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Surrealistische Prosa und Gedichte, angesiedelt zwischen Christian Morgensterns Lyrik und Michael Endes Visionen. Teils dunkel humoristische, gotisch mystische Traumvisionen, teils luzid surreale Gemälde erinnernd an Maler wie William Blake und Salvador Dali. Büro für angewandte surreale Forschung (Wenn Sie sich sicher sind, hier richtig zu sein, treten Sie bitte unverzüglich ein.)
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Seitenzahl: 40
Inhalt:
Lyrik und Prosa
aus dem letzten Jahrtausend
(zehn Stücke & Anhang)
der Schrei
die Erhabenen
das dunkle Haus
der kleine Tod
Seelenfeuer
Nachtgespräch
Kinder der Nacht
Gotteskrieger
wir Erfolgreichen
Zipfelmanns Mütze
Der Schrei
Schwarze Wolken ziehen dahin. Sie tragen
einen dunklen Sinn in sich
und rücken unaufhörlich den Himmel ab.
Bis er geschlossen ist
und kein Licht mehr hindurchströmt.
Die Bäume sehen traurig aus.
Kein Geräusch ist zu hören
und doch legt sich Schwere auf jedes Ohr
und Dunkelheit auf jedes Auge.
Nicht die Art von Dunkelheit ohne Licht.
Eine Dunkelheit der Sinne.
Die Menschen laufen hin und her.
Mit dem Licht verschwindet die Orientierung für sie.
Sie sehen nach oben
und hoffen, der Himmel würde sich wieder auftun.
Nichts passiert.
Nur Stille.
Niemand wagt, ein Geräusch von sich zu geben.
Ein Mann öffnet den Mund.
Die Menschen um ihn herum warten auf ein Wort,
ein Schluchzen.
Doch der Mann steht da, als wäre er festgefroren.
Einfach am Boden festgefroren
und auch sein Geist ist starr, wie vor Kälte.
Ein gefrorener Schrei.
Das ängstigt die Menschen um ihn herum noch mehr.
Sie entfernen sich von ihm, wie
von einem Leprakranken, der sich als solcher
zu erkennen gibt.
Die Menschen halten Abstand zu ihm,
und solche die ihn noch nicht gesehen haben,
kehren nachdem sie es getan haben, um
oder laufen im Bogen an ihm vorbei.
Sie alle wollen nach Hause, wissen aber nicht wohin.
Alle laufen sie auf und ab und sehen so aus,
als wollten sie irgendwo hin.
Als hätten sie ein Ziel, das es schnell zu erreichen gilt.
Und noch immer stand der Mann da.
Ohne sich zu rühren, stand er da,
in seinem erfrorenem Schrei.
Er blickte nach oben.
Viele blickten nach oben, aber keiner schrie.
So wie er da stand, sah er aus wie ein Baum.
Ja auch die Bäume schrien
mit zum Himmel erhobenen Armen.
Ebenfalls an der Erde festgefroren.
Nichts bewegte sich, außer die Menschen,
die hin und her liefen wie Ameisen.
Aber sie trugen nichts.
Nur sich selbst.
Je dunkler es wurde,
desto weniger Menschen suchten ihren Weg.
Haben die anderen ihr Ziel erreicht?
Gab es einen Endpunkt ihrer Bemühung, sich fortzubewegen?
Bewegen heißt nicht stillzustehen, heißt
immer weiterzugehen,
aber wohin?
Was ist, wenn alle ihr Ziel erreicht haben würden?
Würde es dann heller werden?
Dunkelheit ist Müdigkeit.
Wenn es dunkel wird, werden die Bäume müde.
Dann senken sie ihre Arme und schlafen einen langen Schlaf.
Schlafen auch um zu vergessen.
Nur der Mann, der da stand, schlief nicht.
Er schrie seinen leisen Schrei in den dunklen Himmel.
Er hatte Angst, zu schlafen und zu vergessen.
Er hatte Angst, nie wieder aufzuwachen.
Deswegen schlief er nicht,
er schrie.
Die Erhabenen
Der Haufen wird immer größer
andauernd wird ein Neuer oben draufgetan
ich ersticke.
wie soll man atmen bei so vielen Körpern
und immer kommt noch einer oben drauf
und noch einer
wird es denn nie enden?
hier sind schon so viele
so viele Körper liegen hier auf mir
und andauernd werden es mehr
haben sie denn kein Mitleid?
ich werde erdrückt!
sehen sie denn das nicht
so viele Körper auf mir
und ich liege ganz unten
und der Haufen wird immer größer und größer.
Ich blicke um mich herum und sehe
Arme, Beine, Köpfe mit verdrehten Augen
und Hände mir steifgewordenen Fingern
leblose Leiber mit verzerrten Gesichtern
die Grimassen schauen mich alle an
als ob sie lachen würden.
ja, sie lachen mich aus mit ihren verzerrten Mündern
lacht nur, ihr seid auch nicht besser dran!
ihr mit euren verrenkten Körpern und hervortretenden Fischaugen
ihr bekommt mich nicht
drückt nur, aber glotzt mich nicht so an.
mit euren großen Triefaugen
habt ihr verstanden!?
oder seid ihr taub
natürlich sind sie taub
sind ja schließlich tot
ich werd jetzt einfach nicht mehr an euch denken
wenn ich nicht mehr an euch denke,
seid ihr nicht mehr da.
ich schließe die Augen und halte die Luft an
Irgendwann halte ich es nicht mehr aus
und lechze nach Luft
und da sind sie wieder und schauen mich an.
der Druck ist größer geworden
laufend kommen welche hinzu
das muß ein Versehen sein
ich bin nicht wie die hier
hört mich denn keiner!?
ich bin nicht tot wie die hier
schaut mich an; kein bischen steif
was hab ich denn mit denen zu tun
schaut mich doch an
Der Haufen wird größer
immer größer und größer
sie wollen mich zerquetschen
mit ihren Leibern
diese abgewrackten Leiber
wie tote Jesusse sehen sie aus
einer wie der andere
und glotzen mich an mit ihren mitleidigen Blicken
schaut nur ich hab nichts zu verbergen
was hab ich mit euch zu tun
ihr mit euren krummen Fingern