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Bert backt. Okay, das alleine wäre schon erstaunlich, aber was zur Hölle ist hier noch los? Ich komme aus meinem Zimmer und erwarte, die Wohnung vorzufinden wie immer. Doch statt nach Bratfett und Dosenbier riecht es in der Küche plötzlich nach Weihnachten. Nach Gebäck, Tannenzweigen und Kerzenschein. Kein Wunder, der Raum enthält nämlich nicht einen, nicht zwei, sondern gleich drei Adventskränze. Was? Was ist mit Bert los? Warum dekoriert er die Wohnung wie ein Weihnachtswunderland und backt Bleche voll Plätzchen ... von denen eins übler schmeckt als das nächste? Arnold erkennt seinen brummigen Mitbewohner nicht wieder. Ist Bert vom Zauber der Adventszeit besessen? Oder hat seine Backwut einen anderen Grund? Finde es heraus in dieser gayromantischen Kurzgeschichte!
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Impressum
Bert backt
Text Copyright © 2023 Regina Mars
Alle Rechte am Werk liegen beim Autor.
Regina Mars
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70736 Fellbach
Alle Rechte vorbehalten
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.
Bert backt.
Okay, das alleine wäre schon erstaunlich, aber was zur Hölle ist hier noch los?
Ich komme aus meinem Zimmer und erwarte, die Wohnung vorzufinden wie immer: chaotisch, männlich und … na ja, nennen wir es »rustikal«. Damit meine ich, dass der Aschenbecher auf dem Küchenbalkon eine leere Dose Knackwürstchen ist. Immerhin raucht Bert draußen.
Statt nach Bratfett und Dosenbier riecht es in der Küche plötzlich nach Weihnachten. Nach Gebäck, Tannenzweigen und Kerzenschein. Kein Wunder, der Raum enthält nämlich nicht einen, nicht zwei, sondern gleich drei Adventskränze. Was?
»Wozu brauchst du drei Adventskränze?«, frage ich.
Bert dreht sich zu mir um und runzelt die Stirn. Und ich frage mich, ob ich gleich was aufs Maul kriege. Bert sieht immer aus, als gäbe es gleich was aufs Maul.
»Erster Advent, Junge«, knurrt er.
Richtig. Das hätte ich lieber vergessen. Mein Abgabetermin naht.
»Ah ja.« Ich kratze mich am Bauch. »Und deshalb musst du die Küche in ein Weihnachtswunderland verwandeln?«
Es sind nicht nur die drei Adventskränze. Es sind auch die künstlichen Tannenzweige mit integrierter Lichterkette, die sich um die Stuhllehnen winden. Es sind die Goldengel, die von der Decke schweben und pausbäckig vor sich hin trompeten. Es ist die gigantische Spieluhr auf dem Tisch, die den Raum mit plärrendem Geklimper erfüllt, und auf der ein Zug durch einen verschneiten Wald ruckelt. Grauenvoll.
Ehrlich, das Un-Weihnachtslichste in dieser Küche ist Bert selbst. Ein tätowierter Bär mit einer »Hier grillt der Chef«-Schürze ist nicht das, was ich mir unter einem Weihnachtswichtel vorstelle. Hätte ich das gewusst, wäre ich nie hier eingezogen.
»Hast du ein Problem mit Weihnachtswunderländern?« Seine Stimme erinnert an ein aufziehendes Gewitter.
»Nein, nein.« Ich huste. »Kein Problem. Solange die Weihnachtswunder nicht die Kaffeemaschine überwuchern.«
Er deutet auf die Kaffeemaschine, die glücklicherweise noch am gleichen Platz steht. Ein metallisch schimmernder Sticker prangt darauf: Tannenzapfen mit roten Beeren. Die Maschine funktioniert noch, und wenige Minuten später mischt sich der Duft nach frisch gebrühtem Kaffee in den nach Weihnachtshölle.
»Was backst du?«, frage ich und setze mich an den Tisch. Die blöden Tannenzweige um die Lehnen piksen.
»Vanillekipferl.«
Fasziniert sehe ich zu, wie er mit seinen Schlachterhänden kleine Hörner formt und auf das Backblech legt. Krumm und schief. Die meisten sehen aus wie geschmolzene Nasen.
»Cool.« Mehr fällt mir dazu nicht ein. Mein Schädel brummt. Nicht, weil ich gestern gesoffen hätte, sondern, weil ich bis vier Uhr morgens geschrieben habe, was früher kein Problem war. Leider ist nicht früher. Ächzend lasse ich die Schultern kreisen und warte darauf, dass der Kaffee mich von meiner Müdigkeit erlöst.
Bert wirkt deutlich fitter als ich, dabei ist er noch älter. Vielleicht sollte ich mal mit ihm trainieren gehen. Allerdings sind unsere Arbeitszeiten so unterschiedlich, dass wir uns kaum sehen. Wenn er zur Arbeit geht, schlafe ich noch. Wenn ich arbeite, geht er schon ins Bett.
»Wie läuft’s mit dem Gürteltier?«, fragt er und ich stöhne.
»Scheiße läuft‘s. Richtig scheiße.«
»Wieso?«
»Gestern kam der siebte Entwurf zurück. Mit Änderungswünschen.«
Er formt ein Vanillehörnchen, das einem überfahrenen Mond ähnelt. »Wieso musst du so viel ändern? Dachte, du bist ein Profi.«
»Bin ich.« Ich werfe ihm einen bösen Blick zu, aber er ist mit seinem Teig beschäftigt. »Aber der verdammte Regisseur meint, es wäre noch nicht weihnachtlich genug. Zu wenig Spirit of Christmas. Was immer er damit meint. Es ist Gunilla das Gürteltier. Wie drehen hier keinen zukünftigen Klassiker.«
Gunilla das Gürteltier ist Satan in Gürteltierform und außerdem eine beliebte Kinderbuchreihe. Es gibt schon siebenunddreißig Bände. Und eine Serie.