Besonderes Verwaltungsrecht - Michael Rotaug - E-Book

Besonderes Verwaltungsrecht E-Book

Michael Rotaug

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Beschreibung

Dieses Lehrbuch greift zentrale Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts auf. Systematisch werden das Gewerberecht, Baurecht, Straßen- und Straßenverkehrsrecht, Versammlungsrecht und Umweltrecht vorgestellt. Die Nutzer bekommen die Grundlagen und Strukturprinzipien des jeweiligen Rechtsgebietes erläutert. Die Auswahl der Rechtsgebiete orientiert sich an den Studien- und Ausbildungsinhalten der Fachhochschulen für die öffentliche Verwaltung, der Verwaltungsschulen und Studieninstitute. Aber auch Studenten der Rechtswissenschaften und Praktiker können dieses Buch mit Gewinn lesen.

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Holger Weidemann Michael Rotaug Torsten F. Barthel

Besonderes Verwaltungsrecht

Autoren

Torsten F. Barthel, LL. M.

ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der BA Kommunalberatung Berlin und nebenamtlicher Dozent an den Studieninstituten Hannover und Brandenburg. Er hat zudem wiederholt Lehraufträge an einer Universität übernommen.

Michael Rotaug

ist bei der Landeshauptstadt Hannover beschäftigt. Seit vielen Jahren ist er als nebenamtlicher Dozent am Niedersächsischen Studieninstitut für Kommunale Verwaltung e.V. tätig. Er ist zudem am Institut Fachkoordinator für den Bereich Baurecht und damit für die inhaltliche Weiterentwicklung dieses Faches und die Qualifizierung der (nebenamtlichen) Fachlehrer verantwortlich.

Holger Weidemann (Prof.)

ist seit vielen Jahren hauptberuflich am Niedersächsischen Studieninstitut für Kommunale Verwaltung e.V. tätig. Er kann zudem auf eine langjährige Lehrtätigkeit an einer (kommunalen) Fachhochschule zurückblicken.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN 978-3-7869-0973-6

ISBN 978-3-7869-0697-1

© 2009 und 2013 by Maximilian-Verlag, Hamburg

Ein Unternehmen der Tamm Media

Alle Rechte vorbehalten

Produktion: Inge Mellenthin

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1

Holger Weidemann/Torsten F. Barthel

Das verwaltungsrechtliche System

1

.

Vorbemerkungen

1.1   Das Verwaltungsrecht – Überblick

1.1.1

Abgrenzung Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht

1.1.2

Formelles und materielles Verwaltungsrecht

1.2   Verfassungsrechtliche Wurzeln

1.3   Kontrolle des Verwaltungshandelns

1.4   Schlussbetrachtung

1.5   Vertiefung

Kapitel 2

Holger Weidemann

Das Gewerberecht

2

.

Gewerberecht in Deutschland

2.1

Die Grundzüge des Gewerberechts

2.1.1

Der Grundsatz der Gewerbefreiheit

2.1.2

Bereiche des Gewerberechts – Ein Überblick

2.1.3

Gesetzgebungskompetenz und Verwaltungsvollzug

2.1.4

Schlüsselbegriffe des Gewerberechts

2.1.4.1

Vorbemerkung

2.1.4.2

Der Gewerbebegriff

2.1.4.3

Zuverlässigkeit

2.1.4.4

Sachkunde

2.1.4.5

Weitere Anforderungen

2.1.5

Instrumente des Gewerberechts

2.1.5.1

Anzeigepflicht und Überwachungsbefugnisse

2.1.5.2

Erlaubnisvorbehalt

2.1.5.3

Beschränkende und eingreifende Maßnahmen

2.1.5.4

Instrumente des Gewerberechts – Übersicht

2.2

Die Gewerbeordnung

2.2.1

Anwendungsbereich und Grundstruktur des Gesetzes

2.2.2

Der Gewerbetreibende

2.2.3

Arten der gewerblichen Betätigung

2.2.3.1

Überblick

2.2.3.2

Stehendes Gewerbe

2.2.3.3

Reisegewerbe

2.2.3.4

Marktverkehr

2.2.4

Gewerbezentralregister

2.2.5

Eingriffsbefugnisse

2.3

Das Gaststättenrecht

2.3.1

Zielsetzung und Anwendungsbereich des Gaststättenrechts

2.3.2

Gaststättenrechtliche Erlaubnisse

2.3.2.1

Erlaubnispflicht und Erlaubnisarten

2.3.2.2

Die Gaststättenerlaubnis

2.3.2.3

Ausübungsregel

2.3.2.4

Gaststättenrechtliche Eingriffsgrundlagen

2.3.2.5

Nachbar- und Konkurrentenschutz

2.4

Die Handwerksordnung

2.4.1

Grundlagen und Funktion des Handwerksrechts

2.4.2

Formen des Handwerksbetriebs

2.4.2.1

Handwerksbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO

2.4.2.2

Der handwerkliche Nebenbetrieb

2.4.2.3

Der handwerkliche Hilfsbetrieb

2.4.2.5

Anwendbarkeit Handwerksordnung – Übersicht

2.4.3

Instrumente des Handwerksrechts

2.4.3.1

Eintragung in die Handwerksrolle

2.4.3.2

Überwachung

2.4.3.3

Löschung der Eintragung

2.4.3.4

Untersagung

2.4.3.5

Schließung

2.5

Vertiefung

2.5.1

Rechtsprechung

2.5.2

Literatur

2.5.3

Fallbearbeitungen

Kapitel 3

Michael Rotaug

Das Baurecht

3

.

Öffentliches Baurecht und „Baufreiheit“

3.1

Einleitung

3.2

Bauordnungsrecht

3.2.1

Grundsätze des Landesbaurechts, Musterbauordnung

3.2.2

Verfahrensrecht

3.2.3

Genehmigungsvorbehalt

3.2.3.1

Rechtsnatur der Baugenehmigung

3.2.3.2

Wirkung der Baugenehmigung

3.2.3.3

Einschränkungen der Genehmigungspflicht

3.2.3.4

Bauvorbescheid

3.2.3.5

Genehmigungsverfahren

3.3

Materielle Anforderungen im Baugenehmigungsverfahren

3.3.1

Landesrechtliche Normen

3.3.1.1

Baugrundstück

3.3.1.2

Abstandsrecht

3.3.1.3

Einstellplätze

3.3.1.4

Abweichungen (Ausnahmen, Befreiungen)

3.3.2

Städtebauliches Planungsrecht

3.3.2.1

Vorhabenstatbestand

3.3.2.2

Planungsrechtliche Zulassungsnormen

3.3.2.3

Baumaßnahmen von überörtlicher Bedeutung, § 38 BauGB

3.4

Baurechtliche Eingriffsbefugnis

3.5

Bauleitplanung der Gemeinde

3.5.1

System der Zweistufigkeit der Planung

3.5.2

Baunutzungsverordnung (BauNVO)

3.5.2.1

Art der baulichen Nutzung

3.5.2.2

Maß der baulichen Nutzung

3.5.2.3

Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche

3.5.3

Rechte und Pflichten der Gemeinde im Rahmen ihrer Planungshoheit

3.5.3.1

Planerforderlichkeit

3.5.3.2

Ziele der Raumordnung

3.5.3.3

Abwägungsgrundsatz

3.5.4

Bauleitplanverfahren

3.5.4.1

Beginn des Verfahrens

3.5.4.2

Aufstellungsbeschluss (§ 2 Abs. 1 S. 2 BauGB):

3.5.4.3

Festlegung von Umfang und Detaillierungsgrad für die Ermittlung der Umweltbelange (§ 2 Abs. 4 S. 2 BauGB)

3.5.4.4

Frühzeitige Beteiligung der Behörden (§ 4 Abs. 1 BauGB)

3.5.4.5

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB)

3.5.4.6

Beteiligung der Behörden (§ 4 Abs. 2 BauGB)

3.5.4.7

Beteiligung der Öffentlichkeit zum Entwurf (§ 3 Abs. 2 BauGB)

3.5.4.8

Stellungnahmen zur Beteiligung

3.5.4.9

Abschluss des Verfahrens

3.5.4.10

Zusammenfassende Erklärung

3.5.4.12

Verfahrensarten

3.5.4.13

Plansicherungsinstrumente, §§ 14, 15 BauGB

3.6

Literatur

3.6.1

Kommentarliteratur

3.6.2

Fallbearbeitungen

Kapitel 4

Holger Weidemann

Versammlungsrecht – Ein Eckpfeiler der Demokratie

4

.

Das Versammlungsrecht

4.1.

Allgemeine Bedeutung der Versammlungsfreiheit

4.2.

Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit

4.3.

Das Versammlungsgesetz

4.3.1

Anwendungsbereich

4.3.2

Grundstruktur – Überblick

4.3.3

Anmeldepflicht

4.3.4

Eingriffsbefugnisse

4.3.5

Verhältnis zum allgemeinen Polizeirecht

4.4.

Ausblick

4.5

Vertiefung

4.5.1

Rechtsprechung

4.5.2

Literatur

4.5.3

Fallbearbeitungen

Kapitel 5

Holger Weidemann

Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht

5

.

Bedeutung und Grundzüge des Straßen- und Straßenverkehrsrechts

5.1.

Straßen in Deutschland

5.2.

Rechtliche Grundlagen – Gesetzgebungskompetenz

5.2.1

Rechtsquellen des Straßenrechts

5.2.2

Rechtsquellen des Straßenverkehrsrechts

5.2.2.1

Funktion des Straßenverkehrsrechts

5.2.2.1

Rechtliche Grundlagen

5.2.3

Das Verhältnis von Straßen- und Straßenverkehrsrecht

5.3

Grundzüge des Straßenrechts

5.3.1

Die Entstehung einer Straße

5.3.1.1

Herstellung einer Straße

5.3.1.2

Die Widmung

5.3.1.3

Indienststellung

5.3.1.4

Klassifizierung der Straßen

5.3.1.5

Die sachenrechtliche Funktion der Widmung

5.3.2

Die Benutzung der öffentlichen Straße

5.3.2.1

Der Gemeingebrauch

5.3.2.2

Anliegergebrauch und Anliegerrecht

5.3.2.3

Öffentliche Versammlungen und Gemeingebrauch

5.3.2.4

Sondernutzung

5.3.2.5

Sondernutzungsgebühren

5.3.2.6

Die unerlaubte Sondernutzung

5.4

Grundzüge des Straßenverkehrsrechts

5.4.1

Zulassung zum Straßenverkehr

5.4.1.1

Zulassung der Verkehrsteilnehmer

5.4.1.2

Zulassung von Fahrzeugen

5.4.2

Allgemeine Verhaltensregeln, Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, Erlaubnisse

5.4.2.1

Allgemeine Verhaltensregeln

5.4.2.2

Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

5.4.2.3

Erlaubnisse

5.4.3

Sanktionen

5.4.3.1

Allgemein

5.4.3.2

Verkehrsstraf- und Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht

5.4.3.3

Verkehrsstrafrecht

5.4.3.4

Verkehrsordnungswidrigkeiten

5.4.3.5

Nebenfolge Fahrverbot

5.4.3.6

Verlust der Fahrerlaubnis

5.4.3.7

Sonstige Maßnahmen

5.4.4

Verwaltung

5.4.5

Schlussbetrachtung

5.4.6

Vertiefung

5.4.6.1

Rechtsprechung

5.4.6.2

Literatur

5.4.6.3

Fallbearbeitung

Kapitel 6

Torsten F. Barthel

Das Umweltrecht

6.1

Einführung

6.1.1

Überschneidungsbereiche des Umweltrechts

6.1.2

Die Entwicklung des Umweltrechts

6.1.3

Neue Strategien des Umweltschutzrechts

6.1.3.1

Emissionsrechtehandel

6.1.3.4

Kraftfahrzeugsteuerreform

6.1.3.5

Umweltmanagement und Umwelt Betriebsprüfung

6.1.4

Europa- und internationalrechtliche Aspekte des Umweltrechts

6.1.5

Verfassungsauftrag Umweltschutz nach Art. 20 a GG

6.1.6

Gesetzgebungskompetenzen

6.1.7

Verwaltungskompetenzen

6.1.8

Kommunalisierung von Umweltschutzaufgaben

6.2

Prinzipien des Umweltrechts

6.2.1

Vorsorge- und Schutzprinzip

6.2.2

Verursacher- und Gemeinlastprinzip

6.2.3

Kooperationsprinzip

6.2.4

Die umweltrechtliche Selbstregulierung

6.3

Administrative Kontrollinstrumentarien des Umweltschutzrechts

6.3.1

Anzeigepflichten

6.3.2

Gesetzliches Verbot mit Erlaubnis- oder Genehmigungsvorbehalt

6.3.3

Behördliche Überwachung

6.3.4

Behördliche Verbote und Ordnungsverfügungen

6.3.5

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit behördlicher Maßnahmen

6.3.6

Behördliche Warnungen und Empfehlungen

6.4

Gebiete des Umweltrechts

6.4.1

Das Immissionsschutzrecht

6.4.1.1

Zielrichtung

6.4.1.2

Begriffe

6.4.1.3

Materielle Genehmigungsvoraussetzungen und Betreiberpflichten

6.4.1.4

Anforderungen bezüglich der Stilllegung

6.4.1.5

Überwachung und nachträgliche Anordnungen

6.4.1.6

Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen

6.4.1.7

Verfahrensrecht

6.4.1.8

Präklusion

6.4.1.9

Verkehrsbezogener Immissionsschutz

6.4.1.10

Gebiets- und verhaltensbezogener Immissionsschutz

6.4.1.11

Rechtsverordnungen

6.4.1.12

Technische Anleitungen (TA)

6.4.1.13

IVU-Richtlinie

6.5

Das Bodenschutzrecht

6.5.1

Zweck und Anwendungsbereich

6.5.2

Grundpflichten nach BBodSchG

6.5.2.1

Vorsorgepflichten

6.5.2.2

Sanierungspflichten

6.5.2.3

Gefahrenabwehr durch Eigentümer und Besitzer

6.5.3

Umgang mit Altlasten

6.5.4

Entsiegelung von Böden und Einbringungen

6.5.5

Landesrecht

6.6

Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht

6.6.1

Abfallbegriff

6.6.1.1

Subjektiver Abfallbegriff

6.6.1.2

Objektiver Abfallbegriff

6.6.2

Entsorgungsverantwortung

6.6.2.1

Prinzipielle Entsorgungspflicht der Erzeuger und Besitzer von Abfällen

6.6.2.2

Grundsatz der Abfallvermeidung

6.6.2.3

Produktverantwortung

6.6.3

Abfallrechtliche Überwachung

6.6.4

Ausgestaltung des Abfallrechts durch Verordnungen

6.6.5

Planungsverantwortung

6.7

Das Wasserrecht

6.7.1

Gesetzgebungskompetenzen

6.7.2

Anwendungsbereich des WHG

6.7.2.1

Gewässer

6.7.2.2

Grundwasser

6.7.3

Die Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung

6.7.3.1

Bewirtschaftungsprinzip

6.7.3.2

Sorgfaltsgebot

6.7.4

Das Verhältnis zum Grundeigentum

6.7.5

Nutzung von Gewässern

6.7.6

Der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz

6.7.7

Wasserschutzgebiete

6.7.7.1

Festlegung von Wasserschutzgebieten

6.7.7.2

Inhalt der Anordnungen

6.7.7.3

Entschädigungsregelungen

6.7.8

Privatrechtliche Haftungsregelungen im WHG

6.8

Das Naturschutzrecht

6.8.1

Rechtsgrundlagen, System

6.8.2

Flächennaturschutz

6.8.3

Biotopschutz

6.8.4

Die Schutzgebietskategorien

6.8.4.1

Ausweisung von Gebieten

6.8.5

Eingriff in Natur und Landschaft

6.8.5.1

Dreistufige Prüfung des Eingriffs

6.8.5.2

Eingriff nach § 21 BNatSchG i. V. m. BauGB

6.8.6

Artenschutz

6.9

Die Umweltverträglichkeitsprüfung

6.9.1

Verfahren

6.9.1.1

Stellungnahme von Behörden

6.9.1.2

Beteiligung der Öffentlichkeit

6.9.1.3

Einbeziehung anderer Mitgliedstaaten der EU

6.9.1.4

Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren

6.9.1.5

Zugänglichmachung der Genehmigungsentscheidung

6.9.2

Verfahrens- und Klagerechte der Verbände

6.9.3

Normenkontrolle

6.10

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz

6.11

Das Umweltstrafrecht

6.12

Vertiefung

6.12.1

Literatur

6.12.2

Fallbearbeitung

6.12.3

Rechtsprechung

Abkürzungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandels (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) verlangt, dass die behördlichen Maßnahmen in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig sein müssen. Eine Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen formuliert Anforderungen, die von der Verwaltung zu beachten sind. Dabei ist zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen Verwaltungsrecht zu unterscheiden. Regelt das Allgemeine Verwaltungsrecht Themen, die regelmäßig für alle verwaltungsrechtlichen Gebiete eine Bedeutung entfalten (z.B. Begriff des Verwaltungsakts, Verfahrensgrundsätze, Wirksamkeitsvoraussetzungen), so konkretisiert das Besondere Verwaltungsrecht für die unterschiedlichen Lebensbereiche Rechte und Pflichten des Bürgers auf der einen und Handlungsoptionen für die Verwaltung auf der anderen Seite.

Das Besondere Verwaltungsrecht umfasst eine Vielzahl sachbezogener Rechtsbereiche. Hierzu zählen beispielsweise das Baurecht, das Gewerberecht und das Umweltrecht. Im Studium und in der Aus- und Weiterbildung kommt dem Besonderen Verwaltungsrecht großes Gewicht zu. Üblicherweise werden in einzelnen Bereichen (z.B. im Baurecht) grundlegende Kenntnisse erwartet. Zusätzlich werden häufig bestimmte Themen als Wahlpflichtangebote aufgegriffen (z.B. Gewerberecht). Immer wieder sind Themen des Besonderen Verwaltungsrechts Gegenstand von Klausuren und sonstigen Leistungsnachweisen (z.B. Hausarbeiten).

Erfahrungen aus langjähriger Lehrtätigkeit der Verfasser zeigen, dass grundlegende Kenntnisse in wichtigen Rechtsgebieten des Besonderen Verwaltungsrechts zu besseren Ergebnissen bei Leistungsnachweisen führen. Nun gibt es zu fast allen Rechtsgebieten umfassende Lehrbücher. Doch nicht jeder Studierende hat Zeit, für ein 40 Stunden umfassendes Kursangebot mehrere hundert Seiten umfassende Lehrbücher zu bewältigen.

Unser Lehrbuch bietet nun die Chance, solide Kenntnisse in wichtigen Rechtsmaterien des Besonderen Verwaltungsrechts mit vertretbarem Zeiteinsatz zu erwerben. In den sechs Kapiteln

• Das verwaltungsrechtliche System

• Gewerberecht

• Baurecht

• Straßen- und Straßenverkehrsrecht

• Versammlungsrecht

• Umweltrecht

werden wesentliche Ausbildungsinhalte vermittelt. Es gibt jeweils einen Überblick über die Systematik des jeweiligen Rechtsgebietes. Es werden zentrale Rechtsbegriffe vorgestellt und behördliche Instrumente beleuchtet. Die Art der Darstellung verfolgt damit das Ziel, selbstständig Grundlagen und Strukturen der behandelten Rechtsgebiete herausarbeiten zu können. Am Ende eines jeden Kapitels bietet ein umfangreiches Quellenangebot (wichtige Entscheidungen, Aufsätze, Lehrbücher und Fallbearbeitungen) die Grundlage für eine eigenständige Vertiefung.

Dieses Buch richtet sich vor allen Dingen an Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Lehrveranstaltungen an Fachhochschulen, Studieninstituten und Verwaltungsschulen. Durch die Kombination von Grundlagenwissen mit umfangreichen Vertiefungshinweisen können auch Studierende an weiterführenden Bildungseinrichtungen (z.B. Universitäten) die Beiträge mit Gewinn lesen. Ferner hilft das Buch dem Verwaltungspraktiker, sich schnell einen Überblick über ein neues Sachgebiet verschaffen.

Verbesserungen, Anregungen aber auch Lob sind immer willkommen. Die elektronische Anschrift lautet: [email protected]

Berlin/Hannover/Syke

Torsten F. Barthel

Michael Rotaug

Holger Weidemann

Kapitel 1

Holger Weidemann/Torsten F. Barthel

Das verwaltungsrechtliche System

1. Vorbemerkungen

Das Verwaltungsrecht umfasst die geschriebenen und ungeschriebenen Rechtssätze, die in spezieller Weise für die Verwaltung, namentlich für die Verwaltungstätigkeit, das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsorganisation gelten.1 Es handelt sich um ein Teilgebiet des öffentlichen Rechts.

Abb.: 1

Da staatliche und kommunale Verwaltungen in zunehmendem Umfang auch auf Organisations- und Handlungsformen des Privatrechts zurückgreifen, regelt das Verwaltungsrecht nur einen Ausschnitt der Erscheinungsformen und Aktivitäten der öffentlichen Verwaltung. Zuordnungsobjekt des Verwaltungsrechts ist die öffentliche Verwaltung.2 Das Verwaltungsrecht hat aber nicht nur die Verwaltungsbehörden im Fokus, vielmehr regeln die meisten Rechtssätze des Verwaltungsrechts die Rechtsbeziehungen zwischen den Verwaltungsträgern und dem (privaten) Bürger. So fordert das Straßenverkehrsrecht vom Verkehrsteilnehmer die Beachtung bestimmter zwingender Regeln und sieht bei einem Regelverstoß konkrete Sanktionen vor. Das Bauplanungsrecht regelt, welche Grundstücke bebaut werden können. Im Bauordnungsrecht werden die Voraussetzungen festgelegt, welche Bauvorhaben nicht ohne vorherige Baugenehmigung errichtet werden dürfen und unter welchen Voraussetzungen die Verwaltung verpflichtet ist, eine beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Das Verwaltungsrecht begründet damit Rechte und Pflichten der Bürger (nur) im Verhältnis zur Verwaltung.

Der Bestand an verwaltungsrechtlichen Bestimmungen unterliegt ständigen Veränderungen. Dabei werden Verwaltung und Verwaltungsrecht maßgeblich von den Verfassungen ihrer Zeit bestimmt.3 Zutreffend wurde daher bereits frühzeitig vom „Verwaltungsrecht als konkretisiertem Verfassungsrecht“4 gesprochen. So hat beispielsweise die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit nach Art. 12 GG wesentliche Leitlinien für das besondere Verwaltungsrecht gesetzt. Auch der europäische Integrationsprozess nimmt zunehmend Einfluss auf das deutsche Verwaltungsrecht.5

Die neuesten verwaltungsrechtlichen Reformentwicklungen drehen sich um den Einsatz von Marktinstrumenten als Ausdruck einer „Ökonomisierung“ des Verwaltungsrechts – neue Verfahrensprinzipien wie Transparenz und Diskriminierungsfreiheit gewinnen insbesondere im Infrastrukturverwaltungsrecht an Bedeutung. Einseitiges hoheitliches Handeln im Rahmen starrer Verfahrensvorgaben wird ergänzt um sog. „Rule-making-Prozesse“ zwischen den Beteiligten (Behörde und Privater). Dabei wird der Begriff des Kooperationsverwaltungsrechts geprägt. Beispiele finden sich im öffentlichen Vergaberecht und im Telekommunikationsrecht6.

Zudem gibt es eine ständige Wechselbeziehung zwischen dem konkreten Verwaltungshandeln auf der einen Seite und der gerichtlichen Kontrolle auf der anderen Seite. Hier kommt ein grundlegendes Prinzip einer Demokratie, nämlich die Rechtsschutzgarantie, zum Tragen. So bestimmt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ausdrücklich, dass, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, ihm der Rechtsweg offen steht.

Weite Bereiche des staatlichen Handelns werden durch normative Vorgaben gesteuert. Damit gewinnt die Frage an Bedeutung, welche staatliche Instanz berechtigt ist, die für erforderlich gehaltenen rechtlichen Regelung zu setzen oder auch wieder abzuschaffen. Dabei kommen in der Bundesrepublik der Bund, die jeweiligen Bundesländer und die Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. Hochschulen, Kammern, Kommunen) als Normsetzungsinstanzen in Betracht.

In den Art. 70 ff. GG sind die wesentlichen Regelungen über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenz zwischen dem Bund und den Bundesländern enthalten. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung in Art. 72 Abs. 2 GG. Soweit dem Bund kein Recht zur Gesetzgebung zusteht, obliegt es den Bundesländern, die erforderlichen Vorschriften zu erlassen.7 Die mit der Föderalismusreform 2006 vorgenommene Neuverteilung der Kompetenzen hat zu einer Stärkung der Bundesländer geführt. Die Länder haben beispielsweise in Teilen des Gewerberechts (siehe S. 18 ff.) und des Versammlungsrechts (siehe S. 119 ff.) neue Gestaltungsspielräume gewonnen. Neben den Parlamenten ist in bestimmtem Umfang auch die Exekutive berechtigt, Recht zu setzen. Als Handlungsformen kommen Rechtsverordnungen und Satzungen in Betracht. Welche praktische Bedeutung diese exekutive Rechtsetzung entfaltet, lässt sich exemplarisch am Bereich des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) ermessen. Neben dem BImSchG als Parlamentsgesetz steuern zurzeit 24 Durchführungsverordnungen, die Bundesimmissionsschutzverordnungen, diesen Lebensbereich. Ebenso wie die Satzung ist die Rechtsverordnung eine sog. abgeleitete Rechtsquelle: Die Befugnis zum Erlass von Satzungen und Rechtsverordnungen beruht auf der Abtretung staatlicher Rechtsetzungsbefugnisse.

1.1 Das Verwaltungsrecht – Überblick

1.1.1 Abgrenzung Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht

Dem Allgemeinen Verwaltungsrecht werden diejenigen Regelungen zugeordnet, die grundsätzlich für alle Bereiche des Verwaltungsrechts gelten. Verfügungen, Entscheidungen oder andere hoheitliche Maßnahmen, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf die unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, kommen sowohl im Abfallrecht, Gewerberecht, Umweltrecht und Zwangsvollstreckungsrecht vor. Im Interesse einer Entlastung der Fachgesetzgebung und zur Herausbildung einheitlicher Begrifflichkeiten wurde daher im Verwaltungsverfahrensgesetz der Begriff des Verwaltungsakts – als zentrale Handlungsform der Verwaltung – einheitlich definiert (§ 35 Satz 1 VwVfG). Die Entlastungsfunktion und die Vereinheitlichung von Verfahrensabläufen sind starke Motoren für die Kodifizierung des Allgemeinen Verwaltungsrechts gewesen. So finden sich im Allgemeinen Verwaltungsrecht8 Aussagen über die Handlungsformen der Verwaltung (siehe etwa zum Verwaltungsvertrag in § 54 ff. VwVfG), über die für eine Entscheidung zu beachtenden Verfahrens- und Formvorgaben, Bestimmungen über bestimmte Verfahrensarten (z.B. Planfeststellungsverfahren in §§ 72 ff. VwVfG), die (Verwaltungs-) Kontrolle (Widerspruchsverfahren in §§ 79 f. VwVfG) und den Vollzug von Verwaltungsentscheidungen (Zwangsmitteleinsatz).9 Die wesentlichen Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsrechts finden sich in drei Bundesgesetzen, nämlich dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Weitere Verfahrensregelungen enthalten die Verwaltungsvollstreckungsgesetz und dem Verwaltungszustellungsgesetz. Da nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes in der Regel die Bundesländer für den Vollzug der (Bundes- und Landes-)Gesetze zuständig sind, haben diese eigene verfahrensrechtliche Vorschriften erlassen.10 Dabei gibt es eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den bundesrechtlichen und landesrechtlichen Regelungen. Es liegt jedoch keine vollständige Kodifikation des Allgemeinen Verwaltungsrechts vor. So fehlt es beispielsweise an allgemeinen Bestimmungen über sog. Realakte der Verwaltung, über den Erlass von Verwaltungsvorschriften und über die Rechtsnachfolge im öffentlichen Recht.

Dagegen umfasst das Besondere Verwaltungsrecht das Recht der einzelnen Tätigkeitsbereiche der Verwaltung. Es enthält das Fachrecht zur inhaltlichen Bewältigung der anstehenden Aufgaben und Probleme. Zu nennen sind beispielsweise das Schulrecht, das Recht der Gefahrenabwehr, das Infrastrukturrecht, das Waffenrecht, das Hochschulrecht (siehe ferner Abb.: 2, S. 16). Die Regelungsdichte in den einzelnen Bereichen ist unterschiedlich. Ist etwa im Bereich des Immissionsschutzes eine tief gestaffelte Normstruktur zu erkennen, so kann dies für das Gewerberecht so nicht gesagt werden. Obgleich auch hier eine große Zahl von Vorschriften vorhanden ist, können doch weite Bereiche der Gewerbeausübung ohne jede behördliche Zulassung aufgenommen und ausgeübt werden.

Grundlegendes Prinzip des verwaltungsrechtlichen Systems ist die Wechselbeziehung von Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht.11 So gewinnt das Allgemeine Verwaltungsrecht aus dem Vollzug des Besonderen Verwaltungsrechts die Materialien, aus denen sich nach Abstreifung des Besonderen das Allgemeine herausschälen lässt.12 Dagegen erhält das Besondere Verwaltungsrecht durch die Vorgaben des Allgemeinen Verwaltungsrechts eine gewisse Stabilität und durchgehende Strukturen. So lässt sich auch vermeiden, dass einzelne Bereiche des Besonderen Verwaltungsrechts allzu inkohärente Entwicklungen nehmen.

1.1.2 Formelles und materielles Verwaltungsrecht

Für das Verständnis des Verwaltungsrechts und seine Anwendung ist die Unterscheidung zwischen formellem und materiellem Verwaltungsrecht von erheblicher Bedeutung. Benennt eine Norm inhaltliche Vorgaben für die Entscheidung in der Sache, so zählen diese Vorschriften zum materiellen Recht. Übt ein Gewerbetreibender ein erlaubnisfreies Gewerbe aus und erweist er sich als unzuverlässig, so bestimmt § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO, dass die Gewerbeausübung untersagt werden muss. Die Gewerbeuntersagung ist also „die Entscheidung in der Sache“. Die Vorgaben des materiellen Verwaltungsrechts beziehen sich auf die inhaltliche Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung. In den Bauordnungen der Länder ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben genehmigt werden kann13. Weite Teile des Besonderen Verwaltungsrechts sind dem materiellen Verwaltungsrecht zuzuordnen. Das formelle Verwaltungsrecht regelt dagegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns in verfahrensmäßiger Hinsicht. So gehören zum formellen Recht die Vorschriften über die Zuständigkeit (z.B. §§ 3, 48 Abs. 5 VwVfG), das Verfahren (z.B. §§ 9, 10, 20, 21, 29 VwVfG), die Form der Entscheidung (z.B. § 37 Abs. 2, § 39 VwVfG) und die Art der Bekanntgabe (§ 41 VwVfG). In der modellhaften Vorstellung haben die formellen Vorschriften keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung in der Sache. Den Vorschriften des Verwaltungsverfahrens wird nämlich regelmäßig nur eine dienende Funktion zugemessen. Besonders augenfällig wird diese Funktion formeller Vorschriften im Hinblick auf die §§ 45, 46 VwVfG. So kann unter bestimmten Voraussetzungen ein formeller Fehler (nachträglich) geheilt werden oder bleibt gar (völlig) unbeachtlich. Nur in seltenen Fällen führt eine Verletzung formeller Vorschriften zur Aufhebung eines Verwaltungsakts. In begrenztem Umfang enthalten auch die materiellen Gesetze formelle Vorschriften (z.B. § 35 Abs. 4 GewO; § 10 Abs. 7 BImSchG; § 89 Abs. 3 NBauO). Ist zweifelhaft, ob eine Norm dem formellen oder materiellen Verwaltungsrecht zuzurechnen ist, muss die Frage beantwortet werden, ob ihre Anwendung die Entscheidung in der Sache unmittelbar beeinflusst oder nicht. Liegt ein unmittelbarer Einfluss vor, handelt es sich um eine Norm des materiellen Rechts.

1.2 Verfassungsrechtliche Wurzeln

Prägenden Einfluss auf das verwaltungsrechtliche System haben die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Als höherrangiges Recht fließen sie in die Ausgestaltung des Verwaltungsrechts ein. Zunächst zu nennen sind die Grundrechte. Auch heute noch liegt eine wichtige Funktion der Grundrechte in der Abwehr staatlicher Hoheitsgewalt14. Als Abwehrrechte setzen sie Grenzen für die Ausübung der Staatsgewalt und schaffen damit Freiräume für die Bürger. Eine derartige Zielrichtung verfolgen z.B. Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 8 (Versammlungsfreiheit). Eine besondere Bedeutung kommt dem Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 GG) zu. Der Gleichheitssatz verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln.15 Er ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender sachlicher Grund für eine Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt; mit anderen Worten, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss.16 Dem Gleichheitsgebot kommt insbesondere dann eine maßgebliche Rolle zu, wenn die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat. Je nach Fallgestaltung kann im Zuge der nach § 40 VwVfG gebotenen Interessenabwägung auch anderen Grundrechten eine besondere Bedeutung zukommen.

Art. 1 Abs. 3 GG bestimmt, dass die Grundrechte die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Damit haben die Verwaltungen in ihrem konkreten Handeln die grundrechtlichen Vorgaben der Verfassung zu beachten. Die Verfassung trifft auch eine Entscheidung über das Verhältnis von Staat und Bürger. So hat das Bundesverwaltungsgericht17 zum Menschenbild des demokratischen Staates folgendes ausgeführt: „Der Einzelne ist zwar der öffentlichen Gewalt unterworfen, aber nicht Untertan, sondern Bürger. Darum darf er in der Regel nicht lediglich Gegenstand staatlichen Handelns sein. Er wird vielmehr als selbständige, sittlich verantwortliche Persönlichkeit und deshalb als Träger von Rechten und Pflichten anerkannt.“ Darüber hinaus ist die Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit enthält zwei Komponenten, die mit Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes bezeichnet werden. Der Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes bringt die Bindung der Verwaltung an die bestehenden Gesetze zum Ausdruck. Die Behörden müssen den Gesetzen entsprechend handeln und dürfen keine den Gesetzen widersprechende Maßnahmen erlassen. Das Vorrangprinzip erstreckt sich auf das gesamte Verwaltungshandeln. Demgegenüber beschränkt sich der Gesetzvorbehalt nur auf einen (wenn auch bedeutenden) Ausschnitt des Verwaltungshandelns. Er verlangt aber gegenüber dem Vorrangprinzip mehr: Danach darf die Verwaltung nur tätig werden, soweit sie ausdrücklich durch Gesetz hierzu ermächtigt worden ist. Die Reichweite des Gesetzesvorbehalts ist umstritten18. Keinen Streit gibt es aber darüber, dass der Gesetzesvorbehalt die Eingriffsverwaltung erfasst. Eingriffe in Eigentum und Freiheit müssen daher regelmäßig auf einer gesetzlichen Grundlage basieren. Will eine Behörde also etwa eine unzulässige Handwerksausübung verbieten, benötigt sie eine gesetzliche Grundlage, die die Maßnahme stützt. Ein eingreifender Verwaltungsakt ist daher nur rechtmäßig, wenn es eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt und er ansonsten in formeller und materieller Hinsicht mit der Rechtsordnung im Einklang steht. Das Verwaltungshandeln steht insbesondere unter dem Postulat der Verhältnismäßigkeit. Hiernach dürfen staatliche Maßnahmen im Hinblick auf den verfolgten Zweck nicht über das erforderliche und geeignete Maß hinaus unangemessen in die Rechtsposition eingreifen. Soweit eine einfachgesetzliche Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes fehlt, wird er regelmäßig aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Freiheitsgrundrechten abgeleitet. Das Gebot demokratischer Legitimation in Art. 20 Abs. 2 GG und die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG runden die verfassungsrechtlichen Vorgaben ab.

1.3 Kontrolle des Verwaltungshandelns

Die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutzgarantie gegen Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt ermöglicht es erst, dass die den Bürgern in den Grundrechten materiell gewährten Abwehrrechte gegenüber dem Staat verfahrensrechtlich durchsetzbar sind. Zu den Rechten im Sinne dieser Verfassungsnorm zählen neben den Grundrechten aber auch subjektive Rechte aus einfachgesetzlichen Vorschriften. Art. 19 Abs. 4 GG dient primär dem Schutz subjektiver Rechte. Eine ähnliche Zielsetzung beinhaltet § 42 Abs. 2 VwGO. Das Rechtschutzkonzept ist damit nicht auf eine objektivrechtliche Überprüfung des Verwaltungshandelns ausgerichtet. Somit sind die sog. Popularklagen regelmäßig ausgeschlossen. Klagen von Verbänden und sonstigen Interessengruppen bedürfen daher einer besonderen gesetzlichen Zulassung. Solche Sonderregelungen finden sich z.B. im Niedersächsischen Naturschutzgesetz (§ 60 c) und im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (s.S. 200 f.). Inhaltlich gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG zunächst eine vollständige und wirksame gerichtliche Überprüfung der Akte der öffentlichen Gewalt. Eine Einschränkung erfährt dieser umfassende Überprüfungsansatz bei materieller Präklusion (siehe z.B. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG) und der gerichtlichen Überprüfung von Ermessens- und Beurteilungsspielräumen. Nach § 114 Satz 1 VwGO untersucht das Gericht bei Ermessensentscheidungen der Verwaltung nur, ob ihr bei der Ermessensausübung Fehler unterlaufen sind. Den Gerichten ist es aus Gründen der Gewaltenteilung verwehrt, eigene Ermessensentscheidungen zu treffen.19 Art. 19 Abs. 4 GG kann seine zentrale Funktion aber nur dann erfüllen, wenn Rechtsschutz überhaupt in Anspruch genommen werden kann. Sind eingreifende Verwaltungsmaßnahmen bereits vollzogen worden, bevor eine gerichtliche Überprüfung der Anordnung erfolgt ist, liefe der Rechtsschutzgedanke ins Leere. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet aber auch in derartigen Fällen effektiven Rechtsschutz durch die Möglichkeiten der Erlangung nachträglichen bzw. vorläufigen Rechtsschutzes. Entsprechende Verfahren sind in der VwGO vorgesehen (§ 113 Abs. 1 Satz 4, § 80 Abs. 5, § 123 VwGO). Zudem muss der Rechtsschutz in angemessener Zeit gewährt werden. Auch darf die Verwaltung nicht grundlos vollendete Tatsachen schaffen, ohne dass der Bürger rechtzeitig Rechtsschutz erlangen kann.

Eine zentrale Rolle spielt dabei eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit. Rechtliche Grundlage für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist zunächst die Verwaltungsgerichtsordnung. Ergänzende Vorschriften finden sich in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen (z.B. Nds. AG VwGO). So ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Auch wenn das Rechtsschutzkonzept an den subjektiven Rechten der Bürger ausgerichtet ist, darf die generalisierende Wirkung der Entscheidungspraxis der Gerichte nicht unterschätzt werden. Hinsichtlich des konkreten Verwaltungshandelns entfalten (zumindest) obergerichtliche Entscheidungen häufig über den Einzelfall hinausgehende (sog. präjudizielle) Wirkungen. Zudem obliegt es den Verwaltungsgerichten die einschlägigen das Verwaltungshandeln steuernden Normen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Maßstab ist dabei das höherrangige Recht; insbesondere das Verfassungsrecht. Anknüpfungspunkte sind hier die inzidente und abstrakte Normenkontrolle (siehe auch Art. 100 GG). Eine herausragende Rolle kommt den Gerichten bei der Auslegung und Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe zu. Sie sind in allen Rechtsgebieten anzutreffen, haben aber gerade im (technischen) Sicherheitsrecht eine besonders gewichtige Funktion. So ist die Frage, wann „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinne des BImSchG vorliegen, nur durch Auslegung einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe zu beantworten. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG versteht man darunter Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Auslegungsarbeit der Gerichte dient damit der Rechtssicherheit und der Befriedung des Rechtslebens. Die Gerichte sind dabei aufgerufen, sich ändernde gesellschaftliche Gegebenheiten bei der Fortentwicklung des Rechts zu berücksichtigen.

Die klassische gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen wird neuerdings häufiger durch Mediationsverfahren ergänzt oder sogar ersetzt20. Bei diesen Verfahren wird ein unabhängiger Dritter, der Mediator, bemüht, um die Konfliktbeteiligten zu einer einvernehmlichen Bewältigung des Streits zu bewegen. Für diese Verfahren sprechen die schnellere Konfliktlösung, Kostenersparnisse, eine veränderte Stellung der Bürger und eine höhere Akzeptanz hinsichtlich der vereinbarten Regelung. Produziert ein Gerichtsverfahren, das mit einem Urteil abschließt, Gewinner und Verlierer, so steht im Mediationsverfahren die (akzeptierte) Problemlösung im Vordergrund. Diesen Vorteilen steht aber ein gravierender Nachteil gegenüber: Bei der Suche nach einem (u.U.) gesetzesunabhängigen Interessenausgleich kann das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Schaden nehmen. Die Dritte Gewalt würde eine wichtige Funktion einbüßen.21

1.4 Schlussbetrachtung

Das Modell der Gewaltenteilung sieht die legislative Programmsteuerung der Verwaltung durch demokratisch legitimierte Parlamente, den Vollzug dieser Vorgaben durch die Exekutive und die an subjektiven Rechten des Einzelnen orientierten Kontrolle durch unabhängige Verwaltungsgerichte vor. Verwaltungs- und Verfassungsrecht stehen dabei nicht beziehungslos nebeneinander. Diese Aussage hat insbesondere für Rechtsanwender praktische Konsequenzen, wenn (rechtliche) Spielräume auszufüllen sind. Diese Spielräume können sich beispielsweise bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und der Ermessensbetätigung ergeben.

Verfassungsrechtliche Vorgaben, Allgemeines Verwaltungsrecht, gerichtliche Entscheidungen und europarechtliche Vorgaben21a üben Einfluss auf das Besondere Verwaltungsrecht aus. Da das Besondere Verwaltungsrecht vielfältige Instrumente bereit hält, um gesellschaftliche Aufgaben zu bewältigen, gibt es auch Rückwirkungen auf die zuvor genannten Bereiche.

Abb.: 2

Wechselbeziehungen

Das Grundkonzept des Verwaltungsverfahrensrechts, das immer noch eine tragende Bedeutung hat, geht von der klassischen gesetzesvollziehenden Verwaltung aus.22 In den Verwaltungsbehörden wird eine Vielzahl von Entscheidungen im Gewerbe-, Bauordnungs-, Straßenverkehrs- und Umweltrecht getroffen. Es ist aber zumindest fraglich, ob dieses Modell den neuen Herausforderungen, denen es gegenübersteht, gerecht werden kann. Stichworte der veränderten Herausforderungen sind: Gewährleistungs- und Infrastrukturverwaltung, Wissensgesellschaft, Informationsgesellschaft, mehrpolige Verwaltungsentscheidungen, Kooperationsverwaltungsrecht, Zunahme von Planungsentscheidungen.23 Eine Neubewertung des Verfahrensrechts als lediglich „dienender Funktion“ der anschließenden Verwaltungsentscheidung wird unausweichlich sein.

1.5 Vertiefung

Jarras, Hans D./Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar, 8. Aufl. 2006.

Kopp, Ferdinand/Ramsauer, Ulrich, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2008.

Reineck, Karl-Michael, Allgemeine Staatslehre und Deutsches Staatsrecht, 15. Aufl. 2007.

Suckow, Horst/Weidemann, Holger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2008.

Brüning, Christoph, Verwaltungsrecht lernen mit System, Jura 2002 S. 316 ff.

Schäffer, Michael, Europäische Dienstleistungsrichtlinie – Umsetzung in der kommunalen Praxis, DVP 2009, S. 222 ff.

Schmidt-Aßmann, Eberhard, Verwaltungsverfahren und Verwaltungskultur, NVwZ 2007 S. 40 ff.

Thiele, Alexander, Die Neuregelung der Gesetzgebungskompetenzen durch die Föderalismusreform – ein Überblick, JA 2006 S. 714 ff.

Voßkuhle, Andreas, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, JuS 2007 429 ff.

Weidemann, Holger, Bürokratieabbau: Sonntags versprochen – Montags Versprechen gebrochen, DVP 2007 S. 403 ff.

_________

1Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 1; zur Begriffbestimmung siehe auch Ehlers, in Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 32 f.

2Maurer (a.a.o.) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass es „das der Verwaltung eigene Recht ist“.

3Maurer, a.a.O., § 2 Rdnr. 1.

4Fritz, DVBl. 1959 S. 527.

5 Eingehend siehe Reineck, Allgemeine Staatslehre und Deutsches Staatsrecht, 15. Aufl., Rdnrn. 977 ff.

6Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. 2005, S. 191 ff. Vgl. § 61 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz sowie Art. 41 VergabekoordinierungsRL.

7 Vertiefend zur Gesetzgebungkompetenz im Bundesstaat siehe Reineck, a.a.O., Rdnrn. 780 ff.

8 Das öffentliche Recht kennt drei Säulen des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Neben dem VwVfG sind die Abgabenordnung (AO) und das Sozialgesetzbuch (SGB X) zu nennen. Da in diesem Buch weder sozialrechtliche noch abgabenrechtliche Fragen aufgegriffen werden, erfolgt nur eine Berücksichtigung der ersten Säule. Nicht zu Unrecht wird das VwVfG auch als „Grundgesetz der Verwaltung“ (Schily, NVwZ 2001 S. 883 (887)) bezeichnet.

9 Mitunter werden auch das öffentliche Sachenrecht, das Recht der Anstaltsnutzung und das Staatshaftungsrecht zum Allgemeinen Verwaltungsrecht gezählt.

10 Zu den Wechselbeziehungen von Bundes- und Landesrecht siehe nur Weidemann, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Beitrag A 15 Nds, Einf. Ziff. 1, § 1 Ziff. 1.1; Weidemann/Barthel, Verwaltungsverfahrensgesetz Sachsen-Anhalt, Kommentar, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Beitrag A 15 SAn; Einführung Ziff. 1, Barthel/Weidemann, Verwaltungszustellungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Beitrag A 18 SAn, Einf. Ziff. 1, 2.1, § 1 Ziff. 2.

11Brüning, Jura 2002 S. 316 (317).

12Maurer, a.a.O., § 3 Rdnr. 3 a.

13 Siehe z.B. § 75 Abs. 1 NBauO.

14 Grundrechte können zudem Teilhabe-, Leistungs- und Mitwirkungsrechte enthalten.

15 BVerfGE 49, 148 (165); BVerwG NVwZ 2004 S. 350 f.; zur Weiterentwicklung dieser klassischen Formel siehe nur BVerfGE 85, 238 (244) sowie Sachs; JuS 1997 S. 124.

16 BVerfGE 78, 104.

17 BVerwGE 1, 159 (161); diese Entscheidung bezieht sich zwar zunächst auf den Bereich der Daseinsvorsorge, hat aber in der Grundaussage auch Bedeutung für den Bereich der Eingriffsverwaltung.

18 Siehe zum Problem nur Maurer, a.a.O., § 6 Rdnrn. 9 ff.

19 Vgl. nur BVerfG, NVwZ 1993 S. 666 (669).

20 Instruktiv: http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/mediation/index.html#verfahren

21 Zum Thema Mediation im verwaltungsgerichtlichen Verfahren siehe Ortloff, NVwZ 2002 S. 1310 ff.; Bargen DVBl. 2004 S. 468 ff.; Wagner/Engelhardt, NVwZ 2001 S. 370 ff.

21a So hat die Europäische Dienstleistungsrichtlinie auch in Deutschland das Verwaltungsverfahren massiv beeinflusst und in weiten Teilen eine neue Verwaltungsstruktur begründet; vgl. dazu Bernhardt, GewArch 2009 S. 100 ff., Ziekow, GewArch 2007 S. 217 ff.; ferner 4. VwVfÄndG vom 11.12. 2008 (BGBI I S. 2418) zur Änderung des VwVfG (Art. 1) und der Handwerksordnung (Art. 8; Stichwort: Verfahren über eine einheitliche Stelle).

22 Einzelheiten siehe Schmidt-Aßmann, NVwZ 2007 S. 40 ff. (41 f.).

23 Vertiefung ebenda, S. 42 ff.

Kapitel 2

Holger Weidemann

Das Gewerberecht

2. Gewerberecht in Deutschland

2.1 Die Grundzüge des Gewerberechts

2.1.1 Der Grundsatz der Gewerbefreiheit

Der Begriff der Gewerbefreiheit ist eng mit der Entwicklung des politischen und wirtschaftlichen Liberalismus des 18. Jahrhunderts verbunden. Die Gewerbefreiheit erschien nach Überwindung der wirtschaftsfeindlichen Zunft- und Ständegesellschaft als tragendes Prinzip einer liberalen Wirtschaftsverfassung. Gespeist von dem Gedanken der Trennung der Bereiche Staat und Gesellschaft gehörte die Gewerbeausübung in die staatsfreie Sphäre der Gesellschaft. Dem Staat kam allein eine Schutzfunktion zu. Er sollte einen gewissen Ordnungsrahmen setzen und gewerbespezifische Gefahren abwehren. Mit der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21.6.1869 wurde die gesetzliche Grundlage für die Gewerbeausübung geschaffen. Obgleich dieses Gesetz in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Änderungen erfahren hat, galt es praktisch bis zum 1.1.19781. In den Folgejahren hat die GewO dann immer wieder kleinere aber auch größere Änderungen erfahren (s. z.B. § 13-Erprobungsklausel). Die Gewerbeordnung wird daher zu Recht auch heute noch als das „Grundgesetz des Gewerberechts“ bezeichnet2. Das Gewerberecht bezweckt die Verhinderung von Gefahren und Nachteilen, die von der Gewerbeausübung für die Öffentlichkeit oder für die schutzwürdigen Belange der Arbeitnehmer oder für die Kunden ausgehen können. Zunehmend greift hierbei auch der Umweltgedanke Raum.

Der Grundsatz der Gewerbefreiheit ist als Leitprinzip des Gewerberechts in § 1 Abs. 1 GewO aufgenommen worden. Danach ist der Betrieb eines Gewerbes jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Die Gewerbefreiheit ist damit zur Regel erhoben worden. § 1 Abs. 1 GewO vermittelt ein subjektiv-öffentliches Recht3 auf ungehinderten Zugang zu einem Gewerbe. Auf die Gewerbefreiheit können sich neben natürlichen Personen auch juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts berufen. Es gibt zwar keine ausdrückliche Vorschrift, die auch juristische Personen in den Regelungsbereich einbezieht, doch setzt die GewO die Gewerbeausübung durch juristische Personen als selbstverständlich voraus.

Der Grundsatz der Gewerbefreiheit gilt aber nicht uneingeschränkt. Er erfährt unter unterschiedlichen Aspekten Einschränkungen, die mit wichtigen öffentlichen Interessen begründet werden. § 1 Abs. 1 GewO erfasst nur den Zugang zu einem Gewerbe (sog. „Ob“ der gewerblichen Betätigung). Dagegen wird die Ausübung des Gewerbes (sog. „Wie“) nicht von dieser Vorschrift erfasst. Derartige Ausübungsregelungen können sich aus ganz unterschiedlichen Normen ergeben (siehe z.B. Rauchverbot in Gaststätten). Damit wird die Gewerbefreiheit zutreffend als Gewerbezulassungsfreiheit bezeichnet4. Aber auch die GewO enthält bestimmte Beschränkungen. Zu nennen sind hier beispielsweise die Vorschriften über die vorhergehende Zulassung (siehe §§ 30 f.). Zudem kann die Gewerbeordnung nicht nur durch Vorschriften dieses Gesetzes eingeschränkt werden. Als Norm des einfachen Bundesrechts genießt die GewO gegenüber anderen Bundesgesetzen keinen höheren Rang. Damit können durch Bundesgesetze weitere Einschränkungen formuliert werden (siehe z.B. Handwerksordnung oder Personenbeförderungsgesetz).

Das Grundgesetz kennt, anders als die Weimarer Reichsverfassung (Art. 151 Abs. 3 WRV), kein eigenständiges Grundrecht der Gewerbefreiheit. Dennoch erfährt die Gewerbefreiheit über Art. 12 Abs. 1 GG einen verfassungsrechtlichen Schutz. Jedes Gewerbe wird vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst. Damit sind (bundesrechtliche) Beschränkungen der Gewerbefreiheit auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu prüfen. Der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erstreckt sich aber nur auf Deutsche. Da Ausländer von dieser Grundrechtsnorm nicht erfasst werden, kommt für diesen Personenkreis dem § 1 Abs. 1 GewO eine besondere Bedeutung zu5. Zudem erfährt die Gewerbefreiheit über das Rechtsinstitut des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes einen weiteren verfassungsrechtlichen Schutz. Die h.L. ordnet dieses Recht als eigentumsfähige Position dem Art. 14 GG zu.6

2.1.2 Bereiche des Gewerberechts – Ein Überblick

Das Gewerberecht gehört zum Wirtschaftsverwaltungsrecht und hier zum Bereich der Wirtschaftsüberwachung7. Es bezweckt die Abwehr spezifischer Gefahren, die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung heraus ergeben können. Wie das BVerwG8 ausdrücklich festgestellt hat, ist die Gewerbeordnung besonderes Ordnungsrecht und daher zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestimmt. Sie soll die Allgemeinheit und den Einzelnen gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen schützen, die erfahrungsgemäß durch bestimmte wirtschaftliche Betätigungen herbeigeführt werden können. Neben dem allgemeinen Gewerberecht hat sich aber in den letzten Jahrzehnten ein zunehmend umfangreicheres besonderes Gewerberecht herausgebildet. Wichtige Spezialmaterien sind aus der GewO ausgegliedert worden.

Abb.: 1

Zum Bereich des besonderen Gewerberechts zählen beispielsweise das Gaststättenrecht, die Handwerksordnung und das Personenbeförderungsrecht.

Waren früher Anforderungen an Anlagen, die im Hinblick auf ihre Gefahrenintensität einer besonderen Überwachung bedurften, in der Gewerbeordnung geregelt (siehe §§ 16 ff. GewO a.F.), so haben sich hier eigenständige Regelungsbereiche herausgebildet. Hierzu zählen z.B. das Immissionsschutzrecht und das Abfallrecht (siehe auch Kapitel 6). Da in diesem Bereich weniger die gewerbliche Tätigkeit, denn die Sicherheit der Anlage im Vordergrund steht, zählen diese Vorschriften heute zum „sonstigen besonderen Ordnungsrecht“. Damit steht im Fokus des Gewerberechts primär die Abwehr von Gefahren, die von der Person des Gewerbetreibenden ausgehen kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Gewerberecht in bestimmten Fällen keine weitergehenden Anforderungen (z.B. an Betriebsräume) stellt (siehe nur § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO; § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG und nachfolgend Ziff. 2.1.4.5).

Dem Allgemeinen Gewerberecht kommt hinsichtlich der speziellen gewerberechtlichen Bestimmungen eine Auffangfunktion zu. Mitunter ist dies auch ausdrücklich gesetzlich normiert worden (siehe § 31 GastG).

2.1.3 Gesetzgebungskompetenz und Verwaltungsvollzug

Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zählt das Recht der Wirtschaft grundsätzlich zur konkurrierenden Gesetzgebung. Erfasst wird hier auch das Gewerberecht.9 Durch die Föderalismusreform sind aber einzelne Gebiete des Gewerberechts aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung ausgegliedert worden. So unterliegt nunmehr das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen und der Märkte der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Im zuvor skizzierten Zusammenhang war für die Neuverteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten bedeutsam, dass Kompetenzen mit besonderem Regionalbezug und solche Materien, die eine zwingende bundesgesetzliche Regelung nicht erfordern, auf die Länder verlagert werden sollten. Nach Art. 125a Abs. 1 GG gilt das Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, wegen der Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG aber nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden. Damit ist immer zunächst zu klären, ob zwischenzeitlich eine landesrechtliche Regelung für die genannten Bereiche erlassen worden ist. Wird diese Frage verneint, ist auf die Bundesregelungen zurückzugreifen. Die Übergangsregelung sichert zumindest für eine Übergangszeit noch eine einheitliche Rechtslage im Bereich des Gewerberechts. Ob die Stärkung der Kompetenzen der Ländergesetzgebung zu einem innovativen Wettbewerb in der Rechtsetzung führt oder aber nur einer unübersichtlichen Zersplitterung rechtlicher Vorgaben und behördlicher Instrumentarien Vorschub leisten wird, bleibt abzuwarten. Soweit im Bereich des Gewerberechts die konkurrierende Gesetzgebung verbleibt, haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG).

Neben der legislativen Programmsteuerung durch den Parlamentsgesetzgeber sind der Verwaltung weit reichende Befugnisse zum Erlass von Rechtsverordnungen eingeräumt worden (z.B. §§ 33; 34 Abs. 2; 34a Abs. 2; 34b Abs. 8; 34c Abs. 3 GewO; § 18 GastG; § 45 HandwO). Die zuständigen Minister haben in erheblichem Umfange von den Verordnungsermächtigungen Gebrauch gemacht. Den Rechtsverordnungen kommt damit im Gewerberecht eine gewichtige Rolle zu. So ist beispielsweise auf Grund des § 34a Abs. 2 GewO die Bewachungsverordnung erlassen worden. Sie regelt u.a. das Unterrichtungsverfahren, die Sachkundeprüfung, den Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die Zulässigkeitsanforderungen an Beschäftigte, Meldepflichten, Bestimmungen über den Datenschutz und die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, Fragen des Dienstausweises und die Unterrichtungspflichten der Strafverfolgungsbehörden gegenüber den Gewerbebehörden.

Der Gesetzgeber hat in bestimmten Bereichen (z.B. § 13 GewO) sog. Erprobungsklauseln geschaffen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Erprobung vereinfachender Maßnahmen, insbesondere zur Erleichterung von Existenzgründungen und Betriebsübernahmen, für einen Zeitraum von fünf Jahren Ausnahmen von Berufsausübungsregeln nach den entsprechenden Gesetzen und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen zu erlassen. Den Ländern ist hier somit ein weiterer Gestaltungsspielraum zugestanden worden.

Der Vollzug der bundesrechtlichen gewerberechtlichen Vorschriften liegt bei den Ländern (Art. 83 GG). Die Länder legen dann fest, welche Behörden jeweils für den Gesetzesvollzug zuständig sind. Häufig ist aus entsprechenden Zuständigkeitsverordnungen die konkrete Behördenzuständigkeit ersichtlich. In den Flächenländern kommt den Kommunen eine gewichtige Rolle bei der Umsetzung der gewerberechtlichen Vorgaben zu. Die hier eingerichteten sog. Gewerbeämter sind aber strikt von den Gewerbeaufsichtsbehörden (sog. Sonderbehörden) zu unterscheiden. Letzte nehmen regelmäßig auf Grund landesrechtlicher Zuweisung Vollzugsaufgaben im Bereich des Arbeits- und Umweltschutzes war (vgl. auch § 139b GewO).

Um eine weitgehend einheitliche Handhabung des Gesetzesvollzug zu erreichen, werden von den zuständigen Stellen Verwaltungsvorschriften erlassen. Zudem kommt den Empfehlungen des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ eine wichtige Rolle zu.

2.1.4 Schlüsselbegriffe des Gewerberechts

2.1.4.1 Vorbemerkung

Bestimmte Rechtsbegriffe entfalten eine zentrale Funktion für das Verständnis des Gewerberechts. Zunächst ist der Gewerbebegriff zu nennen. Erst wenn eine (wirtschaftliche) Aktivität als Gewerbe einzustufen ist, kommen die Vorgaben des Gewerberechts zum Tragen. Zudem formuliert die Rechtsordnung unterschiedliche Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit das Gewerbe materiell rechtmäßig ausgeübt werden kann. Welche Anforderungen dies nun im konkreten Fall sind, hängt entscheidend von der Art des ausgeübten Gewerbes ab. Allen Gewerbetreibenden gemeinsam ist, dass sie zuverlässig sein müssen. So wird die Frage des Verhaltens im Straßenverkehr für einen Taxifahrer ein anderes Gewicht haben, als für einen Gastwirt. Von einem Elektriker werden andere Sachkenntnisse verlangt werden müssen, als von einem Boutiquebetreiber. Betreibt jemand einen Home-sitting-service (siehe § 34a GewO Bewachungsgewerbe), so wird der Kunde erwarten können, dass der Gewerbetreibende bisher nicht wegen Eigentumsdelikten verurteilt worden ist. Für bestimmte gewerbliche Aktivitäten wird der Nachweis bestimmter Sachkunde gefordert. Besonders ausgeprägt ist dieses Erfordernis im Handwerksrecht. Ferner können sich für bestimmte Gewerbe weitere Anforderungen ergeben, die die Betriebsräume und technischen Einrichtungen und/oder die Gewerbeausübung betreffen.

2.1.4.2 Der Gewerbebegriff
2.1.4.2.1 Grundsatz

Entscheidende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung wie auch der gewerberechtlichen Nebengesetze ist die Ausübung eines Gewerbes. Obgleich es sich hier um einen Schlüsselbegriff des Gewerberecht handelt, enthält die GewO keine Legaldefinition. Mit Blick auf die Vielschichtigkeit gewerblicher Aktivitäten hatte bereits der Gesetzgeber von 1869 auf die Formulierung einer entsprechenden Begriffsbestimmung verzichtet. Damit kam bei der Entwicklung des Gewerbebegriffes den Gerichten eine zentrale Rolle zu. Nach allgemein anerkannter Auffassung wird Gewerbe wie folgt beschrieben:

Definition:

Gewerbe ist jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, selbstständige, dauerhaft ausgeübte Tätigkeit, die nicht Urproduktion, freier Beruf oder Verwaltung eigenen Vermögens ist.10

Die Definition enthält sog. positive (= Gewerbsmäßigkeit) und negative (= Gewerbsfähigkeit) Aspekte. Auch in anderen Rechtsbereichen wird mitunter auf einen Gewerbebegriff zurückgegriffen. Nicht immer sind diese unbestimmten Rechtsbegriffe aber inhaltlich identisch. So kann beispielsweise der steuerliche Gewerbebegriff in § 15 Abs. 2 EStG nur begrenzt zur Auslegung des gewerberechtlichen Begriffes herangezogen werden. Die Gesetze verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen.

2.1.4.2.2 Gewerbsmäßigkeit (positive Merkmale)

Zunächst muss es sich um eine erlaubte Tätigkeit handeln. Dies bedeutet, sie darf weder generell verboten noch sonst sozial unwertig sein. Recht problemlos ist dies festzustellen, wenn beispielsweise die ausgeübte Tätigkeit einer ausdrücklichen Erlaubnispflicht unterliegt (z.B. § 34 GewO [Pfandleihgewerbe]). Abzustellen ist darauf, ob die Tätigkeit selbst verboten ist. Die Unzulässigkeit bestimmter Ausübungsmodalitäten reicht hier nicht aus. Entwickelt sich eine Pfandleihe zum Umschlagplatz von Hehlereiware, so stellt dies zwar eine unzulässige Gewerbeausübung dar (siehe § 34 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewO), ohne dass die Pfandleihe als Gewerbetypus als unerlaubte Tätigkeit einzustufen wäre. Über viele Jahre wurde die Prostitution als nicht gewerbliche Tätigkeit angesehen. Noch 1990 stufte das BVerwG11 die Prostitution allgemein als sittenwidrig ein. Zweifelhaft ist es, ob diese generelle Aussage heute noch aufrecht zu erhalten ist. Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (BGBl. I 2001, S. 3891) hat zumindest Bewegung in diese Frage gebracht12. Damit zeigt sich zugleich, dass für die Klärung der Frage, welche Tätigkeiten als nicht erlaubt einzustufen sind, die gesellschaftlichen Entwicklungen zu berücksichtigen sind.

Die Gewinnerzielungsabsicht ist gegeben, wenn durch eine fortgesetzte gleichartige Betätigung Einkünfte erzielt werden sollen, die über den Einsatz der eigenen Aufwendungen hinausgehen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird. An der Gewinnerzielungsabsicht fehlt es, wenn mit der Tätigkeit lediglich unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt werden. Nicht immer einfach ist die Tätigkeit der öffentlichen Stellen einzustufen. Hier kommt es entscheidend auf die verfolgte Zweckbestimmung an. Sofern die Daseinsvorsorge und damit die öffentliche Zweckbestimmung im Vordergrund steht, ist die Gewerbsmäßigkeit regelmäßig zu verneinen13.

Eine dauerhafte Tätigkeit liegt vor, wenn sie nicht nur gelegentlich, sondern mit der Absicht der Regelmäßigkeit betrieben wird. Dies kann auch eine saisonale Betätigung sein (z.B. Betrieb eines Sommercampingplatzes oder einer Liftanlage in einem Skigebiet).

Die Tätigkeit muss ferner selbstständig ausgeübt werden. Dieses Merkmal erfüllt, wer das wirtschaftliche Risiko selbst trägt und regelmäßig frei von Weisungen Dritter tätig wird14. Damit kommen den Elementen Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative entscheidende Bedeutung zu. Somit scheiden Arbeitnehmer als Gewerbetreibende aus. Aber auch ein sog. Strohmann ist als Gewerbetreibender anzusehen15.

2.1.4.2.3 Gewerbsfähigkeit (negative Merkmale)

Ob neben der Gewerbsmäßigkeit auch die Gewerbefähigkeit gegeben ist, wird zunächst anhand der sog. negativen Merkmale geprüft.

Kein Gewerbe ist die Urproduktion. Hierzu zählt die Nutzung von Grund und Boden zur Gewinnung von Naturerzeugnissen (z.B.: Viehzucht, Ackerbau, Fischerei und Bergbau). Die Grenze der Urproduktion wird überschritten, wenn beispielsweise landwirtschaftliche Produkte nicht nur in unerheblichem Umfange veräußert werden16.

Zudem darf es sich nicht um einen sog. freien Beruf handeln. Hierzu zählen wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeiten sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern (z.B.: Architekten, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater). Keine besonderen Bildungsvoraussetzungen werden dagegen für den Betrieb einer Yoga-Schule oder aber eine Hausaufgabenbetreuung gefordert17. Diese Tätigkeiten können daher dem Gewerbebegriff zugeordnet werden

Ferner wird die Verwaltung eigenen Vermögens regelmäßig nicht der gewerblichen Tätigkeit zugeordnet. Für diese Einordnung spielt der Eigentumsgedanke eine gewichtige Rolle. Eine andere Beurteilung kann aber dann geboten sein, wenn die Tätigkeit mit einem Verwaltungsaufwand verbunden ist, der deutlich über eine nicht gewerbsmäßige Vermietung und Verpachtung hinausgeht (z.B.: hotelmäßige Vermietung eines Gebäudekomplexes18). Bei der Abgrenzung zwischen (reiner) Vermögensverwaltung einerseits und Gewerbe andererseits ist das „Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit“ entscheidend19.

Bereits § 6 der GewO enthält eine Begrenzung des Anwendungsbereiches dieses Gesetzes. Vom Anwendungsbereich der GewO ausgeschlossen sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 die Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen, die Tätigkeit der Rechtsanwälte und Notare, der Rechtsbeistände, der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, der vereidigten Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften, der Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften sowie der Steuerbevollmächtigten, Gewerbebetrieb der Auswanderungsberater und das Seelotswesen. Einschränkende Anwendung findet das Gesetz auf das Bergwesen, Gewerbebetriebe der Versicherungsunternehmungen, die Ausübung der ärztlichen und anderer Heilberufe, den Verkauf von Arzneimitteln, den Vertrieb von Lotterielosen, die Viehzucht sowie die Beförderung mit Krankenkraftwagen (§ 6 Abs. 1 S. 2, 3 GewO). Da diese Vorschrift aber nicht abschließend bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten aus dem Anwendungsbereich ausschließt, sind die vorstehenden negativen Merkmale ergänzend heranzuziehen.

2.1.4.2.4 Übersicht

Abb.: 2

2.1.4.3 Zuverlässigkeit

Die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden stellt eine zentrale Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung dar. Im Bereich der erlaubnispflichtigen Gewerbeausübung wird sie häufig ausdrücklich als Erlaubnisvoraussetzung formuliert (z.B. §§ 30 Abs. 1 Nr. 1; 33 i Abs. 2 Nr. 1; 34 a Abs. 1 S. 3 Nr. 1; 34 c Abs. 2 Nr. 1 GewO; § 4 Abs. Nr. 1 GastG; § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG). Durch die Untersagungsvorschrift des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO erfährt diese Anforderung auch bei der Ausübung des erlaubnisfreien Gewerbes seine Bedeutung. Zudem spielt die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden bei der Aufhebung einer Erlaubnis eine gewichtige Rolle (siehe nur § 15 Abs. 1, 2 GastG; § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 34 a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO). Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, den unbestimmten Rechtsbegriff „Zuverlässigkeit bzw. Unzuverlässigkeit“ zu definieren. Es war daher Aufgabe der Rechtsprechung diese Lücke zu füllen. So fehlt die Zuverlässigkeit, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben. Die Feststellung, ob die betreffende Person als unzuverlässig einzustufen ist, erfordert eine Prognoseentscheidung. Die Verwaltung hat, gestützt auf gewerbebezogene Tatsachen, zu beurteilen, ob der Gewerbetreibende auch zukünftig unzuverlässig sein wird. Dabei ist entscheidend, ob der Gewerbetreibende nach den gesamten Umständen, die auch sein früheres Verhalten mit einschließen, wahrscheinlich auch weiterhin nicht in der Lage oder aber nicht willens ist, seine beruflichen Pflichten zu erfüllen. So begründet ein gewerbebezogenes (einmaliges) Fehlverhalten nicht zwangsläufig die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Vielmehr müssen (regelmäßig) weitere Umstände hinzutreten, die eine negative Prognose rechtfertigen. Zudem ist der Gewerbebezug zu beachten. Wann die Unzuverlässigkeit bei einem Gewerbetreibenden anzunehmen ist, kann damit nicht für alle Gewerbe einheitlich beurteilt werden. Hilfreich ist es, auf nachstehende Fallgruppen zurückzugreifen:

• Unzuverlässigkeit wegen der Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

Regelmäßig muss es sich um einen erheblichen gewerberechtlichen Gesetzesverstoß handeln. Eine Vielzahl sog. kleinerer Gesetzesverstöße kann aber ebenfalls die Unzuverlässigkeit begründen, wenn sie einen Hang zur Nichtbeachtung geltender (gewerberechtlicher) Vorschriften erkennen lassen.

• Unzuverlässigkeit wegen Nichtabführung von Abgaben

Zu den erfassten Abgaben zählen Steuern und Sozialabgaben. Erforderlich ist aber, dass die Steuerschuld sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht ist.20 Auch spielt die Zeitdauer, während der Pflichtige seiner Verpflichtung zur Steuerentrichtung nicht nachgekommen ist, eine Rolle. Die Steuerschulden müssen einen Gewerbebezug haben. Dieser Gewerbebezug liegt z.B. bei Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer vor. Sofern Sozialversicherungsbeiträge (z.B. Krankenkassen- oder Rentenversicherungsbeiträge) über einen längeren Zeitraum in nicht unerheblicher Höhe nicht entrichtet wurden, begründet dies die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowohl die Träger der Sozialversicherung wie auch die Arbeitnehmer schädigt.

• Unzuverlässigkeit wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit

Hier ist aber eine differenzierte Betrachtung geboten. So ist zu berücksichtigten, dass nach § 12 GewO eine Untersagung nicht in Betracht kommt, solange ein Insolvenzverfahren anhängig ist. Andererseits wird eine Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sein, wenn der Gewerbetreibende in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Dies wird insbesondere dann gegeben sein, wenn der Gewerbetreibende in das Verzeichnis nach § 26 Abs. 2 InsO eingetragen wurde. Zur Auslegung des Begriffes „ungeordnete Vermögensverhältnisse“ kann auf die entsprechenden Vorschriften der §§ 34 b Abs. 4 Nr. 2 und 34 c Abs. 2 Nr. 2 GewO zurückgegriffen werden.