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Die Liebe ist das gefährlichste Spiel von allen
Als Levi Iwanowitsch die attraktive Rose Alfieri kennenlernt, ist er sofort fasziniert. Von ihrer Schönheit, ihrem Selbstbewusstsein - und vor allem von ihrer Begabung fürs Pokern. Obwohl Levi professioneller Spieler ist, zieht sie ihn eiskalt über den Tisch. Daher macht er ihr ein Angebot: Sie soll ihm als seine Geheimwaffe dabei helfen, die Poker-Weltmeisterschaft zu gewinnen - und damit endlich seinen Erzfeind Tito Ferragni zu besiegen. Da Rose dringend Geld benötigt, willigt sie ein. Zwischen den beiden knistert es schon bald gewaltig, aber weder Rose noch Levi spielen mit offenen Karten. Und ehe er sichs versieht, ist Levis Einsatz weitaus höher als erwartet - nämlich sein Herz.
"Morgane Moncomble gelingt es, Geschichten zu erschaffen, die einen nicht nur mitnehmen, sondern ganz tief berühren." LOVE_LETTERS_OF_BOOKS
Der neue Roman der französischen New-Adult-Sensation Morgane Moncomble
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Seitenzahl: 540
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
Playlist
Grundregeln des Pokerspiels
Prolog
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Morgane Moncomble bei LYX
Impressum
MORGANE MONCOMBLE
BET ON YOU
ROMAN
Ins Deutsche übertragen von Ulrike Werner-Richter
Als Levi Iwanowitsch die attraktive Rose Alfieri kennenlernt, ist er sofort fasziniert. Von ihrer Schönheit, ihrem Selbstbewusstsein – und vor allem von ihrer Begabung fürs Pokern. Obwohl Levi professioneller Spieler ist, zieht sie ihn eiskalt über den Tisch. Daher macht er ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann: Rose soll seine Geheimwaffe bei der Poker-Weltmeisterschaft sein und ihm dabei helfen, seinen Erzfeind Tito Ferragni zu besiegen. Seit Tito vor Jahren seine Familie zerstört hat, plant Levi unerbittlich seine Rache, und mit Roses Fähigkeit, jeden Bluff zu erkennen, sieht er sich endlich am Ziel. Da Rose dringend Geld benötigt, willigt sie ein, Levi nach Las Vegas zu begleiten. Die beiden sind wie Feuer und Eis, und doch haben sie mehr gemeinsam als zunächst gedacht. Es knistert gewaltig zwischen ihnen, aber weder Rose noch Levi spielen mit offenen Karten. Schnell wird aus Levis Geheimwaffe seine größte Schwachstelle, und sein Einsatz ist weitaus höher als erwartet – nämlich sein Herz.
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
Arctic Monkeys – Do I Wanna Know?
Billie Eilish – Everything I wanted
Taylor Swift – Gorgeous
Destiny Rogers – Tomboy
NEFFEX – Rumors
Christopher – Bad
Ava Max – Sweet but Psycho
Halsey – Nightmare
The Neighbourhood – Daddy Issues
Echos – Saints
SuperM – No Manners
Christina Perri – Human
Panic! At the Disco – Emperor’s New Clothes
Nicki Minaj (feat. Ariana Grande) – Get On Your Knees
Lia Marie Johnson – Cold Heart Killer
Harry Styles – Adore You
Skylar Grey – Wreak Havoc
Two Feet – I Feel Like I’m Drowning
Avril Lavigne – I Fell in Love with the Devil
Maggie Lindemann – Human
Jackson Wang – Bullet To The Heart
Taylor Swift – Look What You Made Me Do
Demi Lovato – Father
5 Seconds of Summer – Teeth
Bishop Briggs – River
Hayley Kiyoko – Demons
TAEMIN – Slave
Des’ree – I’m Kissing You
Ziel ist es, die beste Pokerhand zu haben, um viele Chips zu gewinnen. Dabei gilt es, den Einsatz geschickt vorzunehmen.
Anfangs bekommt jeder Spieler zwei Karten (= Hole Cards).
Während des Spiels werden dann fünf Karten aufgedeckt – die sogenannten Gemeinschaftskarten.
Sie können von jedem Spieler für seine Pokerhand genutzt werden, indem er beliebig viele seiner Hole Cards mit beliebig vielen der Gemeinschaftskarten kombiniert. Eine Pokerhand muss dabei aber immer aus fünf Karten bestehen.
Die eingesetzten Chips werden im Spielverlauf in die Mitte des Tisches (= Pot) gelegt.
Ein Spieler ist der Dealer. Die Funktion des Dealers rotiert mit jeder neuen Runde im Uhrzeigersinn.
Die beiden Spieler links vom Dealer sind Small Blind und Big Blind. Das bedeutet, sie müssen einen vorgegebenen Einsatz in den Pot legen. Der Big Blind setzt dabei üblicherweise das Doppelte des Small Blinds.
Die beiden Hole Cards werden ausgeteilt.
Der Spieler links neben dem Big Blind setzt zuerst.
Beim Setzen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Spieler können mit dem Einsatz des vorherigen Spielers mitgehen, diesen erhöhen, passen oder aufgeben.
Haben alle Spieler ihren Einsatz in den Pot gelegt, werden drei Gemeinschaftskarten aufgedeckt.
Die zweite Setzrunde beginnt der erste verbleibende Spieler (also ein Spieler, der in der ersten Runde nicht aufgegeben hat) links neben dem Dealer. Direkt danach wird die vierte Gemeinschaftskarte aufgedeckt.
Auch die dritte Setzrunde beginnt mit dem ersten verbleibenden Spieler links vom Dealer, im Anschluss wird die fünfte und letzte Gemeinschaftskarte aufgedeckt.
Sobald alle bis auf einen Spieler aufgegeben haben, hat dieser automatisch gewonnen und erhält alle eingesetzten Chips.
Sollten nach der letzten Setzrunde noch mehrere Spieler »in der Hand« (also noch im Spiel) sein, kommt es zum sogenannten Showdown. Die Spieler decken ihre Karten auf und die beste Pokerhand gewinnt.
Das Poker-Ranking bestimmt die Rangfolge der Pokerhände, gilt für alle gängigen Pokervarianten und lautet wie folgt:
– High Card: die höchste einzelne Karte
– Paar: zwei Karten gleichen Rangs
– Zwei Paare
– Drilling: drei Karten gleichen Werts
– Straße: fünf aufeinanderfolgende Karten
– Flush: fünf Karten gleicher Farbe
– Full House: ein Paar und ein Drilling
– Vierling: vier Karten gleichen Werts
– Straight Flush: fünf aufeinanderfolgende Karten gleicher Farbe
– Royal Flush: höchstmögliche Straße (10-J-Q-K-A) in derselben Farbe – die höchstmögliche Pokerhand
»Nein!«, schreie ich und setze mich heftig zur Wehr. »Lasst sie laufen! Sie hat nichts getan!«
Starke Arme halten mich fest. Ich brülle. Tränen laufen über mein von Panik verzerrtes Gesicht. Das dürfen sie nicht machen. Sie haben nicht das Recht, sie mir wegzunehmen, nicht so, nicht jetzt. Ich brauche sie ebenso sehr, wie sie mich braucht.
Dort,wosiesiehinbringen,wirdsiekeineSekundeüberleben.IchbinderEinzige,dersiebeschützenkann,daswarschonimmerso.
Auch wenn ich bei dieser Aufgabe bisher versagt habe.
»Ich war es!«, schreie ich noch einmal völlig verzweifelt. »Aufhören! Sie verhaften die Falsche!«
Ich brülle vor Wut, ramme dem Polizisten, der mich festhält, zum x-ten Mal den Ellenbogen in den Magen und renne auf sie zu. Alle ringsum schreien, man versucht, mich aufzuhalten, aber ich erreiche sie und umschlinge ihre zerbrechlichen Schultern. Ihre weichen, vertrauten Schultern, auf die ich als Kind so oft geklettert bin. Schultern, auf denen so viele Sorgen lasteten, die ich nie lindern konnte …
Alles ist meine Schuld. Jämmerlich schluchze ich in ihr Haar wie ein fünfjähriges Kind und flehe sie an, mich nicht zu verlassen. Ich weiß, sie würde mich umarmen, wären ihre Hände nicht mit Handschellen hinter ihren Rücken gefesselt.
»Levi, hör auf zu weinen. Alles wird gut, mein Engel.«
»Du musst sie jetzt loslassen, Junge.«
Nein. Nein. Doch ich kann nichts tun. Drei Polizisten reißen mich so heftig zurück, dass ich in die Knie gehe. Meine Schultern zittern. Meine Mutter lächelt mir zu. Sie weint nicht. Im Gegenteil: Sie ist sehr ruhig.
»Mach keine Dummheiten«, sagt sie mit fester Stimme. »Hör auf zu weinen. Wir sehen uns bald. Ich hab dich lieb.«
Unfähig, meine Tränen zurückzuhalten, schüttele ich den Kopf. Fremde Männer greifen nach ihrem Arm und führen sie weg. Sie zwinkert mir ein letztes Mal zu und wendet sich ab. Ich habe das Gefühl, mich aufzulösen, während sie mit entschlossenen Schritten davongeht.
Wassollichjetzttun?IchsteheimmernochunterSchockundzitterewieEspenlaub,sosehr,dassichnichtaufstehenkann.MeinOnkelkommtzumir.ErtätscheltmirdieSchultern,fordertmichauf,michwieeinMannzuverhalten,undnimmtmichmitzusichnachHause,woichwahrscheinlichwohnenwerde,bisichvolljährigbin.
Er tröstet mich nicht, sondern tut einfach so, als sei nichts geschehen – als müsste nicht meine Mutter ins Gefängnis, weil sie meinen Vater getötet hat.
Mama, warum hast du das getan?
Nach jenem Tag vor Gericht sehe ich sie nur noch selten. Ich darf sie besuchen und sie sogar ein Mal im Monat anrufen. Sie erzählt mir immer wieder, dass es ihr gut gehe, dass sie sich sogar mit anderen Frauen im Gefängnis angefreundet habe. Zwar glaube ich ihr nicht, aber ich gebe es zumindest vor. Und wenn ich an der Reihe bin, mache ich es genau wie sie: Ich lüge. Ich behaupte, gute Noten zu schreiben, nicht zu viel zu trinken und keine Partys bis spät in die Nacht zu feiern. Ich wünschte, es wäre wahr, aber wie soll ich ohne solche Ablenkungen mit den Gefühlen fertigwerden, die mich Tag und Nacht plagen?
Ich wünschte, ich wäre tot.
Man verlangt von mir, dass ich mein Leben weiterlebe, nicht die Schule schwänze und alles tue, damit meine Mutter stolz auf mich sein kann. Aber ich bin zu wütend. Wütend auf meinen Vater, auf meine Mutter, auf mich selbst. Aber vor allem auf einen ganz bestimmten Mann. Man braucht immer jemanden, dem man die Schuld für die eigenen Probleme in die Schuhe schieben kann, nicht wahr?
Einige Wochen nach dem Vorfall steht etwas über ihn in einer Zeitschrift. Er ist berühmter, als ich dachte; ein Geschäftsmann, der dank einer Musik-Streaming-App bereits unter vierzig zum Millionär wurde (schlappe 110 Millionen Euro). Außerdem besucht er regelmäßig Casinos und Pokerturniere.
Hasserfüllt starre ich auf das Hochglanzpapier und lese seine Meinung zum »tragischen Tod« meines Vaters, eines berühmten Pokerspielers. Tito Ferragni, Vaters Rivale und Erzfeind Nummer eins, hat auf die Frage eines Journalisten dazu offenbar geantwortet:
»Äußerst bedauerlich … Wer hätte das gedacht? Aber wissen Sie, man sagt, des einen Verlust ist des anderen Gewinn. Die Lebenden müssen weiterleben! Und ich kann mir vorstellen, dass nun nichts mehr zwischen mir und dem Sieg steht.«
Beim Lesen der russischen Übersetzung bleibt mir vor Entrüstung der Mund offen stehen. Wie kann er es wagen … Wie kann er es wagen, so etwas in einer Zeitung zu äußern? Offenbar ist ihm völlig egal, was geschehen ist. Mein Vater hatte diesem Wettstreit sein ganzes Leben gewidmet, er bedeutete ihm alles. Jedenfalls viel mehr als meine Mutter und ich. Aber Tito zeigt weder Ehrgefühl noch Loyalität. Er freut sich einfach nur, dass er nach dem Tod meines Vaters bessere Chancen hat.
Er war es, der angefangen hat. Er hat als Erster meinen Vater verraten und gedemütigt. Er ist die Ursache all unserer Probleme. Alles ist seine Schuld. Seinetwegen hatte ich eine schlimme Kindheit, seinetwegen ist mein Vater gestorben, seinetwegen sitzt meine Mutter für zehn lange Jahre im Gefängnis. Und er hat die Dreistigkeit, in aller Öffentlichkeit so etwas zu äußern … frei und ungestraft, dazu auch noch reich und von seinesgleichen bewundert.
Ich gebe mir selbst ein stummes Versprechen: Ganz gleich, wie lange es dauert, und egal, wie viel es mich kostet, Tito Ferragni wird bezahlen.
Ich habe ohnehin nichts mehr zu verlieren.
»Möchten Sie, dass ich meine Frage wiederhole, Mr Iwanowitsch?«
Ich erwache aus meinem Tagtraum und werde mir der Gruppe von Journalisten bewusst, die sich um mich drängt. Ich ärgere mich, dass ich ausgerechnet zu einem solchen Zeitpunkt an die dunkle Zeit meines Lebens zurückdenke, und dann auch noch vor Publikum. Mir war klar, dass sie auf mich warteten, als ich aus meinem Hotelzimmer herunterkam. Tatsächlich hat Thomas sie sogar auf meine Bitte hin hergeholt. Sie sollen für mich eine Botschaft überbringen.
Nachdenklich halte ich die hintere Tür meines Taxis auf. Ich bin nicht mehr der siebzehnjährige Junge von damals, als mein Vater starb. Meine Wut und mein Rachedurst sind zwar immer noch vorhanden, aber sie haben sich abgeschwächt und sind milder geworden. Ich bin nicht mehr so impulsiv und voreilig wie damals, sondern geduldiger und berechnender.
»Entschuldigung, wie war die Frage?«, sage ich höflich.
»In zwei Monaten beginnt die WSOP und Sie haben bereits Ihre Teilnahme angekündigt. Im Vorjahr belegten Sie den zweiten Platz beim Main Event und alle Welt erwartet Sie. Sie sind schneller in die Weltelite aufgestiegen als Ihr eigener Vater. Möchten Sie uns etwas über Ihre Ziele verraten?«
Ich gebe vor, nachzudenken. Der Sankt Petersburger Winterwind pfeift unter meinen Mantel. Tatsächlich habe ich genau diese Frage mit Ungeduld erwartet. Ich denke an Titos Worte an jenem Abend zurück und an seine Freude darüber, keinen gleichwertigen Rivalen mehr zu haben. Aber vor allem denke ich an unser erstes Zusammentreffen.
Damals war ich einundzwanzig Jahre alt und hatte soeben meine gesamten Ersparnisse für die Startgebühr eines Turniers ausgegeben – zehntausend Euro. Nicht mehr und nicht weniger. Als wir schließlich am selben Tisch saßen, bestand ich darauf, ihm die Hand zu schütteln. Er schien sich über meine Dreistigkeit – oder meine Dummheit – zu amüsieren, und als er mich fragte, ob ich ein Fan von ihm sei, sagte ich in meinem rudimentären Englisch genau das, was ich mir einige Jahre zuvor geschworen hatte: »Ich bin derjenige, der Sie vom Thron stoßen wird. Levi Iwanowitsch. Merken Sie sich meinen Namen.«
Ich muss lächeln, als ich daran denke, wie schnell sein arroganter Ausdruck verschwand. Natürlich erkannte er meinen Namen sofort, den Namen seines verstorbenen Gegenspielers. Aber er sah mich noch nicht als Bedrohung.
Das war vor sechs Jahren.
»Um ehrlich zu sein …« Ich schaue in die Kamera und spreche in das vorgehaltene Mikrofon. »… ist dieses Jahr mein letztes bei der WSOP.«
Erstaunt reißen sie die Augen auf und kommen noch ein Stück näher, um nach weiteren Einzelheiten zu fragen. Ich hebe die Hand. Sie bleiben stehen und verstummen. Ich wende der Kamera meinen finsteren Blick zu und hoffe, dass irgendwo auf der Welt, in Venedig oder sonst wo, Tito Ferragni zuschaut und sich in die Hose macht.
»Ich habe beschlossen, meine Profikarriere zu beenden.«
Schockiert starren sie mich an. Ich genieße ihr Erstaunen, geradezu trunken vor Aufregung. Mein Plan lässt sich gut an.
»Jetzt schon?«
»Aber Sie sind noch so jung! Wie kommt es zu dieser Entscheidung?«
Ein Journalist fällt mir besonders auf. Er runzelt die Stirn und ruft leidenschaftlich: »Was ist aus dem ehrgeizigen jungen Mann geworden, den wir kennen? Ich erinnere mich an Ihr erstes Jahr beim Main Event; Sie sagten, und ich zitiere: ›Ich werde nicht aufhören, bis ich die Nummer eins bin.‹«
Ich nicke unbeirrt.
»Das ist richtig. Und da ich beschlossen habe, dass dies mein letztes Jahr sein wird, überlasse ich es Ihnen, die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen.«
»Sind Sie dabei, sich den Sieg zu sichern?«
Er weiß es bereits, aber er will es von mir hören. Ich zögere nicht eine Sekunde – das ist nicht mein Stil.
»Genau das.«
Meine innere Stimme verspottet mich und nennt mich ein arrogantes Arschloch. Das kann ich nicht leugnen.
»Sie wirken sehr zuversichtlich. Tito Ferragni, Ihr bisher größter Gegner und zuvor der Ihres Vaters, hat ebenfalls sein Kommen angekündigt …«
»Tito ist sehr stark, aber es fehlt ihm an Originalität. Seine Ehe steht vor dem Aus und sein Unternehmen vor dem Konkurs. Er wird langsam alt«, sage ich und füge in der Gewissheit, dass er und nur er die Worte wiedererkennen wird: »Äußerst bedauerlich … Aber wissen Sie, man sagt, des einen Verlust ist des anderen Gewinn.«
Ich brauche dringend Geld.
Mein Gehirn allerdings glaubt, einen zweiten Sportwagen zu brauchen, und das ist mein Problem.
Ich bin erst seit zwei Wochen in China und habe bereits in vier Casinos Hausverbot. Offenbar sind die Chinesen den Italienern ziemlich ähnlich; beide lieben mich nicht besonders. Ich hingegen mag sie.
Ich genieße es, ein Casino zum ersten Mal zu betreten. Ich genieße die Geräusche der Automaten und die siegreichen Ausrufe. Es gibt mir ein Gefühl von Verlangen und Euphorie. Ich genieße es, mich an einem Pokertisch zu diesen eingebildeten Männern zu setzen, die mich völlig unterschätzen und lieber mein Dekolleté und meinen bordeauxroten Lippenstift bewundern.
Aber der beste Moment kommt, wenn sich ihre Verachtung in böse Blicke verwandelt, während ich sie ausnehme. Meistens hören sie trotzdem nicht auf – eine Frage des Stolzes.
»Anfängerglück«, kommentieren sie dann immer gern, um ihre Niederlage zu erklären.
Die Stolzesten machen weiter, bis sie keinen Chip mehr haben. Die sind meine Favoriten. Ich sehe zu gern dabei zu, wie sie sich zum Narren machen. Ihr Geld riecht noch besser als das der anderen, falls das überhaupt möglich ist; vor allem, wenn ich es für teure Schuhe ausgebe.
Genau das ist mein Problem. Entweder spiele ich so lange Roulette, bis ich alles verliere, oder ich verschwende das Geld bei ausgiebigen Shoppingtouren. Meine jüngste Verrücktheit war der Kauf eines blutroten Ferrari F8 Tributo, obwohl ich genau weiß, dass ich nicht lange in China bleiben werde. Am Steuer dieses kleinen Schmuckstücks parke ich vor dem Venetian, einem der wenigen Casinos des Landes, die mich noch nicht verbannt haben.
Die Nacht ist über Macau hereingebrochen. Das Gebäude erstrahlt mit tausend Lichtern. Ich steige aus meinem Auto und übergebe dem Parkwächter die Schlüssel. Meine Stilettos klingen auf dem Asphalt wie Peitschenhiebe.
»Willkommen im Venetian«, werde ich auf Englisch begrüßt.
Angeblich ist das Venetian in Macau das größte Spielcasino der Welt. Natürlich musste ich mir selbst ein Bild davon machen. In Anlehnung an die Stadt Venedig gibt es hier eigene Kanäle, wo Paare romantische Abende in Gondeln auf türkisfarbenem Wasser genießen können. Ich muss zugeben, dass es sich fast echt anfühlt.
Ich bekomme ein wenig Heimweh. Ich bin in Florenz geboren, hatte aber schon immer das Bedürfnis, die Welt zu erkunden. Nirgends bleibe ich länger als einige Monate. Zu Beginn hat das noch Spaß gemacht, aber allmählich ermüdet es mich … Ich habe das Gefühl, nirgendwo richtig zu Hause zu sein.
Mit entschlossenen Schritten durchquere ich die große Halle und schaue mich mit einer gewissen Erregung um. Es ist immer dasselbe: Adrenalin pulsiert durch meine Adern, mein Herz pocht schneller, der Ruf der Lichter und der Geräusche der Spielautomaten wird unwiderstehlich, und ich gebe dem betörenden Drang nach, ein kleines Vermögen zu setzen, ohne zu wissen, ob ich gewinne oder alles verliere – nur um überhaupt etwas zu fühlen.
Vermutlich bin ich schwach, denn ich schaffe es einfach nicht, diesem Drang zu widerstehen. Auch wenn ich Geld brauche, werde ich Carlotta auf keinen Fall verkaufen – ja, ich habe meinem Ferrari bereits einen Namen gegeben. Schon das ist einer der Gründe, warum ich das Auto nicht zurückgeben kann.
Ich stöckele über die Rosette im Eingangsbereich und nehme eine der Rolltreppen in die obere Etage. Schon bereite ich mich in Gedanken vor, als mein Smartphone zu vibrieren beginnt. Ein Videoanruf von meiner Mutter.
Scheiße. Ihr Timing ist wie immer miserabel.
Ich verdrücke mich in eine Ecke neben einer Säule und halte das Telefon vor mein Gesicht. Ich muss unwillkürlich lächeln, als ich meine Mutter zu Hause am Klavier sitzen sehe.
Sie ist die Einzige, die mein aufrichtiges Lächeln verdient.
Zur Begrüßung werfe ich ihr eine Kusshand zu. Sie strahlt mich an. Trotz unserer engen Beziehung telefonieren wir nur sehr selten. Sie mag es nicht. Weil sie gehörlos ist, müssen wir uns über Videochat unterhalten, was nicht immer bequem ist.
»Wo bist du?«, erkundigt sie sich. »Sieht hübsch aus!«
Ich antworte auf Italienisch und mache eine beschreibende Handbewegung: »Im größten Casino der Welt, im Venetian. Ich schicke dir Fotos!«
Ich bemühe mich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck, damit sie mich nicht durchschaut. Darin bin ich eigentlich echt gut, aber meine Mutter ist nicht so leicht zu täuschen. Sie weiß immer Bescheid. Sie ist die Einzige, die meine Lügen durchschaut – vielleicht weil sie die Einzige ist, der es nicht egal ist, was ich tue. Deshalb fällt es mir auch so schwer, weiterhin herumzureisen … Manchmal träume ich, dass meine Mutter stirbt, während ich weit weg von zu Hause bin, und dann gerate ich in Panik. Das würde ich nicht überleben. Von ihr getrennt zu sein, macht mich unglücklich, denn ich weiß, dass ich Stabilität und einen Anker brauche. Trotzdem reizt mich das Umherirren viel mehr.
»Du fehlst uns. Wann kommst du heim?«
Innerlich seufze ich. Sie fehlt mir auch … Dummerweise kann ich unmöglich mit leeren Händen und eingezogenem Schwanz zurückkehren. Ich bin nämlich hergekommen, um so viel Geld zu verdienen, dass ich meine Schulden abbezahlen kann.
Meine Mutter, eine großartige Verhaltenspsychologin, sagt mir immer wieder, dass es nichts bringt, vor meinen Problemen davonzulaufen, weil sie dadurch nicht verschwinden. Probleme suchen keine Orte heim, sondern den Geist.
Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte, fügt sie mit besorgtem Gesichtsausdruck hinzu: »Wir waren uns doch einig, dass es besser für dich ist, Casinos zu meiden, Rose. Das weißt du. Du solltest nach Hause kommen.«
Da ist es. Ich schenke ihr ein Lächeln, das sie beruhigen soll, obwohl es leicht zittert.
»Mir geht es gut, Mama. Das alles ist lange vorbei. Ich bin geheilt.«
»Würdest du einem geheilten Alkoholiker ein Bier anbieten? Nein. Aber das ist genau das Gleiche. Es ist nochviel zu früh … Du solltest nicht mit dem Feuer spielen.«
Aber das Spiel mit dem Feuer ist meine Leidenschaft, Mama. Schon vor langer Zeit habe ich meine Seele an den Teufel verkauft.
Zugegeben, sich in Casinos herumzutreiben, wenn man jahrelang unter Spielsucht gelitten hat, ist nicht gerade die beste Idee. Aber ich bin wirklich geheilt! Bis vor zwei Monaten hatte ich fast ein Jahr lang keinen Fuß in ein Casino gesetzt. Ein paar Partien werfen mich nicht mehr aus der Bahn.
Inzwischen geht es mir viel besser. Ich war ganz tief unten und weiß, wie das ist. Aber ich habe mich geändert. Jetzt bin ich stark genug … trotz vieler Rückfälle. Jetzt ist es gut.
Das muss es sein.
»Ich habe mich unter Kontrolle!«, antworte ich mit hastigen Gesten. »Ich werde eine Partie spielen, vielleicht auch zwei, und dann gehe ich. Versprochen.«
Nicht ganz überzeugt kneift sie die Augen zusammen, lächelt dann aber. Ich weiß, dass sie mir nicht glaubt, doch sie will mir trotzdem vertrauen. So ist sie nun einmal.
Schnell lege ich auf, stecke mein Smartphone in die Tasche und richte meine Kleidung, ehe ich einen der Spielräume betrete. Es ist ziemlich voll. Schon jetzt bin ich verwirrt. Ich kontrolliere meinen Gesichtsausdruck, gehe langsam zwischen den Tischen umher und beobachte jeden einzelnen Spieler. Am Spielen gefällt mir ganz besonders, dass ich jemand anderes werde.
Zumindest früher habe ich das am meisten geliebt. Mit der Zeit ist das Aufsetzen eines Pokerface zur Gewohnheit geworden. Ich mache es sogar, wenn ich nicht spiele. Niemand kann wirklich erkennen, wer ich bin oder was ich denke, außer vielleicht meine Mutter. Manchmal gelingt es mir sogar, mich selbst zu täuschen, aber die Realität holt mich immer wieder ein. Diese Bitch.
Schon juckt es mich in den Fingern. Fast kann ich das Gewicht der Chips in meiner Tasche spüren. Leider habe ich nicht so viele, wie ich gerne hätte. Zwar bin ich gut darin, Geld zu gewinnen, aber darin, es auch zu behalten, bin ich ganz miserabel. Das ist mein Fluch.
An einem Tisch sitzen Frauen mittleren Alters und haben ihren Spaß, an einem anderen sitzt eine Gruppe von Männern in Anzügen, die sich gegenseitig mit Blicken herausfordern. In Casinos trifft man sehr unterschiedliche Menschen. Jeder darf spielen. Profis, Anfänger, reich, arm … Ein einziger Geldschein kann alles verändern.
Es ist richtig, dass im Casino jeder eine Chance hat. Aber das Spiel nimmt viel mehr, als es gibt. Mir hat es den Verstand geraubt.
Plötzlich fällt mein Blick auf einen Tisch in der Mitte des großen, hell erleuchteten Raums. Soeben hat sich ein Mann hingesetzt. Poker. Schnell begutachte ich ihn von Kopf bis Fuß. Er ist jung, vielleicht dreißig. Er hat sich Mühe mit seinem Outfit gegeben. Schwarze Jacke, ebensolche Hose. Zu seinen Füßen liegt ein Rucksack, auf dem Tisch eine Stoppuhr. Mir ist sofort klar, dass er ein Online-Spieler ist, wahrscheinlich spielt er mit Zeitlimit. Ich kann nicht erkennen, ob er begabt ist oder nicht. Aber das spielt keine Rolle. Schon jetzt weiß ich, dass ich gewinnen werde.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, setze ich mich mit an den Tisch und überschlage meine langen Beine. Die Dealerin begrüße ich mit einem kurzen Nicken. Der Mann spricht mich zunächst auf Mandarin an, aber ich schüttele den Kopf. Ich verstehe kein Chinesisch und hoffe, dass er mich in Ruhe lässt.
»Roulette wird auf der anderen Seite gespielt«, sagt er spöttisch auf Englisch und wirft einen flüchtigen Blick auf meine Brüste.
Statt einer Antwort wende ich mich ihm zu und lächle kühl. Eine Frau in den Fünfzigern setzt sich zu uns und das Spiel beginnt. Mein Gesicht bleibt verschlossen und emotionslos. Ich werfe einen Blick auf meine Karten: ein Herz-König und ein Kreuz-König.
Ein Kinderspiel. Adrenalin pulsiert durch meine Adern und lässt mein Herz schneller schlagen, während meine Einsätze höher und höher werden. Den Blicken der anderen Spieler weiche ich aus. Ich hasse es, ihnen ins Gesicht zu sehen. Zutiefst erregt konzentriere ich mich auf die Karten in der Mitte des Tisches. Gott, wie habe ich das vermisst!
Schon bald gewinne ich alles, was ich gesetzt habe, und mehr. Als ich die Chips des Mannes einsammle, durch den ich auf das Spiel aufmerksam wurde, schaue ich ihm schließlich doch in die Augen, und in meiner Stimme liegt eine gewisse Befriedigung.
»Con le mani in tasca.« Kinderleicht.
Ich habe keine Zeit, seine Reaktion zu erkennen, aber ich weiß ohnehin, dass er mich nicht verstanden hat. Ich nehme meine Tasche und wechsele den Tisch. Freund Blackjack zwinkert mir gefährlich zu. Ich genehmige ihm zwei Partien, die ich ebenfalls gewinne. Ich verspüre eine Euphorie, die mich dazu treibt, weiterzumachen, obwohl ich meiner Mutter versprochen habe, es nicht zu übertreiben.
Nach zwei Stunden merke ich, dass man auf mich aufmerksam geworden ist. Ich spüre, dass die Croupiers mich im Auge behalten, wenn ich einen Tisch verlasse und durch den Raum schlendere. Das bedeutet, dass ich nur noch wenig Zeit habe, bis man mich hinauswirft.
Meine bisherige Ausbeute ist nicht zu verachten. Aber ich will mehr. Logisch. So funktioniert es nun einmal. Immer mehr, immer mehr, immer mehr. Das ist die Gefahr der Sucht. Und doch … langweile ich mich. Lässig flaniere ich zwischen den Tischen umher. Eigentlich spiele ich gern, aber es ist schon lange her, dass es mir wirklich Spaß machte. Alle Spieler, denen ich begegne, sind vorhersehbar, langweilig und nicht im Geringsten originell.
An der Bar bestelle ich mir ein Glas Wein und setze meine Jagd fort. Soll ich nach Hause gehen? Nein. Unmöglich. Ich muss …
Oh.
Ich bleibe schlagartig stehen und ziehe eine Augenbraue hoch. Zwei Tische von mir entfernt spielen drei Männer in angespanntem Schweigen. Das allein ist nicht weiter bemerkenswert. Jeder wäre an ihnen vorbeigegangen, ohne mit der Wimper zu zucken. Und genau das geschieht auch.
Selbst die Dealerin beachtet sie nicht wirklich.
Mir entfährt ein leises Lachen. Ich beobachte einen Mann mit einer Tätowierung, der eine Karte im Ärmel seiner Anzugjacke versteckt.
Bereits der erste Blick in sein Gesicht verrät mir, dass dieser Mann das Spiel im Blut hat.
Im wahrsten Sinn des Wortes.
Neugierig mustere ich ihn: tiefschwarzes Haar, Augen wie Gewitterwolken, ein markantes Kinn und blasse Wangen mit einem Tattoo direkt unter den Augen. Ein Karo links, ein Kreuz rechts. Spielkartenfarben.
Er sieht umwerfend aus. Schöner, als er sein dürfte. Meine Mutter hat mich immer gewarnt, dass Schönheit wie eine Waffe ist: Damit kann man die Welt von den schlimmsten Sünden ablenken oder sie sich sogar vergeben lassen. Dieser Falschspieler mit den schlanken Fingern ist der lebende Beweis dafür.
Ich lehne mich ein paar Meter entfernt an einen Stuhl, nippe an meinem Wein und verfolge das Spiel. Im Gegensatz zu mir weicht der Mann den Blicken seiner Kontrahenten nicht aus. Im Gegenteil, er fixiert sie einen nach dem anderen mit seinen eiskalten Augen so lange, bis sie spielen. Als wolle er sie herausfordern, ihn zu beschuldigen.
Plötzlich, als hätte er meinen forschenden Blick gespürt, hebt er seine Sturmwolkenaugen und schaut mich an. Mamma mia. Ich muss mich zusammennehmen, um nicht unter der Intensität seines Blicks zu erbeben. Aber ich senke den Blick nicht, sondern schenke ihm ein verschmitztes Lächeln als Beweis, dass er nicht so raffiniert ist, wie er glaubt. Sofort wird mir klar, dass er Bescheid weiß. Er weiß, dass ich es weiß.
Kaum zwei Sekunden später verwandelt sich sein bisher berechnender und teilnahmsloser Blick in ein komplizenhaftes Zwinkern.
Nicht zu fassen. Wie frech! Weiß er überhaupt, worauf er sich einlässt, wenn er an einem Ort wie diesem schummelt?
»Flush«, verkündet er und deckt seine Karten auf.
Offensichtlich gewinnt er ganz klar. Er sammelt die Chips auf eine sehr würdevolle Art ein, ganz und gar nicht eilig. Niemand spricht ihn an. Niemand wirft ihn wegen Betrugs hinaus. Ich hasse mich für mein Interesse, aber er macht mich neugierig. Betrug im Casino ist keine Kleinigkeit. Man muss schon verdammt Glück haben.
Ich beiße mir auf die Lippen und betrachte sein halblanges, an den Seiten gestuftes Haar, das ihm elegant in die Stirn fällt. Mein ganzer Körper befindet sich im Alarmzustand. Dieser Mann bedeutet GEFAHR.
Natürlich veranlasst mich dies nur umso mehr, kopfüber einzutauchen. Deshalb zögere ich auch nur kurz, als er sich auf seinem Stuhl zurücklehnt, mich erneut anblickt und mit verführerischer Miene fragt: »Wie wäre es mit einer Partie?«
Es gibt Zeiten wie diese, in denen ich mir wünsche, ich könnte die Welt in Farbe sehen wie andere Menschen auch.
Eigentlich kann ich nicht sagen, dass mir etwas fehlt. Kann man etwas vermissen, das man nie hatte? Ich dachte immer, ich wäre normal. Dass ich die Dinge genauso sehe wie alle anderen. Erst im Alter von drei Jahren bemerkte meine Mutter, dass mit mir etwas nicht stimmte.
Sie machte mich immer wieder darauf aufmerksam, dass mein Lieblingspullover blau wäre und daher nicht zu meiner braunen Hose passte. Ich verstand sie nicht. Für mich hatte beides die gleiche Farbe. Fast alles war gleich. Manche Dinge waren sehr dunkel, manche sehr hell.
Natürlich ging mein Vater davon aus, dass ich log. Dass ich nur Aufmerksamkeit wollte, wie alle Kinder in meinem Alter. Erst ein Jahr später bestand meine Mutter dank der Schule darauf, mit mir einen Arzt aufzusuchen.
Es stellte sich heraus, dass es einen Namen für das Phänomen gibt: Achromatopsie. Ich kann keine Farben sehen, Punkt. Es heißt, meine Wahrnehmung der Welt um mich herum sei ein Spektrum von Grautönen. Ich nehme an, das ist richtig, aber ich kann es nicht mit Sicherheit bestätigen.
Eine Zeit lang war es etwas schwierig, aber nach und nach habe ich mich daran gewöhnt. Mit dieser Einschränkung kann man ein ganz normales Leben führen, dafür bin ich der Beweis. Inzwischen bin ich an einem Punkt, an dem es mir nichts mehr ausmacht, anders zu sein. Ich habe mich damit abgefunden.
An diesem Abend jedoch, beim Anblick dieser katzenhaften Göttin, drückt es mir fast das Herz ab. Was würde ich dafür geben, sie in ihrer ganzen Pracht sehen zu können! Sie wirklich zu sehen.
Ihr kurzes Haar ist dunkel, wahrscheinlich schwarz oder braun, ebenso wie ihre durchdringenden Augen, die mit einem langen Lidstrich betont sind. Ihre Haut ist durchscheinend und glatt, bestimmt fühlt sie sich seidig an. Die Farbe ihres sinnlichen Mundes kann ich nicht erkennen. Rosa? Pfirsich?
Sie trägt eine Seidenhose mit hoher Taille zu einem weißen Spitzenkorsett, das zu sündigen Gedanken einlädt. Ihr von einem langen Pony fast verdeckter Blick prüft mich intensiv und sagt: »Ich weiß, was du gerade getan hast.« Wenn Thomas hier wäre, würde er mir wahrscheinlich einen mörderischen Blick zuwerfen. Er hasst es, wenn ich schummle. Eigentlich bin ich auch dagegen, aber der Abend war so verdammt langweilig.
Ich schummle nur, wenn mir langweilig ist.
Wird sie mich verraten? Niemand sonst hat gesehen, was ich gerade getan habe; dafür ging es viel zu schnell und war zu raffiniert. Sie schon. Aber wie?
Als die Dealerin eine weitere Runde ankündigt, wage ich es, die junge Frau mit den Katzenaugen anzuschauen. Sie hat sich keinen Zentimeter bewegt. Noch immer starrt sie mich fasziniert an. Je länger ich sie ansehe, desto schöner wird sie. Ich verspüre ein seltsam intuitives Bedürfnis zu erfahren, wie sie spielt – nennen wir es mal einen beruflichen Makel. Thomas meint, genau das sei mein Problem: meine manchmal extreme Faszination für Dinge oder Menschen, die meine Neugierde wecken.
Ich fummle mit meinen Chips herum und spreche die Lady in bestem Englisch an: »Wie wäre es mit einer Partie?«
Sie verzieht keine Miene. Ich warte geduldig, während sie noch zögert.
»Angesichts Ihrer Techniken bin ich mir nicht sicher, ob Sie mir Paroli bieten können«, antwortet sie mit einem bezaubernden Akzent. »Nichts für ungut, aber ich spiele gern gegen fähige Leute. Ich verliere sehr schnell das Interesse; das ist eine meiner schlimmsten Schwächen.«
Ich muss grinsen. Was für ein freches Mundwerk. Schüchtern ist sie nicht, das steht fest. Aber das macht sie nur noch attraktiver. Wir Russen mögen Frauen, die wissen, was sie wollen.
Ich hebe die Hände und verspreche feierlich: »Ich bin ganz brav und weiß mich auf meinen Gegenspieler einzustellen.«
Sie braucht nicht lange für ihren Entschluss. Statt einer Antwort setzt sie sich einfach mit erhobenem Kinn mir gegenüber. Jemand, der eine Herausforderung nicht ablehnen kann; genau die Art Mensch, die mir gefällt. Schweigend beobachte ich jede ihrer Bewegungen. Sie ist sich dessen bewusst, aber im Gegensatz zu den anderen scheint mein Blick sie nicht zu stören. Ich nehme mir ein paar Sekunden Zeit, um ihre Chips zu zählen.
Ein hübsches Sümmchen …
Sie muss eine gute Spielerin sein. Allein diese Feststellung genügt, um meinen Kreislauf zu beschleunigen. Niemand spricht, während die Karten ausgeteilt werden. Ich bekomme zwei Achten, Herz und Pik. Nicht großartig, aber es wird schon gehen.
Ich fixiere vor allem sie und versuche herauszufinden, was sie auf der Hand hat. Blufft sie? Spielt sie schweigend, oder spricht sie, um ihre Gegenspieler abzulenken? Setzt sie ihren Charme ein? Oder zieht sie es vor, die anderen mit eisigen Blicken einzuschüchtern, so wie ich?
Wie dem auch sei, sie weigert sich kategorisch, mir auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Aus irgendeinem Grund treibt mich das fast in den Wahnsinn. Fürchtet sie, ich könne sie aus der Ruhe bringen? Oder hat sie gemerkt, dass es mich verunsichert, wenn sie mich ignoriert?
Die Unbekannte setzt als Erste. Sie sieht selbstbewusst aus, aber das muss nicht bedeuten, dass sie ein gutes Blatt hat. Ich denke schnell nach und folge ihr, ohne lange zu zögern. Schließlich bin ich zum Spielen hier.
Die ersten drei Karten auf dem Tisch, der sogenannte Flop, sind eine Kreuz-Vier, eine Pik-Sechs und eine Karo-Acht. Ich versuche, mir meine Zufriedenheit nicht anmerken zu lassen, aber dieses Mal blickt sie mich an. Es ist, als könne sie mich denken hören.
Ich schaue nicht weg und stütze lässig mein Kinn auf meine Faust. Lange fordern wir uns gegenseitig heraus, dann erscheint ein feines Lächeln auf ihrem Gesicht. Scheiße.
»Du hältst dich sicher für einen guten Lügner«, sagt sie plötzlich.
Sie weiß Bescheid. Ich weiß nicht, wie sie es macht, und das frustriert mich maßlos, aber sie bringt es fertig, meine Maske zu durchschauen. Nur wie? Eigentlich unmöglich. Vielleicht Zufall. Allein indem sie mich ansah, konnte sie sicher nicht erkennen, dass ich mit diesen Karten zufrieden war. Niemand kann so etwas.
Ich gebe nicht auf und trinke einen Schluck Wodka Zitrone, ehe ich antworte: »In der Tat.«
Ihr Blick gleitet über meine Hand, die das Glas vielleicht ein wenig zu verkrampft hält, und sie lächelt erneut.
»Wäre es so, wüsstest du, dass es nicht genügt, dein Gesicht zu kontrollieren. Du kannst so teilnahmslos erscheinen, wie du willst: Wenn du nicht aufpasst, wird dein Körper dich immer verraten.«
Tief im Innern gestatte ich mir ein Lächeln. Sie hat recht. Ich war dumm. Aber immerhin ist mir das klar. Die Körpersprache sagt mindestens ebenso viel aus wie der Gesichtsausdruck. Ich versuche zwar, sie zu kontrollieren, aber das ist schwieriger, als man denkt.
Die nächsten beiden Karten sind eine Herz-Fünf und eine Kreuz-Neun. Im jetzigen Stadium habe ich eine gute Gewinnchance. Die anderen Spieler haben bereits aufgegeben. Nur sie und ich sind noch dabei.
Wenn sie mein Blatt tatsächlich kennt, sollte sie besser aussteigen. Ich versuchte, sie zu enträtseln, doch sie bleibt die ganze Zeit absolut unbeweglich. Ein wahrer Tresor. Wie alle anderen warte ich darauf, dass sie sich entscheidet, als sie sich plötzlich an mich wendet.
»Was glaubst du, was ich jetzt tun werde?«
Ich denke nach und antworte ehrlich: »An deiner Stelle würde ich aussteigen.«
Sie nickt nachdenklich und beugt sich leicht vor. Ich schaue nicht auf ihre verschränkten Arme hinunter, sondern fordere sie weiterhin mit Blicken heraus. Eine einzelne Wimper gleitet über ihre Wange. Ich muss mich zurückhalten, um sie nicht wegzupusten.
»Ich werde diese Partie gewinnen«, erklärt sie entspannt. »Angesichts der in der Mitte liegenden Karten ist es unwahrscheinlich, dass ich ein besseres Blatt habe als du, das gebe ich zu. Aber du hast etwas übersehen.«
Mit diesen Worten erhöht sie ihren Einsatz. Trotz meiner Verwirrung folge ich ihr. Sie deckt ihre Karten als Erste auf.
Eine Kreuz-Sechs und eine Karo-Sieben.
»Eine Straße.«
Heilige Scheiße. Sie schaut mich aufmerksam an, um meine Reaktion abzuschätzen. Ich müsste stinksauer sein. Immerhin hat sie mich, einen professionellen Pokerspieler, gerade locker in die Tasche gesteckt. Ich will in ein paar Wochen ein Weltturnier gewinnen, und dieses aus dem Nichts aufgetauchte Mädchen gibt mir zu verstehen, dass ich nicht gut genug bin.
Vor sechs Jahren hätte mich mein unangebrachter Stolz wahnsinnig gemacht.
Heute aber spüre ich etwas anderes. Das köstliche Gefühl von Adrenalin. Meine Neugier hat sich in süße Aufregung verwandelt. Nur beim Spiel gegen Tito habe ich bisher so etwas empfunden: einen gewissen Respekt, aber auch Verlangen.
»Noch einmal?«
Sie scheint von meiner Bitte nicht überrascht zu sein. Ich sehe, wie sie kurz zögert, dann aber nickt, während sie ihre Chips einsammelt.
»Einverstanden. Ich gebe dir eine letzte Chance, zu verstehen, warum ich gewonnen habe. Halt die Augen offen.«
Oh, das werde ich. Offen und ganz und gar auf sie konzentriert. Was mich frustriert, ist nicht so sehr die Tatsache, dass sie gegen mich gewonnen hat. So etwas kommt vor. Trotz meines hohen Niveaus ist Poker immer noch ein Glücksspiel, bei dem der Zufall eine große Rolle spielt.
Aber ich kann Menschen lesen. Eigentlich irre ich mich nie, weil mein sechster Sinn normalerweise unfehlbar ist. Nur stimmt das offenbar nicht, und sie hat es mir gerade bewiesen. Was könnte ich übersehen haben?
Dieses Mal bekomme ich ein Ass und einen Herz-König.
Ein gutes Blatt. Ich kontrolliere sowohl mein Gesicht als auch meine Körpersprache, als die Dealerin den Flop auf den Tisch legt: eine Karo-Neun, einen Karo-Buben und eine Kreuz-Dame.
Damit kann man etwas anfangen. Leider konzentriere ich mich mehr auf die Unbekannte als auf mein Spiel. Ich möchte verstehen, was sie damit meint: Du hast etwas übersehen. Sie macht es mir nicht leicht.
Als sie an der Reihe ist, lässt sie sich Zeit. Zu viel Zeit. Worüber denkt sie so intensiv nach? Ihr Blick wandert umher, fixiert schließlich einen Punkt in der Mitte ihrer Handfläche, und plötzlich setzt sie mit einer selbstbewussten Geste alles, was sie hat.
»All-in.«
Stack? Ernsthaft? Ihr Entschluss verwirrt mich. Was denkt sie sich? Wenn sie so viel Zeit braucht, ehe sie setzt, ist ihr Blatt vermutlich nicht besonders gut. Wenn man weiß, dass man gewinnt, zögert man nicht. Aber warum setzt sie jetzt den Stack?
Macht sie es etwa absichtlich, um mir ein gutes Blatt vorzugaukeln?
Das allerdings bezweifele ich.
Amüsiert schaut sie mich an. Sie hat ein verdammt schönes Lächeln. Ebenso beängstigend wie verführerisch.
»Nun? Hast du verstanden oder immer noch nicht?«
»Vor allem habe ich verstanden, dass ich dich unterschätzt habe.«
Ihre Wangen beben vor Vergnügen, während sie ihre langen Beine überschlägt. Der dritte Spieler steigt aus und starrt uns böse an. Ich schätze, für seinen Geschmack reden wir zu viel.
»Wenn es dich tröstet«, fügt sie mit kristallklarer Stimme hinzu, »ich glaube, du gewinnst.«
Und doch wirkt sie überhaupt nicht beunruhigt. Seltsam. Niemand setzt All-in, wenn er glaubt, er könne verlieren. Schummelt sie? Unmöglich. Wahrscheinlich manipuliert sie mich, und es funktioniert.
Ich zeige keinen Frust, auf keinen Fall, sondern setze einen entspannten Gesichtsausdruck auf.
»Woher willst du das wissen? Du kennst meine Hand nicht, ebenso wenig wie die Karten, die noch kommen.«
»Das lässt sich leicht ableiten, wenn man ein wenig darüber nachdenkt. Ich würde sagen, du hast eine etwa … zweiundfünfzigprozentige Chance, die Partie zu gewinnen.«
»Mehr nicht?«
»Das ist nicht übel.«
Tatsächlich. Was für ein seltsames Mädchen.
»Und warum setzt du alles, wenn deine Gewinnchance nur bei achtundvierzig Prozent liegt?«
»Eher bei fünfundvierzig«, korrigiert sie, »wenn ich einen Split Pot einrechne. Und um deine Frage zu beantworten: Die Partie ist noch nicht vorbei. Ich vertraue dem Schicksal oder der Wissenschaft – wer auch immer mich zuerst erhört.«
Schicksal oder Wissenschaft. Ich runzle die Stirn und werfe einen letzten Blick auf meine Karten, ehe ich All-in mitgehe. Auf keinen Fall steige ich aus. Ich muss zugeben, dass ich extrem gespannt bin, was sie zu zeigen hat. Fast wünsche ich mir, dass sie gewinnt.
Die Dealerin deckt eine Herz-Acht auf. Gut für mich. Tatsächlich steigen die Chancen, dass ich mit diesen Karten gewinne. Ich riskiere einen Blick hinüber, aber sie reagiert nicht.
»Und? Bei wie viel Prozent liege ich jetzt?«, scherze ich, während die Dealerin sich darauf vorbereitet, die nächste Karte aufzudecken.
Die Lady verschränkt die Hände auf dem Tisch und nimmt sich Zeit für die Antwort.
»Bei etwa dreiundsiebzig, würde ich sagen.«
Erstaunt ziehe ich eine Augenbraue hoch.
»Das ist eine ganze Menge. Glaubst du immer noch, dass du gewinnst?«
»Warum nicht?«, fragt sie und lächelt geheimnisvoll.
Und plötzlich, ohne den Blick von meinen Augen abzuwenden, sehe ich, wie sie ganz unauffällig ihre Karten hebt. Unwillkürlich senke ich den Blick. Sie zeigt mir absichtlich und vor den Augen aller Anwesenden ihr Spiel!
Ein Ass und eine Karo-Zwei.
Ist sie verrückt geworden? Neugierig erforsche ich ihr Gesicht und überschlage alle möglichen Kombinationen und alle Szenarien, aus denen sie als Siegerin hervorgehen könnte.
»Jetzt hilft nur noch ein Wunder.«
Sie zuckt mit den Schultern. Schweigend richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Mitte des Tisches. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, als die Dealerin die letzte Karte aufnimmt und umdreht …
Eine Kreuz-Zwei.
Schweren Herzens stecke ich den Schlag ein. Ich kann es nicht glauben. Sie hat gewonnen. Sie hat wirklich gewonnen. Mit dieser einen letzten Karte sind ihre Chancen von siebenundzwanzig auf hundert Prozent gestiegen.
Sie hat mit einer läppischen Straße alles gewonnen – schon wieder. Wirklich ein Wunder.
Erstaunt und bewundernd schaue ich sie an. Sie begnügt sich damit, mir ein flirtendes, triumphierendes Lächeln zu schenken, und steckt sämtliche Chips in ihre Tasche.
Ich gratuliere ihr aufrichtig und frage ruhig: »Woher wusstest du das?«
Ich kann nichts dagegen tun, aber ich will, dass sie mir das erklärt, was mich vermutlich die ganze Nacht verfolgen wird. Zunächst zögert sie, gibt dann aber doch nach.
»Ich war mir durchaus nicht sicher. Es gibt keine Möglichkeit, hundertprozentig sicher zu sein. Sagen wir … es war ein Bauchgefühl.«
Das nehme ich ihr nicht ab. Immerhin hat sie mir das schon zum zweiten Mal angetan. Ihretwegen bin ich jetzt blank. Sie ist unglaublich. Ich bin drauf und dran, sie zu bitten, auf mich zu warten, damit ich Geld abheben kann. Ich würde gern weiterspielen, immer weiter bis zum Ende der Nacht, aber sie schließt ihre Handtasche und sagt: »Danke für die Schuhe.«
»Wie bitte?«
»Die werde ich mir morgen von deinem Geld kaufen.«
Ich lache und stecke die Hände in die Hosentaschen. Schade, dass Thomas nicht hier ist! Er würde sie bestimmt hassen, aber seine Reaktion würde mich zum Lachen bringen.
Ich betrachte die klassisch schwarzen High Heels, die sie trägt. Oder sind sie vielleicht blau? Braun? Ich kann es beim besten Willen nicht sagen. Seltsamerweise gefällt mir der Gedanke, dass sie sich über mein Geld freut. Sie hat es verdient. Ich wurde an der Nase herumgeführt wie ein Anfänger, und so etwas passiert nicht alle Tage.
»Ich hoffe, du nimmst die allerteuersten«, sage ich.
»Das mache ich immer.«
Sie steht auf und streicht ihre Seidenhose glatt. Ich erhebe mich ebenfalls und will sie gerade bitten, zu bleiben, vielleicht sogar etwas mit mir zu trinken, aber wir werden von zwei Männern in Anzügen unterbrochen, leicht erkennbar als Sicherheitsleute. Sie gehen auf die Lady zu und sprechen sie höflich an.
Sie reagiert absolut sorglos und erklärt den Herren, sie spreche kein Mandarin. Einer der beiden tritt einen Schritt vor, schaut sie sehr ernst an und wiederholt in etwas unbeholfenem Englisch: »Ich muss Sie höflichst bitten, das Casino zu verlassen.«
Ich runzle die Stirn. Würdevoll erkundigt sie sich, warum. Es kommt mir vor, als passiere ihr so etwas nicht zum ersten Mal.
»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Miss Alfieri. Wir akzeptieren solche Praktiken im Venetian nicht.«
Ich verberge meine Überraschung und schaue sie an. Behauptet der Mann gerade, sie sei eine Betrügerin? Eine, die sogar in mehreren Casinos bekannt ist? Innerlich muss ich lachen und respektiere sie umso mehr.
»Aha, ich verstehe … Wir sind also aus dem gleichen Holz geschnitzt, du und ich.«
Sie wirft mir einen wütenden Blick zu und antwortet den beiden Kerlen: »Das Zählen von Karten ist kein Betrug und soweit ich weiß auch nicht illegal. Es ist nicht meine Schuld, dass ich intelligent bin.«
Ihre Antwort trifft mich unvorbereitet. Sie … zählt die Karten? Diese Information wirft ein ganz neues Licht auf sie. Das Zählen von Karten ist in der Tat nicht verboten, sondern einfach verpönt. Es gibt nur wenige Menschen, die ein solches Kunststück fertigbringen, vor allem beim Poker.
Natürlich versucht jeder Spieler, der etwas auf sich hält, seine Gewinnchancen zu berechnen. Aber es gibt einige Ausnahmeerscheinungen wie dieses Mädchen. Man muss ein mathematisches Genie sein, um eine solche Waffe einsetzen zu können.
»Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wir akzeptieren diese Spielweise hier nicht. Ich werde Sie nun hinausbegleiten.«
Sie verdreht die Augen, erklärt, sie könne selbst gehen und zwinkert mir so zu, wie ich ihr früher am Abend zugezwinkert habe. Ich möchte einschreiten, sie aufhalten und etwas sagen, irgendetwas – Hauptsache, sie spielt weiter.
Aber einer der Männer folgt ihr aus dem Raum, und schon ist es zu spät. Sie verschwindet zwischen den prächtigen Türflügeln. Ihre Absätze klackern auf dem Boden.
Ich sollte ebenfalls gehen. Ich habe sowieso kein Geld mehr und muss Thomas unbedingt erzählen, was mir gerade passiert ist … Gott weiß, dass ich längst alle Chancen auf einen Sieg gegen Tito in diesem Jahr einkalkuliert habe.
Ich habe mir selbst ein Versprechen abgegeben. Ich darf auf keinen Fall verlieren.
Aber vielleicht … vielleicht brauche ich zusätzliche Hilfe. Eine Geheimwaffe. Einen Plan B.
Einen Volltreffer.
»Entschuldigen Sie«, rufe ich dem zurückgebliebenen Sicherheitsmann zu, während in meinem Kopf langsam eine verrückte Idee aufblüht. »Wie war noch einmal der Name der jungen Dame?«
Meine Mutter schreibt mir ständig. Sie bittet mich, nach Hause zu kommen. Wahrscheinlich denkt sie, dass ich mich tagelang in irgendwelchen Casinos verkrieche und Geld verprasse, das ich nicht habe – was nicht ganz aus der Luft gegriffen ist.
Das kommt von der Sucht. Selbst wenn man weiß, dass es genug ist, und auch, wenn das Bankkonto nichts mehr hergibt, findet man irgendwie noch einen Weg, trotzdem weiterzuspielen.
Weil man nämlich denkt: Beim nächsten Mal klappt es bestimmt. Manchmal stimmt das sogar. Ein Mal von dreihundert. Das ist so schon gefährlich genug, aber für mich ist es noch viel gefährlicher.
Denn ich bin nicht irgendeine Spielerin. Ich weiß, dass ich wieder gewinnen werde, irgendwann jedenfalls. Das gibt mir genügend Arroganz, völlig verrückte Summen zu investieren. Daher meine Schulden.
Meine Eltern könnten sie bezahlen, aber ich will nicht von ihnen abhängig sein. Ich will allein zurechtkommen, wie immer.
»Ich nehme die hier«, sage ich schließlich und deute auf ein Paar goldene Schuhe.
Die Verkäuferin versteht Englisch, nickt und gibt ihren Kollegen ein Zeichen, sich darum zu kümmern. Ich sollte nicht unnötig Geld ausgeben, schon gar nicht für derart oberflächliche Dinge – ich reise viel, und mein ganzes Leben muss in einen Koffer passen. Das Einzige, was ich unweigerlich behalte und wofür ich immer Platz finde, sind meine Pinsel und Farbtuben. Eine Leidenschaft, auf die ich auf keinen Fall verzichten kann.
Ansonsten überlege ich mir in der Regel gut, was ich kaufe. In letzter Zeit übertreibe ich es allerdings oft. Aber egal, diese Schuhe sind einfach göttlich. Und indem ich sie kaufe, leiste ich schließlich einen Beitrag zur Wirtschaft des Landes, nicht wahr?
Ich bezahle und verlasse den Laden mit einer großen Tasche in der Hand. Draußen zünde ich mir eine Zigarette mit meinem Palladiumfeuerzeug an – einem Geschenk meines Vaters zu meinem achtzehnten Geburtstag – und will mich gerade auf den Weg zum Café de Paris Monte-Carlo machen, als etwas meine Aufmerksamkeit fesselt.
Oh, wow.
Ich träume nicht. Am Straßenrand steht ein wundervoller Ford Mustang Lithium, Metalliclackierung, 900 PS. Ein Schmuckstück. Ich bleibe stehen und lasse den Blick über die Karosserie schweifen … An der hinteren Tür lehnt ein Mann mit den Händen in den Hosentaschen.
Teilnahmsloses Gesicht.
Stürmische, intensive Augen.
»Soll ich die Polizei rufen?«
Zu seiner Verteidigung ist zu sagen: Der Pokerspieler vom Vorabend blinzelt nicht einmal. Er neigt ganz leicht den Kopf, ohne den Blick von mir abzuwenden. Im Gegensatz zu allem, was ich gestern gesagt habe, bleibt er schwer zu durchschauen. Seine Mimik beherrscht er perfekt, und das ärgert mich.
Solche Menschen zu manipulieren ist alles andere als einfach.
»Sag du es mir. Musst du gerettet werden … Rose?«
Ich kneife die Augen zusammen. Sofort gehen mir zwei Fragen durch den Kopf. Erstens: Woher kennt er meinen Namen? Zweitens: Wie hat er mich gefunden, und das auch noch so schnell? Will er sein Geld zurück? Zu spät, ich habe fast alles ausgegeben.
»Das sind die Schuhe, nehme ich an«, fügt er hinzu und wirft einen Blick auf meine Tasche.
Ich lächle und gebe mich unbekümmert.
»Ich halte meine Versprechen.«
»Eine gute Eigenschaft, auf die ich großen Wert lege.«
Misstrauisch ziehe ich eine Augenbraue hoch. Worauf will er hinaus? Ich frage ihn, was er von mir will und ob unser Treffen Zufall ist, obwohl ich das bezweifele. Er antwortet nicht sofort, sondern konzentriert sich auf meine Zigarette, an der ich ab und zu ziehe.
Schließlich wandert sein Blick wieder zu meinem zurück, als wäre er für eine Sekunde abgelenkt gewesen.
»Dein Aufbruch gestern Abend kam etwas überstürzt.«
»›Rausschmiss‹ wäre der passendere Begriff.«
Er lächelt leicht. Vielleicht für eine halbe Sekunde. Auf der Fahrerseite des Wagens klopft jemand von innen ans Fenster, und ich bemerke erst jetzt, dass er nicht allein ist. Durch das getönte Fenster sehe ich einen Mann. Der Fremde zuckt nicht mit der Wimper, aber ich weiß, dass er alles gehört hat.
»Ich kann mich leider nicht allzu lange hier aufhalten. Miss Alfieri, ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu machen. Bist du zufällig auf der Suche nach einem Job?«
Und wie. Trotzdem antworte ich nicht. Ich beobachte ihn aufmerksam und skeptisch. Ich habe kein gutes Gefühl. In der Vergangenheit haben mir viel zu viele reiche und mächtige Männer diese Frage gestellt, um dann gleich im Anschluss zu versuchen, mich auszuziehen. Diesen Fehler mache ich nicht noch einmal.
»Wieso? Stellst du ein?«
»Normalerweise nicht, aber du bist das, was ich eine Ausnahme nenne. Du gefällst mir.«
Die entschlossene Art, mit der er das sagt, lässt mich geradezu erschaudern. Ich muss sagen, dass ich das nach gestern nicht von ihm gedacht hätte. Meine Enttäuschung ist echt, aber schnell vorbei. Ich schenke ihm ein eisiges Lächeln und drehe mich um.
»Tut mir leid, aber ich bin keine Prostituierte.«
Mir ist klar, dass wir uns hier in Sin City befinden und dass die Wirtschaft der Stadt größtenteils auf Glücksspiel und Sexgewerbe basiert, aber trotzdem. Es ist so ermüdend.
Er scheint meinen Ärger zu verstehen, denn er nimmt eine Hand aus der Tasche und macht mir ein Zeichen, dass ich sein Angebot falsch verstanden habe.
»Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Du gefällst mir nicht auf diese Weise«, sagt er. »Sagen wir mal, es ist dein … Talent, das mich anzieht.«
Ich weiß nicht so recht, was ich darauf antworten soll. Misstrauisch stoße ich eine lange Rauchwolke aus.
»Aha? Bist du vielleicht Fußfetischist?«, frage ich und füge hastig hinzu: »Nicht, dass ich das verurteile.«
Er lächelt geradezu hinreißend. Wäre ich nicht so feige, säße ich längst auf seinem Schoß auf dem Rücksitz seines schönen Autos. Aber ich bleibe Carlotta treu.
»Ich bin sicher, du hast sehr schöne Füße, aber darum geht es mir nicht. Ich habe andere Laster.«
»Nämlich?«
Eine Pause. Meine Augen fordern eine ehrliche Antwort. Schließlich antwortet er mühelos, als ob er sich für nichts schämen würde: »Geld und Macht machen mich an.«
Über diese Antwort muss ich fast lachen. Vielleicht sind wir uns ja doch nicht so unähnlich.
»Geht uns das nicht allen so?«
Das Lächeln auf seinem blassen, gnadenlosen Gesicht wird breiter, als freue er sich über meine Antwort. Er löst sich von dem Auto, und ich nutze die Gelegenheit, ihn von Kopf bis Fuß zu mustern.
Er trägt einen dünnen Pullover, der in einer cremefarbenen Hose mit hohem Bund steckt. Der ganze Mann wirkt edel und elegant. Sein Lächeln macht ihn gefährlich wie einen Schlangenbeschwörer und ist wahrscheinlich der Grund vieler gebrochener Herzen, aber sein Blick … Himmel, sein Blick …
Es ist der Blick von Satan höchstpersönlich.
Das gefällt mir natürlich umso mehr.
»Hier«, sagt er und reicht mir eine Visitenkarte, auf der ich den Namen »Levi Iwanowitsch« lese. »Ich habe jetzt keine Zeit, dir alles zu erklären, aber würdest du heute Abend mit mir etwas trinken gehen? Du bist natürlich eingeladen.«
Ich drehe die Karte in meinen Händen und schweige. Er hat sich bereits die Zeit genommen, seine Adresse auf der Rückseite zu notieren. Er residiert im luxuriösen Hotel Ritz-Carlton. Wenn er sich dort eine Suite leisten kann, sollte ich ihm vielleicht lieber zuhören. Oder hängt er nur in der Bar herum?
Vermutlich ist er nicht viel älter als ich. Ich schätze ihn auf etwa Mitte zwanzig. Erneut werfe ich einen Blick auf seine Visitenkarte und hoffe auf Antworten. Alles ist kyrillisch geschrieben, und ich erkenne nur ein englisches Wort: Rasputin.
Vielleicht ein Unternehmen?
»Ich erwarte dich um sieben Uhr an der Bar«, fügt Levi hinzu.
»Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich werde wohl nicht kommen. Du tauchst aus dem Nichts auf, nachdem du mir vermutlich den ganzen Morgen gefolgt bist, um mir zu sagen, dass ich dir gefalle und dass du mir einen Job anbieten willst. Ich will nicht paranoid erscheinen, aber genau auf diese Weise kommt es gerne mal zu Morden an Frauen wie mir und man landet ungewollt in den Nachrichten.«
Er nickt, als ob er über meine Argumente nachdenken würde, geht um das Auto herum und öffnet die rechte hintere Tür. Sein Fahrer schaltet die Zündung ein. Das Geräusch des Motors klingt in meinen Ohren wie eine liebliche Symphonie.
»Und wenn ich dir sage, dass für dich eine Menge Geld drinsteckt?«
Unbeeindruckt verschränke ich die Arme, lasse die Zigarette fallen und zertrete sie. Wie konnte er ahnen, dass die Ankündigung von Geld mich den Köder schlucken lassen würde? Mit den Klamotten, die ich trage, sollte man doch annehmen, dass ich im Geld schwimme.
»Quanto?«
Die Sprache des Geldes kennt keine Grenzen, das weiß jeder. Ich wette, er spricht kein Wort Italienisch, aber er hat meine Frage genau verstanden.
Er zieht eine Augenbraue hoch und antwortet: »Genug, um dich in Versuchung zu führen.«
Mit diesen Worten steigt er in den Wagen und schlägt die Tür hinter sich zu. Eingebildeter Arsch. Ich kann mir gut vorstellen, dass er zu den Männern gehört, die ein Nein nicht akzeptieren. Das sind die schlimmsten; ich hasse sie.
Plötzlich senkt sich die Heckscheibe. Mit einem dünnen Grinsen lehnt er sich hinaus und schaut auf meine Füße.
»Ich kann es kaum erwarten, die neuen Schuhe zu sehen.«
Das Ritz-Carlton ist wirklich ein sehr schönes Hotel, das muss ich zugeben.
Kein Vergleich zu meinem, obwohl ich auch nicht gerade zu bedauern bin. Als ich die Lobby betrete, werde ich sowohl von den Männern als auch von den Frauen gründlich begutachtet.
Wahrscheinlich wegen meines Outfits.
Ich trage eine schwarze Hose zu einem dazu passenden trägerlosen Satinoberteil mit tief angesetzten Puffärmeln und einem V-Ausschnitt. Mein kurzes Haar kitzelt meine Ohren, die rings um die Ohrmuschel mit kleinen Goldringen geschmückt sind.
Ich trage die erst heute Morgen gekauften goldenen High Heels mit einem Vorhang aus Strasssteinen um die Knöchel. Ich fühle mich unglaublich stark und sexy und bin bereit, gegen den berühmten Levi Iwanowitsch anzutreten, den ich sofort erkenne – wie könnte es auch anders sein?
Er sitzt bequem in einem der weinroten Ledersessel an der Bar, die Beine übereinandergeschlagen und ein Glas Whisky in der Hand. Obwohl ich mich verspätet habe, ist er noch da und wartet geduldig auf mich.
Den ganzen Tag über war ich überzeugt, dass ich nicht gehen würde.
Doch im letzten Moment wurde die Neugier unerträglich. Wenn ich ihm nicht »auf diese Weise« gefalle, muss ich wissen, was er von mir will – und natürlich auch, über wie viel Geld wir reden.
Meine Tante behauptet, ich sei käuflich.
Ich persönlich nenne es meinen Sinn fürs Praktische. Betont langsam gehe ich auf ihn zu, setze mich in den Sessel ihm gegenüber und überschlage die Beine. Er scheint ein wenig überrascht zu sein, mich zu sehen, als ob er gedacht hätte, ich würde nicht kommen.
Schweigend sehen wir uns an. Nach ein paar Sekunden leert er sein Glas und stellt es auf den Tisch zwischen uns.
»Was ist dein Gift?«
Ich wünschte, es wäre nur eines. Ich versuche zu scherzen: »Du musst dich etwas genauer ausdrücken.«
Ein Kellner erscheint. Levi lässt mich nicht aus den Augen. Sein Blick ist ernst.
»Da, wo ich herkomme, lehnt man einen angebotenen Drink auf keinen Fall ab. Es gibt sogar ein Sprichwort: ›Nur Spione trinken nicht‹. Also … Brandy? Champagner?«
Hocherfreut gebe ich nach. Ich verrate es ihm nicht, aber ich lehne sowieso nie einen Drink ab. Nicht nur in Russland wird gern getrunken.
»Lieber einen Rotwein.«
»Wie wäre es mit einer Flasche AoYun, Sir?«, schlägt der Kellner in einem Englisch vor, das deutlich besser ist als meines.
Levi nickt und erklärt: »Ao Yun ist ein legendärer Rotwein. Der Name bedeutet ›Über den Wolken fliegen‹. Er ist köstlich, obwohl ich Wodka bevorzuge – reiner Patriotismus, nehme ich an.«
Während wir bedient werden, blicke ich mich neugierig im Raum um und frage mich, wie viel eine Nacht in einer Suite hier wohl kosten mag. Diesen Luxus möchte ich mir auch irgendwann einmal genehmigen. Eines Tages werde ich hierher zurückkommen, das steht fest.
»Ich hätte keine bessere Wahl treffen können«, dringt Levis Stimme zu mir durch.
Ich folge seinem Blick zu meinen Füßen, besser gesagt zu meinen Schuhen, und lächle.
»Es ist geradezu ein Fluch, einen guten Geschmack zu haben, ohne reich zu sein.«
»Du könntest es werden.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch, und er fährt fort: »Ich möchte nicht lang um den heißen Brei herumreden.« Er lehnt sich nach vorn und stützt seinen Ellbogen lässig auf sein Knie. »Ich arbeite seit vielen Jahren als professioneller Pokerspieler und bin sehr beeindruckt von deiner Spielweise.«
Klar, dass er ein Profi ist. Trotz seiner Niederlage wusste er, was er tat, und er tat es gut.
»Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so gut Karten zählen kann wie du«, fügt er in einem Tonfall hinzu, der eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen kann. »Ich wünschte, ich könnte es, aber ich bin nicht gerade das, was man ein Mathegenie nennt …«
»Du willst also Privatunterricht?«
Ich sage das im Scherz, aber sein ernster Blick lässt mich innehalten. Ist es wirklich das, was er die ganze Zeit im Sinn hatte? Komischer Typ.
»Ich nehme an der jährlich stattfindenden Poker-Weltmeisterschaft in Las Vegas teil«, erklärt er. »Und zwar in einer Woche.«
Ich lache gezwungen auf.
»So schnell kann man nicht lernen, Karten zu zählen.«
Seine tiefe Stimme klingt fast verrucht, als er mir so ruhig, als ob er über etwas ganz anderes spräche, entgegnet: »Ich bin ein sehr fleißiger und engagierter Schüler.«
Heilige Scheiße, ich spüre fast, wie mir seine Stimme durch Mark und Bein geht.
»Das ändert nichts«, sage ich und trinke einen Schluck, um mein Erröten zu verbergen. »Ich habe Jahre gebraucht, um diese Kunst zu beherrschen. Auf keinen Fall schaffst du es in einer Woche.«
Er schenkt mir ein rätselhaftes Lächeln, als hätte ich etwas übersehen.
»Also, wenn Sie mir helfen, Miss Alfieri, nehme ich Sie mit nach Las Vegas.«
Seine Antwort macht mich sprachlos. Es ist ihm gelungen, mein uneingeschränktes Interesse zu wecken. Ich höre fast die Warnung meiner Mutter, dass das alles andere als eine gute Idee ist – dass jemand wie ich besser nicht nach Las Vegas gehen sollte.
Und doch sehe ich mich schon dort. Ich träume von Las Vegas, seit ich fünfzehn bin.
»Okay, ich höre. Was müsste ich tun?«