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Was gibt es herrlicheres als ein fröhliches Christentum! An traurigem Christentum fehlt es nirgends. Viel zu oft findet man solche, die immer nur klagen und seufzen, sei es über geistige Anfechtungen, über Versuchungen zur Sünde oder über Nöte des Lebens. Aber wie selten sind christliche Charaktere, aus denen man Freude des Glaubens herausleuchten sieht! Und wie wohltuend ist es immer, solchen zu begegnen, welchen der Sieg des Glaubens über die Welt an der Stirn geschrieben steht und aus denen in Wahrheit etwas herausstrahlt von dem Frieden und der Freude im Heiligen Geist! Auf den vorliegenden Seiten haben wir es mit einem solchen besonderen Christen zu tun, bei dem das Wort des Apostels: „Seid allezeit fröhlich!“ keine leeren Worte geblieben sind, und es darum auch im Blick und Wesen zu lesen war, so dass es aus allen seinen Reden immer wieder herausklang. Dabei war dieser Mann eine in ganz England wegen seines originellen Wesens wohlbekannte Persönlichkeit. Wenn du dir aber, lieber Leser, unter dem Helden dieses ebooks irgendeinen angesehenen, hochstehenden Mann vorstellst, so irrst du dich. Im Gegenteil; wir haben es hier mit einem ganz unstudierten, einfachen Bergmann zu tun, mit einem, der zeitlebens in den Augen der Welt unangesehen geblieben ist. Der aber von der Gnade Gottes ergriffen und von ihr aus Sünden errettet wurde, und dann nicht müde geworden ist, durch sein fröhliches Zeugnis von der Gnade zahllosen Menschenseelen als Wegweiser zum Himmelreich zu dienen.
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Seitenzahl: 198
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Billy Bray
Ein fröhliches Christenleben
Albert L. Schettler
© 2018 Folgen Verlag, Langerwehe
Autor: Albert L. Schettler
Cover: Caspar Kaufmann
ISBN: 978-3-95893-181-7
Verlags-Seite: www.folgenverlag.de
Kontakt: [email protected]
Shop: www.ceBooks.de
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Titelblatt
Impressum
Vorwort zur zweiten Auflage
Vorwort zur dritten Auflage
Der Held unseres Buches
Seine Bekehrung
Die Erstlinge der Ernte
Unaussprechliche und herrliche Freude
Kapellenbauten
Das Gebet des Glaubens
Ein reiner Gottesdienst
Sonntagsheiligung
Anfechtungen und Kämpfe
Rauchen und Trinken
Strafen und Ermahnen
Reif für die himmlischen Scheuern
Unsere Empfehlungen
Die Aufnahme, welche das Lebensbild dieses so merkwürdigen Mannes beim christlichen Publikum gefunden hat, ist so wohlwollend gewesen, dass es mir hohe Freude macht, dasselbe zum zweiten Mal seine Wanderung antreten zu lassen. Es war eine freudige Kunde für mich, zu vernehmen, dass dieses Buch sich in gewissen Kreisen als ein Volksbuch Bahn zu brechen anfange. So wolle denn der Herr Seinen Segen auf sein weiteres Verbreiten legen.
Das hier geschilderte Christenleben ist meines Erachtens auch wohl dazu angetan, Segen zu verbreiten. Es trägt so ganz eigenartige, tief ausgeprägte Charakterzüge, dass es jedem christlichen Gemüt, das sich liebend in dasselbe versenkt, recht innig wohl dabei wird.
Mit wahrem Staunen blicken wir hier auf einen schlichten, in der christlichen Wahrheit tief gegründeten Bergmann, dessen ganzes Christentum ein stetes Loben und Danken, Preisen und Anbeten seines Gottes gewesen, so dass in Wahrheit von einem „fröhlichen Christenleben“ geredet werden kann, das derselbe aber nicht zur Schau getragen, sondern in Wahrheit geführt hat.
Was gibt es Erquicklicheres, als in die Strahlen des himmlischen Lichtes, das aus einer solchen gottgeheiligten Natur herausleuchtet, hineinzublicken und sich von denselben anscheinen zu lassen! Wie wohl tut es der christlichen Seele, in einen solchen menschlichen Spiegel hineinschauen zu dürfen, aus dem uns überall die göttliche Gnade anblickt und uns zuruft: „Was Ich an Billy Bray getan, kann Ich und will Ich auch in dir wirken!“ Denn das ist schließlich doch der wahre eigentliche Wert einer solchen Lebensbeschreibung. Nicht allein merkwürdige Erlebnisse, sondern die feste Gewissheit, dass die Gnade Gottes auch bei uns dieselbe gewaltige Umwandlung, dasselbe fröhliche, ja frohlockende Christentum zuwege bringen kann und will, wenn wir uns ihr nur hingeben.
Was für einen herrlichen Triumph sehen wir nicht hier die göttliche Gnade feiern, dass dieser aus tiefem Schlamm der Sünde und aus harter Knechtschaft Satans herausgerissene Jünger Christi ein langes Leben hindurch nicht müde geworden ist, ihre Siegesfahne zu schwingen und zu jauchzen: Ich bin eines Königs Sohn! Das war sein Lieblingswort, das man unzählige Mal von seinen Lippen hörte. Ein lieber Freund schrieb mir darüber: „Das war ein Mann in Christus!“ Ja, und wir dürfen es getrost sagen, wir haben es hier nicht nur mit einer geadelten, sondern mit einer gefürsteten Seele zu tun. Diesen Eindruck gewinnt jedes unbefangene christliche Gemüt. Wer denkt da nicht an Zinzendorfs herrliches Lied: „Königskronen sind zu bleich vor der Gottverlobten Würde!“
Wie tief in den Staub beugend ist aber auch zugleich der Blick auf einen solchen göttlichen Adel und königliches Siegel, die, dem Glauben allein erkennbar, hier aus so tiefer Niedrigkeit uns entgegenleuchten! Allezeit fröhlich! Gerade ein solches echtes, lebendiges Christentum, bei dem es einem wahrhaft wohl wird, das das Herz warm macht, das die Liebe zum Herrn aufs neue schürt, das ist es, was uns heute nottut. Und das darum, weil ein solches leuchtendes Christenleben jedes aufrichtige Christenherz, das seiner Seelen Seligkeit in den Händen trägt, in ein tiefes Selbstgericht hineintreiben und die ernste Gewissensfrage in ihm lebendig machen muss: Auf welchem Fuß stehst du zu deinem Gott? Auf dem des steten Klagens und Jammerns oder auf dem des kindlichen, fröhlichen Vertrauens? Wie steht es insbesondere mit dem Loben und Danken, das du deinem Gott schuldig bist? Ist dein inneres Leben denn auch ein fortgesetztes „dem Herrn singen und spielen in deinem Herzen“?
Mit tiefster Scham müssen wir bekennen, dass mancher Christen Leben durch das stete Klagen und Seufzen allein schon der Welt zum Anstoß und dem Evangelium zur Unehre gereichen muss!
Jedes aufrichtige Christenherz muss sich sagen, dass das Durchschnittschristentum unserer Tage ein ganz anderes werden müsste, wenn es auf diese Höhe des steten Lobens und Dankens gebracht würde.
Möchte es dem Geiste Gottes gelingen, unser aller Herzen, soweit sie Christus angehören, nach diesem wahren Grundton zu stimmen! Auf irgendeine Weise muss es ja doch einmal geschehen und hier seinen Anfang nehmen. Nur insoweit, als das bei uns schon hier geschehen, kann es einst dort bei uns dazu kommen, dass unser Lob und Dank ausklingen kann in das große Halleluja der Erlösung.
Eine dritte Auflage von Billy Bray ist nötig geworden.
Das ist eine Freude; denn solche Bücher gehören in unser Volk, wenn auch der Mann selbst nicht unserm Volk angehörte. Wer könnte solch einen Originalmenschen anschauen, ohne von der Echtheit des Glaubens berührt zu werden, die in diesem schlichten Mann aus dem Volk sich in so wunderbarer und harmonischer Weise ausprägte in dem Gott geheiligten Wesen einer brennenden Liebe zu Gott und zu den Menschenseelen! Seit die Gnade Gottes sich an ihm verherrlicht hat, ist Billy Brays Mund überfließend gewesen von Lob, und diese Freude am Herrn, die das am meisten Hervortretende in seiner Persönlichkeit war, war auch die Kraft, dadurch er viele, viele ins Himmelreich gezogen. Möchte dieser schlichte, von Gott hoch geadelte Bergmann auch heute noch kraftvoll zeugen unter seinem und unserm Volk, damit wir lernen, uns selbst geringzuschätzen und viel Größeres als bisher von Gott zu erwarten!
Dammann, P.
Was gibt es Herrlicheres als ein fröhliches Christentum! An trübseligem Christentum fehlt es nirgends. Unter allen Ständen findet man solche, die immerdar nur zu klagen und zu seufzen wissen, sei es über geistige Anfechtungen, sei es über Versuchungen zur Sünde, sei es über die Nöte des Lebens. Aber wie selten sind die christlichen Charaktere, aus denen man die stete Freudigkeit des Glaubens herausleuchten sieht! Und wie wohltuend ist es immer, solchen zu begegnen, welchen der Sieg des Glaubens über die Welt an der Stirn geschrieben steht und aus denen in Wahrheit etwas herausstrahlt von dem Frieden und der Freude im Heiligen Geist! Der Umgang mit solchen geheiligten und geadelten Naturen macht selber fröhlich und das Herz zugleich fest und gewiss.
Billy Bray
Auf den vorliegenden Seiten haben wir es nun mit einer solchen auserlesenen Natur zu tun, welcher das Wort des Apostels: „Seid allezeit fröhlich!“ ins Herz geschrieben ist und bei der es darum auch im Blick und Wesen zu lesen war, so dass es aus allen seinen Reden immer wieder herausklang.
Dabei war dieser Mann eine in ganz England wegen seines originellen Wesens wohlbekannte Persönlichkeit.
Wenn du dir aber, lieber Leser, unter dem Helden dieses Büchleins irgendeinen angesehenen, hochstehenden Mann denkst, so irrst du dich. Im Gegenteil; wir haben es hier mit einem ganz unstudierten, schlichten Bergmann zu tun, mit einem, der zeitlebens in den Augen der Welt unangesehen geblieben ist. Der aber von der Gnade Gottes auf das mächtigste erfasst worden, von ihr aus schweren Banden der Sünde errettet und dann nicht müde geworden ist, durch sein frisches Zeugnis von der ihm widerfahrenen Gnade zahllosen Seelen als Wegweiser zum Himmelreich zu dienen.
Und dass der nun Entschlafene eine göttlich geadelte Natur war, das bezeugen die Kräfte des Lebens, die noch heutigen Tags von dem Lebensbild ausgehen, das er seinen Zeitgenossen hinterlassen hat und das unverwischt in vielen tausend Herzen noch fortlebt.
Möchte dasselbe auch in unserer deutschen Heimat ein Weckruf werden für viele zum Leben aus Gott!
„Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden ist (2. Kor. 6,17.)
Im Reich Gottes gibt es Originale, und gerade die Originale sind oft berufen, einen tieferen Eindruck auf das menschliche Gemüt zu machen. Schon im natürlichen Leben ist dieses der Fall. Jede Berührung mit unverdorbenen, urwüchsigen Charakteren übt eine eigenartige Wirkung auf uns aus. Es gilt dieses in weit erhöhtem Maße von dem Einfluss, den christliche Originale ausüben. Ja, gerade die festgeprägten, vom Geist Gottes geheiligten Grundzüge des Charakters sind es, die einen tieferen Eindruck hinterlassen, und das nicht trotz der Schroffheit, sondern gerade wegen der Schroffheit, mit welcher das originelle Wesen sich hervorkehrt.
Ein solches Original war unser Billy Bray, von dem diese Blätter erzählen sollen.
Seine Bekehrung ist eine lebendige Illustration der oben angeführten Schriftwahrheit, dass, so jemand in Christus ist, alles neu geworden ist. Wer denselben etwa nur nach der großen Umwandlung, die Gottes Geist in ihm gewirkt, gekannt hat und nichts von dem Mann von ehedem wusste, würde nie geglaubt haben, dass Gott gerade einen solchen Mann zu einem so gesegneten Werkzeug Seiner Gnade bestimmt haben könnte. Aber ganz dieselbe Gnade, die aus einem Saulus von Tarsus, dem schnaubenden Verfolger der Christengemeinde, einen hochberühmten Heidenapostel und aus Bunyan, dem armen, in Ruchlosigkeit versunkenen Kesselflicker, einen der gewaltigsten Prediger und Bekenner des Herrn zu machen gewusst hat, diese Gnade hat es auch verstanden, unseren Billy Bray, der früher ein Trunkenbold, Hurer und Lästerer gewesen war, in einen treuen und liebevollen Jünger Christi umzuwandeln. Der von da an eine lebendige Verkörperung gewesen ist von alledem, „was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohl lautet“. Die Umwandlung, die mit ihm vorging, war eine so gründliche, dass sie sich allen denen, welche das Neue Testament aufweist, getrost zur Seite stellen kann.
Es war ein Übergang von der Finsternis zum Licht, vom Hassen zum Lieben, vom Verzweifeln zum Hoffen, vom Leid zur Freude, vom Tod zum Leben. War die Finsternis in seiner Seele vordem eine große, so war das Licht, das seiner Seele aufging, etwas ganz Wunderbares, das ihm eine ganz neue geistliche Welt voller göttlicher Tatsachen erschloss. Hegte er ehedem einen finstern Hass gegen alle Liebhaber des göttlichen Wortes, so stoß sein Herz nun über von der allerherzlichsten Liebe gegen dieselben. War die Verzweiflung über die Not seiner Sünde zuerst eine besonders tiefgehende, so schlug sie danach in eine wahrhaft überströmende Hoffnungsfreudigkeit um, wie man sie nur selten bei Jüngern Christi findet, und diese „herrliche, unaussprechliche Freude“, von welcher Petrus schreibt (1. Petr. 1), ist fortan der Grundton seines ganzen Lebens geworden.
Wir werden ihn in den folgenden Blättern oft selbst erzählen lassen.
Billy Bray wurde am 1. Juni 1794 in der Nähe von Truro in Cornwall in England geboren. In seinem heimatlichen Dorf, das meistens aus Strohhütten bestand, war eine kleine Methodistengemeinde, zu welcher sich auch seine Eltern hielten. Dieselben verlor Billy jedoch schon in frühster Jugend, so dass sein frommer Großvater ihn zu sich nehmen und aufziehen musste. Bis zu seinem siebzehnten Jahr blieb er unter dem Dach des Großvaters. Dann begab er sich nach Devonshire, um daselbst als Grubenarbeiter unabhängig zu werden, geriet aber dort, dem Einfluss des großelterlichen Hauses entrückt, gar bald in ein sehr ausschweifendes Leben. Er selbst erzählt davon, dass er bald einer der schlimmsten Trunkenbolde der ganzen Gegend gewesen, einmal dadurch in Todesgefahr gekommen sei und ein andermal infolge einer Rauferei nahe daran gewesen, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt zu werden.
Die mannigfachen rohen Bubenstücke, die er ausübte, waren noch das geringste; das schlimmere war die grobe Fleischeslust, der er sich hingab, und von der er später mit tiefem Dank bekannte, der Herr habe ihn „aus der tiefsten Hölle herausgezogen“. „Wie freundlich war der Herr nicht gegen mich“, hat er später oft gesagt, „dass Er mich, der ich ein rechter Diener des Teufels war, nicht in seiner Gewalt gelassen hat!“ Dafür ist Billy sein ganzes Leben hindurch nie müde geworden, dem Herrn Lob und Dank zu sagen. Schon damals machte manche Errettung aus Gefahren, die ihm um ein Haarbreit den Untergang gebracht hätten, tiefen Eindruck auf ihn.
An diese Errettungen dachte er später, als er zur Erkenntnis des Heils gekommen war, mit Dank und Rührung zurück. Da floss sein Herz oft über von dem Wunsch, dass alle seine Schlechtigkeiten nicht vergessen werden möchten, damit die Gnade Gottes über ihn umso mehr gepriesen werden könnte. So machte es einmal einen besonders tiefen Eindruck auf ihn, als er in einem Schacht arbeitete und ein eigentümliches Geräusch über sich vernahm, worauf er aufsprang und eilends hinausflüchtete, um, kaum ins Freie gelangt, den ganzen Schacht hinter sich zusammenstürzen zu hören.
Trotz alledem ging es nur immer tiefer mit ihm bergab. Schließlich wurde er wegen Widersetzlichkeit aus der Arbeit entlassen. Bald hier, bald dort wieder in Arbeit, brachte er einen großen Teil seiner Zeit in den Wirtshäusern zu. „Dort“, sagte er, „trank ich immer bis tief in die Nacht hinein. Dabei schmerzten mich unaufhörlich Kopf und Magen; das schlimmste aber war der schauerliche Gemütszustand, in dem ich mich befand und den keine Zunge beschreiben kann. Ich fürchtete mich geradezu, mich ins Bett zu legen, aus Furcht, in der Hölle aufzuwachen; und wenn ich Gott auch immer wieder versprach, es nun besser zu machen, stak ich doch alle Augenblicke wieder in der alten Sünde, oft noch tiefer als zuvor. Nachdem ich mich so sieben Jahre in der Welt umhergetrieben, kehrte ich endlich als ein vollendeter Trunkenbold wieder in mein Heimatdorf zurück.“
Mittlerweile hatte er sich verheiratet, und was für ein elendes Leben die Frau eines Trunkenboldes führen muss, ist genugsam bekannt. Dennoch weiß es niemand recht, der nicht tief in eine solche Häuslichkeit hineingesehen und nicht den bodenlosen Jammer einer solchen armen Frau und der vielleicht noch ärmeren Kinder selber vor Augen gehabt hat. Da gibt es Auftritte, dass einem das Herz bluten möchte, und Jammer und Elend, die sich gar nicht wiedergeben lassen. Auch Billys Frau hatte manches davon zu erfahren. Nacht für Nacht musste sie sich aufmachen, um den Mann aus dem Wirtshaus nach Hause zu führen.
„Einst“, erzählte er, „war ich ausgegangen, um Kohlen zu holen. Da traf es sich, dass ich an einem Wirtshaus vorbeiging; bei einem Trinker trifft sich ja immer so etwas. Ich musste hineingehen, ich mochte wollen oder nicht, und vertrank mein Geld, bis mein armes Weib, das unterdessen selbst die Kohlen heimgeschleppt hatte, mich dort um Mitternacht auffand und nach Hause brachte. Ein Trinker gibt sein Geld tausendmal lieber für Bier und Branntwein hin, als dass er es dem armen Weib und den Kindern brächte, die doch alle auch sein Fleisch und Blut sind. Auf solche Weise habe ich einmal im Laufe von zwei Monaten hundert Mark ins Wirtshaus getragen. Ich sündigte in jener Zeit fort und fort gegen besseres Wissen und Gewissen und betrank mich nie, ohne innerlich dafür gestraft zu werden. Am Tage verursachte mir mein Gewissen Not und Qual, und in der Nacht schreckten mich entsetzliche Träume.“
Um diese Zeit nun sollte es zur eigentlichen Krisis seines Lebens kommen. Die Zeit war da, wo er aus dem Verderben herausgerissen werden sollte, und Bunyans Buch „Blicke in Himmel und Hölle“ sollte nach Gottes Ratschluss das Mittel dazu werden. Dieses Buch geriet auf irgendeine Weise in seine Hand. Zuerst las er nur „Die Blicke in den Himmel“, dann „Die Blicke in die Hölle“. Da, im zweiten Teil, stieß er auf eine Stelle, die im sogleich tief in das Gewissen drang. Der Verfasser beschreibt dort zwei Seelen, die sich in der Hölle begegnen und einander verfluchen, weil jeder Schuld am Elend des andern trägt, und die, nachdem sie sich auf Erden geliebt, nun in bitteren Hass gegeneinander ausbrechen.
Unter Billys Kameraden war gerade einer, an den er sich sehr gefesselt fühlte, und diese Anhänglichkeit war eine gegenseitige. Sie arbeiteten im Bergwerk nebeneinander, gingen von da zusammen ins Wirtshaus und vergnügten sich dort Tag für Tag gemeinsam. Der Pfeil nun, der beim Lesen dieses Buches Billy in das Herz drang, war der Gedanke: „Werden wir beide, mein Freund Samuel Kohl und ich, die wir uns beide hier so gern haben, dort in der Hölle einander wohl quälen?“ Der Gedanke machte ihm zu schaffen. Von der Zeit an regte sich in ihm der Wunsch, der immer lebhafter wurde, ein anderer, besserer Mensch zu werden. Seine Frau war in jüngeren Jahren, vor ihrer Heirat erweckt worden, dann aber im Glauben leider wieder zurückgegangen. Doch war ihr immer noch eine Erinnerung geblieben an den süßen Frieden, den sie genossen hatte; beim Angedenken an jene schöne Zeit musste sie oft bittere Reuetränen vergießen, dass es so ganz anders geworden war. Einstmals sprach sie zu ihrem Mann davon und bezeugte mit tiefer Wehmut, dass „keine menschliche Zunge das Glück einer Seele beschreiben könne, die in Gemeinschaft mit dem Herrn stehe“.
Die Antwort, die er ihr gab, war eine recht unerwartete und sehr treffende. „Nun, warum fängst du denn nicht wieder an? Dann will ich auch dabei sein.“ Doch schämte er sich noch, in Gegenwart seiner Frau niederzuknien, „denn“, sagte er später, „der Teufel hatte mich noch fest gefasst;“ dabei wusste er aber wohl, dass es seine Pflicht gewesen wäre, Gott um Seine Gnade anzurufen. So ging er an diesem Tage noch wie immer zu Bett, ohne die Knie zum Gebet gebeugt zu haben. Um 3 Uhr nachts jedoch wachte er auf und wurde aufs lebendigste von dem Gedanken erfasst, dass, wenn er warten wolle, bis sein Weib bekehrt sein würde, er möglicherweise nie selig werden würde. Obwohl er, wie er selbst erzählte, Gott gebeten hatte, sie zuerst zu bekehren, damit sie ihm dann zeigen könne, wie er es anzufangen habe; denn, meinte er, sie sei doch eigentlich eine viel geringere Sünderin als er, und bei ihr müsse es Gott doch wohl viel leichter sein, ihr die Sünden zu vergeben. In jener Nacht nun sprang er aus dem Bett heraus und beugte zum ersten Mal seine Knie zum Gebet; und noch vierzig Jahre danach konnte er freudig rühmen, dass er sich seit dieser Zeit nicht ein einziges Mal mehr des Gebets geschämt habe. Sein Entschluss, in das Himmelreich einzudringen, stand unerschütterlich fest, „und“, sagte er, „je mehr ich betete, desto mehr trieb es mich ins Gebet.“
Jenen Vormittag blieb er von der Arbeit weg. Er verbrachte diese Stunden in unablässigem Gebet. Und wohl ihm, dass er es tat und die Gnade Gottes, die ihm an diesem Tag so besonders nahegetreten war, zu erfassen suchte! Eine solche Zeit innerer Heimsuchung wäre für ihn vielleicht nicht mehr wiedergekehrt. Es war das gerade ein Zahltag, an welchem die Bergleute in Cornwall vor 40 Jahren regelmäßig im Wirtshaus Einkehr hielten und dasselbe nicht eher verließen, bis sie ganz betrunken waren. Darin tat es Billy sonst nicht nur allen seinen Kameraden gleich, sondern zuvor, so dass er, wie er selber von sich sagt, bis dahin der wildeste und zuchtloseste von allen war. Ja bei einer solchen Gelegenheit hatte er einmal solch schauerliche Gotteslästerung ausgestoßen, dass seine grundverdorbenen Kameraden erklärten, „seine Flüche müssten direkt aus der Hölle kommen, sie röchen alle nach Schwefel“. Im Übrigen zeigte er bei diesen Zusammenkünften solche Munterkeit, Schlagfertigkeit im Antworten und natürlichen Mutterwitz, dass er der Gefeiertste unter allen war. Heute nun sollte es anders werden. Man merkte ihm bald an, dass irgendetwas anders bei ihm war; was, sollte sich noch zeigen. Es dauerte nicht lange, so stieß einer von ihnen einen gräulichen Fluch aus. Sofort stellte ihn Billy deshalb zur Rede. „Darüber wirst du noch eines Tages Rechenschaft abzulegen haben.“ „Wie? Was?“, gab ihm jener zurück, „gehörst du jetzt auch zu den Frommen? Sollten wir allesamt vielleicht Brianisten werden?“
Es war das damals der allgemeine Spottname für die bibelgläubigen Christen. „Immer noch besser das als zur Hölle fahren!“ erwiderte Billy. Jetzt gab es eine kleine Pause in der Unterhaltung. Dann fragte einer Billy spottend, weshalb er denn alle Augenblicke so zu stöhnen anfange? „Hättest du ein so schweres Herz wie ich, so würdest du auch stöhnen und vor Angst aufschreien“, gab ihm Billy zur Antwort, „und ich lasse nicht nach zu stöhnen, bis ich meine Last los bin.“ Wir müssen dabei bedenken, dass Billy an diesem Tag immer noch unter dem tiefen Gefühl seiner Sünde stand, aber noch lange nicht zum Glauben durchgedrungen war.
So verstrich dieser für ihn so denkwürdige Zahltag, an dem das Eis seines Innern zu brechen anfing, sobald er nur vor seiner Frau und seinen Kameraden von seinem inneren Herzenszustand Zeugnis abzulegen anfing. Als er abends früher als sonst und völlig nüchtern nach Hause kam, war seine Frau nicht wenig erstaunt darüber und fragte ihn nach der Ursache. „Von heute an wirst du mich mein Lebtag nicht mehr betrunken sehen!“ war seine Antwort. Und Billy hat Wort gehalten. Der Herr, der die Schwachen stark machen kann, hat ihm später auch die nötige Kraft gegeben.
„Am selbigen Abend“, erzählt uns Billy, „ging ich hinauf in unsere Schlafstube und betete daselbst, bis wir zu Bett gingen. Am folgenden Tage blieb ich daheim, griff zur Bibel und zu meinem Gesangbuch, ging wieder hinauf und musste den ganzen Tag mit Lesen und Beten verbringen. Bald las ich in der Bibel, bald wieder im Gesangbuch, dann rief ich den Herrn Jesus wieder um Seine Gnade an. Innerlich freute ich mich bei alledem, dass ich angefangen hatte, den Herrn mit ganzem Ernst zu suchen. Ich getröstete mich dabei des Worts: Es müssen Dein sich freuen und fröhlich sein alle, die nach Dir fragen (Ps. 40, 17). Am darauffolgenden Sonntag begab ich mich in eine Bibelstunde, die nicht weit von unserm Haus angesetzt war, musste aber, da es sehr regnerisches Wetter war und sich niemand dazu eingefunden hatte, wieder heimkehren.“
Obwohl die Enttäuschung darüber ihn zuerst tief verstimmte und er sich innerlich sagte: „Wenn ein bisschen Regenwetter eine ganze Gemeinde vom Wort Gottes fernhalten kann, so muss es mit dem Christentum dieser Leute nicht weit her sein.“ So ließ er sich deshalb doch nicht entmutigen, sondern griff wiederum zur Bibel und zum Gesangbuch und verbrachte diesen Sonntag nochmals mit Lesen und Gebet. Was ihn besonders anfocht, war der Gedanke, dass er keine Gnade mehr bei Gott werde finden können. Aber so arg der Feind ihm zusetzte, so fest klammerte er sich an das Wort: „Suchet, so werdet ihr finden!“ und damit löschte er diesen feurigen Pfeil des Bösewichts immer wieder aus. Zu seiner Zeit sollte er dann aus eigener, gesegneter Erfahrung heraus bezeugen können, dass diese Verheißung wahr ist. Der Montagmorgen verstrich für ihn auf gleiche Weise. Am Nachmittag musste er ins Bergwerk gehen, aber solange er dort war „unaufhörlich zum Herrn um Gnade schreien“. Sein ganz verstörtes Wesen weckte sogar das Mitleid seiner Freunde, die zueinander sagten: „Das ist gar nicht unser alter Billy Bray mehr!“ Und das war natürlich. Hier stritten sich Himmel und Hölle um eine Menschenseele. Zum Frieden wollte es aber bei ihm noch nicht kommen. Endlich trat er innerlich seufzend den Heimweg an, den Herrn fort und fort um Seine Gnade anflehend. Es war 11 Uhr nachts, als er heimkam, und das erste, was er tat, war, dass er wieder auf seiner Stube auf seine Knie fiel und Gott um Gnade anrief. Alles andere trat jetzt in den Hintergrund vor dem einen brennenden Wunsch, dass der Herr seiner Seele Frieden zusagen möchte. In der Nacht floh ihn aller Schlaf.