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Juli ist von der ersten Sekunde an von Ronan fasziniert. Ihre Ferien auf einer Insel mitten im Meer werden ihr durch Schwimmausflüge mit dem attraktiven Jungen deutlich versüßt. Doch als die beiden sich näher kommen, merkt Julie, dass etwas nicht stimmt. Wieso stößt er sie immer wieder von sich, nur um dann zu ihr zurückzukehren? Als Juli schließlich herausfindet, was Ronan wirklich ist, ist es fast zu spät. Muss er ins Meer zu seinem Volk zurückkehren, oder finden sie gemeinsam einen Weg, die Zukunft an Land zu verbringen? Wird die Liebe siegen? Eine fantastische Liebesgeschichte in sechs Teilen.
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Seitenzahl: 75
DIE AUTORIN
Foto: © Susanne Gerdom
Susanne Gerdom lebt und arbeitet als freie Autorin und Schreibcoach mit ihrer Familie und fünf Katzen am Niederrhein. Sie schreibt seit mehr als einem Jahrzehnt Fantasy und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Alle Teile von »Bernsteinzauber« auf einen Blick:
Grün die Erwartung, Teil 1 (19400)
Rot die Liebe, Teil 2 (19401)
Gelb die Eifersucht, Teil 3 (19402)
Blau die Tiefe, Teil 4 (19403)
Lila die Verzweiflung, Teil 5 (19404)
Golden das Glück, Teil 6 (19405)
Susanne Gerdom
Bernsteinzauber
Gelb die Eifersucht
Teil 3
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ISBN 978-3-641-19402-4V001
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What’s going on in that beautiful mind
Zehn
Der Morgen dämmerte, und ich fühlte mich, als hätte ich mich die ganze Nacht mit jemandem geprügelt und keine Sekunde geschlafen. Meine Glieder schmerzten, meine Seele fühlte sich wund an und mein Gesicht pochte.
Ich hatte mir noch einen Eisbeutel gemacht, der jetzt als warmer, nasser Lappen auf dem Boden vor meinem Bett lag. Ich trat darauf, als ich aufstand, und gab einen kleinen Aufschrei von mir, der wie der Ruf einer Möwen klang.
Ich tappte zum Bad und blinzelte in das helle Licht über dem Spiegel. Das Gesicht, das meinen Blick erwiderte, gehörte einer Fremden – genauer gesagt: einem mir unbekannten Schreckgespenst. Blass, mit dunklen Ringen unter den Augen, zerrauft herabhängenden Locken und einem dicken Bluterguss auf dem linken Wangenknochen. Wenigstens war das Auge nicht blau geworden, dachte ich. Leo musste mir heute ihren Schminkkoffer ausborgen.
Nach einer superheißen Dusche fühlte ich mich wieder halbwegs menschlich. Ich zog meinen Badeanzug an, schlüpfte in Shorts und Shirt und legte ein Handtuch zurecht. In meinem Magen flatterten aufgeregte kleine Flugwesen und durch meine Adern kribbelten Ameisen. Nach den Ereignissen der letzten Nacht, die mir im Licht des Morgens zunehmend surreal erschienen, war ich noch gespannter als sonst auf das Wiedersehen mit Ronan. Wie würde er sich verhalten? Als wäre nichts Besonderes geschehen, als wären wir nicht beinahe im Sand übereinander hergefallen, nur unterbrochen von dem Überfall durch seine Brüder? Würde er seine Worte wiederholen … dass ich seine Seelengefährtin war?
Ich trank meinen Kaffee im Stehen am Küchenfenster, zu hibbelig, um mich hinzusetzen. Es würde ein schöner Tag werden, das sah man jetzt schon. Warm, sonnig. Perfekt zum Schwimmen und vielleicht, vielleicht ja auch für ein bisschen mehr, während wir in der Sonne langsam trockneten.
Ich riss die Eingangstür auf und flog beinahe bei dem Versuch auf die Nase, nicht auf die Rose zu treten, die auf der Schwelle lag. Eine gelbe, voll erblühte Rose, die zart nach Pfirsich duftete. Ich hob die Blüte auf und sah dann erst den gefalteten Zettel, der darunter gelegen hatte. Mein Herzklopfen wurde stärker, als ich ihn entfaltete und die Worte darauf las: »Sei nicht böse, es klappt heute Morgen nicht.« Keine Unterschrift, aber die brauchte ich nicht. Ich schluckte die Enttäuschung hinunter wie eine fette, brennende Qualle und faltete den Zettel wieder zusammen. Dann kehrte ich in den Bungalow zurück, stellte die Rose ins Wasser und machte Frühstück für drei.
Über meiner Enttäuschung hatte ich vollkommen vergessen, dass ich einen riesigen, hässlichen Bluterguss im Gesicht trug. Erst als Leo hereinschlurfte, gähnend »Guten Morgen« sagte und dann bei meinem Anblick entsetzt aufschrie, erinnerte ich mich wieder daran. »O mein Gott!«, keuchte sie und griff nach meinem Kinn, um mein Gesicht zum Licht zu drehen. »Juli, wer hat dich so zugerichtet?«
»Nicht«, sagte ich hastig und drehte mich weg. »Das ist nichts, Leo. Sieht nur dramatisch aus.«
»Wer. War. Das?!« Sie klang so streng wie unsere alte Deutschlehrerin, Frau Volkers, vor der wir beide solch einen Bammel gehabt hatten. »Sag mir sofort, wie das passiert ist, damit ich diesen Scheißkerl umbringen kann. Er war es doch, oder?« In ihren Augen flammte ein heiliger Zorn, der mich zum Lachen gebracht hätte, wenn ich nicht so einen Schreck bekommen hätte.
»Nein«, rief ich. »Leo, Ronan hat damit absolut nichts zu tun. Na gut, fast nichts.«
»Aha?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich finster an. »Was heißt ›fast nichts‹? Hat er dich nur versehentlich mit seiner Faust gestreift oder hat er dir nur den Ellbogen ins Gesicht gerammt?«
Ich sank auf den Stuhl und schirmte mein Gesicht schützend ab. »Nichts davon«, sagte ich fest. »Er hat mich verteidigt. Nein, genau genommen habe ich versucht, ihn zu verteidigen, und dabei habe ich mir einen Schlag eingehandelt.« Ich wusste noch nicht mal, ob das gezielt gewesen war, wahrscheinlich nicht. Ronans Bruder hatte mich bei seinen Befreiungsversuchen wirklich mit dem Ellbogen getroffen. Ich versuchte, es Leo zu erklären, ohne Ronans Rolle an der Prügelei zu sehr zu thematisieren. »Wir sind in eine Rauferei geraten. Betrunkene vom Rummel. Sie wollten mich nicht – also, ich denke, sie hatten es auf Ronan abgesehen. Ich bin nur irgendwie blöd dazwischen geraten.« Ich sah sie beschwörend an. »Tu mir einen Riesengefallen, Leo. Sag Boy nichts hiervon! Und leih mir deinen Schminkko…«
»Sag Boy nichts wovon?« Er stand in der Tür. Leo trat schweigend beiseite, sodass er mir ins Gesicht sehen konnte. Seine Augen wurden groß, dann verfinsterte sich seine Miene und er holte tief Luft. Ich sah Messer und Granaten in seinem Blick.
»Geh raus«, schrie ich. »Geht beide raus! Lasst mich in Ruhe!«
Natürlich taten sie mir den Gefallen nicht. Stattdessen ließen sie sich rechts und links von mir nieder, jeder griff nach einer meiner Hände und dann fingen sie an, mich zu trösten. Ich musste an mich halten, sonst wäre ich heillos in Tränen ausgebrochen. So kullerten nur ein paar Tränen, die ich wegzwinkerte, und ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ihr seid lieb«, sagte ich. »Wirklich, ich weiß eure Fürsorge zu schätzen. Aber mir ist nichts passiert, jedenfalls nichts, was ein bisschen Make-up nicht beheben könnte.«
Boys Kiefer mahlten. »Er hat dich geschlagen?«, knurrte er und klang dabei wie ein mittelgroßer Kettenhund.
»Nein, das würde er niemals tun. Er ist mein …« Ich verschluckte hastig das Wort, das sich mir auf die Zunge drängte. »… mein Freund«, endete ich ein bisschen lahm.
Leo schnaubte, Boy knurrte ein zweites Mal. »Schöner Freund, wenn er zulässt, dass man dich so zurichtet.«
Leo nickte. Mir platzte der Kragen.
»Er hat sich gegen drei gewehrt!«, knurrte ich zurück. »Drei! Ausgewachsene Muskelprotze, breit wie Schränke! Und wenn ich mich nicht eingemischt hätte, weil ich gefürchtet habe, dass sie ihn umbringen, dann wäre mir auch nichts passiert!« Ich war so wütend, dass ich am liebsten etwas an die Wand geworfen hätte.
Leo tätschelte besänftigend meine Schulter. »Komm wieder runter, Zwergmaus«, sagte sie. »Ist ja gut. Wenn dein Held nicht der Schurke in dem Spiel ist, dann werden wir ihm schon nichts tun.«
Boy murmelte etwas, was sich äußerst missvergnügt anhörte.
Ich nickte mit zusammengepressten Lippen. »Können wir dann bitte zum normalen Tagesprogramm umschalten?«, sagte ich schroff.
Wir frühstückten in angespannter Stille. Leo versuchte ein wenig Konversation zu machen, aber Boy schwieg verbissen, und mir war auch nicht nach Geplauder. Ich sehnte mich nach Ronan. Wieso hatte er unser Treffen abgesagt? Ich verstand es nicht.
Nach dem Frühstück half Leo mir, den blauen Fleck zu übertünchen, und Boy lehnte dabei am Türrahmen, sah uns zu und gab überaus hilfreiche Kommentare zum Besten.
Als Leo mit ihrem Werk zufrieden war – der Fleck war immer noch zu erkennen, aber zumindest sah er jetzt nicht mehr so dramatisch aus – entschieden Leo und Boy spontan, im Café vorbeizuschauen und danach eine kleine Schiffstour zu unternehmen, um auf Juist ein bisschen zu bummeln und dort auch zu Abend zu essen. »Es kommen heute garantiert alle von Juist zum Sommerfest rüber«, sagte Boy. »Wir haben die Insel für uns.«
Ich tat so, als freute ich mich auf diesen Ausflug. Normalerweise hätte ich das auch, ich liebte Fahrten mit dem kleinen Boot, das zwischen den Inseln pendelte. Aber ohne Ronan erschien mir der Tag so trüb wie ein verregneter Novemberabend.
Wie schön wäre es gewesen, diesen Ausflug zu viert zu unternehmen. Ich stellte es mir vor: Ronan und ich Arm in Arm an der Reling, während uns die Gischt ins Gesicht sprühte, über uns ein wolkenloser Himmel, an dem Möwen kreisten, rundum die weite, glitzernde Wasserfläche … Ich seufzte unwillkürlich.