nein, vielleicht.

»Ja oder nein, Sydney«, wiederholte er in etwas härterem Ton, da er eine Antwort von ihr brauchte.

Ein Moment voll angespannter Stille.

»Ja.«