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Juli ist von der ersten Sekunde an von Ronan fasziniert. Ihre Ferien auf einer Insel mitten im Meer werden ihr durch Schwimmausflüge mit dem attraktiven Jungen deutlich versüßt. Doch als die beiden sich näher kommen, merkt Julie, dass etwas nicht stimmt. Wieso stößt er sie immer wieder von sich, nur um dann zu ihr zurückzukehren? Als Juli schließlich herausfindet, was Ronan wirklich ist, ist es fast zu spät. Muss er ins Meer zu seinem Volk zurückkehren, oder finden sie gemeinsam einen Weg, die Zukunft an Land zu verbringen? Wird die Liebe siegen? Eine fantastische Liebesgeschichte in sechs Teilen.
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Seitenzahl: 85
DIE AUTORIN
Foto: © Susanne Gerdom
Susanne Gerdom lebt und arbeitet als freie Autorin und Schreibcoach mit ihrer Familie und fünf Katzen am Niederrhein. Sie schreibt seit mehr als einem Jahrzehnt Fantasy und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Alle Teile von »Bernsteinzauber« auf einen Blick:
Grün die Erwartung, Teil 1 (19400)
Rot die Liebe, Teil 2 (19401)
Gelb die Eifersucht, Teil 3 (19402)
Blau die Tiefe, Teil 4 (19403)
Lila die Verzweiflung, Teil 5 (19404)
Golden das Glück, Teil 6 (19405)
Susanne Gerdom
Bernsteinzauber
Grün die Erwartung
Teil 1
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ISBN 978-3-641-19400-0V001
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I’m on your magical mystery ride
Eins
Ich stand an der Reling und war aufgeregt wie ein junges Fohlen, als die Prinzessin Marie endlich unter fröhlichem Tuten ablegte. Möwen flatterten um die Fähre, standen im Wind, ließen sich wie Steine zum Wasser hinunterfallen, entfesselt kreischend wie eine Grundschulklasse, die einen Rummelplatz entert. Auf dem oberen Deck warf jemand Toastbrotstücke in die Luft, nach denen die Möwen schnappten, ich hörte Kinder lachen.
Mit der sonnenbeschienenen Mole blieb auch das vergangene Jahr hinter mir zurück: der Stress der Abiprüfungen, Alex …
Ich schüttelte die dunklen Gefühle ab, die wie Wolkenschatten über meine gute Laune zogen und mir die Freude auf die vor uns liegenden Wochen zu verderben drohten.
Die Masten der Segelschiffe verschwanden hinter dem Heck der Fähre. Vor uns lag die offene Nordsee, kabbeliges Wasser, strahlende Reflexe von der Mittagssonne. Ich kniff Boy in den Arm, der neben mir lehnte, die Augen gegen den Sonnenglast verengt. Der frische Wind zauste seine rotblonden Locken, und er sah in seinem gestreiften T-Shirt und der blauen Sweatjacke so maritim aus, als gehörte er zur Mannschaft.
»Riech mal«, sagte ich enthusiastisch. »Salz! Meer!«
»Ferien«, ergänzte er und schob die Sonnenbrille von seinem Scheitel auf die Nase. »Endlich.« Er drehte sich um und sah mich an. In der Spiegelung der Brillengläser sah ich mich selbst, verzerrt und klein. Braunes Wuschelhaar, bernsteinbraune Augen, Sommersprossen, das erste breite Lächeln seit zwei Monaten. Julia Winter, genannt Juli. Frischgebackene Abiturinhaberin, frisch getrennte …
Ich machte eine weitausholende Handbewegung, die Möwen, Horizont, Meer, Sonne und durch die Luft fliegende Toastbrotstücke einbezog. »Sind wir Glückskinder?«
»Definitiv«, erwiderte er trocken und reckte den Kopf. »Ich hab Durst. Soll ich uns eine Cola holen? Und irgendwo haben wir die Ratte verloren, ich gehe sie suchen.«
Ich sah meinem besten Freund hinterher, wie er sich durch eine Reisegruppe drängte, die gerade ihr Gepäck unter einer der Bänke an der Schiffswand verstaute, dann drehte ich meine Nase wieder in den Wind. Nordsee, für die nächsten Wochen gehörst du ganz und gar mir!
Vielleicht hätte ich ja beunruhigt sein sollen, weil Leo mal wieder abgängig war, aber da sie vor mir eingestiegen war, befand sie sich ziemlich sicher mit uns auf dem Weg zur Insel – mehr konnte man nicht verlangen. Leo war ein Fall für sich. Ich wunderte mich immer noch, dass wir sie zu dem Urlaub hatten überreden können. Lüttje Bant war wirklich nicht gerade Ibiza, was das Nachtleben anging.
Aber Lüttje Bant war dennoch die schönste Insel der Welt!
Ich versank in eine gedankenlose, träumerische Stimmung, in der es nur das Möwengeschrei, die leisen Stimmen der anderen Passagiere, den Wind und das Meer gab. Die Sonne brannte heiß von einem erstaunlich wolkenlosen Himmel. Auf der Fahrt hierher hatte es nach Regen ausgesehen, aber kaum hatten wir den Hafen erreicht, waren die Wolken wie durch einen Zauber verschwunden. Jemand da oben meinte es gut mit uns. Der Meeresgott Poseidon vielleicht – falls er für die Nordsee und die darüberliegenden Gefilde überhaupt zuständig war.
Ich lehnte mich weit über die Reling und starrte in die graublauen Wellen. Gischt spritzte vom Kiel des Schiffes auf. Es roch intensiv nach Tang. »Großer Meeresgott, wie auch immer du heißt: Behüte unsere Fahrt. Wir armseligen, luftatmenden Landratten sind in deiner gütigen Hand …«
»Mit wem unterhältst du dich, mit den Fischen?« Boys amüsierter Kommentar ließ mir die Hitze ins Gesicht schießen. Ich murmelte irgendwas und nahm ihm die Cola ab, die er mir hinhielt.
»Und, hast du Leo gefunden?« Ich hielt die kalte Flasche an meine erhitzte Wange.
Er trank und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Seine Miene spiegelte schlecht verhohlene Verachtung. »Wird schon wieder auftauchen. Wahrscheinlich zugedröhnt oder abgefüllt bis an die Kiemen und wir dürfen sie tragen.«
Ich erwiderte nichts. Meine beste Freundin und mein bester Freund verstanden sich ungefähr so gut wie Ratte und Kater. Wir drei waren seit dem sprichwörtlichen Sandkasten miteinander befreundet, aber Leo hatte im vorigen Jahr eine … nun ja … nennen wir es »eine schwierige Phase« durchgemacht. Und sie hatte Boy nach einer Party das Auto vollgekotzt, und das nahm er ihr immer noch übel.
Boy stellte die Flasche ab und legte die Beine auf die Bank. »Weck mich, wenn wir da sind.« Er schloss die Augen und war, wie es schien, augenblicklich eingeschlafen.
Ich saß noch eine Weile neben ihm, dann begann ich, nach Leo zu suchen.
Im Bordrestaurant ging es zu wie in einer Aufführung von Les Misérables. Der Sturm auf die Selbstbedienungsbarrikaden war gerade im vollen Gange, glücklicherweise unter Verzicht auf lauten Chorgesang. Ich sah mich flüchtig um, aber Leo war nirgends zu sehen. Es hätte mich auch gewundert, sie hasste diese Massenveranstaltungen fast noch mehr als den fröhlichen Urlauber-Sommerlook, der hier vorherrschte.
Ich warf noch einen Blick auf all die hellblauen, zitronenfarbenen und weißen T- und Sweatshirts und die Jeans in allen Stadien der Ausbleichung – nein, Leo steckte definitiv nicht hier.
Auf einem der ruhigen Zwischendecks kurz vor dem Abstieg in den Pkw-Bereich wurde ich dann fündig. Ein papageienbunter, wirrer Haarschopf, Massen an silbernem Klimperkram, Ketten und Karabiner, schwarze Lederstulpen und halbhohe Stiefel, ein kurzer Rock über Leggins, alles in Schwarz mit Löchern und Nieten … Leo in ihrer vollen »ich kann mich nicht entscheiden, ob es Cybergoth oder doch lieber Visu sein soll, aber Emo ist auf jeden Fall out«-Pracht.
Ein abwesender Blick aus dick mit Kajal umrandeten Augen traf mich, als ich näher kam. Leo hockte auf dem ölverschmierten Boden und tippte SMS, wahrscheinlich an ihren Gecko Alfred, der zu Hause in Obhut ihrer kleinen Schwester geblieben war. Sie zog den Ohrstöpsel aus einem Ohr und ließ ihn vor der Brust baumeln, was ein maximales Zugeständnis an mich als ihre beste Freundin darstellte. Ich hörte das ferne Quaken, blechernes Scheppern und dumpfes Grollen eines dieser grauenhaften Musikstücke, die sie so liebte.
»Was hockst du hier herum?« Das kam sehr viel weniger verständnisvoll und freundlich heraus, als ich gewollt hatte, deshalb hängte ich ein Lächeln an die Frage. »Komm mit auf Deck, es ist toll …«
Leo unterbrach mich mit einem dieser unschönen, aber deutlichen Kotzgeräusche. Ich hockte mich neben sie und sagte: »Sorry. Ich wollte dich nicht so anblaffen.«
Sie nickte knapp und tippte weiter. »Wo ist der Terrier?«, fragte sie, ohne aufzublicken.
»Boy ist oben, er schläft.« Ich warf einen Blick auf ihr abweisendes Profil und seufzte. »He, Leo. Wir machen Ferien auf einer wunderschönen Insel mitten im Meer. Du bist freiwillig mitgekommen. Sei ein bisschen besser drauf, ja?«
»So wie du die letzten Wochen?«, schnappte sie.
Ich musste wohl irgendein Geräusch von mir gegeben haben, denn sie sah auf und ihre zornige Miene erweichte sich. »He«, sagte sie erstaunlich sanft, »jetzt muss ich mich wohl entschuldigen. Komm her, Zwergmaus.« Sie legte mir ihren Arm um die Schultern und drückte mich fest, wobei sich diverse Baumarktutensilien schmerzhaft in meinen Körper bohrten.
Wir hockten eine Weile stumm nebeneinander. »Ich geh wieder nach oben«, sagte ich. »Willst du dich nicht ins Auto setzen, wenn du schon hier unten verschimmeln willst?«
»Kein Empfang.« Sie hob kurz das Smartphone, stopfte den Ohrstöpsel zurück an seinen Platz und begann wieder zu tippen.
Ich gab es auf. Leo war und blieb verschroben, aber sie war neben Boy der verlässlichste Mensch, den ich kannte. Und hatte ein stachliges Herz unter einer stachligen Schale, wie sie selbst zu spotten pflegte.
Die Fähre glitt sanft über das Wasser, in der Ferne schimmerte graugrün die Insel Juist, die wir als Erstes anlaufen würden. Dort würde der Großteil der Passagiere von Bord gehen. Auf Lütje Bant gab es kaum Tourismus, dafür war die Insel einfach zu klein.
Ich lehnte weit über der Reling, streckte die Hände nach der aufspritzenden Gischt aus. Möwen kreisten über mir, aufmerksam, kleine fliegende Meeresgötter voller Hoffnung, ich würde irgendwoher das magische Toastbrot zaubern und ihnen opfern.
Die Sonne ließ den Silberring an meiner Hand strahlen, als hätte er eine eigene Lichtquelle. Ich starrte ihn an. Warum trug ich ihn immer noch? Ich hatte schlicht vergessen, dass er an meinem Finger steckte, so sehr hatte ich mich in den letzten Jahren an ihn gewöhnt. Die Gravur, die um ihn herumlief, verspottete mich mit ihrem hämischen Siegesruf. »OMNIAVINCITAMOR« schlang sich um meinen Finger, Schwarz auf Silber. Die Liebe besiegt alles.
Ich zog den Ring ab und betrachtete ihn wie etwas Fremdes. Der Spott traf mich mit Wucht, und ihm folgte der Schmerz. Nein, ich hatte es noch immer nicht überwunden, auch wenn ich jeden Tag versuchte, es mir einzureden. Ich vermisste Alex, sein Lachen, seine Stimme, seine Berührungen, seine Küsse. Die gesamte Oberstufe waren wir zusammen gewesen, das Traumpaar der elften, zwölften und dreizehnten Klasse. Jeder hatte geglaubt, wir würden zusammenbleiben, in eine gemeinsame Wohnung ziehen, vielleicht sogar irgendwann mal heiraten … allen voran ich selbst.