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Handverlesene Autoren-Tipps und Empfehlungen für eine individuelle Reiseplanung, über 400 inspirierende Fotos und eine praktische Faltkarte zum Herausnehmen sorgen nicht nur für eine stressfreie Planung, sondern auch für einen entspannten Urlaub in Florenz. Florenz: Wiege der Renaissance und Weltstadt im Kleinformat. Dieser Reiseführer spannt den Bogen von Florenz über Italien in die Welt der Kunst und Architektur. Erleben Sie die Uffizien, den Dom, Michelangelos Meisterwerke und das quirlige Dolce Vita zwischen mittelalterlicher Klosterapotheke und mondäner Schuhdynastie. So entdecken Sie neben den Highlights auch jede Menge Geheimtipps, die Ihren Urlaub unvergesslich machen. Und es bleibt dabei immer Zeit für authentische Restaurants oder Hotels und die besten Shopping-Hotspots.
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Seitenzahl: 332
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HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN
»Wenn Italien, wie die Dichter singen,mit einer schönen Frau vergleichbar,so ist Florenz der Blumenstraußan ihrem Herzen.«
Heinrich Heine
Florenz – verwirrend schön
DAS ZENTRUM
1Piazza della Signoria
2Bargello
3Duomo Santa Maria del Fiore
4Die Domkuppel
5Baptisterium
6Domplatz und Umgebung
7Piazza della Repubblica
8Via Tornabuoni
9Die Uffizien
10Ponte Vecchio
11Museo di Storia di Scienza naturale Galileo Galilei
12Mercato Nuovo, Orsanmichele
13Palazzo Strozzi
14Santa Trinita, Kirche, Piazza und Brücke
DER SÜDEN
15Santo Spirito
16Palazzo Pitti
17Boboli-Garten
18San Frediano
19Giardino und Villa Bardini
20Forte Belvedere
21Quartiere di San Niccolò
DER OSTEN
22Piazzale Michelangelo
23San Miniato del Monte
24Von der Via dei Benci zur Via Ghibellina
25Santa Croce
26Capella Pazzi
27Quartiere Sant’Ambrogio
28Mercato Sant’Ambrogio
29Teatro del Sale
30Cimiterio degli Inglesi
DER NORDEN
31Quartiere San Giovanni
32Mercato San Lorenzo
33Galleria dell’ Accademia
34Piazza Santissima Annunziata
35Archäologisches Nationalmuseum
36San Marco und der Giardino dei Semplici
37Palazzo Medici Riccardi
DER WESTEN
38Das Viertel Santa Maria Novella
39Santa Maria Novella
40Ognissanti
41Parco Cascine
AUSFLÜGE
42Certosa di Galluzzo
43Villa di Castello
44Fiesole
45Das Mugello
46Collodi
47Prato
48Volterra und die Villa Palagione
49Vinci
50Greve
Florenz von A bis Z
Kleiner Sprachführer
Register
Impressum
MEHR WISSEN
GESCHICHTE IM ÜBERBLICK
MODE & FLORENZ
DIE MALEREI DER RENAISSANCE
DIE ARCHITEKTUR DER RENAISSANCE
WAS ISST FLORENZ?
DIE MEDICI
MEHR ERLEBEN
EIN WOCHENENDE IN FLORENZ
RUNDGANG IN SANTO SPIRITO
FLORENZ FÜR KINDER UND FAMILIEN
Hercules und David auf der Piazza della Signora
Blick von San Miniato del Monte
Der Dom Santa Maria del Fiore
Im Quartiere di Santo Spirito
Einen Espresso, bitte!
Tradition trifft auf Moderne
Es gibt nur zwei Städte von Weltrang, denen nachgesagt wird, Wahrnehmung und Realitätssinn nachhaltig zu verwirren. Das ist zum einen Jerusalem, in dem sich Besucher plötzlich für Erlöser und Heiler, Retter und Propheten halten, und das ist Florenz, in dem man vor Schönheit förmlich in Ohnmacht fallen kann. Buchstäblich so geschehen ist dies im Jahr 1817. Der französische Romancier und Essayist Stendhal, der berühmte Autor von Rot und Schwarz, erlitt dieses besondere Schicksal.
Der sensible Autor ging in der Kirche Santa Croce vor lauter Ehrfurcht ganz einfach in die Knie, wurde ohnmächtig angesichts der Grabmäler von Rossini, Dante, Macchiavelli, Leonardo da Vinci, Michelangelo und Galileo Galilei, war überwältigt von der Schönheit der Fresken und Gemälde. Überwältigt sicher auch davon, was in dieser Stadt stattgefunden hat an Neuerung, Reflexion, Aufbruch und ja: auch Schönheit.
Seitdem gibt es das »Stendhal-Syndrom«. Es hat Eingang in die Literatur gefunden. Jeder Stadtführer erzählt davon. Wer glaubt, das sei alles liebenswert, aber trotzdem Humbug, stelle sich auf die Piazza della Signoria. Da erhebt sich plötzlich dieser junge schöne stolze David in dieser unglaublichen Haltung vor dem zinnengekrönten ritterburggleichen Palazzo Vecchio, und gleich daneben liegt die Arkaden-Loggia mit einer Parade berühmtester Skulpturen. Ein paar Schritte weiter ist in den Uffizien La Primavera von Botticelli mit dem damals schönsten Malermodell der Welt zu bewundern, und im Hintergrund erhebt sich eine der berühmtesten Kuppeln überhaupt, die cupolona des Doms Santa Maria del Fiore. Diese Bilderflut, tausendmal auf Fotografien, Gemälden und in Filmen gesehen, wird plötzlich Wirklichkeit, tritt heraus aus dem virtuellen Dasein, wird Materie auf unglaublich wenigen Quadratmetern.
Dolce far niente geht in Florenz ausgesprochen gut. Die Piazza Santo Spirito
Auslöser für das Stendhal-Syndrom – die Kirche Santa Croce
Das ist einfach sehr viel! Dieses Konzentrat an Schönheit und Bedeutung kann tatsächlich die Sinne verwirren. Und es gibt ja noch viel mehr davon: Unzählige Fresken höchster Qualität befinden sich in den zahlreichen Kirchen, und nicht nur in den bekannten, sondern eigentlich in jeder. In den Museen prangen Gemälde kostbarster Provenienz. Die bedeutendsten Maler und Bildhauer seit der byzantinischen Kunstperiode des Spätmittelalters und besonders natürlich der Renaissance sind hier alle ausnahmslos versammelt. Wie wohlhabend muss dieser Stadtstaat gewesen sein? Wie stark erblühte das Mäzenatentum? Wie sehr wollten sich die reichen Familien in Fresken verewigt sehen? Und wie viel erzählen diese Kunstwerke von dieser so wechselvollen, konfliktbeherrschten Geschichte der Stadt, die viele Regenten von außen nicht duldete, sondern sich selbst organisierte, strukturierte und eigene wirtschaftliche sowie politische Gremien und einen eigenen (Geld-)Adel schuf?
Detail der Fresken in der Castellani-Kapelle, Santa Croce
Wie stark aber auch war der Wille, sich aus der Umklammerung des Mittelalters zu befreien und ein neues Gesellschaftsideal zu definieren, das sich auch in neuen Vorstellungen von Schönheit zeigen sollte. Dieses Neue, Moderne in der Kunst sollte den im Handelsgeschäft reich gewordenen Bürgeradel der Stadt begleiten und ihn definieren. Maler, Architekten, Bildhauer und Freskenmaler standen ihm zu Diensten. Sieht man genauer hin, entdeckt man, wie viele Sassetti, Rucellai und vor allem Medici sich auf den Gemälden von Ghirlandaio, Botticelli, Gozzoli und all den anderen tummeln. Sie reiten als die hl. Drei Könige durch biblische Landschaften, sind inmitten einer Prozession zu sehen oder einfach ganz pur wie im Palazzo Pitti.
Und so entstand ein Bild von den mächtigen Oberen der Stadt, exakt so, wie sie sich abgebildet sowie repräsentiert sehen wollten.
Das ist die Geschichte »von oben«. Bilder einer Geschichte »von unten« sind weitaus seltener, nicht nur, weil die billig hergestellten Wohnhäuser der Ärmeren, Handwerker und Tagelöhner natürlich nicht bis in unsere Zeit überlebt haben, sondern einfach abgerissen wurden, sollte ein neuer Palast gebaut, ein neues Stadtprojekt verwirklicht werden. Auch in den Bildern, Fresken und Gemälden wird man sie nicht finden, höchstens einmal als Detail und Hintergrund.
Florenz, obgleich zuvor schon ein politisches Gewicht (mit über 50 000 Einwohnern im 13. Jahrhundert!), ist vor allem mit dem Zeitalter der Renaissance im 15. Jahrhundert verknüpft. In ihren Mauern wurde diese künstlerisch, philosophisch und politisch definiert. Renaissance bedeutet: Wiedergeburt, und wieder geboren wurden die griechischen und römischen Ideale, die das Mittelalter als heidnisch apostrophiert hatte. Die Texte der griechischen Gelehrten erschienen in neuer Übersetzung, Architekten kopierten die Modelle und Maße antiker Gebäude, Wissenschaftler übernahmen deren Grundformeln und entwickelten sie weiter. Lorenzo de Medici rief schon wie sein Großvater Cosimo der Ältere gemeinsam mit anderen einen neoplatonischen Philosophie- und Wissenschaftszirkel ins Leben.
Eine bronzene Heiligen-Skulptur am Orsanmichele
Das Zentrum der Macht: die Piazza della Signoria mit Giambolognas Der Raub der Sabinerin
Die Stadt am Arno war im 15. Jahrhundert eine der bedeutendsten Städte der (bekannten) Welt, Mittelpunkt sämtlicher gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und künstlerischer Entwicklungen. Aber sie war auch zerrissen von blutig ausgefochtenen Familienfehden, von politischen und wirtschaftlichen Niederlagen und Höhenflügen, von Simonie und Betrug, von Ausbeutung und durch Korruption beförderter Machtanhäufung.
Am Mercato Nuovo, der zwar »neu« heißt, aber alt ist, wird ein Mann geehrt, der im Frühjahr 1378 den Aufstand der Wollweber, ciompi, anführte, Michele di Lando. Dieser Aufstand entlarvt die Hohlheit der republikanischen Geste, mit der sich die »Herr«schaften der Stadt selbst feierten. Florenz war dem Buchstaben nach zwar seit 1293 republikanisch, doch bei aller unbestrittenen Hochgeistigkeit ging es um Macht, Geld und Allianzen. Diejenigen, die im Wollgeschäft beschäftigt waren, die Färber, Kämmer und Weber, wurden in die mächtige Wollzunft Arte della Lana nicht eingelassen, besaßen keine Bürgerrechte und waren von allen Ämtern ausgeschlossen. Der wütende Aufstand veränderte diese Struktur. Sie gründeten eine eigene Zunft und waren später auch im Stadtrat vertreten.
Wieder geboren, wieder auferstanden ist Florenz auch aus der Pest und aus der Flut. Die Pest raffte in der Mitte des 14. Jahrhunderts in Florenz ein Drittel der Bevölkerung hin. Heute noch sieht man an vielen Straßenecken in der Altstadt Tabernakel, kleine Heiligen-, Madonnen- oder Jesusschreine, zu denen gebetet werden konnte. Die Florentiner konnten ihre Andacht dort verrichten und brauchten nicht lange durch die Straßen zu laufen, um zu einer Kirche zu gelangen. Die an der Pest Verstorbenen ließ man in den Straßen liegen, die Erkrankten wurden verbannt; die Bewohner fürchteten sich davor, die »schlechten Gerüche« einzuatmen, die man als Ursache für den Ausbruch der Pest hinnahm. Holzhaufen wurden angezündet, um die Luft vom Pesthauch zu reinigen. Dass aus Asien eingeführte Ratten der genuesischen Handelsschiffe die schreckliche Seuche verbreiteten, war damals unbekannt.
Ein Freskendetail im Palazzo Vecchio
Und dann die Flut: Das Wasser stieg, drei, fünf, sieben Meter hoch. An einigen Plätzen in der Stadt kann man auf Plaketten nachlesen, wie hoch der Pegel stand, z. B. an der Piazza del Limbo ganz in der Nähe der Ponte Vecchio und im Stadtteil Ognissanti auf der Via Montebello. Die schrecklichste aller Fluten war nicht die spätmittelalterliche von 1356, sondern die von 1966. Zehntausende von Florentinern waren betroffen, verloren Haus und Besitz. Die Flut bedeutete eine Tragödie auch für die Kunstschätze. Das historische Archiv stand vollständig unter Wasser, und das hieß: eine Million Handschriften und Bücher. Schlamm begrub Tausende von kostbaren Skulpturen, Bildwerken und Gemälden. Kunstwerke schienen unrettbar verloren.
Die Geschehnisse riefen eine beispiellose Aktion hervor: Sachverständige und Kunststudenten aus aller Welt, die später sogenannten mud angels, Schlammengel, strömten in die toskanische Metropole, um Seite an Seite mit ortsansässigen Wissenschaftlern ihren Beitrag zur Rettung des Vermächtnisses der Renaissance zu leisten. Mit diesem tragischen Datum ist auch eine engere Ebene der Zusammenarbeit verknüpft: Angesichts des Ausmaßes der Schäden wurden Kräfte und Wissen gebündelt, neue Techniken erprobt, die Restauration – so sagt man - neu erfunden. Und Florenz war plötzlich die Metropole der internationalen Jugendbewegung.
Die Brücke Ponte Santa Trinita – eine Paradestrecke der Renaissance
Elizabeth Taylor und Richard Burton, zum Zeitpunkt des Unglücks in Italien, halfen auf ihre Weise. Der Schauspieler richtete in perfektem Italienisch – obwohl er kein Wort konnte – einen eindringlichen Appell an die internationale Öffentlichkeit und sprach bei dem Dokumentarfilm, den der Florentiner Film- und Opernregisseur Franco Zeffirelli drehte, den Text. Ted und Jacqueline Kennedy gründeten einen Hilfsfonds. Zeffirelli war es auch, der dem ganzen Unglück etwas Lobendes abzugewinnen wusste: Die Florentiner und die Welt haben ihre Ärmel hochgekrempelt und gearbeitet. Plötzlich wehte da ein neuer Geist durch die Renaissance-Metropole. Es ist berechtigt, im Rückblick auf dieses Unglück von der »Wiedergeburt« der Restauration zu sprechen. Schaut man sich die Liste bedeutender Museumskuratoren und Restaurateure an, von Tate Modern bis zum MoMa in New York, so wird man viele Namen von Leuten entdecken, die damals dabei waren.
Von der Piazza Santa Trinita mit der Justitia-Säule geht es ins Herz des alten Florenz.
Dass einem so friedlich dahinströmenden Fluss dieses zerstörerische Potenzial innewohnt, mag kaum glauben, der auf den Lungarni promeniert, den schönen Uferstraßen entlang des Arno. Mark Twain hat in seinem Die Arglosen im Ausland die armen Florentiner bedauert, dass sie ein solch schäbiges Rinnsal Fluss nennen müssten und dessen armseligen Zustand beschönigten, indem sie sogar Brücken darüber bauten. »Sie sollten etwas Wasser hineintun«, empfahl er ihnen.
Vielleicht die entspannendste Annäherung an die Stadt ist ein morgendlicher Spaziergang entlang des Flusses. Immer wird man den Glockenturm (Campanile) und die Kuppel im Blick haben, die berühmteste Kuppel der Welt, noch bekannter als die des Petersdoms oder der Hagia Sophia. Sie ist nicht nur wegen ihrer schieren Größe berühmt, sondern auch wegen der unglaublichen Chuzpe, mit der ein zum Goldschmied ausgebildeter Baumeister namens Filippo Brunelleschi im 15. Jahrhundert das Wagnis einging, sie nach einem nahezu unfassbar riskanten und noch nie so erdachten Plan zu bauen.
Florenz ist nicht zu groß für einen Entdeckungsspaziergang. Die alte Stadtstruktur ist im Wesentlichen beibehalten worden und orientiert sich an den Klostergründungen und den alten quartieri, die um sie herum entstanden waren: Santa Maria Novella im Westen, Santa Croce im Osten, Santo Spirito im Süden. San Giovanni bezeichnet das Zentrum um Duomo und San Lorenzo. Der Arno trennt die Stadt in zwei Hälften – die südliche wird unter dem Begriff Oltrarno zusammengefasst und umfasst San Niccolò, Santo Spirito und San Frediano. Und alles liegt in Laufnähe beieinander.
Ein Blick auf die Brückenlandschaft
Man sieht im Glast des Sonnenlichts die Brücken langsam Gestalt annehmen. Die Umrisse der Kirchen, die Silhouette der Synagoge schälen sich allmählich aus dem Morgendunst. Aus dem Meer an rot geziegelten Dächern stechen die Renaissance-Palazzi mit ihren Steinquadern heraus, und im Hintergrund wellen sich die Hügel hinunter ins Tal des Arno, gesprenkelt mit dem einen oder anderen hell leuchtenden Landpalast, eingefasst von Alleen voller Zypressen. Es überrascht, wie ländlich und ruhig Florenz dann wirkt. Eine Symphonie aus ockerfarbenem Mauerwerk, saftiggrün gestrichenen Fensterläden und Ziegeldächern.
Die Badia Fiorentina und der Bargello – vom Campanile des Domes aus betrachtet
Die Gassen, die parallel zu den Uferpromenaden liegen, sind oft schmal und gewunden, haben, Durchlässen gleich, Brückenbogen in den ersten Stockwerken. Kein Zweifel, man ist im mittelalterlichen Florenz gelandet. Wer San Gimignano besucht hat, kennt die Turmhäuser und die Chiassi, die Gassen, die hier zum Arno führen. In Florenz wurde ihre Höhe im 15. Jahrhundert auf 20 Meter begrenzt, zuvor waren sie bis zu 70 Meter hoch gebaut worden.
In den engen Hauseingängen drängeln sich kleine Geschäfte: eine Eisenwarenhandlung, ein Posamentensticker, ein Rahmenmacher, ein Restaurator. Schon fragt man sich, wie sie die sicher hohen Mieten in Ufernähe bezahlen können, da kommen schon die ersten Kunden auf ein Schwätzchen. In den Bars klackern und dampfen derweil die Espressomaschinen, man fischt sich ein dolce von der Theke, überfliegt im Stehen die Zeitung, und ciao! Das war es mit dem Frühstück. Die Florentiner sind stets in Bewegung, derweil die ausländischen Gäste in den Cafés entlang der Uferpromenade noch an ihrem frischen Orangensaft nippen.
Kurz vor der Ponte Vecchio, auf der einst Wollfärber und Metzger und nicht wie heutzutage Goldschmiede ihre Arbeit verrichteten, wirbt eine Gelatería mit der Eissorte »Buontalenti«, die auszuprobieren sich allein schon deswegen lohnt, weil sie kein Geringerer als Bernardo Buontalenti kreiert haben soll. Der Architekt und Maler des Manierismus, der im 16. Jahrhundert hoch in der Gunst der reichen Familien stand, soll Vanilleeis und Marsalawein zusammengemischt haben – und fertig war die neue Eissorte. Spuren seiner Arbeit sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt: Er hat die Grotte im Boboli-Garten ersonnen, war an den Uffizien beteiligt, schuf die Fassade der Kirche Santa Trinita und die Mauern des Belvedere.
Perseus und Herkules – zwei berühmte Skulpturen in der Loggia dei Lanzi und der Piazza della Signoria
Die Piazza della Signoria mit dem Palazzo Vecchio, das politische Kraftzentrum der Stadt, befindet sich fünf Minuten vom Arno entfernt. In ihrem Namen verewigt die Piazza della Signoria ein besonderes Machtkonstrukt der norditalienischen Städte ab dem 10. Jahrhundert, in der ein Einzelner von einer Ratsversammlung, der Signoria, zum Stadtoberhaupt bestimmt wird. Die Geschicke einer Stadtgesellschaft wurden von meist im Handel und im Bankenwesen wohlhabend gewordenen Familien bestimmt, die häufig auf das Heftigste miteinander rivalisierten. Rund 300 einflussreiche Familien beherrschten Florenz. Die Geschichte der Auseinandersetzungen ist lang und gipfelt in dem Mord an Giuliano de Medici am Ostersonntag 1478 durch die Pazzi-Familie.
Ein Gedenkstein erinnert im Pflaster der Piazza an den Verbrennungstod des Girolamo Savonarola, eines fanatischen Dominikanerpriesters, der im 15. Jahrhundert Simonie, Nepotismus und Lasterhaftigkeit des Klerus attackierte, viele Anhänger um sich scharte und starken politischen Einfluss gewann. Lange übrigens durfte der Name von Savonarola nicht öffentlich genannt werden. Die Piazza della Signoria und der Palazzo Vecchio waren Plätze der Macht – und der Hinrichtungen.
Das gesellschaftliche Gefüge verdeutlicht überdies der ungewöhnlichste Kirchenbau in Florenz, der Orsanmichele an der Via dell’Arte della Lana. Der Orsanmichele war eigentlich ein Profanbau, das Handelshaus der mächtigsten Gilde der Stadt, der Wollhändler. Auch der Getreidemarkt war in dem Gebäude untergebracht. Was ihn so faszinierend macht, sind, außer dem ungewöhnlichen architektonischen Aufbau, der Fassadenschmuck, der aus Skulpturen der bedeutendsten Bildhauer der Frührenaissance besteht. Donatello schuf den hl. Matthäus und den hl. Georg – im Auftrag nicht eines Königs oder Herzogs, sondern der Wollgilde.
Auch das Einfache kann extrem lecker sein.
Wer sich nun einen Platz für die Mittagspause sucht, wird erstaunt sein über die Liebe zum Volkstümlichen, die in den florentinischen Restaurantküchen herrscht. Sie kennen keine Scheu vor Kutteln, Innereien, Kohleintopf und Weiße-Bohnen-Brotsuppe, dargebracht auf karierten Tischdecken zwischen Weinregalen und Postkartengrüßen als Wanddekoration. Sie zu versuchen, ist auf alle Fälle einen Versuch wert. Viele dieser typischen Restaurants breiten sich im historischen Zentrum aus.
Florenz ist nicht nur Renaissance und Mittelalter. Von 1865 bis 1871 war es sechs Jahre lang die Hauptstadt des neuen, geeinten Italien. Zuvor war das Land in Königreiche, Herzogtümer und dem Vatikanstaat zersplittert, Spielball ausländischer Höfe und Interessen, die oft genug gegeneinander gerichtet waren. Der nationale Aufbruch sollte sich in Florenz auch städtebaulich ausdrücken. Ein modernes Konzept sollte die Stadt neu strukturieren und vor allem aus dem mittelalterlichen Korsett befreien. Der Architekt Guiseppe Poggi lieferte 1864 die architektonischen Vorlagen. Das heutige Aussehen von Florenz hat er im Wesentlichen mit gestaltet. Die aus dem Mittelalter stammenden Stadtmauern wurden abgerissen, nach der Vorgabe des Pariser Stadtplaners Haussmann zu boulevardähnlichen Alleen gewandelt und zu einer Ringallee zusammengefügt. Die Stadttore bleiben unversehrt; um sie herum entstanden Plätze und Großbürgervillen. Südlich des Arno wurde die Via dei Colli angelegt, die Hügelpromenade, die in dem Piazzale Michelangelo gipfelt. Ein Symbol dieser Umstrukturierung ist die große Piazza della Repubblica mit Triumphbogen und der Siegessäule sowie einem Kranz der pariserischsten und gleichzeitig touristischsten Cafés der Stadt.
Die Loggia del Bigallo. Sie ist Museum und Touristenauskunft in einem.
Mit dem Gewinn der Piazza della Repubblica ging allerdings der Verlust eines Teiles der inneren Altstadt verloren. War es schon seit der Renaissance üblich gewesen, ganze Straßenzüge den Bauvorhaben der Mächtigen der Stadt zu opfern, ohne auf die Anwohner Rücksicht zu nehmen, so wurden jetzt Teile des Marktes, des jüdischen Viertels, Synagogen und Kirchen vernichtet, ohne eine Entschädigung zu veranlassen.
1864 – das war auch das Jahr, als der britische Kunstsammler Hubert Percy Horne nach Florenz kam, um eine Biografie über Botticelli zu schreiben. Die Renaissance nämlich stand damals in englischen Kunstkreisen hoch im Kurs. Es brach eine regelrechte Florenzmanie aus. Eine Boheme blühte auf. Oscar Wilde mietete sich 1894 im Palazzo Spini Feroni ein, als er noch ein Hotel war und noch nicht dem Schuhimperium Ferragamo gehörte. Die Präraffaeliten entdeckten ihre ideelle Heimat. Ein Bild der damaligen Zeit zeichnet der Spielfilm Zimmer mit Aussicht, der tatsächlich in einem Florentiner Hotel an der Brücke Ponte Vecchio gedreht wurde.
Straßenszene mit Florentiner Lilie in der Via Ghibellina
Aber der britische Zirkel wusste auch zu kämpfen: Als Teile der Altstadt den Modernisierungsplänen geopfert werden sollten, engagierte sich die angloamerikanische Gesellschaft für den Erhalt zahlreicher Bauwerke und Denkmäler.
Ob die jungen US-Amerikaner, die heute in Scharen durch die Viertel Santo Spirito und Santa Croce strömen, dies wohl auch tun würden? Florenz zieht so viele Auslandsstudenten an wie kaum eine andere Stadt. Begeistert von der Kultur, aber auch von dem so Lässig-Ungezwungenen, von der freundlichen Offenheit der Bewohner bevölkern sie Sprachschulen und Architekturpraktika, prägen das öffentliche Leben, wie sie Laptop lesend in den Cafés sitzen, sich in den Fitness-Studios in Renaissancepalästen abstrampeln, und man möchte sich vorstellen, dass sie genau deswegen hier sind – aber trotzdem: die Nachbarschaft wandelt sich, Boutiquen ziehen in Läden ein, wo es zuvor eine Bäckerei gab oder einen Rahmenmacher, in San Frediano, in San Niccolò, Sant Ambrogio oder in Santa Croce. Wie sehr weiß man da altmodische Stoffgeschäfte zu schätzen, den Buchdrucker, den kleinen Imbissladen. Sie mögen doch bitte nicht verloren gehen, denn sie sind für die Atmosphäre der Stadt ebenso unverzichtbar wie ihre Renaissancepaläste.
Selfies mit Fluss
Aber klar doch: Die Einnahmen aus dem Tourismus stützen die Wirtschaft der toskanischen Metropole. Auf den folgenden Plätzen rangieren landwirtschaftliche Produkte – vor allem Weinsektor, Mode und Textilwirtschaft. Doch das sollte, so wünscht man es sich, nicht zu einem Verdrängungsprozess führen.
Das Image von Florenz erscheint übermächtig: Es ist nicht das einer Stadt, in der man lebt, isst, trinkt, arbeitet, schlafen geht, sich ärgert, sich über die neuen Fahrradwege freut, sich verabredet, abends einen trinken oder ins Kino geht, ein Buch liest oder Fernsehen guckt, sondern die reine Schönheit, die pure Renaissance, die romantische Brücke, das überragende Denkmal, der idealisierte Herrscher, das zauberhafteste Gemälde. Aber das genau ist sie – auch.
Lage: Florenz liegt am Arno, Mugnone und Greve münden in oder bei der Stadt in den Arno. Eingerahmt wird Florenz im Norden vom Höhenzug des Apennins und im Süden vom Hügelland des Weinbaugebiets Chianti.
Fläche: 102,4 km2
Einwohner: 377 207
Bevölkerungsdichte: 3698 Menschen pro km2
Stadtwappen: Das Stadtwappen zeigt eine Lilie, deren Besonderheit es ist, mit Staubfäden abgebildet zu sein – im Gegensatz beispielsweise zur Bourbonenlilie. Sie taucht schon auf den ersten Münzen der Stadt auf, den Goldflorinen im Jahr 1252. Das Wappen ist im Stadtbild omnipräsent, markiert z. B. die Bushaltestellen, ist auf den Fahrkarten aufgedruckt, ziert die Müllcontainer.
Stadtgliederung: Florenz war ursprünglich in vier Teile (quartieri) strukturiert, die den Kirchenbezirken entsprachen. Nach mehrmaligen Erweiterungen gibt es seit 1990 fünf Verwaltungsbezirke: Centro Storico, die historische Innenstadt, Campo di Marte, Gavinana/Galluzzo, Isolotto/Legnaia und Rifredi.
Wirtschaft: Der bedeutendste Wirtschaftszweig ist die Industrie ohne Schornsteine, der Tourismus. Die folgenden Plätze belegen die Textilwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung (Oliven und Wein), Bekleidungsindustrie und Schuhproduktion.
Währung: Euro
Kultur: Seit 1982 ist das Zentrum von Florenz Weltkulturerbe der UNESCO. Ganz besonders die italienische Renaissance ist mit der Stadt verknüpft, und in ihren Mauern wurden die bedeutendsten Künstler dieser Stilepoche im 14. und 15. Jahrhundert geboren, wie Giotto di Bondone, Michelangelo Buonarotti, Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli, Genni di Pepo (Cimabue), Donatello, Felippo Brunelleschi, Lorenzo Ghiberti, um nur einige zu nennen. Der Biograf der bedeutendsten Künstler war selber einer und gilt als der Vater der Kunstgeschichte, Giorgio Vasari. Aber auch die darauffolgende Stilepoche des Manierismus ist in Florenz gut vertreten, z. B. durch Battista Giambologna. Mit den zahlreichen Renaissancepalästen, Museen, Galerien, Skulpturen und Kirchen gleicht Florenz einem Freiluftmuseum.
Öffentliche Verkehrsmittel: 85 Buslinien und eine Straßenbahn erschließen die Stadt gründlich und effektiv.
18–59 v. Chr. Über das Gründungsdatum gehen die Meinungen auseinander. Florenz ist keine etruskische Gründung wie viele Orte in der Umgebung, sondern eine römische Kolonie, Florentia, und wird mit einem Forum, Thermen und einem Amphitheater ausgestattet.
313 Schriftliche Erwähnung eines Bischofs von Florenz
568 Die Langobarden erobern die Toskana, erste Kirchen entstehen in Florenz.
1138 erste Regierung der Städterepublik
1155 Florenz ist eine unabhängige Kommune, wird aber in den Konflikt zwischen Papst und den deutschen Kaisern hineingezogen. Die deutschen Kaiser wollen ein zentral gelenktes Kaiserreich durchsetzen; ihre Anhänger nennen sich Ghibellinen. Die Päpste streben nach einer Aufsplitterung der Region, woran den Stadtstaaten gelegen ist. Florenz schlägt sich auf die Seite der papsttreuen Markgräfin Mathilde von Tuszien (Toskana) und der Guelfen.
Im 12. Jahrhundert gewinnen die reichen Kaufmanns- und Händlerfamilien, die oft gleichzeitig als Bankiers arbeiten, zunehmend an Macht. Sie schließen sich zu Zünften zusammen. Der durch politische Machtkriege zersplitterte Adel spielt politisch keine Rolle mehr.
1282 besteht die Signoria (Stadtrat) von Florenz ausschließlich aus in Zünften zusammengeschlossenen Kaufleuten und reichen Bürgern. Adel, Handwerker und Arbeiter sind von der Teilnahme an der Signoria ausgeschlossen.
1252 wird der »Goldflorin« geprägt. Die Florentiner Münze wird bald zur »Leit«-Währung und wird in anderen Ländern akzeptiert.
1256 Dante Alighieri wird in Florenz geboren.
1333 Eine katastrophale Flut des Arno fordert viele Menschenleben.
1348 Die Pest fegt über Florenz und tötet mehr als ein Drittel der Bevölkerung.
1377 ist das Geburtsjahr des Baumeisters der berühmten Kuppel des Doms von Florenz, Filippo Brunelleschi.
1378 Der Tumulto dei Ciompi, der Aufstand der Wollarbeiter, erschüttert und revolutioniert die Stadt. Die Arbeiter fordern politische Beteiligung und gründen eine eigene Zunft.
1389 wird Cosimo de Medici geboren, der Vater der Medici-Dynastie, später Cosimo Il Vecchio genannt.
1452 Der Weltumsegler, Naturhistoriker und Wissenschaftler Amerigo Vespucci erblickt in Florenz das Licht der Welt. Sein Name bezeichnet später den Kontinent Amerika, und er tauft Venezuela, Veneciola, weil ihn die Kanallandschaften bei Maracaibo an Venedig erinnern. Im selben Jahr wird Leonardo da Vinci geboren.
Im 15. Jahrhundert entstehen die wichtigsten Renaissancepaläste.
1478 Während des Oster-Gottesdienstes wird Giuliano de Medici im Dom ermordet, sein Bruder Lorenzo (Il Magnifico) kann fliehen.
1555 Florenz besiegt Siena.
1569 Cosimo de Medici wird erster Großherzog der Toskana.
1737 fällt das Großherzogtum an die österreichische Habsburger Dynastie. Sie zieht in den Palazzo Pitti ein.
1765 Der spätere Großherzog Leopold wird geboren. Er wird die Toskana politisch umgestalten, Konvente schließen, Folter und Todesstrafe abschaffen.
1826 Der politische Schriftsteller und Journalist Carlo Collodi, Pinocchios »Vater«, wird geboren.
1844 Erneut verheerende Flut
1859 Während des Risorgimento, der Kriege um die Einigkeit Italiens unter Guiseppe Garibaldi, verliert die Habsburger Dynastie Florenz und die Toskana, die sich dem Königreich Piemont unter Vittorio Emanuele II. anschließt.
1865–1871 Florenz ist die neue Hauptstadt des geeinten Italien.
Um die Jahrhundertwende wächst die Bevölkerung stark an, neue Wohnräume werden erschlossen, z. B. Rifredi. Wie in vielen anderen größeren Städten werden Projekte des sozialen Wohnungsbaus erarbeitet und verwirklicht, um die Porta San Niccolò und die Porta San Frediano herum.
1943–1945 Florenz leidet unter der Besatzung deutscher Truppen, alle Brücken bis auf die Ponte Vecchio werden in die Luft gesprengt.
1946 Nach Beendigung des Krieges wird Florenz sozialistisch-kommunistisch regiert.
1966 Die schlimmste Überschwemmung, die der Arno bislang angerichtet hat, vernichtet zahlreiche Menschenleben. Auch unzählige Kunstwerke sind gefährdet.
1982 Die historische Innenstadt wird zum Weltkulturerbe erklärt.
Juni 2009 Matteo Renzi vom linksliberalen Partito Democratico wird zum Bürgermeister von Florenz gewählt.
2011 Der in Florenz sehr erfolgreiche Matteo Renzi kündigt seine Präsidentschaftskandidatur an.
2014 Matteo Renzi gewinnt die Präsidentschaftswahlen gegen den Herausforderer Silvio Berlusconi. Sein Stil: links, scharfzüngig, sozial engagiert und unerschrocken.
Ein Wochenende in Florenz mit Muße zu verbringen ist gar nicht so einfach: Es gibt so unendlich viel zu sehen. Selbst die hintersten Winkel stecken voller Überraschungen. Da tragen sogar die Mülltonnen die rote florentinische Lilie und die Bus-Haltestellen auch. Auf engstem Platz wird man von Botticelli, Donatello, Brunelleschi und Michelangelo förmlich bombardiert, von Turmhäusern, Palästen und Kirchenfassaden. Dazu kommen noch die vielen verlockenden Modegeschäfte und Designläden, die einladenden Märkte und Caffès.
FREITAG
AB 18:00 GALLERIA DELLA ACCADEMIA
Die Galerie der Kunstakademie, die von den Medici gefördert wurde, zeigt die beiden berühmtesten Skulpturen der Stadt, den David von Michelangelo im Original und den Raub der Sabinerin von Battista Giambologna in einer Kopie. Dazu gibt es noch unvollendete Bildhauerarbeiten von Michelangelo zu sehen, also nur halb aus dem Marmorblock gehauene Statuen, und einige wundervolle Gemälde der Renaissance von u. a. Andrea del Sarto und Sandro Botticelli.
GEGEN 21:00 PIAZZA DELLA SIGNORIA
Jetzt zieht man zur Piazza della Signoria und betrachtet die Skulpturen im Original – die Tagestouristen sind dann schon weg – und genießt in Ruhe einen Aperitif oder einen caffè auf der Terrasse des wunderschönen Fin de Siècle-Cafés »Rivoire«. Dieses Kaffeehaus ist eine Florentiner Institution.
SAMSTAG
10:00 ÜBERBLICK GEWINNEN
beginnt mit einem Überblick. Die Buslinien 12 oder 13 (von Santa Maria Novella aus, mehrere Stationen am Arno) kurven hoch zum Piazzale Michelangelo, eine der schönsten und auf alle Fälle die größte Aussichtsplattform über der Stadt. Ganz Florenz liegt einem zu Füßen, die Domkuppel, der Campanile, der Palazzo Vecchio, die Kuppel der Synagoge, Ponte Vecchio, Santa Croce, Santa Maria Novella.
Der Neptunsbrunnen und die Loggia dei Lanzi zu nächtlicher Zeit
11:00 ZUM ARNO
Von der Piazzale Michelangelo (schön, freundlicher Service: das Ristorante La Loggia) mit einem kurzen Abstecher in den Rosengarten Giardino delle Rose läuft man in 20 Minuten hinunter zur Porta San Niccolò ans Arnoufer. Im Sommer – etwa bis Mitte September - wird dort ein Strandbad eingerichtet, und dazu gehört auch ein Kiosk mit einer kleinen Bar im Schatten. Gut für eine Kaffeepause, und die Aussicht ist gut! Denn am anderen Ufer warten schon die Kirche und das Franziskanerkloster Santa Croce, und es lassen sich die Brücke Ponte Vecchio und die Silhouette der Stadt bewundern.
14:00 ZIEL: UFFIZIEN
Santa Croce ist eine der ältesten Kirchen der Stadt, nahezu alle berühmten Stadtsöhne sind hier begraben, von Michelangelo über Dante bis zu Machiavelli. Eine beeindruckende Dante–Skulptur dominiert den riesigen, von Renaissancepalästen gerahmten Platz. Anschließend geht es den Arno entlang zu einer der berühmtesten Gemäldegalerien der Welt, den Uffizien, mit ihrem ganz besonderen Reichtum an Werken von Giotto, Cimabue, Botticelli, Caravaggio und Tizian. Für diesen Besuch sollte man sich Zeit lassen und die Karten am besten schon im Vorfeld besorgt haben, damit man sich lange Warteschlangen ersparen kann.
19:00 ENTSPANNT SCHLENDERN
Abends steht ein Schlendern durch das Viertel Santa Croce bis zum Viertel Sant’Ambrogio an, gefolgt von einem Essen in einem der Restaurants des Florentiner Starkochs Fabio Picchi, im »Cibreo« oder im »Cibreino«. Diese beiden Viertel mit ihren hübschen, fast volkstümlichen Gassen zeigen das geschäftige, »normale« Florenz mit den Eck-Caffès, den kleinen Trödelläden, das Alltagsleben, je weiter man sich vom Arno entfernt.
SONNTAG
10:00 AB INS GETÜMMEL
Am Sonntag ist man gut vorbereitet aufs Getümmel, das sich unweigerlich um die Höhepunkte der Stadt einstellt, im Palazzo Vecchio und auf der Piazza della Signoria. Auch der berühmte Dom steht auf dem Plan, allerdings kann man sonntags zwar den Campanile, nicht aber die Kuppel erklimmen, die ist am Sonntag geschlossen.
14:00 PAUSE AM ARNO
Wer anschließend über die Ponte Vecchio schlendert, kann die Mittagspause direkt am Arno verbringen. Einen tollen Blick bietet das Restaurant des Luxushotels Lungarno Collection. Alternativ: »Golden View Open Bar« oder ganz einfach eine köstliche schiacciata aus der Hand.
15:00 DAS VIERTEL DER MEDICI
Zum Abschluss geht’s ins Viertel der Medici nach San Giovanni mit dem Palazzo Medici Riccardi an der Via Cavour (So bis 19 Uhr) und der Basilica di San Lorenzo (So: 13–17.30 Uhr). Hier sind wir mittendrin in der prachtvollen Geschichte der Medici. Mittelalterliche Gässchen neben eleganten Vias, Märkte neben bemerkenswerten Aussichten auf den Dom verzaubern diesen Spaziergang zusätzlich.
19:00 EINEN APERITIF ZUM ABSCHLUSS
Zeit, sich einen Aperitif auf der Piazza della Repubblica in den Traditionscafés der Stadt, Giubbe Rosse, Paszlawski oder Gilli, zu gönnen und das Treiben auf der Piazza und unter den Kolonnaden zu beobachten. Auf dieser repräsentativen geräumigen Piazza, luxuriöses Glanzstück des Stadtumbaus anlässlich der Wahl zur Hauptstadt Italiens, versammeln sich die Florentiner gern.
1Piazza della Signoria
2Bargello
3Duomo Santa Maria del Fiore
4Die Domkuppel
5Baptisterium
6Domplatz und Umgebung
7Piazza della Repubblica
8Via Tornabuoni
9Die Uffizien
10Ponte Vecchio
11Museo di Storia di Scienzia naturale Galileo Galilei
12Mercato Nuovo, Orsanmichele
13Palazzo Strozzi
14Santa Trinita, Kirche, Piazza und Brücke
Das unbestrittene Herzstück und gleichzeitig einer der kulturellen Höhepunkte von Florenz ist die Piazza della Signoria. Seit dem 13. Jahrhundert konzentrieren sich hier das Gemeindeleben und die politische Macht der Stadtrepublik, ikonografisch verherrlicht durch die vermutlich berühmteste Marmorskulptur der Welt, des David – geschaffen von Michelangelo Buonarroti.
Der Palazzo Vecchio mit seinem 98 Meter hohen Turm überragt die Piazza della Signoria.
Zwischen das Meisterwerk des Doms, die Galerien der Uffizien und die Ponte Vecchio schiebt sich die L-förmige Piazza della Signoria. Keines der dort versammelten Bau- und Kunstwerke ist nicht schon tausendfach abgebildet, gezeichnet, gemalt, fotografiert, kommentiert worden – aber es ist doch überwältigend, dies alles auf einmal selbst betrachten zu können. Man kann sich drehen und wenden wie man will – vom Palazzo Vecchio mit seinem hohen Turm zum Arkadenbau der Loggia dei Lanzi, zum David des Michelangelo und zur Statue des Cosimo de Medici hoch zu Ross – man bewegt sich zwischen Kunstschätzen, die Maßstäbe gesetzt haben und gleichzeitig voller kraftvoller politischer Symbolik sind.
Ein Skulpturenspektakel ohnegleichen – vereint unter dem schützenden Dach der Loggia dei Lanzi.
Die elegante Fußgängerzone Via dei Calzaiuoli (»Straße der Schuhmacher«), geleitet direkt zur Piazza. Ihr Name besagt, wer früher hier arbeitete. Überall finden sich Bezüge auf die Viertel und Straßen, in denen Handwerker lebten und leben. Das Nebeneinander von repräsentativen Gebäuden, eleganten Palaststraßen und schummerigen Werkstätten überrascht bis auf den heutigen Tag immer wieder – und ist typisch für Florenz.
Blick auf die Franziskanerkirche Santa Croce
Das architektonische Vorbild der Piazza della Signoria, die Piazza dei Priori, liegt weiter südlich im toskanischen Volterra. Sie ist allerdings kleiner als die Florentiner Version. Auch der Palazzo Vecchio bezieht sich auf sein Volterraner Ebenbild. Beide sind nahezu zeitgleich entstanden und entsprachen der damaligen Mode – aber natürlich auch ihrer Nutzung. Ihr abweisender Charakter hat damit zu tun, dass man eben wirklich eine Art Festung bauen musste. Die Zeitläufte mit den häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen verliefen für Florenz alles andere als ruhig.
Der »alte Palast« Palazzo Vecchio ist ein dreigeschossiges Bauwerk aus wuchtigen Steinquadern mit einem Schmuck aus Fenstern mit eingestellten Marmorsäulchen und einem hervorkragenden obersten Geschoss, gekrönt von einem Zinnenkranz, der sowohl die guelfische (rechteckige) als auch die ghibellinische (schwalbenschwanzförmige) Formgebung aufweist. Der zweigestufte schmale Turm misst stolze 98 Meter Höhe. Das älteste Bauwerk auf der Piazza della Signoria ist also zugleich ihr größtes, der Turm ihr höchster. Zunächst hieß es Palazzo della Signoria; doch nachdem die florentinische Herrscherfamilie Medici, von denen an anderer Stelle noch viel zu hören sein wird, 1559 die Uffizien als Regierungssitz bauen ließ, bekam er den noch gültigen Namen Palazzo Vecchi. Heute dient er als Rathaus. Der Palazzo Vecchio wurde 1299 als Regierungsgebäude mit riesigem Sitzungssaal nach Entwürfen von Arnolfo die Cambio (1220–1310) erbaut. Die Mitglieder des Parlaments der Republik Florenz fanden darin Schlaf-, Wohn und Diensträume.
Nicht verpassen
MUSEO GUCCI IM PALAZZO MERCANTANZIA
Was 1930 als Werkstatt und Fachgeschäft für feines Reisegepäck aus Leder begann, trägt heute einen der bekanntesten Namen in der Modewelt. Zum einen, weil die Familie Gucci immer wieder Taschenmodelle entwarf, die in Hollywood-Kreisen begehrt waren, zum anderen, weil der für die Damenmodelinie im Jahr 1994 engagierte US-Amerikaner Tom Ford das Bild der Gucci-Käuferin auf ein neues Fundament stellte. Plötzlich war sie cool, stark und auf eine unterkühlte Art erotisch. Seine Signatur prägte das Design, mit dem sich Gucci bis heute umgibt, und das sieht man auch dem Museum an, in dem gut komponierte Wechselausstellungen zu sehen sind. Da geht es um Mode, aber auch um Künstler wie Bill Viola und Cindy Sherman. Dazu gibt es im Icon-Store die Designs der Firma wie der Tasche mit Bambusgriffen oder die Entwürfe für Jackie Kennedy zu bestaunen.
Museo Gucci. Tgl. 10–20 Uhr, Piazza della Signoria 10, www.guccimuseo.com.de
Kunstvoll bemaltes Tonnengewölbe im Palazzo Vecchio
Der Palazzo Vecchio ist ein bedeutsames Symbol seiner Zeit, stand er doch für eine republikanische Verfassung, die äußerst kompliziert geregelt war. Auch in Mantua, Verona, Pisa, Siena und Volterra gab es ähnliche Stadtregierungsmodelle. Florenz bestand damals aus vier Bezirken, die jeweils zwei »Prior« in die Signoria (Stadtrat) entsandten. Sie waren mit einer nur zweimonatigen Amtszeit ausgestattet und repräsentierten die herrschenden Adelsfamilien und das Patriziat. Ihnen zur Seite standen zwölf Berater, die sogenannten Buonomini (mit einer dreimonatigen Amtsperiode) und 16 Gonfalonieri aus dem gesamten Stadtgebiet (jeweils vier Monate im Amt). Der Gonfaloniero di Giustizia repräsentierte den obersten Gerichtsbeamten. Insgesamt gab es jährlich etwa 3000 Stellen zu besetzen. Die Mitglieder mussten einer Zunft angehören und Kreditwürdigkeit besitzen; der Adel war ausgeschlossen.
Im »alten Palast« überrascht die Schönheit der Freskengemälde im Innenhof.
Der Blick hinauf in den Turm geht in schwindelerregende Höhen.
Es gibt Plätze, die einfach teuer sind. Die Piazza della Signoria ist so einer. Wer sich dort niederlässt und in Ruhe seinen Kaffee trinken möchte, zahlt mehr als üblich. Aber er hat natürlich einiges im Blickfeld: die großartigsten Skulpturen (auch wenn es Kopien sind), die außergewöhnlichsten Architekturen ihrer Epoche. Man trinkt seinen caffè an einem Ort, der die Welt bewegt hat. Ist das den höheren Preis auf den Terrassen des noblen Gucci-Cafés und des entzückenden Rivoire wert? Ich finde: ja.
Das Innere des Palastes betritt man durch einen von Bartolomeo Michelozzo (1393–1472) entworfenen, wunderbaren spätmittelalterlichen Hof, dessen Mauern mit verblassenden Landschaftsfresken geschmückt sind. Vorbei an steinernen Löwen, dem Symbol der Stadt, das überall in Florenz anzutreffen ist, gelangt man über eine ausladende Treppe in die Repräsentationsräume, mit dessen Gestaltung der Maler, Architekt und Baumeister Giorgio Vasari (1511–1574) von Cosimo I. beauftragt worden war. Er hatte die nun gewiss nicht leichte Aufgabe zu bewältigen, aus dem Sitz des Stadtparlaments, der die Signoria ja zuvor war, einen Medici-Hof zu erschaffen, ohne die äußeren Proportionen zu verändern.
Der Rundgang führt zunächst in den gigantischen Saal der Fünfhundert, den der Dominikanerprediger Girolamo Savonarola (s. S. 74) 1494 anlegen ließ, um den Großen Rat der 500 den Consiglio Maggiore, dort tagen zu lassen. Cosimo I. (1519–1574) ließ ihn erweitern. Die Decke wurde angehoben, Oberlichter installiert. Der Boden zeigt ein großmaschiges Gitter aus schwarzem Marmor auf tiefrotem Grund. Mit 1100 Quadratmetern Fläche war er zu seiner Zeit der größte umbaute Raum der Welt. Von Michelangelo Buonarroti (1475–1564) stammt die Skulptur Genius des Sieges, die einfach so in einer Ecke steht. Battista Giambologna (1529–1608) schuf Florenz siegt über Pisa. Im Studiolo, dem einer Schatztruhe nachgebildeten Studierzimmer von Francesco de Medici (1551–1587), beeindrucken die im manieristischen Stil gemalten Bilder, die die Wände nahezu vollständig bedecken. Das Deckengewölbe wurde von Giorgio Vasari und seiner Werkstatt ausgemalt. Weitere Höhepunkte warten im zweiten Stock, z. B. die Raumflut der apartamenti der Eleonora di Toledo, der ersten Frau Cosimos I. (1522–1562), mit vielen luftig-zarten Gemälden und Fresken. Den Saal der Lilien schmücken die Fresken von Domenico Ghirlandaio (1449–1494), auf denen römische Staatsmänner zu sehen sind. Und unvermittelt stößt man auf die Totenmaske des allergrößten Dichters der Stadt, Dante Alighieri.
Einfach gut!
LESEEMPFEHLUNG
Florenz – eine literarische Einladung. Hrsg. von Marianne Schneider. Literarische Streifzüge – italienische Autoren stellen »ihr« Florenz vor, darunter Dante, Bocaccio, Roberto Benigni, Collodi und Gurzio Malaparte. Wagenbach, Salto.
Ross King: Das Wunder von Florenz. Architekturgeschichte und Biografie des Kuppel-Bauers Felippo Brunelleschi. So spannend wie ein Krimi. btb.
Franz Kotteder: Florenz – eine Stadt in Biografien. Von Botticelli bis Gucci. Merian Porträts.
James Cleugh: Die Medici – Macht und Glanz einer europäischen Familie. Piper.
Peter Burke: Die Renaissance. Wagenbach, Salto. Ersterscheinen zwar bereits 1990, aber immer noch gültig.
Florenz: Katalog zur Ausstellung in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. 2013.
Irving Stone: Michelangelo – ein biografischer Roman. Bei der Lektüre Fiktion und Wirklichkeit nicht verwechseln. Rororo.
Ein Fresken-Detail der Treppenaufgänge: Putti und der Medici-Ring
Die Gemächer der Medici-Gattin Eleonora von Toledo strahlen im Glanz zarter Fresken – hier: Die Geburt der Venus, diesmal nicht von Botticelli.
Der schönste Jüngling der Welt im Close-up
Zurück auf der Piazza della Signoria: Aus den hier versammelten Kunstwerken ragt eines hervor: der schönste Jüngling der Welt, der 1501–1504 geschaffene Marmor-David des Michelangelo Buonarroti. Allerdings steht hier nur seine Kopie, das Original befindet sich in der Galleria dell’Accademia. Nach der Fertigstellung interpretierte man den David in Florenz als Symbol für den Widerstand gegen übermächtige Herrscher, eine Sichtweise, die sich im Florentiner Stadtstaat großer Beliebtheit erfreute. Mit dem David schuf Michelangelo die erste frei stehende Marmorskulptur in solch monumentaler Größe seit der Antike – und versinnbildlichte damit den Begriff der rinascita (= der Renaissance/der Wiedergeburt), den Giorgio Vasari 1550 prägte. Nicht nur Davids gelassene Schönheit, auch seine Nacktheit provozierte.
Ein Paradebeispiel für den Manierismus: Der Raub der Sabinerin von Battista Giambologna
Auch eine zweite Skulptur auf der Piazza darf für sich beanspruchen, etwas Bahnbrechendes, Einzigartiges zu sein: Der Raub der Sabinerin von Battisto Giambologna. Sie hat keine klar definierte Hauptansicht, sondern entspricht exemplarisch einer Vorgabe des im 16. Jahrhundert aufkommenden manieristischen Stils: Figuren sollten nicht statisch, sondern in Bewegung gezeigt werden. So hat die Skulptur rundherum ästhetisch gleichwertige Ansichten. Wählte Michelangelo für seinen David das Stilmittel des contraposte, um Bewegung anzudeuten (»die abgeknickte Hüfte«), so ist es hier, 80 Jahre später, die figura serpentinata, die aufwärtsstrebende und in sich gedrehte Figurengruppe. Um den Raub der Sabinerin darzustellen, wählte Giambologna die Figur eines alten wehrlosen Mannes, der vergeblich versucht, die widerstrebende junge Frau dem rohen Zugriff eines jungen Mannes zu entziehen.