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Lilly nimmt einen Aushilfsjob als Kellnerin auf einer Party an. Dort kippt sie dem attraktivsten Typen zuerst Kaffee über die Hose und landet dann mit ihm im Bett bzw. seinem Pool. Und das war es auch - denkt sie. Doch das kurze Intermezzo bleibt nicht ohne Folgen: Lilly wird schwanger. Da sie sich immer Kinder gewünscht hat, will sie ihr Baby auf jeden Fall behalten. Auch ohne Mann. Anderthalb Jahre nach dem folgenreichen Erlebnis trifft Lilly fast der Schlag, als sie ihrem neuen Boss begegnet: Es ist niemand anderer als der Vater ihrer kleinen Tochter. Die Gefühle der beiden flammen sofort wieder auf und es knistert gewaltig zwischen ihnen. Alles könnte perfekt sein, doch die Schatten der Vergangenheit holen Adrian bald ein - und der Auslöser ist ausgerechnet die kleine Ariane ....
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Inhaltsverzeichnis
2 ♥ Lilly
3 ♥ Lilly
4 ♥ Lilly
5 ♥ Lilly
6 ♥ Lilly
7 ♥ Lilly
8 ♥ Lilly
9 ♥ Lilly
10 ♥ Lilly
11 ♥ Lilly
12 ♥ Lilly
13 ♥ Lilly
14 ♥ Lilly
15 ♥ Lilly
16 ♥ Lilly
17 ♥ Lilly
18 ♥ Adrian
19 ♥ Lilly
20 ♥ Lilly
21 ♥ Lilly
22 ♥ Lilly
23 ♥ Adrian
24 ♥ Lilly
25 ♥ Adrian
26 ♥ Lilly
27 ♥ Adrian
28 ♥ Adrian
29 ♥ Lilly
30 ♥ Adrian
Epilog - Adrian
Impressum
Tina Keller
BOSS BABY
Liebesroman
Ein Kind von einem Mann, den du nicht kennst - bis du für ihn arbeitest .....
Lilly nimmt einen Aushilfsjob als Kellnerin auf einer Party an. Dort kippt sie dem attraktivsten Typen zuerst Kaffee über die Hose und landet dann mit ihm im Bett bzw. seinem Pool. Und das war es auch - denkt sie. Doch das kurze Intermezzo bleibt nicht ohne Folgen: Lilly wird schwanger. Da sie sich immer Kinder gewünscht hat, will sie ihr Baby auf jeden Fall behalten. Auch ohne Mann. Anderthalb Jahre nach dem folgenreichen Erlebnis trifft Lilly fast der Schlag, als sie ihrem neuen Boss begegnet: Es ist niemand anderer als der Vater ihrer kleinen Tochter. Die Gefühle der beiden flammen sofort wieder auf und es knistert gewaltig zwischen ihnen.
Alles könnte perfekt sein, doch die Schatten der Vergangenheit holen Adrian bald ein - und der Auslöser ist ausgerechnet die kleine Ariane ....
1 ♥ Lilly
„Hey, Süße, hast du Lust, am Wochenende Geld zu verdienen und dabei noch ein bisschen Spaß zu haben?“
Aufmunternd schaut mich meine beste Freundin Anna an. Wir lümmeln uns auf meinem Balkon und genießen die letzten Sonnenstrahlen eines wunderschönen Sommertages.
„Hört sich gut an“, finde ich und greife nach meinem Cocktail, selbstverständlich alkoholfrei. „Was liegt denn an?“
„Irgendein reicher Schnösel feiert Geburtstag im Kreis seiner gut betuchten Freunde und braucht noch ein paar hübsche Serviererinnen“, gibt Anna Auskunft. „Letztlich müssen wir nur mit einem Tablett herumlaufen, auf dem Häppchen stehen oder Gläser mit Champagner. Außerdem müssen wir freundlich sein und hübsch aussehen. Das haben wir ja bestens drauf, oder?“
Zufrieden nimmt sie einen großen Schluck ihres gar nicht alkoholfreien Caipirinha. Anna hat schon immer gern gebechert, während ich grundsätzlich keinen Alkohol trinke, weil ich ihn nicht vertrage. Ich werde davon immer schrecklich müde und fange an, dummes Zeug zu labern. Darum lasse ich es lieber von vornherein ganz bleiben.
„Mir fällt es schwer, bei irgendwelchen arroganten Schnöseln nett zu bleiben“, gestehe ich. „Ich kann diese Art Männer so gar nicht leiden.“
Anna lacht laut auf.
„Aber du schreibst doch ständig über sie. Alle deine Protagonisten sind eingebildete Schnösel“, erinnert sie mich. „Und am Ende werden sie doch noch handzahm.“
„Das ist in der Realität wohl eher selten der Fall“, erkläre ich. „In meinen Romanen verändern sie sich zum Besseren. Aber auch nur da. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ein Typ, der total von sich eingenommen ist und eine Frau nach der anderen flachlegt, plötzlich zu einem treuen Mann mutiert?“
„Für gewöhnlich nicht“, stimmt Anna mir zu. „Aber es gibt Ausnahmen. Wenn die Richtige auftaucht, kann sich alles verändern. Man wird älter und die Prioritäten verschieben sich.“
„Wir sollen also Kellnerinnen spielen“, fasse ich zusammen. „Wir laufen mit voll beladenen Tabletts rum, amüsieren uns über die Möchtegern-Millionäre und lästern über die Botox-Tussis. Okay, ich bin dabei. Was gibt es denn an Kohle? Und wie bist du überhaupt an dieses Jobangebot gekommen?“
„Es gibt zwanzig Euro pro Stunde bar auf die Hand. Wir haben zwischendurch eine Pause, können uns den Bauch vollschlagen und uns nach der Schicht sinnlos betrinken, zumindest ich“, informiert Anna mich. „Es sind zwei Schichten. Wir beide sind von 17 bis 21 Uhr dran und dann wird gewechselt. Moritz hat mir den Job vermittelt. Als Regisseur kennt er viele Leute von Film und Fernsehen.“
„Das wird bestimmt spannend“, freue ich mich und schwenke mein Glas herum. „Vielleicht sehen wir einige Promis.“
„Das kann schon sein“, entgegnet Anna. „Darum müssen wir auch eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben, dass wir blind und taub sind. Egal, wie schräg die Gäste sich verhalten – es darf kein Sterbenswörtchen nach außen dringen. Sonst droht uns eine saftige Geldstrafe.“
„Ach du Schreck.“ Ich verdrehe meine Augen. „Haben die Angst, dass irgendwelche Z-Promis eine Orgie feiern und wir Fotos davon machen, die am nächsten Tag in der Zeitung erscheinen?“
Anna nickt. „Wahrscheinlich. Also halt dich zurück.“
„Ich werde mein Bestes geben“, verspreche ich und nuckele an meinem Strohhalm herum.
Seit ich vor drei Jahren zur Autorin aufgestiegen bin, sitze ich mehr oder weniger den ganzen Tag vor meinem Laptop und sehe niemanden. Da mir das ziemlich aufs Gemüt schlägt, nehme ich hin und wieder kleine Jobs an, um unter Leute zu kommen. Das tut mir gut und ich komme aus meiner Wohnung raus. Außerdem gibt es immer Impulse für meine Geschichten. Und Geld gibt es dafür auch noch. Also eine klassische WIN-WIN-Situation.
„Die Klamotten werden übrigens gestellt, damit wir alle einheitlich aussehen“, teilt Anna mir mit. „Außerdem müssen wir uns die Haare zurückbinden. Bequeme Schuhe müssen wir selbst mitbringen und zwar in schwarz. Wir sollen keinen Schmuck tragen und uns nur dezent schminken. Wahrscheinlich, damit wir den aufgetakelten Barbiepuppen nicht die Show stehlen.“
Wir lachen beide. Da Anna und ich schon oft gekellnert haben, sind wir quasi gelernte Kräfte, sodass es für uns überhaupt kein Problem ist, vier Stunden lang mit einem Tablett in der Hand herumzulaufen. Ich freue mich auf den Auftrag. Es gibt bestimmt viel zu sehen und zu entdecken und ich bekomme neuen Stoff für meine Romane.
Ursprünglich bin ich gelernte Sekretärin. Diesen Beruf habe ich acht Jahre lang ausgeübt. Allerdings hat es mich schnell genervt, dass ich immer nur die ausführende Kraft war und keine eigenen Entscheidungen treffen konnte. Immer musste ich das tun, was mir jemand sagte – und dann musste ich auch noch Kaffee für tausend Gäste kochen. Das alles hat mich mehr und mehr gestört.
Als mir Anna vor drei Jahren mit glänzenden Augen mitteilte, sie lese seit neuestem erotische Romane und das sei ihr liebster Zeitvertreib, wurde ich hellhörig. Ich habe schon als Kind wahnsinnig gern Geschichten geschrieben und nie damit aufgehört. In meinem Schrank stapelten sich Kurzgeschichten und diverse angefangene Romane.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich sie fragte: „Meinst du, das könnte ich auch?“
Es war eine folgenschwere Frage, die mein ganzes Leben verändern sollte.
„Klar doch“, meinte Anna leichthin. „Sex hast du schließlich schon mal gehabt und sofern du dich noch daran erinnern kannst, musst du ihn nur möglichst detailliert aufschreiben, am besten auf jeder zweiten Seite. Der Typ muss natürlich unverschämt gut aussehen – markantes Gesicht, muskulös, durchtrainierte Oberarme, Tattoos, Sixpack, großer Schwanz …. Klar, dass die Leserinnen nichts von einem schwabbeligen Typen mit Mikro-Penis wissen wollen.“
Ich wollte mich ausschütten vor Lachen, konnte mir aber nicht vorstellen, dass es so einfach sein sollte.
„Selbstverständlich muss er auch noch reich sein“, gab Anna mir weitere wertvolle Tipps. „Ansonsten ist er ein ziemlicher Arsch. Er behandelt die Frauen schlecht und ist unzufrieden mit sich und der Welt. Dahinter steckt natürlich ein böses, böses Trauma. Sobald er die Frau seines Lebens entdeckt hat, heilt sie sein Trauma und er wird ein guter Mensch. Dazwischen gibt es jede Menge Missverständnisse, weil die beiden zu blöd sind, um mal vernünftig miteinander zu reden. Aber irgendwann tun sie das dann doch, alles wird aufgeklärt und sie haben noch einmal bombastischen Sex – und an dieser Stelle endet der Roman.“
„Hm“, machte ich unentschlossen. „Vielleicht sollte ich es wirklich mal versuchen.“
Anna nickte eifrig.
„Auf jeden Fall. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Herr Bergsen immer zu dir gesagt hat, du solltest unbedingt Schriftstellerin werden. Und dann hat er noch gesagt, du könntest zehn Seiten verdammt gut über gar nichts schreiben, aber es würde sich super lesen.“
Wir lachen beide. Daran kann ich mich allerdings auch noch gut erinnern. Ich fand diesen Spruch damals nicht sehr schmeichelhaft und bin knallrot geworden, als unser Deutschlehrer vor versammelter Klasse zu verstehen gab, dass ich zwar sehr gut im formulieren war, meine Aufsätze aber nur wenig Inhalt und Substanz besaßen. Trotzdem bekam ich immer eine glatte Eins und den Rat, Schriftstellerin zu werden.
Sollte ich diesen Rat jetzt tatsächlich in die Tat umsetzen? Ich hatte nicht viel zu verlieren.
Als erstes besorgte ich mir ein paar erotische eBooks, die ich verschlang. Und es stimmte – die Geschichten waren meistens nach immer demselben Schema aufgebaut. Bei einigen gab es auf fast jeder Seite Sex und ich war überrascht, dass die Leserinnen offenbar immer dasselbe lesen wollten, denn so viele Varianten gibt es da nicht.
Tja, da musste ich aber weit in meiner Erinnerung graben. Seit mich mein Freund Lucas wegen einer Urlaubsliebe verlassen hatte, war bei mir nämlich Ebbe in diesem Bereich und ich konnte die Sexszenen nur noch aus meiner Erinnerung heraus schreiben. Das funktionierte erstaunlich gut. Mehr noch: Zu meiner großen Überraschung fand ich sogar Gefallen daran. Es war immer noch besser, über Sex zu schreiben, wenn man keinen hatte, als sich gar nicht damit zu beschäftigen. Denn wenn ich darüber schrieb, erlebte ich ihn praktisch. Es machte mir Spaß, immer neue Szenarien zu erfinden, in welchen die Protagonisten ihre körperlichen Freuden auslebten.
Und: Es lief von Anfang an bombastisch. Gleich der erste Roman schnellte auf Platz 1 der erotischen eBooks – und viele weitere folgten. Ich verdiente eine Menge Geld und betrachtete das Schreiben zu keinem Zeitpunkt als Arbeit. Es war das, was ich am liebsten tat und ich empfand es als Geschenk, dass ich dafür auch noch Geld bekam.
Nur eins fehlte mir: der Kontakt zu Menschen. Ich lebte intensiv in meinen Romanen, aber nicht in der Wirklichkeit. Darum begann ich, kleine Jobs anzunehmen. Nicht, weil ich das finanziell nötig gehabt hätte, sondern, weil ich einfach mal raus aus meiner Bude musste.
Meinen Sekretärinnen-Job hatte ich gleich nach meinem ersten Bestseller an den Nagel gehängt und es keine Sekunde lang bereut. Endlich musste ich mich nicht mehr herum kommandieren lassen, sondern konnte alles selbst bestimmen. Es war der perfekte Job für mich.
Nur mein Privatleben sah etwas langweilig aus und stand in krassem Gegensatz zu meinen Romanen. Dort erlebten die Hauptdarsteller wilden, ekstatischen, einzigartigen Sex. Ich erlebte in der Realität nichts dergleichen.
Doch ich hatte überhaupt keine Ambitionen, mich nach einem geeigneten Mann umzusehen, obwohl ich mir natürlich schon jemanden an meiner Seite wünschte. Aber wenn ich die Erfahrungen meiner Freundinnen auf Tinder mitkriegte, hatte ich gar keine Lust mehr, mich auf einem online Dating Portal anzumelden. Dort liefen doch sowieso nur Idioten herum. Dann blieb ich lieber zu Hause und schrieb über das aufregende Leben, das ich selbst nicht mehr führte.
„Wow, das sieht ja aus wie die Villa von einem Hollywood-Star“, flüstert Anna aufgeregt, als wir durch eine parkähnliche Anlage laufen. Wie immer sind wir spät dran und müssen uns beeilen. Pünktlichkeit gehört nicht gerade zu unseren Stärken, denn wir sind beide ziemlich chaotisch. Darum hat man uns in der Schulzeit auch „Double Trouble“ oder „die Chaos Twins“ genannt. Eine von uns vergisst oder verlegt immer etwas, darauf kann man wetten. Und manchmal finden wir verlegte Dinge niemals wieder. Im besten Fall vergessen wir, dass wir sie verloren haben. Außerdem besitzen wir alles doppelt und dreifach, weil wir vieles einfach nicht mehr finden können und es dann noch mal kaufen.
„Vincent Venom – ich kenne den Namen von dem Typen, dem diese Villa gehört, überhaupt nicht“, erwidere ich, während wir unsere Schritte beschleunigen.
„Oder ist das nicht sein richtiger Name?“
Anna zuckt mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Die wollen ja alle inkognito bleiben. Es wäre trotzdem ganz nett, wenn wir wüssten, für wen wir arbeiten. Stell dir mal vor, plötzlich steht George Clooney vor dir. Da lässt du doch vor lauter Schreck das Tablett fallen.“
„Oder Robbie Williams“, entgegne ich verträumt. „Obwohl der ziemlich langweilig geworden ist. Aber früher war er toll mit seinen schönen Augen und den wunderschönen Songs.“
„Robbie ist das beste Beispiel dafür, dass sich jemand ändert, wenn er die richtige Frau findet“, doziert Anna. „Früher hat er alles genagelt, was nicht bei Drei auf den Bäumen war. Und heute ist er glücklicher Familienvater mit diversen Kindern. Ob er seinem wilden Leben manchmal in einer stillen Stunde hinterher trauert?“
Ich zucke mit den Schultern.
„Man kann nun mal nicht beides haben – ein wildes, exzessives Leben und eine liebevolle Beziehung. Da muss man sich schon entscheiden. Ich würde vorschlagen, man lebt den heißen Part im ersten Drittel seines Lebens aus und den anderen danach. Oder umgekehrt, je nach Gemütslage. Aber man sollte beides mal erlebt haben.“
Flüchtig denke ich daran, dass ich die wilden Zeiten tatsächlich erlebt habe, und zwar vor meiner Beziehung mit Lucas. Ich habe wirklich nichts ausgelassen, war in Swingerclubs, hatte Sex mit zwei Männern gleichzeitig, Sex mit Frauen, mehrere Affären zur selben Zeit … Es war ein buntes, schrilles Leben, von dem ich heute noch zehre, zumindest in meiner Erinnerung. Außerdem kann ich alles, was ich erlebt habe, bestens in meinen Büchern unterbringen.
Aber irgendwie möchte ich dieses Leben auch nicht wiederhaben. Ich habe es gehabt und das ist gut so, aber es ist vorbei. Jetzt ist etwas anderes dran.
Ich bin 35 und jetzt könnte der Mann meines Lebens auf der Bildfläche erscheinen. Meine biologische Uhr tickt schon so laut, dass ich manchmal sogar davon wach werde. Ich will unbedingt Kinder haben, und wenn noch mehr Zeit ins Land zieht, ist es dafür bald zu spät. Das bereitet mir echt Sorgen, denn wenn ich den richtigen Zeitpunkt verpasse, werde ich im Alter allein dastehen – und das ist eine traurige Vorstellung.
„Das hast du ja“, grinst Anna. „Du hast dich wirklich ausgelebt. Wenn ich da an manche Erlebnisse denke … du liebe Güte, das erleben manche Menschen niemals in ihrem ganzen Leben. Weißt du noch, als in dem einen Swingerclub nur alte, eklige, dickbäuchige Männer in weißen Feinripp-Unterhosen saßen und du flüchten wolltest, die Tür aber abgeschlossen war?“
Ich stöhne auf.
„Ich dachte wirklich, die hätten mich eingeschlossen, weil sie unbedingt Frischfleisch haben wollten. Ich hatte totale Angst, sie würden mich zum Sex mit diesen widerlichen alten Männern zwingen.“
„Oder die Zwillinge, mit denen du es gleichzeitig getrieben hast“, erinnert mich Anna und ihre Augen fangen an zu leuchten. „Ehrlich, es war spannender, dir zuzuhören, als einen Porno anzuschauen. Bei dir war immer was los. Manchmal kann ich kaum glauben, dass du jetzt so zurückgezogen lebst und gar nicht mehr auf die Pirsch gehst. Warum gehst du nicht einfach mal wieder in einen Sexclub?“
Ich rolle genervt mit den Augen.
„Damals war ich jung und wollte was erleben“, resümiere ich. „Aber heute habe ich darauf gar keine Lust mehr. Im Gegenteil, allein der Gedanke, es mit wildfremden Leuten zu treiben, verursacht mir Übelkeit. Ich glaube, ich werde langsam alt.“
„Du spinnst.“ Anna schüttelt heftig den Kopf, sodass ihre roten Locken fliegen.
„Du bist doch mit 35 nicht alt! Das ist das beste Alter für eine Frau. Lass dir das gesagt sein. Ich bin schließlich genauso alt wie du. Schon vergessen?“
Anna lebt ganz anders als ich. Sie war viele Jahre mit Mark zusammen, der vor zwei Jahren plötzlich beschlossen hat, dass er doch nicht mit seiner allerersten Freundin zusammenbleiben wollte. Er wollte noch etwas mit anderen Frauen erleben und hat völlig überraschend mit Anna Schluss gemacht.
Seitdem lässt sie nichts anbrennen. Sie tut praktisch das, was ich vor vielen Jahren gemacht habe. Immer wieder versucht sie, mich dazu zu überreden, sie zu begleiten, aber ich winke jedes Mal entnervt ab. Diese Zeiten habe ich hinter mir.
„Vielleicht reicht es dir, das alles in deinen Büchern zu erleben“, überlegt Anna. „Da kannst du alles so schreiben, wie du es haben möchtest. In der Realität läuft es selten so, wie man es gern hätte. Du bist praktisch der Gestalter deiner Wirklichkeit. Und das Gehirn kann sowieso nicht unterscheiden zwischen Vorstellung und Realität. Wenn du deine Geschichten schreibst und mittendrin steckst, denkt dein Gehirn, du erlebst das gerade wirklich.“
„Das denke ich manchmal selbst“, erwidere ich lächelnd. „Obwohl ich mir wahrscheinlich andere Männer aussuchen würde als die, die in meinen Romanen auftreten.“
„Ich glaube nicht, dass du etwas gegen einen durchtrainierten, muskulösen Mann mit einem großen Schwanz einzuwenden hättest“, entgegnet Anna grinsend. „Oder wäre dir ein kleiner dicker lieber?“
Lachend gebe ich ihr einen Klaps auf den Rücken.
Anna stimmt in mein Lachen mit ein.
„Mensch, Lilly, mit klein und dick meinte ich die Statur des Mannes, nicht die Beschaffenheit seines Schwanzes“, erklärt sie mir.
„Mir ist beides egal“, behaupte ich. „Mir ist es wichtig, dass er Humor hat und sich nicht so ernst nimmt. Er muss über sich selbst lachen können. Viele können das nicht. Sie machen sich über andere lustig, aber wenn es um sie selbst geht, sind sie völlig humorlos.“
Je näher wir der Villa kommen, desto imposanter wirkt sie. Sie ist weiß, hat zwei Türme und sieht aus wie eine mallorquinische Finca.
Anna und ich begeben uns zu einer Art Hintereingang, die auf der Skizze, die Anna in der Hand hält, eingezeichnet ist. Schließlich sind wir nur Dienstboten und keine elitären Gäste.
Wir werden von einem älteren, distinguiert aussehenden Herrn in Empfang genommen, der uns kurze und knappe Anweisungen gibt. Dann bekommen wir unser Outfit gereicht und steigen kichernd hinein.
„Wir sehen aus wie die Bediensteten vom Eaton Place“, sage ich amüsiert. „Ich wusste gar nicht, dass man noch so herumläuft – schwarze Kluft und weiße Schürzen. Es fehlt eigentlich nur noch das Häubchen auf dem Kopf.“
„Kann ja sein, dass das Geburtstagskind noch aus einer anderen Zeit stammt und heute 80 wird“, vermutet Anna. „Ich finde es wirklich seltsam, dass man uns gar nicht sagt, wer das eigentlich ist und für wen wir arbeiten. Wir sollen nur mit einem Tablett herumlaufen, freundlich grinsen – und ansonsten werden wir dumm gehalten. Das ist ganz schön entwürdigend, findest du nicht auch? So, als wären wir Menschen zweiter Klasse.“
„Vielleicht sehen diese Leute das tatsächlich so“, erwidere ich. „Die schweben wahrscheinlich in ihrer eigenen Welt und bilden sich ein, dass sie was besseres sind, nur weil sie zufällig eine Menge Kohle besitzen. Ich hasse das. Geld macht doch aus jemandem nicht automatisch einen besseren Menschen. Eher im Gegenteil.“
Zusammen mit zwei schüchtern wirkenden Mädchen werden wir schließlich auf die elitäre Gesellschaft losgelassen. Anna balanciert ein Tablett mit köstlich aussehenden Häppchen, ich bin für den Champagner zuständig.
Es ist genauso, wie ich mir das vorgestellt habe: Den Frauen sieht man schon aus hundert Metern Entfernung an, dass nichts an ihnen echt ist. Falsche Wimpern, pigmentierte Augenbrauen, aufgespritzte Lippen, jede Menge Gift im Gesicht, lange Haarteile, gebleichte Zähne, Silikonbrüste … Dabei sind die meisten von ihnen noch relativ jung. Ich würde es verstehen, wenn sich eine Frau um die 50 ihre Falten reduzieren lassen würde, aber warum sich die jungen Mädchen mit 20 in eine Art künstliche Barbiepuppe verwandeln müssen, ist mir schleierhaft. Schön sieht das meiner Meinung nach nicht aus. Im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, ich bin nur noch von Schaufensterpuppen umzingelt.
„Gruselig, oder?“, raunt Anna mir zu, als wir unseren ersten Rundgang beendet haben und uns am Pool treffen. „Ich komme mir vor wie im Wachsfigurenkabinett. Kannst du mir mal verraten, warum junge Mädchen sich so verunstalten?“
Das ist das Schöne an unserer langjährigen Freundschaft: Wir ticken erstaunlich gleich. Anna und ich sehen die Welt mit ähnlichen Augen und nehmen die meisten Dinge in derselben Art und Weise wahr.
„Genau das habe ich auch gedacht“, flüstere ich. „Ich habe nicht eine einzige Frau gesehen, die nicht irgendwas an sich hat machen lassen. Vor allem sieht man das schon von weitem. Sie sehen alle total künstlich aus.“
„Schrecklich“, findet Anna. „Es sieht einfach nur schlimm aus. Wie findest du denn die Männer hier? Die sehen eigentlich ganz attraktiv aus, oder? Bei denen ist mir übrigens nicht aufgefallen, dass sie Botox in der Fresse haben.“
Ich verbeiße mir nur mit Mühe ein Lachen, denn es ist sicher nicht erwünscht, dass das Personal herumsteht und sich kaputt lacht. Anna bringt die Dinge immer so herrlich auf den Punkt.
„Nein, haben sie nicht“, erwidere ich. „Und das sieht doch gleich viel besser aus. Du hast recht, ich finde einige von ihnen auch sehr attraktiv. Der da drüben zum Beispiel, mit dem blauen Hemd und der weißen Hose. Der ist echt süß.“
„Oder der Blonde ganz in schwarz“, seufzt Anna. „Den würde ich bestimmt nicht von der Bettkante schubsen. Aber es versteht sich wohl von selbst, dass sich niemand von diesen erlauchten Herrschaften mit dem Personal einlassen würde.“
Anna arbeitet als freie Journalistin und verdient einen Haufen Kohle. Auch sie ist auf diesen Kellnerinnen-Job finanziell nicht angewiesen, macht das aber quasi als Recherche, um darüber bissige Artikel zu schreiben.
„Ich gehe jetzt einfach mal zu dem blauen Hemd“, beschließe ich gut gelaunt. „Mal sehen, was er so sagt.“
Anna fängt an zu kichern.
„Dir ist aber schon klar, dass du ihn nicht unverhohlen anmachen kannst, oder? Du kannst nicht sagen: ‚Nimm zuerst ein Glas Champagner und dann mich, Baby.‘ Vergiss nicht: Du bist kein Gast, sondern Kellnerin.“
„Das weiß ich“, beruhige ich meine Freundin. „Trotzdem kann ich doch mal schauen, was das für ein Kerl ist, oder?“
Anna verdreht die Augen.
„Sowas geht bei dir nie gut aus“, prophezeit sie mir. „Jedes Mal, wenn du als Kellnerin einen Mann angequatscht hast, hat das in einem Desaster geendet. Muss ich dich an Hugo erinnern, der dich in den Pool geworfen hat, weil er dachte, du wärst eine Auftragskillerin, die seine Exfrau auf ihn angesetzt hatte?“
Ich winke ab.
„Hugo war schwer gestört und hatte psychisch echte Probleme“, erkläre ich. „Das war wirklich nicht meine Schuld. Wie kann man jemanden in den Pool werfen, nur weil ich ihn gefragt habe, ob er in Begleitung da ist oder allein?“
„Sowas fragt man als Kellnerin nun mal nicht“, tadelt Anna mich. „Man serviert brav die Getränke und hält ansonsten den Mund. Aber ich weiß, du kannst es mal wieder nicht lassen.“
„So ist es“, bestätige ich, zwinkere Anna zu und mache mich auf den Weg zu dem Mann im blauen Hemd.
„Na, ein Glas Champagner zur Feier des Tages? Wir wollen doch nicht auf dem Trockenen sitzen, oder? “, spreche ich das blaue Hemd ganz unverfroren an.
Das ist der Vorteil, wenn man nicht wirklich Kellnerin ist, sondern nur eine spielt: Man nimmt das Ganze nicht so ernst. Selbst, wenn mich der Gastgeber in hohem Bogen rauswerfen würde, wäre mir das herzlich egal. Ich bin auf die Kohle nicht angewiesen. Das macht es verdammt einfach, mich daneben zu benehmen.
Der Träger des blauen Hemdes sieht mich mit einem Blick an, den ich nicht ganz deuten kann. Dann zieht er seine sorgfältig gezupften Augenbrauen hoch und nimmt sich ein Glas von meinem Tablett, ohne ein Wort zu sagen. Du liebe Güte, ist der Kerl unhöflich! Er glaubt wohl auch, er muss mit dem niederen Fußvolk nicht sprechen, oder? Sofort werde ich aggressiv und würde ihm den Champagner am liebsten über den Kopf schütten.
„Bitte schön, sehr gern geschehen“, sage ich wütend. Bricht dieser Arsch sich eigentlich einen ab, wenn er kurz und knapp ‚danke‘ sagt?
Das arrogante blaue Hemd starrt mich immer noch an. Was hat er denn? Hat er noch nie eine Kellnerin getroffen, die sprechen kann? Er kann das ja ganz offensichtlich nicht. So einer hat mir gerade noch gefehlt.
Natürlich weiß ich, dass ich mich absolut bescheuert verhalte. Kellnerinnen sind dazu da, um mit ihrem Tablett herum zu gehen, demütig den Kopf zu senken und ansonsten nicht aufzufallen. Sie interessieren niemanden. Die Gäste nehmen sich, was sie haben wollen und schenken einer Serviererin ansonsten keinerlei Beachtung. Sie ist praktisch unsichtbar. Sie ist kein Mensch, sondern nur jemand, der dafür sorgt, dass es den Gästen gut geht.
Wo wären diese hochherrschaftlichen Leute denn, wenn sie kein Personal hätten, das ihre Villen putzt, ihr Auto wäscht, für sie einkauft und all die Dinge erledigt, für die sie sich zu fein sind? Ich möchte das blaue Hemd echt mal sehen, wenn er das Klo schrubbt oder bei Aldi an der Kasse steht. Wahrscheinlich sitzt er den ganzen Tag in einem teuren Designer-Anzug in einem lichtdurchfluteten Büro und kommt sich total wichtig vor. In diesem Büro scheucht er seine Sekretärin herum, die ihm natürlich jeden Wunsch von den Augen abliest. Das habe ich selbst ja auch acht Jahre lang erdulden müssen.
Er sieht mich an. Ich sehe ihn an. Noch immer sagt er kein Wort. Ich weiß, ich sollte mich jetzt schleunigst entfernen und in meine Rolle als Kellnerin zurückfinden. Aber ich kann nicht.