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Claire Kingsleys Book Boyfriends in einem E-Book Bundle. Booky Boyfriend. Die Sache ist die: Ich bin kein schlechter Kerl. Mia anzulügen war nicht Teil eines Plans, es war eine simple Notlüge. Erfolg als Liebesromanautor mit einem weiblichen Pseudonym zu haben, gehörte auch nicht zum Plan. Wer hätte denn auch ahnen können, dass meine Bücher Bestseller werden? Und als wäre es nicht schon kompliziert genug, ist Mia auch noch Buchbloggerin und die beste Chat-Freundin meines Alter Egos. Online hält sie mich für die Bestsellerautorin Lexi Logan. Privat kennt sich mich als Alex Lawson und ist in mich verliebt. Ich weiß nicht, wie ich aus dem Schlamassel jemals wieder herauskommen soll ... Ich weiß nur eines: wenn Mia herausfindet, wer ich bin, werde ich sie verlieren. Und das darf auf keinen Fall geschehen! Cheeky Room Mate. Diese Wohngemeinschaft war die schlechteste Idee, die ich je hatte! Kendra ist unordentlich, ungeschminkt und trägt Zuhause dauernd Pyjamahosen und hat zerzauste Haare. Und dann hat sie auch noch versucht sich mit meinem One-Night-Stand anzufreunden und sie überredet zum Frühstück zu bleiben. Aber so etwas gibt es bei mir nicht. Ich date nicht. Ich benutze keine Worte wie "Freundin" oder ich schreibe ihnen später schnulzige SMS. Beziehungen und Gefühle sind nichts für mich. Mich gibt es für eine Nacht und danach bin ich weg. Ich halte die Leute auf Distanz und ich habe meine Gründe dafür. Und damit lebe ich ganz wunderbar. Aber als mir plötzlich mein ganzes Leben um die Ohren fliegt, gibt es nur eine Person, die für mich da ist: Kendra ...
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Liebe Leserin, lieber Leser,
Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.
Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.
Wir wünschen viel Vergnügen.
Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team
Booky Boyfriend
Die Sache ist die: Ich bin kein schlechter Kerl. Mia anzulügen war nicht Teil eines Plans, es war eine simple Notlüge. Erfolg als Liebesromanautor mit einem weiblichen Pseudonym zu haben, gehörte auch nicht zum Plan. Wer hätte denn auch ahnen können, dass meine Bücher Bestseller werden? Und als wäre es nicht schon kompliziert genug, ist Mia auch noch Buchbloggerin und die beste Chat-Freundin meines Alter Egos. Online hält sie mich für die Bestsellerautorin Lexi Logan. Privat kennt sich mich als Alex Lawson und ist in mich verliebt. Ich weiß nicht, wie ich aus dem Schlamassel jemals wieder herauskommen soll…
Ich weiß nur eines: wenn Mia herausfindet, wer ich bin, werde ich sie verlieren. Und das darf auf keinen Fall geschehen!
Cheeky Room Mate
Diese Wohngemeinschaft war die schlechteste Idee, die ich je hatte …
Kendra ist unordentlich, ungeschminkt und trägt Zuhause dauernd Pyjamahosen und hat zerzauste Haare. Und dann hat sie auch noch versucht sich mit meinem One-Night-Stand anzufreunden und sie überredet zum Frühstück zu bleiben. Aber so etwas gibt es bei mir nicht. Ich date nicht. Ich benutze keine Worte wie "Freundin" oder ich schreibe ihnen später schnulzige SMS. Beziehungen und Gefühle sind nichts für mich. Mich gibt es für eine Nacht und danach bin ich weg. Ich halte die Leute auf Distanz und ich habe meine Gründe dafür. Und damit lebe ich ganz wunderbar.
Aber als mir plötzlich mein ganzes Leben um die Ohren fliegt, gibt es nur eine Person, die für mich da ist: Kendra …
Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen. Ein Leben ohne Kaffee, E-Reader und neu erfundene Geschichten ist für sie nicht vorstellbar. Claire Kingsley lebt mit ihrer Familie im pazifischen Nordwesten der USA.
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Claire Kingsley
Book Boyfriend & Cheeky Room Mate
Claire Kingsleys Book Boyfriends in einem E-Book Bundle!
Inhaltsübersicht
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Book Boyfriend
1: Alex
2: Alex
3: Alex
4: Mia
5: Mia
6: Alex
7: Alex
8: Mia
9: Mia
10: Alex
11: Mia
12: Alex
13: Alex
14: Mia
15: Alex
16: Mia
17: Mia
18: Alex
19: Mia
20: Alex
21: Alex
22: Mia
23: Alex
24: Mia
25: Mia
26: Alex
27: Mia
28: Alex
Epilog: Mia
Cheeky Room Mate
1: Kendra
2: Weston
3: Kendra
4: Weston
5: Kendra
6: Weston
7: Kendra
8: Weston
9: Weston
10: Kendra
11: Weston
12: Kendra
13: Weston
14: Weston
15: Kendra
16: Weston
17: Kendra
18: Kendra
19: Weston
20: Kendra
21: Weston
22: Weston
23: Kendra
24: Weston
25: Weston
26: Weston
27: Kendra
28: Weston
29: Kendra
30: Weston
31: Kendra
32: Kendra
33: Epilog: Weston
Impressum
Claire Kingsley
Book Boyfriend
Alex und Mia
Aus dem Englischen übersetzt von Sonja Fehling
Wir alle haben Momente im Leben, in denen wir etwas so verkackt haben, dass es keinen Ausweg mehr gibt.
Gerade habe ich so einen Moment.
Mia starrt mich an, die Augen so weit aufgerissen, als hätte ich ihr eben gestanden, ihre Mutter ermordet zu haben – was ich nicht habe, um das klarzustellen. Das Buch, das sie in der Hand gehalten hat, fällt ihr herunter, und sie bewegt die Lippen, als wollte sie etwas sagen, könne aber nicht die passenden Worte finden. In diesem Moment trifft mich mit voller Wucht die Erkenntnis, wie tief ich in der Scheiße stecke.
Das hier wird ziemlich schlimm werden.
»Soll das ein Witz sein?«, fragt Mia mich. »Das meinst du doch nicht ernst, oder? Wie soll …? Nein, das kann nicht sein.«
»Doch.« Verdammt, so hätte sie das eigentlich nicht erfahren sollen. »Es tut mir so leid. Ich wollte es dir schon die ganze Zeit sagen. Wirklich. Aber irgendwie gab es nie den richtigen Zeitpunkt, und wenn doch, kam immer irgendwas dazwischen.«
Mia blickt auf den Boden und schüttelt ganz langsam den Kopf. Panik erfasst mich, während ich versuche, die richtigen Worte zu finden. Gibt es die überhaupt, wenn man die Frau belogen hat, die man liebt? Falls ja, fallen sie mir gerade definitiv nicht ein.
»Oh mein Gott«, sagt Mia jetzt und weicht ein paar Schritte vor mir zurück. »Oh mein Gott. Ich war … Und du warst … die ganze Zeit … Und das war … Du warst Lexi?«
»Ja, ich war Lexi.«
»Mein Gott.« Sie presst die Hand auf ihren Bauch, als müsste sie sich gleich übergeben. »Ich hab dir so viel erzählt … über dich. Und das hast du alles benutzt, oder? Du hast mich die ganze Zeit über manipuliert.«
»Nein«, entgegne ich und hebe abwehrend die Hand. »Nein, Mia, so ist das nicht gelaufen, das schwöre ich dir.«
»Das glaubst du doch selbst nicht«, gibt sie zurück. »Oh Mist, das hat schon in der Buchhandlung angefangen. Darf ich dir vielleicht deine Bücher spendieren? Ich hab Lexi erzählt, dass ich mir einen Mann wünsche, der so was tut, und das hast du direkt benutzt. Du hast mich mit meinem eigenen Anmachspruch angemacht.«
»Nein. Gott, Mia, da wusste ich doch noch gar nicht, wer du bist. Ich fand dich einfach nur süß und dachte, ich probiere den Spruch mal aus.«
»Seit wann weißt du es?«, fragt sie, bevor sie mir endlich in die Augen sieht.
Doch ich starre sie einfach nur stumm an. Offensichtlich ist mir die Fähigkeit zu sprechen abhandengekommen. Plötzlich prasseln all meine Erklärungen, all die Entscheidungen, die mir bis eben noch vollkommen logisch erschienen, auf mich ein. Das sprichwörtliche Kartenhaus fällt über mir zusammen.
Ich hab das hier wirklich verbockt.
»Alex, wann hast du rausgefunden, wer ich bin?«
»Nach dem Essen im List«, antworte ich zögernd. »Du hast Lexi eine Nachricht geschickt und ihr von deinem Date erzählt. Da wusste ich, dass es um mich geht.«
Mit offenem Mund starrt sie mich an und ihre Augen weiten sich.
Jepp. Ich bin am Arsch.
»Wie konntest du mir das die ganze Zeit über verschweigen?«
»Die Einzige, die über die Sache mit Lexi Bescheid weiß, ist meine Schwester«, erwidere ich. »Ansonsten halte ich es vor allen geheim.«
»Ach, tatsächlich? Hm, du schläfst aber nicht mit allen«, faucht sie mich an.
Ich zucke zusammen. »Mia, bitte. Ich wollte dich nicht belügen.«
»Natürlich wolltest du das«, gibt sie zurück. »Man lügt nicht einfach so.«
»Nein, aber ich wollte es dir sagen«, entgegne ich. »Ich hatte es wirklich vor, das schwöre ich.«
Ihr Blick trifft auf meinen, und sie verschränkt die Arme vor der Brust. »Aber du hast es nicht getan. Wieso nicht?«
Okay, vielleicht sollte ich einen kleinen Rückblick einbauen und erklären, wieso ich gerade vor der Liebe meines Lebens stehe und versuche, ihr verständlich zu machen, dass ich gleichzeitig auch eine Frau namens Lexi Logan bin.
Seid ihr jetzt verwirrt?
Ja, das bin ich auch.
Es fing alles vor über einem Jahr an. Ich weiß, das ist ein großer Zeitsprung, und ihr wollt sicher schnell zum guten Teil der Geschichte kommen, dem Junge trifft Mädchen, sie verlieben sich, haben heißen Sex, werden durch ein Hindernis auseinandergerissen und kommen in einem wunderschönen Happy End wieder zusammen-Teil. Glaubt mir, diese Geschichten kenne ich nur allzu gut.
Tatsächlich lebe ich sogar davon, sie zu schreiben.
Vor einem Jahr sah das allerdings noch ganz anders aus. Damals habe ich mich fünf Tage die Woche zu meiner Arbeitsstelle gequält, habe in einer grauen Zelle in einem Großraumbüro gesessen und auf einen Bildschirm gestarrt, während ich Computerprogramme schrieb. Ich saß auf einem wahnsinnig unbequemen Stuhl, hatte einen Chef, dem ich gerne mal den Hals umgedreht hätte, und Kollegen, die genauso im immer gleichen Trott festhingen wie ich.
In meiner Freizeit aber schrieb ich an einem Science-Fiction-Roman. Ich verbrachte Stunden damit zu recherchieren, mir Notizen zu machen und Skizzen zu zeichnen. Meistens arbeitete ich bis spät in die Nacht hinein und tippte fleißig vor mich hin. Das Buch wurde immer länger, aber damit wollte ich mich später bei der Überarbeitung befassen – oder vielleicht auch eine Trilogie daraus machen. Material hatte ich auf jeden Fall genug. Meistens färbte die Sonne den Himmel schon mit ihren ersten Strahlen, bevor ich endlich mit trockenen, brennenden Augen ins Bett fiel, um wenigstens noch ein paar Stunden zu schlafen.
Nur um dann irgendwann aufzustehen und erneut meinen beschissenen Job anzutreten.
Fairerweise muss ich sagen, dass mein Schlafentzug nicht unbedingt für eine positivere Arbeitseinstellung förderlich war.
Aber ich wollte schon immer Schriftsteller werden, schon seit meiner Kindheit. Fast hätte ich Englisch studiert, doch mein Vater – von jeher ein praktischer Mann – überredete mich dazu, einen Abschluss in Informatik zu machen, um eine handfeste Ausbildung zu haben, falls das mit dem Schreiben schiefgehen sollte. Das Problem ist nur: Mein praktischer Abschluss führte zu einer praktischen Berufswahl und damit zu dem beschissenen Leben, wegen dem ich mich in Selbstmitleid suhlte.
Und ich sah keinen Ausweg. Mein Job machte mir keinen Spaß, meine sehr kurze und turbulente Ehe war geschieden, und meine Einstellung zu Beziehungen ließ sich im Wesentlichen mit Ich liebe Frauen, aber ich will mich nicht binden beschreiben. Ich hatte also nur das Schreiben.
Doch so gerne ich auch schrieb: Tief in mir drinnen wusste ich, dass es eher ein Hobby war als eine ernste Arbeit – zumindest in der Art und Weise, wie ich es anging. Ich wusste, selbst wenn das fertige Buch – falls ich es je fertigbekommen würde – sich als das beste Science-Fiction-Epos herausstellen sollte, das je geschrieben wurde, müsste ich schon eine Riesenportion Glück haben, um es zu veröffentlichen und damit so viel Geld zu verdienen, dass ich meinen Job kündigen könnte. Und wenn man bedachte, dass ich mittlerweile schon seit Jahren daran arbeitete und das Ende noch in weiter Ferne lag, war es nicht sonderlich wahrscheinlich, dass mir das Schreiben je ein besseres Leben ermöglichen würde.
Bis zu dem Tag, an dem Kendra, meine Schwester, etwas sagte, das mein Leben für immer veränderte.
»Es ist wirklich schade, dass du nicht etwas Kommerzielleres schreibst; etwas, das eine breitere Leserschaft anspricht«, sagt Kendra und schiebt mir einen Din-A4-Briefumschlag über den Tisch zu. »Oder irgendwas, das du schneller fertig hast. Du schreibst sehr packend, aber hiermit bedienst du nur eine Nische.«
»Ich hab dir das nicht gegeben, um mir Marketing-Ratschläge einzuholen.« Missmutig gieße ich ein wenig Sahne in meinen Kaffee und rühre das Ganze um. »Ich wollte deine Meinung zur Handlung wissen.«
Die Kellnerin stellt Kendras Latte Macchiato vor ihr ab. Kendra hebt das Glas an ihre Nase und atmet den Duft des Kaffees ein. »Mmh, der riecht echt gut. Ich liebe den Kaffee, den sie hier machen.«
Ich sitze mit meiner Schwester im Café Presse, einem kleinen französischen Café im Capitol Hill District. In letzter Zeit treffen Kendra und ich uns fast jeden Samstag hier zum Mittagessen, wo sie mir Feedback zu meinem Roman gibt. Da sie Lektorin ist, hat sie wirklich Ahnung davon.
»Du lässt es schon wieder ausufern«, erklärt sie. »Bis einschließlich Kapitel zehn ist es wirklich gut, aber in Kapitel elf schweifst du ab, und ich habe keine Ahnung, wofür wir die Handlung da brauchen.«
»Das wird später noch wichtig«, entgegne ich. »Die Infos werden im Laufe der Geschichte wieder aufgenommen, glaub mir.«
Kendra verdreht die Augen. »Sag das mal den Lesern. Die werden Kapitel elf lesen und denken: Was soll das denn jetzt? Und dann schmeißen sie das Buch in die nächste Ecke. Du bist nämlich nicht da, um ihnen zu sagen: Das wird noch wichtig.«
Nachdenklich reibe ich mir über die Bartstoppeln an meinem Kinn und starre den Umschlag an. Wahrscheinlich hat sie recht. Eigentlich hat sie meistens recht. »Okay, verstehe. Dann überarbeite ich Kapitel elf noch mal. Vielleicht muss ich in Kapitel sieben ein paar Hinweise mehr einbauen.«
»Das könnte hilfreich sein«, befindet meine Schwester.
In diesem Moment kommt eine gut aussehende Blondine auf unseren Tisch zu. Ich schaue an Kendra vorbei, fange den Blick der Unbekannten auf und verziehe den Mund zu einem schiefen Lächeln. Die Blondine lächelt zurück, sieht dann jedoch weg und geht weiter.
Kendra hebt eine Augenbraue. »Das ist so typisch Mann.«
»Was?«
»Kann ich deine halb aufdringliche Kontaktaufnahme mit der hübschen Blondine dahingehend interpretieren, dass du nicht mehr – wie hieß sie noch mal? – datest?«
»Brandy?«, frage ich.
»Genau. Brandy.«
»Nein, ich date sie nicht mehr.«
»Wieso nicht?«, will Kendra wissen. »Ich dachte eigentlich, sie hätte deine Fünf-Dates-Hürde überwunden.«
»Welche Fünf-Dates-Hürde?«
Meine Schwester zuckt die Achseln. »Vielleicht sind’s auch gar keine fünf. So genau merke ich mir ja auch nicht, wie viele Dates du mit einer Frau hast. Ich meine nur, dass du dich irgendwie nie öfter als vier- oder fünfmal mit einer Frau triffst.«
Da hat sie wahrscheinlich wieder mal recht. Seit meiner Scheidung habe ich keine Lust mehr auf eine längere Beziehung.
»Was geht dich das überhaupt an?«
»Du bist mein Bruder«, sagt sie, als wäre das die Antwort auf sämtliche Fragen des Lebens, des Universums und was es sonst noch so gibt.
Ich trinke einen Schluck Kaffee. »Das mit Brandy habe ich schon vor ein paar Wochen beendet. Und bevor du fragst: Nein, derzeit habe ich keine Dates.«
»Jetzt sei doch nicht so empfindlich«, kommentiert meine Schwester. »Ich fände es einfach nur schön, wenn du wieder eine Beziehung hättest. Mit einer Frau, die du vielleicht sogar der Familie vorstellen würdest.«
»Damit hab ich’s nicht eilig«, entgegne ich. »Und außerdem will ich mich mit dir nicht über Frauen unterhalten. Das ist … schräg.«
»Es ist nur schräg, weil du etwas Schräges daraus machst«, sagt sie.
»Soll ich wirklich mein Sexleben vor dir ausbreiten?«
»Gott, nein«, ruft sie und verdreht erneut die Augen. »Genau das meine ich ja. Ich hab überhaupt nicht von Sex gesprochen. Du interpretierst was Schräges in dieses Gespräch hinein.«
Zum Glück bringt der Kellner uns in diesem Moment unsere Bestellung, und wir fangen an zu essen. Hier im Café gibt es fantastische Sandwiches. Kendra scheint allerdings durch irgendetwas abgelenkt zu sein, das sich hinter meinem Rücken abspielt.
»Wo guckst du denn die ganze Zeit hin?«, frage ich, nachdem sie zum mindestens zehnten Mal an mir vorbeigeschaut hat.
»Nirgends.«
»Anscheinend doch. Du schaust dauernd dahin.« Ich wage einen Blick über die Schulter und sehe ein Pärchen, das nebeneinander an einem schmalen Tisch sitzt. Das Gesicht der Frau wird von dem Mann verdeckt; er hat die Hand um ihr Kinn gelegt und küsst sie. Ich drehe mich wieder zu Kendra um und hebe die Schultern. »Das hier ist ein französisches Café. Wahrscheinlich haben sie sich von der Atmosphäre inspirieren lassen. Ignorier sie einfach.«
»Ja, aber …« Wieder wandert ihr Blick zu dem Pärchen hinüber. »Ist das nicht Janine?«
Ich erstarre. Seit unserem Scheidungstermin habe ich meine Ex-Frau nicht mehr gesehen. Seattle ist groß. Ich musste mich nicht einmal besonders anstrengen, um ihr aus dem Weg zu gehen. Erneut wende ich den Kopf. In diesem Augenblick lehnt der Mann sich zurück, und ich erhasche einen Blick auf das Gesicht der Frau. Jepp. Es ist Janine.
Diese Tatsache versetzt meiner Stimmung einen leichten Dämpfer. Schnell drehe ich mich wieder um und hoffe, sie hat mich nicht gesehen.
»Es wundert mich, dass sie sich in aller Öffentlichkeit küssen lässt«, sage ich. Janine hatte immer etwas gegen öffentliche Liebesbekundungen, vor allem, wenn sie Lippenstift aufgelegt hatte. Also immer.
Kendra atmet tief durch. »Tut mir leid. Ich hab sie schon vorhin entdeckt und hatte Angst, das könnte dich stören.«
Es stört mich, aber das braucht Kendra nicht zu wissen. Es ist auch nicht so, als würde ich mir wünschen, ich sei derjenige, der wild mit Janine in der Öffentlichkeit herumknutscht. Ich vermisse es auch nicht, mit ihr verheiratet zu sein. Unsere Zeit als glückliches Ehepaar war ziemlich kurz, und als die erste Verliebtheit verflogen war, wurde mir klar, dass ich mit einer fordernden und ziemlich engstirnigen Frau verheiratet war. Wer immer der Kerl ist, er kann sie gerne haben, und ich wünsche ihm viel Glück dabei. Trotzdem ist es irgendwie scheiße, die Ex zu sehen – die mich dann auch noch so offensichtlich abgehakt hat. Und es wird nicht besser dadurch, dass ich gerade mal wieder eine kurze Beziehung beendet habe und nun hier mit meiner Schwester beim Mittagessen sitze. Mit meiner Schwester.
»Ist nicht so tragisch«, sage ich.
Kendra wirft mir einen ihrer typischen mitfühlenden und darum nervigen Blicke zu. »Du kannst ruhig zugeben, wenn du dich einsam fühlst, Alex.«
»Ich fühle mich nicht einsam«, entgegne ich. Lügner.
Wieder hebt meine Schwester eine Augenbraue, als wollte sie mir damit sagen, dass sie mich durchschaut.
»Hör auf damit«, versuche ich sie zu bremsen. »Wir haben nicht alle das Ziel, die einzig wahre Liebe zu finden oder so was. Das ist aber auch nicht schlimm. Ich habe momentan ganz andere Dinge im Kopf. Das mit Dad und die Arbeit … Die ist gerade … Arbeit halt. Stressig. Scheiße.«
»Du solltest diesen bescheuerten Job endlich kündigen«, meint Kendra.
»Ja, genau, und dann höre ich auch auf, Miete zu zahlen?«, frage ich. »Außerdem: Was soll Dad dann machen? Du weißt doch, dass er das Haus verlieren würde.«
Seit seiner Rückenverletzung hat mein Dad ziemlich große finanzielle Probleme. Seit Jahren schon kann er nicht mehr arbeiten, und die Arztrechnungen stapeln sich auf seinem Schreibtisch. Meine Schwester kennt nicht das ganze Ausmaß der Geschichte, genauso wenig wie unser Bruder Caleb, der schon genug damit zu tun hat, sein Medizinstudium zu beenden, während er gleichzeitig seine Tochter allein großzieht. Deshalb kümmern Kendra und ich uns um alles. Ich helfe Dad, so gut ich kann, aber er muss mindestens noch einmal operiert werden. Sein Haus zu verlieren ist nur eine Sorge von vielen auf seiner langen Liste.
»Du solltest irgendwas anderes machen«, sagt Kendra. »Du bist ein wirklich guter Autor: Das solltest du machen.«
»Ich arbeite ja daran, aber das dauert eben«, entgegne ich.
»Alex, ich hab dich wirklich lieb, aber du schreibst jetzt wie lange schon an diesem Buch? Fünf Jahre? Also, ehrlich gesagt habe ich nicht das Gefühl, dass du damit als Autor durchstarten wirst.«
Ich würde ihr gerne widersprechen, doch sie hat ja recht. Ich liebe den Roman, den ich schreibe, aber der ist eher ein Hobby. »Ich weiß. Da ist was dran.«
»Wie gesagt, es ist wirklich schade, dass du nichts Kommerzielleres schreibst«, wiederholt sie. »Oder wenigstens etwas, wofür du nicht zehn Jahre brauchst.«
»Ich weiß aber nicht, was ich sonst schreiben soll«, gestehe ich ihr.
»Soll ich mich mal umhören, ob gerade irgendwo Texter gesucht werden?«
Ich schüttle den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass ich das kann. Außerdem würde es mir auch keinen Spaß machen, nur nach Vorgaben zu schreiben.«
»So schlimm muss es ja gar nicht sein«, beruhigt mich Kendra. »Und du könntest dir deinen Lebensunterhalt mit dem verdienen, was du kannst, anstatt jeden Morgen in deinem Büro zu sitzen und immer frustrierter zu werden.«
»Wer sagt, dass ich immer frustrierter werde?«
Wieder werde ich mit einer erhobenen Augenbraue bedacht.
Und wieder hat sie recht. Ja, ich werde immer frustrierter.
»Echt schade, dass du keine Romances schreibst«, sagt sie mit einem Augenzwinkern. »Wir Frauen sind unersättliche Leserinnen. Gute Romance-Autoren verdienen ein Vermögen.«
Ich lache so unkontrolliert, dass es fast in ein Grunzen ausartet. »Ja, genau. Nein danke.«
»Schon klar«, gibt meine Schwester zurück. »Ich sage ja nur, dass es schade ist. Ich kenne nämlich einige Frauen, die ein Buch pro Tag lesen.«
»Ein Buch pro Tag?«, frage ich ungläubig. »Wie schafft man das denn?«
»Romances lassen sich schnell durchlesen, und man kann damit eine Zeit lang aus dem Alltag flüchten. Die Leserinnen können gar nicht genug davon bekommen.«
Ich schüttle den Kopf. »Das ist wirklich beeindruckend, aber ich glaube nicht, dass das die Lösung wäre. Trotzdem danke.«
Wir beenden unser Essen und unterhalten uns währenddessen über andere Dinge. Anscheinend meint es da oben jemand gut mit mir, denn noch bevor wir aufbrechen, verlässt Janine das Café, ohne mich gesehen zu haben.
Da Kendra noch einiges zu erledigen hat, verabschieden wir uns draußen, und während ich den Hügel hinauf zu meinem Auto schlendere, geht mir noch einmal durch den Kopf, was sie gesagt hat: Was, wenn du etwas Kommerzielleres schreibst, das ein breiteres Publikum anspricht. Etwas, das du schneller fertig hast. Unersättliche Leserinnen. Ein Buch pro Tag.
Ich schüttle den Kopf, als könnte ich dadurch die verrückten Gedanken vertreiben. Unfassbar, dass ich überhaupt über so was nachdenke. Romances? Ich kann doch keine Liebesgeschichten schreiben. Zumal meine Erfahrungen in dem Bereich nicht gerade umwerfend sind. Andererseits handelt es sich ja nicht um Tatsachenberichte. Könnte ich über Menschen schreiben, die sich ineinander verlieben?
Irgendwie ist es mir peinlich, dass ich die Möglichkeit überhaupt in Betracht ziehe. Nicht, weil ich Vorurteile gegen Romances hätte. Kendra liest die Dinger haufenweise – und sie ist eine der klügsten Frauen, die ich kenne. Aber diese Art von Geschichten sind einfach nicht mein Ding. Sie haben auch so gar nichts mit dem Genre zu tun, in dem ich schreibe. Wenn ich das mache, kann ich auch genauso gut als Werbetexter für irgendeine Firma arbeiten, oder?
Worüber mache ich mir hier eigentlich Gedanken, frage ich mich, bevor ich zum wiederholten Male an diesem Tag den Kopf schüttle. Dann steige ich in mein Auto ein.
Ungläubig starre ich auf den Bildschirm und kann nicht fassen, was ich da sehe. Habe ich das tatsächlich gerade geschrieben?
Ende
In all den Jahren, die ich nun schon schreibe – was zusammengenommen sehr viele sind, angesichts der Tatsache, dass mein derzeitiges Projekt nicht das erste Buch ist, das ich zu schreiben versuche –, habe ich noch nie dieses Wort getippt. Ich habe noch nie ein Buch zu Ende geschrieben.
Dieses dagegen habe ich tatsächlich beendet.
Ich fahre mir durch mein, wirr in alle Richtungen abstehendes, Haar und blinzle ein paarmal den Bildschirm an. Meine Augen sind ganz trocken, und aus meinen Stoppeln am Kinn ist mittlerweile ein richtiger Bart geworden – was nicht gerade überraschend ist, schließlich ist es inzwischen drei Uhr morgens, und ich habe die letzten beiden Wochen in einem stetigen Fluss der Kreativität verbracht. Sogar Urlaub habe ich genommen, als mir klar wurde, dass ich diese Geschichte unbedingt zu Papier bringen muss, und ich habe tagelang von morgens bis spät in die Nacht geschrieben. So tief bin ich noch nie in eine Geschichte eingetaucht, und dass meine Finger stundenlang nur so über die Tastatur fliegen können, war mir bisher auch nicht bewusst. Normalerweise schreibe ich langsam und methodisch, denke über meine Wortwahl nach, checke meine Notizen und lasse mir Zeit.
Dieses Buch war eine vollkommen neue Erfahrung. Von dem Moment an, als ich es begann, bin ich völlig darin versunken. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören.
Keine Ahnung, was die Tatsache über mich aussagt, dass dieses fertige Buch ein Liebesroman ist.
Das, was Kendra beim Mittagessen zu mir gesagt hatte, steckte wie ein Splitter in meinem Hirn. Auf einmal fing ich an, das Schreiben in einem vollkommen anderen Licht zu sehen. Was, wenn sie recht hatte? Was, wenn ich da eine Fähigkeit hatte – vielleicht sogar ein Talent –, mit der ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen konnte?
Also stürzte ich mich in die Recherche – wie ich es immer tue. Ich recherchierte wie ein Wahnsinniger: über das Verlagswesen, Buchverkaufszahlen, Marketing und alles, was es sonst noch so gab. Dabei fand ich heraus, dass Romances einen großen Anteil des gesamten Buchumsatzes ausmachen – vor allem im E-Book-Bereich. Plötzlich kam mir Kendras spontaner, scherzhafter Vorschlag, dass ich doch Liebesromane schreiben solle, gar nicht mehr so verrückt vor. Eigentlich war die Idee sogar ziemlich gut.
Falls ich denn überhaupt in der Lage war, einen Liebesroman zu schreiben. Und die Betonung lag auf falls.
Das Problem ist, Romances folgen einer sehr klaren Regel: Sie haben alle ein Happy End. Und was mich angeht, fallen sie damit ins Fantasy Genre. Das ›Sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage‹ gibt es im wahren Leben etwa so häufig wie Einhörner.
Trotzdem reizte mich der Vorschlag weiterhin, und so besorgte ich mir einige erfolgreiche Liebesromane und fing an zu lesen. Als ich den fünften halb durch hatte (in nicht mal fünf Tagen), wurde mir etwas klar: Ich verstand diese Geschichten. Sie waren tatsächlich Fantasy. Genau darum ging es, und mir wurde bewusst, dass ich die Strickmuster dahinter genauso gut erfassen konnte wie Programmiersprache. Sie ergaben Sinn. Die Handlung dieser Bücher braucht nicht realistisch zu sein. Die Leser mögen sie, gerade weil sie ausgedacht sind.
Dass ich Liebesromane genauso durchblicken konnte wie die Computerprogramme, die ich jahrelang geschrieben hatte, war eine bahnbrechende Erkenntnis für mich.
Und während all die neuen Informationen noch in meinem Kopf herumschwirrten, beschloss ich, jegliche Vorsicht in den Wind zu schießen und herauszufinden, ob ich selbst eine Liebesgeschichte schreiben konnte. Einen Tag verbrachte ich damit, mir die Figuren und die Handlung auszudenken und mir dazu Notizen zu machen. Ich nahm das, was ich über die Romane, die ich gelesen hatte, wusste, als Basis – also die Muster, nach denen die Bücher funktionierten – und schrieb einen groben Handlungsverlauf. Dabei stellte ich sicher, dass ich alles einbaute, was die Leser anscheinend liebten.
Und dann schrieb ich, im Koffeinrausch, zwei Wochen durch.
Erneut blicke ich dieses eine kleine Wörtchen an, bevor ich die Datei schließlich speichere, auf einen USB-Stick ziehe und meinen Laptop ausmache. Gleichzeitig schwirrt mir immer wieder diese eine Frage durch den Kopf: Was zum Teufel mache ich hier eigentlich gerade?
* * *
Kendra lässt sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen und sieht mich mit großen Augen an. »Das kann nicht wahr sein.«
»Was kann nicht wahr sein?«
Sie holt das Manuskript meines Liebesromans aus ihrer Tasche und legt es auf dem Tisch ab. »Das hier.«
»Ist es so schlimm?«, frage ich.
»So schlimm?«, gibt sie zurück. »Willst du mich veräppeln?«
In mir macht sich das ungute Gefühl breit, dass ich gerade zwei Wochen meines Lebens verschwendet habe. Verdammt, ich habe wirklich gedacht, die Geschichte hätte Potenzial.
»Kendra, kannst du bitte etwas genauer werden? Spuck’s einfach aus. Ich verkrafte das schon. Also, wie schlecht ist es?«
»Alex, das hier ist eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe.«
Ich runzle die Stirn und öffne den Mund, sage jedoch einen Moment lang nichts. Zieht sie mich nur auf? »Was?«, kommt es dann krächzend aus meiner Kehle.
»Dieses Buch ist fantastisch«, sagt sie. »Es ist alles drin, was einen guten Romance-Titel ausmacht: witzige und interessante Charaktere, die perfekte männliche Hauptfigur, ganz viel Gefühl, heißer Sex. Ich hab nicht mal daran gedacht, dass mein Bruder diese ganzen schmutzigen Szenen geschrieben hat, so gefesselt war ich von der Geschichte. Ich hab gelacht, geweint, und einige Male wollte ich das Buch sogar am liebsten in die Ecke pfeffern, aber immer genau an den richtigen Stellen. Und das Ende … oh mein Gott, das ist einfach der Wahnsinn. Hast das wirklich du geschrieben?«
»Jepp, das hab ich.«
»Wann?«
»In den letzten Wochen«, kläre ich sie auf. »Ich hab’s auch noch mal überarbeitet, als ich fertig war, aber es ist sicher noch voller Fehler. Im Prinzip hab ich’s einfach runtergeschrieben, ausgedruckt und es dann direkt dir gegeben. Ich wollte nicht noch mehr Zeit darauf verschwenden, wenn es nicht gut ist.«
Meine Schwester schaut mich an, als würde sie mich zum ersten Mal sehen, dann schüttelt sie langsam den Kopf. »Ich kann einfach nicht fassen, dass du das geschrieben hast.«
»Äh … vielen Dank für das Kompliment …«
»Ich wusste ja nicht, dass du so was kannst«, entgegnet sie. »Ich sag’s dir ganz ehrlich, wirklich: Das ist ein fantastischer Roman. Natürlich muss er noch lektoriert werden, aber es ist gar nicht mal so viel zu machen. Dein Stil ist sehr sauber, vor allem, wenn man bedenkt, dass dies hier deine erste Fassung ist. Du hast es geschafft. Im wahrsten Sinne des Wortes.«
»Wow, mit so einer positiven Reaktion hatte ich nicht gerechnet«, sage ich.
»Das musst du unbedingt veröffentlichen.«
Nachdenklich reibe ich mir übers Kinn und wende den Blick ab. Genau darum geht es, klar. Ich hab ja nicht bloß aus Spaß eine Romance-Geschichte geschrieben (Wobei: Sollte ich überhaupt zugeben, dass es Spaß gemacht hat?). Trotzdem bin ich immer noch unsicher.
»Ich weiß nicht. Das geht alles so schnell. Ich hab die Geschichte doch gerade erst geschrieben. Und ein Buch zu veröffentlichen ist was ganz anderes, als es zu schreiben. Ich wüsste ja nicht mal, wo ich anfangen sollte.«
Kendra hebt eine Augenbraue. »Red keinen Scheiß.«
»Hä?«
»Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du nicht längst alles recherchiert hast, was es zum Thema Buchveröffentlichung im Internet zu finden gibt.«
»Na, schön«, entgegne ich. »Das hab ich. Aber wie du schon gesagt hast: Das Manuskript muss lektoriert werden. Und das Buch braucht ein Cover, und man muss ein Marketingkonzept erstellen und …«
»Das Lektorat übernehme ich«, verkündet meine Schwester. »Und dafür werde ich gar nicht so lange brauchen.«
»Okay …«
»Willst du unter Pseudonym veröffentlichen?«, fragt sie.
Jetzt hebe ich eine Augenbraue. »Was glaubst du wohl?«
»Das wäre sowieso ganz gut. Es verkauft sich besser, wenn die Leute denken, das hätte eine Frau geschrieben.« Kendra lehnt sich zurück und kaut an ihrer Unterlippe. »Wie wollen wir dich nennen? Amanda? Nein. Desiree? Nö. Felicity? Nee, das passt irgendwie auch nicht.«
»Wie wäre es mit Dick Enormous?«
»Ach, komm«, sagt sie, lacht aber dennoch über den Wortwitz. »Lass uns doch mal mit dem Namen Alex rumspielen. Alexa? Nein, das ist zu ähnlich. Ich weiß es: Lexi!«
»Lexi?«
»Ja. Lexi Lawson klingt echt gut, aber das ist noch zu nah an deinem wahren Namen dran. Die Alliteration gefällt mir allerdings. Lexi … Lewis? Nein. Lawrence? Nee.« Plötzlich schnippt sie mit den Fingern. »Ich hab’s: Logan. Lexi Logan.«
»Das ist … Okay, das ist nicht schlecht«, antworte ich. »Mit Lexi Logan kann ich leben. Wobei das hier mit Abstand das schrägste Gespräch ist, das wir beide je geführt haben. Wollen wir das wirklich durchziehen?«
»Klar ziehen wir das durch«, gibt sie zurück. »Oder besser: du. Aber ich helfe dir dabei. Schick mir das Manuskript als Word-Datei, dann tippe ich die Korrekturen direkt ein. Du bereitest derweil alles für die Veröffentlichung vor. Das war kein Witz, Alex, das Buch ist echt der Hammer. Also, raus damit. Wer weiß, was passiert, wenn die Leute darauf aufmerksam werden. Das hier hat wirklich Potenzial.«
Ich atme einmal tief durch. »Okay«, stimme ich dann zu. »Legen wir los.«
»Ach, und Alex?«
»Ja?«
»Fang schon mal mit dem nächsten an.«
»Hä? Wie jetzt … mit dem nächsten?«, frage ich.
»Wenn dieses Buch so einschlägt, wie ich glaube, werden die Leser noch eins wollen. Such dir irgendeine Nebenfigur aus dieser Geschichte aus.« Unvermittelt deutet sie mit dem Zeigefinger auf mich. »Mark, der Bruder. Der ist perfekt. Wir machen ihn ein bisschen sexyer in diesem Buch hier, dann können sie es alle gar nicht abwarten zu erfahren, wie es mit ihm weitergeht. Glaub mir.«
Ein Jahr später hatte ich sieben Romane unter dem Namen Lexi Logan veröffentlicht. Die Bücher verkauften sich wie geschnitten Brot, ich bekam täglich unzählige E-Mails von Fans, und schließlich kündigte ich meinen beschissenen Job als Programmierer. Ich arbeitete daran, den Schuldenberg meines Dads abzutragen, und kümmerte mich darum, dass er die medizinische Versorgung bekam, die er brauchte. Und obwohl ich immer noch ein wenig unzufrieden mit meinem Dasein als Single, fiel es mir nicht schwer, mich davon zu überzeugen, dass mein restliches Leben genug zu bieten haben würde, um diese Tatsache auszugleichen.
Man sollte meinen, dass ich an dieser Stelle jetzt sage: Und der Rest ist bekannt. Aber in Wirklichkeit war das hier erst der Anfang.
Nicht zum ersten Mal an diesem Abend frage ich mich, ob ich den Schal besser ablegen sollte. Es ist zwar eiskalt draußen und mein Platz ist in der Nähe der Tür, sodass der Schal mich angenehm wärmt. Aber mein Blind Date hält nach einer Frau mit blauem Schal Ausschau, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Date wirklich durchziehen will.
Eigentlich lehne ich Blind Dates grundsätzlich ab, daher komme ich gar nicht erst soweit, nervös in einem Restaurant zu sitzen und auf die Ankunft eines Fremden zu warten. Gehen solche Verabredungen überhaupt je gut aus? Meiner Erfahrung nach sind Blind Dates in der Regel einfach nur unangenehm – selbst wenn es gut läuft. Ansonsten kann man sie nur als grauenvoll bezeichnen.
Der einzige Grund – und es ist wirklich der einzige –, warum ich mich auf dieses Date eingelassen habe, ist, dass meine ältere Schwester Shelby sonst nie Ruhe gegeben hätte. Da ich schon seit einiger Zeit keine Dates mehr hatte – weder Blind Dates noch sonst welche –, hat Shelby sich der Sache mit ziemlicher Hartnäckigkeit angenommen. Sie selbst hat früh geheiratet und es sich offensichtlich kurz nach den Flitterwochen zur Aufgabe gemacht, mich ebenfalls unter die Haube zu bringen.
Als dann Danielle, eine meiner Kolleginnen, auch noch anfing, mich mit ihrem Cousin verkuppeln zu wollen, erklang Shelbys Stimme in meinem Kopf: Du wirst noch als einsame alte Jungfer enden, die ganz allein mit ihren vielen Katzen zusammenlebt.
Na, vielen Dank. Ich habe nur eine Katze. Und was das allein enden angeht: Nur weil man nach seinem einundzwanzigsten Lebensjahr noch Single ist, heißt das nicht gleich, dass man zur verrückten alten Katzenfrau mutiert.
Danielle hat mir ein Foto von ihrem Cousin auf Facebook gezeigt, und ich musste zugeben, dass er durchaus gut aussieht. Auf einem Bild hatte er einen Anzug an, weil er auf irgendeine Hochzeit eingeladen war – und sexy Männern in Anzügen kann ich einfach nicht widerstehen.
Okay, dass ich Shelby ruhigstellen will, ist vielleicht doch nicht der einzige Grund, warum ich mich auf dieses Date einlasse. Nein, mittlerweile ist es auch eine Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal etwas in mir hatte, das sich bewegt. Und rückblickend bin ich mir nicht einmal sicher, ob das beim letzten Typen überhaupt der Fall war.
Und so habe ich zwar nicht die spezielle Unterwäsche an – ihr wisst schon, was ich meine –, aber immerhin passt mein BH zu meinem Slip und ich habe mir die Beine rasiert. Frau sollte zumindest gut vorbereitet sein.
Ich rücke meine Brille gerade und werfe einen Blick auf meinen E-Book-Reader, der aus meiner Handtasche herausguckt. Die Versuchung, ihn rauszuholen und noch einige Minuten zu lesen, bis mein Date kommt, ist groß. Jeder, der mich kennt, weiß, was für ein Bücherwurm ich bin. Süchtig trifft es noch besser. Ich lese ständig. Das ist zwar keine besonders gesellige Freizeitbeschäftigung – woran Shelby mich mit nervender Regelmäßigkeit erinnert –, aber ich bin nun mal introvertiert. Mir gefällt es.
Um ehrlich zu sein, bin ich sogar weit mehr als nur introvertiert. In Gesellschaft anderer Menschen fühle ich mich nicht besonders wohl. Ich bin ein bisschen schüchtern, vor allem in Gegenwart von Leuten, die ich nicht kenne. Dann verbringe ich so viel Zeit damit, mir darüber Gedanken zu machen, was ich sagen soll und wie ich einen guten Eindruck hinterlasse, dass es mir so vorkommt, als hätte jemand die Verbindung zwischen meinem Gehirn und meinem Körper durchtrennt.
Und diese Tatsache sorgt dafür, dass ein Date – vor allem ein Blind Date mit einem vollkommen Fremden – für mich die reinste Folter ist.
Aber wenn ich dieses Date heute überstehe, kann ich Shelby wenigstens sagen, dass ich es probiert habe – vielleicht lässt sie mich dann eine Weile in Ruhe. Und falls der Abend doch zu etwas führen sollte, dann … na ja, dann wäre es auch nicht schlimm, oder?
In diesem Moment wird die Tür des Restaurants geöffnet, und mein Herz fängt an, etwas schneller zu klopfen. Doch es ist nur ein älteres Ehepaar – definitiv nicht mein Date. Ich bin extra früh gekommen, um mich nicht im ganzen Raum nach dem Typen im grünen Shirt umsehen zu müssen. Mich an einen Tisch zu setzen und die Tür im Auge zu behalten erschien mir wesentlich angenehmer. Allerdings hat das den Nachteil, dass ich jetzt schon seit zehn Minuten hier bin und das Warten sich nicht gerade beruhigend auf meine Nerven auswirkt.
Die Tür öffnet sich erneut, und jetzt ist er da. Ich erkenne ihn von dem Foto, und wie besprochen trägt er ein grünes Shirt.
Auch in natura ist er sehr attraktiv. Kurze blonde Haare und blaue Augen. Sein Blick schweift einen Moment durch den Raum, bis er mich entdeckt. Als ich winke – wahrscheinlich mit etwas übertriebenem Enthusiasmus –, kommt er zu meinem Tisch herüber.
»Hi.« Er streckt mir die Hand entgegen. »Ich bin Jeff.«
Ich bin schon halb aufgestanden – warum, weiß ich auch nicht. Irgendwie fühlte es sich richtig an, deshalb kommt seine ausgestreckte Hand auch völlig überraschend für mich. Ich erstarre, leicht vorgebeugt, in einer halb stehenden, halb sitzenden Position. Soll ich ganz aufstehen? Oder mich wieder hinsetzen? Da ich keine Ahnung habe, nehme ich seine Hand und schüttle sie.
»Ich bin Mia«, sage ich. Als er mich loslässt, sinke ich zurück auf meinen Stuhl. »Freut mich, dich kennenzulernen.«
»Gleichfalls.« Er nimmt mir gegenüber Platz. »Also dann …«
Eine unangenehme Pause entsteht. Na, toll. Ist er etwa genauso schlecht in Small Talk wie ich? Ich versuche es mit einer Frage. »Du bist also Danielles Cousin?«
»Jepp«, gibt er zurück. »Sie meinte, ihr beiden arbeitet zusammen?«
»Stimmt.« Okay, damit haben wir jetzt etwas bestätigt, was wir beide schon wussten. Ich muss mir irgendwas anderes einfallen lassen, und das schnell, aber ich habe keine Ahnung, was ich mit meinen Händen machen soll. Momentan befinden sie sich in meinem Schoß, aber das kommt mir etwas zu steif vor. Also lege ich sie auf den Tisch, doch das sieht alles andere als natürlich aus. Gott, was mache ich hier eigentlich?
Ein Kellner kommt an den Tisch, um unsere Getränkebestellung aufzunehmen. Er sieht mich an und zieht die Augenbrauen hoch, doch Jeff bestellt als Erster, und zwar einen Wodka. Pur.
Ich zögere einige Sekunden lang, während ich mich frage, ob ich überhaupt Alkohol trinken will, doch schließlich entscheide ich mich für ein Glas Pinot Noir. Vielleicht hilft mir ja ein bisschen Wein dabei, mich zu entspannen und aufzuhören, über die passende Position meiner Hände nachzudenken.
»Eine Weintrinkerin«, bemerkt Jeff, nachdem der Kellner gegangen ist. »Wie edel.«
Ich zucke die Achseln. »Mag sein. Aber das bestelle ich eigentlich immer, wenn ich Alkohol zum Essen trinke.«
»Ich finde ja, die Wahl des Drinks sagt eine Menge über eine Person aus«, befindet Jeff.
Will er jetzt ernsthaft von meiner Getränkewahl auf meinen Charakter schließen? Ein Mann, der sich gerade Wodka pur zum Essen bestellt hat? Damit erweckt er nämlich bei mir den Eindruck, dass er entweder ein Alkoholproblem hat oder zu weich für Whisky ist.
»Tatsächlich?«, frage ich. »Und was sagt mein Drink über mich aus?«
»Du willst gebildet wirken«, er deutet auf mich, »vielleicht, um von deinem legeren Outfit abzulenken.«
Ich blicke an mir herunter. Ich habe ein weißes T-Shirt mit einer hellbraunen Strickjacke an, dazu Jeans und Stiefeletten. Ja, ich bin leger angezogen, aber wir sind hier schließlich auch nicht in einem Nobelrestaurant. Da kann ich wohl schlecht das kleine Schwarze mit Perlenkette anziehen.
»Das ist nicht … Ich hab nicht …« Ich verstumme und habe keine Ahnung, was ich darauf überhaupt antworten soll. »Okay, was sagt dann dein Wodka über dich aus?«
Auf seinem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. »Dass ich weiß, was mir gefällt.«
Oh Mann.
Der Kellner bringt unsere Getränke, und ich bin versucht, meinen Wein in einem Zug hinunterzustürzen. Aber ich muss noch fahren. Wir bestellen etwas zu essen: Ich entscheide mich für Risotto mit Huhn, während Jeff das teuerste Steak auf der Karte auswählt. Interessant.
Während wir auf das Essen warten, unterhalten wir uns. Meine Hände und Füße hören auf zu schwitzen, und irgendwann habe ich keine Angst mehr, den Tisch umzustoßen, wenn ich mich bewege. Jeff erzählt von seinem Job: Er arbeitet für ein Start-up-Unternehmen, das Apps entwickelt. Mein Job ist nicht besonders spannend: Ich arbeite in der kaufmännischen Abteilung eines Krankenhauses. Irgendwie gelingt es uns, eine lockere Unterhaltung am Laufen zu halten, bis das Essen kommt.
Es schmeckt gut, und bis jetzt ist dieses Date noch keine Vollkatastrophe. Als dieses anfängliche Gefühl des Unbehagens verflogen ist, werde ich merklich ruhiger. Jeff scheint ein netter Kerl zu sein. Er lächelt mich an und stellt mir Fragen, als sei er tatsächlich an dem interessiert, was ich zu sagen habe. Ich bin wirklich nicht gut in Small Talk, aber wann immer das Gespräch zu stocken droht, setzt er es wieder in Gang. Ich trinke meinen Wein und denke bereits darüber nach, mir noch ein zweites Glas zu bestellen. Vielleicht bleiben wir ja doch länger hier, sodass ich ein zweites trinken kann. Jetzt, da wir gegessen haben, wäre das auch nicht mehr so schlimm.
»Danielle hat mir erzählt, du liest viel?«, fragt Jeff.
»Stimmt. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Und du?«
»Hm, ich lese vor allem Klassiker. Dumas, Dickens, Melville, so was. Moby Dick hab ich tatsächlich schon mehrmals gelesen.«
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er das sehr gerne erzählt. »Das ist ja interessant. Ich lese unterschiedliche Sachen. Einige Klassiker auch, aber ich mag lieber Jane Austen oder Emily Brontë. Bei den zeitgenössischen Büchern lese ich am liebsten Liebesgeschichten.«
Er hebt die Augenbrauen. »Liebesgeschichten, so, so.«
War klar, dass er darüber die Nase rümpft, aber das bin ich gewohnt, vor allem von Leuten, die behaupten, sie hätten Moby Dick schon mehrmals gelesen. »Tja, ich weiß halt, was mir gefällt.«
»Klar«, sagt er und winkt ab. »Ich dachte nur …«
Ich rücke meine Brille zurecht. »Was dachtest du?«
»Keine Ahnung. Bei Danielle hat es sich so angehört, als ob du ernsthafte Literatur liest, so wie ich.«
Meine Augen weiten sich und mir bleibt der Mund offen stehen. Ich greife nach meinem Weinglas, erwische es jedoch aus irgendeinem Grund nicht richtig und kippe es stattdessen um. Es war zwar nicht mehr viel drin, trotzdem spritzt etwas auf die Tischdecke. Ich sehe zu, wie sich ein dunkelroter Fleck auf dem Stoff ausbreitet, während ich hin- und hergerissen bin zwischen Scham über meine Tollpatschigkeit und Ärger über das, was Jeff gesagt hat.
Schließlich übernimmt mein Mund die Kontrolle, und bevor ich noch darüber nachdenken kann, ob ich die Situation lieber entschärfen sollte, fange ich an zu reden. Die Verärgerung in meinem Tonfall ist nicht zu überhören. »Du glaubst also, ich lese keine ernsthafte Literatur, weil ich Liebesgeschichten mag?«
»Hey, jetzt sei doch nicht gleich beleidigt. Ich wollte nur sagen, dass es eben Leute gibt, die lesen, und Leute, die wirkliche Leser sind. Verstehst du?«
»Nein, das verstehe ich nicht«, entgegne ich. Wofür hält sich dieser Kerl eigentlich? »Wie viele Bücher hast du letzten Monat gelesen?«
Er runzelt die Stirn, als würde ihn meine Frage verwirren. »Letzten Monat? Keine Ahnung, eins vielleicht.«
»Ich habe sechsundzwanzig gelesen«, gebe ich zurück. »Und das war eher wenig für meine Verhältnisse, weil ich so viel auf der Arbeit zu tun hatte.«
»Du hast fast dreißig Bücher in einem Monat gelesen?«, fragt er ungläubig.
»Ich schaffe im Durchschnitt ein Buch pro Tag«, sage ich. »In diesem Jahr habe ich wahrscheinlich schon mehr Bücher gelesen als du in deinem ganzen Leben. Und ja, Moby Dick hab ich auch gelesen. Ich fand’s langweilig. Außerdem hab ich Die Pilgerreise, Der scharlachrote Buchstabe, Der große Gatsby, Gefährliche Liebschaften, Frankenstein und Jahrmarkt der Eitelkeiten gelesen. Soll ich weitermachen? Und keins davon war Schullektüre. Falls du also das nächste Mal jemanden anhand seiner Bücher- oder Getränkewahl beurteilst, solltest du dir vielleicht vorher die Zeit nehmen, denjenigen erst mal kennenzulernen.«
Jeff starrt mich nur stirnrunzelnd an, dann hebt er behutsam mein Weinglas auf und stellt es wieder hin. »Oh, okay, sorry.« Es ist offensichtlich, dass er meine wütende Reaktion für vollkommen übertrieben hält.
Das führt dazu, dass mein unsicheres Ich erneut zutage tritt. Sicher hätte ich die Situation besser in den Griff kriegen können. Ich glaube nicht, dass er sich wie ein Arschloch verhalten wollte. Er hat einfach seine Meinung gesagt und ich habe eine andere – das ist eigentlich kein Problem. Aber ich musste natürlich den Mund aufmachen, ohne darüber nachzudenken. Und natürlich habe ich auch mein Glas umgeschmissen. Habe ich eigentlich je ein Date gehabt, bei dem ich nichts umgekippt habe? Sicher kein erstes Date. Kein Wunder, dass so selten jemand ein zweites mit mir will.
»Nein, es ist doch gar nicht … Ich meine … Ich wollte nicht …« Ich stocke, weil ich das Gefühl habe, einen Knoten in der Zunge zu haben. »Wir haben offensichtlich einfach nicht den gleichen Geschmack.«
Ab diesem Moment ist die Unterhaltung definitiv nicht mehr so locker. Als wir das Essen beendet haben und die Rechnung kommt, biete ich an, mein Essen selbst zu bezahlen. Doch als ich mein Portemonnaie aus der Handtasche holen will, schaffe ich es irgendwie, meine Serviette samt Gabel auf den Boden zu befördern. Jeffs Augenrollen entgeht mir nicht. Er nimmt dem Kellner den Beleg ab und reicht ihm seine Kreditkarte.
Nachdem die Rechnung bezahlt ist, verlassen wir gemeinsam das Restaurant. Draußen gibt Jeff mir die Hand und verabschiedet sich mit einem höflichen »War nett, dich kennenzulernen« – in dem nicht mal ein Fünkchen Ehrlichkeit mitschwingt.
Auf dem Weg zu meinem Auto stoße ich einen tiefen Seufzer aus. Ein weiteres beschissenes Blind Date auf der Liste. Wenigstens habe ich es hinter mir. Ich bin sauer auf mich selbst, weil ich den Wein verschüttet habe und den Mund nicht halten konnte. Aber auch der letzte Typ, mit dem ich mich getroffen habe, hat sich über die Bücher, die ich lese, lustig gemacht, deshalb bin ich vielleicht ein bisschen sensibel, was das Thema angeht. Und so toll fand ich Jeff sowieso nicht. Wahrscheinlich wäre es viel schlimmer gewesen, wenn ich ihn hätte wiedersehen wollen und ihn mit meiner verschrobenen Art vergrault hätte. Dieses Date hat zumindest in gegenseitigem Desinteresse geendet.
Trotzdem bin ich irgendwie enttäuscht. Auch wenn ich keine Lust habe, verkuppelt zu werden – das war definitiv das letzte Mal, dass ich mich mit jemandem getroffen habe, den Danielle mir vorschlägt –, hätte ich nichts dagegen, einen tollen Mann kennenzulernen. Aber irgendwie gelingt es mir nicht, den Aufenthaltsort dieser Spezies herauszufinden. Falls es sie denn überhaupt gibt.
Vielleicht existiert sie gar nicht. Vielleicht gibt es sie tatsächlich nur in Büchern.
Ich bin auf dem Weg nach oben und spüre bereits den kalten Windhauch, der ständig durch mein Wohnhaus zieht. Es ist ein altes Backsteingebäude auf halber Höhe des Queen Anne Hill. Die Lage ist super, dafür habe ich mit Zugluft zu kämpfen, und dauernd geht irgendetwas kaputt. Trotzdem liebe ich es, hier zu wohnen. An einer Wand meines Apartments liegen die Ziegelsteine frei. Die anderen Wände durfte ich bei meinem Einzug so streichen, wie ich wollte. Nun ist die Wohnung wirklich gemütlich, wenn auch oft eiskalt. Dieses Problem bekämpfe ich mit Unmengen selbst gestrickter Decken, die ich dank meiner über alles geliebten Oma besitze, und einem Heizlüfter, der Shelbys Meinung nach eines Tages mein Zuhause in Brand setzen wird.
Ich drehe den Schlüssel um, öffne vorsichtig die Wohnungstür und stelle mich schnell in den schmalen Spalt, um zu verhindern, dass mein Kater Fabio rausflitzt. Eigentlich ist er kein Ausreißer, aber manchmal, wenn ich später als gewöhnlich nach Hause komme, schlüpft er zwischen meinen Beinen hindurch und ich muss ihm durch den Hausflur hinterherjagen.
»Alles gut, mein Kleiner«, sage ich, als Fabio um meine Beine streicht und sein orangenes Fell an meiner Hose reibt. »Mama ist ja jetzt da. Und so schnell verhungerst du nicht.«
Er wirft mir einen Blick zu, als wollte er sagen, dass er mir nicht ein Wort glaubt und sehr wohl hätte tot sein können, wenn ich nur fünf Minuten später gekommen wäre. Ich betrachte die Rundung um seine Körpermitte. Nein, definitiv nicht in Gefahr, demnächst zu verhungern. Fabio dreht sich um und spaziert mit hoch aufgerichtetem Schwanz in die Küche, wo er sich auf den Boden plumpsen lässt und darauf wartet, dass ich ihn füttere. Ich bin mir ziemlich sicher, könnte er sprechen, würde er seiner Sklavin in Menschengestalt eine Strafpredigt halten, weil die ihn hat warten lassen.
Seufzend ziehe ich meinen Mantel und Schal aus und werfe beides auf die Couch. »Ich komme, ich komme«, sage ich, fülle Fabios Napf auf und gebe ihm frisches Wasser. Jetzt, da er sein Futter hat, braucht er mich nicht mehr, daher hantiere ich weitestgehend unbeachtet in der Küche herum und mache mir einen Tee. »Willst du gar nicht wissen, wie mein Date gelaufen ist? Nein? Ist wahrscheinlich auch besser so.«
Ich schlüpfe in mein Schlafzimmer. Das ist zwar nur durch einen Vorhang vom Rest der Wohnung abgetrennt, aber damit zumindest irgendwie ein geschlossener Bereich. Hier ziehe ich meine Stiefel und die Hose aus und mache mir gar nicht erst die Mühe, mir was anderes überzuziehen. Schließlich wohne ich allein, und Fabio ist es ganz sicher egal, wenn ich nur in Unterwäsche herumlaufe. Den BH öffne ich unter meinem T-Shirt und ziehe ihn durch einen Ärmel heraus. Ah, wesentlich besser. Es geht doch nichts über befreite Brüste nach einem anstrengenden Tag.
Jetzt ist auch mein Tee fertig, und ich nehme die Tasse mit hinüber zur Couch. Als ich mich hinsetze, stelle ich fest, dass ich schon eine Textnachricht von Shelby habe.
Shelby: Wie ist es gelaufen? Bist du schon wieder zu Hause? War es gut?
Ich: Es hat sich von recht langweilig zu nervig gesteigert und ist jetzt vorbei.
Shelby: Was hast du getan?
Ich stoße einen Seufzer aus und ziehe mir meine grüne Häkeldecke über die Beine. War ja klar, dass Shelby davon ausgeht, dass ich das Ganze verbockt habe. Es war schon immer schwierig, die Zweitgeborene nach meiner perfekten Schwester zu sein. Shelby verkörpert alles, was ich nicht bin. Sie ist groß, gertenschlank und hat wunderschöne blonde Haare. Ich bin zwar nicht unbedingt klein, aber definitiv nicht gertenschlank, und meine dicken, dunkelbraunen Haare sehen ständig so aus, als würde ich sie nie kämmen, egal, was ich mit ihnen mache. Shelby war Wettkampfschwimmerin; meine sportliche Karriere erreichte ihren Höhepunkt beim Tauziehen in der Grundschule – wobei ich immer verloren habe. Ich bin davon überzeugt, dass meine Schwester sämtliche in meiner Familie vorhandene Eleganz und Körperbeherrschung abbekommen hat, sodass für mich nur noch Tollpatschigkeit und Chaos übrig blieben. Sie ist ein extrovertierter, selbstbewusster Mensch, der mit jedem ins Gespräch kommt. Ich dagegen gerate schon ins Stocken, wenn ich Fast Food im Drive-in bestellen muss.
Ich: Wie kommst du darauf, dass ich was getan hab? Er war einfach unverschämt.
Shelby: Das ist ja doof. Triffst du dich noch mal mit ihm?
Meine Schwester mag ja vielleicht in allem perfekt sein, aber sie hat keinen blassen Schimmer, wie es ist, wenn man datet. Sie und ihr Mann Daniel haben sich in ihrem zweiten Jahr auf der Stanford University kennengelernt und noch vor ihrem Abschluss geheiratet. Was das Single-Dasein als Erwachsene angeht, kann sie also nicht mitreden.
Ich: Definitiv nicht.
Shelby: Tut mir leid, Mi. Beim Nächsten wird’s bestimmt besser. Kannst du trotzdem dieses Wochenende auf Alanna aufpassen?
Ich: Klar. Ich komme Samstagnachmittag vorbei.
Alanna ist meine vierjährige Nichte und ein tolles Kind. Tante zu sein ist echt klasse. Da meine Schwester wieder schwanger ist, helfe ich ihr, so oft es geht. Unsere Eltern wohnen sechs Autostunden entfernt im Osten von Washington. Ich dagegen brauche nur zwanzig Minuten bis zu Shelby und versuche wann immer ich kann auf Alanna aufzupassen, damit meine Schwester sich ausruhen kann.
Da es noch früh am Abend ist, nehme ich mir meinen Laptop und verbringe ein bisschen Zeit damit, mir meinen Blog anzuschauen. Ich habe einen Buchblog, in dem ich Romances bespreche, unter dem Pseudonym Book Babe. Als ich vor einigen Jahren damit angefangen habe, war es nicht mehr als ein albernes, kleines Hobby. Immerhin habe ich schon Tausende von Büchern gelesen, und es macht mir Spaß, Rezensionen zu schreiben, also habe ich – anstatt nur Bewertungen bei Amazon zu posten – begonnen zu bloggen. Irgendwann kamen auch Interviews mit Autoren und Neuigkeiten rund um Bücher dazu, und bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte ich auf einmal jeden Monat Hunderttausende Besucher auf meiner Seite. Das ist irgendwie total verrückt, und ich bin mir sicher, Shelby würde mich umbringen, wenn sie davon wüsste. Für sie wäre es reine Zeitverschwendung.
Aber Shelby hat keine Ahnung davon, und auch sonst niemand in meinem »wahren Leben«. Mia und Book Babe halte ich strikt voneinander getrennt. Diese Anonymität erleichtert mir den Umgang mit anderen enorm. Wenn ich mit den Leuten übers Internet kommuniziere, fühle ich mich wesentlich wohler in meiner Haut, bin weniger schüchtern, mein Pseudonym verleiht mir Selbstvertrauen. Online kann ich die Frau sein, die ich gerne im wahren Leben wäre.
Daneben gibt mir mein Pseudonym eine Sicherheit, die leider notwendig ist. Ich habe schon einige ziemlich heftige E-Mails von Autoren erhalten, die sich über eine Rezension aufgeregt haben – einige haben mir sogar gedroht. Vor ein paar Jahren hat ein Autor sogar mal einer Rezensentin aufgelauert und sie angegriffen, nachdem sie sein Buch schlecht besprochen hatte – und so was muss ich echt nicht haben.
Deshalb heiße ich online eben Book Babe oder einfach BB. Und im Gegensatz zu meiner Schwester, die keine besonders hohe Meinung von Romances hat (sie findet sie fürchterlich), fand ich sie schon immer toll. Für mich gibt es einfach nichts Schöneres, als in eine andere Welt einzutauchen und mich eine Weile darin zu verlieren. Diese geballte Leidenschaft, wenn die beiden Hauptfiguren sich das erste Mal begegnen; das Wechselbad der Gefühle, während die Beziehung entsteht – ich bin einfach süchtig nach dem Zeug. Ich weiß nicht, wie oft ich nachts nicht geschlafen habe, weil ich ein tolles Buch in der Hand hatte, aber ich kann nicht anders. Ich liebe diesen Rausch der Emotionen, den ich durchlebe, wenn ich eine großartige Geschichte lese.
Heute Abend gibt es nicht viel zu tun, was den Blog angeht. Ich habe ein paar Mails bekommen, aber die beantworte ich morgen. Ich könnte noch eine Rezension zu dem letzten Buch schreiben, das ich gelesen habe – allerdings hat mich das irgendwie nicht gepackt, und nach dem wenig berauschenden Date heute habe ich keine Lust mehr, mich damit zu befassen.
Meine Chat-App blinkt auf. Als ich sie öffne, sehe ich, dass meine Freundin Lexi mir eine Nachricht geschrieben hat.
Lexi:Hey, BB, bist du online? Hat dein Date heute stattgefunden? Wie war’s?
Ich: Ganz ehrlich? Nicht so toll. Jetzt auch nicht so tragisch – schlimmer geht immer –, aber ich kann auch nichts wirklich Positives darüber sagen.
Lexi: Shit. Das ist ja echt blöd. Willst du darüber reden?
Ich: So viel gibt’s eigentlich nicht zu erzählen. Er war halt einfach nicht so toll, und ich treffe ihn definitiv nicht noch mal. Vielleicht bin ich auch schon zu verwöhnt durch all meine Bücherhelden – vor allem durch die, die du erfindest. Echte Männer bringen’s einfach nicht.
Lexi Logan ist eine Romance-Autorin, die ich über meinen Blog kennengelernt habe. Im Laufe des letzten Jahres sind wir enge Freundinnen gewonnen. Wir chatten fast jeden Tag miteinander, und ich hatte ihr erzählt, wie sehr es mir vor diesem Blind Date graute.
Lexi: Hm, vielleicht kann ich dir ja den Abend ein wenig versüßen.
Ich: Ui, sag nicht, dein neues Buch ist schon fertig.
Lexi: Doch, aber nur für dich. Alle anderen Leseexemplare gehen erst in ein paar Tagen raus. Aber da dein Date so scheiße gelaufen ist: Was hältst du davon, wenn ich dir schon eins vorab schicke?
Ich: Kreisch! Ja, bitte, bitte!
Lexi: Ist gleich auf deinem Reader. Ich hoffe, es gefällt dir!
Ich: Tut es doch immer, Lex. Vielen Dank!
Fabio kommt zu mir herüber und rollt sich neben meinen Füßen zusammen. Ich nehme meinen E-Book-Reader, den ich zwischenzeitlich aufgeladen habe, vom Wohnzimmertisch, woraufhin mir Kater einen Blick aus seinen zusammengekniffenen Augen zuwirft.
»Was? So spät ist es doch wohl nicht. Und außerdem muss ich ja nicht alles heute Nacht lesen. Ich weiß selbst, dass ich morgen früh arbeiten muss.«
Er blinzelt bedächtig, als wollte er mir sagen, dass er mir kein Wort glaubt.
»Du mich auch, Blödmann.«
Damit mache ich es mir auf der Couch bequem und öffne Lexis neues Buch.
* * *
Trotz des Schwalls von Tränen, der mir übers Gesicht läuft, fühlen sich meine Augen so trocken an wie Schmirgelpapier. Schniefend ziehe ich die Nase hoch und fahre mit dem Finger darunter entlang, bevor ich meine Brille hochschiebe. Ich bin fast durch. Ich lese noch die letzten Seiten des Epilogs, dann lasse ich den Reader aus meinen kraftlosen Händen in meinen Schoß plumpsen. Einige Momente lang kann ich nichts anderes tun, als an die Zimmerdecke zu starren – durch beschlagene Brillengläser wohlgemerkt.
Was für eine Geschichte. Lexi hat einfach ein Talent dafür, unglaublich reale Figuren zu erschaffen, sodass man das Gefühl hat, die Geschichte gemeinsam mit den Charakteren zu durchleben und alles durch ihre Augen zu sehen. Lexis Bücher reißen mich jedes Mal vollkommen mit. Gleichzeitig schafft sie es immer, mir erst das Herz zu zerreißen, es dann aber Stück für Stück wieder zusammenzusetzen, bis es am Schluss wieder vollkommen heil ist. Das ist wirklich eine besondere Kunst. Ich presse die Hand auf mein Herz, um sicherzugehen, dass es noch schlägt. Ich habe das Gefühl, in einem Meer von Emotionen zu schwimmen. Meine Gedanken überschlagen sich, und in meinem Bauch flattert ein riesiger Schwarm von Schmetterlingen.
Morgen früh werde ich mit einem heftigen Buchkater aufwachen.
Fabio hebt den Kopf und öffnet die Augen, als wollte er mir die Botschaft übermitteln, dass er es mir ja gleich gesagt habe.
»Ich weiß, ich weiß.« Erneut ziehe ich die Nase hoch. Eigentlich hätte ich es wissen müssen, dass ich mich nicht hinsetzen und ein Buch von Lexi Logan lesen kann, ohne eine Packung Taschentücher in der Nähe zu haben. »Ich gehe jetzt ins Bett.«
Bis ich schlafen kann, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Mir geistern Tausende von Bildern durch den Kopf, und die ganzen Gefühle, die ich gerade durchlebt habe, lasten noch schwer auf mir. Es kommt mir vor, als hätte Lexi eine direkte Verbindung zu meinem Hirn, denn ihre Geschichten beinhalten all das, was ich mir bei einem Buch wünsche.
Es ist, als würde sie ihre Geschichten speziell für mich schreiben.
»Dad«, sage ich und bemühe mich, dabei so ruhig wie möglich zu klingen, »darüber haben wir doch schon gesprochen.«
»Du tust aber schon so viel«, entgegnet er.
Ich hole den Stapel Rechnungen aus seinem Postfach und blättere ihn durch. Seit geraumer Zeit versuche ich, ihn zu überreden, die Rechnungen an mich schicken zu lassen, damit ich sie direkt bezahlen kann, aber davon will er nichts hören. So muss ich also mehrmals im Monat bei ihm vorbeischauen und mit ihm darüber diskutieren, ob ich seine Rechnungen bezahlen darf oder nicht. Ich weiß genau, dass er nicht genug Geld hat, und ich warte garantiert nicht darauf, dass man ihm erneut Wasser und Strom abstellt, bevor ich mich einmische.