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Bruder Augustin, der sich mit seinem Beinahmen „Alveldt (Alveldianus)“ vielleicht auf seinen Geburtsort bezog, vermutlich auf die heutige Stadt Alfeld an der Leine südlich von Hildesheim, trat ungefähr um 1500 in einem Kloster der damaligen Observanten-Vikarie der franziskanischen Saxonia bei. Wichtig für seine Entwicklung und für seine spätere Tätigkeit, vor allem für Alveldts Gegnerschaft zur frühen deutschen Reformation, wurde ein nicht näher zu bestimmender Aufenthalt im damaligen Livland (heute Lettland und Estland). Gerade die von Alveldt offenbar negativ erfahrene religiöse Pluralität in Livland hat sein späteres Vorgehen gegen alle Gefährdung kirchlicher Einheit mitgeprägt. Überliefert ist Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel in der Handschrift von Bernhard Dappen, wie sie zum Glück in der Wolfenbütteler Herzog-August-Bibliothek erhalten blieb (Cod. Guelf. 1095 Helmst.) und nun der Forschung zur Verfügung steht. Alveldts Texte, nämlich sein einleitender Brief an die Brüder sowie seine Verteidigung der Franziskus-Regel, datierte er beide an das Ende seines Dienstes als Provinzialminister. Den Brief dürfte Alveldt erst nach der Schrift selbst geschrieben haben, denn der Brief verwies auf die bereits vorliegende Darlegung der Regel, wenn Alveldt schrieb: „Sammelt die Bruchstücke des Evangeliums, die ihr hier seht.“ Aus Bruchstücken des Evangeliums ergab sich nach einem legendären Traum des Franziskus und seiner angeblich gottgegebenen Deutung wie aus vernachlässigten Brosamen die Regel als „Brot des Evangeliums“. Und dieses „Brot des Evangeliums“ wollte Alveldt erneut seinen Brüdern reichen.
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herausgegeben von der Fachstelle Franziskanische Forschung (FFF)
in Verbindung mit der Werkstatt Franziskanische Forschung (WFF)
Vorwort
Einführung
1. Literatur
1.1. Quellen
1.2. Sekundärliteratur
2. Abkürzungsverzeichnis
2.1. Biblische Schriften
2.2. Abkürzungen von Werken, Reihen und Zeitschriften
2.3. Allgemeine und technische Abkürzungen
3. Zum Vorhaben der Edition von Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel
3.1. Forschungsstand
3.2. Zu Leben und Werk des Augustin von Alveldt
3.3. Alveldts Regelverteidigung in Dappens Handschrift (MsD)
3.4. Eine Regelverteidigung als Regel-Erklärung
3.5. Alvelds Verhältnis zur Heiligen Schrift und zur Bullierten Regel seines Ordens in kritischer Sicht
4. Zur Edition des Textes
Kritische Edition und deutsche Übersetzung
In Fulda schrieb 1899 Leonhard Lemmens die „Vorrede“ zu seinem Buch über „Pater Augustin von Alfeld. Ein Franziskaner aus den ersten Jahren der Glaubensspaltung in Deutschland“.1 Weil Leonhard Lemmens von seiner franziskanischen Heimatprovinz Saxonia zur Verfügung gestellt wurde, arbeitete er damals für die Thüringische Provinz von der heiligen Elisabeth, die er als Lektor in der Ausbildung der jungen Brüder und bei der Darstellung ihrer Geschichte mehrere Jahre unterstützte. Das war noch vor der bekannteren Forschungstätigkeit von Leonhard Lemmens in Quaracchi bei Florenz, aber von großer Bedeutung für unsre frühere Ordensprovinz Thuringia mit ihrem Zentrum in Fulda. In dankbarer Erinnerung sei daher noch aus Fulda Leonhard Lemmens diese editorische Arbeit zu Augustin von Alveldt gewidmet!2 Denn, obwohl meine Schreibweise des Namens von Alveldt (Alfeld) sowie die Beurteilung von Alveldts Theologie den Vorgaben des verehrten Mitbruders und bedeutenden Forschers nicht einfach folgen werden, hat Leonhard Lemmens damals einen grundlegenden Beitrag zur Erforschung der Geschichte des niedersächsischen Franziskaners Augustin von Alveldt und seiner weit über die Geburtsheimat hinaus wirksamen Tätigkeit erbracht. Wie Leonhard Lemmens selbst, „weist“ daher die folgende editorische Arbeit „Alfeld einen ehrenvollen Platz unter den katholischen Streitern des 16. Jahrhunderts an“.3 Dabei erkannte Lemmens seiner Zeit nicht jene Schrift Alveldts, die nun ediert werden soll. Denn er hat zwar aus dieser Schrift und aus der entsprechenden Handschrift der Herzog-August-Bibliothek zu Wolfenbüttel4 den einleitenden Brief Alveldts publiziert5, ihn aber anscheinend nicht als Einleitung zu der in der Handschrift folgenden Schrift Alveldts erkannt, sondern ihn nur als Amtsschreiben des Provinzialministers Augustin von Alveldt zum Ende seiner Amtszeit 1532 verstanden.6 In diesem Brief nannte Augustin von Alveldt die Franziskus-Regel „wahrhaft das Brot des Evangeliums“, das er seinen Brüdern als „wahres Brot des Lebens, der Gerechtigkeit und der Lehre“ reichen wollte.7 In seiner gesamten Schrift meinte Alveldt damit die so genannte Regula Bullata (Bullierte Regel) der Minderbrüder, auf die er damals allein zu sprechen kam, da er andere Schriften und Regeln des Franziskus von Assisi, besonders die heute so eifrig erforschte Regula non Bullata (Nicht bullierte Regel), noch nicht erwähnte.8 So hat es einen Sinn, die mit dem Brief verbundene Schrift Alveldts einfach als „Verteidigung der Franziskus-Regel“ zu überschreiben. Denn die Herkunft der im Orden geltenden Regel von dem hoch verehrten, heiligen Gründer Franziskus aus Assisi hatte für Alveldt eine große und maßgebende Bedeutung. Gerade wegen dieser Herkunft von Franziskus und damit für Alveldt grundlegend vom Evangelium Jesu Christi her verteidigte er die Ordensregel gegen Angriffe, denen sie von reformatorischer Seite ausgesetzt war. Die apologetische Tendenz von Alveldts Schrift erscheint sehr zeitgebunden. Die darin formulierte Polemik gegen die Gegner wurde dem Anliegen der Reformation nicht gerecht. Das macht Alveldts Schrift jedoch nicht völlig unbrauchbar. Historisch gesehen bleibt die Verteidigung der Franziskus-Regel durch Augustin von Alveldt ein wichtiges Dokument für ein damaliges Verständnis von Franziskus und dessen Regel. Zugleich ist die Schrift Dokument franziskanischer Lebenspraxis bei observant geprägten Brüdern der Saxonia sanctae Crucis. Diese damals bedrängten Brüder waren nämlich die Adressaten, die Alveldt unmittelbar ansprechen und deren Leben er geistlich vertiefen und bestärken wollte. Die Sicht Alveldts und vieler seiner Brüder damals kann selbst im franziskanischen Orden nicht mehr ohne weiteres geteilt werden. Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel im damaligen Konflikt wirft eher erneut die Frage auf, ob und in welchem Sinn die Franziskus-Regel und das ihr entsprechende Leben im Orden den Menschen wahrhaft „das Brot des Evangeliums“ reichen: Das rechtfertigt die geschichtliche Distanz zu diesem Text in einer Reihe: „Quellen zur franziskanischen Geschichte“. Doch diese Reihe soll noch heutigen Schwestern und Brüdern in der franziskanischen Familie sowie allen interessierten Leserinnen und Lesern zu einem tieferen Verständnis franziskanischen Lebens dienen. Für die Aufnahme der Edition in diese Reihe danke ich daher meinen Brüdern und Freunden in der Werkstatt Franziskanische Forschung (WFF), denen ich für viele hilfreiche Gespräche und Anregungen verpflichtet bin. Besonders aber danke ich der Fachstelle Franziskanische Forschung in Münster (FFF) mit Angelica Hilsebein, Christian Loefke, Bernd Schmies und Lars Schulenburg, die in großer Freundschaft und mit viel Arbeit zur Realisierung des Drucks Entscheidendes beitrugen. Ohne die große Freiheit und Ermutigung zur Forschung und wissenschaftlichen Arbeit, die ich meinem früheren Konvent auf dem Fuldaer Frauenberg und meinem jetzigen in Halberstadt wie auch der gesamten Deutschen Franziskanerprovinz Germania verdanke, gäbe es weder Grund noch Gelegenheit zu dieser Danksagung. In meinen Dank möchte ich jedoch viele andere einbeziehen, die diese Arbeit außerhalb meines engeren Wirkungskreises unterstützten, besonders die Damen und Herrn in der Herzog-August-Bibliothek zu Wolfenbüttel wie im Landesarchiv Sachsen-Anhalt und in der Anhaltinischen Landesbücherei zu Dessau, die mich stets gastfreundlich aufnahmen und mir großzügig beistanden.
Fulda und Halberstadt, 2013/16
Johannes Karl Schlageter OFM
1 Vgl. LEMMENS, Leonhard: Pater Augustin von Alfeld. Ein Franziskaner aus den ersten Jahren der Glaubensspaltung in Deutschland (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes, hg. von Ludwig PASTOR, I/4). Freiburg / Breisgau 1899. Die „Vorrede“ von Lemmens ist datiert: „Fulda, 22. Februar 1899“, ebd. V. Daran erinnerte ich mich selbst von neuem, als ich zu Fulda meine eigene Arbeit zu dem nun vorliegenden Text des Franziskaners Augustin von Alveldt begann.
2 Wie bei den meisten Autoren wird von mir jedoch Alveldts Name in seiner eigenen frühhochdeutschen Schreibweise wiedergegeben. Eine kleinere Schrift Augustins von Alveldt hat bereits Leonhard Lemmens in ihrer originalen frühhochdeutschen Version ediert. Siehe AUGUSTIN VON ALFELD O.F.M.: Eyn Vorklerunge aus heller Warheit, ob das Salve Regina Misericordie eyn christlicher Lobesang sey oder nicht, hg. von Leonhard LEMMENS (Corpus Catholicorum 11b). Münster / Westf. 1926, 50–102. Diese Schrift selbst beginnt ja: „Augustinus Alveldt wunschet dem christlichen Leser seligkeit (ebd. 59).“ Es gibt freilich bei Alveldt auch die deutsche Variante „Alveld“. Vgl. AUGUSTIN VON ALFELD O.F.M: Wyder den Wittenbergischen Abgot Martin Luther, hg. von Käthe BÜSCHGEN (Corpus Catholicorum 11a). Münster / Westf. 1926, 1–47. Hier steht zu Anfang: „Wyder den wittenbergischen abgot Martin Luther Augustinus Alveld, guardian zu Hall yn Sachßen“ (ebd. 25).
3 LEMMENS, Pater Augustin V.
4 Siehe Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 1095 Helmst.[im Folgenden abgekürzt: MsD], fol. 246r.
5 Vgl. LEMMENS, Leonhard: Niedersächsische Franziskanerklöster im Mittelalter. Beitrag zur Kirchen- und Kulturgeschichte. Hildesheim 1896, 43 Anm. 2; DERS.: Pater Augustin 104.
6 Vgl. LEMMENS, Pater Augustin 94. – Übrigens wurden von Lemmens später weitere Briefe Alveldts vorgestellt und in einem Register erfasst. Gemeint sind Briefe, die Alveldt von 1525–1529 als Guardian zu Halle/Saale an die Fürstenwitwe und Regentin Margarete von Anhalt, geborene Herzogin von Münsterberg, schrieb. Dazu LEMMENS, Leonhard: Aus ungedruckten Franziskanerbriefen des XVI. Jahrhunderts (Reformations-Geschichtliche Studien und Texte, 20). Münster 1911, 35–44; 82–84 Register nn. 28–36). Diese Briefe Alveldts befinden sich heute im Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau [LASA, DE], unter Z 6 Nr. 19. Siehe die ausführliche Besprechung einiger dieser Briefe bei SCHLAGETER, Johannes: Kontroverstheologische „Loci Communes“ des Franziskaners Augustin von Alveldt. In: Wissenschaft und Weisheit [WiWei] 74 (2011) 16–54, besonders 20–25.
7 MsD, fol. 246r: „vere panem Euangelicum, panem veritatis vite, iustitie atque doctrine“.
8 Erst in Alveldts letzter Schrift, seiner Erklärung der Klarissen-Regel Papst Urbans IV., kam er 1535 auf die Regula non Bullata kurz zu sprechen. Vgl. dazu bereits SCHLAGETER, Johannes: Franziskanische Bildung und Tradition bei Augustin von Alveldt (vor 1485 bis nach 1535). In: Europa und die Welt in ihrer Geschichte. FS zum 60. Geburtstag von Dieter BERG, hg. von Raphaela AVERKORN / Winfried EBERHARD / Raimund HAAS / Bernd SCHMIES. Bochum 2004, 335–363, hier 359f. Anm. 88
AUGUSTIN VON ALVELDT: Super Apostolica sede. Leipzig 1520. In: Flugschriften Fiche 335 / Nr. 947.
AUGUSTIN VON ALVELDT: Ein gar fruchtbar vnd nutzbarlichen buchleyn von dem Babstlichen stul vnd von sant Peter. Leipzig 1520. In: Flugschriften Fiche 86 / Nr. 229.
AUGUSTIN VON ALVELDT: Ein Sermon darinnen sich Bruder Augustinus von Alveldt. S. Francisci ordens des so in Bruder Martinus Luther Augustiner Ordens vnder vil schmelichen namen gelestert vnd geschent, beclaget. Leipzig 1520. In: Flugschriften 343 Fiche Nr. 970.
AUGUSTIN VON ALFELD: Wyder den Wittenbergischen Abgot Martin Luther, hg. von Käthe BÜSCHGEN (Corpus Catholicorum 11a). Münster / Westf. 1926, 1–47.
AUGUSTIN VON ALFELD: Eyn Vorklerunge aus heller Warheit, ob das Salve Regina Misericordie eyn christlicher Lobesang sey oder nicht, hg. von Leonhard LEMMENS (Corpus Catholicorum 11b). Münster / Westf. 1926, 50–102.
AUGUSTIN VON ALVELDT: Loci Communes Alveldiani. In: Anhaltinische Landesbücherei Dessau-Roßlau Hauptbibliothek, Georg Hs. 113 4o, fol. 0r-64r.
AUGUSTIN VON ALVELDT: Verteidigung der Franziskus-Regel. In: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 1095 Helmstedt [MsD], fol. 246r-297r.
AUGUSTIN VON ALVELDT: Regula Diue Virginis Re et nomine Clare An debeat dici Euangelica. Bayerisches Nationalmuseum München, Ms. 375.
BERTRAM, Johann Friedrich (Hg.): Friderici Myconii evangelischen Pastoris und ersten Superintendenten zu Gothe erbauliches Schreiben an Paulum Eberum. Aus dem Lateinischen ins Teutsche übersetzt und zu allgemeiner Erbauung ans Licht gestellet. Halle 1776.
Biblia sacra Vulgatae editionis Sixti V. iussu recognita et Clementis VIII. auctoritate edita, Editio emendatissima apparatu critico instructa cura et studio monachorum abbatiae S. Hieronymi in Urbe. Roma 1959.
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Franziskus-Quellen. Die Schriften des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chroniken und Zeugnisse über ihn und seinen Orden, im Auftrag der deutschsprachigen Franziskaner, Kapuziner und Minoriten hg. von Dieter BERG / Leonhard LEHMANN (Zeugnisse des 13. und 14. Jahrhunderts zur Franziskanischen Bewegung, Band 1: Franziskus-Quellen). Kevelaer 2009.
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FRITZHANS, Johannes: Johannes Fritzschans an ein Erbarnen Ersamen weyßen radt unnd gantze Christliche gemeyn der stadt Magdeburg, Gottis wort vnd sein abschiet belangende, mit eyner sermon, wie man Gottis wortt predigen soll. Wittenberg 1523. In: Flugschriften Fiche 271 Nr. 771.
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2 Petr
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Bullierte Regel (Regula Bullata) der Minderbrüder. In: Franziskus-Quellen 94–102
RB
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SSER
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, Opuscula 366–371
B
IBLIA
S
ACRA
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TEPHANUS
CSEL
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E
SSER
/ G
RAU
, Opuscula
E
SSER
, Kajetan: Die Opuscula des hl. Franziskus von Assisi. Neue textkritische Edition. Zweite, erweiterte und verbesserte Auflage, besorgt von Engelbert G
RAU
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FrS
Franziskanische Studien
LThK
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MsD
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additur
Bd.
Band
Ebd., ebd.
Ebenda, ebenda
Ed., ed.
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dupl.
duplicatur, dupliciter
fol.
folium, folia [Blatt, Blätter]
FS
Festschrift
Hg., hg.
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OESA
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OFM
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OFMConv
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OFMCap
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O.Min.
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om.
omittitur
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numero, Nummer, numeri
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r
recto
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u.a.
und andere
v
verso
WA
Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers
z. B.
zum Beispiel
9 Es werden nur jene biblischen Schriften mit ihren Abkürzungen angeführt, die in der Schrift Augustins von Alveldt zitiert werden bzw. in erkennbaren Anspielungen erscheinen.
10 In vortridentinischen Vulgata-Editionen wurde dieses angeblich dritte Buch des Esra [Liber Esdrae Tertius – III Esd bzw. 3 Esra], nach den Büchern Esra und Nehemia, noch in der alttestamentlichen Bibel aufgeführt. Daher zitierte Alveldt daraus wie aus einer biblischen Schrift. Vgl. dazu: Testamenti Veteris et Noui BIBLIA SACRA ex Hebraeo et Graeco Latina facta. Altera translatio Vetus est, altera Noua cum additionibus Francisci Vatabili, prout vtramque Regio priuilegio ornatam ROBERTUS STEPHANUS anno M.D.XlV. [1514] Lutetiae [Paris] edidit. [Nachdruck] Hanoviae [Hannover] Typis Wechlianis, apud Claud. Marnium et haeredes Iohannis Aubrii, MDCV [1605], hier 604–623: „Liber Esdrae Tertius qui inter Apocrypha ponitur.“ Die hier genannte ältere Version („translatio Vetus“) ist die vortridentinische Vulgata [im Folgenden zitiert: BIBLIA SACRA].
11 Weil die lateinischen Abkürzungen von „Ecclesiastes“ (Ecl) und von „Ecclesiasticus“ (Ecli) leicht zu verwechseln sind, werden ihnen zu Verdeutlichung auch im lateinischen Text und seinen Fußnoten zusätzliche Kürzel beigegeben, also für „Ecclestiastes (Cohelet)“ Ecl-Coh und für „Ecclesiasticus (Iesus Sirach)“ Ecli-Sir.
Die Einführung will sich nicht allgemein mit Leben und Persönlichkeit, Tätigkeit und Werk des Franziskaners Augustin von Alveldt beschäftigen. Denn das erforderte eine umfassendere Darstellung, die hier nicht einmal versucht, geschweige denn geleistet werden kann. Zudem gibt es eine Arbeit, die vor nicht allzu langer Zeit diese Gesamtdarstellung unternommen hat, soweit das in der weitgespannten Zielsetzung jener Arbeit, die über Augustin von Alveldt hinausging, möglich war. Diese Arbeit, nämlich von Heribert Smolinsky: „Augustin von Alveldt und Hieronymus Emser. Eine Untersuchung zur Kontroverstheologie der frühen Reformationszeit im Herzogtum Sachsen“12, ist für diese Edition von Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel entscheidend. So ist insgesamt auf diese wertvolle und sehr anregende Darstellung Smolinskys hinzuweisen; denn anscheinend hat sich seither niemand mehr so eingehend mit Augustin von Alveldt beschäftigt.13
Die Einführung zu einer Edition von Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel kann sich daher auf jene Aspekte von Leben und Persönlichkeit, von Tätigkeit und Werk Augustins von Alveldt beschränken, die die für diese Schrift von besonderer Bedeutung sind. Dabei geht es vor allem um die franziskanische Seite von Alveldts Leben, Theologie und Spiritualität. Denn sie bestimmte maßgebend sein Verständnis von Franziskus und von dessen Regel bzw. von einem franziskanisch-regeltreuen Leben. Diese franziskanische Seite in Alveldts Leben und Wirken kam besonders in der zu edierenden Schrift und in ihrer handschriftlichen Überlieferung mit sehr großer Deutlichkeit zum Ausdruck.
Dass der Franziskaner Leonhard Lemmens sich der franziskanischen Seite im Leben und in der Tätigkeit von Alveldt in besonderer Weise zugewandt hatte, verwundert nicht. Er beschrieb neben Alveldts schriftstellerischer Tätigkeit auch dessen übriges Wirken als Lehrer seiner Brüder, als Guardian zu Halle/Saale und dann als verantwortlicher Provinzialminister in einer schwierigen Zeit. Lemmens hatte bereits in seiner Arbeit über „Niedersächsische Franziskanerklöster“ die Observanzbewegung behandelt, die auch im dortigen Raum immer mehr franziskanische Konvente prägte.14 Sie sollte seit Ende des 15. Jahrhunderts Ausbildung und Denkrichtung des jungen Franziskaners Augustin von Alveldt maßgeblich bestimmen. Leider ging Lemmens kaum auf das besondere Studienprogramm der sächsischen Observanten-Vikarie ein, die neben der übrigen franziskanischen Saxonia ihr Eigenleben und damit ihre eigene Richtung des Denkens pflegte. Gerade von daher lässt sich verstehen, in welcher Weise der vor 1485 vielleicht im heutigen Alfeld an der Leine, südlich von Hildesheim, geborene,15 spätere Bruder Augustin von der Observanzbewegung sowie von ihrem Lebens- und Bildungsprogramm angezogen und geprägt wurde. Intensiver behandelte Lemmens dagegen in diesem ersten Beitrag die beginnenden Auseinandersetzungen der Reformationszeit, an denen sich Augustin von Alveldt als theologischer Lehrer seines Ordens wie als Oberer in verschiedenen Ämtern auf franziskanischer Seite führend beteiligte. Alveldt schaltete sich 1520 literarisch zuerst mit der Verteidigung der traditionellen Deutung des römischen Papsttums in den Kampf ein.16 Das hing bereits mit der Bindung des Minderbrüderordens und besonders der Regel-Observanz an die päpstliche Autorität zusammen, wie sie dann später in Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel deutlich zum Ausdruck kam. Der eigentümliche franziskanische Akzent von Alveldts Gegnerschaft zur beginnenden Reformation zeigte sich zuerst explizit in einer Disputation zu Weimar im Januar 1522 mit dem Erfurter Augustiner und Lutherfreund Johannes Lang. Diese Disputation hatte Lemmens in seinem ersten Beitrag nur kurz erwähnt,17 stellt sie aber in seiner Monographie über „Pater Augustin“ ausführlicher dar.18 Leider hat Lemmens jedoch den theologischen und spirituellen Gehalt von Alveldts Thesen nicht näher besprochen. Da es zudem bald nicht nur um akademische Disputationen ging, sondern die Existenz der Brüder und ihrer Konvente auf dem Spiel stand in Städten und Herrschaften, die der Reformation zuneigten oder sich ihr anschlossen, musste sich nun Alveldt besonders in diesen religionspolitischen Kampf einschalten. In seinem Beitrag über „Niedersächsische Franziskanerklöster“ erwähnte Lemmens nur kurz ein Schreiben, das Alveldt 1530 als Provinzialminister mit anderen Brüdern an den Rat der Stadt Lüneburg richtete, um die städtische Obrigkeit von vernichtenden Maßnahmen gegen das dortige Kloster abzuhalten.19 Dieses Schreiben gab dann Lemmens in seiner Arbeit über „Pater Augustin“ im Wortlaut wieder.20 Diese Arbeit war in sehr ausgeprägter Weise der Auseinandersetzung Alveldts mit der Reformation gewidmet, wie bereits ihr Untertitel andeutet: „Ein Franziskaner aus den ersten Jahren der Glaubensspaltung in Deutschland.“21 Die Bezeichnung „Glaubensspaltung“, die Lemmens an die Stelle der üblichen Bezeichnung der nach ihm nur „sog[enannten] Reformation“22 setzte, verstand er aber nicht als das Ende des Geschehens, nämlich als die schließlich einander feindlich bekämpfenden Konfessionen. Die Spaltung des Glaubens zeichnete sich in seiner Sicht bereits früh ab. Ob das Alveldt und seine Brüder zu ihrer Zeit so sahen, scheint fraglich. Es ist eher die Sicht von Lemmens selbst, der Alveldt am Ende des 19. Jahrhunderts gegen die ins Feld geführten protestantischen Vorurteile verteidigen wollte. Der angebliche „Esel“ oder bloß „ärgerliche Schreier“ erschien als „mutiger und unerschrockener Verteidiger des alten Glaubens und der bestehenden Einrichtungen in Gesellschaft und Kirche“.23 Dass passte in die gegen Ende des 19. Jahrhunderts herrschende restaurative Richtung römischkatholischer Neuscholastik, wie sie Lemmens vertrat. Die observanten Franziskaner in ihrer 1518 neugebildeten Ordensprovinz Saxonia Sanctae Crucis traten zwar 1519 früh mit Alveldts späterem Mitstreiter und Kopisten Bernhard Dappen (Doppen) in Jüterbog und mit Alveldt in Leipzig gegen Luther und seine Anhänger auf. Trotzdem konnte von einer „Glaubensspaltung“ noch keine Rede sein.24 Dass die Fronten damals nicht so klar waren, sah auch Lemmens, weil Dappens und Alveldts Ordensbrüder sich deren Angriffen gegen Luther und seine Freunde weithin nicht anschließen konnten.25 Das änderte sich jedoch bald, so dass Alveldt in seinem weiteren literarischen Kampf gegen Luther geradezu als Exponent des tradierten franziskanischen Verständnisses von Leben und Einheit der Kirche erschien, und zwar den Freunden wie den Gegnern. Das wurde von Lemmens gut dargestellt, ohne dass er immer den franziskanischen Aspekt deutlich machte, in dem es Alveldt mehr um die Praxis des Glaubens ging, vor allem um Gottesdienst, Pastoral und christliches Leben, als um die theoretischen Fragen reiner Lehre.26 Insgesamt freilich überschätzte Lemmens die theologische Kompetenz und Leistung von Alveldt, die er verteidigen wollte und deren Grenzen er deswegen kaum kenntlich machte.27
Diese kritische Sicht auf Lemmens findet sich ähnlich in der weit gespannten Arbeit von Heribert Smolinsky, der allerdings ebenfalls die Bedeutung der Monographie von Lemmens für die Forschung über Augustin von Alveldt hervorhob.28 Smolinsky behandelte sehr differenziert die literarische Tätigkeit Alveldts.29 Dabei nahm er auch die inzwischen von Paul Lehmann entdeckte und von Hieronymus Spettmann beschriebene Erklärung Alveldts von 1535 zur Klarissen-Regel genauer in den Blick.30 Denn Smolinsky wollte und konnte nun beinahe das gesamte Werk Alveldts eindringlich in seinem Zusammenhang darstellen.31 Auf den franziskanischen Aspekt von Alveldts Theologie und Spiritualität ging er vor allem bei dessen letzten Werken zur Franziskus- und zur Klarissen-Regel ein.32 In diesem Zusammenhang wies Smolinsky erstmals überzeugend nach, dass gerade die Schrift zur Franziskus-Regel von Alveldt stammt. Denn einmal abgesehen von dem einleitend überlieferten Brief Alveldts,33 nannte dieser Text selbst seinen Autor nicht beim Namen und könnte etwa von dem Schreiber der Wolfenbütteler Handschrift Bernhard Dappen verfasst worden sein.34 Doch der Zusammenhang in Inhalt und Methode mit der von Augustin von Alveldt namentlich überlieferten Erklärung zur Klarissen-Regel ist so eindeutig, dass Smolinsky die Verteidigung der Franziskus-Regel mit großer Sicherheit Alveldt selbst zuschrieb.35 Auf dieser Basis konnte ich bereits in meinen Arbeiten zur Provinzgeschichte der Saxonia und besonders zur theologischen Auseinandersetzung der Franziskaner in der Saxonia mit der frühen deutschen Reformation sowohl Bernhard Dappen wie besonders Augustin von Alveldt würdigen.36
Infolge der bereits geleisteten und publizierten Vorarbeit darf sich diese Übersicht auf das konzentrieren, was in Leben und Werk Alveldts sich auf seine zu edierende Verteidigung der Franziskus-Regel beziehen lässt. Dabei geht es zuerst um die unübersehbare Verankerung des Bruders Augustin von Alveldt in der observanten Richtung seines franziskanischen Ordens. Bruder Augustin bezog sich mit seinem Beinahmen „Alveldt (Alveldianus)“ vielleicht auf seinen Geburtsort, auf die heutige Stadt Alfeld an der Leine südlich von Hildesheim. Er dürfte ungefähr um 150037 in ein Kloster der damaligen Observanten-Vikarie der franziskanischen Saxonia eingetreten sein. Jedenfalls ging es Alveldt, wie der übrigen Observanzbewegung, um eine striktere Beobachtung („observantia“) der Ordensregel. Doch wie und wo Alveldts Ordenseintritt geschah, lässt sich leider aufgrund der bisher bekannten Dokumente nicht klären. Alveldt nahm in seinen Schriften kaum Bezug auf seine persönliche Biographie. Zu Beginn seiner ersten Schrift „Super Apostolica sede (Über den apostolischen Stuhl)“ schrieb er jedoch von den Heiligen Schriften: „in ihnen habe ich (fern sei im Wort der Neid) bereits, seit ich ein Junge (puer) war, die Zeit und meine Jugendjahre verbracht.“38 Diese frühe Beziehung Alveldts zur Bibel lässt entweder auf ein religiös aufgeschlossenes Elternhaus oder wahrscheinlicher auf einen intensiven Schulunterricht mit Texten der Heiligen Schrift schließen. Ein solcher Unterricht, etwa an einer Schule im Geiste der devotio moderna, wie ihn damals Luther in Magdeburg erlebte, könnte vor Alveldts Eintritt in den Orden stattgefunden haben. Die Observanzbewegung lehnte zwar eine Aufnahme und Schulung von Jungen ab. Eine intensive Einführung in die Heiligen Schriften der lateinischen Bibel aber war vorgesehen im franziskanisch-observanten Bildungs- und Lebensprogramm, so dass Alveldt seine frühe Bibelkenntnis darauf zurückführen könnte. Denn die Observanzbewegung nahm die Kenntnis der lateinischen Bibel und ihrer traditionellen Auslegung sowie die Übersetzung biblischer Weisungen in die Lebenspraxis der Brüder viel wichtiger als einen akademischscholastischen Lehrbetrieb in der damaligen Art universitärer Spätscholastik.39 Bei dem zu edierenden Text wird es sich jedenfalls zeigen, dass Alveldt wie sein Abschreiber Bernhard Dappen weite Teile der Bibel in der damaligen lateinischen Vulgata-Version sehr gut, ja vermutlich auswendig, kannten und sich darauf bezogen, ohne dabei auf deren exakte und wörtliche Wiedergabe besonderen Wert zu legen.40 Lemmens schrieb zu Alveldts intellektueller Bildung: „Die lateinische Sprache ist ihm sehr geläufig; in hohem Maße ist er vertraut mit den Schriftstellern des klassischen Altertums, bei vielen Gelegenheiten bringt er Bilder und Namen aus der alten Sage, die griechische und hebräische Sprache hat er ebenfalls in seine Studien aufgenommen; er kennt und citiert eine größere Zahl der humanistischen Schriftsteller.“41 Alveldt hatte ein Stück weit die damals erneuerte Kenntnis der Antike in sich aufgenommen, soweit sie zur Allgemeinbildung geworden war und in Schulen den Bildungsbeflissenen nahe gebracht wurde. Alveldts Latein war aber kaum an der humanistischen Renaissance der lateinischen und griechischen Klassik etwa in der Art eines Erasmus von Rotterdam orientiert und geschult, obwohl er diesen und andere humanistische Autoren kannte und zitierte. So blieben besonders Alveldts Kenntnisse des Griechischen und Hebräischen auf einige Lesefrüchte beschränkt, die er in seinen Schriften gerne einmal anbrachte, ohne viel davon zu verstehen oder das Angelesene sehr genau zu nehmen.42 Wichtiger wurde für seine Entwicklung und für seine spätere Tätigkeit, vor allem für Alveldts Gegnerschaft zur frühen deutschen Reformation, ein nicht näher zu bestimmender Aufenthalt im damaligen Livland (heute Lettland und Estland). Dorthin hatte sich die franziskanische Observanzbewegung, ausgehend von der observanten Vikarie der Saxonia mit der späteren Observanten-Provinz Saxonia sanctae crucis ausgebreitet.43 Hier konnte Alveldt die russisch-orthodoxe Kirche kennenlernen. Doch eher abfällig urteilte Alveldt später infolge eigenen Erlebens über die russische Orthodoxie und deren Glaubenspraxis.44 Die missionarische Tätigkeit unter heidnischen Esten bestimmte entscheidend sein Bild einer katholischen Kirche, die sich weiterhin ausbreitete, so dass der von Jesus Christus dem Simon Petrus in Mt 16,18 verheißene Bau der Kirche weiter gehen musste.45 Gerade die von Alveldt offenbar negativ erfahrene religiöse Pluralität in Livland hat sein späteres Vorgehen gegen alle Gefährdung kirchlicher Einheit mit geprägt. Das lässt sich auch bei dem franziskanisch-observanten Lektor zu Riga Antonius Bomhower erkennen, mit dem Alveldt 1523/24 in Rom gemeinsam gegen die Lutheraner vorgehen sollte. Denn Bomhower verglich die Lutheraner religiös mit den in seiner Sicht von Rom abgefallenen und irrgläubigen Russen oder Moskowitern.46 Bomhower erzählte zudem in seinem niederdeutsch geschriebenen Brief, dass Alveldt auf dem Weg nach Rom krank in Urbino lag. Er habe ihm seinen eigenen Gefährten Borchard zur Unterstützung gesandt; und er erwarte von Alveldt mit Hilfe des Guardians zu Leipzig finanzielle Unterstützung bei seinen Bemühungen um ein erneutes und verschärftes Vorgehen gegen Lutheraner.47 Bei Bomhower verband sich mit dem Kampf gegen Lutheraner der Einsatz für eine tiefgreifende Reform der römisch-katholischen Kirche, wie seine an die päpstliche Kurie unter Clemens VII. gerichtete lateinische „Informatio“ von 1524 es deutlich aussprach.48 Auch diese Verbindung des gegenreformatorischen Kampfes mit einer von oben verordneten Kirchenreform lag Alveldt infolge der observanten Reformbewegung des Ordens nahe, wie frühere gelegentliche Bemerkungen es zeigten.49
Alveldts Stärke in seiner Auseinandersetzung mit der Reformation ergab sich jedenfalls nicht aus einer besonderen Vertrautheit mit der mittelalterlichen Scholastik, obwohl sich bei ihm franziskanische Schultradition erkennen lässt, eher aber in der Beziehung zu Bonaventura als etwa zu Johannes Duns Scotus oder gar zu jüngeren Autoren. Dass er auf die franziskanische Schultradition in seiner literarischen Auseinandersetzung kaum explizit zu sprechen kam, war jedoch entscheidend bestimmt durch die Erfahrung, mit dem reformatorischen Gegner nicht auf dieser Ebene argumentieren zu können.50 So konnte und musste Alveldt seine ihm vertraute Stärke ausspielen, nämlich seine extensive und intensive Bekanntschaft mit der Heiligen Schrift. Er vermochte allerdings die Bibel kaum anders zu lesen und zu verstehen als im Lichte ihrer traditionellen lateinischen Version und Auslegung und stieß gerade damit in der Auseinandersetzung mit dem neuen Schriftverständnis der Reformation an schwer überschreitbare Grenzen. Prägend für dieses traditionelle Schriftverständnis war bei Alveldt die antihussitische Polemik, die seit Johannes von Capestrano, dem Vorkämpfer der Observanz und engagierten Streiter gegen Anhänger von Jan Hus51, in der Saxonia lebendig blieb und die nun von Alveldt auf Luther und dessen Anhänger übertragen wurde. Dementsprechend sah er, wie bei Wyclif und Hus, durch Luthers Angriff auf das traditionelle Verständnis des römischen Papsttums bereits das Ordensleben in Frage gestellt.52 Doch ging Alveldt in seinem traditionellen Verständnis der Heiligen Schrift zunächst auf andere Bereiche des gottesdienstlichen Lebens und der Pastoral ein, in denen er, ähnlich wie bei den Hussiten, nun bei Martin Luther die geltende Praxis der Kirche angegriffen sah, wie etwa in der Frage der Kelchkommunion für das ganze Volk.53
Erst um die Jahreswende 1521/22 entdeckte Alveldt dann in der reformatorischen Bewegung eine immer schärfere Kritik des überlieferten Ordenslebens. Dazu wollte er sich in einer Disputation am 20. Januar 1522 in der Franziskanerkirche zu Weimar äußern. Es ging noch nicht um Luthers Infragestellung der tradierten Ordensgelübde, die mit der Schrift „Urteil über die Mönchsgelübde“ erst im Februar 1522 der Öffentlichkeit zugänglich wurde.54 Doch insgesamt war das Ordensleben in der reformatorischen Bewegung in Kritik geraten, so dass sich aus Erfurt kommend der bisherige Augustiner Johannes Lang und der bisherige Franziskaner Ägidius Mechler in die Weimarer Disputation einschalteten.55 Auf die äußeren Umstände der Disputation und die Reaktion darauf soll nicht mehr eingegangen werden. Wesentlich ist dagegen die Sicht des Ordenslebens, vor allem in seiner franziskanisch-observanten Form, die Alveldt damals vorstellte und verteidigen wollte; denn diese Sicht blieb für ihn maßgebend bis hinein in seine Schriften zur Franziskusund Klarissen-Regel.56 Wenn Alveldt in der 1. These die „christliche Freiheit“ als ein ‘aller menschlichen Kreatur Untergebensein’ (vgl. 1 Petr 2,13 Vg.) verstand, war er nicht weit entfernt von Luthers Freiheitsschrift. Er berief sich dabei nicht auf einen entsprechenden Text der Regula non Bullata.57 Denn Alveldt ging von der Regula Bullata aus sowie von deren bonaventurianisch und päpstlich bestimmten Verständnis.58 Das zeigte sich besonders deutlich in den Thesen 2 und 3: „2. Ein Leben in der Gemeinschaft der Minderbrüder zu führen, das ist apostolisch und allerdings göttlichen Rechts. Das Gegenteil anzuführen, das bedeutet, die Apostelgeschichte zu leugnen, auf das Evangelium Christi zu spucken und den Heiligen Geist zu lästern. 3. Zu leben, ganz wie es die Regel der Minderbrüder eröffnet, das heißt: leben, wie unser Befreier Jesus Christus mit seinen Aposteln es wollte, lebte und lehrte. Dessen Gegenteil im Ernst zu behaupten, meint, das Evangelium zu leugnen und erneut den Sohn Gottes zu kreuzigen.“59 Nicht immer in dieser krassen Gegenüberstellung, aber dem Sinn nach gleich, wird Alveldt in seiner Verteidigung der Franziskus-Regel argumentieren, die für ihn mit dem Evangelium Jesu Christi identisch ist; denn Jesus Christus legte diese Lebensweise und Lehre seinen Aposteln ans Herz und die Apostel begannen, sie mit den Gläubigen der Jerusalemer Urgemeinde zu verwirklichen. Wo diese Lebensweise und Lehre Jesu in Regel und Leben der Minderbrüder erneut wahrgenommen wurden, geschah das nach Alveldt aus göttlichem Recht, das die Kirche mit den Päpsten anerkannt hatte. Wenn Alveldt in der 4. These die christliche Religion allgemein nicht auf eine bestimmte Kleidung festlegte, sondern sie in den maßgebenden Werten des Evangeliums verwirklicht sah, ist das kein Widerspruch zur 6. These, nach der geringwertige Kleidung eher der Zielrichtung des Evangeliums entsprach als kostbare Gewänder.60 Denn ohne die allgemein geltenden Werte des Evangeliums für sich allein in Anspruch zu nehmen, sollten in der Sicht Alveldts gerade die Minderbrüder konsequenter als andere der Orientierung des Evangeliums folgen. Diese Sicht bestimmte auch später seine Verteidigung der Franziskus-Regel. In einem Leben nach den Ordensgelübden sollte sich nach Alveldt die Wahrheit des Evangeliums mit besonderer Deutlichkeit zeigen.61 Die konsequente Nachfolge oder Nachahmung Christi, die Alveldt in seinen Disputationsthesen in den Blick nehmen wollte, hatte daher die Errichtung von Klöstern überhaupt maßgebend zu bestimmen. Denn nach Alveldts letzter (7.) These steht diese Welt mit ihrer Begierlichkeit unter der Macht des Bösen, so dass ein evangeliumsgemäßes Leben in geradezu dualistischem Gegensatz zu dieser Welt „die gefährliche dreifache Begierlichkeit abwehren“ muss, da „der Kampf zwischen Fleisch und Geist ausgetragen“, „das Reine vom Unreinen geschieden“ und „vom Geistlichen her das Animalische erkannt wird“. Das war für Alveldt „nicht nur katholisch, vielmehr höchst christlich und apostolisch“.62 So bezog sich Alveldt bereits hier auf eine johanneische Sicht der Welt. Denn in 1 Joh 5, 29 las er mit der lateinischen Vulgata: „die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen“; und in 1 Joh 2, 16: „alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und die Hoffart des Lebens, das ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.“ Nicht von ungefähr sind es gerade diese beiden Zitate, die in Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel öfter wiederkehrten. Die Sicht einer vom Bösen beherrschten Welt dürfte bereits der johanneischen Gemeinde ihre Situation einer bedrängten Minorität in einer weithin feindlichen Umgebung erklärt und demgegenüber ihre Identität als Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe gestärkt haben. Abgesehen von einer solchen Situation besonderer Bedrängnis wollte dann Bonaventura allgemein moralisch die christlichen Werte (Tugenden) gegenüber allen die irdische Welt umtreibenden bösen Begierden in Stellung bringen. Von daher konnte er bestimmte „Räte“ Jesu Christi im Evangelium als konsequente Abwehr der von bösen Begierden drohenden Gefahren und verführerischen Gelegenheiten verstehen.63 Weil nach Bonaventura diese evangelischen Räte im klösterlichen und besonders im franziskanischen Leben konsequent zu verwirklichen waren, sah er seine „Apologie“ im Einklang mit der Heiligen Schrift, mit den Lehrern der Kirche und den Stiftern der Ordensgemeinschaften. Diese bonaventurianische Sicht des Ordenslebens wirkte nach in der 7. These Alveldts und erhielt dann für Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel ihre maßgebliche Bedeutung. Doch bei Alveldt nahm die von Bonaventura moralisch und asketisch gedachte Abkehr von den bösen Begierden dieser Welt nun elitär-idealistische oder spiritualistische Tendenzen auf, die alles Weltliche, Unreine und Animalische draußen zu halten versuchen. Darin dürften sich, vielleicht ähnlich wie in der johanneischen Gemeinde, die Bedrängnisse und Angriffe von außen auswirken. Als Angriffe auf ein wahrhaft christliches und apostolisches Leben deutete Alveldt daher die reformatorische Kritik gegenüber den damaligen Klöstern. Später in der Verteidigung der Franziskus-Regel erschienen ihm die Gegner der Minderbrüder und des Ordenslebens sogar als Repräsentanten einer gottfeindlichen Welt. Das erklärt die zunehmende Schärfe, in der Alveldt seine Auseinandersetzung mit der Reformation führte und in der er schließlich an den Gegnern nichts Gutes mehr erkennen konnte. Diese zeitbedingten Grenzen von Alveldts Sicht des Evangeliums Jesu Christi und damit seines Verständnisses von Regel und Leben der Brüder dürfen meines Erachtens bei aller Sympathie für den in schwerer Konfrontation stehenden Bruder Augustin nicht übersehen werden.
Dass Alveldt auch anders schreiben konnte, zeigen ebenfalls nur handschriftlich überlieferte Loci communes, die der Franziskaner noch vor seiner Zeit als Provinzialminister der Saxonia Sanctae Crucis um 1529 offenbar an den Fürstenhof zu Anhalt-Dessau sandte.64 Hier versuchte Alveldt dem theologischen Anliegen der frühen Reformation insofern gerecht zu werden, als er sich – weitgehend ohne Polemik – mit theologischen Thesen aus dem Umkreis von Philipp Melanchthon und Martin Luther beschäftigte. Obwohl für Alveldt die traditionelle Theologie, die er gelernt und verinnerlicht hatte, maßgebend blieb, konnte er doch auf neu aufgekommene Fragestellungen der Reformation mit einem „Für“ und „Wider“ zu ihren Thesen sowie mit dem Versuch einer ausgewogenen Antwort eingehen.65 Die theologische Arbeit, die der Franziskaner hier leistete, wirkte weiter in seiner Verteidigung der Franziskus-Regel. Das zeigte sich besonders, als Alveldt die traditionelle scholastische Eschatologie mit Argumenten aus der Heiligen Schrift bekräftigen und damit die Bedeutung der franziskanischen Regel-Vorschrift zum Gebet für die Verstorbenen herausstellen wollte.66 Insgesamt freilich blieb es bei einem Gegeneinander unterschiedlicher Sichten und Praktiken des christlichen Glaubens und Lebens, die sich jedenfalls damals nicht vermitteln ließen.
Überliefert ist Alveldts Verteidigung der Franziskus-Regel in der Handschrift von Bernhard Dappen (MsD), wie sie als Erbe der Universität Helmstedt in der Wolfenbütteler Herzog-August-Bibliothek erhalten blieb (Cod. Guelf. 1095 Helmst.) und nun der Forschung zur Verfügung steht. Besprochen wurde diese Handschrift und deren Inhalt bereits ausführlich von Heribert Smolinsky.67 Bernhard Dappen (andere Version: Doppen), ein observanter Franziskaner aus Dorsten / Westfalen, selbst ein früher Gegner der Reformation68, später zeitweise Nachfolger Alveldts als Lektor zu Leipzig, schrieb in dieser Handschrift Texte auf, meist eigene und meist solche, die seine Auseinandersetzung mit der Reformation zum Inhalt hatten. In dieser Handschrift schrieb Dappen schließlich um 1532 Alveldts einleitenden Brief an seine Brüder ab, in dem Alveldt ihnen die Regel des Franziskus in ihrem Wahrheits- und Nährwert in Erinnerung rief69, sowie die darauf folgende Verteidigung der Franziskus-Regel.70 Diese Texte Alveldts sind in der Handschrift durch 2 leere Blätter (fol. 244–245) deutlich abgesetzt von den übrigen Texten, deren letzter übrigens kein polemischer, sondern ein erbaulicher ist, ein Johannes-Minne-Segen (fol. 242v-243v).71 Ein Text, der mit der Schlussformel endet: „Deo gratias 1.5.32“ (fol. 243v)! Da die folgenden Texte Alveldts ebenfalls 1532 datiert sind, dürften sie von Bernhard Dappen nicht lange danach kopiert worden sein. Das ist freilich nur eine naheliegende Vermutung. Jedenfalls fügte Dappen die Abschrift der Texte Alveldts in fünf Heften (‘Pecien’) den früheren Texten hinzu und bezog sie so in seinen Band ein.72 Dappen hat dabei die Texte Alveldts zur Verteidigung der Franziskus-Regel mit vielen Marginalien versehen. Das lässt auf eine mühevolle Kopierarbeit schließen, zumal sich darunter später angefügte Korrekturen und Ergänzungen des Textes befinden. Meist sind es jedoch Hinweise auf den Text bzw. Inhaltsangaben. Vor allem aber verwies Dappen mit sehr vielen Kürzeln auf Texte biblischer Schriften sowie auf deren Kapitel bzw. Abschnitte.73 Damit machte er auf biblische Zitate oder Anspielungen im Text aufmerksam, um sie genauer zu verifizieren. Ohne Kenntnis einer weiteren Handschrift des Textes bleibt jedoch fraglich, ob sich solche Marginalien bereits im Originaltext Alveldts befanden und wie viele von ihnen. So lässt sich nur vermuten, dass Dappen redigierend tätig wurde. Dafür spricht jedoch, dass diese Marginalien manchmal die biblischen Zitate in Alveldts Text nicht treffen. Selbst das könnte aber gelegentlich von Alveldt herkommen, der biblische Texte eher frei und aus dem Gedächtnis zitierte.
Ingesamt hat Dappen jedoch die Aufgabe, Alveldts Überlegungen festzuhalten, sehr ernst genommen, wohl im Interesse der anderen Brüder, an die diese Überlegungen in erster Linie gerichtet waren. Obgleich Alveldt die gegnerischen Angriffe und Einwände öfter direkt ansprach, waren es kaum die Gegner, die er zu erreichen suchte, sondern Brüder und Sympathisanten, denen er die Haltlosigkeit und Torheit solcher Angriffe und Einwände demonstrieren wollte. Ob Alveldt oder Dappen an eine Herausgabe der Texte im Druck gedacht haben, lässt sich nicht feststellen. Trotz des begrenzten Adressatenkreises in jener Zeit und in der Umgebung der observanten Saxonia damals war ein solches Vorhaben nicht völlig ausgeschlossen. In der Form, in der die Texte bei Dappen wiedergegeben sind, wären sie trotz einiger Abschreibfehler druckreif gewesen, wenn man sie mit damaligen Drucken vergleicht. Einem solchen Vorhaben musste jedoch die 1532 zunehmend bedrängte Situation der Brüder im Umkreis des damaligen Herzogtums Sachsen im Wege stehen, vor allem aber das begrenzte Interesse, das solche speziell franziskanischen Texte selbst bei jenen finden konnten, die überhaupt als Rezipienten von katholischer kontroverstheologischer Literatur in Frage kamen. So hatten Alveldt und Dappen bei der Schrift bzw. der Abschrift besonders die eigenen Brüder im Blick, die auch durch handschriftliche Kopien zu erreichen waren.
Über eine mögliche Wirkung bei den Adressaten damals lässt sich nichts Gewisses sagen. Wenn Dappen die Texte Alveldts ansprechend fand, mögen andere Brüder das anders gesehen haben. Nur diese eine Abschrift scheint überliefert. Es könnten allerdings in den Wirren der Zeit weitere Abschriften, die entstanden, verloren gegangen sein. Nur wenige von solchen gegenreformatorischen Texten haben in einem später protestantischen Umfeld allein als Handschriften überlebt. Weil man sich aber schwer in die damalige Zeit und Konfrontation hineindenken kann, ist es jedenfalls ein Glücksfall, dass die Texte Alveldts erhalten blieben und dass sie mit Heribert Smolinsky jemanden gefunden haben, der sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Die Vorbehalte, die bei ihm gegen manche Positionen Alveldts zum Ausdruck kommen, vor allem gegen dessen Idealisierung der franziskanischen Lebensform, scheinen gut begründet,74 obwohl diese Positionen auf dem Hintergrund franziskanisch-observanter Theologie und Spiritualität ein Stück weit zu verstehen sind. Das aber wird erst die Lektüre zeigen, zu der diese Edition beitragen und ermutigen will. Jedenfalls kann Alveldts konsequente Herleitung der franziskanischen Lebensform und Regel aus dem Evangelium Jesu Christi noch zu denken geben. Alveldts Methode freilich des Gebrauchs von möglichst vielen biblischen Texten, die er auf sein Verständnis der Regel hin auslegte bzw. in die er oft sein Verständnis der Regel hineinlegte, überzeugt nicht mehr. Das gilt gerade für Alveldts Regelverständnis selbst, in dem er an die besonders bei Observanten tradierten gesetzlichen Festlegungen gebunden blieb, etwa beim rein rechtlichen Verzicht auf Aneignung und beim strikten Geldverbot. Die Schwierigkeiten, ein solch juridisches Regelverständnis überzeugend in eine neue Zeit und in neue Fragestellungen hinein zu übersetzen, überspielte Alveldt damals durch sein spirituell-asketisches Ideal eines angeblich evangeliumsgemäßen Lebens, das er in den Regeltext hinein interpretierte. Damit wollte Alveldt den Regeltext und dessen Anspruch, zu einem Leben nach dem Evangelium Jesu Christi hinzuführen, ganz ernst nehmen. Darin kann Alveldt zum Nachdenken anregen. Doch müssen die Lebens- wie Verstehensschwierigkeiten, die inzwischen innerhalb wie außerhalb der franziskanischen Familie, innerhalb wie außerhalb der römisch-katholischen Kirche diesen Anspruch in Frage stellen, heute ernster genommen werden, als das Alveldt damals in einer ungewöhnlichen Konfrontation möglich war.
Alveldts Texte, die zu edieren sind, nämlich sein einleitender Brief an die Brüder sowie seine Verteidigung der Franziskus-Regel, datierte er beide an das Ende seines Dienstes als Provinzialminister. Dabei steht am Schluss seines Briefes nur die Jahreszahl 1532,75 während am Ende der Regelverteidigung ein genaues Datum angegeben wurde, nämlich der 25. August 1532, der Sonntag nach dem Bartholomäus-Fest 1532.76 Den Brief mag Alveldt erst nach der Schrift selbst geschrieben haben; denn der Brief verwies auf eine bereits vorliegende Darlegung der Regel, wenn Alveldt schrieb: „Sammelt die Bruchstücke des Evangeliums, die ihr hier seht.“77 Aus Bruchstücken des Evangeliums ergab sich nach einem legendären Traum des Franziskus und seiner angeblich gottgegebenen Deutung78 wie aus vernachlässigten Brosamen die Regel als „Brot des Evangeliums“. Und dieses „Brot des Evangeliums“ wollte Alveldt erneut seinen Brüdern reichen. Vermutlich hat Alveldt nicht erst nach Ende seiner Amtszeit als Provinzialminister mit der Ausarbeitung seiner Regelverteidigung begonnen, sie aber später vollendet. Nicht von ungefähr sprach er in seinem Brief von jenen, die „beim Verkosten dieses Brotes“ ‘murren und es verschmähen’79; denn Alveldt hatte bereíts jene Brüder im Blick, die sich von der Franziskus-Regel nicht mehr soviel versprachen und sogar gegen sie angingen. Solche gab es in seiner näheren Umgebung, wie etwa Johannes Fritzhans, Alveldts früherer Schüler und Verteidiger von 1520 aus Leipzig,80 der später 1523 zu Magdeburg den Orden verließ und gegen seine bisherigen Brüder auftrat.81 In Alveldts Regelverteidigung ging es aber eher um jene ehemaligen Brüder, die sich literarisch mit der Minderbrüder-Regel auseinandersetzten, wie François Lambert von Avignon82 und Johann Eberlin von Günzburg.83 Gegen sie hatte bereits früher der süddeutsche Franziskaner-Observant Kaspar Schatzgeyer geschrieben.84