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"Königin der Beikräuter" - dieser Ehrentitel wurde der Brennnessel von Rudolf Steiner verliehen. Warum? Sie spielt nicht nur ökologisch eine wichtige Rolle - Insekten und Vögel fliegen auf sie, und sie dient als Raupenfutterpflanze für über 30 Falterarten -, auch uns Menschen bietet sie als Heilpflanze eine beispiellose Fülle an gesunden Inhaltsstoffen. So finden wir im Brennnesselkraut Karotinoide für die Augen und als Immunbooster, die Vitamine aus der B-Gruppe für gute Nerven, Vitamin E für Fruchtbarkeit und als Radikalenfänger, Vitamin K für gesunde Knochen und Wundheilung. Die Flavonoide in der Brennnessel schützen Blutgefäße und Herz, Pflanzensäuren wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd, Chlorophyll ist wichtig für Entgiftung und Abwehr, die Aminosäuren unterstützen den Zell- und Muskelaufbau. An Mineralstoffen kann die Brennnessel mit Kalzium, Kalium, Phosphor, Chlor, Magnesium, Silizium, leicht verwertbarem Eisen und den seltenen Spurenelementen Mangan, Bor und Kupfer punkten. Sogar Gold finden wir in Spuren! Diese Mineralstoffe sind äußerst wichtig zur Energiegewinnung, für das Immunsystem, den Wasser- und Säure-Basen-Haushalt, für Blutbildung, Knochen und Zähne. Es findet sich sogar das stimmungsaufhellende Serotonin in dieser unterschätzten Pflanze! - Heilwirkungen der Brennnessel: von Akne und Blutarmut über Haarprobleme und Hauterkrankungen bis hin zu Wechseljahresbeschwerden und Zahnfleischentzündung - Anwendungen und Zubereitungen für die Hausapotheke - Nützliche Tipps für Garten-, Pflanzen- und Tierfreunde - Extra: Brennnessel-Rezepte für die gesunde Küche
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Seitenzahl: 129
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Barbara Simonsohn
Brennnessel. Das Wunderkraut für Gesundheit, Küche und Schönheit
101 Anwendungen und Rezepte
Kompakt-Ratgeber
E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-654-4
(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-652-0, 1. Auflage 2022)
Mankau Verlag GmbH
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Layout: X-Design, München
Satz und Gestaltung: Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich
Energ. Beratung: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring
Bildnachweis:
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Hinweis für die Leser:
Die Autorin hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Verlag und Autorin können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch vorgestellten Anwendungen ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf.
Wer die Brennnessel bis jetzt wegen ihrer »Stacheligkeit« am Wegesrand hat stehen lassen, wird umdenken müssen, denn sie wurde gerade zur »Heilpflanze des Jahres 2022« gekürt – wegen ihrer Vielseitigkeit in Sachen Gesundheit. Ein Superfood direkt vor unserer Haustür, in großen Mengen vorhanden und leicht zu verarbeiten. Es war noch nie so einfach, sich mit wertvollen Vitalstoffen zu versorgen.
Nicht nur für die Gesundheitsprophylaxe ist diese Pflanze ein Geschenk, sondern sie wirkt gegen viele Beschwerden. Lassen Sie sich überraschen, wozu die Brennnessel fähig ist! Vielleicht werden Sie nie wieder von ihr als »Unkraut« sprechen, sondern sie eher als »die Königin der Beikräuter« ansehen.
Herzlich,
Ihre Barbara Simonsohn
Vorwort
Einleitung
Welchen Stellenwert hat die Brennnessel für mich?
Brennnessel – eine wahre Power-Pflanze
Zur Botanik der Brennnesselpflanze
Die Inhaltsstoffe der Pflanze
Das Wundermittel Chlorophyll
Die Brennnesselblätter
Die Brennnesselsamen
Die Brennnesselwurzeln
Die traditionelle Anwendung in der Volksmedizin
PRAXISTEILDie Brennnessel in allen Lebenslagen
Brennnesseln sammeln und konservieren
Blätter pflücken und haltbar machen
Samen sammeln und haltbar machen
Die Brennnesselwurzeln
Brennnesseln für die Haut- und Haarpflege
Rezepte für gesunde und strahlende Haut
Rezepte der Kräuterexpertin Jana Ellmer
Rezepte für schönes und gesundes Haar
Die Brennnessel für Gartenfreunde
Brennnesseljauche
»Starker« Kompost
Mulchen mit Brennnesseln
Anti-Fliegen-Wirkung
Biologisches Insektizid
Biologisches Fungizid
Brennnesseln und ihr Nutzen für Tiere
Brennnesseln für Haus- und Nutztiere
Die Brennnessel als Heilpflanze
Krankheiten und Beschwerden von A bis Z
AbzessbisAsthma
BakterienbisBronchitis
DetoxbisDurchfall
EkzemebisErschöpfung
GallenleidenbisGrippe
FieberbisFrühjahrsmüdigkeit
HaarwuchsproblemebisHusten
ImmunsystembisIschias
KonzentrationsschwächebisKrebs
LeberleidenbisLungenleiden
MagenbeschwerdenbisMilzleiden
NagelpilzbisNierenprobleme
ÖdemeundOsteoporose
PickelundProstatavergrößerung
Rheuma
SchlaflosigkeitbisStress
Trigeminusneuralgie
Unterleibsblutungen
VaginalpilzbisViruserkrankungen
Wechseljahresbeschwerden
Wundheilung
Kreative Brennnesselrezepte
Säfte, Smoothies, Gründrinks
Tees
Suppen und Beilagen
Hauptgerichte
Backwaren und Süßspeisen
Bezugsquellen und Angebote
Interessante Internetlinks
Ausgewählte Studien
Literaturhinweise
Endnoten
Register
Eine meiner Großmütter entfachte in mir schon früh die Liebe zur Natur. Sie war Kräuterkundige, und wenn wir Enkel sie ärgern wollten, riefen wir ihr »Kräuterhexe« hinterher und rannten schnell weg. Damals war ich zu jung, um ihr Heilkräuterwissen entsprechend zu würdigen.
Aber an ein wundervolles Erlebnis kann ich mich dennoch bis heute erinnern. Es war vielleicht Ende Juni, ein strahlend sonniger Morgen, und meine Zwillingsschwester und ich waren etwa zehn Jahre alt und mit unserer Großmutter draußen unterwegs. Zwischen dem Grundstück unserer Großeltern zum Milchbauern hin war ein Graben, an dessen Ufer ein großer Brennnesselhorst wuchs.
Plötzlich nahmen wir dort eine Bewegung wahr. Eine »Wolke« wie aus Seide bewegte sich und trieb über die Wiese. Unsere Oma erklärte uns dieses Phänomen. Sie nannte es die »Hochzeit der Brennnesseln«. Die winzig kleinen Samen der männlichen Brennnessel, fein wie Puderzucker, hatten sich mit einem Windhauch auf den Weg gemacht zu den weiblichen Nesseln, um sich mit ihnen zu vereinen. Brennnesseln sind Windbestäuber. Beim Öffnen stellen sich die eingebogenen Staubgefäße der männlichen Blüten kerzengerade und explosionsartig auf und vertrauen den Blütenstaub als kleines Wölkchen dem Wind an.
Dieses Phänomen, das uns damals verzaubert hat, habe ich seither erst zweimal wieder beobachten können – immer bei schönem Wetter, immer frühmorgens und um die Zeit der Sonnenwende Ende Juni herum. Wer einmal Zeuge dieser stillen Vereinigung war, wird dieses Erlebnis niemals vergessen.
Ich habe von meiner Oma viel altes Kräuterwissen übermittelt bekommen und bin ihr bis heute dankbar. Ab und an habe ich das Gefühl, dass sie mir ihr Wissen immer noch »zuflüstert«, wenn ich ahnungslos ein neues Kraut in den Händen halte.
Vor mehr als vierzig Jahren war ich auf einem biologisch-dynamischen Hof zuständig für die Zubereitung der biodynamischen Präparate (Grundlage hierfür ist der sogenannte landwirtschaftliche Kurs von Rudolf Steiner).
Wölkchen von Blütenstaub im Wind
Das sind Kräuteressenzen, die dem Kompost beigegeben werden, um ihn empfänglich für die »dynamischen« Impulse zu machen, die von den Planeten auf die Erde strahlen. Allein die Brennnessel braucht keine »tierische Hülle« wie die vier anderen biologisch-dynamischen Präparate, sie ist ja schon in einen Mantel aus Tiergiften wie Bienen- und Ameisensäure gehüllt und zudem behaart. Zu bestimmter Zeit gepflückt, wird sie einfach in den Humusboden vergraben und in homöopathischer Dosierung dem Kompost zugesetzt. Die Brennnessel, so sagt Rudolf Steiner in seinem landwirtschaftlichen Kurs, »durchstrahlt den Kompost wie das Eisen das Blut« und sorgt dafür, dass die Urbilder der Pflanzen sich besser inkarnieren können und artgerechter wachsen.
Zurzeit stelle ich die Brennnesseljauche für den Permakulturgarten am Hamburger Volkspark her, und natürlich auch für meinen Schreber- und Hausgarten. Im Herbst sammele ich die kostbaren Brennnesselsamen. Beim Joggen nehme ich in meiner Bauchtasche Einmalhandschuhe und zwei dünne Plastiktüten mit und stribbele die Brennnesselsamen dort hinein, wenn ich auf einen Brennnesselhorst treffe. Dann trockne ich sie zu Hause.
Botaniker nennen die Brennnessel eine anthropochore Pflanze – Anthropos heißt auf Altgriechisch Mensch, und choreia Tanz –, also eine Pflanze, die »mit dem Menschen tanzt«. Die Brennnessel folgt den Menschen überall hin, als wollte sie von ihnen adoptiert, gewürdigt oder gar geliebt werden – eben mit ihnen durchs Leben tanzen. Die Pflanzendeva dieser Pflanze steht sozusagen vor unserer Gartentür und wartet darauf, von uns als Kulturpflanze aufgenommen zu werden – wie einst Feldsalat, Portulak und neuerdings Löwenzahn und Sauerampfer. Devas sind Bilde- oder Wesenskräfte, die dafür sorgen, dass aus einem Petersiliensamen eine Petersilienpflanze wird und nicht zum Beispiel Schnittlauch.
Sie symbolisiert Fülle und Versorgtsein. Sie ist gespickt mit wertvollen Phytonährstoffen und dienlich für die vielseitigsten medizinischen Anwendungen. Sie kostet nichts, und ich fühle mich durch sie von der Schöpfungskraft geliebt und getragen. Wenn Sie Brennnesseln zu sich nehmen, wirken diese im Körper wie Medizin – um vorzeitigen Alterungsprozessen entgegenzuwirken, sich auf kontinuierlicher Weise zu entgiften, im Säure-Basen-Gleichgewicht zu bleiben, sich optimal zu ernähren und gegenüber pathogenen Keimen zu wappnen.
Sie finden in diesem Buch kreative und hilfreiche Rezepte für Gesundheit und Schönheit. Obwohl es Tee, Samen und Wurzeln auch im Bioladen oder im Internet gibt (und auch viele Salben und Essenzen), empfehle ich, selbst rauszugehen, Brennnesseln zu sammeln und zu verarbeiten. Dies ist nicht nur die bei Weitem preiswerteste Lösung, sondern Sie wissen auch, dass die Pflanzen fernab von Abgasen gewachsen sind, es sich um echte Wildpflanzen handelt, die Pflanzenteile vitalstoffschonend verarbeitet werden – und Sie haben die Präparate durch Ihre eigene Schwingung noch wertvoller gerade für sich selbst und Ihre Familie gemacht, als es die Präparate aus der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie vermögen. Eigene edle Handarbeit toppt alles an Qualität!
Es vergeht für mich kein Tag ohne diese grüne und leckere Power-Medizin. Ich habe auch auf Reisen mein magisches grünes Pulver dabei – und einen Tauchsieder. Grüne Blattspitzen pflücke und verzehre ich beim Joggen in Parks. Ein paar Blätter landen in meiner Bauchtasche und werden später zu Tee. Mein Keller ist gut bestückt mit Brennnesselschätzen wie Tee und getrocknete Samen und Wurzeln. Brennnesseln sind zu einem Teil meines Lebens geworden. Die Liebe und Wertschätzung, die ich dieser heimischen Superfood-Pflanze entgegenbringe, fallen doppelt und dreifach auf mich zurück – in Form von Lebenskraft und Lebensfreude, die sie mir täglich schenkt. Krankheiten? Fehlanzeige. Ärzte, Medikamente? Brauche ich nicht.
INFO
BRENNNESSELZEIT IST IMMER!
Wann ist die beste Zeit, Brennnesseln zu sammeln? Allezeit! Im Winter bis in den März hinein können Sie Brennnesselwurzeln ernten und Fasern für Kordeln und Garn suchen, danach gibt es das frische Blattgrün ganzjährig bis zum Frost, und von Sommeranfang bis Ende Oktober finden sich die leckeren Samen, die geschmacklich an Sesam erinnern. Von daher gesehen ist immer Brennnesselzeit, und Sie lesen dies Büchlein gerade zur rechten Zeit.
Jedes Mal, wenn Sie sich mit der Brennnessel beschäftigen, kommen Sie ihrem »Wesen« näher. Egal, ob Sie sie zu einer Salbe oder Haarkur verarbeiten, Blättertee genießen, die Kraft der Samen im Müsli aufnehmen, aus ihren Stängeln Fasern flechten, mit ihr färben, sie im Garten nutzen oder sie fotografieren und zeichnen: Stets werden Sie beschenkt und erleben ihre Kraft und Schönheit.
In meinen Augen ist die Brennnessel in unserem krisenreichen, gestressten und umweltverseuchten Zeitalter von besonderer Bedeutung. Sie stärkt einzigartig unser Immunsystem und schenkt uns die seelische Resilienz, um auf unserem Weg zu bleiben und unseren Seelenplan trotz aller Widerstände zu erfüllen. Die Brennnessel ist seit alters her Heilerin, Gartenhelferin, Ernährerin, Aphrodisiakum, Symbolträgerin, Faserlieferantin, Ritualgewächs und ökologische Verbündete. Der Brennnessel-Enthusiast Ludwig Fischer sagt: »Wenn wir sie noch besser verstehen lernen, wenn wir uns noch aufmerksamer ihr nähern, könnte sie auch unsere Lehrmeisterin für ein gewandeltes Naturverständnis werden.«1
Kaum eine Pflanze hat eine derartige Vitalstoffdichte. Die Brennnessel enthält genau die Stoffe, die wir brauchen: hochwertiges Eiweiß, Eisen und Chlorophyll sowie wertvolle Mineralstoffe und Spurenelemente.
Es gibt Hunderte von Brennnesselarten weltweit. Ich konzentriere mich auf die Große Brennnessel, Urtica dioica. Sie kann bei günstigen Bedingungen bis zu drei Meter hoch und zwanzig Jahre alt werden und steht in Horsten zusammen. Der Name heißt so viel wie »die brennende Zweihäusige«. Bei der Brennnessel sind nämlich männliche und weibliche Pflanzen getrennt.
»Nessel« kommt vom Holländischen »netel«, was Nadel heißt. Es ist aber nicht geklärt, ob sich diese Bezeichnung auf die stechenden nadelartigen Brennhaare bezieht oder auf das Textil, das früher aus Brennnesselfasern hergestellt und mit Nadeln zusammengenäht wurde.
Die Nesselstoffherstellung wurde ab 1700 n. Chr. zunehmend eingestellt, weil Baumwolle aus den USA leichter zu verarbeiten war. Da Baumwolle extrem viel Wasser zum Wachsen braucht und Nesselfasern viel langlebiger und reißfester sind als Baumwollfasern, steht der Brennnessel vielleicht eine Renaissance als Textilpflanze bevor, als Dämmmaterial und zur Herstellung von Fischernetzen und Seilen.
Die Kleine Brennnessel Urtica urens wird nur vierzig Zentimeter hoch. Ihre Stiche sind noch schmerzhafter, und aus ihr werden die homöopathischen Brennnesselpräparate hergestellt. Die Indikationen sind Gicht, juckende Hautausschläge und Nesselsucht. Sie ist im Gegensatz zur großen Brennnessel nicht zwei-, sondern einhäusig, das heißt, männliche und weibliche Pflanzenteile befinden sich in einer Pflanze.
Bis auf das südliche Afrika und die Pole haben sich Brennnesselarten überall auf der Welt verbreitet. Die Große Brennnessel ist in Eurasien, Nordafrika und Nordamerika zu Hause und damit endemisch, in Polynesien sowie Südamerika aber ein Neophyt, also eine neuartige eingewanderte Pflanzenart. Die Kleine und die Große Brennnessel lieben humusreichen Boden, ähnlich wie Vogelmiere und Löwenzahn, und gelten daher als Stickstoffanzeiger bzw. Zeigerpflanze für humosen Boden.
Die Pflanze kommt mit direkter Sonneneinstrahlung klar, mag es aber lieber halbschattig bis schattig und feucht. Die Brennnessel liebt humusreichen und eisenhaltigen Boden, und ihre herzförmigen Blätter sind fein gezackt, unterwärts flaumig und stehen einander gegenüber an einem holzigen und kerzengeraden Stiel. Zerreißt man den Stängel, sieht man lange, bastähnliche Fasern, aus denen unsere Vorfahren einen leinwandähnlichen Stoff, das geschätzte Nesseltuch, hergestellt haben.
Die Brennhaare der Brennnessel
Sowohl die Blätter als auch die Stiele sind von winzigen Brennhaaren übersät. Sie bohren sich bei der kleinsten Berührung in die Haut und spritzen ein Gemisch aus Ameisen- und Essigsäure, Serotonin und Histamin ein, zwar pro Härchen nur ein zehnmillionstel Gramm, aber ausreichend für stundenlanges Leid. Zum Beispiel helfen Wegerich und Springkraut in zerriebener Form, das Brennen der Nessel und die Quaddelbildung zu lindern.
Ab Ende Juni bilden sich kleine grünlich-weiße weibliche Blüten in Trauben an den Blattachsen. Die männlichen Blüten bilden sich zur gleichen Zeit auf den männlichen Pflanzen. Sie stehen in Gruppen in Richtung diagonal aufwärts. Wenn die männlichen Blüten ihren Samen explosionsartig freigeben, erreicht die Wolke daraus auch ohne Wind die weiblichen Blüten, und nach der Befruchtung entstehen winzige Samen oder Nüsschen, eingeschlossen in getrockneten Keimblättern.
Der gelbfarbige Wurzelstock der Großen Brennnessel, von der dieses Buch handelt, ist stark verästelt und bildet in alle Richtungen unterirdische horizontal wachsende Sprossen, Rhizome genannt. Die Wurzeln liegen dicht unter der Erdoberfläche und lassen sich leicht herausziehen. Aus den Wurzeln bilden sich Brennnesselhorste oder Sprossbüschel wie Perlen auf einer Schnur aneinandergereiht.
Alle Teile der Pflanze sind nützlich und heilkräftig – Blüten, Blätter, Stiele und Wurzeln. Je nach Jahreszeit wandert die Lebenskraft der Pflanze im Frühjahr in die Blätter, im Sommer und Frühherbst in die Samen und im Herbst in die Wurzeln. Entsprechend sollten die Pflanzenteile gesammelt werden. Für die Blätter ist eigentlich fast immer »Frühling«, weil Brennnesseln zum Beispiel am Rand von Wiesen häufig gemäht werden und immer wieder frisch austreiben. So kann man auch bis in den Frost hinein leuchtend grüne junge Blätter ernten. Oft schon Ende Januar sieht man die jungen Blätter aus den Wurzeln hervorsprießen. Achtung, sie sind besonders stechend! Wer keine Zeit zum Selbersammeln und Zubereiten hat, findet fertige Brennnesselprodukte im Bioladen oder im Internet, ob getrocknete Blätter für Tee, Samen oder gereinigte, geschnittene Wurzeln. Bei Samen sollte man darauf achten, dass sie unbedingt keimfähig sind. Das kann man selbst ausprobieren, indem man sie auf eine feuchte Küchenrolle ausbringt oder in einem Keimgerät versucht, zum Keimen zu bringen. Nur dann sind die wertvollen Inhaltsstoffe aktiv. Ich propagiere, selbst zu sammeln und bei Rohkosttemperatur zu trocknen.
Die Brennnessel hat für unsere seelische wie körperliche Gesundheit viel zu bieten, sie schenkt uns wertvolle Stoffe zur Ergänzung unserer normalen und leider oftmals vitalstoffarmen Ernährung.
INFO
AUF EINEN BLICK
Brennnesseln enthalten/haben:2
30-mal so viel Chlorophyll wie Kopfsalat und mehr als jede andere heimische Pflanze
50-mal so viel Eisen wie Kopfsalat und doppelt so viel wie Rindfleisch
6-mal so viel Vitamin C wie Zitronen und Spinat
5-mal so viel Protein wie in Avocados
40 Prozent mehr Eiweiß als Soja
ein mehr als 3-mal so hohes antioxidatives Potenzial wie Vitamin E
doppelt so viele Ballaststoffe wie Spinat
6-mal so viel Kalzium wie Spinat
doppelt so viel Mangan wie Spinat
7-mal so viel Magnesium wie Kopfsalat
doppelt so viele langkettige Fettsäuren wie Spinat
3-mal so viel Polysaccharide wie Spinat
den höchsten Gehalt an löslicher Kieselsäure von allen Pflanzen
Die berühmte Heilerin Hildegard von Bingen (1098–1179) sprach von »Viriditas«, der Grünkraft Gottes, dem grünen Feuer, der grünen Lebensenergie. »Viridis« heißt auf Lateinisch »grün(lich)«. »Es gibt eine Kraft, seit Ewigkeiten, und diese Kraft und ihr Potenzial sind grün.