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Blockchain, Bitcoin, ICO, Token, Smart Contract? Seit einiger Zeit geistern diese Begriffe durch die Medien und produzieren Schlagzeilen. Insbesondere Bitcoins und andere Kryptowährungen sind dabei als neuartige Zahlungs- und Investmentmöglichkeiten im Gespräch. Verständlich erklärt Aber wie genau hängt die Blockchain-Technologie mit Kryptowährungen zusammen, was sind Tokens, ICOs und Smart Contracts? Wie kauft man Kryptoguthaben und verwahrt dieses sicher? Worin unterscheiden sich Kryptotransaktionen von klassischen Überweisungen und wie sind Inhaber von Kryptoguthaben rechtlich geschützt? Der Band aus der bewährten RdW-Schriftenreihe beantwortet diese Fragen. Was bei Kryptowährungen zu beachten ist Die Broschüre erläutert nach einer Einleitung zum Hintergrund des Aufkommens von Kryptowährungen Grundzüge der Blockchain-Technologie und deren Funktionsweise. Im Anschluss liegt der Fokus auf praxisrelevanten Fragen wie dem rechtlichen Schutz von Kryptoguthaben (auch vor sog. Hacking-Attacken), deren Vererbung oder Schenkung sowie weiteren ausgewählten Problemstellungen, u.a. im Familien-, Minderjährigen- und Insolvenzrecht sowie in der betrieblichen Praxis. Mehr zu Internet of Things Neben der eingängigen Vermittlung von Grundwissen behandelt der Autor auch Themen wie das Internet of Things oder Smart Contracts. Der aktuelle Ratgeber zu Kryptowährungen Das Buch gibt Rechtskundigen und interessierten Laien insbesondere einen Überblick über die mit Kryptowährungen in der Praxis verbundenen Rechtsfragen.
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Seitenzahl: 186
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Bitcoin & Co.
Kryptowährungen einfach erklärt
von Konstantin Filbinger, Rechtsanwalt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-415-06399-0E-ISBN 978-3-415-06402-7
© 2018 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Konvertus
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Schriftenreihe >DAS RECHT DER WIRTSCHAFT< (RdW) ist Teil des gleichnamigen Sammelwerks, einer Kombination aus Buch und Zeitschrift: Zweimal monatlich erscheinen Kurzberichte, die auf jeweils 48 Seiten über aktuelle Rechts- und Steuerfragen informieren. Jährlich erscheinen zusätzlich acht Bücher zu Themen der aktuellen Rechtslage.
Verantwortlich: Klaus Krohn, Assessor
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 StuttgartStuttgart | München | Hannover | Berlin |Weimar | Dresden
www.boorberg.de
1.Einführung
2.Hintergrundwissen
2.1Warum Kryptowährungen (I): Vorspann
2.1.1Feuerwehrleute, Systemrelevanz und Steuergelder
2.1.2Ein Computer für 500 Kg Kartoffeln, bitte!
2.1.3Notenbanken und Inflation
2.1.4Die Aliens und das Fußballspiel
2.2Warum Kryptowährungen (II): Die Macht der Mittelsmänner
2.2.1Vertrauen ist gut, zu dritt ist es besser?
2.2.22 > 3?!
2.3Warum Kryptowährungen (III): Alles wird leicht
2.3.1Flow and grow
2.3.2Smart solutions & big business
2.4Was ist die Blockchain (I): Der Autokauf
2.4.1Was die Blockchain mit dem PKW-Kauf zu tun hat
2.4.2Zwei minus Eins ist nicht gleich Eins
2.5Was ist die Blockchain (II): Polonäse Blankenese
2.5.1Blockchain & Schlagerparties: Die ungleichen Zwillinge
2.5.2Goldgräberstimmung, Konsens und Freigetränke
2.6Kryptokauf: Wie geht das?
2.7Kryptokauf: Was habe ich?
2.7.1Fiat, Münzen und Schmirgelpapier
2.7.2Virtuelles Guthaben
2.8Kryptowährungen und das Dark Web
2.8.1Macht hoch die Tür: Von Schränken und Schranken
2.8.2Die Verbindung zum Verbrechen
2.9Kryptorecht: Ein Vorspann
2.9.1Über Preußen und Schwarzfahren
2.9.2Recht haben und Recht machen
2.9.3Das BGB: Die Internetschweiz
2.9.4Wunderbares Fairistan
2.10Kryptowährungen: Ist das Geld?
3.Der Erwerb
3.1Kauf gegen Kryptos: Darf man das?
3.1.1Sollen, können, dürfen
3.1.2Verbot und Regulierung von Kryptowährungen
3.2Kryptokauf: Wo kaufe ich?
3.2.1Äpfel und Birnen
3.2.2Die goldene Ananas
3.3Kryptokauf: Was kaufe ich?
3.3.1Äpfel und Äppel
3.3.2Einstein und Ether
3.3.3Apps und Dapps
3.4Kryptokauf: Wem gehört was?
3.4.1Eigentum und Daten
3.4.2Identität, Identifizierung und der hilfsbereite Herr Müller
3.4.3PS: Provably signed
3.5Kryptoschenkung: Wie geht das?
3.6Kryptoerbe: Gibt’s das?
3.6.1Mein Auto, mein Boot, mein Bitcoin
3.6.2Fiktive Sitzplätze und reale Herrschaft durch Kenntnis
3.7Kryptoklau: Wem gehört das (I)?
3.8Kryptoklau: Wem gehört das (II)?
3.9Coinvermischung: Wem gehört was?
3.10Ein Schatz im WWW: Der Fund von Kryptokonten
4.Die Kryptoinfrastruktur: Verwaltung und Haftung
4.1Wer verwaltet das System?
4.1.1Von Gabeln, Marschrouten und Architekten
4.1.2Nodes und Nöte
4.2Wer haftet bei Fehlern?
4.2.1Die fehlerhafte Überweisung: Von sicheren Wegen und sicherem weg sein
4.2.2Haftung: Fehlanzeige?
5.Exit, Rückabwicklung, Vollstreckung
5.1Kryptokauf: Es läuft nicht – was tun?
5.1.1Euros, Bitcoins und Gerichtsvollzieher
5.1.2Zwang: Geld oder Gefängnis
5.2Kauf mit Kryptos: Wie und wo zahle ich?
5.3Kauf mit Kryptos: Zurück mit dem Zeug (I)
5.4Kauf mit Kryptos: Zurück mit dem Zeug (II)
5.4.1Wertverfall in Weimar vs. konstante Kryptos
5.4.2Weimar 4.0, Demokratie 1.0
5.4.3Stable Coins
5.5Kauf mit Kryptos: Zurück mit dem Zeug (III)
5.6Kryptoschutz: Wie sichere ich mich?
5.7Kryptoverkauf: Ist Steuer teuer?
6.Einzelfragen: Anwendbares Recht, Insolvenz, Familien- und Minderjährigenrecht
6.1Minderjährige und Kryptowährungen
6.2Welches Recht gilt?
6.3Pleite, was nun?
6.3.1Kryptowährungen und Insolvenz
6.3.2Vor der Insolvenz bezahlt (worden)
6.4Kryptokauf und Ehevertrag?
7.Die Token-Economy: Anwendungsbereiche der Blockchain, ICOs und Smart Contracts
7.1Blockchain und Grundbuch
7.1.1Frau F., Herr T. und das Haus
7.1.2Protokolle, Sterne und Ketten
7.2ICO: Was ist das (I)?
7.2.1TGE und TGV, ICE, ICO und IPO
7.2.2Von der Deutschen Post ins Internet
7.2.3Spam und Scam
7.3ICO: Was ist das (II)?
7.3.1Gutscheine, das Internet und der Hype
7.3.2Der Mensch als Genie-Elefant mit Brille
7.3.3Jede Aktie ein Telefonbuch
7.4ICO: Was muss ich tun?
7.5Token: Für was?
7.6Smart Contracts: Was ist das?
7.7Smart Contracts: Was geht (nicht)?
7.7.1Nehmen und Geben
7.7.2Weinabos und Autoleasing
7.8Smart Contracts: Was geht?
7.8.1IoT und Industrie 4.0
7.8.2Elektronische Personen
8.Unternehmensspezifische Themen: Vergütung in virtuellen Coins, Insolvenzrecht, Haftungsrisiken
8.1Vergütung in Coins: Pro und Contra
8.2Insolvenz und Überschuldung
8.3Geschäftsführung: Haftungsrisiken
8.4Blockchain und Lieferketten
8.5Sonstiges
9.Nützliches Wissen
9.1Wer ist Satoshi Nakamoto?
9.2Was ist Bakkt?
9.3Anti-Vir und Champions-League
9.4Die zweite Schicht, Pools und Wolken als Goldmine
10.Ausgewählte Kryptowährungen im Porträt
10.1Bitcoin
10.2Ethereum/Ether
10.3XRP (= RIPPLE)
10.4Bitcoin Cash
10.5EOS
10.6Stellar/Lumen (XLM)
10.7Litecoin
10.8Cardano/Ada
10.9IOTA
10.9.1Bad Hair Days und Blockchain 3.0
10.9.2B2B, C2C und M2M
10.9.3Die Kryptohydra
10.10.Tether
10.10.1Stabile Leinenlage, Bretton Woods 2.0
10.10.2Stabilität statt Spekulation
„Vielleicht will ich aber gar nicht so sein wie Karsten“, beantwortete ich die an mich selbst gestellte Frage. Ich hatte Karsten schon vergessen, als ich an einem verregneten Samstag die Zeitung aufschlug und seinen Namen nebst Foto vor mir fand. Karsten strahlte mich an. Er erinnerte immer noch ein wenig an den unscheinbar-spröden, schüchternen Typ, der sich mit einer gefährlichen Gemengelage aus angeschwitzten Händen, unförmigen Jeans, leicht fettigen Haaren und einem unüberhörbaren Hang zum Lispeln irgendwie zum Abitur gehangelt hatte. Der Mensch dahinter: Unsichtbar und unergründlich. Jedenfalls hatte ich nie ein Wort mit ihm gewechselt. Vielleicht hätte ich das tun sollen. Denn in der Zeitung stand ein kurzer Bericht über ihn, weil er wohl irgendwann zwischen Computerspiel und Pizzabestellung Kryptowährungen gekauft hatte und sich deren Wert binnen kurzer Zeit verhundertfacht hatte. Karsten war jetzt sehr wohlhabend. Ich hatte keine fettigen Haare und war es nicht. Der Artikel in der Zeitung löste Neugier und sicherlich auch ein wenig Neid in mir aus. Ich wollte wissen, was Kryptowährungen sind, wie sie funktionieren. Ich blickte aus dem Fenster ins Trübe und trank einen Schluck meines lauwarmen Kaffees. Stellte mir vor, wie Karsten scheinbar anstrengungslos seinen Wohlstand gemehrt hatte. Ich dachte an Wellness, ein schönes Auto und alles, was irgendwie mit Komfort und Luxus zu tun hatte. Sah mich auf einer griechischen Insel in der kühlen Abendsonne: Ein leck’res Steak, ein edler Wein, mir geht es gut, die Welt ist fein!
So oder so ähnlich fängt Literatur zu Kryptowährungen meistens an. Die Bilder einer Yacht und eines locker-leichten Lebens ohne Sorge aber mit hohem Vermögen sollen Neugier wecken und den Geist ausschalten. Denn nicht selten wird im Anschluss unkritisch für Kryptoinvestments geworben oder die Blockchaintechnologie als revolutionäres Allheilmittel verkauft: Wer nicht mitmacht, verliert. Nur wer früh dabei ist, gewinnt. Vielleicht ist das nicht komplett falsch. Wer bestimmte Trends verschläft, vergrößert die Distanz zu Wettbewerbern. Aber eine kluge Entscheidung, ob und vor allem wie man neuen Entwicklungen folgt, erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit den vermeintlichen Heilsbringern. Als Jurist ist man von Natur aus Skeptiker und Spielverderber. Die Sorte Mensch, die beim Schulhoffußball den Schiedsrichter mimen muss. Ich möchte Ihnen alles Wesentliche rund um Kryptoinvestments nahebringen. Ich will zwar einerseits Begeisterung für den Bruch mit alten Wegen in Ihnen entfachen und Ihre Neugier entfesseln, andererseits mit der gebotenen Zurückhaltung sprechen. Wenn Sie Programmierer sind und beim Wort Python nicht an eine Schlange denken, sondern mehr über Solidity, Software und Skripts wissen wollen, sollten Sie sich vielleicht noch einmal umsehen und zu einem Buch mit technischem Schwerpunkt greifen. Dieses Büchlein führt in die Thematik ein, ohne gleich in der Informatik auf Tauchgang zu gehen. Das könnte ich auch gar nicht.
Einige Werke zum Thema Kryptowährung beschränken sich auf die technischen Machbarkeiten der Blockchaintechnologie und die vielen Geschichten zu den wenigen Personen, die große Kursgewinne mitnehmen konnten. Nebenbei erfolgt ein Abgesang auf das traditionelle Bankensystem und andere Institutionen. Ich möchte Ihnen zeigen, was Kryptowährungen rechtlich sind, wie man sie kaufen kann und welche Risiken dabei im Hintergrund schlummern. Dabei sollen alle Fragen beantwortet werden, die sich Ihnen als Schuldner oder Gläubiger einer Schuld in Kryptowährung, einem Anleger oder einem Mitglied der Geschäftsführung eines Unternehmens in der Praxis stellen. Vielleicht kommt noch (ein)mal die Zeit des großen Booms, vielleicht auch nicht. Das Buch setzt kein technisches Vorverständnis voraus, ich möchte Sie nicht mit Fachbegriffen verwirren. Vielmehr will ich Ihnen alles in einer leicht verständlichen Form näherbringen, mit allerlei Metaphern und bunten Beispielen. Ich will Sie mitnehmen auf eine aufregende Reise zu Schlagerpartys, Gnomen und Glaskästen, Weinabos und Briefmarken samt Abstecher nach Hamburg und Frankfurt. Sie werden verstehen, was Bitcoins und Ether, Blockchain und Tangle sind, wie die Begriffe ICO und Token zusammenhängen und warum selbstverriegelnde Autos Ihnen vielleicht noch häufiger begegnen werden. Wie vererbt man Kryptowährungen? Was sind die entscheidenden Unterschiede und Nachteile gegenüber einem klassischen Bankkonto? Finden die Vorschriften über Geld Anwendung? Wie wird man gegenüber einem Kontohack geschützt? Die kleinen Fragezeichen von Anlegern und Unternehmern werden ausgeräumt, die großen Fragen beantwortet. Mit Wortwitz und Humor. Sind Sie dabei? Ich würde mich freuen! Am Ende sind Sie vielleicht nicht ganz so wohlhabend wie Karsten, aber mindestens genau so schlau.
Wer die Beliebtheit und den Hype um Kryptowährungen verstehen will, sollte zunächst in die Zeitmaschine steigen. Wir müssen aber nicht ins 17. Jahrhundert reisen, ein kurzer Flug in das zurückliegende Jahrzehnt genügt schon. Wir landen im Jahr 2007. Es gibt viele Wege, die damalige Finanzkrise zu erklären. Und mit wenigen Worten geht es meistens schwierig. Ich versuche es trotzdem mal und stelle Ihnen einen sympathischen jungen Feuerwehrmann vor. Er heißt Andrew, lebt im Bundesstaat New York, ist 26 Jahre alt und hat kürzlich geheiratet. Andrew isst gerne Burger und liebt die New York Yankees, aber das ist hier nicht so wichtig. Viel bedeutender ist, dass er vor dem Hintergrund der anstehenden Heirat seiner langjährigen Freundin Nancy denkt, dass die Zeit für einen Hauskauf reif ist. Deshalb macht er, was in dieser Situation viele tun. Er vereinbart einen Termin bei seiner Hausbank. Man redet dort über Einkommen, Zinsen und Sicherheiten, nimmt Prospekte mit und trifft sich noch zu einem zweiten und dritten Termin. Andrew und seine Frau planen mit 2 Kindern und verfügen über ein Haushaltseinkommen von 50000Dollar brutto. Wir wollen hier keine Rechenspiele veranstalten und machen es kurz und simpel: Die Bank finanziert Andrew und seiner Frau ein Haus, das sich die beiden eigentlich nicht leisten können. Denn die Zinsen sind in den ersten Jahren zwar sehr günstig, können langfristig aber nicht mehr bedient werden. Haus und Grundstück sind vom Kredit abbezahlt, das Darlehen können Andrew und seine Frau nicht tilgen. Die Bank hat das Haus, aber keinen getilgten Kredit. Sie kann versuchen, den ausstehenden Betrag über eine Zwangsversteigerung zu erlösen. Ein Geschäft mit Gewinn wird nur daraus, wenn jemand bereit ist, einen gewissen Preis für Haus und Grund zu zahlen. Wenn die Bank clever ist, verkauft sie das gesamte Darlehenspaket aber an einen Dritten, zum Beispiel an eine andere Bank. Diese andere Bank kauft die Forderung gegen Andrew und seine Frau samt Hypothek am Grundstück. Sie wird dafür den nominellen Wer der Darlehensforderung abzüglich eines Risikoabschlags zahlen. Sie fragen zu Recht: Welche Bank macht das? Das ist völlig richtig. Denn wenn die Bank sich Gedanken über die Höhe des Risikoabschlags macht, wird sie sich das Einkommen von Andrew und seiner Ehefrau ansehen. Und in der Folge das Angebot mit Dank ablehnen oder den Risikoabschlag so hoch beziffern, dass die andere Bank ihr den Kredit nicht mehr verkaufen will. Blöd. Die Bank, die das Kreditrisiko verkaufen will, überlegt sich, wie sie den Vertrag trotzdem los wird. Ganz einfach: Das Risiko fliegt nur dann auf, wenn sich die andere Bank dezidiert mit den Vermögensverhältnissen vom Feuerwehrmann und seiner Gattin auseinandersetzt. Was macht die andere Bank, wenn man ihr einfach einhundert solcher Darlehen im Paket verkauft? Oder tausend? Oder zehntausend? Sie ahnen es: Statt jedes Vertragsverhältnis durchzugehen, wird man einen pauschalen Risikoabschlag wählen. Frei nach dem Motto: In den allermeisten Fällen wird schon alles gutgehen. Ein Fehler und ein gutes Geschäft für die Verkäuferbank. Das theoretische Problem: Wenn alle so handeln, sitzt irgendwann fast jede Bank auf zahlreichen Päckchen solcher „faulen Kredite“. Das praktische Problem: Genau so kam es. Wie gesagt, alles geht gut, solange die Hauspreise steigen. Denn so lange kann jede Bank bei einer Zwangsversteigerung genug Geld erlösen, um aus dem Kreditkauf ein Nullsummenspiel zu machen oder sogar einen Gewinn zu erzielen. Wir wissen jedoch alle, dass auch Immobilienpreise nicht ewig steigen und jede Blase irgendwann platzt.
Die Banken machten große Verluste und einige große Bankenhäuser standen vor der Insolvenz. Mit Zahlungsunfähigkeit ist das so eine Sache. Im Normalfall geht ein zahlungsunfähiges oder überschuldetes Unternehmen insolvent. Die Lage der Banken ist aber sehr stark mit dem Schicksal der einzelnen Menschen verquickt. Der Wegfall der eigenen Vermögensanlage tut sehr weh. Die Pleite einer großen Bank kann zehntausende Sparer arm machen und wegen der wechselseitigen Abhängigkeit der Banken untereinander auch weitere Bankeninsolvenzen nach sich ziehen. Deshalb entschieden sich Staaten zur Rettung dieser Banken. Schulden der Banken bezahlte man mit Geld aus Staatseinnahmen. Dazu gehörten auch Boni von Entscheidungsträgern der Banken aus vorangegangenen Jahren, teils in schwindelerregender Höhe. Das trug nicht unbedingt dazu bei, die Liebe zu und das Vertrauen in Banken zu steigern. Nicht nur bei Andrew und seiner Frau und nicht nur in den USA.
Immer mehr Menschen fragten sich: Geht „Geld“ auch anders?
Historisch war Geld in erster Linie ein Tauschmittel. Nehmen wir an, Sie wollen ihr Handy verkaufen und einen neuen Computer erwerben. Sie können Ihr Handy bei Herrn T. gegen 500 kg Kartoffeln tauschen. Dann stellen sich mehrere Fragen: Wo lagern Sie die Kartoffeln? Wie transportieren Sie die Kartoffeln? Und vor allem: Wer isst die Kartoffeln? Selbst wenn bei den ersten beiden Fragen keine Probleme auftauchen, wollen Sie doch eigentlich einen Computer. Und vielleicht haben Sie schon 50 kg Kartoffeln in Ihrem Keller liegen, der Bedarf ist gedeckt. Ein universales Tauschgut, das noch dazu wenig wiegt und leicht zu transportieren ist, wäre hier von Vorteil. Deswegen gibt es Geld. Und wenn z.B. ein Händler in früherer Zeit von Italien nach Deutschland über die Alpen reiste, um Waren auf einer Messe zu verkaufen, gab es bei der Bezahlung auch eine Absicherung gegen Raubüberfälle: Der Verkäufer bekam einen auf ihn ausgestellten Wechsel, das Geld gab es bequem gegen Einlösung dieses Wechsels bei der Bank in Italien. Alles gut, oder?
Die Einführung und Lenkung von Geld ist aber komplex. Die Geldmenge will gesteuert sein, damit zu viel Geld nicht eine übermäßige Inflation mit stets steigenden Preisen auslöst. Dafür gibt es Zentralbanken. Sie sehen: Die Lösung eines Problems führt zum nächsten und jede neue Herausforderung erfordert eine neue (zentrale) Stelle, eine neue Institution, einen neuen Player.
Traditionelle Bezahlmethoden leiden nun an zwei Mängeln: Der Gefahr der Geldentwertung und der Bedeutung der Banken. Dass Banken für das Funktionieren einer Volkswirtschaft unentbehrlich sind, ist völlig in Ordnung, aber muss ich wirklich eine hohe Bearbeitungsgebühr zahlen, wenn ich Geschäfte mit US-Amerikanern mache und diese in Dollar bezahle, obwohl ich nur Euros habe? Hinzu kommt die Gefahr von Geldfälschung. Das betrifft zwar nicht mein Guthaben auf dem Bankkonto, aber die Frage, ob ich den neuen Computer mit dem Bargeld für das Handy bezahlen kann. Denn auf die halbe Tonne Kartoffeln möchte ich ungern zurückgreifen. . .
Lange Rede, kurzer Sinn: Kryptowährungen lösen diese Probleme. Zumindest auf den ersten Blick und wenigstens teilweise. Dass hier keineswegs alles Gold ist, was glänzt, werden wir noch sehen. Kryptowährungen sind also ein alternativer Zahlungsweg, aber beileibe nicht alternativlos.
Die Beliebtheit von Kryptowährungen in manchen Kreisen hat auch etwas mit einer Geschichte um Aliens und einem Fußballspiel zu tun, jedenfalls im weitesten Sinne. Ob sich diese so zugetragen hat oder zutragen wird, wissen wir nicht. Drei Außerirdische – selbstverständlich mit in die Breite gezogenem grünen Kopf, fragiler Statur und großen Augen – fliegen in einer Weltraumkapsel im All umher und machen kurz bei der Erde halt, wo sie menschliches Leben beobachten wollen. Für zwei Stunden schauen sie durch ein Fernrohr und betrachten eine mitteleuropäische Stadt in der Abendsonne. Insgesamt drei unterschiedlichen Männern wird dabei zugesehen, wie diese abends alleine zuhause essen, als nächstes zur U-Bahn laufen, mit dieser Bahn einige Stationen fahren, um sich anschließend in einer Kneipe zusammen mit Freunden ein Fußballspiel zu Gemüte zu führen. Dann drehen die außerordentlichen Außerirdischen wieder ab und fixieren ihre Beobachtungen der Menschheit auf einem Notizzettel: „Die Menschen leben alleine in übersichtlichen Räumen und nach jeder Mahlzeit fahren sie in einem langen Gefährt auf Schienen namens U-Bahn an einen geselligen Ort und schauen dort auf einem Bildschirm mit anderen Menschen, wie wiederum andere Menschen einem Ball hinterherrennen. Sollten wir die Erde je angreifen wollen, könnten wir gezielt diese U-Bahnen attackieren, nachdem wir den Menschen etwas zu essen gegeben haben. Denn nach dem Essen steigen die Menschen in diese Bahnen, wie unsere Beobachtungen ergeben haben.“
Wie naiv, denken wir Menschen. Denn schon die Annahme, alle Menschen würden alleine leben, ist falsch. Außerdem ist das Essen nicht die Ursache für eine Fahrt mit der Bahn und die Bahnfahrt auch nicht der Grund dafür, Fußball zu schauen. Die eben genannten Tätigkeiten tauchten in den wenigen Beobachtungen von außen zufällig zeitlich hintereinander auf, verursachen einander aber nicht. Die Außerirdischen gelangen zu falschen Schlussfolgerungen, weil ihre Stichprobe zu klein ist. Hätten sie unterschiedliche Gegenden der Erde und mehrere Haushalte über einen längeren Zeitraum beobachtet, wären ihnen ihre fehlerhaften Schlussfolgerungen schnell aufgefallen. Sie hätten Ihre Annahmen korrigiert und nicht Korrelation, das zufällige, aber ohne Ursachenzusammenhang miteinander Auftreten von Ereignissen, mit Kausalität verwechselt. Aber was hat das mit Kryptowährungen zu tun? Eine Vielzahl an Menschen hält den durch gezielte Maßnahmen in die Wirtschaft eingreifenden Staat gewissermaßen für einen der eben beschriebenen Außerirdischen. Staat und Wirtschaftswissenschaft hätten angesichts der zahlreichen die Wirtschaft beeinflussenden Faktoren zu wenig Informationen über das Verhältnis dieser Faktoren zueinander, um lenkend in wirtschaftliche Abläufe eingreifen zu können.
Auch die Geldmenge staatlicher Währungen wird von Zentralbanken kontrolliert und zur Erreichung von Stabilitätszielen vermeintlich effizient gesteuert. In Wahrheit regiere hier der Zufall, der Beobachter könne nicht zwischen Kausalität und Korrelation unterscheiden und maße sich Wissen an, was er nicht habe.
Die verfügbare Datenmenge sei schlicht zu gering, um einigermaßen verlässliche Vorhersagen über die Folgen spezifischer staatlicher Handlungen zu treffen. Die Mechanismen freier Märkte würden von alleine zur für alle besten Lösung führen, Marktversagen am besten durch das zufällige und unkoordinierte Zusammenspiel freier privater Interessen vermieden und geheilt. Deshalb sei ein Wettbewerb privater Währungen ökonomisch betrachtet besser als die zentrale Steuerung einer einzigen Währung mit Monopolstellung. Der Aufstieg von Kryptowährungen wird deshalb von diesen Denkern mit Applaus begleitet, Vertreter des kritischen Rationalismus oder des Liberalismus erfreuen sich prinzipiell an dem neuartigen Wettbewerb, den Kryptocoins im Währungskontext entfachen.
Eben ging es um Banken und Sie haben es gleich gemerkt: Banken sind die Mittler zwischen zwei Parteien und fungieren als Zahlstelle für einen davon. Ich kann mein Handy an jemanden auf der Straße gegen Bargeld verkaufen, ich kann es aber auch an einen Käufer aus Wanne-Eickel an selbigen Ort verschicken und dafür Geld überwiesen bekommen. Meine Bank hält eine Art virtuellen Geldbeutel für mich. Wenn ich zu ihr gehe und es von ihr verlange, leert sie diesen für mich. Natürlich macht sie das nicht umsonst und erst recht nicht kostenlos. Ich zahle eine Verwaltungsgebühr und Bearbeitungsgebühren für besondere Überweisungen. Brauche ich das?
Nun gut, in der Vergangenheit sind Mittler zwischen zwei Vertragsparteien regelrecht aufgeblüht: Ebay und Airbnb sind nur zwei Beispiele für Internetplattformen, deren Nutzen sich darin erschöpft, als Intermediär aufzutreten; sie vermitteln Vertragsschlüsse. Banken sind damit aber nicht vergleichbar. Denn zum einen bringen Ebay und Airbnb Personen zusammen, die sonst gar nicht in Kontakt getreten wären. Zum anderen betrifft der Zahlungsvorgang nur die Vertragserfüllung einer Partei, nämlich die Zahlung, nicht aber den Vertragsschluss. Sind Banken vielleicht trotzdem entbehrlich?
Nun ja, wenn man die Bank als Dritte aus dem Zahlungsvorgang herausnehmen und die Zahl der Beteiligten auf zwei senken möchte, dann müsste ein Anderer die Funktion der Bank einnehmen. Das scheint schwierig bis unlösbar zu sein! Denn es geht ja um die Überweisung von Geld. Und mein Geld (ausgenommen von den Münzen und Scheinchen im Geldbeutel) liegt ja irgendwo. Eben. Die Bankfunktion muss jemand anderes übernehmen. Aber dann wäre auch wieder ein Dritter im Spiel. Ohne einen Dritten müsste jeder seine eigene Bank sein, sein virtuelles Geld selbst verwalten. Aber wo zahle ich dann ein, wer zahlt mir Geld aus? Ich bräuchte ein Programm. Irgendeine computertechnisch aufbereitete Infrastruktur, die mein Geld von A nach B bringt und alle Bankfunktionen erfüllt. Und zwar ohne dass ein anderes Unternehmen diese Infrastruktur stellt. Im klassischen Bankverkehr sind drei Parteien in einen Zahlungsvorgang involviert. Meistens sogar vier, wenn Empfänger- und Versenderbank nicht übereinstimmen. Können wir aus vier auch zwei oder aus drei zwei machen? Das klingt nach einer feinen Sache, einer Win-win-Situation, aber funktioniert das auch? Zwei ist also beileibe nicht größer als drei (oder vier), auch im 21. Jahrhundert gelten die ewigen Wahrheiten der Mathematik. Aber vielleicht sind zwei besser als drei. Wir werden sehen.. .
Wenn Zahlungsvorgänge einfacher und weniger Parteien daran beteiligt wären, würde das einem allgemeinen Trend entsprechen. Denn immer mehr Unternehmen versuchen, dem menschlichen Hang zur Trägheit gerecht zu werden, indem sie alles simpler und smarter machen (oder dies zumindest versprechen). Weil das Erfolg bringt.