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Der Mühlenhofbauer ist außer sich! Angeblich ist er auf einem Spaziergang einem riesigen Ungeheuer begegnet und musste Hals über Kopf flüchten. Seinen Hund Schnuffel hat das Untier so verängstigt, dass dieser sich nun nicht mal mehr aus seinem Körbchen traut. Welches Wesen streift da im Falkensteiner Forst umher? Und warum will sich plötzlich Graf Falko mit seiner neuen adeligen Bekannten um die Angelegenheit kümmern? Bibi, Tina und Alex machen sich daran, dem Geheimnis um das Monster im Wald auf den Grund zu gehen.
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Seitenzahl: 96
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Wo ist Schnuffel?
Es quietscht
Schnuffel schnappt zu
Kalter Kaffee
Serafina
Großes Hexenehrenwort
Die Reifenpanne
Limonade, bitte!
Das geht gar nicht!
Im Tal der Wisente
Der kaputte Zaun
Die Zeit wird knapp
Das Jagdhorn
Bei Förster Buchfink
Was jetzt?
Das Online-Treffen
Drei Herzen von Alex
Rein zufällig
Ein Traum wird wahr
Bruno nimmt die Fährte auf
Das Kälbchen
Schnuffel und Bruno
Willkommen zu Hause!
Richtig gute Freunde
Der Autor
Impressum
„Schnuffel!“
Die Stimme des Mühlenhofbauern schallte durch den Falkensteiner Forst. „Schnuffel!“, rief er wieder. „Wo bist du?“
Der Waldweg schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch. Fast jeden Morgen gingen sie hier Gassi. Da Schnuffel ein sehr folgsamer Hund war, hatte der Bauer ihn nicht angeleint. Ein leises Klacken war zu hören. Hoch oben in einer Kiefer hockte ein Buntspecht und hackte mit seinem scharfen Schnabel ein Loch in den Stamm. Sein roter Hals leuchtete.
Vielleicht war Schnuffel schon weitergelaufen, überlegte der Mühlenhofbauer. Oder ein Stück zurückgeblieben? Jeder Spaziergang war für ihn ein aufregendes Abenteuer. Ständig schnüffelte er irgendwo herum. Aber dass er weglief, war bisher noch nie vorgekommen. Der Mühlenhofbauer lauschte in den Wald. Nichts außer dem Hämmern des Buntspechts war zu hören.
„Schnuffel!“, rief er noch einmal.
Der kleine schwarze Hund rannte, so schnell er konnte. Er hatte etwas gewittert. Ein aufregender Duft war ihm plötzlich in die Nase gestiegen. Er musste ihm folgen! Wieder hörte er sein Herrchen rufen. Die Stimme wurde immer leiser, der Geruch jedoch wurde immer stärker. Was war das nur? Schnuffel wollte es unbedingt herausfinden. Er konnte jetzt nicht einfach umkehren.
Schnuffel merkte, dass der Wald heller wurde. Kurz darauf schoss er durch die Bäume hindurch auf eine Lichtung. Der Geruch war jetzt sehr stark. Da! Was war das? Mit einem Mal erhob sich ein braunes, zottiges Ungetüm vor ihm. Groß wie ein Berg! Im nächsten Moment spürte Schnuffel einen heftigen Schlag.
„Schnuffel!“
Sehr leise und weit entfernt hörte er die Stimme seines Herrchens.
Der Mühlenhofbauer überlegte: Was sollte er nun tun? Nach Hause gehen und auf Schnuffel warten? Aber was, wenn sein kleiner Hund nicht zurückkam? Vielleicht war ihm etwas zugestoßen! Plötzlich hatte der Mühlenhofbauer ein Bild vor Augen, wie Schnuffel ängstlich und verletzt an einem Baumstamm kauerte. Er musste ihn finden. Aber wo? Und wie? Da hatte er eine Idee: Er wusste, wer ihm helfen konnte!
Der Mühlenhofbauer machte sofort kehrt, um nach Hause zu gehen. Zu seinem Hof war es nicht weit. Doch plötzlich sah er es: ein zottiges dunkelbraunes Wesen. Riesengroß. Zwischen dichten Nadelbäumen stehend, glotzte es zu ihm herüber. Waren das nicht spitze schwarze Hörner auf seinem Kopf? Und eine Mähne, die weit auf die Brust herabhing? Der Mühlenhofbauer rieb sich die Augen, dann schaute er noch einmal hin. Jetzt war nichts mehr zu sehen. Hatte er sich das nur eingebildet? Er spürte, wie sein Herz klopfte. Unwillkürlich begann er zu laufen. Er wollte nur noch heraus aus diesem Wald! Immer wieder blickte er sich um, aber da war nichts. Schwer atmend blieb er stehen, als er den Waldrand erreicht hatte. Jenseits der Wiese lag schon sein Hof.
„So! Fertig!“
Bibi schnallte den Sattelgurt fest und ihre Stute schnaubte aufgeregt. „Sei doch nicht so ungeduldig, Sabrina!“ Bibi lachte. „Du freust dich genauso aufs Ausreiten wie ich, stimmt’s?“ Sie tätschelte ihrem Pferd zärtlich den Hals.
„Lass uns gleich losreiten“, sagte Tina. Sie hatte ihren Fuchs Amadeus ebenfalls gezäumt und fertig gesattelt.
Bibi Blocksberg, die Junghexe aus Neustadt, war gestern Abend auf dem Martinshof angekommen. Ein paar Tage Ferien zusammen mit ihrer besten Freundin Tina und ihrer Schimmelstute Sabrina: Bibi konnte sich nichts Schöneres vorstellen. Die Mädchen nahmen die Pferde am Halfter und führten sie aus dem Stall.
„Wohin reiten wir eigentlich?“, fragte Bibi.
„Zum Schloss!“, erwiderte Tina.
Etwas in ihrer Stimme ließ Bibi aufhorchen. Normalerweise freute sich Tina, zum Schloss zu reiten. Schließlich wohnte dort ihr Freund Alexander von Falkenstein.
„Gibt’s Probleme mit Alex?“, erkundigte sich Bibi vorsichtig. Wie jedes Pärchen hatten auch Tina und ihr Freund manchmal Streit.
„Nein, alles okay!“ Tina schüttelte den Kopf. „Ich hab gestern mit ihm telefoniert. Es ist nur ...“
„Nur was?“, fragte Bibi.
„Na, irgendwas hat er“, antwortete Tina. „Ich spüre das. Aber er will nicht mit der Sprache heraus.“
„Vielleicht ist es nichts Ernstes“, meinte Bibi. „Wenn wir erst mal ausreiten, geht es ihm bestimmt besser.“
Tina lächelte: „Bestimmt hast du recht!“
Die beiden hatten das nämlich schon oft erlebt: Auf geheimnisvolle Weise verschwanden die meisten Probleme, sobald man im Sattel saß. Gerade eben waren sie zwar noch furchtbar wichtig, aber auf einmal – puff – waren sie gar nicht mehr so schlimm. Wenn man dagegen lange über sie nachgrübelte, wurden sie immer größer.
„Hey, da kommt jemand!“, rief Bibi.
Ein gelber Traktor tuckerte auf den Hof.
„Der Mühlenhofbauer“, wunderte sich Tina. „Was will der denn?“
Der Bauer kletterte von seinem Traktor und eilte mit großen Schritten auf sie zu. Gewöhnlich kam er nur, um sich über irgendetwas zu beschweren oder um bestellte Lebensmittel zu liefern. Aber Tina hatte keine Ahnung, was es diesmal sein könnte.
„Zu euch wollte ich!“, rief er, als er die beiden sah. „Ich bin ja so froh, dass ich euch treffe!“ Tatsächlich schien er geradezu glücklich über ihren Anblick zu sein.
„Das haben Sie ja noch nie gesagt!“, meinte Bibi verwundert. Sonst war der Mühlenhofbauer nämlich ein ziemlicher Brummbär, fast schon unfreundlich.
„Ich brauche dringend eure Hilfe!“, sagte er. „Es geht um Schnuffel.“
Bibi und Tina kannten Schnuffel gut, denn sie hatten den kleinen Hund, der ausgesetzt worden war, damals gefunden. Seitdem lebte er beim Mühlenhofbauer.
„Ist er krank?“, fragte Tina erschrocken.
„Nein, er ist weg!“
„Wie? Weg?“, wiederholte Bibi verständnislos.
„Er ist eben beim Gassigehen im Falkensteiner Forst verschwunden.“
„Vielleicht hat er etwas Interessantes gewittert?“, vermutete Tina.
„Ja, und jetzt wartet er zu Hause darauf, dass Sie zurückkommen“, stimmte Bibi ihr zu.
Der Mühlenhofbauer schüttelte den Kopf. „Ich habe den Verdacht, dass ihm etwas passiert ist“, sagte er. „Deshalb wollte ich euch bitten, ihn zu suchen.“ Er sah auf einmal richtig verzweifelt aus.
„Aber wie sollen wir ihn finden?“, fragte Bibi. „Der Falkensteiner Forst ist groß, und wir wissen nicht, wo er sein könnte.“
„Bestimmt nicht weit von meinem Hof entfernt. Und außerdem ...“ Der Bauer zögerte kurz. „Du bist doch eine Hexe, Bibi.“
„Soll ich ihn etwa mit Hexerei finden?“ Bibi überlegte kurz. „Dazu bräuchte ich aber etwas, das ihm gehört.“
„Ich habe extra das hier mitgebracht.“ Der Mühlenhofbauer griff in seine Tasche. Er holte etwas heraus und hielt es Bibi vors Gesicht. „Würde es damit gehen?“
Bibi blickte ihn verdutzt an. „Das ist ja ein Gummientchen!“
Tatsächlich hielt der Bauer ihr ein kleines gelbes Entchen vor die Nase, wie manche Leute es in ihrer Badewanne schwimmen lassen.
„Das ist das Lieblingsspielzeug von Schnuffel“, erklärte der Bauer. „Wenn er darauf herumkaut, quietscht es.“ Zum Beweis drückte er das Entchen mit Daumen und Zeigefinger zusammen. Und tatsächlich: Es quietschte!
Tina kicherte.
„Schnuffel liebt nun mal dieses Quietscheentchen“, sagte der Mühlenhofbauer ernst.
Bibi verkniff sich ein Grinsen und nahm ihm das Entchen ab.
„Damit müsste es klappen“, meinte sie. „Jetzt haben wir nur noch ein Problem.“
„Und welches?“, fragte der Bauer.
„Dass ich hier nicht hexen darf.“
„Stimmt!“ bestätigte Tina. „Meine Mutter hat es verboten. Allerdings gilt das Hexverbot nur auf dem Hof. Und außerdem sind Mutti und Holger gerade nicht da.“
Frau Martin und Tinas Bruder waren nämlich in die Stadt gefahren, um die Vorräte aufzufüllen. In zwei Tagen würde eine Gruppe von Ferienkindern eintreffen und die hatten meist riesigen Hunger ...
„Na gut.“ Bibi nickte. „Wir suchen Schnuffel!“
Die Mädchen schwangen sich in den Sattel.
„Wohin sollen wir ihn bringen, wenn wir ihn finden?“, wollte Tina wissen.
„Zu mir nach Hause“, antwortete der Mühlenhofbauer. „Ich fahre sofort zurück.“ Er trat dicht an die Freundinnen heran. „Eines noch, Mädchen: Seid vorsichtig!“, sagte er eindringlich.
„Vorsichtig? Wieso denn?“, fragte Tina erstaunt.
Der Bauer zögerte. „Da draußen im Wald ...“ Doch dann schüttelte er den Kopf und brummte. „Ach was, ich sehe Gespenster und rede Unsinn.“
„Machen Sie sich keine Sorgen!“, sagte Bibi mitfühlend. „Wir finden Ihren Schnuffel und bringen ihn zurück.“
„Danke!“ Der Mühlenhofbauer nickte ihnen zu. Dann stieg er auf seinen Traktor. Bibi und Tina warteten, bis er losgefahren war, ehe sie vom Hof ritten. Vor dem Tor überreichte Bibi das gelbe Gummientchen ihrer Freundin. Zum Hexen brauchte sie nämlich freie Hände. „Eene meene ganz schön lieb, Entchen jetzt zu Schnuffel flieg. Hex-hex!“, rief sie laut.
Es machte Plingpling und Hexsternchen sprühten. Die beiden Mädchen ritten los − dem fliegenden Quietscheentchen hinterher.
„Sieht so aus, als wüsste unser Entchen ganz genau, wo es hinwill“, meinte Tina lachend. „Hexerei ist echt unschlagbar!“
Sie trabten Richtung Südosten, wo der Mühlenhof lag. Dann folgten sie dem Gummitierchen in den Falkensteiner Forst, wo sie ihr Tempo verlangsamten. Sie ritten im Schritt, um keine Spur zu übersehen.
„Meinst du, der Mühlenhofbauer macht sich übertriebene Sorgen?“, fragte Tina.
„Vermutlich schon“, erwiderte Bibi. „Was soll Schnuffel hier schon passiert sein?“ Sie war bloß froh, dass ihnen bisher niemand begegnet war. Ein knallgelbes fliegendes Badeentchen, das brav vor ihnen herschwebte, war ein etwas seltsamer Anblick ...
Plötzlich flog das Entchen eine scharfe Rechtskurve. Bibi und Tina mussten den Weg verlassen, um ihm zu folgen. Es ging jetzt quer durch den Wald, und das Entchen flog langsamer. Die Freundinnen hatten das Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis sie Schnuffel fanden.
Vor ihnen lag ein großes Brombeerdickicht.
„Ich wusste gar nicht, dass es hier Brombeeren gibt“, bemerkte Tina verwundert.
In diesem Abschnitt des Waldes waren sie noch nie gewesen, weil er abseits der Wege lag. Sie ritten am Rand der Hecke entlang.
„Schnuffel“, riefen sie laut.
Ihre Stimmen hallten durch den Wald. Sie zügelten die Pferde und lauschten angestrengt. Das leise Rascheln der Blätter war aus den Baumwipfeln zu hören. In der Ferne krächzte ein Eichelhäher. Sie ritten weiter dem Entchen nach, und erreichten schließlich eine kleine sonnige Lichtung. Plötzlich fiel das Gummitier zu Boden, als wäre ihm eingefallen, dass es eigentlich gar nicht fliegen konnte.
„Oh, abgestürzt“, witzelte Tina. „Aber was hat das zu bedeuten?“
„Vermutlich, dass wir da sind!“, sagte Bibi.
Die beiden ließen ihre Blicke hin und her schweifen.
Amadeus schnaubte nervös.
„Ganz ruhig.“ Tina tätschelte ihrem Pferd den Hals.
„Sieh mal, da drüben!“ Bibi wies plötzlich mit dem Finger hinüber zum gegenüberliegenden Rand der Lichtung.
Ihre scharfen Hexenaugen hatten etwas entdeckt: Dort kauerte ein kleines schwarzes Bündel eng an einen Baum gepresst.
„Schnuffel!“ Tina hatte ihn erkannt.
Die beiden sprangen ab. Ihre Pferde waren unruhig, irgendetwas war ihnen nicht geheuer. Bibi steckte das Entchen ein. Die Mädchen nahmen die Tiere an den Zügeln und führten sie hinter sich her. Als sie sich dem Hund näherten, bemerkten sie, dass er sie ängstlich anblickte. Bibi reichte Tina den Zügel und ging langsam auf Schnuffel zu.
„Hallo, Schnuffel“, sagte sie leise. „Was ist mit dir?“
Der kleine Hund knurrte bedrohlich. Seine Lefzen hoben sich und spitze Eckzähne blitzten hervor.
Bibi blickte sich ratlos zu Tina um.
„Anscheinend hat er Angst“, meinte diese. „Irgendetwas muss ihn total erschreckt haben. Sieh mal, wie er zittert.“ Jetzt kam auch sie näher.
„Komm, Schnuffel, du kennst uns doch; wir bringen dich nach Hause, ja?!“ Tina streckte die Hand aus. Aber plötzlich sprang Schnuffel auf und schnappte zu. Tina zuckte zurück.