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Khloe Richardson braucht dringend ein Date – eines, das ihren Traummann so richtig eifersüchtig und endlich auf sie aufmerksam macht. Doch der Mann, den sie auf der Bachelor Auction einer Wohltätigkeitsveranstaltung ersteigert, ist ausgerechnet der Millionär Niall Hunter, der ehemals beste Freund ihres Bruders. Khloe kann ihm eigentlich bis heute nicht verzeihen, wie er sich damals ihr gegenüber verhalten hat. Doch er ist der perfekte Mann für ihren Plan und Niall hilft ihr – denn er hat einst ein Versprechen gegeben …
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Seitenzahl: 312
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Khloe Richardson braucht dringend ein Date – eines, das ihren Traummann so richtig eifersüchtig und endlich auf sie aufmerksam macht. Doch der Mann, den sie auf der Bachelor Auction einer Wohltätigkeitsveranstaltung ersteigert, ist ausgerechnet der Millionär Niall Hunter, der ehemals beste Freund ihres Bruders. Khloe kann ihm eigentlich bis heute nicht verzeihen, wie er sich damals ihr gegenüber verhalten hat. Doch er ist der perfekte Mann für ihren Plan und Niall hilft ihr – denn er hat einst ein Versprechen gegeben …
Die USA Today-Bestsellerautorin Naima Simone schreibt seit 2009 Romances und Liebsromane. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern im Süden der USA.
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Naima Simone
The Millionaire Makeover
Aus dem Amerikanischen von Madita Elbe
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Titelinformationen
Grußwort
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Widmung
Prolog
Kapitel eins — Drei Jahre später
Kapitel zwei
Kapitel drei
Kapitel vier
Kapitel fünf
Kapitel sechs
Kapitel sieben
Kapitel acht
Kapitel neun
Kapitel zehn
Kapitel elf
Kapitel zwölf
Kapitel dreizehn
Kapitel vierzehn
Epilog — Sechs Monate später
Danksagungen
Impressum
Lust auf more?
Für Gary. 143.
Oh verdammte Scheiße, er war am Arsch.
Stöhnend drückte Niall Hunter sich die Hände an die pochenden Schläfen und rollte sich zur Seite … und wünschte sofort, er wäre still liegen geblieben. Oder im Koma. Ganz besonders, wenn in seinem Kopf eine verdammte Banshee kreischte.
»Herrgott«, murmelte er, stützte sich an der Matratze ab und hebelte sich nun mit deutlich mehr Vorsicht als beim ersten, unbedachten Versuch aus dem Bett. Weißes Bettzeug hatte sich um seine Hüfte gewickelt, und ihm stieg der Geruch nach Alkohol – die Ursache der fröhlich hämmernden Spitzhacken in seinem Schädel –, Schweiß und Sex in die Nase, wie ein Kaffee der Marke »Am Morgen danach«.
Als er sich mit der Hand das Gesicht rieb, erinnerte ein Kratzen in der Handfläche ihn daran, dass der Rasierer nicht nur zur Zierde im Badezimmer lag. Irgendwann sollte er ihn auch verwenden.
»Sei nicht so ein Waschlappen«, ermahnte er sich und kam auf die Beine. In Anbetracht der Tatsache, dass Alkohol im ganzen letzten Monat sein treuer Bettgefährte gewesen war, hätte er eigentlich an diesen gottverdammten Geisteszustand gewöhnt sein müssen. Manchmal bekam er Gesellschaft von einer Frau, die den heimeligen Zweier zu einer netten kleinen Ménage-à-trois machte – bestehend aus ihm selbst, einem gesichts- und namenlosen One-Night-Stand und einer Flasche Whiskey –, doch nur der Alkohol konnte die erbarmungslose Trauer und die Schuldgefühle leiser werden lassen, die ihn Tag und Nacht fest im Griff hatten. Nicht gänzlich zum Schweigen bringen. Nur … leiser werden lassen. Für einen kleinen Augenblick.
Er schnappte sich seine achtlos über einen Stuhl geworfene Hose vom gestrigen Abend, zog sie hoch, knöpfte sie aber nicht zu. Barfuß ging er durch das Zimmer auf die Tür zu und warf einen flüchtigen Blick in Richtung Bett. Bevor er die nötige Energie für das unabwendbare »Hey, letzte Nacht war toll, ich habe dir ein Taxi gerufen« aufbringen konnte, würde er einen heißen und starken Kaffee brauchen …
»Heilige Scheiße.«
Der heftige Ausruf war ihm einfach entfahren, und das Echo schien von den weißen Wänden widerzuhallen. Doch die Frau, die noch mit den Bettlaken um die Hüfte gewickelt dalag, zuckte nicht einmal zusammen. Sie schlief wie ein Baby weiter, das leichte Schnarchen Ausdruck ihrer Erschöpfung. Ihr zarter entblößter Rücken zog ihn an wie eine verbotene Frucht.
Als ob der Anblick der geschmeidig-glatten Haut einen Schalter umgelegt hätte, jagten ihm plötzlich Erinnerungsbilder durch den Kopf, drei Sekunden anhaltende Standbilder, die sich zu einer höllisch erotischen Collage zusammenfügten.
Sein Mund schloss sich um eine dunkelbraune Brustwarze, die Zunge umkreiste und spielte mit der hervorstehenden Spitze.
Seine Lippen fuhren über die weiche Rundung eines Bauchs bis zu den glänzenden, geschwollenen Falten zwischen zwei langen, anmutigen Beinen.
Seine Hände hielten dieselben Beine weit geöffnet, während er sich wieder und wieder in das engste, zarteste Fleisch schob, in dem sein Schwanz je versunken war.
Er schloss die Augen, doch das führte lediglich dazu, dass die Bilder greller und in rasendem Tempo auf ihn einpreschten. Und das war nicht richtig. Das war so verdammt falsch. Denn die Frau, an deren Nippeln er gesaugt, deren Pussy er geleckt und die er den Großteil der Nacht gevögelt hatte, war Khloe.
Khloe, die Jungfrau gewesen war.
Khloe, die kleine Schwester seines besten Freunds Michael … Jenes besten Freunds, der vor nicht ganz einem Monat gestorben war.
Fuck. Fuckfuckfuck.
Blendender Schmerz flammte in seiner Brust auf, und er atmete keuchend ein. Was für einen Bockmist habe ich da verzapft? Er floh aus dem Raum und vor der Frau im Bett, die ihn selbst jetzt noch in Versuchung führte. Nun, da die Bilder der letzten Nacht taufrisch auf ihn einprasselten, scherte sich sein Schwanz keinen Deut darum, dass weder er noch Niall sie jemals hätten berühren dürfen. Alles, was der »kleine Niall« wollte, war, die Performance zu wiederholen.
Was zur Hölle hatte er sich nur dabei gedacht?
Er zuckte wie ertappt, während er die Treppe ins Erdgeschoss seines Hauses hinunterlief. Da lag das Problem. Er hatte nicht gedacht. Zumindest nicht weit. Als Khloe vor seiner Tür auftauchte und ihn damit überraschte, dass sie von Boston nach Dublin geflogen war, hätte er sie in das nächstgelegene Hotel schicken sollen, mit dem Versprechen, sich am nächsten Morgen zum Frühstück zu treffen. Wenn er wieder nüchtern war.
Stattdessen hatte er sie mit alkoholbenebeltem Verstand hereingebeten. Und ihr Freundschaftsbesuch hatte sich zu einer Nacht mit dem atemberaubendsten Sex gewandelt, den er je gehabt hatte. Bevor sie hier aufgetaucht war, war sie unschuldig gewesen … bevor er ihr diese großäugige Unschuld genommen und stattdessen Leidenschaft und Wissen in dem smaragdgrünen Blick erweckt hatte, wofür Michael ihn umgebracht hätte.
Jede andere. Er hätte jede andere Frau vögeln können. Aber Khloe? Während er durch den Flur ging, schüttelte er den Kopf, woraufhin der Schmerz in seinen Schläfen aufloderte und schwarze und goldene Punkte vor seinen Augen erschienen. Er stolperte, stieß sich den Zeh an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hüpfte er seitwärts und lehnte sich gegen die Wand.
Mit einem Blick nach unten entdeckte er den großen braunen Karton, der auf halbem Weg zur Küche mitten im Flur stand. Warum hatte er den denn hier rumstehen lassen …?
Wieder meldete sich die Erinnerung, und der Kummer stieg in ihm auf wie ein sprudelnd heißer Geysir, überwältigte ihn und zwang ihn in die Knie, bis er mit dem Arsch auf dem Boden landete und mit dem Rücken gegen die Wand schlug.
Richtig. Die Kiste – oder vielmehr das, was sich in ihr befand – war der jüngste Grund für seine zunehmende Erstarrung gewesen. Er hatte endlich Michaels Büro ausgeräumt und die persönlichen Gegenstände seines besten Freunds nach Hause mitgenommen. Niall hatte auch sein eigenes Büro von allem befreit, was ihn an den Mann erinnerte, der für ihn wie ein Bruder gewesen war. Es schien blasphemisch, fast traurig, dass die Essenz des gütigsten, stärksten und ehrenwertesten Mannes, den Niall je gekannt hatte, in einen tristen Pappkarton passte.
Mit zitternden Fingern griff Niall nach einer der Klappen vom Deckel. Zog die Box näher zu sich.
Fotos, Bücher, eingerissene Tickets – greifbare Erinnerungsstücke – grüßten ihn wie einen alten Freund. Diesmal kämpfte Niall nicht gegen die Flut von Erinnerungsbildern an. Er hob einen Stapel Fotos heraus. Sie zeigten Michael und ihn als Teenager auf Tanzveranstaltungen, in der Schule und später als Erwachsene an der Uni, danach in den New Yorker Büroräumen von Duir Music, dem Plattenlabel, das Nialls Familie gehörte. Er schnaubte leise. Ganz eindeutig waren Michaels Eltern nicht glücklich darüber gewesen, als ihr Sohn den Plan aufgegeben hatte, Erzieher zu werden, und stattdessen seinem Herz in die Musikindustrie folgte. Noch waren sie große Fans von Niall gewesen, der ihren Jungen vom rechtschaffenen, sicheren Weg abgebracht und in die Welt von Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll entführt hatte – und damit in ihren Augen keinen Deut besser gehandelt hatte als die Schlange gegenüber Eva. Die leidenschaftliche Liebe zur Musik, die Michael und Niall von Anfang an verband, hatten sie in ihrem Sohn nicht erkannt.
Grinsend hielt Niall jetzt einen dreckverschmierten Baseball in der Hand. Als er mit dreizehn Jahren nach Boston gekommen war, hatte er Amerikas liebsten Zeitvertreib und die Red Sox kennengelernt. Die Entdeckung von zwei der größten Lieben seines Lebens war den Umzug über den Atlantik wert gewesen.
Leise summend vor Vergnügen zog er dann feierlich die Erstausgabe vom Großen Gatsby hervor, seinem Lieblingsbuch. Michael wollte ihm den Roman zum siebenundzwanzigsten Geburtstag schenken.
Das empörte Kreischen von Sammlern in aller Welt im Ohr, strich er mit den Fingerspitzen über den durchsichtigen Umschlag, der den hochwertigen Einband schützte, dann schlug er das Buch auf.
Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Er ließ sich so gern in die Welt von Nick Carraway, Jay Gatsby und dem Dorf West Egg hineinziehen. Im Laufe der Jahre hatte er das oft getan. Michael hatte gesehen, wie sehr die Geschichte von Dekadenz, Idealismus und schließlich Desillusionierung Niall faszinierte. Und sein Geschenk war das beste gewesen, das Niall je bekommen hatte.
Vorsichtig blätterte er durch die Seiten, hielt nur hier und da an, um etwas zu lesen. Als ihn die altbekannte Wut über Toms Scheinheiligkeit erfasste, überschlug er die Szene und … starrte einen dünnen weißen Umschlag an, der wie ein Papierflieger aus dem Buch und auf den Boden segelte.
»Was zur Hölle?« Mit gerunzelter Stirn beugte er sich vor, um den postkartengroßen Umschlag hochzuheben. Er drehte ihn um. »Scheiß die Wand an …«, hauchte er atemlos.
Sein Herz blieb erst einen Moment lang stehen, bevor es zu rasen begann, während er wie gebannt auf seinen Namen starrte, der in großen Buchstaben auf dem Papier prangte. Die Schrift kannte er ebenso gut wie seine eigene. Obwohl sein Herzschlag ihm wie das Hämmern auf einem Amboss in den Ohren dröhnte, öffnete er vorsichtig den Umschlag und zog das Blatt Papier hervor, das sich darin befand.
»Niall …«
Herr im Himmel.
Wenn er nicht bereits auf dem Boden gesessen hätte, hätte der Schock ihn spätestens jetzt mit einem rechten Haken von den Socken gehauen. Herr im Himmel, wiederholte er noch einmal im Stillen. Das konnte nicht wahr sein. Es konnte verdammt nochmal nicht wahr sein. Doch während er den Brief überflog, der auf dem Briefpapier von Duir Music verfasst worden war, konnte er nicht leugnen, dass diese Nachricht seines besten Freunds sich anfühlte wie ein Besuch aus dem Jenseits.
»Niall, dass du diesen Brief liest, bedeutet, dass ich recht hatte und du deine Finger nicht von der Erstausgabe von Der große Gatsby lassen konntest, die ich dir nächsten Monat zum Geburtstag schenken will. Nicht, dass ich jemals daran zweifeln würde, dass du genau das Gegenteil von dem tust, was ich sage.«
Er lachte leise. Nialls Starrköpfigkeit war immer ein Running Gag zwischen ihnen gewesen. »Ein Trotzkopf kriegt irgendwann auf den Popo«, hatte Michael oft bemerkt. Woraufhin Niall ihm gespielt entrüstet vorwarf, ihm auf den Hintern zu gucken, und dann legten sie beide erst richtig los. Michaels Frotzelei im Brief brachte es allerdings auf den Punkt. Es erstaunte ihn, dass er es so lange geschafft hatte, das Buch nicht zu öffnen.
»Wie dem auch sei, es ist drei Uhr morgens, und du schläfst neben mir tief und fest, obwohl dieses Flugzeug so furchtbar wackelt, als würde es jede Minute vom Himmel fallen. Ich hasse Fliegen. Da nun also das Anschnallzeichen rot leuchtet und der Wind Pingpong mit diesem Stahlsarg spielt, darf ich ein wenig weinerlich sein. Gerade haben wir Khloes einundzwanzigsten Geburtstag gefeiert, und mein Gott, sie war so glücklich. Sie verdient es, jede Sekunde ihres Lebens so glücklich zu sein. Denn sie ist eine dieser unverstellten, reinen Seelen. Wunderschön im Inneren wie nach außen. Ich plane keinesfalls, mich irgendwann demnächst vom Acker zu machen – zumindest nicht, wenn dieses Flugzeug in der Luft bleibt. Aber falls mir doch etwas passieren sollte, pass bitte auf sie auf, Niall. Du bist nicht mein bester Freund, sondern mein Bruder. Und Khloes genauso. Mom und Dad … lieben uns. Aber sie haben ihre Vorstellung davon, wie unsere Leben aussehen sollten, und ich will nicht, dass Khloe in irgendeinen Lebensentwurf gezwängt wird und unglücklich ist, weil sie versucht, es den beiden recht zu machen. Und bei ihrer Selbstlosigkeit könnte das schnell passieren.
Khloe braucht einen Mann, der sie mit jeder Faser seines Seins liebt, der sich für sie aufopfert und ihr das Zuhause und die Familie schenkt, die sie sich wünscht. Einen besseren Mann, als wir es sind. Pass auf sie auf, Niall, tu mir den Gefallen. Beschütze sie davor, benutzt und verletzt zu werden. Keiner wird je gut genug für sie sein, aber versprich mir, dass du jeden mit einem Arschtritt verjagst, der uns auch nur annähernd ähnlich ist. Sie muss etwas Besseres bekommen. Verdient etwas Besseres. Du bist der Einzige, dem ich ihr Glück anvertraue. Ich liebe dich, Bruder. Das sage ich dir nicht oft genug – und höchstwahrscheinlich wirst du es nie aus meinem Mund hören, wenn ich nüchtern bin –, aber es stimmt trotzdem. Michael.«
Beschütze Khloe davor, benutzt und verletzt zu werden. Sie verdient einen Besseren als uns. Er starrte auf das Papier, bis die Worte verschwammen, durcheinandergerieten und sich dann wieder sortierten. Der Druck in seiner Brust nahm wieder zu und wurde so stark, dass ihm fast alle Luft aus der Lunge entwich.
Obwohl Niall derjenige war, der in Dublin geboren war und sein halbes Leben hier verbracht hatte, schien es manchmal, als ob Michael der bessere Ire war. Nialls Großmutter hatte oft behauptet, Michael habe »den Blick«. Nicht, dass Niall viel auf das mystische Geplänkel gab, aber selbst er konnte die oft unheimliche Intuition seines Freunds in Bezug auf Menschen, Geschäftsverhandlungen und allem, was damit zusammenhing, nicht leugnen. Und einen Monat vor seinem Tod hatte er Niall die Passwörter für diverse Konten gegeben und Niall sogar gezeigt, wo all seine wichtigen Papiere, inklusive des Testaments, zu finden waren. Zu der Zeit hatte Niall sich nichts dabei gedacht, aber … Gott verflucht.
Er knüllte das Papier zusammen, während die Worte aus dem Brief in seinem Kopf widerhallten.
Er hatte den letzten Wunsch seines besten Freunds missachtet.
Statt Khloe zu beschützen, hatte er sie gefickt.
»Scheiße«, brummte er und legte den Brief neben sich auf den Boden. »Einfach … Scheiße.« Erneut rieb er sich durchs Gesicht. Das hatte er wirklich gehörig vergeigt. Herrje, er musste das irgendwie wiedergutmachen.
Angestrengt kniff er die Augen zusammen und massierte sich die Stelle dazwischen.
Das einzig nicht Egoistische, das ihm einfiel, war sicherzugehen, dass sie nicht fälschlicherweise glaubte, es könnte sich mehr zwischen ihnen entwickeln. Sie kannte ihn – kannte seinen Ruf in Bezug auf Frauen. Er war nicht für Beziehungen und langfristige Verpflichtungen geschaffen.
»Khloe braucht einen Mann, der sie mit jeder Faser seines Seins liebt, der sich für sie aufopfert und ihr das Zuhause und die Familie schenkt, die sie sich wünscht.«
So etwas konnte er ihr nicht geben; Michael hatte gewusst, dass Niall ihr das nicht geben konnte. Wie sein Freund gesagt hatte, verdiente sie einen Besseren als Niall. Er hatte Michael bereits enttäuscht, als er dessen Schwester die Unschuld geraubt hatte. Mit einem Satz war er auf den Beinen und starrte dann einige Minuten lang auf den Karton und den Brief, bevor er in Richtung der Treppe ging.
Das Mindeste, was er von diesem Moment an tun konnte, war es, Michaels Wunsch zu folgen. Über Khloe zu wachen. Sie zu beschützen. Selbst wenn es bedeutete, sie vor ihm selbst zu schützen.
Drei Jahre später
»Sag mir noch mal, warum ich dieser idiotischen Idee zugestimmt habe?«
Khloe Richardson war im Eingang des riesigen Ballsaals stehen geblieben, der von Kristalllüstern und juwelenbehängten Menschen nur so glitzerte. Sie presste sich die Handtasche gegen den Bauch, als ob die absurd winzige und ebenfalls glitzernde Tasche die Nerven beruhigen konnte, die in ihrem Inneren Kickball spielten. Gute Güte, sie kam sich vor wie eine Hochstaplerin. Ihr Platz war in einem kleinen, mit Computern, Modems und technischen Anleitungen zugemüllten Büro. Nicht in diesem strahlend hell erleuchteten Saal, wo die festlich gekleideten Frauen und Männer der Bostoner High Society sich trafen und netzwerkten.
Neben ihr pflückte Morgan Lett – ihre beste Freundin, Arbeitskollegin und diejenige, der sie diesen Abend zu verdanken hatte – eine Champagnerflöte von einem vorbeischwebenden Tablett. »O mein Gott, das ist besser als Sex«, schnurrte sie. Und dann, eine perfekt gewachste blonde Augenbraue hebend, fügte sie hinzu: »Und die Antwort auf deine Frage lautet: Wir sind hier, damit die ewige Ehelosigkeit dir nicht anhaftet wie falsche Diamanten.«
Um ehrlich zu sein, gab es einige recht ansehnliche falsche Diamanten da draußen, aber da Morgan diese Beobachtung höchstwahrscheinlich nicht gutheißen würde, murmelte Khloe stattdessen: »Oh ja, da hast du recht.«
Trotzdem schmeckte die Teilnahme an der jährlichen Maskierten Bachelor-Auktion der Rhodonite Society irgendwie fahl … nach einer Mischung aus Lovescout24 und Fleischmarkt.
Und nach Verzweiflung. Nicht zu vergessen Verzweiflung.
Morgans Plan, einen passenden Kandidaten für Khloe bei einer Junggesellenversteigerung zu finden, roch gelinde gesagt nach Impulsivität und dem irrsinnigen Hoffen auf einen Glückstreffer von jenseits der Dreipunktelinie. Was so ungefähr das Gegenteil von Khloes gewohnter Zuverlässigkeit, Vernunft und dem zwanghaften Bedürfnis nach ausgereiften Plänen und Tabellen war. Doch so etwas konnte die Liebe bei einem Menschen anrichten. Sie brachte eine Frau, die sich für gewöhnlich am liebsten mit Algorithmen und Codes abgab, dazu, ihren gesunden Menschenverstand über Bord zu werfen, ein Abendkleid und todbringende Absatzschuhe zu kaufen und an diesem … Spektakel teilzunehmen. Genau genommen handelte es sich um die Liebe zu Bennett Charles – dem klugen, erfolgreichen, gut aussehenden und gebildeten leitenden Geschäftsführer von System Solutions Unlimited, der Firma, für die Morgan und sie arbeiteten.
Das Bild des CEO erschien vor ihrem geistigen Auge. Während der vergangenen sechs Monate hatte sie ihn aus sicherer Entfernung angehimmelt. Und abgesehen von gelegentlichem Smalltalk vor einer Personalversammlung oder einem freundlichen, leicht abwesenden Lächeln schien Bennett nicht zu bemerken, dass es sie gab. Wenn nicht der furchterregende Autounfall vor einem Monat gewesen wäre, dem sie wie durch ein Wunder nur mit Schürfwunden und ein paar blauen Flecken entkommen war, hätte sie vermutlich einfach im Stillen weitergeschwärmt. Ihr großer Bruder Michael war drei Jahre zuvor bei einem Autounfall gestorben. Ihre Begegnung mit dem Tod und die Erkenntnis, dass morgen schon alles vorbei sein könnte, hatten sie daher aus ihrem emotionalen Dämmerschlaf geweckt. Keine Sekunde länger wollte sie auf der sprichwörtlichen langen Bank verharren, dem Leben zusehen, wie es vorbeilief, und dabei Rost ansetzen.
Unangenehmerweise hatte sie in der Vergangenheit nicht immer das beste Urteilsvermögen in Sachen Männer bewiesen.
Einer hatte eine ihrer Projektideen gestohlen, war als Folge ihrer harten Arbeit befördert worden und dann in die europäische Zweigstelle verduftet, jedoch nicht ohne vorher via Facebook-Messenger mit ihr Schluss zu machen.
Und der andere? Nun, der hatte sie entjungfert und ihr dann das Herz gebrochen …
Wie auch immer, Bennett – mit seiner noblen, warmen Art, seiner Brillanz und Freundlichkeit – war ihre Chance auf ein Leben voller Zuneigung und stabiler Verbindlichkeit.
Alles, was sie zu tun hatte, war, ihm klarzumachen, dass sie füreinander geschaffen waren. Bei dieser Auktion einen Bachelor zu ersteigern und ihn zur alljährlichen Firmengala mitzubringen, würde Bennett klarmachen, dass sie begehrenswert war – dass ein attraktiver, reicher Mann auf sie aufmerksam geworden war. Es wäre der perfekte Weckruf für Bennett. Zumindest, wenn man Morgan Glauben schenkte. Insgeheim hatte Khloe so ihre Bedenken, ob dieser verrückte Plan wirklich aufgehen würde. Doch hier stand sie nun und folgte ihm trotz allem. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen, so sagte man doch?
»Hier.« Morgan drückte Khloe ebenfalls ein Glas Sekt in die Hand, das sie einem vorübergehenden Kellner abgenommen hatte. »Trink. Das wird dich mehr nach ›Lasst das Fest beginnen‹ aussehen lassen, und weniger nach ›Auf dem Weg zum Dinner mit Hannibal Lecter‹.«
Khloe nahm das Getränk entgegen und betrat vorsichtig den glänzenden, mit Marmorfliesen durchsetzten Ebenholzboden des Ballsaals. Den neu erstandenen High Heels traute sie bei diesem glatten Parkett alles zu.
»Vielleicht mache ich deshalb so ein Gesicht, weil – ah, verdammt«, fluchte sie, während sie ihr Gleichgewicht wiederfand, nachdem der Absatz wie erwartet zur Seite geglitten war. »Weil ich so aussehe, wie ich mich fühle. Als ich gesagt habe, dass ich ein Date für die Firmenfeier mieten sollte, war das ein Witz.« Quasi. »Aber auf keinen Fall meinte ich …« Sie wedelte mit der Hand zu der hell erleuchteten Bühne hinüber. »Das hier.«
Morgan hakte sich bei ihr ein und führte sie durch die Menschenmenge. »Zuerst einmal: Wir kaufen, wir mieten nicht. Ein Riesenunterschied.« Lächelnd murmelte sie ein »Hallo« in Richtung einer älteren Dame, die so viele – aller Wahrscheinlichkeit nach echte – Diamanten um den Hals trug, dass ganz sicher irgendwo ein Versicherungsexperte Stoßgebete gen Himmel gesandt hatte, als er eine Police für diese Edelsteine abschloss. »Es mag zwar etwas extrem wirken, aber verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen. Und Süße«, sie tätschelte Khloes Hand, »ich hab dich echt lieb, aber du bist nun mal verzweifelt.«
Sofort wollte Khloe widersprechen, doch nach einem Augenblick schluckte sie ihre Entgegnung herunter. Was hätte sie auch sagen können? Morgan hatte recht. Hatte sie selbst nicht gerade eben noch das Gleiche gedacht? Und trotzdem, einer Junggesellenauktion beizuwohnen, um ein hoffentlich heißes Date zu ergattern, riss eine alte Wunde auf, die bis heute nicht richtig verheilt war. Morgan, die vermutlich schon mit dem professionell gesträhnten Blondhaar, den perfekten, geraden Zähnen und dem umwerfenden Körper zur Welt gekommen war, konnte nicht wissen, wie es war, den eigenen Bruder anzuflehen, sie auf den Abschlussball zu begleiten, damit sie nicht an der Seite des einsilbigen, von Spinnentieren besessenen Sohnes des Professorenkollegen ihrer Eltern aus Cambridge endete.
Verstohlen schielte Khloe zu ihrer schönen besten Freundin hinüber und gab sich alle Mühe, sich nicht zu fühlen wie Quasimodo in einem Kleid. Zwar war sie keine bucklige, verwarzte Einsiedlerin, doch neben der erhabenen, coolen Anmut der Freundin musste Khloe wirklich gegen den Drang ankämpfen, eine Karriere als Glöckner ins Auge zu fassen.
Sie selbst zählte zum Mittelstand, während Morgan aus den reichen Kreisen der Bostoner Ostküstenaristokratie stammte; sie war still, wo Morgan mit ihrer Meinung nie hinterm Berg hielt; und alles in allem war sie das hässliche Entlein neben dem schönen Schwan, kurz: Morgan und sie waren ein unwahrscheinliches Freundinnengespann. Aber unter Morgans schicken Kleidern, der aufgesetzten Langeweile und dem trockenen, manchmal bissigen Witz steckte ein Herz aus Gold. Ein wenig verbeult vielleicht, aber dennoch golden. Und wenn Khloe auch den Verdacht hegte, dass hinter Morgans unbedingtem Willen, sie unter ihre perfekt frisierten Fittiche zu nehmen, ein wenig Mitleid steckte, so … versuchte sie doch, es zu ignorieren.
»Reib mir bloß nicht meinen furchtbaren Mangel an Möglichkeiten unter die Nase«, grummelte Khloe. »Wie viel wird eigentlich bei so was normalerweise geboten? Alles, was ich habe, ist mein Urlaubsgeld. Dreitausend Dollar. Das ist die Obergrenze.« Schon der Gedanke daran, ihre gesamten hart verdienten Ersparnisse an ein einziges Date zu vergeuden, ließ ihren Magen sich derart verknoten, dass nicht mal ein erfahrener Seebär ihn wieder hätte entwirren können.
»Mach dir darüber keine Gedanken. Schließlich war die Auktion meine Idee, also geht das auf mich.« Damit wischte Morgan Khloes Besorgnis beiseite und vermied es, eine konkrete Antwort zu geben. Was Khloes Magen erneut zusammenkrampfen ließ. »Gehen wir nach vorne zu unserem Tisch. Die Feierlichkeiten beginnen gleich.«
Ein Stöhnen unterdrückend, folgte Khloe ihrer Freundin zu einem runden Tisch mit sechs Stühlen. Ein »Reserviert«-Schild mit dem Namen »Lett« darauf zeigte an, dass sie ihren Platz gefunden hatten … oder besser gesagt: Morgans. Sie zog einen Stuhl hervor und ließ sich bedächtig darauf nieder.
»Du siehst immer noch skeptisch aus«, rügte Morgan sie und lehnte sich zurück. Die dunklen Augen funkelten. »Lass dich drauf ein. Wenn du es zulässt, kann es wirklich aufregend sein. Nicht zu wissen, wen du da ersteigerst … ein Nervenkitzel. Überleg doch mal. Du könntest hier mit einem umwerfenden Joe Manganiello oder einem charmanten Cary Grant herausspazieren.«
»Da Cary tot ist, hoffe ich das nicht«, nuschelte Khloe und hob dann das Champagnerglas, um mit einem schnellen Schluck ihre ausgetrocknete Kehle zu salben.
Morgan schnaubte. »Guter Punkt, Khloe«, raunte sie und legte beschwichtigend ihre Hand auf Khloes, die immer noch mit klauenartigem Griff die Handtasche festhielt. »Ich weiß, dass das hier außerhalb deiner Komfortzone liegt.« Also, das war die Untertreibung des äh … Jahrtausends. »Aber du musst das Ziel im Auge behalten. Gibt es einen besseren Weg, einen heißen Mann an Land zu ziehen, alle auf der Firmenparty so richtig zu verblüffen und Bennett Charles endlich dazu zu bringen, dich nicht nur als das Nerd-Mädchen im zweiten Büro von links zu sehen?«
Autsch. Die Wahrheit tat nicht nur weh, sie schlug mit aller Kraft zu wie der Raufbold vom Spielplatz und warf noch ein ätzendes Ätschebätsch hinterher.
»Bennett muss dich einfach nur als begehrenswerte Frau erkennen«, fuhr Morgan fort. »Dann wird ihm von selbst klar, dass er seine Auserwählte die ganze Zeit schon unter der Nase hatte. Und was macht eine Frau in den Augen eines Mannes besonders begehrenswert? Genau, wenn ein anderer Mann sie auch will.«
Morgan unterstrich ihre Aussage mit einem entschlossenen Nicken. Und ihre Überzeugung überzeugte auch Khloe fast. Ihre Freundin sollte es wissen, wo doch ihr Geschmack bezüglich Mode und Männern oft im Gesellschaftsteil der Zeitungen gepriesen wurde. Und dennoch … Khloe stürzte noch einen Schluck Sekt hinunter, um die Nerven und die Zweifel zu beruhigen.
»Die Versteigerung fängt an.« Morgan grapschte sich die elfenbeinfarbene Bietertafel mit der eingravierten 82 darauf und wendete sich dann der Bühne zu, die den gesamten hinteren Teil des Saals ausfüllte. Die Lichter im Raum wurden gedämmt, bis der gewaltige Scheinwerfer auf der Bühne die Hauptlichtquelle war.
»Ich darf aber schon mitbestimmen, wen du ersteigerst, oder?«, flüsterte Khloe.
»Selbstverständlich«, versicherte Morgan ihr, den Blick fest auf die Bühne gerichtet.
Im Ballsaal erschallte Musik, die klang wie von Dancing with the Stars. Der Scheinwerfer wurde weiter und wieder enger, bis er sich so weit verbreiterte, dass er die gesamte Bühne illuminierte. Aus dem Backstage trat eine Frau, deren Kleid so hoch geschlitzt war, dass sie bei jedem Schritt Gefahr lief, ihren Victoria’s-Secret-Slip zu entblößen. Sie tänzelte über die Bühne und winkte der Menge breit lächelnd zu.
Ach du meine Güte. Khloe gab sich alle Mühe, nicht die Augen zu verdrehen.
»Willkommen zur elften jährlichen Maskierten Bachelor Auktion der Rhodonite Society«, begann die Moderatorin. »Und zu einem wundervollen Abend voller Luxus-Dates, Spaß und zehn der bestaussehenden, begehrtesten Bachelor, die Boston zu bieten hat. Jeder Cent des heutigen Abends wird der Blake Literacy Foundation zugutekommen, die das Bewusstsein für Analphabetismus schärft und unterprivilegierten Jugendlichen in Boston Programme, Nachhilfeunterricht und Technologie zur Verfügung stellt.«
Der Saal wurde von Geplapper und Klatschen erfüllt. Khloe hielt weiterhin ein Augenverdrehen zurück. Wer hätte gedacht, dass Alphabetisierung eine solche Aufregung hervorrufen konnte?
»Also dann, legen wir mit unseren Junggesellen los!«, rief die Frau, und im nächsten Augenblick betrat ein Gentleman im Smoking die Bühne. Mit gereckten Schultern und einem neckisch geneigten Kopf hielt er in der Mitte der Bühne an, und seine Selbstsicherheit war ebenso unverkennbar wie die maßgeschneiderte Passform seines edlen schwarzen Anzugs. Nicht einmal die weiße Maske, die sein Gesicht bedeckte, konnte das überbordende Selbstbewusstsein verbergen.
»Unser erster Bachelor ist zwar von der Westküste importiert, nennt aber Boston stolz sein Zuhause. In den zehn Jahren, die er bereits hier lebt, ist er aus vollem Herzen Linksliberaler, Patriots- und Sox-Fan geworden und hat verstanden, dass Krieg – und Autofahren – die Hölle sind.«
Gelächter schallte durch den Raum, und auch Khloe musste über die Stereotypen grinsen, die viele mit gebürtigen Bostonern verbanden.
»Als vielbeschäftigter Investmentbanker wird ihm nachgesagt, mit seiner Arbeit verheiratet zu sein, aber eines schönen Tages würde er sich gern vom Fünfzehnstundentag scheiden lassen und sein Herz einer humorvollen, klugen Frau mit philanthropischer Ader schenken. Die Glückliche, die ihn heute Abend für sich gewinnt, wird mit ihm gen Westen zu einem bezaubernden Wochenendausflug ins pittoreske Aspen, Colorado, aufbrechen. Drei Tage Skifahren, romantische Schlittenfahrten, exquisite Cuisine und Wein vor knisternden Kaminfeuern erwarten Sie. Und natürlich: Shopping.« Die Moderatorin – die Khloe bei sich Gucki-da getauft hatte – lächelte, als engagiertes Raunen einsetzte, und fuhr damit fort, von ihrer Karte abzulesen. »Das klingt traumhaft, oder etwa nicht? Beginnen wir mit einem Startgebot von 5000 Dollar.« Im Publikum reagierte sofort jemand, und Gucki-da nickte in die Richtung. »5000 sind geboten. Wie steht es mit 6000? Sechs. Sieben?«
Bei Siebentausend hob Morgan ihre Tafel, und Khloes Brust zog sich in Panik zusammen.
»Siebentausend Dollar?«, zischte sie ihrer Freundin zu, als diese gerade ihren Arm ein zweites Mal heben wollte. »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich kann dich nicht so viel Geld für ein Date ausgeben lassen! Wer macht denn so was?«
Morgan warf ihr einen ärgerlichen Blick zu, doch Khloe schüttelte nachdrücklich den Kopf. Mit lautem Seufzen ließ die Freundin ihre Bietertafel sinken.
Nach einem wilden Aufgebot kam der erste Junggeselle für 14 000 Dollar unter den Hammer. Großer Gott. Sie hatte dreitausend für dieses vergebliche Unterfangen zusammengekratzt. Kein Wunder, dass Morgan bei ihrer Obergrenze abgewinkt hatte. Teufel noch eins, die Versteigerung begann nicht einmal an ihrer Grenze.
Sie würde letzten Endes wohl doch ohne einen Bachelor nach Hause gehen.
Der Abend nahm seinen Lauf, und Bachelor für Bachelor kam auf die Bühne und stand in stoischer Erwartung da, während die Frauen mit Bietertafeln, Geld und todbringenden Blicken für die Rivalinnen um ihn kämpften. Morgan bot bei Bachelor Nummer vier mit, dessen Lieblingsfilm Mildred Pierce war – wie könnte er kein Volltreffer sein? –, und ebenso bei Nummer sechs, dessen Vorstellung eines romantischen Ausflugs es war, sich in seinem Haus am Cape Cod zu verkriechen, zu plaudern, zu schlafen und mit seiner Traumfrau Liebe zu machen. Wow. Bei diesem Leckerbissen war das Hitzelevel deutlich angestiegen. Doch bei jedem der Männer hatte der Preis die Zehntausend überschritten, und sie konnte nicht zulassen, dass Morgan derartige Unsummen für sie ausgab. Morgans Seufzer waren zu ungeduldigem Brummen geworden.
Kurz darauf kündigte Gucki-da den letzten Junggesellen des Abends an. Khloes Herz schlug hart in der Brust, und ihre Handflächen fühlten sich klamm an. Dieser Mann war ihre letzte Hoffnung. Entweder gewann sie ihn, oder sie würde allein nach Hause gehen und keine Chance haben, noch ein Date für die Weihnachtsgala der Firma zu finden, die bereits in sechs Tagen stattfinden würde. Mit ihren eins achtundsechzig, dem dunkelbraunen Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz oder – bei formelleren Anlässen wie dem heutigen Abend – zu einem Knoten im Nacken gebunden trug, und einem Körper, der auf Brüsten, Hüfte und Arsch gute fünf Kilo mehr Speck verteilt hatte, als gerade in Mode war, glich sie eher einer Fernsehköchin als einem Hollywoodstar. Mit anderen Worten, sie rief keine feuchten Träume hervor.
Was genau der Grund war, dass sie einen Mann kaufen musste, der vorgab, ebenjene zu haben.
»Und hier ist der letzte Bachelor des Abends.«
Ein Mann trat von der linken Seite her auf. Im Gegensatz zu den anderen flanierte oder stolzierte er nicht. Er schritt – zielstrebig und entschlossen. Machtvoll. Jeder langbeinige Schritt brachte ihn der Bühnenmitte näher. Ihr stockte der Atem.
O mein Gott.
Er war nicht der größte Mann des heutigen Abends – diese Ehre wurde dem Mildred-Pierce-liebenden Bachelor Nummer vier zuteil –, doch seine hohe, schlanke Gestalt vibrierte förmlich von jener Art Macht und Würde, die im Normalfall Jägern und Raubtieren auf vier Beinen vorbehalten ist. Im Unterschied zu den anderen Männern trug er keinen Smoking. Doch das makellos geschnittene schwarze Jackett und die Anzughose in Verbindung mit einem ebenfalls dunklen Hemd brachte seine … atemberaubende Männlichkeit voll zur Geltung. Und den Sexappeal. Sie blinzelte. O-kay. Wo war dieser Gedanke hergekommen?
»Obgleich Bachelor Nummer zehn Büros zu beiden Seiten des Atlantiks besitzt, nennt er doch Boston seine Heimatstadt. Als kulturell Interessierter begeistert ihn ein Abend in der Oper genauso wie ein Abend im Pub um die Ecke. Zu seinen Lieblingsmusikern zählen Luciano Pavarotti, The Dubliners und U2, und wenn es nach ihm geht, gibt es keinen besseren Film als den Paten. Die Frau, der es gelingen kann, sein Herz zu stehlen, hat ebenso vielseitige Interessen wie er selbst, ist abenteuerlustig und um die halbe Welt gereist.«
Tja, das schloss Khloe aus. Ihr Leben drehte sich hauptsächlich um ihren Job, ihre Vorstellung von Abenteuer war Online-Gaming, und was das Reisen anging, so war sie genau einmal in Dublin gewesen. Und je weniger Worte über diesen Trip verloren wurden, desto besser.
»Die Glückliche, die ihn als ihr Date gewinnt, wird zwei Tage und Nächte im glamourösen New York City verbringen, wo sie romantische Dinner in Dreisterne-Restaurants, ein Stück am Broadway, ein Konzert, Museen und einen persönlichen Beratungstermin bei Harry Winston in der Fifth Avenue erleben wird.« Ein Murmeln ging durch die Menge, als der berühmte New Yorker Juwelier genannt wurde. Gucki-das Lächeln wurde noch breiter, als ob sie das Geld schon riechen konnte, das dieses Date einbringen würde. »Wir beginnen die Versteigerung mit fünftausend.«
Sofort stieß Morgan ihre Bietertafel in die Luft. Eine weitere Frau tat es ihr gleich. Und noch eine. Und noch eine. Fünf Minuten später befand sich ihre Freundin mitten in einem Bieterkrieg, der kein Ende zu nehmen schien. Ein Schweißtröpfchen perlte ihr die Wirbelsäule entlang. Morgan hatte die vollen Lippen zu einem Strich verzogen, und die hellbraunen Augenbrauen bildeten ein V über blitzenden Augen. Khloe hatte diesen Blick schon vorher gesehen, wenn jemand bei der Arbeit ihre Freundin verärgert hatte. Sie hatte ihn daher Morgans »Verpiss dich, du Sau«-Blick getauft, und wehe dem, der sich ihr dann in den Weg stellte.
»Zwölftausend«, jubelte Gucki-da. »Zwölf. Höre ich dreizehn?«
Morgan hob den Arm. »Dreizehn.«
»Morgan«, keuchte Khloe. »Das kannst du nicht.« Sie griff nach dem Arm der anderen, doch Morgan schüttelte sie ab. »Das ist zu viel ...«
»Du wirst nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Vergiss es. Fünfzehn«, rief sie laut und winkte mit ihrer Tafel.
»Fünfzehntausend sind geboten«, gurrte die Moderatorin. Und bevor sie noch mehr sagen konnte, ging schon ein anderer Arm hoch. »Sechzehn.«
Khloes Magen rutschte ihr in die Kniekehlen, als die Preise sich weiter überschlugen. O Gott. Meinte Morgan das wirklich ernst? Herrje, mit so einer Summe könnte sie sich ein Auto kaufen. Ach was, zwei Autos. Sie schluckte. Ein Bild von Bennett erschien vor ihrem geistigen Auge und verblasste wieder. Die Vorstellung, er könnte sie als etwas anderes sehen als nur die wenig elegante, schüchterne Programmiererin aus der dritten Etage, war ein Traum gewesen – ein wundervoller Traum. Doch sie musste sich davon verabschieden. Ihre momentane Existenz flog ihr in einem trostlosen Medley durch den Kopf. Das stille Appartement. Abendessen für eine Person. Ihr leeres, kaltes Bett. Die Einsamkeit. Dann wurden diese Bilder abgelöst durch solche, die hätten sein können. Ein von Lachen erfülltes, warmes Zuhause. Laute Abendessen mit Kindern. Ein Mann, der sich im Bett von hinten an sie herankuschelte und ihr den Rücken wärmte. Liebe. Verflucht, das tat weh. Und trotzdem … nie und nimmer würde sie sich – oder Morgan – erlauben, so viel Geld für ein Hirngespinst herauszuwerfen.
»Morgan – «
»Zwanzigtausend Dollar«, sagte ihre Freundin gerade und überbot damit das aktuelle Gebot um weitere zweitausend.
Gucki-da blinzelte kurz, erholte sich aber sofort und setzte wieder ihr Kinderschönheitswettbewerbslächeln auf. »Zwanzigtausend. Meine Güte, das ist das höchste Gebot des Abends. Höre ich einundzwanzig?«
Ein Raunen ging durch den Saal, aber es wurde keine weitere Zahl mehr gerufen.
»Zwanzig zum ersten. Zum zweiten. Verkauft an die Nummer 82 für zwanzigtausend Dollar. Herzlichen Glückwunsch!«
Ein dumpfes Wummern klang ihr in den Ohren. Sie hatte es getan. Heiliger Bimbam, Morgan hatte es getan. Wie aus weiter Entfernung hörte sie die Moderation ein paar abschließende Worte sagen. O mein Gott. Ich fliege nicht nach Hawaii, und meine Freundin ist zwanzig Riesen los, aber … O mein Gott. Sie. Hat. Es. Getan.
Morgan drehte sich mit triumphierendem Grinsen zu ihr um. »Und so angelt man sich einen Junggesellen«, stellte sie fest. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie dabei die geballte Faust in die Luft streckte.
Noch ganz benommen konnte Khloe nicht reagieren. Wie angewachsen verharrte sie auf ihrem Stuhl, während die restlichen Bachelor wieder die Bühne betraten. Sofort wanderte ihr Blick zur Nummer zehn – ihrem Date. Er hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben, und sie betrachtete seine breite Brust und die schmale Hüfte, die durch einen dünnen schwarzen Gürtel betont wurde. Ihr wurde heiß im Gesicht, und sie spürte, wie sich die Hitze weiter ihren Hals hinab und unterhalb des hochgeschlossenen Abendkleids ausbreitete. Sie musste dem Drang widerstehen, einen Finger unter das plötzlich luftabschnürende Material des Ausschnitts zu legen und es vom Hals wegzuziehen, um wieder Luft zu bekommen.