Bitcoin verständlich erklärt - Pascal Hügli - E-Book

Bitcoin verständlich erklärt E-Book

Pascal Hügli

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Beschreibung

Bitcoins und Kryptowährungen: Um der Komplexität und Tragweite dieser Themen angemessen gerecht zu werden, erklärt dieses Lehrbuch die Inhalte zu Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets auf klare und verständliche Weise und schafft überdies einen allumfassenden Überblick über diese neue dezentrale Welt. Bitcoin, von den einen verschrien, von den anderen glorifiziert. In nur wenigen Jahren haben sich die Kryptowährungen in den Fokus der Weltöffentlichkeit katapultiert. Immer offensichtlicher wird, dass sie gekommen sind, um zu bleiben. Unabhängig davon, welche Auffassung man gegenüber Kryptowährungen vertritt oder wer welche Inhalte wie detailliert verstehen möchte: Jeder und jede erhält mit diesem Lehrbuch fundierte Erklärungen aus der Vogelperspektive. Die Autoren nehmen die entsprechenden Konzepte und Begriffe detailliert auf und konkretisieren sie mit realen Anwendungsfällen. Ausserdem verdeutlichen sie die komplexen Zusammenhänge und vermitteln somit ein prägnantes Gesamtbild von Bitcoin und Co. Jedes Kapitel enthält neben veranschaulichenden Abbildungen Erklärboxen sowie plausible Zusammenfassungen, ohne dabei allzu sehr in technische Details oder unnötigen Fachjargon abzugleiten. Online-Fragen und Musterlösungen erlauben es, bei jedem Kapitel den Wissensstand zu prüfen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 465

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Pascal Hügli, Costantino Lanni (Mitautor)

Bitcoin verständlich erklärt

1. Auflage 2022

Pascal Hügli, Costantino Lanni (Mitautor)

Bitcoin verständlich erklärt

Für Beruf und Alltag

ISBN 978-3-286-11789-1 (EPUB)

Das Werk erscheint als E-Book unter der ISBN 978-3-286-11788-4 (PDF) und ISBN 978-3-286-51541-3 (PoD)

© Verlag SKV AG, Zürich

www.verlagskv.ch

Alle Rechte vorbehalten.

Ohne Genehmigung des Verlags ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus in irgendeiner Form zu reproduzieren.

Umschlagbild: Gianni Cocchiarella, Verlag SKV, Zürich

Haben Sie Fragen, Anregungen oder Rückmeldungen?

Wir nehmen diese sehr gerne per E-Mail an [email protected] entgegen.

Danksagung

Mit der Publikation eines Buches rückt stets der Autor in den Vordergrund. Ein Buch – allen voran ein Lehrbuch – ist aber stets ein Gemeinschaftsprojekt. Mein Dank richtet sich zunächst an die HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich, welche mir dieses Lehrbuchprojekt überhaupt ermöglicht hat. Speziell bedanken möchte ich mich bei Dr. Daniel C. Schmid, Prof. Dr. Claude Meier sowie Dr. Stefan Joller, die mich nicht nur zur Publikation dieses Lehrbuches ermutigt, sondern mich bei der Ausarbeitung auch unterstützt haben.

Für seine Unterstützung als Mitautor bedeutender Inhalte in Kapitel 6 möchte ich Costantino Lanni herzlich danken. Auch seine technischen Kenntnisse zur Erarbeitung unterschiedlicher Statistiken und quantitativer Analysen waren mir eine grosse Hilfe.

Einen weiteren Dank möchte ich Gianni Cocchiarella aussprechen, der mich in allen verlagstechnischen Angelegenheiten tatkräftig unterstützt hat. Gleichzeitig bedanke ich mich auch beim gesamten Verlag, welcher die Umsetzung dieses Lehrbuch in Zusammenarbeit mit der HWZ überhaupt erst ermöglicht hat.

Was die geistigen Ergüsse und Erkenntnisse dieses Buches anbelangt, so möchte ich mich bei meinem Freund und Lektor Daniel Jungen bedanken. Die zahlreichen Marathon-Diskussionen mit ihm sowie die unzähligen Inputs und Gedankenanstösse seinerseits haben das Lehrbuch stark aufgewertet. Innigen Dank also, lieber Daniel. Im gleichen Atemzug möchte ich natürlich auch meiner Korrektorin Regula Walser danken.

Keinen geringen Anteil an der Fertigstellung des Lehrbuches hat Adrian Fritz von 21Shares, der mich für spezifische Kapitel mit Datenreihen versorgt hat. Dankbar bin ich auch für die zahlreichen sporadischen Unterstützungen von verschiedenen Krypto-Enthusiasten und Bitcoin-Kennern. Sie alle haben sich stets meinen offenen Fragen angenommen und wertvolle Antworten geliefert.

Und selbstverständlich geht der Dank auch an meine Liebsten und Engsten – an meine Frau, an meine Eltern und Schwiegereltern sowie an meine erweiterte Familie. Ihr habt mir alle stets die Kraft und die Zeit gegeben, mich meinem Lehrbuchprojekt zu widmen. Ohne euch hätte ich das niemals geschafft.

Damit bleibt mir, den Dank an alle noch ein letztes Mal zu wiederholen – ich weiss das sehr zu schätzen.

Der Autor

Nach mehreren Jahren im Finanzjournalismus, arbeitet Pascal Hügli heute als selbstständiger Moderator, Debattierer, Ghostwriter und Dozent an der HWZ. Zusätzlich publiziert er noch immer hin und wieder journalistische Texte in den Medien der traditionellen als auch der neuen Welt. Als Analyst befasst er sich hauptsächlich mit den aufstrebenden Kryptoassets und deren Auswirkungen auf Finanzmarkt, Wirtschaft und Gesellschaft. Über den deutschsprachigen Newsletter Insight DeFi klärt er die breitere Masse zweimal monatlich kompetent und prägnant über die Ereignisse, Chancen und Risiken der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. auf. Neben dem hier vorliegenden Lehrbuch ist er auch Autor eines weiteren Buches mit dem Titel «Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain».

Links:

Insight DeFi: https://insightdefi.substack.com/

Ignorieren auf eigene Gefahr:https://www.amazon.com/Ignorieren-auf-eigene-Gefahr-dezentrale/dp/3952510807

Der Mitautor:

Costantino Lanni, Betriebsökonom FH, begann seine berufliche Tätigkeit als Portfoliomanager bei der Credit Suisse Fides, Zürich. Nach Absolvierung der International Banker’s School, New York, erwarb er das Finanzanalystendiplom CFA und später das Diplom zum Financial Risk Manager (FRM). Seit 1996 ist Lanni als selbständiger Vermögensverwalter tätig und amtet als Anlageexperte bei einer grossen Schweizer Pensionkasse. Costantino Lanni ist seit vielen Jahren Studienleiter im Center for Financial Studies an der HWZ tätig. In dieser Funktion ist Costantino Lanni auch Mitglied der erweiterten Schulleitung der HWZ.

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Der Autor

Einleitung

Des Menschen Wunderwaffe

Zeitenwende: Auftakt der digitalen Ära

Digitales Inhaberinstrument

Absicht und Ziel

Aufbau und Inhalt

Praktische Lesehilfe

1Eine digitale Renaissance

1.1Zur Geburtsstunde von Bitcoin

1.1.1Bitcoins umfangreiche Vorgeschichte

1.1.2Perfektes Timing: Eine Idee, deren Zeit gekommen war

1.1.3Dezentral auf allen Ebenen

1.2Durchbruch von epochaler Tragweite

1.2.1Lösung für das Double-Spend-Problem

1.2.2Entdeckung digitaler Knappheit

1.2.3Knapp, aber programmierbar

2Ein Blick in den Maschinenraum

2.1Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

2.1.1Warum eigentlich Blockchain?

2.1.2Über Blöcke und das Hashing

2.1.3Zur Aufgabe der Miner

2.1.4Von der Wichtigkeit des Arbeitsnachweises

2.1.5Block-Belohnung und Transaktionsgebühren

2.1.6Mining: Eine faire Art der Seigniorage?

2.1.7Ein Mechanismus zur Schwierigkeitsgradanpassung

2.1.8Das Resultat: Eine dezentrale, weltweit verteilte Datenbank

2.1.9Digitales Eigentum dank digitaler Signaturen

2.1.10Über die dezentralen Buchhalter und Revisoren des Netzwerkes

2.2Blockchain ist nicht gleich Blockchain

2.2.1Das Blockchain-Spektrum

2.2.2Erlaubnisfrei und Open-Source

2.2.3Forks: Die Kraft der Abspaltung

2.2.4Verschiedene Arten der Konsens-Findung

2.2.5Herausforderung Skalierung

3Eine monetäre Revolution

3.1Geld, Gold oder gar Garant der Zeit?

3.1.1Ist Bitcoin Geld?

3.1.2Bitcoin: Eine volatile Angelegenheit

3.1.3Preisstabilität: Eine Frage der Liquidität

3.2Zur Knappheit von Bitcoin

3.2.1Ein Modell zur Bemessung der Knappheit?

3.2.2Eine Versicherung gegen Geldentwertung

3.2.3Zäsur in der Geldtheorie: Bitcoin als monetarisierte Zeit

3.2.4Antwort auf die Geldfrage: Bitcoin als neues Basisgeld

4Ein Upgrade auf Institutionenebene

4.1Das Internet des Geldes

4.1.1Ein Protokoll schafft Internet-eigene Werte

4.1.2Der Wert von Institutionen

4.1.3Grundbausteine des Vertrauens

4.1.4Eine Institution mit beispiellosen Garantien

4.2Öffentliche Blockchains als Grundlage für eine Finanzordnung

4.2.1Die Hierarchie des Finanzsystems

4.2.2Bitcoin als mehrschichtige Finanzordnung

4.2.3Blockchain-Basis-Layer: Eine globale Settlement-Infrastruktur

4.2.4Das Lightning-Netzwerk und andere Skalierungsunterfangen

4.2.5Gleiches mit Gleichem vergleichen

4.2.6Für eine Finanzordnung aus einem Guss

4.2.7Unübertroffene soziale Skalierbarkeit

5Kambrische Explosion: Schöne bunte Kryptowelt

5.1Ethereums Aufstieg

5.1.1Smart Contracts und der Weltcomputer

5.1.2Die Turing-Vollständigkeit macht’s möglich

5.1.3Treibstoff für die Blockchain

5.1.4Neue Welt der dezentralisierten Finanzen

5.1.5Wallet: Das Tor zur Blockchain-Welt

5.1.6Grundelemente der Finanzwelt

5.1.7Herausforderungen in der DeFi-Welt

5.1.8Der Wunsch nach einer besseren Finanzwelt

5.2Coins und Token

5.2.1Zur klaren Unterscheidung zwischen Coin und Token

5.2.2Vom Schlagwort der Tokenisierung

5.2.3Über die Daseinsberechtigung von Coins

5.2.4Ein Token zur Anreizschaffung

5.2.5Über den Netzwerkinhabereffekt

5.3Ein Kampf, der keiner sein muss

5.3.1Nichts geht über Kompromisse

5.3.2Blockchain-Trilemma: Noch ist alles beim Alten

5.3.3Interoperabilität: Wird alles dereinst eins?

5.3.4Web3: Für ein neues Internet

5.3.5Selbstverwaltete Identität im Blockchain-Zeitalter

5.3.6Dezentralisierung des Internet-Hardware-Stacks

5.3.7Metaverse: Die Entstehung einer neuen Welt

6Krypto als Anlage

6.1Kryptoassets im Portfoliokontext

6.1.1Bitcoins historische Preise-Performance

6.1.2Zur Korrelation von Bitcoin

6.1.3Alles eine Frage des Risikos

6.1.4Auswirkungen von Krypto auf ein diversifiziertes Portfolio

6.1.5Rebalancing oder nicht?

6.1.6Wie viel Bitcoin soll es sein?

6.1.7Diversifikation innerhalb von Krypto

6.1.8Bitcoins Marktdominanz bewegt Altcoins

6.1.9Vergangenheitsgedöns oder Zukunftsmusik?

6.2Krypto: Ein neues Anlageuniversum

6.2.1Jenseits von Kryptowährungen

6.2.2Kryptoassets: Ein Kategorisierungsversuch

6.2.3Zahlungscoin/Kryptowährung

6.2.4Nutzungscoins

6.2.5Nutzungstoken

6.2.6Zahlungstoken

6.2.7Anlagetoken

6.2.8Equity-Token

6.2.9Governance-Token

6.2.10Synthetische Token

6.2.11Non-Fungible Token (NFT)

6.3Bewertungsversuche von Kryptoassets

6.3.1Woher stammt der Wert einer Sache?

6.3.2Worin liegt der Wert von Bitcoin?

6.3.3Angebot und Nachfrage als Ausgangspunkt

6.3.4Kryptoassets und ihre Netzwerkeffekte

6.3.5Quantitätsgleichung: Makroökonomischer Bewertungsansatz

6.3.6Produktionskosten als Bewertungsgrundlage

6.3.7Knappheit messen: Stock-to-Flow als Bewertungsmodell

6.3.8Bitcoin als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel?

6.3.9Neue Wirtschaftssysteme noch unbekannten Wertes

6.3.10Bewertung von Anlagetoken

6.3.11Bewertung von Equity-Token

6.3.12Bewertung von Governance-Token

6.3.13Bewertung von NFTs

6.3.14Alles braucht seine Zeit, auch Bewertungsmodelle

7Eine makroökonomische Einordnung

7.1Die Zweiteilung der Geldsysteme

7.1.1Besseres Geld für eine bessere Welt?

7.1.2Eine Gegenüberstellung der Geld- und Finanzordnungen

7.2General-Upgrade für das aktuelle Finanzsystem

7.2.1Die Gründe für eine Generalüberholung

7.2.2Was genau ist eine CBDC?

7.2.3Zwei unterschiedliche CBDC-Arten

7.2.4Wholesale-CBDC: Ein Update des Interbankenmarktes

7.2.5Retail-CBDC: Umwälzung im Geldsystem

7.2.6Blockchain oder nicht Blockchain?

7.2.7Wie steht es um Privatsphäre?

7.2.8Programmierbares Geld versus programmierbare Zahlung

7.2.9CBDC: Eine Gefährdung für die Finanz- und Geldordnung?

7.2.10Das Modell der synthetischen CBDC

7.3Von öffentlichen und privaten Stablecoins

7.3.1Verschiedene private Stablecoin-Konzepte

7.3.2Fiat-gedeckte Stablecoins

7.3.3Krypto-gedeckte Stablecoins

7.3.4Algorithmische Stablecoins

7.3.5Libra: Ein Weckruf für die Welt

7.3.6Die Idee von Multi-CBDC-Vereinbarungen

7.3.7Zur Relevanz von privaten Stablecoins

7.3.8Private Stablecoins: Bedrohung für die Finanzstabilität?

7.3.9Vollgedeckte oder fraktional besicherte Stablecoins

7.3.10Handelsvolumen dank Umlaufgeschwindigkeit

8Die brennende Energiefrage

8.1Energieverbrauch unter Generalverdacht?

8.1.1Der malthusianische Fehlschluss

8.1.2Der Nutzen legitimiert den Verbrauch

8.1.3Energie-gedecktes Geld: Eine Idee, deren Zeit gekommen ist

8.1.4Bitcoins Energieverbrauch: Eine Frage der Perspektive

8.2Bitcoins Energieverbrauch in der Zukunft

8.2.1Bitcoin: Wie gemacht für verschwendete Energie

8.2.2Eine Energierevolution dank Bitcoin

9Schlussfolgerung

9.1Zur Zukunft von Geld und der Welt

9.1.1Geopolitisches Hickhack: Digitales Geld in der Hauptrolle

9.1.2China macht vorwärts mit dem E-Yuan

9.1.3Öffentliche Blockchains als lachende Dritte

9.2Bitcoin und die Neudefinierung von Eigentum

9.2.1Die Cyberökonomie: Ungeahntes Wachstumspotenzial

Einleitung

Sie lernen:

•dass Technologie dem Menschen seit jeher dazu verholfen hat, gegenseitige Vertrauensbeziehungen zu skalieren.

•dass Grundlagentechnologien aufeinander aufbauen und gemeinsam Potenzial für neue Innovation schaffen.

•dass mit der Lancierung des Bitcoin-Thesenpapiers am 31. Oktober 2008 eine neue Grundlagentechnologie angestossen worden ist, welche das Konzept echter digitaler Eigentumsrechte geschaffen hat.

•weshalb sich die digitale Ära nach Bitcoin grundlegend von dem unterscheidet, was gegenwärtig unter dem Begriff «Digitalisierung» verstanden wird.

•warum Digitalisiertes in Tat und Wahrheit nicht eigentlich (nativ) digital ist.

•dass Bitcoin und öffentliche Blockchains neue Eigentumssysteme abseits und unabhängig von Nationalstaaten im Cyberspace geschaffen haben.

Des Menschen Wunderwaffe

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte menschlicher Interaktionen. Seit jeher versuchen Menschen, die soziale Koordination und Kooperation zu mehren, um so gegenseitige Vertrauensbeziehungen zu skalieren.

Technologie – im weitesten Sinne verstanden – ist dabei des Menschen wichtigstes Werkzeug. Immer mal wieder stossen wir auf neue Grundlagentechnologien, die zu einem fundamentalen Wandel unserer Lebensrealität führen. Das Rad, die Schrift, der Buchdruck, die Elektrizität oder das Automobil sind Beispiele1 solcher technologischen Durchbrüche, die unsere Welt, und damit die Art und Weise, wie Menschen untereinander kooperieren, in ihren Grundfesten verändert haben.

Grundlagentechnologien sind kumulierend. Das heisst: Diese verschiedenen Technologien bauen jeweils aufeinander auf und führen zu neuer Innovation. Eines der jüngsten Beispiele ist die Computer-Revolution. Diese dürfte 1959 mit der Erfindung von MOSFET, auch bekannt als Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor, begonnen haben. Dieser ist bis heute Grundbaustein2 der modernen Elektronik und führte zur Entwicklung des Mikroprozessors. Letzterer wiederum ermöglichte3 den Aufstieg des Personal Computer. Heute tragen wir einen solchen in Form des Smartphones täglich mit uns herum.

Die Revolution rund um den Personal Computer hat schliesslich zur Feststellung geführt, dass Software unsere Welt verschlingt.4 Software gewinnt gegenüber Hardware immer mehr an Relevanz – in vielerlei Hinsicht substituiert Erstere die Letztere sogar. Physikalische Dinge werden zu Software-Applikationen komprimiert. So ist das bereits erwähnte Smartphone heute Telefonbuch, Kamera, Briefpost, Musikhörgerät, Bibliothek, DVD-Sammlung sowie Notizblock in einem.

Abbildung 1: Wie kaum eine andere Innovation hat das Smartphone unseren Alltag dematerialisiert, indem es unzählige Geräte und Applikationen substituiert hat.

Quelle: Anilsaisdo

In der Finanzindustrie, aber auch in anderen Industrien, spricht man bei dieser Entwicklung heute gemeinhin von der Digitalisierung. Sie entschlackt Prozesse, macht Unternehmensabläufe effizienter und ermöglicht neue Betriebskanäle. Aufgrund neuer technologischer Möglichkeiten ändert die Digitalisierung die Kundenwünsche sowie das Nutzerverhalten und mit ihnen die Geschäftsfelder und Businessmodelle.

Zeitenwende: Auftakt der digitalen Ära

Etwas mehr als eine Dekade ist es her, da hat die Digitalisierung einen neuen Schub erhalten. Noch scheint kaum jemand zu ahnen, dass dieser Durchbruch in Form einer neuen Grundlagentechnologie die Welt fundamental verändern wird. Am 31. Oktober 2008 tauchte im Internet ein neunseitiges Thesenpapier5 auf. Darin ist von Bitcoin, einem elektronischen Peer-to-Peer-Cash-System, die Rede. Ein paar Jahre später gelangte Bitcoin in den Fokus erster Anleger und der Begriff der Kryptowährung war geboren.

Bis heute ist Bitcoin gemeinhin als Mutter aller Kryptowährungen bekannt. Immer offensichtlicher wird, dass es sich bei Bitcoin nicht nur um eine neue Online-Währung handelt, sondern Bitcoin die organische Entstehung einer mehrschichtigen Geld- und Finanzordnung repräsentiert. Gerade wird die Menschheit Zeuge einer weiteren digitalen Transformation, die uns in eine neue digitale Ära katapultiert.

An der Schwelle zu dieser neuen Epoche können wir bereits erkennen, dass das digitale Zeitalter mit dem Erscheinen von Bitcoin unter neuen Vorzeichen gestellt worden ist. Die digitale Ära nach Bitcoin unterscheidet sich grundlegend von dem, was gegenwärtig unter dem Begriff «Digitalisierung» zusammengefasst wird. Bitcoin hat erstmals echte digitale Eigentumsrechte geschaffen.

Bis zur Ankunft von Bitcoin war das Digitale bloss in eine elektronische Form gegossen. Was im Frontend digital daherkommt, verläuft in Tat und Wahrheit in analogen Prozessen. Vermögenswerte aller Art sind in der heutigen Finanzwelt eben nicht nativ-digital. Gemeint ist, dass Assets nicht in rein digitaler Form existieren, sondern lediglich als digitale Attrappen. Was also in den Köpfen der meisten Menschen als wundersames Phänomen der Digitalisierung angesehen wird, ist nur der Vorgang, Geld und Finanztitel digital erscheinen zu lassen. In Wirklichkeit sind diese Dinge gegenwärtig nicht an und für sich digital. Sie existieren bloss als binäre Buchungseinträge in unterschiedlichen elektronischen Hauptbüchern, den Datenbanken von Finanzinstitutionen.

Digitales Inhaberinstrument

Bitcoin ist anders. Bitcoin stellt ein digitales Inhaberinstrument dar. Dieser etwas umständliche Begriff meint, dass Bitcoin als Finanzwert mittels kryptografischer Verschlüsselungsmethoden beherrschbar ist. Daraus leiten sich auch die für Bitcoin gebräuchlichen Begriffe «Kryptowert» oder «Kryptoasset» ab.

Doch was bedeutet kryptografische Beherrschbarkeit? Ein Inhaber, der im Besitz eines entsprechenden kryptografischen Zugangsschlüssels ist, kann über diesen Kryptowert mittels elektronischer Signatur verfügen.6 Das bedeutet, dass Kryptowerte ähnlich wie physikalische Sachen direkt durch den Inhaber und ohne Mittelsmann gehandhabt werden können. Anders als gewöhnliche Finanzinstrumente existiert Bitcoin somit nicht als Kontobuchung in einer zentralisierten Datenbank, sondern als eigenständige digitale Einheit, die auf einem digitalen, verteilten Hauptbuch, einem Distributed Ledger abgebildet ist. Aus diesem Grund besteht bei Bitcoin stets die Option auf Selbstverwaltung – eine Möglichkeit, wie sie in unserem heutigen Finanzsystem nicht gegeben ist.

Damit ist Bitcoin der erste und massgebendste Anwendungsfall der Blockchain-Technologie. Als neue Grundlagentechnologie basiert sie auf Vorläufern wie dem Mikroprozessor, dem Computer oder dem Internet. Ihre Innovation besteht hauptsächlich darin, neue Eigentumssysteme abseits und unabhängig von Nationalstaaten im Cyberspace zu begründen.7 So hat die digitale Landnahme im Internet über Kryptoassets, Token oder NFTs eben erst begonnen.

In Anlehnung an den Goldrausch des 19. Jahrhunderts wirken die skurrilen Ereignisse, die preislichen Exzesse und die zahlreichen Betrügereien rund um Bitcoin und Co. auf manch neutralen Beobachter mitunter verstörend. Der Ruf nach Regulierung oder gar Verboten ist daher unüberhörbar. Unterschiedliche Regulierungsvorhaben sind daher auf dem Weg oder werden angestrebt.

Aufgrund ihrer digitalen Natur grenzt es allerdings an ein Ding der Unmöglichkeit, Kryptoassets verbieten zu wollen. Deren Reich ist das Internet und dieses, obschon heute durch Techgiganten wie Google oder Facebook dominiert, ist im Kern offen und durch keinen Souverän regiert, ähnlich wie das für die Weltmeere gilt.

Abbildung 2: Wir sind uns lineares Denken gewöhnt. Exponentialität widerstrebt unserer Intuition. Deshalb ist es auch so, dass wir die digitale Entwicklung in der kurzen Frist überschätzen, langfristig aber unterschätzen.

Quelle: SingularityHub

Ob man es will oder nicht, das digitale Zeitalter ist angebrochen. Der Wandel ist unaufhaltsam und lässt die Welt in all ihren Facetten vielfältiger, komplexer und daher oftmals auch weniger intuitiv erscheinen. Angesichts der Geschwindigkeit und Schnelllebigkeit digitaler Phänomene ist exponentielles Denken und intellektuelle Empathie gefragt, um diese neuen Entwicklungen besser zu verstehen, klarer zu deuten sowie auch kritisch hinterfragen zu können.

Absicht und Ziel

Die meisten Lehrbücher zum Thema der Kryptowährungen konzentrieren sich auf eine deskriptive Erklärung der einzelnen Konzepte und Begriffe und versuchen mittels realer Anwendungsfälle zu konkretisieren. Was ihnen allerdings häufig abhandenkommt, ist eine das Thema überblickende Vogelperspektive. So fehlen die grossen Zusammenhänge, ohne die das so dringend nötige Gesamtbild von Bitcoin und Co. kaum erblickt werden kann.

Genau hier setzt das vorliegende Lehrbuch an. Es zeichnet sich inhaltlich darin aus, der Komplexität des Themas ausgewogen gerecht zu werden. Es ist der Materie entsprechend verständlich geschrieben, ohne in technische Details oder unnötigen Fachjargon abzugleiten. Nichtsdestotrotz werden Spezialbegriffe und wenig bekannte Denkkonzepte thematisiert, um dem Lehranspruch auf diesem Gebiet gerecht zu werden.

Dieses Lehrbuch soll eine edukative und gesamtheitliche Sicht auf das Thema von Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets geben. Dabei geht es darum, Unwissen zu mindern, indem Missdeutungen korrigiert, Halbwahrheiten entlarvt und Zusammenhänge aufgezeigt werden.

Aufbau und Inhalt

Das Lehrbuch ist in eine Einleitung, 8 Kapitel und eine Schlussfolgerung aufgeteilt. Die Einleitung trägt den Titel «Des Menschen Wunderwaffe» und thematisiert, welche Rolle die Technologie und deren Entwicklung bei der Koordination von Menschen spielt. Kapitel 1 ist der digitalen Renaissance gewidmet, die durch die technologische Entwicklung eingeläutet worden ist. Wir beleuchten die Geburtsstunde von Bitcoin und erklären, weshalb die Entdeckung von Bitcoin im historischen Kontext als Durchbruch epochaler Tragweite zu werten ist. Im Fokus steht das Double-Spend-Problem, für das Bitcoin eine Lösung darstellt. Auch weisen wir auf den essenziellen Aspekt der digitalen Knappheit hin.

In Kapitel 2 betrachten wir die neue Grundlagentechnologie hinter Bitcoin, die Blockchain-Technologie. Indem wir einen Blick in den Maschinenraum wagen, erkennen wir, dass das revolutionäre Potenzial der Blockchain erst durch Kombination vieler weiterer Komponenten zu realisieren ist. Dieses Verständnis hilft uns, zwischen den verschiedenen Arten der sogenannten Distributed Ledger Technology, kurz DLT, unterscheiden zu können. Ebenfalls weisen wir auf unterschiedliche Konsens-Mechanismen hin, erklären das Blockchain-Trilemma und die Skalierungsthematik rund um öffentliche Blockchains.

Kapitel 3 steht ganz im Zeichen von Geld. So versuchen wir herauszuschälen, weshalb Bitcoin eine monetäre Revolution darstellt. Entscheidend in dieser Hinsicht ist der Befund, dass Bitcoin viele Geldeigenschaften bestens erfüllt und ein neues digitales Geld darstellt. Darüber hinaus thematisieren wir aber auch, wie Volatilität von Bitcoin zu beurteilen ist und wie der Begriff der Knappheit im Kontext von Geld eigentlich verstanden werden sollte. Abschliessend soll Bitcoin als neues Basisgeld eingeführt werden.

Das 4. Kapitel lässt uns öffentliche Blockchain-Netzwerke wie Bitcoin als neue ökonomische Institutionen verstehen, welche ein eigenes, unabhängiges Finanzsystem begründen. Als neuartige Ledger-Technologie treten diese in Konkurrenz mit Unternehmen, Märkten und Staaten. Wie Bitcoin zeigt, verfügt diese neue Art von Institution über beispiellose ökonomische Garantien für seine Teilnehmer und bietet eine soziale Skalierbarkeit sondergleichen. Das Resultat ist eine neue Finanzordnung, welche öffentliche Blockchains zur Grundlage hat.

Auf die Vielfalt der Kryptoassets und Blockchains gehen wir in Kapitel 5 ein. Dabei fragen wir nach dem Sinn und Zweck derselben und wie sich diese von Bitcoin unterscheiden. Wir behandeln Ethereum als zweitgrösste öffentliche Blockchain sowie bedeutendste Smart-Contract-Plattform und verdeutlichen, was unter Smart Contracts zu verstehen ist. Die Smart Contracts legen die Grundlage für eine neue Welt der dezentralen Finanzen, die DeFi-Welt. Wir erläutern, wo die Vorteile und wo die Risiken dieser neuen dezentralisierten Finanzwelt liegen. Nach der so wichtigen Unterscheidung zwischen Coin und Token gehen wir auf die Frage ein, wie diese verschiedenen neuen Finanzwelten dank Interoperabilitätslösungen miteinander kommunizieren können. Damit legen wir die Grundlage für die Erklärung von Web3, dem Internet der Zukunft, das durch das Phänomen des Metaverse ein neues Gesicht sowie eine ganz neue Bedeutung erhält.

Als Auftakt von Kapitel 6 widmen wir uns den Kryptoassets im Portfoliokontext. Wir setzen uns damit auseinander, welche konkreten Auswirkungen die Beimischung von Kryptoassets – hauptsächlich Bitcoin – auf ein klassisches Portfolio hat. In einem weiteren Teil führen wir die zahlreichen Kryptoassets als verschiedene Kategorien eines neuen Anlageuniversums ein. Im Anschluss befassen wir uns mit den unterschiedlichen Bewertungsversuchen, mit denen man unterschiedliche Kryptoassets zum heutigen Zeitpunkt zu bewerten versucht.

Kapitel 7 soll eine makroökonomische Einordnung des Krypto-Phänomens bieten. Die Welt der Kryptoassets hat mittlerweile eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Billion US-Dollar längst überschritten. Bitcoin hat nicht nur das Interesse von Finanzinstituten und anderen Unternehmen gewonnen, auch Zentralbanken scheinen durch die neuen Innovationen angeregt worden zu sein. Wir schildern die möglichen Arten zur Einführung von digitalem Zentralbankengeld, diskutieren deren mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und spekulieren, wie CBDCs die Aufgliederung in zwei Geldsysteme, das traditionelle und das Bitcoin-System, vorantreiben dürften. Ebenfalls thematisiert werden in diesem Kapitel die (privaten) Stablecoins, von denen es unterschiedliche Varianten gibt. Deren Relevanz gilt es zu ergründen.

Kapitel 8 wagt sich schliesslich an die Energiefrage heran. Wir betrachten Bitcoins Energieverbrauch sachlich und thematisieren, weshalb Bitcoin neben seinem monetären Potenzial auch für die Energieproduktion eine Innovation darstellen könnte.

Mit dem Schlusswort gilt es, den geopolitischen Schlussbogen zu spannen. Dabei kontrastieren wir das chinesische, das amerikanische sowie das dezentrale Bitcoin-System und wagen einige provokante Zukunftsaussagen darüber, wohin sich diese neue dezentrale Welt entwickeln könnte.

Praktische Lesehilfe

Jedes Kapitel in diesem Lehrbuch ist mit verschiedenen praktischen Lesehilfen ausgestattet. Zu Beginn eines jeden Kapitels findet sich eine Übersicht («Sie lernen») zu jenen Punkten, die man in diesem Kapitel lernt. Derweil verhilft eine Aufzählung («Was Sie jetzt wissen sollten») der wichtigsten Punkte am Schluss eines jeden Kapitels, dessen Kerninhalte zu verinnerlichen. Über das Lehrbuch verteilt finden sich in jedem Kapitel immer wieder Abbildungen und Boxen («Erkenntnisse fürs gepflegte Tischgespräch», «Gut zu Wissen» & «Etwas für Nerds»), welche den Inhalt des Fliesstextes unter anderem in Form konkreter Anwendungsfälle illustrieren, vertiefen oder ergänzen. Für das Selbststudium verfügen die einzelnen Kapitel im Lehrbuch über verschiedene formative Lernkontrollen («Wissen auf dem Prüfstand»).

Was Sie jetzt wissen sollten:

•Seit jeher versuchen Menschen, die soziale Koordination und Kooperation zu mehren, um so gegenseitige Vertrauensbeziehungen zu skalieren. Dabei greifen sie auf immer neue Technologien zurück, die ihnen helfen, die soziale Koordination zu verbessern.

•Grundlagentechnologien sind kumulierend. Das heisst: Diese verschiedenen Technologien bauen jeweils aufeinander auf und führen zu neuer Innovation.

•Bitcoin repräsentiert den Aufbruch in ein neues digitales Zeitalter. Gerade wird die Menschheit Zeuge einer weiteren digitalen Transformation, die uns in eine neue digitale Ära katapultiert. Diese digitale Ära nach Bitcoin unterscheidet sich grundlegend von dem, was gegenwärtig unter dem Begriff «Digitalisierung» zusammengefasst wird. Bitcoin hat erstmals echte digitale Eigentumsrechte geschaffen.

•In Wirklichkeit ist Digitalisiertes (jeglicher Art) gegenwärtig nicht an und für sich digital. Es existiert bloss als binäre Buchungseinträge in unterschiedlichen elektronischen Hauptbüchern, zum Beispiel den Datenbanken von Finanzinstitutionen.

•Bitcoin stellt ein digitales Inhaberinstrument dar. Dieser etwas umständliche Begriff meint, dass Bitcoin als Finanzwert mittels kryptografischer Verschlüsselungsmethoden beherrschbar ist.

•Bitcoin und öffentliche Blockchains haben neue Eigentumssysteme abseits und unabhängig von Nationalstaaten im Cyberspace begründet.

1Fallows James, The 50 Greatest Breakthroughs Since the Wheel, The Atlantic, November 2013.

2The Foundation of Today’s Digital World: The Triumph of the MOS Transistor, Computer History Museum, Juli 2010.

3Singer Graham, History of the Microprocessor and the Personal Computer, Techspot, Mai 2020.

4Andreessen Marc, Why Software is eating the World, The Wall Street Journal, 2011.

5Nakamoto Satoshi, Bitcoin: Ein elektronisches Peer-to-Peer-Cash-System, 2008.

6Meisser Luzius, Die Option auf Selbstverwaltung ist schon viel wert, 10x10, 2019.

7Hasu & Su Zhu, Bitcoin and the Promise of Independent Property Rights, Medium, 2018.

1Eine digitale Renaissance

Sie lernen:

•wann, warum und von wem Bitcoin ins Leben gerufen worden ist.

•weshalb Vorgängerversionen von Bitcoin keinen anhaltenden Erfolg hatten und wie sich Bitcoin von seinen Vorreitern unterscheidet.

•warum es nicht entscheidend ist, dass wir die wahre Identität von Satoshi Nakamoto nicht kennen.

•weshalb es wesentlich ist, Bitcoin als technologisches und als geldtheoretisches Phänomen zu verstehen.

•wieso Bitcoin die dezentrale Lösung für das Double-Spend-Problem darstellt.

•dass Bitcoin erstmals wirklich das Konzept von Knappheit in die digitale Welt gebracht hat und es niemals mehr als 21 Millionen Bitcoin geben wird.

1.1Zur Geburtsstunde von Bitcoin

Alles startete mit einer E-Mail-Verteilerliste. Die sogenannte Cryptography Mailing List umfasste zahlreiche Abonnenten, hauptsächlich Kryptografie-Experten aus aller Welt. Deren Interesse bezog sich auf Mathematik, Kryptografie, Informatik sowie politische und philosophische Diskussionen. Viele Mitglieder fühlten sich dem Ethos der Cypherpunks zugetan.1 Dabei handelt es sich um eine in den 1990er-Jahren herangewachsene Gruppierung von technisch versierten Menschen, die seither noch immer für Datenschutz und Online-Privatsphäre einstehen.

Am 31. Oktober 2008 erreichte die Abonnenten dieser E-Mail-Verteilerliste die Nachricht eines gewissen Satoshi Nakamoto. Darin schrieb der unter diesem Pseudonym agierende Fremde: «Seit geraumer Zeit arbeite ich an einem elektronischen Zahlungssystem, das vollständig Peer-to-Peer ist und keiner vertrauenswürdigen Drittpartei bedarf.» In seiner E-Mail brachte er zudem den Link zu einem sogenannten Whitepaper an, das auf eine zwei Monate zuvor registrierte Webseite hochgeladen worden war. Dieses neunseitige Thesenpapier beschreibt ein elektronisches Peer-to-Peer-Cash-System namens Bitcoin.

Abbildung 3: Bitcoin ist ein Peer-to-Peer-System. Dieser Begriff meint, dass keine Intermediäre beim direkten Zahlungsvorgang dazwischengeschaltet sind, so wie das im traditionellen Finanzsystem der Fall ist.

Quelle: Pascal Hügli (Eigendarstellung)

Offiziell lanciert wurde Bitcoin ein paar Monate später, am 3. Januar 2009. Satoshi Nakamoto selbst schürfte den ersten Block mit Blocknummer 1. Dieser erste Block ist heute als der Genesis-Block bekannt.

1.1.1Bitcoins umfangreiche Vorgeschichte

Ein paar Tage später, am 8. Januar 2009, wendete sich Satoshi Nakamoto wieder per E-Mail an die Kryptografie-Experten und informierte sie, dass Bitcoin nun live gegangen sei.

Den adressierten Kryptografie-Freaks und Informatikern war die Idee einer Kryptowährung keinesfalls neu. Seit den 1990er-Jahren gab es verschiedene Ansätze, die digitales Geld zu lancieren versuchten. So entdeckte David Chaum zu Beginn dieser Dekade die kryptografische Funktion sogenannter blinder Signaturen. Auf deren Grundlage implementierte er DigiCash. Es handelte sich dabei um eine digitale, anonyme Zahlungsmethode.

Etwas für Nerds: Blindes Vertrauen

Blinde Signaturen – im Englischen auch «blind signatures» genannt – machen es möglich, dass für eine Sache eine sichere digitale Signatur geleistet werden kann, ohne dass diese Sache dem Signierenden vorliegen bzw. von ihm gelesen werden muss.

Auf diese Weise bieten diese Art von Signatur und die dazugehörigen Verfahren eine technisch garantierte Anonymität gegenüber allen, ausser jenem, der die Signatur leistet. Blinde Signaturen sind Bitcoin vorausgegangen und bieten die Grundlage dafür, eine gewisse Privatsphäre im digitalen Raum zu ermöglichen.

Nur acht Jahre später wurde DigiCash jedoch aufgegeben. Das Projekt war letztlich an eine zentrale Instanz gebunden und diese musste aufgrund einer zu geringen Akzeptanz vonseiten der Marktteilnehmer den Bankrott erklären.

Um die Nullerjahre herum tauchten weitere interessante Konzepte auf, welche die Schaffung eines digitalen Geldes vorsahen. Am weitesten fortgeschritten und damit Bitcoin am ähnlichsten waren Bit Gold2 sowie B-Money.3 Letzterer Versuch findet sogar Erwähnung im Bitcoin-Whitepaper. Obschon die Bestrebungen viele der Implementierungen von Bitcoin vorwegnahmen, blieb diesen Ideen der grosse Durchbruch verwehrt. Beide Konzepte vermochten nicht ohne eine zentrale Kontrollentität auskommen.

Diese Restabhängigkeit von einer zentralen Instanz wurde auch Projekten wie E-Gold zum Verhängnis.4 Angedacht als digitalisiertes Gold, das als private, internationale Währung abseits staatlicher Kontrolle funktionieren soll, hatte E-Gold über zehn Jahre Bestand, ehe diese Variante digitalen Geldes durch die US-Regierung eingestellt wurde.

Sämtliche Versuche, so etwas wie ein staatlich unabhängiges, digitales Geld ins Leben zu rufen, waren somit bisher allesamt gescheitert. Wenig überraschend also, dass auch Bitcoin bei den durch Satoshi Nakamoto angeschriebenen Kryptografie-Experten erstmal auf wenig Euphorie stiess. Warum sollte ausgerechnet dieses System grundlegend besser sein als seine Vorgänger?

Wie sich aber später herausstellen sollte, ist das Bitcoin-System in der Tat grundlegend besser, weil es bis anhin für unüberwindbar gehaltene Hürden aus dem Weg zu schaffen vermochte. Anders als alle anderen Versuche zuvor ist Bitcoin nämlich erfolgreich darin, gänzlich ohne den Bedarf einer zentralen Instanz zur Instandhaltung oder Kontrolle des Systems auszukommen.

Doch Bitcoin und damit der Durchbruch, ohne zentrale Instanz auszukommen, kam nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr ist Bitcoin als Höhepunkt langen Experimentierens auf den Gebieten der Mathematik, Kryptografie und Informatik zu sehen. Verschiedene theoretische und praktische Errungenschaften in diesen Bereichen flossen in Bitcoin zusammen und machten das System überhaupt erst möglich. Ohne diese Errungenschaften und seine gescheiterten Vorgänger hätte Bitcoin in seiner heutigen Form wohl niemals erschaffen werden können.

1.1.2Perfektes Timing: Eine Idee, deren Zeit gekommen war

Bitcoins Erfolg und die Bereitschaft unterschiedlichster Menschen, sich in den frühen Anfängen damit auseinanderzusetzen, dürfte vor allem auch einer Tatsache geschuldet sein: der allgemeinen Verunsicherung durch die Finanzkrise. 2008 stand das traditionelle Finanz- und Bankensystem am Rande eines Kollapses und konnte nur mittels massiver staatlicher Interventionen am Leben gehalten werden.

In dieser Zeit der Ungewissheit und des Missbehagens wurde Bitcoin lanciert – eine Geburt, die kaum besser hätte getimt werden können. In seinen zahlreichen Beiträgen in Internetforen, in denen er mit neugierigen Internetnutzern zu kommunizieren versuchte, stellte Satoshi Nakamoto indirekt die Frage: Geld regiert die Welt, doch wer regiert das Geld?

Satoshi Nakamotos Antworten wiesen auf die Zentral- und Geschäftsbanken dieser Welt hin. Wie er an mehreren Stellen korrekterweise anmerkte,5 würden diese das ihnen entgegengebrachte Vertrauen immer wieder missbrauchen. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise also, die das wehrlose Ausgeliefertsein der Bürger gegenüber diesen Institutionen schonungslos aufzeigte, trat Satoshi Nakamoto mit seiner Lösung auf die virtuelle Bühne: Bitcoin sollte die Welt und ihre Menschen aus den Fängen der zentralistischen Geldkontrolle befreien.

1.1.3Dezentral auf allen Ebenen

Wie wir in späteren Kapiteln noch sehen werden, basiert Bitcoin technologisch auf einem dezentralen Set-up. Diese Dezentralität lässt das Bitcoin-System flüchtig und damit wenig fassbar erscheinen. Erschwerend kommt hinzu, dass Satoshi Nakamoto ebenfalls unter einem Decknamen agierte und seine wahre Identität bis heute niemandem bekannt ist. Der Nutzen von Bitcoin mag zwar darin bestehen, dass man das System ohne Vertrauen in eine zentrale Institution nutzen kann. Warum aber sollte man dem Bitcoin-System selbst vertrauen können?

Bitcoin ist letztlich ein Programmcode und erfordert daher ein hohes Abstraktionslevel. Ein solches stellt für uns Menschen in der Tat eine grosse Herausforderung dar. Wir suchen stets nach Bezugs- und Berührungspunkten wie zum Beispiel einer Identifikationsfigur. Dies schafft Vertrauen. Aufgrund seiner Dezentralität verfügt das Bitcoin-System kaum über feste Ankerpunkte. Es sind schliesslich die Mathematik und die Kryptografie, denen man vertrauen muss.

Dass wir unnahbarer Software allerdings immer mehr Vertrauen entgegenbringen, zeigen die vergangenen Jahre, in denen sich unsere Lebensrealitäten und Anwendungen stetig stärker digitalisiert haben. Das Vertrauen, das moderne Technologien heute voraussetzen, hat uns immer mehr zum Homo Technicus werden lassen.

Abbildung 4: Satoshi Nakamotos Unbekanntheit ist vielmehr Feature als Bug. Dass das System keine Galionsfigur hat, macht es sogar auf sozial-gesellschaftlicher Ebene dezentral.

Quelle: Bibalex

Nicht der Mensch, sondern der offen verifizierbare Code steht somit im Vordergrund. So wurde Bitcoin zwar von jemandem ins Leben gerufen, doch war dieser Jemand für den weiteren Bestand von Bitcoin bald einmal nicht mehr ausschlaggebend. In dieser Hinsicht lässt sich Bitcoin mit dem Satz des Pythagoras oder mit der euklidischen Geometrie vergleichen. Beides sind heute nicht mehr wegzudenkende Konzepte in der Mathematik, Architektur und den Ingenieurswissenschaften, obwohl wir die Schöpfer hinter diesen Formeln und Konzepten nur aus Geschichtsbüchern kennen.

Auch unterstreicht die Unbekanntheit Satoshi Nakamotos letztlich die Integrität und das (Wert-) versprechen dieser Idee. Bitcoin setzt, was sein technologisches Set-up anbelangt, auf möglichst hohe Dezentralität. Indem Satoshi Nakamoto unerkannt blieb, löste er das Projekt auch auf sozialer Ebene von einer Galionsfigur, die natürlich ein Angriffspunkt darstellen würde. Indem er sich nicht zu erkennen gab, lancierte er ein Projekt, das von seinem Erfinder vollkommen getrennt ist. Das ist äusserst raffiniert: Denn gerade in den Anfängen hätte das Bitcoin-System über Manipulationen oder der Eliminierung des Begründers arg erschüttert oder gar zerstört werden können. Ohne ein identifizierbares Gesicht war derartiges viel schwieriger.

1.2Durchbruch von epochaler Tragweite

Wie in der Einleitung angedeutet, ist die Blockchain-Technologie in der exakten Ausführung von Bitcoin als neue Grundlagentechnologie zu werten. Bitcoin ist gerade dabei, Geld und alles, was damit in Verbindung gebracht werden kann, zu erschüttern.

Wer Bitcoin und seine Relevanz zu verstehen sucht, ist daher gut beraten, stets zwei Sichtweisen zu bemühen: eine technologische sowie eine geldtheoretische Perspektive. Erst die Kombination der beiden lässt einen das Potenzial von Bitcoin abschätzen.

1.2.1Lösung für das Double-Spend-Problem

Anders als seine Vorläufer kommt Bitcoin bei der Konsens-Findung über eine Transaktionshistorie ohne eine zentrale Instanz aus. Bitcoins technologische Leistung besteht deshalb darin, die Lösung zu einem computertechnischen Problem gefunden zu haben: dem Problem der byzantinischen Generäle.6

Dieses lässt sich wie folgt beschreiben: Wie kann eine Gruppe unbekannter, sich gegenseitig nicht vertrauender Akteure zu einem Konsens über eine gemeinsame Aufgabe gelangen? Das Problem hat deshalb etwas mit Generälen zu tun, weil es anhand physisch voneinander getrennter Armeen veranschaulicht werden kann. Die Geschichte geht wie folgt:

Mehrere verbündete Generäle und ihre Armeen belagern eine Stadt. Ein gemeinsamer Angriff aller Generäle führt zur Eroberung der Stadt. Greifen die Generäle dagegen unkoordiniert an, verlieren sie die Schlacht. Vor der Belagerung haben sich die Generäle darauf geeinigt, im Morgengrauen anzugreifen. Doch wie kann sich ein General sicher sein, dass die Kollegen auch kooperieren und sich an die Abmachung halten? Funkgeräte oder Smartphones sind noch nicht erfunden und altertümliche Signale wie Fackeln oder brennende Pfeile würden den Feind nur warnen. Natürlich könnten die Generäle per Boten kommunizieren. Doch wie können sie sich jemals sicher sein, dass jede Nachricht bei den anderen korrekt ankommt oder der Überbringer kein Verräter ist, der in Wirklichkeit für den Feind arbeitet?

Bis zur Lancierung von Bitcoin gab es für das Problem der byzantinischen Generäle keine Lösung. Natürlich ist diese Beschreibung mit den Generälen nur als veranschaulichende Analogie zu sehen. Im Falle der Informatik bezieht sich dieses Problem auf Computer, die miteinander über ein gemeinsames Protokoll kommunizieren.

Abbildung 5: In einem System verteilter Netzwerkkonten (sinnbildlich stehen dafür die byzantinischen Generäle) führt nur die gemeinsame Koordination zum Erfolg. Bitcoin hat diese Koordinationsproblem für die digitale Sphäre gelöst.

Quelle: Blocktrainer

Die verschiedenen Armeen stehen für verschiedene Computer eines Netzwerkes und die Generäle für Kopien einer Datenbank. In dieser Datenbank, auf Englisch «Ledger», werden mithilfe kryptografischer Verschlüsselung Transaktionen und deren Erstellungsdatum festgehalten. Auf diese Weise entsteht eine lückenlose Transaktionshistorie.

Diese Historie ist auf allen ans Netzwerk angeschlossenen Computern identisch. Das heisst, jeder Computer verfügt über eine exakte Kopie der Datenbank. Wird nun ein Eintrag geändert, erscheint die Änderung zeitgleich auf jedem anderen Rechner im Netzwerk. Oder technischer ausgedrückt: Sobald auf einem Ledger eine Veränderung passiert und diese der Mathematik, die hinter dem Bitcoin-Programmcode steht, nicht widerspricht, werden alle anderen Ledger automatisch angepasst. Auf diese Weise ist das Gesamtnetzwerk immer in Übereinstimmung.

Um bei der Analogie zu bleiben: Die Lösung von Bitcoin besteht darin, dass alle Generäle konstant über verschlüsselte Botschaften miteinander in Kontakt stehen und somit jeder General jeweils über die Handlungen eines jeden anderen Generals Bescheid weiss. Kein General kann daher betrügen, weil ein Betrüger durch die Gesamtheit aller Generäle jederzeit entlarvt würde.

Die Lösung des Problems der byzantinischen Generäle ermöglicht somit das Führen einer dezentralen Datenbank, in der ein permanenter Konsens herrscht. Der Bitcoin-Ledger kann als ein Netzwerk gedeutet werden, in dem dieselbe Datenbank über zehntausend Mal bei unterschiedlichen Akteuren an unterschiedlichen Orten dieser Welt verteilt ist.

Da es bei Bitcoin um den Transfer von Werten geht, ist die Lösung des byzantinischen Generalproblems in diesem Fall eine Lösung für das sogenannte Double-Spend-Problem. Bei Bitcoin sind alle jemals im Netzwerk getätigten Werttransfers für alle Netzwerkteilnehmer ersichtlich. Werte könnten durch einzelne Teilnehmer zwar doppelt ausgegeben werden, doch würde dies allen anderen Netzwerkbeteiligten sofort auffallen und folglich nicht akzeptiert werden. Wenn Bitcoin nämlich im Netzwerk zwischen Teilnehmern ausgetauscht werden, führt jeder einzelne Austausch zur Anpassung des Ledgers. Da sich alle Teilnehmer gegenseitig kontrollieren, schaffen es doppelt ausgegebene Bitcoin und damit unrechtmässige Anpassungen nicht in das Bitcoin-Hauptbuch.

So zahlt zum Beispiel Alice einen Bitcoin an Bob. Hat die Transaktion stattgefunden, wird Alices Bitcoin-Bestand, der als Buchungseintrag auf dem Bitcoin-Ledger vermerkt ist, um einen Bitcoin reduziert. Bob auf der anderen Seite hat einen Bitcoin erhalten. Sein «Kontostand», ebenfalls auf dem Bitcoin-Ledger eingetragen, erhöht sich um einen Bitcoin.

Über das globale Bitcoin-Netzwerk können Menschen heute Werte austauschen, ohne sich zu kennen oder einen vertrauenswürdigen Intermediär, eine kontrollierende Drittinstanz, zu brauchen. Das schafft die Grundlage für einen weltweit ungehinderten und jederzeit realisierbaren Wertaustausch. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von «trustless value transfer online».

Diese Formulierung eines vertrauenslosen (trustless) Wertetransfers ist etwas irreführend. Natürlich setzt auch die Nutzung von Bitcoin ein Restvertrauen voraus. Allen voran das Vertrauen in seinen Programmiercode sowie das Vertrauen, dass die Anreizstrukturen und die Spieltheorie hinter Bitcoin intakt bleiben.

In diesem Sinne ist Bitcoin eigentlich ein vertrauensminimierendes System.7 Wer das Grundvertrauen in das Netzwerk aufbringen kann, soll darüber hinaus direkt und ohne das Dazutun einer Drittperson mit anderen Teilnehmern ungehindert Wert austauschen können.

Hierin liegt eine der beiden grossen Errungenschaften: Während das Double-Spend-Problem vor der Erschaffung von Bitcoin online nur über eine zentrale Kontrollinstanz gelöst werden konnte, wurde mit Bitcoin eine Lösung für das Double-Spend-Problem gefunden, die den Wertaustausch ohne zentralen Intermediär möglich macht.

Abbildung 6: Beim traditionellen Geld sorgen Banken dafür, dass die Buchungen der Kunden stimmen. Im Falle des dezentralen Bitcoins sind es alle Netzwerkteilnehmer, welche diese Aufgabe innehaben. Bitcoin ist Peer-to-Peer und ist in der Übertragung mit physischem Bargeld vergleichbar.

Quelle: Blog von Adil Moujahid

1.2.2Entdeckung digitaler Knappheit

Bitcoin hat aber auch noch auf einer anderen Ebene für einen Durchbruch gesorgt. So ist allgemein bekannt, dass digitale Information auf dem Internet keiner eigentlichen Knappheit unterliegt. Jeder, der schon einmal eine E-Mail versandt hat, weiss: Dieselbe E-Mail kann ohne zusätzliche Kosten mehrere Male und an verschiedene Personen verschickt werden. Genauso kann ein Online-Video, ein GIF oder eine PDF-Datei digital beliebig vervielfältigt werden.

Für Bitcoin gilt das nicht. Im Bitcoin-Protokoll ist programmatisch festgelegt, dass es niemals mehr als 21 Millionen Bitcoin-Einheiten geben wird. Warum Satoshi Nakamoto genau die Zahl 21 Millionen gewählt hat, ist unklar. Vielleicht, und das ist eine Spekulation, entschied er sich für die 21 Millionen, um damit zu suggerieren, dass Bitcoin eben das Geld für das 21. Jahrhundert ist.

Der genaue Grund und die genaue Anzahl tun letztlich aber nichts zur Sache. Entscheidend ist, dass Bitcoin auf eine absolute Menge begrenzt ist. Wie der Programmcode vorsieht, sollen alle Bitcoin-Einheiten spätestens bis zum Jahr 2140 geschaffen worden sein. Bitcoin ist nämlich so programmiert, dass die Menge neu geschaffener Bitcoin-Einheiten alle vier Jahre um die Hälfte abnimmt. Nach erfolgreichen drei Halbierungen, auch Halvings genannt, werden gegenwärtig alle zehn Minuten 6,25 neue Bitcoin im Netzwerk freigesetzt.

Am Anfang waren es noch 50 neue Bitcoin. Am 28. November 2012 setzte das Protokoll eine automatische Reduzierung auf 25 Bitcoin-Einheiten um. Ungefähr vier Jahre später, am 9. Juli 2016, kam es zur Kürzung auf 12,5 neue Einheiten. Die letzte Halbierung fand am 11. Mai 2020 statt. Wichtig zu wissen an dieser Stelle: Die Halvings sind nicht zu vordefinierten Zeitpunkten geplant, sondern hängen von der Blockhöhe ab. Mit jedem neuen Block wird die Blockchain länger und somit steigt die Blockhöhe. Alle 210 000 Blocks führt das Bitcoin-Protokoll eine solche Halbierung bindend aus.

Dieser Vierjahreszyklus mit den jeweiligen Halbierungen ist fix in den Bitcoin-Programmcode einprogrammiert. Das macht den Emissionsplan eindeutig vorhersehbar. Die Geldmenge des Bitcoin-Systems ist absolut begrenzt und der Schöpfungsverlauf derselben vorab definiert. In diesem Sinn verfügt Bitcoin über eine algorithmisch verordnete Geldpolitik, die eindeutig vordefinierten Regeln folgt.

Abbildung 7: Bitcoins gesamte Geldpolitik ist in nur wenigen Zeilen in den Bitcoin-Quellcode einprogrammiert. Nur 21 Millionen Bitcoin können und werden jemals existieren. Über die hier gezeigte Formel ist die absolute Knappheit von Bitcoin mathematisch in Stein gemeisselt.

Quelle: Robert Breedlove

Es dürften mehrere Gründe gewesen sein, weshalb sich Satoshi Nakamoto für diesen Weg der begrenzten Geldmenge entschieden hat. Müsste Bitcoins Geldmenge sporadisch auf Nachfrageschwankungen angepasst werden, wäre dafür erneut eine zentrale Instanz erforderlich. Denn letztlich hätte die Geldmengenanpassung als Antwort auf Änderungen in der realen Welt zu passieren, doch ist es der Software noch immer unmöglich, direkten Input aus der physischen Welt zu erlangen, ohne sich dabei auf eine zentrale Partei abstützen zu müssen. Diese Problematik ist auch unter dem Begriff «Oracle-Problem» bekannt, womit wir uns in Kapitel 5 noch beschäftigen werden.

Darüber hinaus dürfte Satoshi Nakamoto auch der Ansicht gewesen sein, dass eine optimale Geldmenge schwierig zu bestimmen ist. Wie das in der Ökonomik beschriebene Wissensproblem darlegt, ist Wissen stets weit verteilt und in seiner Gesamtheit niemals durch eine zentrale Instanz aggregierbar. Genau das wäre jedoch für eine kontinuierliche Bestimmung einer optimalen Geldmenge vonnöten. Da diese Kompetenz niemandem zumutbar ist, hat sich Satoshi Nakamoto folglich für eine fixierte Geldmenge in Form der 21 Millionen Bitcoin-Einheiten entschieden.

Etwas für Nerds: Fast 21 Millionen Bitcoin-Einheiten

Die Zahl von 21 Millionen Bitcoin ergibt sich aus folgender Tatsache: Die alle zehn Minuten neugeschaffene Bitcoin-Menge halbiert sich alle vier Jahre. Bei der Initiierung von Bitcoin lag diese Block-Belohnung bei 50 Coins pro zehn Minuten. Alle vier Jahre halbiert sich diese Belohnung. Irgendwann (ungefähr im Jahr 2140) ist diese Belohnung so klein, dass sie durch das Bitcoin-System überhaupt nicht mehr registriert wird. Dies deshalb, weil Bitcoin bloss auf acht Nachkommastellen definiert ist. Es werden dann 20 999 999,97690000 Bitcoin geschaffen worden sein. Jede weitere Halbierung ist de facto null und die Menge bleibt fortan konstant.

Diese absolute Knappheit von Bitcoin lässt uns Neuland betreten. Noch nie hatte eine global genutzte Werteinheit bestanden, die in ihrer Geldmenge absolut fixiert war. Obschon aufgrund der Ähnlichkeit oftmals verglichen, unterscheidet sich Bitcoin von Gold unter anderem in diesem entscheidenden Punkt: Bei Bitcoin wird es niemals mehr als 21 Einheiten geben. Bei Gold hingegen ist unklar, wie viel zusätzliches Gold in Zukunft noch gefördert werden kann. Eine absolute Begrenzung scheint angesichts der nach wie vor zahlreich vorhandenen Vorkommnisse nicht absehbar.

1.2.3Knapp, aber programmierbar

In der Essenz sind es zwei Punkte, die Bitcoin zu einem Meilenstein in der Menschheitsgeschichte macht: Das Netzwerk schafft es, das Double-Spend-Problem ohne zentrale Kontrollinstanz zu lösen. Gleichzeitig stellt Bitcoin die Entdeckung absoluter, digitaler Knappheit dar.

Noch sind die Implikationen davon grösstenteils unverstanden. Dass sie die Welt aber auf lange Sicht in ihren Grundfesten verändern dürften, scheint unausweichlich. Um es mit dem berühmten Physiker Niels Bohr zu sagen: «Diejenigen, die nicht schockiert sind, wenn sie zum ersten Mal mit Quantenmechanik zu tun haben, haben sie nicht verstanden.» Gleiches kann heute über Bitcoin gesagt werden.

Normalerweise laufen historische Analogien Gefahr, überstrapaziert zu werden. Nicht so bei Bitcoin. Die Analogie, von der wir sprechen, ist jene der Druckerpresse. Konzipiert und eingeführt von Johann von Gutenberg im 15. Jahrhundert, standardisierte und demokratisierte der Aufstieg der Druckerpresse den Prozess der Aufbereitung und Übermittlung von Informationen. Informationsaustausch und -vermittlung Peer-to-Peer über grosse Entfernungen ohne Vermittler wurde skalierbar möglich.

Etwas mehr als ein halbes Jahrtausend später ermöglichte Satoshi Nakamoto mit Bitcoin erstmals einen ungehinderten, direkten Informationsaustausch für digitales Geld. Im gleichen Atemzug schuf er die Realität digitaler Knappheit. Somit ist Bitcoin pure Information und damit digital über weite Distanzen hinweg einfach transferierbar. Zugleich aber ist Bitcoin absolut knapp. Geld verbleibt so skalier- und programmierbar, doch wird es auf das Fundament absoluter, digitaler Knappheit gesetzt. Dank Bitcoin ist Geld über Raum und Zeit optimal transferierbar. Im Raum aufgrund seiner digitalen Natur, über die Zeit wegen seiner absoluten Knappheit.

Damit kann Bitcoin geldtheoretisch als die perfekte Fusion von Gold und staatlichen Währungen angesehen werden. Gold ist zwar über die Zeit gut transferierbar und behält seinen Wert, unterliegt dafür aber hohen Transaktionskosten, wenn man es über Distanzen transferieren will. Staatliche Währungen hingegen haben geringere Transaktionskosten beim Transfer über Distanzen, lassen sich jedoch weniger gut über die Zeit transferieren, da sie kontinuierlich an Wert einbüssen. Nur Bitcoin selbst ist auf einen Transfer über Raum und Zeit ausgelegt.

Man könnte argumentieren, dass die Entdeckung von Bitcoin in der Tat das fehlende Bindeglied darstellt, das der modernen Welt noch gefehlt hat. Die Druckerpresse verhalf der Massenproduktion und somit auch der Massenproduktion und Skalierbarkeit von Geld zum Durchbruch, führte jedoch letztlich dazu, dass Geld heute von jeglicher Knappheit losgelöst worden ist.

Bitcoin ergänzte die Skalierbarkeit von Geld mit der absoluten Knappheit und hat so den Kreis, ja letztlich die Quadratur des Kreises, geschlossen. Anders ausgedrückt: Mit der Einführung von Bitcoin wurden Information und Wert untrennbar verknüpft. Information wurde buchstäblich und direkt wertvoll. Eine endliche Menge an Bitcoin repräsentiert eine unendliche Menge an inhärent wertvoller Informationen, die zwischen Menschen augenblicklich überall auf der Welt übertragen werden können.

Es ist dieser Umstand, der dazu geführt hat, dass die bereits durch den österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter beschriebene «schöpferische Zerstörung» gerade auf der Ebene des Geldes stattfindet. Nur logisch irgendwie, dass Bank- und Finanzangelegenheiten, die alle auf dem Konzept von Geld aufbauen, von diesem Wandel ebenfalls betroffen sein werden.

Bitcoin ist der erstmalige Beweis dafür, dass wir Menschen einen Weg gefunden haben, wie sich gegenseitig nicht vertrauende Parteien in der digitalen Welt unabhängig und ohne zentralen Koordinator auf eine Transaktionshistorie einigen können. Damit hat Bitcoin auf seine eigene, aber revolutionäre Weise das Konzept von Zeit in die Welt des Digitalen eingeführt. Mit Bitcoin gibt es erstmals eine kaum änderbare zeitliche Abfolge von in der physischen Welt angestossenen Ereignissen (Transaktionen), die digital dokumentiert ist. Die Brisanz und Relevanz dieses Durchbruchs wird in den nächsten Kapiteln noch klarer werden.

Dies ist denn auch die Voraussetzung dafür, dass das Double-Spend-Problem und somit ein Wertaustausch ohne zentrale Kontrollinstanz im Internet überhaupt stattfinden kann. Erst der Durchbruch einer unverfälschbaren Zeitachse schafft die Grundlage für Konsens zur digitalen Buchführung durch dezentrale Buchhalter, was wiederum die Basis für digitales Geld ist.

In diesem Sinne hat Bitcoin nicht bloss sein eigenes Konzept für Zeit in Form der Blockzeit – besser bekannt als Blockhöhe – geschaffen. Bitcoin dürfte auch die neue Zeitepoche der digitalen Ära, von der in der Einführung zu diesem Lehrbuch die Rede war, eingeläutet haben.

Was Sie jetzt wissen sollten:

•Gegen Ende 2008 wurde das Bitcoin-Whitepaper von einer anonymen Persönlichkeit namens Satoshi Nakamoto ins Internet gestellt. Ein paar Monate später wurde das Bitcoin-System im Januar 2009 effektiv lanciert.

•Bitcoin hatte viele Vorläufer, zum Beispiel DigiCash, Bit Gold, E-Gold oder B-Money. Das Problem dieser Bitcoin-Vorläufer war: Sie waren noch immer an eine zentrale Instanz und damit an einen zentralen Angriffspunkt gebunden.

•Bitcoin ist die Essenz aus zahlreichen kryptografischen Durchbrüchen. Entscheidend aber ist: Im Unterschied zu den Vorläufern gelang es dem Netzwerk, gänzlich ohne den Bedarf einer zentralen Instanz zur Instandhaltung oder Kontrolle des Systems auszukommen.

•Bitcoin wurde als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008 gegründet, um auf die inhärenten Vertrauensprobleme innerhalb unseres gegenwärtigen Finanzsystems aufmerksam zu machen. Wie die Geschichte nämlich zeigt, wurde dieses Vertrauen von Zentral- und Geschäftsbanken immer wieder missbraucht.

•Die Unbekanntheit von Satoshi Nakamoto untermauert das Versprechen von Bitcoin: Auf möglichst allen Ebenen – technisch wie sozial – dezentralisiert zu sein.

•Bitcoin vermochte das Double-Spend-Problem zu lösen, indem das Hauptbuch aller Transaktionen dezentralisiert wurde und so der Kontrolle aller Netzwerkteilnehmer gemeinsam unterstellt ist.

•Ebenfalls ein Durchbruch von Bitcoin ist die Entdeckung digitaler Knappheit. So wird es niemals mehr als 21 Millionen Bitcoin-Einheiten geben.

1Qureshi Haseeb, The Cypherpunks, Nakamoto, 2019.

2Sharma Rakesh, Bit Gold, Investopedia, 2021.

3Reiff Nathan, B-Money, Investopedia, 2021.

4Zetter Kim, Bullion and Bandits: The Improbable Rise and Fall of E-Gold, Wired, 2009.

5Nakamoto Satoshi, Bitcoin open source implementation of P2P currency, Satoshi Nakamoto Institute, 2009.

6Lamport Leslie, Shostak Robert & Pease Marshall, The Byzantine Generals Problem, SRI Interantional, 1982.

7Szabo Nick, Why Trust Minimization is the Essence of Security, Zulu Republic, Oktober 2018.

2Ein Blick in den Maschinenraum

Sie lernen:

•warum man von einer Blockchain spricht.

•wer die Blockchain aufrechterhält.

•wie das Mining funktioniert und weshalb dieses notwendig ist.

•warum die Miner das Mining betreiben und wie sie davon profitieren.

•weshalb effizientere Mining-Hardware den Bitcoin-Algorithmus nicht untergräbt und was die Schwierigkeitsgradanpassung damit zu tun hat.

•und erkennen die Wichtigkeit einer dezentralen Datenbank.

•und kennen die Aufgabe der Full Nodes als dezentrale Revisoren des Netzwerkes.

•dass Blockchain nicht gleich Blockchain ist und man zwischen öffentlichen und privaten Blockchains unterscheiden sollte.

•dass eine öffentliche Blockchain erlaubnisfreier Zugang ermöglicht sowie auf Open-Source-Code basiert.

•die wichtigsten Konsens-Mechanismen von Blockchains kennen.

•was das Blockchain-Trilemma ist und wie dieses öffentliche Blockchains in Sachen Skalierbarkeit vor Herausforderungen stellt.

2.1Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Wie im vorangegangenen Kapitel argumentiert, ist Bitcoin die erste global dezentralisierte Datenbank. Als solche bietet diese eine Lösung für das Double-Spend-Problem im digitalen Raum. Nach allgemeinem Verständnis ist es die Blockchain-Technologie, die diesen Durchbruch möglich gemacht hat. Die Blockchain-Technologie wird dabei gemeinhin wie folgt verstanden:

Eine Blockchain ist eine dezentralisierte, verteilte Datenbank, die von einer Gruppe sich gegenseitig nicht vertrauender Personen gemeinsam genutzt werden kann, ohne dass eine zentrale Partei den einwandfreien und unverfälschten Zustand der Datenbank sicherstellen muss.

Definitionen wie diese dienen dazu, einen Sachverhalt inhaltlich abzustecken und zu veranschaulichen. Der Praktikabilität wegen müssen Begriffe verwendet werden, die den Sachverhalt letztlich auf den Punkt bringen. Auch der Begriff der Blockchain wird dazu genutzt, mittels Analogie eine technologische Errungenschaft zu fassen, um diese treffend zu illustrieren.

Wie sich in diesem Kapitel herausstellen soll, birgt die Blockchain-Technologie in der Tat revolutionäres Potenzial. Doch muss der Begriff «Blockchain» selbst als eine überbegriffliche Worthülle verstanden werden, die verschiedene Komponenten umfasst. Erst die Gesamtheit aller dieser Komponenten, von denen die Blockchain als Transaktionshistorie nur eine ist, erwirkt schliesslich das vielfach genannte revolutionäre Potenzial. Es gilt also: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

2.1.1Warum eigentlich Blockchain?

Mit dem Aufkommen von Bitcoin wurde der Begriff der Blockchain popularisiert. Interessanterweise erwähnt der pseudonyme Gründer Bitcoins den Begriff der Blockchain in seinem Whitepaper nicht. Vielmehr spricht er von einem verteilten Peer-to-Peer-Zeitstempelserver.1

Nach Satoshi Nakamoto ist dieser dazu da, einen rechnerischen Nachweis der chronologischen Reihenfolge von Transaktionen zu erstellen. Mit dem Begriff eines Blocks soll darauf hingewiesen werden, dass Transaktionen in Blöcken, also in zeitlichen Abständen, aneinandergereiht werden. Der Ausdruck «Zeit» im Begriff des Zeitstempelservers unterstreicht diese Tatsache.

Ohne ein in sich abgeschlossenes Zeitempfinden gibt es keine Möglichkeit, eine definitive Reihenfolge aufeinanderfolgender Transaktionen zu haben. Das Konzept einer Transaktionshistorie wäre unmöglich. Um so etwas wie eine Transaktionshistorie zu erschaffen, auf die sich Netzwerkteilnehmer ohne zentrale Instanz einigen können, hat sich das Bitcoin-System deshalb seine eigene Zeitmessung geschaffen. Anders als allgemein üblich verwendet Bitcoin aber keine Sekunden, um die Zeit zu messen, sondern Blöcke.

Abbildung 8: Mit der Blockchain wird das Konzept der Zeit aus der realen Welt in der digitalen Welt in einen unverrückbaren Zeitstrahl umgemünzt. Jeder Block hat seinen Zeitstempel und damit seinen spezifischen Platz in der Zeitabfolge. Block 11 geht Block 12 voraus und Block 13 folgt auf Block 12.

Quelle: Pascal Hügli (Eigendarstellung)

Obschon der Begriff «Timechain» besser passen würde, hat sich jener der Blockchain durchgesetzt. Die Blockchain selbst bezeichnet bloss die chronologische Verkettung und Kennzeichnung von Daten. Wie wir sehen werden, ist diese chronologische Verkettung eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung, damit die Blockchain ihr vollständiges Potenzial erlangt.

Auf den nächsten Seiten wollen wir uns der Wirkungsweise und Funktionalität des Gesamtkonzeptes widmen, das eine Blockchain definiert. Dies tun wir am Beispiel Bitcoins.

2.1.2Über Blöcke und das Hashing

Die Blockchain wird also Block-Chain genannt, weil Transaktionen, die ins Bitcoin-Netzwerk gelangen, zusammengefasst und als Blöcke gebündelt in die Blockchain mit aufgenommen werden. Eine Transaktion gilt im Bitcoin-Netzwerk dann als prozessiert, wenn diese in einen Block aufgenommen wurde und dieser an die Blockchain angefügt worden ist. Mit jedem weiteren angehängten Block gelten neue Transaktionen als abgewickelt.

Ein wichtiges Konzept ist dasjenige des Hashings, bei dem eine Information deterministisch in einen anderen Wert umgewandelt wird. Mittels kryptografischer Hash-Funktion – ein mathematischer Algorithmus – werden Daten beliebiger Grösse auf eine feste Grösse reduziert. Dabei ist entscheidend: Die Hash-Funktion ist eine sogenannte Einweg-Funktion. Diese ist einfach berechenbar, aber praktisch unmöglich rückrechenbar. Das Resultat einer Hash-Funktion ist dabei der Hash.

Abbildung 9: Jeder Input generiert einen einmaligen, einzigartigen Hash-Wert. Wird auch nur die kleinste Information beim Input verändert, ändert sich der Output und damit der Hash-Wert grundlegend.

Quelle: Wikipedia

Bei einer Blockchain sind Hash-Funktionen und die daraus resultierenden Hashes unabdingbar. So werden beispielsweise die einzelnen Transaktionen mehrmals gehasht. Daraus ergibt sich ein sogenannter Merkle-Tree – ein Begriff für eine Datenstruktur in der Kryptografie –, der dann abermals gehasht wird. Dieser letzte Hash-Wert stellt die Merkle-Root dar, die Teil jedes Blocks ist.

Auch werden die einzelnen Blöcke mittels kryptografischer Hash-Funktion miteinander verkettet. Der jeweils aktuelle Block referenziert auf den Hash-Wert des vorangegangenen Blocks. In der Analogie lässt sich das mit einem digitalen Fingerabdruck vergleichen. Ein jeder Block verfügt über einen solchen digitalen Fingerabdruck, was die einzelnen Blöcke in ihrer Reihenfolge eindeutig identifizierbar macht.

Dieser Umstand macht die Blockchain zu einer fortlaufenden, lückenlosen Transaktionshistorie. Mit jedem neu angefügten Block wird diese Historie länger und die vorangegangenen Blöcke und deren Transaktionen erhalten eine weitere Bestätigung. Eine solche bedeutet, dass die Transaktionen in die Blockchain aufgenommen worden sind. Transaktionen, die ins Bitcoin-Netzwerk gesandt wurden, aber noch nicht an die Blockchain angefügt worden sind, gelten als unbestätigte Transaktionen.

Abbildung 10: Im Inneren der Blockchain: Einzelne Blöcke werden miteinander verkettet. Der Hash des jeweils aktuellen Blocks referenziert auf den Hash des vorangegangenen Blocks zurück. Die Transaktionen in einem Block werden mehrmals gehasht und in der sogenannten Merkle-Root zusammengefasst.

Quelle: Wikipedia

Je mehr Blöcke auf einen spezifischen Block folgen, desto mehr Bestätigungen hat der entsprechende Block und es wird kostenintensiver und daher schwieriger, die in ihm enthaltenen Transaktionen rückgängig zu machen. Der Faustregel nach sollten insgesamt sechs Bestätigungen, also sechs nachfolgend angehängte Blöcke, genügen, um den Block quasi unveränderbar zu machen.

Tischgespräch: Die Frage der Unveränderbarkeit

Generell ist zu hören, dass eine Blockchain unveränderbar (immutable) ist. Ganz korrekt ist das nicht. Jede Blockchain kann theoretisch attackiert und Blöcke rückgängig gemacht werden. Je dezentralisierter das Blockchain-Netzwerk und je mehr Hash-Power (Stromverbrauch) für die Herstellung der Blöcke aufgewendet wurde, desto kostspieliger gestaltet sich eine solche Block-Reorganisation.

Wer jedoch gewillt ist, diese Aufwendungen in Form von Stromkosten und Hardware zur Aneignung der benötigten Hash-Power aufzuwenden, könnte eine Umstrukturierung der Blockchain erwirken und so beispielsweise Transaktionen zensurieren oder doppelt ausgeben.

2.1.3Zur Aufgabe der Miner

Da wir nun von der lückenlosen Transaktionshistorie wissen, stellt sich die Frage: Wer führt diese stetig weiter und hält somit die Blockchain am Laufen? Da Bitcoin ein dezentrales System ist, das über keine zentrale Instanz verfügt, gibt es auch keine zentrale Entität, welche die Transaktionshistorie fortführt. Folglich muss es einen anderen, mit dem dezentralen Aufbau im Einklang stehenden Weg geben, die Blockchain aufrechtzuerhalten.

Das Bitcoin-Netzwerk löst diese Aufgabe so, dass sie die Aufrechterhaltung der Blockchain den Netzwerkteilnehmern selbst auferlegt. Sogenannte Miner fügen der Blockchain neue Blöcke mit Transaktionen an. Damit sorgen sie dafür, dass Transaktionen schliesslich in die Blockchain aufgenommen und prozessiert werden. Ohne Miner würden keine Transaktionen im Bitcoin-Netzwerk abgewickelt werden und die Blockchain würde nicht weitergeführt.

Die Funktion eines Miners kann ein jeder Netzwerkteilnehmer übernehmen. Dazu braucht es Hardware, die den Anforderungen des Bitcoin-Minings in Sachen Leistungsfähigkeit genügt. Diese muss dann mit der nötigen Software kombiniert werden, welche die Verbindung zum Bitcoin-Netzwerk sicherstellt.

Natürlich gibt es nicht bloss ein oder zwei Miner. Das Bitcoin-Netzwerk zählt heute eine Vielzahl von geografisch verteilten Minern, die allesamt gleichzeitig Mining betreiben. Zusammen machen sie die global verteilte Hashrate aus. Dabei handelt es sich um die gesamte Rechenleistung, die dem Bitcoin-Netzwerk von Minern zur Verfügung gestellt wird. Ende 2021 lag dieser Wert bei 165 Terrahash pro Sekunde (TH/s).

Obschon es nach wie vor kleinere Miner gibt, hat sich ein bedeutender Teil zu sogenannten Mining Pools zusammengeschlossen. Für einen einzelnen Miner macht diese Kooperation das Mining kalkulierbarer, da so die Varianz der zu findenden Blöcke geglättet werden kann. Die Miner schürfen alle zusammen und die Einkünfte werden proportional zu ihrem Beitrag ans Mining ausbezahlt.

2.1.4Von der Wichtigkeit des Arbeitsnachweises

Bei der Vielzahl an Minern drängt sich unweigerlich die Frage auf: Kann jeder dieser Miner beliebig Blöcke an die Blockchain hinzufügen?

Grundsätzlich kann jeder Miner einen neuen Block erstellen, doch wird nicht jeder erstellte Block auch durch die anderen Netzwerkteilnehmer akzeptiert und somit an die Blockchain angehängt. Nur wer seinem Block eine durch den Bitcoin-Algorithmus akzeptierte Zahl hinzufügt, hat gute Chancen, dass ein Block an die Blockchain angehängt wird. Es herrscht also ein Wettbewerb unter den Minern darüber, wer als Erstes eine akzeptierte Zahl findet und somit einen neuen Block anhängen darf.

Etwas für Nerds: Das Glück muss erzwungen sein

Die Zahl, die ein Miner finden muss, nennt sich Nonce (Number only used once). Diese Zahl ist Teil eines jeden Bitcoin-Blocks. Als Miner ersetzt man die Nonce immer wieder durch eine neue Zahl, bis eine passende gefunden ist. Wird diese Nonce durch den vom Bitcoin-Algorithmus bestimmten Schwellenwert akzeptiert, gilt der Block als gültig.

Abbildung 11: Die Nonce eines Blocks ist dann richtig, wenn der von Minern gesuchte Zielwert einen gewissen Schwellenwert unterschreitet. Der Algorithmus kann diesen Schwellenwert anpassen. Das heisst: Je höher der Schwellenwert, desto einfacher wird es, den richtigen Zielwert und damit eine gültige Nonce zu finden.

Quelle: Pascal Hügli (Eigendarstellung)